Rot-Weiß-Rot im Alphabet von Sternenschwester ================================================================================ Kapitel 17: V-Verwechslung -------------------------- V-Verwechslung 1274 - Tirol Karl schluckte erneut, als er wieder in die rostroten Augen seiner Gegenüber sah, doch er riss sich zusammen. "Also, wie lautet deine Antwort?" Das Mädchen, denn älter sah sie nicht aus, begann, weiterhin gelangweilt mit der Spitze ihres Dolches den Dreck unter den Fingernägeln zu pulen, während sie weiterhin lässig in ihrem massiven Stuhl saß und die Füße am Holztisch hochlagerte. Abermals fiel dem Repräsentanten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation auf, wie sehr man sie für einen Knaben halten konnte. Das schwarze Haar war fingerlang geschnitten und umrahmte so leicht das hagere Gesicht. Die spitze Nase und die stechenden Augen, welche einen eindeutigen Rotstich aufwiesen, der schon leicht ins Braun überging, verliehen ihrer Erscheinung etwas Herrisches und Verwegenes. Was durch die klobige Kleidung eines Knappen, welche an ihrem dürren Leib völlig schlackerte, nur unterstrichen wurde. "Also, du willst, dass ich dir helfe, Richard von Österreich soweit wieder auf den Pfad der Tugend zurückzuführen, dass er von Böhmen und somit von Ottokar endlich Abstand nimmt?" Der stechende Blick kehrte von den Fingernägeln zu ihm zurück. Obwohl sie mit ruhiger Stimme gesprochen hatte, lag dennoch etwas Drohendes in der Luft. "Roderich von Österreich.", verbesserte er sie und wünschte sich, die Verhandlungen so bald wie möglich hinter sich zu bringen. Es machte ihn einfach nervös, wie sie nun begonnen hatte, mit der scharfen Stichwaffe in den Händen zu spielen, aber er wollte sich einfach keine Blöße geben, besonders nicht vor der Grafschaft, die ja formell genommen unter ihm stand. "Und ja, ich würde auf deine Hilfe zählen, denn vergiss nicht, an wen sich dein Haus durch eine Ehe gebunden hat. Zudem käme es mir günstig, wenn du die zwei südlichen Schwestern in Schach halten würdest." Ein fragender Ausdruck schlich sich auf das schmale Gesicht. "Hedwig von der Steiermark und Katharina von Kärnten." Er sah, wie sie erkennend den letzten Namen lautlos murmelte, kaum hatte er ihn ausgesprochen und für eine Weile herrschte Stille, während sie nachdenklich ihr Spiel mit dem Dolch beobachtete. Plötzlich zerriss das dumpfe Geräusch einer Schneide, die sich tief ins Holz bohrte, die angespannte Luft und Karl fuhr erschrocken auf. Perplex starrte er auf den noch vibrierenden Dolch in der massiven Holzplatte, während seine Gastgeberin geräuschvoll den Stuhl nach hinten schob. "Einverstanden, ich bin dabei, um Hedvika und Richard in den Arsch zu treten." "Roderich.", verbesserte der blonde Junge sie abermals, dankbar, einen Grund zu haben, um seinen vorigen Schrecken zu überspielen, doch seine Gesprächspartnerin achtete nicht auf ihn. "Ich werde dir helfen, den Süden aufzuräumen, schließlich bin ich das meinem neuen Kaiser schuldig, aber das wird seinen Preis haben." Das Blitzen in den rostroten Augen beruhigte Karl nicht im Geringsten. Ohne viel Kraftanstrengung zog sie die Waffe aus dem Holz und begann, sie wieder zwischen den Fingern zu balancieren. "Das war mir schon klar, als ich mit diesem Anliegen zu dir gekommen bin, Tirol!", antwortete er ihr pikiert, ihre Bewegungen nicht aus den Augen lassend. "Aber darf ich dich daran erinnern, wer ich bin und wer du bist." Langsam kam sie auf ihn zu und er spielte mit dem Gedanken, selbst aufzustehen, um sich neben ihr nicht ganz so mickrig vorzukommen, doch er blieb sitzen, und versuchte eher das Thema abzuschließen. "Aber man sollte nicht die Haut des Bären verkaufen, bevor man ihn erlegt hat." Wieder das Spiel mit dem Dolch. Wie ihn das nervös machte, vor allem jetzt, wo sie unmittelbar vor seinem Platz stand. Doch zum ersten Mal seit ihrer Begegnung heute nahm sie plötzlich eine weichere, femininere Haltung an. Die Ellbogen an den dünnen Leib geschmiegt, die Hände auf der Höhe der Brust und das Haupt leicht nach unten geneigt wie eine verlegene Jungfer wich sie seinem Blick aus. "Nun ja, da habt Ihr Recht, und schließlich bin ich nur eine kleine Grafschaft, Herr..." Er wollte sich eben -in Sicherheit gewiegt durch ihren unterwürfigen Ton- nach hinten lehnen, da schnellte sie nach vorne und erschrocken stellte er Sekunden später fest, dass sie den Dolch abermals in das Holz gerammt hatte, genau in den engen Spalt zwischen seinen Fingern. Das Vibrieren der Klinge erfüllte unheilverkündend den Raum. "Aber dann hoffe ich für Euch, dass ihr Euren Bären bald erlegt!" Fassungslos starrte er in das entschlossene Gesicht, während sie immer noch die Hand um den Griff des Dolches gelegt hatte. Wie konnte dieses Miststück nur wagen, so fordernd ihm gegenüber aufzutreten. "Denn soll ich Euch bei dem Problem mit Richard helfen, so wehe Euch, wenn Ihr mir dann die Beute verweigert. Verwandtschaft hin oder her, mit Agnes Hütt, der Grafschaft Tirol-Görtz sollte man es sich in dieser Angelegenheit nicht verscherzen." Noch immer leicht unter Schock stehend unterließ es Karl, Agnes wegen Roderichs Namen noch einmal zu korrigieren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)