Rot-Weiß-Rot im Alphabet von Sternenschwester ================================================================================ Kapitel 22: Gastbeitrag: I-Italien /!\ von KahoriFutunaka /!\ ------------------------------------------------------------- I – Italien Königreich Italien, 1866 Wehmütig spähte Roderich in sein Weinglas, allein mit sich und seinen Gedanken. Noch immer konnte er nicht so recht fassen, dass er den Krieg verloren hatte. Gut, er hatte ein wenig zu oft mit unerfreulichen Überraschungen kämpfen müssen. Und doch… bis zuletzt hatte er gehofft, als Sieger aus diesem Konflikt hervorzugehen, seine italienischen Gebiete halten zu können. Wenn nur Francis das Königreich Italien nicht unterstützt und Gilbert diese Bedingung nicht gestellt hätte… der Gedanke daran bereitete ihm Kopfschmerzen. „Nimm es nicht so schwer, mein Freund!“, säuselte die Verkörperung Frankreichs ihm plötzlich ins Ohr, „Zumindest hast du noch halb Osteuropa hinter dir!“ Bei diesen Worten kam der Personifikation Österreichs die Galle hoch. Ja, das hatte er. Aber wie lange noch? Nicht zuletzt auch in Elizavetas Gebieten brodelte es beinahe so heftig wie 1848 und Bismarck finanzierte sogar eine ihrer radikalsten Parteien. Eine gleichgestellte Ehe schien eine Lösung zu sein, würde aber auch sein angestammtes Machtmonopol beenden. Oh, eines Tages würde er es Gilbert und Bismarck heimzahlen, das schwor er bei Gott und Kaiser! Wieder wurden seine Gedanken von Francis unterbrochen. „Es ist ein aufregendes Jahrhundert, findest du nicht?“ „Etwas zu aufregend!“, knurrte er mühsam beherrscht, ehe er demonstrativ an seinem Weinglas nippte. Er wollte nicht hier sein. Nicht auf der Siegesfeier, die ihm seine eigene schmachvolle Niederlage vor Augen führte. Ob es ihm wohl möglich war, zu gehen, ohne einen erneuten Krieg auszulösen? Denn den konnte er sich nicht leisten… Ein empörter Aufschrei ließ die beiden Kontrahenten zusammenzucken und zumindest in Roderichs Fall alarmiert herumwirbeln. Was auch immer dieser Schrei bedeutete, es konnte nichts Gutes sein. Und tatsächlich: Zwei der italienischen Geschwister, Venedig und Mailand, schienen wieder einmal eine ihrer berühmt-berüchtigten Streitereien vom Zaun zu brechen. „Giovanni, wie kannst du es nur wagen?!“, fauchte die Verkörperung Venedigs ihren Bruder an, der ihren offensichtlichen Zorn mit einem beinahe herausfordernden Blick quittierte. „Aber, aber, Lucrezia!“, tadelte er sie süffisant, „Wer wird sich denn gleich so aufregen? Dir muss doch bewusst sein, dass dein Machtzenit bereits vor Jahrhunderten überschritten wurde. Wie lange ist es her, dass du im Alleingang Byzanz überfallen hast? 600 Jahre? Oder doch schon 700? Du bist schwach geworden.“ „Du aber auch!“, mischte sich plötzlich die Personifikation Parmas ein, woraufhin sich Giovanni mit missbilligender Miene seiner Lieblingsschwester zuwandte. „Zita, meine kleine Rose, warum stößt du mir einen Dolch in den Rücken?“ Als Antwort streckte sie ihm nur frech die Zunge heraus, während sich auf Lucrezias Lippen ein beinahe grausames Lächeln ausbreitete. „Ja, Giovanni, du warst bereits deutlich besser gekleidet. Dieses Ensemble war vielleicht im letzten Jahr in Mode, doch diese Saison…“ Bei diesen Worten errötete die Verkörperung Mailands vor Wut. „Zumindest muss ich mein hässliches Gesicht nicht hinter einer Maske verstecken!“ „Die Maske verleiht mir etwas Geheimnisvolles!“, kreischte die Personifikation Venedigs, was Giovanni dazu veranlasste, beinahe abschätzig mit einer Hand zu wedeln. „Wie du meinst, ‚Schwester‘. Oder sollte ich doch besser ‚Betrügerin‘ sagen? Du kannst ja noch nicht einmal richtig Italienisch.“ „Das nimmst du zurück!“ Schon war eine Rangelei im Gange, zu zurückhaltend, um als Prügelei zu gelten und zu offensiv, um spielerisch zu sein. Instinktiv sprangen die Umstehenden einen Schritt zur Seite, auch wenn sie nichts unternahmen, um die beiden Streithähne zu trennen. Eugenio, das personifizierte Savoyen und Silvia, welche einst als Sardinien die Italienischen Vertreter zusammengeführt hatte, waren noch immer in eine Analyse verschiedener Kampfstrategien verwickelt, neben ihnen stierten Guiseppe und Gaspare mit düsteren Mienen in die Gegend. Offenbar waren die Zwillinge, welche Neapel und Sizilien repräsentierten, immer noch verärgert dass man ihnen am Eingang ihre Waffen abgenommen hatte. San Marino, auch Angela genannt, sah mit offenem Mund zu den am Boden Kämpfenden hinüber und zupfte ihren Lieblingsbruder Camillo am Ärmel. Doch das ehemalige Patriarchat Aquileia führte wieder einmal eines seiner Selbstgespräche, bei denen er stets behauptete, von einem gewissen Jesus Antwort zu erhalten. Auch Marina behielt ihre Gedanken nicht für sich, allerdings ging es bei dem Selbstgespräch der Genuanerin darum, welches Schiff sie wohl möglichst schnell möglichst weit weg bringen konnte. Cosima hingegen wachte nicht einmal aus ihrem Nickerchen auf, sodass Zita nicht einmal auf die Hilfe von Toskana hoffen konnte und es ihr oblag, sich zögerlich Feliciano zu nähern, der wimmernd in einer Ecke hockte und geradezu hektisch seine weiße Fahne schwenkte. Einzig Lovino schien ernsthaft daran interessiert, Lucrezia und Giovanni zu trennen, wenn auch seine Methoden gewöhnungsbedürftig waren. Denn niemand sonst -außer vielleicht Guiseppe und Gaspare- wäre wohl auf die Idee gekommen, ihnen mit finsterer Miene Schusswaffen -die er weiß der Teufel wie hereingeschmuggelt hatte- an die Schläfen zu halten und von der Idee der ‚famiglia‘ zu sprechen, gegen die man sich besser nicht wandte. Plötzlich war Roderich beinahe froh, dass dieser chaotische Haufen von nun an nicht mehr in seinen eigenen Zuständigkeitsbereich fiel. Sollte Silvia doch zusehen, wie sie in ihrem neuen Königreich Ordnung schaffte, er jedenfalls würde sich wieder vermehrt Elizaveta zuwenden, die ihn schon so oft nach verlorenen Kriegen getröstet hatte. Was natürlich nicht hieß, dass er seine amourösen Abenteuer mit Hedvika vollständig aufgeben musste... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)