Sieg und Niederlage von Schangia (Aomine/Kagami) ================================================================================ Kapitel 2: First move --------------------- Kagami atmete die kühle Abendluft in tiefen Zügen ein. Ihr Training hatte länger gedauert als erwartet, und zum ersten Mal seit er wieder in Japan war, störte es ihn, dass sie überzogen hatten. Den ganzen Tag über hatte er sich kaum konzentrieren können, so aufgeregt war er. Während des Trainings hätte er zweimal beinahe Kuroko über den Haufen gerannt, weil er ihn nicht bemerkt hatte; etwas, das ihm seit Monaten nicht passiert war. Die Standpauke, die er sich von ihrem Coach hatte anhören müssen, war ins eine Ohr reingegangen und ungehört aus dem anderen hinaus getanzt. Selbst wenn er gewollt hätte, war seine Konzentration an einem Tiefpunkt angereicht, den er niemals hatte erreichen wollen. Doch ganz gleich, was er versuchte, Aomine spukte in seinem Kopf herum und nahm seine Gedanken vollständig ein, ebenso wie der gestrige Abend. Und das, obwohl er ihren Wettstreit am Vorabend rückblickend ziemlich lächerlich fand. Nicht nur, weil er Ärger mit Tatsuya bekommen hatte, sondern auch, weil es absolut unnötig gewesen war. Der Abend hätte so schön werden können – gut, in gewisser Weise war er schön gewesen, denn Kagami hatte lange nicht mehr so mit jemandem konkurrieren können. Da war ihm die Disziplin, in der sie sich maßen, ganz egal. Er liebte die Herausforderung, und so ungern er es in diesem Fall auch zugab, so sehr schätzte er Aomine, weil sie in diesem Punkt übereinstimmten. Eigentlich – und es ärgerte ihn, dass er so fühlte – freute er sich unheimlich auf das vor ihm liegenden Training. Ein Spiel gegen Aomine bedeutete immer, dass er sich verbesserte, egal auf welchem Gebiet. Das einzig Nervenaufreibende, und somit auch der Grund für das ungute Gefühl in seinem Magen, das sich seit dem letzten Abend eingestellt hatte, waren Aomines andauernde Provokationen. Allein sein überhebliches Grinsen brachte Kagamis Blut zum Überschäumen, und wenn ihm nicht klar wäre, welche Konsequenzen es mit sich bringen würde, hätte er dem anderen schon längst einen kräftigen Schlag ins Gesicht verpasst. Da Aomine sich das aber ganz gewiss nicht gefallen lassen und definitiv zurückschlagen würde, wären sie am Ende in eine filmreife Prügelei verwickelt. Und das wollte er sich ersparen. Seufzend fuhr er sich durch die Haare. Er dachte wieder zu viel nach. Noch ein Grund, warum er gegen ein Aufeinandertreffen mit Aomine prinzipiell nichts hatte: Kagami konnte abschalten, musste nicht mehr über das ›Was wäre, wenn...‹ nachdenken und konnte seinen Instinkten die Kontrolle über seinen Körper überlassen. Für ihn gab es nichts Befreienderes, als einfach zu handeln. Dummerweise war Aomine der Einzige, bei dem er das konnte. Umso heftiger war das Zwiegespräch, das er mit sich führte, wann immer er den anderen sah. Auf der einen Seite war da die unbändige Freude auf das Spiel, das immer wieder aufs Neue zwischen ihnen entbrannte und aus dem er unbedingt eines Tages als Gewinner hervorgehen wollte. Die Anspannung, die sich durch seinen Körper zog, ebenso wie ein Adrenalinschub, der mit so rasanter Geschwindigkeit durch seinen Körper raste, dass ihn anfangs stets ein leichter Schwindel überkam. Auf der anderen Seite jedoch war Aomine der Inbegriff dessen, was ihn zur Weißglut brachte. Nie hatte er den anderen ohne ein überhebliches Grinsen auf den Lippen gesehen. Er hielt sich für eine Art Gott, zumindest schien es Kagami so; als wäre er unantastbar und so viel besser als alle anderen. Wenn sie aufeinander trafen, wog er diese beiden Extrema gegeneinander ab, ließ den Zufall entscheiden, welche Seite für den Moment stärker war. Als er am vereinbarten Basketballplatz ankam und Aomine lässig am hohen Zaun lehnen sah, entschied er sich innerhalb weniger Augenblicke dafür, dass seine Wut die Freude überwog. Irgendwas an der Ausstrahlung von Tōōs Ass machte ihn aggressiv. Vielleicht beruhte das sogar auf Gegenseitigkeit, denn unmittelbar, nachdem Kagami genervt zur Seite gesehen hatte und sich fragte, warum er sich eigentlich darauf eingelassen hatte, schaute Aomine in seine Richtung. »Hey.« Ruhig nickte er ihm zu, stieß sich dabei von der Wand ab und kam ihm einige Schritte entgegen. »Du bist spät dran.« Es waren kleine Dinge wie dieser Satz, die ihn aufregten. Der Vorwurf in Aomines Stimme, so als wäre es einzig und allein Kagamis Schuld, dass er ein wenig später erschienen war. Schon fiel seine Laune. »Im Gegensatz zu dir habe ich mein Training auch nicht geschwänzt«, gab er angesäuert zurück, schritt entschieden an dem anderen vorbei und betrat den Platz. Nachdem er den Basketball aus seiner Tasche geholt hatte, warf er diese in eine Ecke und ließ den Ball einige Male auf dem Boden aufprallen, um sich wenigstens ansatzweise zu beruhigen. Aomine war ihm gefolgt und warf seine Tasche ebenfalls an die Seite, sah ihn immer noch mit einer Mischung aus Ruhe und Gleichgültigkeit an. Selbst dieser Gesichtsausdruck brachte Kagami dazu, mit den Zähnen zu knirschen. »Was auch immer. Fangen wir jetzt an oder nicht?« Das ließ Kagami sich nicht zweimal sagen. Endlich hatte auch er an diesem Abend Grund zu grinsen. »Du kannst es kaum erwarten, dass ich dir den Arsch aufreiße, was?« Mit mehr Wucht als nötig passte er Aomine den Ball und hoffte, er könnte ihn nicht rechtzeitig fangen, obwohl er wusste, dass dies nicht der Fall war. »Ganz schön große Klappe.« Aomine ließ den Ball dreimal auf dem Boden aufkommen, ehe er sich in Bewegung setzte. »Aber die werde ich dir mit Vergnügen stopfen.« Ihr Match war bei Weitem ausgeglichener als ihr erstes Aufeinandertreffen, ähnelte damit mehr dem zweiten Spiel von Seirin gegen Tōō. Kagami hatte nach ihrem Sieg hart trainiert, um bei ihrem nächsten Treffen nicht den Kürzeren zu ziehen. Oft war er abends länger geblieben oder hatte an ihrem freien Tag bis in die Nacht geübt, doch trotz seiner Bemühungen war Aomine stärker. Wenn er dem anderen zusah, wirkte Basketball nicht wie eine Sportart, die von Schnelligkeit und Körperkontakt lebte, sondern wie ein Spiel, fast schon ein Tanz. Aomines Bewegungen waren fließend und präzise, folgten keinen festgelegten Formen. Sein Körper reagierte auf jeden Spielzug des Gegners ganz instinktiv mit der richtigen Entscheidung, so als hätte er sein ganzes Leben nichts anderes getan, als Basketball zu spielen. Beinahe so, als wäre er für Basketball geboren worden. Dennoch würde er niemals sagen, dass es Aomine war, den er bewunderte (allein bei dem Gedanken drehte sich ihm der Magen um). Es war lediglich sein Stil, da war Kagami sich sicher. Es war schwer für ihn, den Blick abzuwenden, wenn Aomine auf dem Platz war. Seine Flexibilität und Agilität hatte er sich nicht vollkommen antrainiert; er besaß sie von Geburt an. Viel schien er auch vom Streetball übernommen zu haben, ähnlich wie Kagami, obwohl er selbst eher innerhalb der vorgegebenen Formen des offiziellen Basketballs spielte. Unwirsch schüttelte Kagami den Kopf, versuchte, sich auf den Gegner vor sich zu konzentrieren. Er durfte jetzt nicht vergessen, worum es eigentlich ging. Vor ihm ging Aomine noch ein wenig mehr in die Hocke, schaute für den Bruchteil einer Sekunde nach rechts. Es war eine Finte, das wusste Kagami, und so bewegte er sich zeitgleich mit Aomine, blockte ihn gerade noch rechtzeitig mit dem Arm ab. Das war nichts, was den anderen aufhalten könnte. Aomine drehte sich einmal um die eigene Achse, machte es Kagami schwer, dem Ball mit den Augen zu folgen. Dann zog er nach einem unerwarteten Tempowechsel an ihm vorbei, dribbelte auf den Korb zu und baute seinen Vorsprung mithilfe eines Korblegers aus. Stumm grinsend passte er Kagami den Ball und brachte sich wieder vor ihm in Position. Sie brauchten keine Worte, um den anderen zu verstehen. Alles, was von Bedeutung war, konnten sie an der Gestik und Mimik ihres Gegenübers ablesen. Für Kagami war es das irritierte Zusammenkneifen der schmalen Augenbrauen, wenn es ihm gelungen war, Aomine zu blocken. Oder das süffisante Schmunzeln, wenn er auf eine Finte hereingefallen war. Das kleine, zufriedene Grinsen, wann immer Kagami auf seine Provokation ansprang. Für Aomine waren es leise Grunzer der Frustration und das Anspannen der Muskeln, wenn er ihn aus Versehen streifte. Der fokussierte Blick in den roten Raubtieraugen, wenn der andere seine Bewegungsabläufe für einen kurzen Moment durchschaut hatte. Beide mussten sich eingestehen, dass sie unglaublich viel Spaß hatten, wenn sie mit dem jeweils anderen konkurrieren und sich in den unterschiedlichsten Disziplinen messen konnten. Trotz der Freude, die Kagami sich mittlerweile eingestanden hatte (Wie konnte er sich nur freuen, wenn er Aomines Gesicht ertragen musste?), spürte er die Müdigkeit an seinen Gliedern zerren. Das Training zuvor hatte an seinen Kräften gezehrt, und ohne Zone war es schwer, gegen Aomine zu bestehen. Immer häufiger passierten ihm Flüchtigkeitsfehler; seine Augenlider fühlten sich schwer an, und seine Bewegungen wurden träger. Das sah Aomine nicht gern. Frustriert schnaubte er, lehnte sich ein wenig nach vorne. »Was ist, Bakagami? Wo ist dein Kampfgeist geblieben?« Es erstaunte Kagami, dass es dem anderen stets gelang, einen wunden Punkt bei ihm zu treffen. Er hasste diesen dummen Spitznamen, wollte gerade von seinem Gegner nicht so genannt werden. Trotzdem stutzte er. Wenn er die Beleidigung ignorierte, blieb nur noch eine Art Motivation übrig. Wollte Aomine ihn tatsächlich aufheitern, oder ging es ihm lediglich darum, dass er keinen Spaß am Spiel hatte, wenn Kagami sich keine Mühe gab? Sein Gegenüber musste ihm seine Unsicherheit ansehen, denn er zwinkerte ihm auf eine Weise zu, die man als aufmunternd hätte beschreiben können, wenn sein Grinsen nicht gewesen wäre. »Brüll für mich, Tiger!« Sowie Aomine den unbeabsichtigten Wortwitz bemerkte, weiteten sich seine Augen und er brach in schallendes Gelächter aus. Kagamis Schultern sackten etwas zusammen, als er den anderen wütend anfunkelte. »Oi, so witzig war das jetzt auch nicht«, brummte er, als Aomine sich auch nach einer Minute noch nicht beruhigt hatte. Schließlich beschloss Kagami, dass er nicht mehr auf den anderen warten wollte. Wieso sollte er Aomines Unachtsamkeit nicht ausnutzen? Er hätte es bei ihm schon längst getan. Entschlossen machte Kagami einen Schritt nach vorne, wollte den Basketball mit seiner linken aus Aomines rechter Hand schlagen. Doch der andere war aufmerksamer, als er wirkte. Blitzschnell verlagerte er sein Gewicht, wich Kagami spielend leicht aus und wollte rechts an ihm vorbeiziehen. »Netter Versuch«, raunte es dicht an Kagamis Ohr. Instinktiv drehte er sich in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Dann verlor er das Gleichgewicht und damit den Boden unter den Füßen. Hätte er es nicht besser gewusst, hätte er Aomine Absicht unterstellt. Wie der andere es geschafft hatte, war ihm nicht ganz klar, doch auf einmal lagen sie beide am Boden. Er mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen unter Aomine, der seinen Fall gerade noch mit den Händen hatte abfangen können, die nun dicht neben Kagamis Kopf ruhten. Sein Herz pumpte sein Blut mit kräftigen Schlägen durch seinen Körper, durch das Training noch mehr, doch als sich ihre Blicke trafen, hätte er schwören können, dass das Organ noch einen Gang hoch schaltete. Bei jedem tiefen Atemzug stieß seine Brust gegen Aomines, und es hätte nicht viel gefehlt, damit ihre Lippen sich berührten. Mit einem mal wurde Kagami ganz warm, aber er schob es auf das anstrengende Match, das er hinter sich hatte, wollte gar keine andere Möglichkeit zulassen. Um nicht noch weiter in Bedrängnis zu geraten, zwang er sich dazu, flacher zu atmen, auch wenn ihn das viel Mühe kostete. Wie lange sie in dieser Position verharrten, wusste er nicht. Sein Zeitgefühl war zwar von jeher nicht das beste, doch die ungewohnte, plötzliche Nähe sorgte dafür, dass er alles wie in Zeitlupe wahrnahm. Wie den Schweißtropfen, der Aomines Schläfe hinab rann, oder wie sich dessen Lippen im gleichen Rhythmus öffneten und schlossen, in dem er bei Weitem ruhiger atmete als Kagami. »Weißt du...«, murmelte Aomine nach einer kleinen Ewigkeit leise. Erst registrierte Kagami die Worte nicht, war er doch zu beschäftigt damit daran zu denken, dass sich ihre Lippen tatsächlich berühren könnten, wenn der andere ihm noch näher kam. »Normalerweise hast du die Augen eines Raubtieres. Aber jetzt ist davon gar nichts mehr zu sehen.« Da war es wieder, sein arrogantes Grinsen, als Aomine den Kopf zur Seite neigte und Kagami heiße Luft ins Ohr hauchte. »Hast du so viel Angst vor mir?« Für diese Provokation war er fast schon dankbar, denn sie lenkte ihn ab von seinem stärker gewordenen Herzschlag, der ihm allmählich in den Ohren dröhnte. Kagami brauchte länger als sonst, um zu reagieren. Mit einem tiefen Knurren schob er den immer noch grinsenden Aomine von sich. »Als ob ich Angst vor jemandem wie dir hätte!« Während er langsam aufstand, fügte er etwas leiser hinzu: »Ich war nur überrascht, das ist alles.« Auch Aomine war aufgestanden, ging zu ihren Taschen und schnappte sich eine Wasserflasche. Das Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden. »Dann lassen wir es für heute gut sein«, schlug er vor, ehe er in tiefen Schlucken trank. Flüche murmelnd kam Kagami näher, wollte ebenfalls etwas trinken. Doch seine Flasche befand sich schon in Aomines Händen. Dieses Mal unterstellte er ihm Absicht. »Hey, das ist mein Wasser!«, maulte er, obwohl er sich dabei ziemlich dumm und kleinlich vorkam. Aber es ging ums Prinzip, fand er. Aomine hielt das Ganze anfangs für einen Scherz. Als er jedoch Kagamis ernsten Gesichtsausdruck sah, rollte er mit den Augen und warf ihm seufzend die Flasche zu, die er nur mit Mühe fangen konnte, ohne das restliche Wasser zu verschütten. »Schon gut, Prinzesschen. Hör auf zu heulen.« Zuerst wollte er etwas darauf erwidern, doch die Beleidigung blieb ihm im Hals stecken, als er auf die Flasche in seiner Hand sah. Tatsuya hatte ihm vor einigen Jahren mal erklärt, dass einige verliebte Mädchen es wohl als indirekten Kuss bezeichneten, wenn man aus der gleichen Flasche trank wie der Angebetete. Tatsächlich hatte er für einen Augenblick den wahnwitzigen Gedanken, dass es ein indirekter Kuss mit Aomine sei, wenn er jetzt aus dieser Falsche trank. Vehement schüttelte er den Kopf, um diesen unnötigen, geradezu verstörenden Gedanken loszuwerden. Hastig kippte er den kläglich Rest an Wasser, den Aomine ihm gelassen hatte, seine Kehle herunter und hoffte, dass er einfach nur übermüdet war. Keiner der beiden hatte jetzt noch Lust auf ein Spiel. Von dem Aufprall auf den harten Boden schmerzte Kagamis Rücken, hinter seine Schläfen pochte es stetig und sein Herz raste immer noch. Dagegen schien Aomine die Ruhe selbst zu sein. Mit gezielten Bewegungen packte er erst seine eigene Sporttasche, bevor er seufzend auch Kagamis Sachen zusammen räumte, weil dieser ihm zu sehr in Gedanken versunken war und deswegen zu lange brauchte. Er nahm die Tasche an, ohne ihm zu danken und gemeinsam verließen sie den Platz, schlenderten ein wenig die nachtverlassene Straße entlang, bis sie schließlich an einer Kreuzung stehen blieben. Kagami räusperte sich. »Bis irgendwann mal.« Damit wandte er sich zum Gehen, wurde jedoch von Aomines Schnauben zurückgehalten. »Du bist ein grauenhafter Gastgeber. Willst du mich nicht zum Bahnhof begleiten?« Er hatte sich wohl verhört. Als er sich mit skeptisch hochgezogener Augenbraue zu dem anderen umdrehte, wunderte Kagami sich, wie Aomine steif und fest behaupten konnte, dass er den Weg zum Bahnhof nicht wusste, obwohl er sich schon zig mal in ihrem Bezirk aufgehalten hatte. Misstrauisch schwang er seine Tasche über die Schulter. »Da findest du doch alleine hin. Schließlich warst du oft genug hier.« Darauf schüttelte Aomine nur den Kopf, vermittelte ihm damit das Gefühl, er wäre derjenige, der sich irrte. »Wo sind nur deine Manieren geblieben?« Sie diskutierten eine ganze Weile, und Kagami musste zugeben, dass einige Argumente des anderen so dämlich waren, dass er dafür eigentlich Anerkennung verdient hätte. Als Aomine ihm jedoch ernsthaft erzählen wollte, er könnte sich auf dem Rückweg in einer Hintergasse verlaufen, dort von malaysischen Ureinwohnern überfallen und für deren Opferrituale missbraucht werden, seufzte Kagami schwer. »Ist ja gut, ich komme mit«, kapitulierte er und setzte sich in Bewegung, ohne noch einen Blick auf Aomine zu werfen. Wahrscheinlich hätte er gemordet, wenn er jetzt das zufriedene Grinsen des anderen gesehen hätte. Ihr Weg zum Bahnhof verlief weitestgehend ruhig. Aomine hatte zwar nach kurzer Zeit zu ihm aufgeschlossen und lief nun neben ihm, doch auch er blieb still. Kagami dankte es ihm, war er derzeit schlichtweg nicht in der Lage dazu, einen klaren Gedanken zu fassen. Mittlerweile war er zu dem Schluss gekommen, dass das eben auf dem Platz nur ein dummer Unfall gewesen war, nichts weiter. Und Aomine wollte ihn wie üblich provozieren. Nichts Unübliches, nichts Besonderes. Also musste er sich auch keinerlei Gedanken mehr darüber machen. Angesichts der Tatsache, dass Aomine neben ihm damit begonnen hatte, eine unbestimmte Melodie zu pfeifen, hätte er das auch nicht mehr gekonnt. Nun konnte er ebenso gut ein Gespräch anfangen, zumal ihm seit gestern Abend einige Fragen im Kopf herumschwirrten. »Hast du eigentlich nichts Besseres zu tun, als dich mit mir zu treffen?« Aomine vergrub die Hände in den Taschen seiner Hose. »Zum Beispiel?« »Training.« Das war nur eine Möglichkeit, sich die Zeit zu vertreiben, aber Kagami schien sie am sinnvollsten. Doch sein Gegenüber war da anderer Meinung. »Du bist doch eh der Einzige, der es mit mir aufnehmen könnte. Wozu mit meinem Team trainieren?« Um sich über das Kompliment zu freuen oder sich gar dafür zu bedanken, machte Aomines Denkweise ihn zu wütend. »Damit ihr zusammen besser werden könnt«, erklärte er mit schmaler werdenden Augen. Für sein unverschämtes Lachen hätte Kagami dem anderen gerne ins Gesicht geschlagen, doch er hielt sich zurück und wollte Aomine wenigstens die Chance geben, sich zu verteidigen, auch wenn keiner seiner Gründe ihn überzeugen könnte. »Es geht für mich nicht mehr darum, besser zu werden oder nicht. Es geht darum, dass ich Spaß am Spiel habe.« Trotzdem verstand Kagami nicht, wo das Problem lag. »Hast du den nicht mit deinem Team?« Aomine schwieg, wich seinem Blick aus und knirschte schließlich mit den Zähnen, so als würden ihn seine nächsten Worte viel Überwindung kosten. »Den habe ich unglücklicherweise nur mit dir...«, meinte er leise, und Kagami konnte ihm ansehen, dass er sich für dieses Geständnis am liebsten selbst ohrfeigen wollte. Deshalb beließ er es für erste dabei. Nichtsdestotrotz schlich sich ein schwaches Lächeln auf seine Lippen, und als sie das richtige Bahngleis erreicht hatten, klopfte er Aomine sogar scherzhaft auf die Schulter. »Scheiße gelaufen, hmm?«, neckte er grinsend, erhielt jedoch nicht die Reaktion, auf die er gehofft hatte. Aomine lachte laut auf und ging langsam auf seinen Zug zu, der bereits am Gleis wartete. »Du sagst es. Ich werde mich wohl an deine Visage gewöhnen müssen.« »Eh?« Der Unterton in seiner Stimme gefiel Kagami ganz und gar nicht. Ebenso wenig wie Aomines überlegenes Grinsen, als dieser in den Zug stieg und sich für eine letzte Erklärung noch einmal zu ihm drehte. »Von nun an werden wir uns öfter zum Spielen treffen, Bakagami. Ob es dir passt oder nicht.« Gerne hätte er darauf noch etwas erwidert, hätte ihm noch eine Beleidigung an den Kopf geworfen und ihm versichert, dass sie sich gewiss nicht noch ein weiteres Mal treffen würden. Doch Aomine war eingestiegen, und der Zug fuhr wenige Augenblicke später los. Er stieß einen frustrierten Schrei aus, scherte sich nicht um die verwirrten Blicke der wenigen Passanten. Was bildete sich der Kerl ein? Ging er ernsthaft davon aus, dass er ihn demnächst mit offenen Armen empfangen und sich wieder mit ihm messen würde? Seine Wut verschwand allerdings schnell, machte Platz für tiefe Zufriedenheit. Eigentlich war Kagami mehr als einverstanden damit, öfters gegen Aomine anzutreten. Denn so ungern er es auch zugab, war der andere zwar auf der einen Seite die größte Nervensäge, die ihm je untergekommen war; auf der anderen Seite aber war er gleichzeitig der brillanteste Basketballspieler, dem er je hatte begegnen dürfen. Gegen Aomine zu spielen – selbst zu verlieren –, brachte ihn als Spieler weiter als sein reguläres Training. Bevor er jedoch zugegeben hätte, dass ihm etwas an dem anderen als Rivalen lag, hätte er sich eher die Zunge abgebissen und diese unangenehme Tatsache mit ins Grab genommen. So viel Stolz wollte Kagami sich wahren. 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