Keep my Secret von -melinda- (... and love me) ================================================================================ Kapitel 21: Rotz und Reue ------------------------- Während Inuyasha am nächsten Morgen seinen Rucksack nach zerknülltem Papier und anderen unbrauchbaren Dingen des vorherigen Tages durchforstete, warf er Kagome immer wieder einen flüchtigen Blick zu. Was dachte sie sich eigentlich? Sie kreuzte plötzlich hier auf mit ihrer falschen Identität, naiv und unvorsichtig und hatte nur wenige Monate dafür gebraucht sein Leben völlig durcheinander zu bringen. Sie mischte sich überall ein, wollte ständig über Gefühle und ähnlichem Schwachsinn sprechen und seine Eltern konnten sie zu allem Übel auch noch gut leiden. Er leider auch, sogar mehr als das. Dabei wollte er sie viel lieber ignorieren oder eher noch hassen. Das wäre einfacher. Das konnte er auch viel besser. Er schaute zu ihr rüber und in genau diesem Moment blinzelte sie ihn an. Schnell wich er ihrem Blick wieder aus und griff nach einigen Schulbüchern um sie im aufgeräumten Rucksack zu verstauen. Kagome stülpte sich den Kapuzenpullover über den Kopf und trat zum Spiegel um ihre Perücke zu richten. Die missbilligenden Blicke ihres Mitbewohners waren ihr nicht entgangen, da sie mindestens genauso oft zu ihm rüber sah. Es war furchtbar merkwürdig zwischen ihnen und die Anspannung im Raum war nahezu greifbar. Die gestrige Aktion war vielleicht doch keine so gute Idee gewesen dachte Kagome seufzend, aber was hatte sie denn auch erwartet. Dass er sich von ein bisschen nackter Haut verführen ließ und sie im nächstbesten Moment auf sein Bett warf und- Erschrocken fasste Kagome sich an die Wange, die ganz warm und auch rot geworden war. Solche Träumereien musste sie sich unbedingt aus dem Kopf schlagen. Als sie und Inuyasha das Apartment zum Frühstücken verlassen wollten, öffnete sich die Wohnungstür und Yori kam hinein geschlurft. Er wirkte blass und erschöpft. "Geht es dir-", wollte Kagome gerade ansetzen, als ihm ein gewaltiger Nießer entwich. Er stöhnte gequält auf, rieb sich den Hinterkopf und zog den Schleim die Nase hoch, was von einem grässlichen Geräusch begleitet wurde. "Iih", murmelte Inuyasha und verzog angewidert das Gesicht. "Bist du krank?", fragte sie stattdessen und legte vorsichtig ihren Handrücken an seine heiße Stirn. "Sieht ganz so aus", antwortete Yori verschnupft und heiser. "Als mein Trainer mich sah, hat er mich sofort zum Krankenzimmer geschickt. Die Ärztin meinte irgendetwas von einer bakteriellen Infektion und dass ich für ein paar Tage krankgeschrieben bin." "Nun, das ist Pech", sagte Inuyasha ohne den geringsten Hauch von Mitgefühl. "Bis später dann." "Hey, willst du ihm denn nicht helfen?", fragte Kagome ihn vorwurfsvoll. Inuyasha runzelte die Stirn und verschränkte die Arme vor der Brust. "Er ist krank. Er soll eine Mütze voll Schlaf nehmen, bis es ihm wieder besser geht. Unsere Freundschaft reicht nicht so weit, dass ich mich neben ihn lege und ihm sein verkeimtes Händchen halte." "Aber du könntest ihn zumindest zur Cafeteria und wieder zurück begleiten." "Nein, schon okay. Ich habe nicht den geringsten Appetit", keuchte Yori angestrengt. "Inuyasha hat recht. Ein bisschen Schlaf und alles ist wieder in Ordnung." "Von wegen", beharrte Kagome. "Mit einer Infektion ist nicht zu spaßen. Dass du keinen Appetit hast ist normal, aber du musst etwas essen. Ich werde dir etwas Obst holen gehen." "Du wirst was?" Inuyasha schaute ihr ungläubig nach, als sie Yori behutsam in sein Schlafzimmer führte. "Du hast doch nicht ernsthaft vor ihn zu verhätscheln nur weil er ein bisschen Schnupfen hat, oder?", fragte Inuyasha mit Nachdruck als sie in der Cafeteria ankamen und folgte ihr zum Frühstücksbuffet. "Übertreib nicht. Ich möchte ihm doch nur etwas helfen. Das würde ich keinesfalls als Verhätscheln bezeichnen." Er setzte ein mürrisches Gesicht auf. "Pass einfach auf, okay? Yori überschreitet gerne mal Grenzen." Sorgfältig schnitt sie die verschiedenen Sorten Obst in kleine mundgerechte Stücke, vermischte es zu einem bunten Salat und goss etwas Honig darüber. Dann griff sie nach einer der heißen Teekannen und füllte den dampfenden Inhalt in eine Tasse. "Guten Morgen", rief eine kleine, piepsige Stimme plötzlich direkt neben ihr. Kagome erschrak und verschüttete etwas von dem Tee auf der weißen Tischdecke. "Oh, verdammt", murmelte sie. Inuyasha reichte ihr ein paar Servietten um den Schaden zu verringern. "Schleich dich doch nicht so an, Ronnie." "Entschuldigung. Ich hatte mich nur gewundert wo Yori steckt." "Der arme Kerl ist krank", antwortete Inuyasha mehr als sarkastisch. Kagome stupste ihn leicht mit dem Ellenbogen an. "Und ich hatte ihn noch gewarnt, dass er krank werden würde", sagte Ronnie und nickte selbstgerecht. "Momentan geht sowieso ein ganz scheußlicher Virus um. Meine Klassenkameradin Lucynda Carlington-Elaisar-Dawson ist schon seit zwei Wochen ans Bett gefesselt." "Tja, muss anstrengend sein so einen langen Namen zu tragen", meinte Kagome und schmiss die nassen Servietten in den Mülleimer. Inuyasha lachte leise auf. "Der war nicht schlecht." Kagome lächelte stolz und schaute ihm noch kurz hinterher, als er sich an einen der hinteren Tische zu Samantha und Ray setzte. "Ich wollte dich etwas fragen." Ronnie blickte sie ernst an. "Was denn?", wollte Kagome wissen und stellte die kleine Obstschüssel und die Teetasse auf ein Tablett. "Bist du in Inuyasha verliebt?" Vor Schreck stieß Kagome die Tasse um und verursachte damit noch mehr Chaos auf dem Tisch. Nervös drehte sie sich um und blickte kurz zu Inuyasha, bevor sie sich zu Ronnie runter beugte. "Warum fragst du mich das?", flüsterte sie verschämt. "Weil es so unglaublich offensichtlich ist, dass ihr beide total verrückt aufeinander seit", antwortete Ronnie und grinste, als Kagome ganz rot wurde. "Und da frage ich mich natürlich, warum ihr euch so viel Zeit lasst. Wenn ihr euch nicht beeilt und endlich ein Paar werdet, steckt ihr womöglich für immer in der Freundschaftszone fest!" "Okay", seufzte Kagome nach einem kurzen Schock und versuchte besonders deutlich zu klingen, "Zuerst einmal: Die Beziehung zwischen mir und Inuyasha geht dich absolut nichts an. Außerdem bin ich nicht auf Musashi gewechselt um mir einen Freund zu angeln, sondern weil ich einen hervorragenden Abschluss machen und somit auf eine erstklassige Universität gehen will." "Aber du hast eben zugegeben, dass es eine Beziehung zwischen dir und Inuyasha gibt", beharrte Ronnie selbstzufrieden. "Äh- Wa-, nein!", stotterte sie. Vorsichtig füllte sie noch einmal Tee in die Tasse. "Schau doch mal, hier", sagte Ronnie und zog eine Mädchenzeitschrift aus ihrer Tasche. "Da steht ganz genau drin worauf man achten muss, um herauszufinden ob ein Junge dich mag. Und da steht zum Beispiel wenn ein Junge auf dich steht, lacht er über deine Witze. Inuyasha hat eben gelacht, als du das mit dem langen Namen gesagt hast." "Ja, weil es lustig war", erklärte Kagome und schnappte sich das Tablett. "Nein, war es überhaupt nicht. Das ist mehr als eindeutig, finde ich, aber ich habe noch mehr Beispiele auf Lager um dich zu überzeugen." "Hör auf damit! Ich werde nicht mit dir diskutieren." Bevor sie noch etwas sagen konnte, war Kagome verärgert davon gelaufen. Doch sie kannte die Sturheit der kleinen Rothaarigen noch nicht. Die nächsten Tage waren ein ständiger Wechsel zwischen Yoris Wehklagen und Ronnies Erläuterungen über Inuyashas angeblichen Gefühlen zu ihr und was Kagome auch sagte oder tat, sie ließ sich einfach nicht abwimmeln und das zerrte ungemein an ihren Nerven. "Da läuft nichts zwischen ihm und mir. Und das wird es auch nie", grummelte Kagome erschöpft, während Ronnie sie auf dem Weg zu ihrem Apartment begleitete. "Wir sind Freunde, glaube ich. Selbst das ist mittlerweile sehr fraglich." "Aber er hat dir die ganze Zeit geholfen, dein Geheimnis zu bewahren. Er ist ziemlich wütend seit du dich in den letzten Tagen ununterbrochen um Yori kümmerst. Und Ray hat mir erzählt, dass er dich zur Weihnachtsfeier mitnimmt." Dickköpfig zählte Ronnie die Beispiele an den Fingern ab. "Du gibst dich als seine feste Freundin aus und er schaut dir ständig schmachtend hinterher und wirft dir sehnsuchtsvolle Blicke zu und-" "Das ist nicht wahr." "Gut, das mit dem Schmachten war etwas übertrieben. Aber er wirkt in deiner Nähe immer viel zufriedener als sonst." "Das ist doch Quatsch, Ronnie!" "Nein, gar nicht! Du bemerkst das nur nicht, weil du den Unterschied nicht sehen kannst wenn du weg bist." Kurz vor der Wohnungstür blieb Kagome im leeren Flur des Wohnheims stehen und blickte der Kleinen seit langem wieder direkt ins Gesicht. "Wenn er in meiner Gegenwart so glücklich und zufrieden ist, warum hat er dann versucht mich loszuwerden? Und warum hat er mich schon mehrmals abgewiesen? Glaub mir, Ronnie. Du bastelst dir da etwas zusammen, was nicht existiert. Inuyasha hat kein Interesse an mir." "Abgewiesen? Aber dann hast du ihm deine Liebe schon gestanden? Warte, nein, er hat dich nicht abgewiesen weil er kein Interesse hat. Er war einfach noch nicht bereit für eine neue Beziehung, daran muss es liegen!" "Ähm, wie lange ist seine letzte Beziehung denn her?", fragte Kagome neugierig. Ein paar Hintergrundinformationen konnten doch sicher nicht schaden. "Schon was länger", nuschelte Ronnie vorsichtig. Da wurde Kagome stutzig. Warum war sie plötzlich so kleinlaut? Da war doch was faul. "Gab es Schwierigkeiten bei ihrer Trennung? Sind sie im Schlechten auseinander gegangen?" Ronnie öffnete kurz den Mund, schloss ihn aber schnell wieder und betrachtete ihre Schuhspitzen. "Komm schon, du hast doch mit diesem Thema angefangen. Was ist passiert?" "Sie hatte einen Unfall", antwortete Ronnie leise und zögerlich, als würde sie gegen ein Gesetz verstoßen, wenn sie darüber spricht. Moment mal, Unfall? Das hatte sie doch schon einmal gehört. Sie ist weg, hörte sie Inuyashas abweisende Stimme sagen und nun konnte sie sich auch denken warum er so wütend wurde, als sie ihn über das Mädchen auf seinen Fotos ausgefragt hatte. Sie war ja manchmal so dumm! "Schon gut, du musst nicht darüber sprechen wenn du das nicht willst." Ronnie lächelte sie dankbar an und öffnete die Wohnungstür. Grinsend wandte sie sich an Kagome und flüsterte aufgeregt: "Halt dich fest! Inuyasha ist in der Wohnung!" Unglaublich wie die Laune dieses Mädchens sich schlagartig ändern konnte, dachte Kagome. "Nur zu deiner Information: Er wohnt da!", erwiderte sie und betrat das Wohnzimmer. "Hallo, Ray", begrüßte sie ihren Lieblings-Mitbewohner, der sich seit Yoris Krankheit auf der Couch eingerichtet hatte, damit er sich nicht ansteckte. Ronnie kroch mit unter die Decke von ihrem Bruder, während Kagome geradewegs zu ihrem Patienten ging. Inuyasha stand mit verschränkten Armen im Türrahmen und beobachtete Yori, während dieser qualvolle Laute von sich gab. "Was ist denn hier los?", fragte sie und eilte zu seinem Bett um seine Stirn zu fühlen. "Oh, Kagome! Zum Glück bist du da!", keuchte Yori und verzerrte seine Mundwinkel zu einem wagen Lächeln. "Ich habe solche Halsschmerzen und dieser Fiesling dort drüben weigert sich, mir eine Flasche Wasser zu holen." "Ja, weil du bloß krank bist, nicht Querschnittsgelähmt", antwortete Inuyasha schlecht gelaunt. "Schwing deinen Hintern aus dem Bett und hol dir dein Wasser selbst." "Hier, ich habe dir eine Flasche mitgebracht." Kagome warf Inuyasha einen vielsagenden Blick zu. "Brauchst du noch etwas?" "Nein, danke", hauchte Yori und trank einen Schluck. Als Kagome sich umdrehte rief er: "Warte! Könnte ich noch etwas Obst bekommen?" "Obst, klar doch", sagte sie lächelnd und wollte sich wieder abwenden, als er sie am Arm packte und fest hielt. "Schneidest du es wieder in kleine Würfelchen?" "Sicher." Kagome blickte verwirrt auf Yoris festen Griff und versuchte sich ihm unauffällig zu entziehen. "Ich komme gleich wieder." "Oh, und ziehst du mir bitte noch ein paar warme Socken an?" "Natürlich, ich lege sie auf die Heizung." "Äh, was soll Kagome denn sonst noch für dich machen?", fragte Inuyasha und runzelte verärgert die Stirn. "Dir die Füße massieren?" "Inuyasha, halt den Mund!", zischte sie. "Wie bitte?" Kagome legte ein paar Socken auf die warme Heizung und steckte die Decke um Yori fest. Dieser seufzte genüsslich und schloss die Augen. Nachdem sie die Schlafzimmertür hinter sich geschlossen hatte, versperrte Inuyasha ihr den Weg. "Halt den Mund? Ist das dein Ernst?" "Ach, lass mich vorbei." Sie stieß ihn zur Seite und wollte die Wohnung verlassen, als er nach ihrer Hand griff und sie wieder zurückzog. Im Hintergrund hörte sie, wie Ronnie versuchte ein glückliches Jauchzen zu unterdrücken. "Was soll das?" "Meinst du nicht auch, dass du Yori ein bisschen zu sehr verwöhnst?", fragte er sie skeptisch und ließ ihre Hand los, als sie ihn abschüttelte. "Er ist krank! Ich pflege ihn doch nur gesund." "Das geht über Pflege weit hinaus, Kagome. Er richtet dich gerade als seine Leibeigene ab." "Das stimmt überhaupt nicht und es geht dich auch nichts an um wen und wie ich mich um jemanden kümmere. Tu uns allen den Gefallen und halt dich einfach raus, wenn du schon nichts Sinnvolles beizutragen hast!" Beleidigt machte Kagome auf dem Absatz kehrt und verließ wütend das Apartment. Ronnie folgte ihr schnell und holte sie am Eingang des Wohnheims ein. "Kagome, warte!", rief sie schwer atmend und hielt sie am Ärmel fest, damit sie stehen blieb. "Argh, könnt ihr alle mal aufhören mich fest zu halten? Das nervt!" "Warte! Schau dir diese Tabelle an", sagte Ronnie beinahe hysterisch und schlug eilig ihr Magazin auf. "Also, hier steht: Wenn er dich zwischen Ellenbogen und Schulter berührt ist das die Freundschaftszone-" "Jetzt wäre der geeignete Zeitpunkt für ein paar Aliens um dich zu entführen. Ich würde sie bestimmt nicht aufhalten", murmelte Kagome, doch Ronnie überging ihren Einwurf einfach und las weiter: "Vom Ellenbogen zum Handgelenk, das ist die Zwischenzone. Und vom Handgelenk zu den Fingerspitzen bedeutet er will Händchen halten, das ist die Romantikzone!" "Ich weiß nur, dass bald meine Endzone erreicht ist." "Hast du nicht zugehört, Kagome? Er hat deine Hände berührt und zwei Zonen übersprungen, er hat sie einfach übersprungen! Er ist total in dich verknallt!" "Ronnie, ich weiß du meinst es nur gut, aber meine Geduld ist am Ende. Bitte lass es sein, ich ertrage das nicht länger." "Aber-" "Bitte, Ronnie!" "Na, schön", murrte sie beleidigt und stopfte die Zeitschrift zurück in ihre Tasche. "Inuyasha ist zu stur und du willst es nicht wahr haben. Ich gebe es auf. Ihr beide seid ein hoffnungsloser Fall!" Aufgebracht stapfte Ronnie davon und Kagome blickte ihr traurig nach. Ja, sie und Inuyasha waren ein hoffnungsloser Fall. Das sagte sie doch die ganze Zeit. "Hast du gehört, wie sie mit mir gesprochen hat?", fragte Inuyasha empört und setzte sich wütend neben Ray auf die Couch. "Ja." "Ich habe sie gewarnt, dass es ausarten könnte. Yori nutzt ihre Gutmütigkeit komplett aus!" "Scheint leider so." "Ich versuche nur sie zu beschützen. Yori ist bei dieser Geschichte der Böse, nicht ich. Stimmt's?" Darauf antwortete Ray nicht. Inuyasha runzelte die Stirn und fragte noch einmal nachdrücklich: "Stimmt's?" "Naja", murmelte Ray gedehnt. "Naja, was?" "Ich kann sie schon verstehen. Mittlerweile haben sich einige Gründe für sie aufgestaut, wütend auf dich zu sein." "Ach, ist das so? Zum Beispiel?", forderte Inuyasha beleidigt. "Sag schon." "Zum Beispiel dein ständiges hin und her. In einem Moment behandelst du sie wie Luft und im Nächsten hast du nichts Besseres zu tun, als sie zu bevormunden. Es wundert mich überhaupt nicht, dass Kagome deswegen verärgert ist. Dann die Sache mit ihrem Geheimnis." "Was?" "Du hast ihr Vertrauen missbraucht und es uns ohne ihr Einverständnis gesagt. Verstehe mich nicht falsch. Ich finde es gut, dass ich die richtige Kagome kennen lernen konnte. Sie ist ein tolles Mädchen. Aber sie ist verletzt, weil du dich nicht dafür entschuldigt hast. Ich an deiner Stelle würde das schleunigst nachholen. Und mit deinem momentanen Verhalten machst du dich ohnehin unbeliebt bei ihr. Wenn das so weitergeht, wirst du ein Weihnachtswunder brauchen, wenn du ihr das sagst was du vorhast ihr zu sagen." Die Wohnungstür öffnete sich und Kagome trat ins Zimmer. In der einen Hand hielt sie eine kleine gläserne Obstschüssel und unter dem anderen Arm hatte sie einen Wäschekorb geklemmt, in dem Yoris frisch gewaschene Kleidung lag. Sie funkelte Inuyasha kurz missgelaunt an, bevor sie wieder im Krankenzimmer verschwand. "Entschuldige dich bei ihr", riet Ray ihm noch einmal leise. "Und zwar bald." Inuyasha wollte gerade etwas erwidern, als Kagome auch schon wieder raus kam und leise die Tür hinter sich schloss. "Er schläft jetzt", murmelte sie und stellte eine halb leere Wasserflasche auf den Wohnzimmertisch. "Die ist von Yori. Ich bringe sie später weg." "Yori hat daraus getrunken?", hakte Inuyasha nach. "Ja, also lasst besser die Finger davon. Sonst steckt ihr euch noch an." Kagome ging an ihnen vorbei, in ihr eigenes Zimmer. Inuyashas Blick klebte auf der Flasche. "Inuyasha, nein." sagte Ray gebieterisch, als würde er einem Hund seine Belohnung verweigern. "Was denn?" "Du hast doch gerade daran gedacht aus Yoris verkeimter Flasche zu trinken, damit du krank wirst und Kagome auch dich umsorgt." "Nein", widersprach Inuyasha und schnaubte. "Das wäre doch lächerlich." "In der Tat, das wäre es", stimmte er zu und schaltete den Fernseher ein. Ein paar Minuten lang starrten sie beide gelangweilt auf den Verlauf einer stumpfsinnigen Krimiserie. Plötzlich hastete Inuyasha nach vorne und wollte nach der Flasche greifen, aber Ray hatte schon damit gerechnet und zog ihn mit aller Kraft zurück. Inuyasha knurrte und verschränkte die Arme vor der Brust. Absender: Higurashi_Kagome Empfänger: Sango-chan Betreff: Traurig Ich glaube Ronnie lässt mich endlich zufrieden. Sie war ziemlich eingeschnappt, als ich sie weggeschickt habe. Hoffentlich war ich nicht zu grob zu ihr. Davor hat sie mir allerdings noch etwas erzählt. Ich fühle mich schlecht hinter seinem Rücken über seine Vergangenheit zu spekulieren. Aber ich muss mit Jemandem darüber sprechen, das lässt mich einfach nicht los. Inuyasha hatte, bevor ich hierher gewechselt bin, eine Freundin. Wann genau weiß ich nicht. Aber wie es aussieht, hatte sie einen Unfall. Ich glaube sie ist gestorben :( Und ich habe auch noch Salz in seine Wunden gestreut, als ich unbedingt wissen wollte, wer das Mädchen auf seinen Fotografien ist. Das tut mir so leid, ich könnte heulen. Ich bin ein ganz furchtbarer Mensch. Kagome Sie stützte die Arme auf den Schreibtisch und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Krampfhaft versuchte sie die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten. Sie war traurig. Wütend. Verwirrt. Deprimiert. Verzweifelt. Sie wusste nicht, für welches Gefühl sie sich entscheiden sollte. Sie war so durcheinander. Ein leiser Signalton ertönte. Ihre Freundin hatte ihr geantwortet. Absender: Sango-chan Empfänger: Higurashi_Kagome Betreff: Sch**** Das ist wirklich traurig, aber dich trifft keinerlei Schuld. Du wusstest es doch nicht. Du bist überhaupt nicht furchtbar. Furchtbar neugierig, vielleicht. Aber nicht furchtbar. Diese Kleine war aber wirklich hartnäckig. Es ist ja schon ganz süß, dass sie euch verkuppeln will. Aber das sollte trotzdem eine Sache zwischen dir und Inuyasha bleiben... wenn es da eine Sache zwischen euch gibt? Sango Absender: Higurashi_Kagome Empfänger: Sango-chan Betreff: Extrem verwirrt Ich weiß es nicht. Wirklich, ich habe keine Ahnung, was das zwischen uns ist. Irgendetwas ist da. Ich kann es nur nicht einordnen. Ich habe das Gefühl Inuyasha ist momentan ziemlich eifersüchtig auf Yori, weil ich ihn gesund pflege. Ronnie hatte die verrückte Idee, dass Inuyasha mich zwar mag allerdings noch nicht bereit für eine neue Beziehung ist und er mich deshalb abgewiesen hat. Ich weiß nicht was ich davon halten soll. In den letzten Wochen habe ich versucht ihn mir abzuschreiben und mich voll und ganz auf die Schule zu konzentrieren, aber dann gibt es immer wieder einen kurzen Augenblick der mich hoffen lässt. Eine Umarmung, eine Berührung, ein Lächeln, ein Blick von ihm genügt und ich bin ihm schon wieder völlig verfallen. Ich versuche es so gut es geht vor ihm zu verbergen, aber es ist schwer. Wieso passiert das alles? Warum musste ich mich in ihn verlieben ? - Absender: Sango-chan Empfänger: Higurashi_Kagome Betreff: Will dich drücken Da ich Inuyasha nicht kenne, ist das Letzte was ich möchte über ihn zu urteilen. Aber wenn er dich nur unglücklich macht ist es besser, dich so weit wie möglich von ihm abzukapseln. Er ist dein Mitbewohner und nichts weiter. Du musst nicht mit ihm sprechen oder mit ihm befreundet sein. Ach, ich würde dich jetzt wirklich gerne in den Arm nehmen und trösten. Ich kann es kaum erwarten dich wiederzusehen. Noch nie habe ich mich so sehr auf Weihnachten gefreut. Wann genau kommst du an? Sango Absender: Higurashi_Kagome Empfänger: Sango-chan Betreff: Reiseplan Bevor ich nach Hause komme, muss ich noch die Weihnachtsfeier von Inuyashas Mutter überstehen. Ich würde lieber darauf verzichten, aber ich habe es ihm versprochen, seiner Mutter bereits zugesagt... daran halte ich mich. Ich werde das mit Inuyasha durchziehen und ihm danach sagen, dass er sich für das nächste Mal eine neue Freundin suchen muss. Heiligabend verbringe ich mit meiner Familie und gleich am ersten Weihnachtstag stehe ich vor deiner Tür. Apropo Tür. Wird es dann die Tür sein, die ich kenne oder eine Neue mit der ich noch Freundschaft schließen muss? liebe Grüße, Kagome Absender: Sango-chan Empfänger: Higurashi_Kagome Betreff: Überglücklich Es wird eine neue Tür sein. Ja! Wir haben die Wohnung bekommen, von der ich dir erzählt habe. Den Mietvertrag haben Miroku und ich gestern unterschrieben und mein Vater ist endlich auch einverstanden. (Als ob er eine Wahl hätte :P) Wie gesagt, die Wohnung muss komplett renoviert werden, dafür ist die Miete praktisch geschenkt und wenn ich erst einmal damit fertig bin wird es wunderschön und gemütlich sein. Du hilfst uns doch sicher bei der Renovierung, oder? Das wird bestimmt Spaß machen. Gruß, Sango Kagome lächelte den leuchtenden Computer-Bildschirm an. Eine Wohnung mit ihren besten Freunden renovieren? Das wird auf jeden Fall Spaß machen. Und sie konnte sich nichts Besseres vorstellen, um sich von Inuyasha abzulenken. Wie aufs Stichwort kam dieser gerade ins Zimmer. Sie schauten sich gegenseitig an. Einen kurzen Augenblick lang, dachte sie er wollte etwas sagen. Aber er überlegte es sich doch anders, schloss die Tür und legte sich auf sein Bett. Nichts. Sie hatten sich wirklich nichts zu sagen. Als der schrille Ton des Weckers sie am nächsten Morgen aus dem Traumland riss, war Inuyasha schon längst weg. Widerwillig richtete Kagome sich für den Unterricht her. Jeans, Pullover, Perücke. Mittlerweile ging die Kostümierung ziemlich schnell von statten. Beim Frühstück erfuhr sie, dass Inuyasha ihren Mitbewohner zum Frühsport in die Schwimmhalle begleitet hatte. Mit bescheidener Freude erzählte Ray ihr, dass er einen neuen Mannschafts-Rekord aufgestellt hatte und er beim nächsten Wettkampf als Schluss-Schwimmer eingesetzt werden würde, was scheinbar eine ziemliche Ehre war. Mit Inuyasha selbst, wechselte sie nur ein paar banale Floskeln. "Ich fühle mich wirklich grauenhaft", sagte sie am späten Nachmittag, nachdem sie nach Yori gesehen hatte und sich sein Zustand scheinbar nicht im geringsten verbessert hatte. Sie hielt ein Fieberthermometer in der Hand. "Vierzig Grad Fieber. Ich verstehe nicht, wieso er nicht gesund wird." "Oh bitte, Kagome, das ist doch offensichtlich", murrte Inuyasha gereizt. Sie war kurz verblüfft über seinen ersten vollständigen Satz des Tages und fragte: "Was meinst du?" Er verdrehte genervt die Augen. "Yori will nicht gesund werden. Denn er kann den ganzen Tag faulenzen und schlafen, du bringst ihm Frühstück ans Bett, wärmst ihm die Socken, liest ihm was vor, wäschst seine Kleidung, reibst seine Brust mit Salbe ein und du bist nicht hässlich!" "Ähm-" Kagomes Herz machte einen kleinen Sprung. "Was Inuyasha damit meint", erklärte Ray, "ist, dass Yori deine Pflege etwas zu sehr genießt." "Genau das habe ich doch gesagt!" Kagome massierte kurz ihre Schläfe und versuchte wieder klar im Kopf zu werden. "Ihr denkt er simuliert?" "Anfangs nicht. Da war er wirklich krank, ich denke nur jetzt macht er es sich gemütlich", erwiderte Ray nachdenklich. "Das Thermometer hat er vermutlich an eine heiße Glühbirne gehalten, als du gerade nicht hingesehen hast", meinte Inuyasha. Kagome nickte überzeugt. "Okay, und was wollen wir dagegen machen?" "Ich weiß was Yori motivieren könnte, das Bett zu verlassen." "Ja, eine Abreibung mit der Faust!", unterbrach Inuyasha Ray's Überlegungen. "Ich habe mir gedacht, dass er sich bestimmt bald besser fühlt wenn die Verpflegung die du ihm bietest, ihm nicht mehr zusagt." "Ja, verstehe", sagte Kagome und lächelte. "Ich glaube, das kriege ich hin." Eine Stunde später stand sie neben Yoris Bett und drückte leicht auf seine Schulter um ihn zu wecken. "Hm? Was ist los?", murmelte er schlaftrunken. "Ich habe dir ein Bad eingelassen", flüsterte Kagome verheißungsvoll. "Vielleicht tut dir das ganz gut." Er hob freudig die Augenbrauen und war auf der Stelle hellwach. "Ja, du hast sicher recht. Ein entspannendes Bad ist sicher gut für mich." Schwerfällig hob er sich aus dem Bett und stützte sich auf Kagome während sie zum Badezimmer schlurften. "Ich fühle mich so kraftlos. Ich glaube du musst mir beim ausziehen helfen." "Ach, ich bin mir sicher das schaffst du auch allein." Der Wasserhahn lief noch und das Geräusch des plantschenden Wassers hallte zwischen den Wandfliesen. "Hm", murmelte Yori. "Das heiße Wasser dampft ja gar nicht." "Ich habe nichts von einem heißen Bad gesagt", erwiderte Kagome und grinste in sich hinein, als sie Yoris erschrockenen Blick sah. "Hier sind die Eiswürfel", rief Inuyasha hinter ihnen. Er drängte sich vorbei und schüttete einen ganzen Eimer voll Eis in die Wanne. "Da sich dein Zustand einfach nicht bessert, dachte ich mir wir sollten dein Immunsystem stärken. Ein Eisbad ist da genau das Richtige! Also zieh dich aus und rein mit dir. Die Unterhose kannst du anlassen." In diesem Fall behielt Yori die Unterhose liebend gerne an. Zitternd und zusammengekauert, saß er in der fast randvollen Wanne. Leidig blickte er zwischen Kagome und Inuyasha umher. Sie hatte fast Mitleid mit ihm. "Okay, das war eine ganze Minute, das reicht", sagte er schlotternd und wollte aussteigen, aber Kagome drückte ihn an den Schultern wieder rein. "Du kommst erst da raus, wenn du gesund bist." "Was? Das ist nicht dein Ernst, oder? Kagome? Oder?" "Was sagst du?", fragte Inuyasha amüsiert. "Noch mehr Eis? Kommt sofort." "Nein!", rief Yori aber er war schon um die Ecke geflitzt. Kagome hockte sich neben die Badewanne und legte ihre Arme auf den Rand. "Fühlst du dich schon besser?", fragte sie. "Ganz und gar nicht." "Dann musst du vielleicht die ganze Nacht da drin bleiben." "Was?", schrie Yori mindestens drei Oktaven höher als gewöhnlich. "Warum machst du das, Kagome?" "Ich will doch nur, dass du wieder gesund wirst", erklärte sie und schaffte es sogar ernst zu klingen. "Auf Fürsorge und heiße Suppen springt dein Körper ja leider nicht an. Also versuchen wir es ab jetzt mit härteren Maßnahmen. Keine Sorge, ich habe noch einige Methoden auf Lager, falls das hier auch nicht hilft. Ich schwöre dir, ich werde dich gesund machen und wenn du dabei draufgehst." "Bist du irre?" Yori schaute ihr schockiert in die Augen. Eilig schubste er Kagome Beiseite, als er aus der Wanne sprang. "Ich bin zu jung zum sterben." "Aber Yori, du musst doch gesund werden!", beharrte Kagome. "Ich bin gesund!", rief er aus. "Es geht mir schon seit drei Tagen besser, okay? Du musst dich nicht mehr um mich kümmern, den Rest schaffe ich allein, danke!" Er schnappte sich ein Handtuch und rannte auf seinen blau angelaufenen Beinchen davon. Kagome lachte immer noch, als Inuyasha mit einer neuen Ladung Eiswürfel reinkam. Enttäuscht fiel sein Blick auf die leere Badewanne. "Er hat wirklich so schnell aufgegeben?" Kagome nickte grinsend. "Schade." Er stellte den Eimer auf den nassen Boden und Kagome ließ das Badewasser ab. Der kurze Moment der Freude ließ schon wieder nach. Abgesehen von ihren neuesten Erkenntnissen über Inuyasha, hatte sie ihn völlig zu Unrecht angemeckert. Er hatte gewusst, dass Yori sie ausnutzt und ihr etwas vormachte und er wollte sie nur davor bewahren. Da war wohl eine Entschuldigung fällig. "Es tut mir leid." Verwundert drehte sie sich zu ihm um. Inuyasha hatte seinen Blick auf einen festen Punkt auf dem Fußboden gerichtet. "Was denn?", hakte sie nach. "Du hattest recht. Ich hätte dein Geheimnis nicht verraten sollen. Ich hätte mitspielen müssen oder mir eine andere Ausrede einfallen lassen sollen, egal was. Ich habe dir etwas versprochen und es nicht gehalten. Es tut mir leid." "Äh, schon gut", sagte sie leise. "Es ist ja zum Glück gut gegangen. Ich muss mich ebenfalls entschuldigen. Ich hätte dich gestern nicht so anblaffen dürfen. Das hattest du nicht verdient." "Also", sagte Inuyasha gedehnt und schaute ihr in die Augen. "Alles gut zwischen uns?" "Ja", lächelte Kagome und meinte es auch so. "Alles gut." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)