Geister der Nacht von Pandora- (Versuchungen kommen meist durch absichtlich offen gelassene Türen) ================================================================================ Kapitel 2: Schau mir in die Augen und sieh, wer ich wirklich bin ---------------------------------------------------------------- .. erkenne mein Inneres, mein Wesen Sieh dir meine Seele an, wühle in meiner Vergangenheit, lese meine Gedanken und finde meine Erinnerungen Während Sakura über ihre Beziehung mit Sasuke nachdachte, bemerkte sie, dass es einige schwerwiegende Fehler gab, die zwischen ihnen standen und über die sie nie sprachen. Erstens: Sakura Haruno war, egal von welcher Seite man es betrachtete, nie mehr als Durchschnitt gewesen. Durchschnittlich hübsch, unterdurchschnittlich reich, nichts Besonderes. Sie arbeitete in der Kaserne im Lazarett, wo sie überwiegend Papierkram erledigte und bewohnte eine kleine Wohnung mit ihrem Vater. Sakura seufzte, sie wünschte sich, dass die zwei wichtigsten Männer in ihrem Leben sich endlich begegneten. Ihr Vater wusste nicht, wo Sakura nachts war und sie mochte es nicht ihn zu belügen. Aufgrund ihrer Abstammung von einem Obsthändler war sie in der Stadt schon immer eher vernachlässigbar gewesen. Die Uchihas hingegegen befehligten die Kaserne und hatten somit großen Einfluss in der Stadt. Der Unterschied Sasuke gegenüber war so stark, dass Sakura sich für ihre Zweitklassigkeit schämte. Immerhin gehörte Sasuke einer ehrenwerten Familie an und war ein ehrgeiziger, junger Leutnant, dem alle Türen offenstanden. Viele im Dorf sprachen davon, welch unmögliche Missionen er in seinem Alter bereits bewältigt hatte. Nicht zu vergessen stand sein Vater als Offizier in direkter Verbindung mit dem Bürgermeister. Zweitens: Der Uchiha war Mittelpunkt ihres Lebens, doch von ihrer Beziehung wusste bisher niemand. Ihr war klar wie schwer es war, jemanden wie sie in die Uchiha Familie zu integrieren, dennoch gab es nichts, dass sie sich mehr wünsche als ihre Beziehung endlich zugeben zu können. Wenn man wollte, war es ihr größter Traum akzeptiert zu werden. Doch manchmal hatte sie die Befürchtung, das das nicht in Sasukes Sinne war und schaffte es deshalb nicht derartiges vor ihm anzusprechen. Ungläubig und enttäuscht blickte sie auf die Alkoholflasche an seinen Lippen. „Du sollst doch nicht trinken ..“, flüsterte sie. Seit sein Bruder im Krieg gestorben war, schien es, als ob er den Boden unter den Füßen verloren hätte. Damit hatte zumindest seine gelegentliche Trinkerei begonnen. Er trank kaum in der Öffentlichkeit, doch ihr zeigte er diese verborgene Seite von sich. Nachdem sie miteinander schliefen, erzählte er ihr manchmal von den schrecklichen Dingen, die er gesehen hatte. Ließ sie an seinem Trauma teilhaben. Dadurch, dass niemand von ihnen wusste konnte er sicher sein, dass sie die Dinge für sich behielt. Dieses Vertrauen hatte sie sich hart erarbeitet. Nach und nach war sie hinter seine Mauer vorgedrungen, an seinen Grund an dem weniger Wortkargheit herrschte, weil es sich befreiend anfühlte sich ihr anzuvertrauen. Sakura machte sich gerne bewusst, dass diese Seite an ihm niemand so kannte wie sie, dass er mit keinem sonst darüber sprach und deshalb war da eine besondere Verbindung zwischen ihnen. Für sie war es mehr als Vertrautheit. Es war wahrhaftes, echtes Vertrauen ineinander, eine Verbundenheit die sich entwickelt hatte, seit sie ihm im Lazarett begegnet war. Seither kam es immer häufiger vor, das Sasuke mit einem Team auf anspruchsvolle Missionen geschickt wurde, um sich einen Namen zu machen. Die politische Situation war noch immer angespannt. Im Prinzip schickte ihn sein eigener Vater fort. Wo ihr Vater sie immer ihre Meinung berücksichtigt hatte, hatte er seinem Vater bedingungslos zu gehorchen. Doch was wusste sie schon davon, ihr Vater war Obsthändler? Eines Nachts, er war gerade erst zu ihr zurückgekehrt, hatte sie ihm die Frage gestellt, ob ihn der Krieg verändert hatte. Immerhin war sein Bruder gestorben und er hatte mit dem Alkohol angefangen. Er hatte lange geschwiegen und ihr schließlich geantwortet, dass manche mit zwanzig sterben und nicht begraben werden bis sie siebzig sind. Diese Antwort hatte sie erschüttert und doch verstand sie ihn auf tragische Weise. Immerhin hatte sie der Krieg selbst gezeichnet. Oft suchte sie in seinen schwarzen Augen nach einer Reaktion auf dieses Schicksal, konnte aber nichts in ihnen erkennen. Auch heute war da nichts. Keine Trauer, kein Schmerz, nur Leere. Was für ein komplizierter Mensch er doch war. Traumatisiert vom Krieg, der mittlerweile knapp ein Jahr beendet war. Gequält von Mord und Gewalt, die er mit eigenen Augen erlebt hatte, machte er es ihr oft schwer ihm nahe zu sein. Der dritte Haken. „Sasuke .. wieso trinkst du? Das bringt doch nichts.“ In ihren Augen hingegen, konnte man ihre ganze Welt erahnen, all die Emotionen, die er möglicherweise auch empfand, aber nicht zeigen konnte. Sasuke zuckte daraufhin mit den Schultern. „Nicht zu trinken, bringt auch nichts.“ Deshalb kam sein Bruder auch nicht zurück! Aber vielleicht half es ihm sich für den Moment besser zu fühlen. Trotzdem wollte sie nicht, dass er sich zerstörte und es war ein Warnsignal, wenn er trank bevor er überhaupt das Bett verließ. Das vierte Problem. „Ja, aber es ist noch so früh ..“ Sie musste mit einem Mal lachen, als der Uchiha sie ganz unerwartet ins Bett drückte und sich über sie rollte. „Na und ..“ Nie hatte sie so eine attraktive männliche Stimme gehört. Er küsste sie heftig, murrte leicht in den Kuss hinein und sie konnte Alkohol an seinen Lippen schmecken, bittersüß gemischt mit Verlangen. Aber es war Sasuke. Alle zweifelnden Gedanken waren wie weggefegt. Bei seiner Berührung rauschte das Blut in ihren Ohren und vor Nervosität wurden ihre Finger zittrig. Genauso wie es in Liebesfilmen immer beschrieben wurde und dabei mochte sie keine Liebesfilme. Sie mochte ihn. Seine Nähe löste Reaktionen aus, die sie im Grunde nicht gebrauchen konnte, die sie schwach machten und trotzdem waren die Liebe und Zuneigung für ihn die schönsten Gefühle, die sie kannte. Erinnerungen von letzter Nacht stiegen ihr erneut in den Kopf als der Uchiha sich über sie schob, nicht mehr als schwarzer, dünner Stoff sie voneinander trennte. Der erbärmliche Versuch ihre Beziehung anzusprechen, gefolgt von sanften Küssen, gefolgt von einem verzweifelten Verlangen, das dazu geführt hatte, dass sie mit eilender Dringlichkeit in sein Schlafzimmer gestürzt waren. Er hatte ihre Hand genommen, sie zum Bett geführt, die kühlen, schwarzen Laken hatten sich um sie verheddert, sie abgekühlt. Sie hatte seinen Nacken umklammert, ihre Fingernägel in seinen nackten Rücken geschlagen. Er hatte etwas geflüstert und dann erinnerte sie sich nur noch an tiefes unterdrücktes Stöhnen, Zittern, Erschaudern. Wie sie ihren Kopf fest in die Kissen presste, ihre Lippen auf seinen und wie sich ihre Brust unter seiner hob und senkte. Er schlief nicht nur mit ihr, weil er es wollte, sondern auch weil er sie glücklich machen wollte. So schnell wie er sie überfallen hatte, ließ er jetzt von ihr ab und vergrub seinen Kopf in den Kissen, hatte wie immer keine Ahnung welche Wirkung er auf sie hatte und wie sehr er ihr den Kopf verdrehte. Doch warum vergaß sie nur immer, dass auch er nicht perfekt war? „Wenn du weiter trinkst, muss ich mir überlegen dir die Flasche zu entziehen!“ Sie würde es noch nicht gut sein lassen, auch sein Ablenkungsmanöver änderte nichts daran. „Das ich nicht lache...“, erwiderte er ungläubig. Eine Augenbraue hebend, betrachtete sie den Uchiha, der ihr wie sonst einen neutralen Blick zuwarf. Sein Markenzeichen. „Du siehst nicht so aus als würdest du gleich Lachen.“ „Sakura ...“ „Entschuldige, ich weiß es ist immer noch Morgen ...“ „Hn.“ Er packte die Flasche weg, verstaute sie im Nachtschrank und sie sah ihn lächelnd an, weil es nicht oft vorkam, dass er ihre Worte befolgte. „Zur Belohnung mache ich Frühstück, na wie klingt das?“ "Gut." Sakura grinste ein weiteres Mal, dieses Mal vor Freude. Ich liebe dich, Sasuke Uchiha. Gähnend kroch sie aus dem Bett und streifte sich sein schwarzes Shirt zu Recht. Er hatte es ihr überlassen und sie roch ihn noch daran. Ihre Arme kreisend schaute die sich in seinem Schlafzimmer um, ob sich seit ihrem letzten Besuch etwas geändert hatte. Wer Sasuke kannte, der wusste, dass diese Wohnung zu ihm passte. Nichts, bis auf den Schwarzhaarigen im Bett, wirkte sonderlich auffällig, obwohl die Wohnung selbst, mit ihren endlosen Räumen viel zu groß war. Der Raum war steril, ohne Dekoration, ohne Bilder, ohne Pflanzen, ohne Liebe. Genau wie Sasuke auf den ersten Blick, doch wenn er jemanden unter seine kalte Oberfläche blicken ließ, gab es viel mehr. Da waren Stürme in ihm. Erst jetzt fiel ihr der fragende Blick des Schwarzhaarigen auf. „Wieso siehst du mich so an, Sasuke?“ „Es wirkt, als ob du nach irgendetwas auf der Suche bist.“ „Hm.“ Sakura zuckte unschuldig mit den Schultern. „Ich weiß nicht, was du meinst.“ Sie schenkte ihm noch einen frechen Blick und sein Mundwinkel zuckte kaum merklich, bevor sie auf den Gang hinaustrat und vollkommen versank in ihren ambivalenten Gefühlen zwischen Zufriedenheit und Unglück. Auf dem Weg in die Küche erschlug sie das große Gemälde im Flur, das überhaupt nicht zu Sasuke passte und vermutlich mehr kostete als ihre Einrichtung. Sie wusste, dass es ein ungeliebtes Geschenk seiner Mutter gewesen war und ihr Versuch, mehr aus seiner Wohnung zu machen. Ihr Blick fiel auf den geschlossenen Kühlschrank, in dem sich deutlich ihre intensive Haarfarbe spiegelte. Wieder einmal schlichen sich Tagträume in ihre Gedanken. Es war eine so schöne Vorstellung Sasuke an ihrer Seite zu haben, mit ihm zu leben ohne Reue. Das Morgenlicht fiel nur schwach auf die Anrichten, alles in allem war es in der Küche ziemlich düster und sie beschloss etwas Licht hineinzulassen bevor sie essen würden. Erst anschließend bemerkte sie das Stück Kuchen, dass sich neben den Eiern im Kühlschrank befand und sie offenbar anlächelte. Sasuke hatte an sie gedacht. Mehr noch, er hatte damit gerechnet, dass sie ihn nach seiner Mission besuchte. Ein glückliches Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht. Vielleicht würde doch alles gut werden, wenn sie nur fest zusammenhielten, würde sich alles regeln. Bestimmt! Wie lange hatte sie sich eigentlich schon keinen Kuchen mehr geleistet? Ihr lief das Wasser im Mund zusammen und sie bemerkte, wie hungrig wie war. Sie lieferte sich noch einmal einen Blickwettbewerb mit ihm, bevor sie schließlich nachgab und das Teller herausnahm. Ein paar kleine Bissen wären jetzt genau das richtige, um sich selbst etwas zu beruhigen. Frühstück für ihn konnte sie im Anschluss zubereiten. Während Sakura bereits ein Stück kaute und die Eier bewachte, die sie nebenbei für Sasuke zubereitete, fiel ihr auf, dass eine Tasche auf dem kleinen Frühstückstisch in der Küche stand. Genau so schnell wie sich das glückliche Grinsen auf ihr Gesicht geschlichen hatte, starb es wieder als Sakura zwei rabenschwarze Augen entdeckte, die sie in der Kühlschrankspiegelung fixierten. Fugaku Uchiha wirkte äußerlich gelassen, nur sein Mund, den er zu einem Strich verzog, ließ deutlich Abneigung erkennen. Das war die unangenehmste Situationen in Sakuras Leben, sie wollte im Erdboden versinken. Sakura wurde ganz plötzlich schlecht und es klang vielleicht dramatisch, aber sie spürte in diesem Moment, dass diese Begegnung mit Sasukes Vater der Anfang vom Ende ihrer Beziehung war. Es war so verflucht logisch das es sich um seinen Kuchen handelte, den sie da gerade angestochen hatte. Immerhin war Sasuke erst gestern nach Hause zurückgekehrt. Womöglich wollte er Sasuke mit einem gemeinsamen Frühstück überraschen. Gott, Sakura hatte nie mehr gewollt als vor diesem Mann perfekt zu sein, es war ihr größtes Anliegen, damit sie mit Sasuke eine Zukunft hatte. Doch nun aß sie ungefragt seinen Kuchen und befand sich halb nackt in den Kleidern seinen Sohnes in dessen Küche und entsprach seinen hohen Anforderungen in keiner Weise. Ihre Haare waren verwuschelt und es war offensichtlich das die Beiden miteinander im Schlafzimmer gewesen waren. Ausreden waren zwecklos. Was Fugaku jetzt wohl dachte? Was für ein unverzeihlich unhöfliches Benehmen. Sie hätte schreien können und weinen und zusammenbrechen. Alles gleichzeitig. Sie waren verraten worden, schon als ihr eigener Vater Gerüchte darüber gehört hatte, dass sie zusammen waren, hätte es ihr dämmern müssen. Dieses Gerücht hatte sich offenbar in Konoha herumgesprochen und auch vor Fugaku keinen Halt gemacht. War er also in Wirklichkeit hier, weil er die Beiden auf frischer Tat hatte ertappen wollen? „Sasuke ... ?“, Fugaku Stimme, leise und besonnen, dennoch bedrohlich klingend. Sasuke erschien nur wenige unerträgliche Sekunden später im Türrahmen und Fugaku Augen lagen berechnend auf Sakura. „Wer ist dieses Mädchen?“ Sasuke schien sich kurz überlegen zu müssen, wie er mit der Situation umgehen wollte. Ein klein wenig von den alten Selbstzweifeln kam zurück, aber der Wille ihrem Traum näher zu kommen, war in diesem Moment einfach stärker. Das hier war wichtig, sie durfte nicht versagen! Für ihre Beziehung mit Sasuke. Deshalb machte Sakura zwei schwere Schritte auf Fugaku zu und reichte ihm freundlich lächelnd die Hand. „Guten Tag mein Name ist Sakura Haruno.“ Normalerweise waren die meisten Menschen begeistert von Sakuras Herzlichkeit, doch die Situation hatte bereits zu verzwickt gestartet, als das sie noch irgendwie hätte natürlich werden können. Ja, es gab vier Probleme an ihrer Beziehung zu Sasuke und Fugaku Uchiha war definitiv der fünfte und gleichzeitig der Unüberwindbarste. In diesem Moment ließ er Sakuras Hand unberührt drehte sich von ihr weg. „Tut mir leid, ich möchte kurz mit meinem Sohn sprechen.“ Einige Minuten lang ließen die Beiden Sakura warten, in denen sie vierzehn Mal von einer Seite des Flurs zur anderen wanderte - und der Flur war verflucht lang. Jedes einzelne Mal hätte sie vor Verzweiflung das pompöse Gemälde, das nicht zu Sasuke passte, von der Wand schlagen können. „Ich erwarte euch beide sonntags um sechs Uhr zum Abendessen bei deiner Großmutter.“, fasste Fugaku zusammen, während er an Sakura vorbeikam und Richtung Haustüre schritt. Er sah Sakura nicht mehr in die Augen, beachtete sie nicht. Sakura wusste nicht, warum ihr plötzlich, als sie Sasuke ansah, eine kleine Träne über die Wange lief. So steif wie er dort stand und seinem Vater nachsah, wurde ihr das Herz plötzlich schwer. Schämte er sich für sie? Oder was dachte er gerade? Das hier fühlte sich definitiv an wie der Anfang vom Ende. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)