Die Spur in der Asche von Night_Baroness ================================================================================ Kapitel 4: Spinnennetz ---------------------- Erst als ich aus dem Auto stieg, bemühte ich mich hastig, das von meiner Frisur zu retten, was noch zu retten war und schloss den obersten Knopf meiner Bluse, der sich gelöst hatte. Wäre ich nicht so angespannt gewesen, hätte sich vermutlich ein Lächeln auf meine Lippen geschlichen, als mir der Gedanke kam, das die Begründung für meinen Auftritt „Ich bin auf meinem Schreibtisch eingeschlafen und bekam einen wichtigen Anruf“, vermutlich für jeden normalen Menschen wie eine billige Ausrede klingen musste. Naja was soll’s. „Da sind Sie ja endlich.“ Obwohl er genau wusste, warum ich so aussah, kräuselten sich seine Lippen etwas. Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Sie wollen mir also weismachen, Sie hätten den Code geknackt?“ Mit verschränkten Armen baute ich mich vor ihm auf und hoffte insgeheim, er würde es gleich als einen Scherz entlarven und mich einfach stehen lassen. Vielleicht, weil ich die Lösung fürchtete, die Nachricht dieses brutalen Mörders oder aber, weil ich ihm nicht eingestehen wollte, dass er schneller gewesen war, dass er besser gearbeitet hatte, als ich. Leider schien ihn meine Gedankenwelt nicht sonderlich zu interessieren, denn er griff nach einer matschig-brauen Akte, die vor ihm auf dem Tisch lag und reichte sie mir. Vorsichtig nahm ich sie entgegen. „Lesen Sie das. Falls sie fragen haben, können Sie sich einfach an mich wenden.“ Ich nickte und machte mich daran, das, was er in Eile handschriftlich verfasst hatte, zu entziffern. Wäre ich ruhiger gewesen, hätte ich mir vermutlich Zeit genommen, darüber zu spotten, dass der Code wesentlich einfach zu lesen gewesen war, doch stattdessen ich las hochkonzentriert weiter. „Eine einfache Cäsar-Verschlüsselung? Ist das Ihr Ernst?“ Da sogar ich schon davon gehört hatte, konnte dieser Typ der Verschlüsselung nun wirklich nicht allzu geheim und spektakulär sein. „Zweifellos.“, er lehnte sich entspannt zurück. Ich blicke neugierig auf. Seltsamerweise kam er mir etwas verändert vor, obwohl sein Lächeln die übliche Arroganz versprühte, wirkten seine Augen abwesend, fast so, als wären auch seine Gedanken weit weg von diesem Ort und ich würde mit einer seelenlosen Puppe sprechen. Er blinzelte und das seltsame Gefühl, das mich beschlichen hatte, verschwand. „Eigentlich ist es ganz einfach. Sie wissen ja noch, dass er Buchstaben vertauscht haben muss, oder?“ Ich nickte wieder und erinnerte mich an all die hoffnungslosen Versuche, mit denen wir uns den Nachmittag totgeschlagen hatten. Was hatte er diesmal anders gemacht? „Nun, anscheinend hat er die Buchstaben immer um drei Stellen verschoben, also eine recht einfache Verschlüsselung verwendet. Aus B wurde E, aus G ein J, aus M ein P, ganz einfach also. Ich muss zugeben, so etwas Ähnliches kam mir auch schon früher in den Sinn, allerdings gab es etwas, das mich irritiert hat.“ Mein Blick fiel auf die Akte. „Nicht alle Buchstaben wurden nach diesem Muster vertauscht, nicht wahr?“ Er zwinkerte mir amüsiert zu. „Chapeau Madame, sehr scharfsinnig.“ „Das steht in der Akte.“, erwiderte ich trocken. Sollte er sich seine Schmeicheleien doch in den Hintern stecken. Ich war müde und hatte keine Lust auf lange Spielchen, abhängig von dem, was der Killer schrieb, hatten wir womöglich auch gar keine Zeit mehr dafür. „Deshalb war es ja auch Sarkasmus, meine Teuerste.“ Wäre ich vor Gericht gerechtfertigt, wenn ich ihn jetzt und hier mit seiner Krawatte erdrossele? „Also?“ „Er hat exakt acht Buchstaben ausgelassen und sie vollkommen unbehandelt im Text behalten.“ Ich fröstelte unwillkürlich. „Welche waren es? Ich wagte es nicht, selbst auf das Blatt vor mir zu blicken.“ Was willst du uns mitteilen? „Salamander“ Unsere Blicke trafen sich. „Er hat uns seinen Namen verraten.“ [font='Comic Sans MS, sans-serif']AM I RIGHT ABOUT POLICEMA N? I THINK THEY ARE AN AN NOYING LOT WHO DISTURB PERSON AND THAT THEY ARE HA ITED THOUGH THERE IS ONE I LIKE BUT SHE WILL OBJECT TO MY FEELING HELLO VILE GIRL IGNORE ME AND ITS OV ER PLEASE DO NOT IGNORE U UNDERSTAND, DO YOU?[/font] [font='Comic Sans MS, sans-serif']„Liege ich richtig bei den Polizisten? Ich denke, sie sind eine nervige Gruppe, verwirren die Leute und sind verhasst. Dennoch ist da eine, die ich mag, aber sie wird wohl Einwände gegen meine Gefühle haben. Wenn du mich ignorierst, ist es vorbei, also bitte ignorier mich nicht. Du verstehst das, oder?“[/font] Mit zitternden Händen legte ich das Blatt zurück in die Akte und schloss sie langsam. Er hatte es tatsächlich geschafft, er hatte den Code geknackt. Doch meine Freude darüber sollte nicht lange andauern. „Mehr hat er nicht geschrieben?“ Geck schüttelte den Kopf und fuhr sich durch die dunklen Haare. Das Gel schien mittlerweile in seiner Wirkung nachzulassen, sodass einige Locken sich lösten und ihm ein heruntergekommenes, aber auch irgendwie verwegenes Aussehen verliehen. „Leider nicht. Wir haben nur diese paar Zeilen, keine Ankündigung, keinen wahren Namen, nur seinen Hohn und einen Codenamen, der uns zumindest ansatzweise bereits vorher schon bekannt war.“ Nun war die Enttäuschung in seinem Gesicht unverkennbar. War es etwa das, was ich vorhin durchschimmern sah? „Das ist doch besser als nichts. Ich meine, das ist toll, du hast den Code gelöst! Wir haben uns alle vorher die Zähne an ihm ausgebissen…“ Nun tat er mir fast leid, wie er vor mir saß mit seinen müden Augen und den verstrubbelten Haaren. Ich lächelte schwach. „Immerhin ist der Name „Salamander“ nun sozusagen offiziell.“ Mein Gefühl hat mich also doch nicht in die Irre geführt. Obwohl es nur eine Kleinigkeit war, zumal die anderen Namen wesentlich weniger plausibel gewesen waren, verschaffte mir dieser kleine Erfolg eine gewisse Genugtuung. Vielleicht brauchte ich das einfach, nachdem ich den Code schon nicht hatte knacken können. „Was haben die Schreibfehler zu bedeuten? Lässt sich dort nicht ein Hinweis ableiten?“ Er seufzte und zündete sich eine Zigarette an. Sein Husten verriet, dass er wohl nur ein Gelegenheitsraucher war und das Nikotin vermutlich nur dann brauchte, wenn es galt, Stress abzubauen. „Auch eine?“ Ich lehnte dankend ab. „Bei den Fehlern ist leider kein Muster zu erkennen, weshalb es fraglich ist, ob er sie überhaupt gezielt eingebaut hat. Womöglich leidet er unter einer Rechtschreibschwäche. Diese könnet sich nur äußern, wenn er aufgeregt ist, oder er hat allgemein Schwierigkeiten damit.“ „Aber er ist doch sehr intelligent, oder nicht?“ Ich musste daran denken, wie akribisch er seine Spuren beseitigt hatte und wie er es geschafft hatte, unbemerkt ein Zeichen am Tatort zu hinterlassen. Nachdem die Spurensicherung dagewesen war und das Haus abgesperrt hatte. Ich schluckte. „Zweifelsohne. Deshalb bleibt auch die Möglichkeit bestehen, dass er etwas versteckt hat. Allerdings könnte es auch sein, dass er sich einfach über uns lustig macht und uns ein bisschen Knobeln lassen will. Alternativ könnte er natürlich auch versucht haben, uns das Entschlüsseln schwieriger zu machen, es kommt oft vor, dass jemand Schreibfehler einbaut, um den Lösungsschlüssel nicht so leicht erkennbar zu machen.“ Das klang leider ziemlich logisch. Logischer als eine geheime Botschaft, als einen zweiten Namen, einen Ort, eine eindeutige Botschaft. Obwohl wir gerade einen riesigen Erfolg erzielt hatten, fühlten wir uns nach anfänglicher Euphorie bereits ernüchtert. Ich hatte sogar das Gefühl, Agent Geck wäre noch weitaus geknickter als ich es war, zumindest sparte er sich während wir noch etwas über die Fakten des Falles sprachen, jegliche arrogante oder anzügliche Kommentare und wirkte wieder abwesend und in sich zurückgezogen. Schließlich stand ich auf. „Ich werde die Akte zu George bringen, damit er die Ergebnisse ins Reine schreibt und sie Black übergibt. So sind bei der nächsten Besprechung alle auf dem Laufenden. Ist das okay?“ „Natürlich, gehen Sie nur.“ Seine Mundwinkel zuckten leicht, dann zog er wieder an seiner Zigarette und blickte die Wand neben mir an. Erst jetzt fiel mir auf, dass er das die ganze Zeit getan hatte. Er hatte mich nicht einmal angesehen. Auf dem Weg zu George hatte ich erst einmal das Gefühl, tief durchatmen zu müssen. Beinahe so, als wäre der Raum luftdicht abgeriegelt gewesen und hätte mit jedem Atemzug an Schwere und Ungenießbarkeit gewonnen. Als wären wir erstickt, wenn wir das Rätsel weiter untersucht hätten… Von diesem Gedanken gleichsam fasziniert und erschreckt, stieß ich mit Jodie zusammen. „Nanu? Du bist immer noch hier?“ „Das Gleiche könnte ich dich auch fragen.“ Ich lächelte. „Du hast schon eine ganze Weile Dienstschluss.“ „Naja, der ganze Büro-Kram…“ Unter normalen Umständen, hätte ich jetzt wohl mit einem siegesgewissen Grinsen ihren Loverboy ins Spiel gebracht und nach allen möglichen Details verlangt, doch stattdessen schenkte ich ihr nur einen skeptischen Blick und ein leicht ironisches Lächeln. „Ja ja, die Arbeit.“ Offenbar erleichtert schickte sie sich an, eilig das Thema zu wechseln. „Was hast du denn da?“ Sie deutete auf die Akte in meiner Hand. „Das muss zu George, die aktuellen Ergebnisse der Code-Analyse.“ „Tut mir leid, der hat schon Feierabend gemacht.“ Wieso hatte ich nur schon geahnt, dass heute nicht unbedingt mein Glückstag werden sollte? „Wirklich?“ mit einem letzten Hoffnungsschimmer in den Augen ah ich sie an. „Vielleicht ist er sich nur ne Pizza holen gegangen, er bleibt doch sonst auch immer ewig.“ „Keine Ahnung, vielleicht hat er heute Abend was vor? Jedenfalls ist er schon länger weg und es sah auch nicht so aus, als würde er heute nochmal ins Büro kommen. Soll ich ihn anfordern?“ Ich schüttelte resigniert den Kopf. „Nein, schon gut. Er muss als Bürokraft ja nicht ständig in Bereitschaft sein und eigentlich hat es auch noch bis morgen Zeit. Die Ergebnisse haben ohnehin nicht viel Aufschluss gebracht.“ „Nicht?“ Sie musterte mich überrascht. „Habt ihr den Code doch nicht entschlüsseln können? Geck meinte etwas in der Richtung, nachdem er dich angerufen hat.“ „Doch, doch. Allerdings konnten wir nicht mehr als seinen Decknamen herausfinden. Er nennt sich tatsächlich „Salamander“.“ „Ach, dann hast du immerhin richtig gelegen, nun freu dich doch mal.“ Sie lächelte. „Das zeigt doch, dass du dem Fall durchaus gewachsen bist, du hast zumindest den richtigen Riecher, was diesen Typen angeht. Darauf kommt es eh am meisten an. Das Bauchgefühl zählt im entscheidenden Moment oft mehr, als jede Theorie.“ Da hatte sie natürlich nicht ganz Unrecht. Dennoch brachte uns dieser Punkt leider nicht wirklich weiter. Zwar kannten wir jetzt ein paar Zeilen des Täters und konnten über psychologische Gutachten vielleicht sogar etwas über ihn selbst herausfinden, aber wer sagte uns, dass er sich nicht verstellte? Dass er uns nicht an der Nase herumführte und mit gackerndem Lachen zusah, wie wir uns in seinem Labyrinth verirrten? Pantomime war auch so gewesen… Ich tue nur Gutes, ich bestrafe böse Kinder… oder etwa doch nicht? Das Schlimmste an der Verbrecherjagd waren schon immer die Zweifel gewesen, man konnte nie sagen, was diese Menschen ernst meinten und wann sie logen. Vielleicht wussten sie es nicht einmal selbst. Sie waren wie riesige Spinnen, die in Netzen aus tragenden und nicht tragenden Fäden saßen, einen beobachteten und darauf warteten, dass man sich darin verfing. Trägt dich dieser Faden oder wirst du festkleben? Ist es dein sicherer Tod oder die Chance, die Spinne, die fett und satt im Zentrum sitzt, zu erreichen? Was glaubst du? „Was wirst du jetzt tun?“ „Ich denke, ich werde das Ganze noch einmal durchgehen. Bislang haben wir uns nur über mögliche weitere Verschlüsselungen unterhalten, vielleicht finden wir ja etwas auf der psychologischen Ebene.“ Jodie nickte erregt. „Das ist doch mal ein Vorschlag. Womöglich können wir den Tag doch noch retten!“ „Eher die Nacht.“ Ich gähnte übertrieben. „Wie auch immer. Ich brauch noch schnell einen Kaffee. Treffen wir uns in einer halben Stunde in meinem Büro, okay? Dann gehen wir alles nochmal durch.“ Da an Schlafen wohl kaum zu denken war, stimmte ich zu. Es konnte ja nicht schaden, sich noch einmal gemeinsam damit zu befassen. „Ich muss sowieso nochmal schnell zurück zu Geck, ich glaube, ich habe meinen Füller bei der Besprechung liegen lassen.“ Das künstliche Licht der Neonleuchten verlieh den Gängen eine unheimlich blaue Färbung. Sonst fiel einem das nicht mal auf, aber wenn man allein war, bekam diese Art von Licht oft etwas Surreales, das leichte blaue ließ einen an die erdrückenden Tiefen des Ozeans denken und das künstliche Surren und Flackern an eine vielleicht nicht allzu ferne, aber dafür viel zu fremde Zukunft. Jemand weinte. Wie angewurzelt blieb ich stehen und lauschte. Wie bitte? Das konnte doch nicht sein. Ich befand mich hier ein einem Trakt des FBI-Hauptquartiers, dazu fernab von Zeugen und Angehörigen, Menschen, die unter Umständen vielleicht geweint hätten, um all dem Schmerz und der Fassungslosigkeit Luft zu machen. „Ist da jemand?“ Keine Antwort. Unsicher ging ich zur nächsten Tür und lauschte, doch auch hier schlug mir nur gespenstische Stille entgegen. Vorsichtig drückte ich die Klinke herunter. Abgeschlossen. Natürlich. Es war bereits weit nach Mitternacht und alle Beamten waren längst nach Hause gegangen. Weiterhin angespannt setzte ich meinen Weg fort, doch bei jeder weiteren Tür erwartete mich das gleiche Ergebnis. Erst, als ich das Besprechungszimmer, in dem wir uns befunden hatten, hörte ich das Weinen erneut. Das Geräusch war auf einmal so klar und nah, so furchtbar real, dass es mich wie ein Blitz durchzuckte. Drinnen brannte noch Licht, womöglich konnte mir Geck also dabei helfen, den Ursprung des unheimlichen Wimmerns ausfindig zu machen. Was für ein lächerlicher Gedanke. Ich drückte die Klinke herunter, zog die Tür lautlos auf und blieb stehen, ohne den Raum zu betreten. Das war gar nicht nötig. Natürlich hatte ich es irgendwo geahnt, aber mein Gehirn hatte den Gedanken in den letzten Winkel seiner Windungen verdrängt, weil es einfach viel zu absurd war. Bruce Geck, seines Zeichens englischer Spezialagent, Kryptologe und Macho-Arschloch, weinte. Er saß zusammengekauert an dem großen Schreibtisch, an dem wir uns vor gar nicht allzu langer Zeit beraten hatten. Den Kopf kraftlos zwischen die Arme gesunken, gab er leise Schluchz-Geräusche von sich, während vor ihm Aschenbecher voller Kippen traurig vor sich hin rauchte. Eigentlich wollte ich einfach wieder gehen, doch ein weiterer Schritt war zu viel gewesen, ein leises Knarzen des Bodenbelags verriet mich. Geck hob den Kopf. „Ach Scheiße...“ „Mr. Geck, ich…“ „Schon gut, du willst nur deinen dämlichen Füller, oder?“ Er wischte sich immer noch schniefend die letzten Tränen aus den Augen. „Hätte wissen müssen, du kommst zurück.“ Eigentlich hätte ich jetzt anmerken müssen, dass wir sicher nicht per Du waren, doch ich brachte kein Wort heraus. Stattdessen starrte ich ihn entgeistert an, was sicher ebenso viel an Taktgefühl zu wünschen übrig ließ. Schließlich brachte ich doch einen halbwegs geraden Satz hervor. „Brauchen Sie Hilfe?“ Er lachte bitter. „Nein, schon gut…“, und schob sich an mir vorbei. Ehe ich mich versah, war er den Gang runter und verschwunden. Was in aller Welt ist denn hier los? Diese Frage hatte mich auch dann noch nicht losgelassen, als ich wenig später mit Jodie zusammensaß. Müde beugte ich mich über den Text, der jedoch immer wieder vor meinen Augen verschwamm, wenn meine Gedanken zu Geck und seinem Gefühlsausbruch wanderten. „Alles in Ordnung?“ Brauchen Sie Hilfe? Ich schüttelte den Kopf. „Nein, schon okay. Also… Was würdest du zum Brief des Killers… äh… zu… Salamanders Brief sagen?“ Sie rückte ihre Brille zurecht und las die Nachricht noch einmal flüchtig, ich konnte sehen, wie ihre Pupillen von einem Satz zum nächsten hüpften und wieder zurück. Dann legte sie die Nachricht weg. „Ich denke, dass er eine gewisse Abneigung gegen Polizisten verspürt, ja sie verabscheut. Womöglich ist er einmal von einem Beamten schlecht behandelt worden oder er war in einer schlimmen Situation und hatte das Gefühl, die Polizei hätte ihn ihm Stich gelassen.“ „Glaubst du, dass das ein Antrieb für seine Taten sein könnte? Dass es ihm vielleicht nur darum geht, die Polizei herauszufordern und bloßzustellen?“ Jodie lächelte. „Ich wusste du hast es drauf. Ich glaube, du hast einfach den richtigen Riecher, was den Typen angeht.“ Ich seufzte. Jodies Lob tat zwar gut, aber ich wusste, dass sie mich nur aufheitern wollte. Ziemlich sicher hatte sie sich exakt dasselbe gedacht. „Dann glaubst du also wirklich, er will die Polizei herausfordern?“ „Ich halte es für sehr wahrscheinlich.“ „Und was ist mit dem zweiten Teil?“ Sie zog die Augenbrauen zusammen und schien einen Moment lang nachzudenken. Das Schweigen steigerte das eigenartige Gefühl, das mich schon das letzte Mal überkommen hatte, als wir Salamanders Brief gelesen hatten, fast bis ins Unerträgliche. Ich räusperte mich hastig, um mich von dem Kloß in meinem Hals zu befreien. „Was sagst du denn dazu?“ Die Frage musste ja kommen, wo ich mich bislang so bedeckt gehalten hatte. „Er scheint irgendeine Beziehung zu einer Polizistin zu haben. Vielleicht hat er sie oft beobachtet oder sie kennen sich von früher. Womöglich eine Ex-Freundin oder Ex-Frau, jemand, den er bewundert und schätzt, der aber unnahbar für ihn ist.“ „Du meinst, er hat eine Art Obsession?“ Jodie sah mich gebannt an. Ich spürte, wie mein Kloß schmerzhaft und fest wie eine Eisenkugel zurückkehrte. „Vielleicht, aber zweifelsohne sehnt er sich danach, Kontakt mit ihr aufzunehmen.“ Einen Moment lang war es wieder erdrückend still im Raum. „Und er hasst es mehr als alles andere, ignoriert zu werden.“ „Na Peppermouse, hast du mich vermisst?“ Immer noch etwas benommen, aber sichtlich erleichtert, betrat ich meine Wohnung und zwinkerte der Katze zu, die mich mit großen Augen ansah. „Ja, ich mach dir gleich Futter, Moment.“ Ich ging in die Küche und kramte nach dem Dosenöffner. „Dabei solltest du um die Uhrzeit eigentlich schlafen! Es dämmert ja schon fast.“ Nachdem ich mein vor Dankbarkeit schnurrendes Kätzchen versorgt hatte, ging ich ins Wohnzimmer und warf mich auf die gemütliche Couch, auf der Peppermouse, obwohl ich es ihr strengstens verboten hatte, nur allzu gerne ihre Haare hinterließ. Vermutlich wäre es klüger gewesen, schlafen zu gehen, aber alles, was heute passiert war, spukte mir viel zu sehr im Kopf rum, als dass etwas in dieser Richtung möglich gewesen wäre. Warum hatte Geck geweint? Was wollte Salamander wirklich? Welche Verbindung bestand zwischen ihm und der rätselhaften Polizistin? Gerade, als mir über dem ganzen Grübeln doch die Augen zufallen wollten, klingelte das Telefon. Werde ich jetzt immer so geweckt? Grimmig griff ich nach dem Hörer und hielt ihn mir ans Ohr. „Ja?“ „Du musst sofort zurückkommen!“ „Bitte was? Das soll wohl ein Scherz sein!“ Am liebsten hätte ich Jodie weggedrückt, doch irgendwas sagte mir, dass das womöglich keine so gute Idee war. Vielleicht würde ich ja endlich Antworten bekommen. „Es gab eine Geiselnahme!“ „WAS?“ Auf einmal war ich hellwach. „Aber warum werde ich da angefordert? Sind für den Notfall nicht Mitarbeiter im Büro?“ „Schon…“ Stille. „Aber anscheinend ist Salamander verwickelt.“ Na kleine Fliege, willst du testen, welche Fäden klebrig sind? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)