Let the rain pass by von JuneValentine (Lysander x OC) ================================================================================ Kapitel 9: Chapter ten ---------------------- Stumm saß er auf dem Sofa, während ich zwei Tassen Holunderblüten-Tee hinstellte. Danach setzte ich mich rechts neben ihn hin, zog die Beine nach oben und umschlang sie mit meinen Armen. Die ganze Zeit über sagten wir nichts, tranken nur langsam aus den Tassen, da der Tee noch ziemlich heiß war und starrten vor uns in die Leere hin. Die Stille war mir langsam unangenehm worden und wusste nicht, wie ich diese brechen sollte. Mein Hals begann, sich selbst zu zuschnüren und mir wurde in der Magengegend so schlecht, wie noch nie. Aber wieso war es plötzlich so still um uns? Wieso konnten wir dieses Mal kein Thema finden? Es fühlte sich ein wenig falsch an. So Falsch, um nichts zu sagen. Oder irrte ich nur wieder mal? Ich war mir doch bei fast allem immer nur unsicher ... "Ich weiß nicht, ob du jetzt darüber willst, aber ...", redete er leise darauf los und ich starrte ihn zu aller erst wieder nur an. Dann sah er mich auch an und öffnete wieder seinen Mund. "Fährst du in den kommenden Ferien zu deiner Mutter? Ich hab' das Gefühl, dass es dich immer nur weiter runterzieht, solang du dich nicht mit ihr aussprichst ..." Seine weiche und sanfte, dennoch auch monotone Stimme hallte in meinem Kopf. Doch durch seine Worte brachte er mich zum Nachdenken. Sollte ich diese Ferien schon gehen? Ich wusste nicht und hatte auch Angst davor, wie sie reagieren würde ... Eigentlich befürchtete ich schon die ganze Zeit, dass sie mich nicht mehr bei sich da haben wollte, dass ich gleich nach Abweisung an der Haustüre wieder zu meiner Tante zurückfahren konnte. Aber woher wusste nur Lysander, dass ich ziemlich oft darüber nachdachte? ... "Naja, weißt du ... ich weiß nicht so recht, ob ich wirklich fahren sollte ..." "Wieso?" Er sah mich fragend an. "Hast du etwa Angst?" Ich drehte meinen Kopf in die andere Richtung und nickte nur langsam. Eine Weile schien er wohl zu überlegen, was er wohl als nächstes sagen sollte, denn es war wieder genauso still wie vorher auch. Aber dieses Mal war ich froh, dass die Stille da war. "Wovor hast du Angst? Dass sie dich nicht verstehen wird?" Leicht zuckte ich zusammen, als ich wieder seine ruhige Stimme hörte. Zuerst sah ich nur stumm weiterhin in die andere Richtung, aber rührte mich dann doch wieder. "Ich habe das Gefühl ... wenn ich zu ihr kommen werde, wird sich jetzt schon ziemlich vieles bei ihr verändert haben. Vielleicht will sie mich ja nicht mehr sehen...?" Als ich das aussprach, wurde ich beim letzten Satz leiser. "Ach, Unsinn ... Wie kommst du darauf? Sie ist doch deine Mutter ... Sie wird doch wohl nicht ihr eigenes Kind abweisen ..." "Wer weiß ... seitdem ich immer mit meinem Stiefvater Streit hatte, stellte sie sich immer an seine Seite. Ich war immer die, die Unrecht hatte ... Deswegen braucht sie mich auch höchstwahrscheinlich nicht mehr. Schließlich hat sie jetzt ihn ..." Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner linken Schulter und drehte langsam meinen Kopf wieder zu ihm. Sein Blick ... Er war unbeschreiblich. Gleichzeitig war er voller Sorge, Mitgefühl und Verständnis über meine Worte, aber auch etwas ernst und kühl. Wie konnten nur so viele Gefühle auf einmal in einem Moment von jemanden kommen? "Du bist ihr Kind. Er ist ein fremder Mann, den sie kennen lernte. Wie lange kennt sie ihn schon? Und wie lange kennt sie dich? Sie ist die Frau, die dich geboren hat. Wieso sollte sie ihr eigengeborenes verstoßen, wenn sie dich doch liebt? Natürlich gibt es auch abscheuliche Rabenmütter, aber ich glaube nicht, dass sie so ist, so wie du mir von ihr erzählt hattest." Stumm nickte ich zu seinen Worten und sank meinen Blick von ihm. Ich musste zugeben, dass er mir ein wenig meine Angst wegnahm, aber sie war trotzdem immer noch da. Was wäre, wenn sie mich trotzdem aus irgendeinem Grund verstoßen würde? Normalerweise kamen wir damals immer miteinander klar und sie war für mich wirklich da wie eine Mutter, die ihre Tochter über alles liebte. Aber seit Miro da war, war ich nur unbrauchbarer Müll. Wieso nur? Wieso gab sie ihre Tochter auf, nur wegen einem daher gelaufenem Kerl? ... Als wüsste der Weißhaarige, worüber ich nachdachte, nahm er mich plötzlich in den Arm. Überrascht von seiner Reaktion riss ich meine Augen auf, krallte aber dann meine Hände in sein Oberteil hinein und schloss meine Augen. Weinen würde ich jetzt ganz bestimmt nicht! Nicht vor ihm ... Deswegen hielt ich es mir zurück und dachte an die Momente, die mich glücklich machten. Aber so sehr ich es auch versuchte, rollte dennoch etwas Nasses über meine linke Wange. Hoffnungslos starrte ich in die Leere, versuchte einfach nur diesen Moment hier zu genießen. Wieso kümmerte er sich denn so viel um mich? Auch wenn wir Freunde waren, er musste mich ja nicht unbedingt trösten. Er hätte nicht mal hier bleiben müssen. Einfach nur mir meine Sachen geben und wieder abhauen. Wieso Lysander? Wieso hattest du kein kaltes Herz, wie es jeder andere gehabt hätte? Wieso musstest du so sanft und warmherzig zu mir sein? Wieso warst du der erste und einzige, der mich verstand? Ich musste nicht einmal etwas sagen und du wusstest, was in mir vorgeht. Als könntest du hinter meiner Fassade sehen, was sich in meiner Seele abspielte ... Was sich in meinem Kopf abspielte. Sonst hättest du es in der Schule nie gemerkt, wie mich das Thema zu schaffen machte. Wie konntest du nur herausfinden, dass mein Lächeln meist nur gespielt war? Fast immer wenn ich versuchte über eine Sache zu lächeln, sahst du mich skeptisch an. Danach vergaß ich einfach immer wieder diese Momente und dachte nicht daran, dass du mich dabei schon längst durchschaut hattest. Dass du meine Seele durchschaut hattest. Du wusstest, dass ich vortäuschte. War ich denn wirklich so eine miese Schauspielerin? Hatten es vielleicht andere auch gemerkt, nur zu mir nichts gesagt? Weil es sie nichts anging oder es ihnen egal war? Dabei war doch Lysander derjenige, der sich am wenigsten bei etwas einmischte ... "Ich kann es dir nur raten, Caroline. Egal was auch passieren sollte, du solltest am besten mit ihr reden. Sonst kann es irgendwann zu spät sein und es war vielleicht nur ein Missverständnis...", flüsterte er leise vor sich hin. Ich nickte und lächelte traurig. Auch wenn ich es immernoch nicht verstehen konnte, wieso er für mich da war ... Ich dankte ihm. Langsam löste ich mich aus seiner Umarmung und sah zum Tisch. "Ich kann es ja versuchen ...", murmelte ich. Anscheinend war er wohl zufrieden mit meiner Antwort, denn er trank danach seine Tasse gleich leer aus. Und endlich fiel mir etwas ein, womit ich unser Thema wechseln konnte. "Du, sag mal ... Wann probt ihr eigentlich wieder am Tag?" Kurz schien er zu überlegen. "Ich denke, morgen könnte es klappen. Wenn Castiel nicht wieder verschläft", meinte er und sah mich wieder an, "Dann kannst du ja mitkommen, wenn du immernoch magst." Morgen war ja Samstag und da würde ich nur alleine Zuhause herumhocken. Also hatte ich wohl mehr als genug Zeit. "Natürlich mag ich noch!", gab ich von mir lächelnd und er lächelte genauso. Dieses mal war es ein unverfälschtes Lächeln von mir, ich freute mich wirklich schon darauf. Lysander stand auf und streckte sich kurz. "Na, dann geh ich wohl jetzt nach Hause." Ich stand ebenfalls auf und begleitete ihn bis zur Tür. Kurz drehte er sich nochmals zu mir um. "Ich bin immer für dich da, egal was auch passiert. Okay?" Wieso sagte er das jetzt? Wieso, verdammt nochmal, war er so liebevoll zu mir? "Ähm ... Ja ... aber du musst nicht!", sagte ich mit geröteten Wangen. "Aber ich möchte ... Du bist mir an's Herz gewachsen, Caroline." Als er das sagte, kribbelte es so komisch in meinem Körper. Er war doch einfach viel zu lieb. Ich fragte mich ernsthaft, wieso er nur mit Castiel und Rosalia richtig befreundet war. Schließlich sollten solche Menschen wie er viel mehr Aufmerksamkeit bekommen als manch andere, fand ich. "Du mir auch ... Lysander ...", gab ich offen zu, wenn auch mit einer etwas haprigen Stimme. Zur Verabschiedung umarmte er mich nochmals. Zwar um Längen kürzer als vorher, dafür presste er mich aber näher zu sich ran. Verdammt, wieso hörte nur diese Wärme in meinem Gesicht nicht auf?! Als er mich losließ und dann mit einem "Man sieht sich morgen" losging, starrte ich ihm verdattert hinterher. Bis er die nächste Straße abbog und ich ihn nicht mehr sehen konnte. Ich schüttelte meinen Kopf und somit warf ich auch all meine Gedanken weg und schloss wieder die Haustüre. Seufzend ließ ich mich wieder auf das Sofa fallen. Genau auf dem Platz, an dem Lysander ursprünglich noch gesessen hatte. Ich vernahm einen leichten männlichen und rosigen Duft von ihm und zog ihn in meine Nase sanft ein. Wieso war ich nur so benommen? Wieso wollte ich nicht, dass er jetzt ging? Ich mochte seine Nähe so sehr ... aber wieso? Ich konnte mir einfach nicht eingestehen, dass das mehr als nur Freundschaft sein sollte. Ich wollte es die ganze Zeit verdrängen. Aber je mehr ich ihn sehen musste, umso schwieriger wurde es, dieses Gefühl bei ihm abzuschalten. Gab es denn gar kein Entkommen mehr? War ich ihm denn so dermaßen ausgeliefert? Wo war denn dann meine Würde und mein Versprechen an mich selbst, dass ich allein bleiben wollte? Ich wollte niemals mehr als nur Freundschaft bei jemandem empfinden, weil ich mir das alles nicht antun wollte. Wenn man bedachte, wie viel Stress meine Mutter mit der Liebe hatte und auch die ganzen anderen Mädchen in meiner alten Schule, wollte ich umso weniger mit so etwas zu tun haben. Doch der weißhaarige Junge verdrehte echt bei mir alles. Sogar mein eigenes Versprechen ließ er mich noch einmal überdenken. Ich wollte es aber letztendlich zum Glück dennoch nicht brechen, dafür hatte ich allgemein vor der Liebe zu viel Angst. In Gedanken versunken, legte ich mich schließlich auf die Couch und schlief dabei langsam ein. Als ich aufwachte, lag ich zugedeckt in meinem eigenen Bett und es war schon stockdunkel. Nur der Schein des Mondes brach über mein Fenster hinein. Vorsichtig rieb ich meine Augen und öffnete sie. Meine Tante war wohl schon heimgekommen. Doch ehe ich aufstehen wollte, überkam mich wieder die Müdigkeit und schloss wie vorher auch wieder meine Augen. Auf der Seite liegend und wie eine Katze eingerollt, versank ich wieder im Land der Träume und schlief mich bis zur Früh aus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)