Sam & Fanny von calicolicious (Romance like a Musical) ================================================================================ Music or Romance ---------------- Eine eintönige Melodie vor sich hin summend spazierte Fanny die Hafenstraße entlang. Es war schon dunkel, der Mond schien hell und die Luft wurde zunehmend eisiger. „Brr ... so kalt ..“ murmelte sie zitternd vor sich hin und schlang instinktiv ihre Arme eng um ihren Oberkörper, in der Hoffnung, es würde sie etwas wärmen. Viel zu lange war sie bei ihrer Freundin Mandy geblieben, hatte mit ihr gedaddelt, gelacht und die Zeit vergessen. Ein Blick auf ihr Handy und sie versicherte sich, dass sie schon viel zu spät dran war. Um 10 sollte sie zu Hause sein und jetzt war es „21: 45 Uhr ... Mist.“ Ihr Zuhause lag nicht mal eben um die Ecke, sondern in der Altstadt – was sich wiederum mitten im Zentrum der Stadt befand. Und sie hatte gerade mal den Hafen erreicht, was bedeutete, dass sie noch mindestens 20 Minuten bräuchte, 15 im Eiltempo. Zum Glück war es hier nicht so riesig wie in Berlin oder Hamburg, aber für Fannys Begriffe immer noch zu groß. Schnellen Schritts bewegte sie sich zwischen den vielen Booten in Richtung Hauptstraße, da nahm sie ein Geräusch war. „Was war das?“ nuschelte sie, hellhörig geworden, vor sich hin. Aus welcher Richtung kam es bloß, dieses ... Geräusch? Nein, vielmehr war es ein Summen, eine eigenartige und doch schöne Melodie, zu der sich ein fast liebevoller Gesang dazugesellte. Fanny wusste nicht, was genau sie da hörte, aber es gefiel ihr und so ging sie in die Richtung, aus der es kam. Sie hörte es immer deutlicher, ein Instrument war auch beteiligt, vielleicht ein Saiteninstrument? Aber wer sollte denn in der Nacht am Hafen noch Musik machen, wozu? War derjenige nicht müde? Sie selbst jedenfalls konnte sich kaum noch auf den Beinen halten, was einerseits an der späten Uhrzeit lag, andererseits aber auch an den beruhigenden Klängen, denen Fanny immer näher kam. Und dann erblickte sie ihn. Auf der Mauer saß er, die Schuhe neben sich liegend, die Füße ins Wasser haltend und mit einer Gitarre in den Händen, deren Musik schöner klang, als alles, was Fanny bisher gehört hatte. Nur seinen Rücken konnte sie sehen, aber es war ein verdammt schöner Rücken – soweit sie das ausmachen konnte, er trug immerhin eine Jacke, die aus Fannys Sicht allerdings viel zu dünn war. Sie fing schon wieder an zu zittern, aber nicht nur wegen der Kälte, nein, da war noch ein anderes Gefühl, das sie nicht richtig deuten konnte. Sie wollte jetzt unbedingt wissen, wer denn da so schön spielen konnte, und so wanderte ihr Blick höher, blieb an seinem Kopf haften, der von rabenschwarzen, leicht gelockten Haaren bedeckt war, die ruhig mal wieder geschnitten werden könnten, aber das störte Fanny recht wenig. Der Fremde hatte sie anscheinend noch nicht bemerkt, da er unbeirrt weiter spielte, ohne sich auch nur einmal umzudrehen. Sie spielte mit dem Gedanken, ihn anzutippen und mit ihm zu plaudern, aber es war doch ein wildfremder Kerl. Vielleicht sogar ein Krimineller, sie wusste ja nur, wie er von hinten aussah. „Aber so schön spielen kann er ...“ murmelte sie, lauter als beabsichtigt, vor sich hin. Als sie das bemerkte, schlug sie schnell die Hände vor den Mund, damit nicht noch mehr Worte einfach ‚herausplumpsten’. Augenblicklich stoppte die Musik, der Unbekannte drehte sich verwirrt um. Fanny blendete alles um sie herum aus. Die aus der Ferne hupenden Autos im Abendverkehr, das Flugzeug, das über ihnen hinweg flog, selbst den Wind, der durch ihre Haare blies. Außer ihrem beschleunigten Herzschlag bekam sie nichts mehr mit. In dem Moment, als sie sein erspähte, war sie vor Schreck fast zwei Schritte zurückgestolpert. Damit hätte sie nie im Leben gerechnet. Mit ihm hätte sie nie im Leben gerechnet. Und er hätte nie im Leben mit ihr gerechnet, hatte er sich doch verspielt, kurz bevor er die Musik einstellte und sich eine bedrückende Stille über sie beide legte, die er nach einigen Minuten zu brechen versuchte. „Was hast du eben gesagt?“ Fanny wusste nicht was sie antworten sollte, wusste nicht mal, ob sie die Frage richtig verstanden hatte. Vor ihr befand sie Sam, ein Junge, den sie auf den Tod nicht ausstehen konnte. Das hatte sie bis jetzt jedenfalls immer gedacht, doch die Musik eben, die Atmosphäre die ihn umgab, das alles kam ihr so vertraut vor, und zugleich so geheimnisvoll. Sie konnte es nicht beschreiben, aber sie wollte das Gefühl, das sie eben noch hatte, bewahren und nicht verlieren. Sam hatte sie auch erkannt, eigentlich sollte er sie hassen, doch in dem Moment, wo sich ihre Blicke kreuzten, da war ... war dieses Gefühl, das sie beide irgendwie verband, doch er konnte es nicht deuten. Wusste nur, dass er mehr über sie erfahren wollte, mehr über sie beide zusammen. //Gott, das ist doch verrückt, wir kennen uns nicht mal richtig, sie hasst mich doch.// Aber was sie eben vor sich hin gemurmelt hatte, mochte sie etwa seine Musik? Das wäre ja mal was ganz neues, wo sie ihn doch sonst immer mit bösen Blicken gestraft hatte. Er wusste selbst nicht wieso. Fanny hatte sich wieder gefasst und fragte ihn, was ihr schon die ganze Zeit auf der Zunge brannte: „Sam, was machst du denn hier? U-Und wieso kannst du so gut Gitarre spielen? Und ... warum sind deine Füße im Wasser, ist das nicht ka ...?!“ „ Hey, hey,“ fiel er ihr ins Wort „Eins nach dem anderen.“ Das Lächeln, mit dem er sie ansah, strahlte dabei so eine Wärme aus, dass es ihre ganze über Jahre angestaute Wut auf ihn mit einem Mal weg schmelzen ließ und nur den Drang zurück ließ, sich neben ihn zu setzen. Was sie auch in die Tat umsetzte. „ Soso“ fing er an „ Du findest also, dass ich gut spielen kann?“ „D-Das hab ich doch gar nicht gesagt ... Blödmann ...“ Das letzte Wort hatte sie so undeutlich in ihren Schal genuschelt, dass es wohl nicht verstanden hatte, da er unbeirrt fortfuhr. „Ich sitze an so einem Ort, weil ich hier ungestört üben kann, in der Stadt ist es ja so laut, und hier muss ich auch nicht befürchten, dass mir eine Gruppe Betrunkener über den Weg läuft. Warum redest du überhaupt mit mir? Ich dachte, du hasst mich.“ Fanny schoss augenblicklich die Röte ins Gesicht und sie versucht ihr Gesicht wieder unter ihrem Schal zu verstecken. Wieso eigentlich ? Er hatte sie doch nicht etwa in Verlegenheit gebracht, oder doch? „So ... so ist das nicht. Also ich ... dachte nur, ich ...“ stammelte sie vor sich hin, während Sam anfing zu lachen. „Was ist so lustig?“ fragte sie ihn aufgebracht. Er fing sich wieder und antwortete „ Ach weißt du, ich mochte dich nie wirklich ... und jetzt sitzen wir hier zusammen und reden, als ob wir alte Freunde wären.“ Fanny musste auch kichern. „Oder noch besser, wie ein altes Ehepaar“ Eine Weile sahen sie sich schweigend an, bis sie beide in lautes Gelächter ausbrachen. „Wusste gar nicht, dass du auch lustig sein kannst. Das ist echt ... süß“ Verdutzt darüber, ob das jetzt wirklich ein Kompliment war, erwiderte sie einfach „ Und ich wusste gar nicht, dass du so schön Gitarre spielen kannst.“ „Findest du? Aber ich muss noch dran feilen, manchmal verspiel ich mich und dann ...“ „Ich find’s toll.“ Dabei lächelte sie ihn so herzlich an, dass ihm richtig warm ums Herz wurde. Er konnte gar nicht anders, als sich langsam ihren Lippen zu nähern. Und sie ging darauf ein, näherte sich den seinen auch, sodass nur noch ein Atemzug sie von einander trennte. „Oh mein Gott!“ kreischte Fanny und sprang hektisch auf die Beine. „ Was ist denn?“ Sam war vor Schreck zusammen gezuckt und sah zu ihr auf. „Es ist schon so spät, meine Eltern bringen mich um!“ Sie machte Anstalten zu gehen, aber er hielt sie zurück. „Warte ... werden wir uns wiedersehen?“ „Bestimmt.“ Sie drückte ihm noch einen zaghaften Kuss auf die Wange und rannte dann so schnell los, wie sie nur konnte. Glücklich berührte Sam die Stelle, an der ihre Lippen seine Haut berührt hatten und schloss die Augen. Dann nahm er seine Gitarre zur Hand und spielte eine Melodie, wie er sie noch nie zuvor gespielt hatte. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihm aus, und es kam ihm so vor, als ob Fanny immer noch hier wäre, neben ihm. Ihren fröhlichen Charakter wollte er auffangen, in seine Musik mit einfließen lassen, dass er immer einen Teil von ihr bei sich trug. Er wusste es ganz genau, wenn sie sich das nächste Mal begegnen würden, würde er ihr dieses Lied vorspielen, und sie würde es mögen. Denn diese Melodie, er nannte sie ‚Fanny’. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)