Keep my Secret von -melinda- (... and love me) ================================================================================ Kapitel 13: Jahrestag --------------------- Als er versucht den Kopf zu bewegen regnet es kleine Glasscherben, die mit einem leisen Klirren aufprallen. Inuyasha hört es kaum, das hohe Pfeifen in seinen Ohren ist noch zu laut, obwohl es schon langsam nachlässt. Es fällt ihm schwer, sich daran zu erinnern was passiert ist. Schwerfällig öffnet er die Augen, aber er sieht nur eine verschwommene Dunkelheit. Frustriert blinzelt er mehrmals, bis das Bild endlich schärfer wird. Er sieht die zerbrochene Frontscheibe und das verbeulte Lenkrad vor ihm. Im linken Augenwinkel bemerkt er Scheinwerferlicht. Richtig, er sitzt in ihrem Wagen. Er hatte sie nach Hause fahren wollen, aber dann- Ein scharfer, unerträglicher Schmerz schießt durch seinen Körper. Jetzt erinnert er sich wieder. Schmerzerfüllt zieht er die Luft durch die Zähne und bewegt den Kopf soweit nach links, bis er erkennen kann was es ist. Die stark nach innen verbogene Fahrertür ist gesplittert und ein spitzes, blutiges Stück Eisen steckt tief in seiner Seite. Inuyasha stöhnt gequält auf, versucht den Schmerz zu unterdrücken und seine panische Atmung zu regulieren. "Inuyasha", flüstert jemand von der Rückbank. "Bist du schwer verletzt?" "Ich weiß nicht", antwortet er. Seine Stimme klingt heiser. Er vermeidet es, sich zu drehen und den Zustand seines Mitfahrers zu überprüfen, weil jede Bewegung sich anfühlt, als würde ein Haufen Rasierklingen durch sein Inneres schneiden. In einer Scherbe des Rückspiegels kann er seine Augen sehen. "Was ist mit dir?", fragt er ihn. "Alles bestens", haucht er spottend und wirft Inuyasha einen selbstgefälligen Blick im Rückspiegel zu. "Mach dir lieber Sorgen um die Kleine neben dir." Mit schmerzverzerrtem Gesicht dreht Inuyasha den Kopf nach Rechts und blickt auf die zierliche Gestalt, die regungslos neben ihm sitzt. Ihre Tür ist ebenfalls nach innen verbogen. Der Wagen hat sich beim Aufprall offenbar um den Baum gewickelt. "Kikyo?", flüstert Inuyasha mit rauer Stimme und greift nach ihrer kalten Hand. Ihr Kopf hängt schlaff nach unten und wegen der langen Haare kann er ihr Gesicht nicht sehen. "Kikyo", sagt er noch einmal, dieses Mal deutlich lauter. Vorsichtig schiebt er seine Hand unter ihr Kinn, das sich bei all dem Blut ganz klebrig anfühlt und hebt den Kopf an. "Was?", keucht er entsetzt und verwirrt. Neben ihm sitzt nicht Kikyo. Sondern Kagome. In dem Moment wachte er auf und hob den Kopf von seinen Armen. Erschrocken blickte er nach rechts. Kagome saß neben ihm und schaute ihn besorgt an. Die beiden waren allein im Klassenzimmer. "Alles in Ordnung?" "Ja", antwortete er schnell und rieb sich die müden Augen. "Ich habe nur geträumt. Wann bin ich eingeschlafen?" "Vor zwei Stunden." Inuyasha sah auf die Uhr, die an der Wand über der Tür hing und stellte fest, dass Kagome recht hatte. "Verdammt!", fluchte er. "Warum hast du mich schlafen lassen?" Die Zeit war fast um und er hatte mit seiner Strafarbeit noch nicht einmal angefangen. Aufgeregt griff er nach einem Stift und seinem Arbeitsbogen und blätterte mit einer hastigen Bewegung die erste Seite auf. Dann hielt er abrupt inne. Er hatte nur seinen Namen und das Datum aufschreiben können, bevor die Müdigkeit ihn übermannt hatte, da war er sich ganz sicher. Aber die Matheaufgaben waren schon alle bearbeitet. Auf der nächsten Seite war es ebenso und auch auf der Letzten. Er warf Kagome einen fragenden Blick zu, die eilig ihren eigenen Bogen bearbeitete. "Wieso hast du meine Aufgaben erledigt?" "Du hast geschlafen", antwortete sie lächelnd. "Ich hafte allerdings nicht für mögliche Fehler." "Mich zu wecken, wäre der einfachere Weg gewesen." Sie legte ihren Stift weg und atmete durch. Sie war auch mit ihrer Arbeit noch rechtzeitig fertig geworden. "Ich habe bemerkt, dass du letzte Nacht nicht schlafen konntest und du hast schon vorhin beim Sport so müde ausgesehen", erklärte Kagome. "Ich wollte dich einfach nicht wecken und weil das Nachsitzen ohnehin meine Schuld ist, dachte ich, es wäre nur fair wenn ich deinen Teil auch mache. Damit sind wir doch quitt, oder?" "Ja, das sind wir", sagte Inuyasha erleichtert, hob seine Arme und streckte sich ausgiebig. "Und da du nur dein schlechtes Gewissen beruhigt hast, muss ich mich ja nicht bedanken." "Äh, ein kleines Dankeschön würde ich aber schon gut finden. Wir haben nicht die selben Aufgaben, deshalb konnte ich nicht einfach alles übertragen", erwiderte Kagome und verzog das Gesicht. "Was war letzte Nacht denn eigentlich los? Ich habe dein Herumwälzen und Umherlaufen, trotz meines starken Schlafs und meiner Schnarcherei mitbekommen." "Schnarcherei?", fragte Inuyasha verdutzt. "Als wir in deinem Haus nachts zusammen Tee getrunken haben, sagtest du ich würde schnarchen", klärte sie ihn auf. Inuyasha überlegte einen kurzen Moment lang. "Ja, richtig. Du schnarchst so laut wie eine Kreissäge!" Kagome schlug mit ihrem Federmäppchen nach ihm und er grinste. "Ich wusste, du ziehst mich nur auf! Ich schnarche also doch nicht." "Nein, tust du nicht", gab er zu. "Zum Glück." "Also?", fragte Kagome. "Also, was?" "Also, was war letzte Nacht mit dir los? Deine Ablenkungen funktionieren bei mir nicht!" "So ein Mist", sagte er mit einem sarkastischen Unterton in der Stimme und schwieg wieder. "Inuyasha!", drängte sie weiter. Er seufzte. "Ich weiß es nicht, okay?" Das war die erste Lüge. "Ich war die ganze Nacht hellwach. Müde wurde ich erst heute Morgen." Zweite Lüge. "Es gibt keinen Grund das aufzubauschen. Das war ein Einzelfall, mir geht es gut." Dritte Lüge, Strikeout! Bevor Kagome noch etwas dazu sagen konnte, öffnete sich die Klassenzimmertür und ihr Mathelehrer kam herein. "Die Zeit ist um", sagte er und legte seine Tasche auf einem der leeren Tische ab. "Taishou, Higurashi, ich hoffe für euch, dass ihr die Zeit genutzt habt." Er stellte sich vor Inuyasha und blätterte seinen Bogen durch. Dann übergab Kagome ihm ihre Arbeit. "Gut, ihr beide seit entlassen", sagte der Mathelehrer mit einem zufriedenen Lächeln. "Versucht den Rest des Tages zu genießen." Eilig packten Inuyasha und Kagome ihre Sachen zusammen. Vom Tag war leider nicht mehr viel übrig. Nach dem Sport und dem Mittagessen, hatten sie direkt zum Nachsitzen gemusst und nun war es bereits früher Abend. Erschöpft schlurften sie durch die Gänge des Schulgebäudes. Ein leises Vibrieren ertönte. Inuyasha öffnete den Reißverschluss einer kleinen Nebentasche seines Rucksacks und zog sein Handy heraus. Er drückte kurz ein paar Tasten und steckte es wieder ein. "Die anderen sind draußen", sagte er. Im Zentralhof saßen die Schüler auf den großen, grünen Wiesen überall verteilt und genossen die letzten warmen Strahlen der Sonne. Inuyasha und Kagome hatten ihre Freunde schnell ausgemacht und liefen auf sie zu. Sie saßen auf zwei nebeneinander ausgebreiteten Decken direkt neben einem großen Springbrunnen. Ray lag auf einer der Decken, alle Viere von sich gestreckt und döste entspannt vor sich hin. Yori und Samantha, die scheinbar in eine hitzige Diskussion verwickelt waren, schien er gar nicht wahrzunehmen. Mafuyu saß auf dem breiten Brunnenrand. In ihrem weißen Sommerkleid und hochgebundenem Zopf sah sie einfach nur umwerfend aus und wieder wünschte Kagome sich, einfach ein Mädchen sein zu können. Mafuyu bemerkte die beiden zuerst und winkte ihnen fröhlich zu, bevor sie sich wieder ihrem Handy zuwandte. Offensichtlich hatte sie ihm die SMS geschickt. Inuyasha trat leicht gegen Ray's Bein, damit er Platz machte und setzte sich neben ihn. Kagome ließ sich gerade neben Sam nieder, als Yori plötzlich die Haare raufte. "Wissen Mädchen denn gar nichts?", fragte er beinahe verzweifelt. "Ich weiß, wie ich dich zum weinen bringe!" Sam ballte drohend ihre rechte Hand zur Faust. Yori ignorierte das und fragte sie provokativ: "Wie willst du das machen? Mich küssen?" "Träum weiter", schnaubte Sam. "Ja, das mache ich", erwiderte Yori und konnte sich das Lachen kaum verkneifen. "Hi, Leute", grüßte Ronnie, Ray's kleine Schwester, die gerade vorbeilief. Die anderen begrüßten sie zurück. "Inuyasha, spielst du mit mir Federball?" Sie deutete auf die zwei Federball-Schläger in ihrer Hand. Er runzelte die Stirn und man konnte ihm deutlich ansehen, dass ihm überhaupt nicht danach war. Trotzdem blickte Ronnie ihn weiter hoffnungsvoll an. "Wieso fragst du nicht deinen Bruder?", versuchte Inuyasha sich heraus zu reden. "Nein", sagte Ray sofort. "Deswegen", antwortete sie vorwurfsvoll. "Bitte, Inuyasha." "Ich bin wirklich, wirklich müde und damit doch gar kein Gegner für dich..." "Wenn du willst, spiele ich mit dir", warf Kagome ein. Ronnie musterte sie kurz prüfend. "Okay", sagte sie dann. Kagome lächelte, als Inuyasha ihr einen dankbaren Blick zuwarf und entfernte sich mit Ronnie ein paar Schritte. Inuyasha legte sich hin, schloss die müden Augen und verlor sich in seinen Gedanken. Gedanken voller Erinnerungen und Schuldgefühlen und Erkenntnisse des Verlusts. Nein, heute ging es ihm nicht gut. Ganz und gar nicht. Heute war es genau ein Jahr her. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)