Oni.. von Crystal (Mein Herz erstarrt, mein Atem schwer, Meine Augen verschleiert, meine Welt verblichen,..) ================================================================================ Kapitel 2: Moor und Wasser -------------------------- Der Fang war nicht gerade erfolgreich aber es hat ausgereicht um doch noch etwas Reis auf dem Markt zu kaufen. Heute gibt es wenigstens mal als Beilage nicht nur Bohnen, sondern auch Fisch. Während mein Vater meiner Mutter von den Vorkommnissen des heutigen Tages erzählt, stehe ich auf, räume ab und gehe in mein Zimmer. Es dämmert langsam und die Wolken ziehen sich zusammen. Die Sonne wird bald untergehen und die Nacht wird herein brechen. Der Himmel hat nun die Farben von Purpur, Gelb und Rot. Er sieht einfach wunderschön aus. Langsam beginnt es nach Herbst zu riechen. Ich bin ein wenig stolz, dass der Blick des Mädchens von heute mir galt. Das muss doch etwas besonderes sein, oder ? Wieder eine Frage auf die ich leider keine Antwort habe. Vielleicht ist das aber auch gut so. Ich öffne meine Schiebetür komplett und knie mich auf die Veranda. Den Himmel zu beobachten ist schön. Gerade dann, wenn die Sonne untergeht. Ich springe von der Veranda in das Gras, das noch ganz Warm von der Sonne ist, und laufe zu unserem Kirschblütenbaum. Wegen des merkwürdigen und wechselhaften Wetters, tragen die Bäume noch immer Blüten. Ich knipse eins der Blüten Stängelchen ab. Sakura, Sakura, in den Feldern und Hügeln und den Dörfern So weit das Auge reicht. Wie Nebel, wie Wolken. Duftend und glänzend in der aufgehenden Sonne, Sakura, Sakura Die Blütezeit Ein Teil eines Japanischen Volksliedes. Die andere Strophe weiß ich leider nicht mehr. Aber immer wenn ich die Kirschbäume sehe, spielt diese Strophe in meinem Kopf. Ich mag den Geruch der Kirschblüten. Am schönsten ist es aber wenn die Kirschblüten im Wind des Frühlings und Sommers tanzen. Dann ist alles voll von Glück, Liebe und Fröhlichkeit. Die Leute vergessen dann die schlimmen Momente des Krieges. Ich klemme mir das Blüten Stängelchen hinter das Ohr, schließe die Augen, genieße das sanfte kitzeln der Grashalme unseres Gartens und lausche dem kleinen Bach, der sich seinen Weg durch das Grün bahnt. Ein kleiner Moment in dem Frieden herrscht. Während ich zurück zu unserem Haus laufe, tanke ich noch etwas von der Abendsonne bevor dieser Tag zu Ende gehen wird und ein neuer anbricht. Angekommen in meinem Zimmer schließe ich die Schiebetür und lege mich hin. Ich schließe meine Augen doch es ist zu schwül zum schlafen, und das Essen von heute liegt mir schwer im Magen. So wage ich noch einen Start. Mittlerweile hat sich der Himmel verdunkelt und es ist tief in der Nacht. Ich drehe mich, rolle mich zusammen und merke, dass ich heute nicht mehr zur Ruhe kommen werde. Leicht frustriert stehe ich langsam von meinem Futon auf und zupfe das Band meiner Haare zusammen. Ich öffne die Tür die in mein Zimmer führt, greife mir eine der Laternen die neben dem Zimmer meiner Eltern hängen, schlüpfe in meine geflochtenen Sandalen, die Waraji, und schleiche nach draußen. Zwar habe ich ein schlechtes Gewissen aber zu Hause hält mich nix, solange ich nicht schlafen kann. So schleiche ich über die Straßen. Doch das Geräusch das ich beim Laufen mache, kommt mir vor wie das Trampeln von tausenden Soldaten. Durch das sanfte Licht der Laterne, die bald erlischen wird, sehe ich den Weg, der durch das kleine Wäldchen führt. Angst hatte ich noch nie hier. Ich wüsste auch nicht vor Wem oder Was. Diese ganzen Spuck-Geschichten sind doch eh reiner Blödsinn. Selbst mein Vater sagt dies immer. So laufe ich also nachts in der Dunkelheit durch den Wald. Mein Ziel habe ich bereits gewählt. Der Schrein unseres Schutzgottes. Ich möchte Beten. Dafür, dass es keinen harten Winter geben wird, dafür, dass die Geschichten über Kobolde und die tanzenden Lichter nicht wahr sind und dafür das meine Mutter wieder gesund wird. Auf meinem Weg zum Schrein, trete ich auf kleine Äste und zucke manchmal vor Schreck zusammen. Ein wenig Grinsen muss ich über meine Angst selber. Es sind schließlich nur Äste. Als ich am Schrein ankomme, nehme ich meine Laterne in die rechte Hand und schiebe das Gestrüpp zur Seite um einen Blick hinein zu werfen. Alles so wie immer. Ich lege die Laterne ab, knie mich auf den dreckigen, feuchten Boden und werfe mein Haupt nach vorne. Dabei reißt das Band, das eigentlich meine langen Haare zusammen halten sollte, auseinander. Meine gesamten Haare fallen zu allen Seiten und hängen zum Boden herab. "Schneid deine Haare ab!". Mein Vater sagt das immer. Er meint, meine langen Haare würden mich nur bei der Arbeit stören. Vielleicht hat er recht. Nein, Er hat recht. Doch der Grund der mich hält an ihnen festzuhalten ist ein besonderer. Sind lange Haare nicht schön?. Sie drücken wenigstens nicht aus, dass ich versuche Fische zu fangen und geben mir ein wenig das Gefühl besonders zu sein. So würden nicht alle Leute darauf kommen, dass ich solch eine Aufgabe habe. Die meisten Mädchen in unserem Dorf haben kurze Haare Wegen der Arbeit und sie bewundern meine. Ausserdem liebe ich es, wenn meine Mutter sich sorgsam um sie kümmert und kämmt. Dabei sagt sie mir immer wie wundervoll sie doch währen und das ich so hübsch damit aussehe. Mein Vater verdreht dabei immer nur die Augen. Er ist eh manchmal ein komischer Kautz und ich habe das Gefühl, er interessiert sich nicht für mich und meine Träume. Was soll's. Ich ich werfe meinen Kopf zurück, werfe meine Haare über die Schulter, Blicke zum Schrein und nehme die Laterne wieder in die Hand. Wenn sie ausgeht, finde ich den Weg nicht mehr nach Hause. Meine Mutter wird vor Sorge noch kränker und mein Vater wird vor Wut rot werden. So stehe ich langsam auf und tapse den Weg entlang. Das Rauschen der Blätter wird stärker, da sich der Wind gedreht hat. Mir ist nicht wirklich kalt aber auch nicht warm. Durch die schwüle Luft kleben die meisten Sachen am verschwitzen Körper. Ein unangenehmes Gefühl. Während ich weiter laufe, höre ich am Klang meiner Schritte, dass ich nicht mehr auf Waldboden zu laufen scheine. Es klingt eher nach Holz. Nun höre ich langsam das prasseln von Wasser. Ich drehe mich sofort um und halte die nun fast erloschene Laterne in die Höhe. Bin ich falsch gelaufen? Durch das schlechte Licht der Laterne kann ich fast nix mehr erkennen. Der Klang meiner Schritte auf dem Holz klingt dumpf und hat keine Melodie wie die meisten Holzböden. ich presse meine linke Hand zu einer Faust zusammen, halte mit meiner Rechten die Laterne in die Richtung des Rauschenden Wassers und kann erkennen, dass ich mich auf einer kleinen Brücke befinden muss, die über einen Bach zu reichen scheint. Diesen Teil des Waldes kannte ich noch gar nicht. Ich beiße auf meine Unterlippe und ärgere mich über meine eigne Dummheit, den Weg nicht mehr zu wissen. Das Gebüsch raschelt und ich drehe mich ruckartig um. Mein Puls steigt als ich plötzlich etwas glimmendes aus dem Gestrüpp schweben sehe. Es sieht aus wie ein Licht, das immer auf und ab wippt. Ich trete einen Schritt zurück. Das Licht kommt näher. Ich laufe Weiter instinktiv nach hinten. Schon bevor ich merke, dass ich den halt verloren habe, stürze ich in den Bach. Er ist nicht tief doch hat einen reißenden Strom. Die Laterne erlischt und ich kann nur noch das glimmen des mysteriösen Lichtes erkennen. "Du hast also dafür gebetet, dass wir verschwinden?". Der Klang einer ruhigen Stimme ertönt. Ich weite meinen Mund denn ich kann nicht glauben, was ich hier gerade sehe. Stimmen die Geschichten also doch? Wasser fließt mir in Nase und Mund. Ich stemme meine beine mit voller Kraft gegen den Boden des Baches, krieche aus dem Strom heraus und fange an zu husten. Pitsch nass schaffe ich es noch mich mit letzter Kraft auf das andere Ufer zu gelangen. Plötzlich nehme ich einen Unangenehmen Geruch wahr. Ich kann meine Füße noch schnell aus dem Wasser ziehen. Der Bach verändert seine Farbe und wird Pech Schwarz. Ich kann durch das Leuchten des Lichtes erkennen, wie meine Laterne in der Schwarzen Suppe langsam verschwindet und auch meine, durch den Sturz verlorene Sandale, taucht nicht wieder auf. Das was anstatt meiner Sandale auftaucht schockt mich zutiefst. Knochen, Zerschnittene Fleischklumpen, Haar Büschel, Hautfetzen, Tier Köpfe, abgetrennte Rümpfe, mit Blut verschmierte Arbeitsgeräte von Bauern und Leichen. Leichen ohne Gesicht. Ich halte mir meine Hand vor Mund und Nase und versuche den stechenden Geruch von Tod und Verwesung nicht einzuatmen. Mir wird schlecht und ich bekomme einen Brechreiz. Das Licht ist verschwunden, mein Körper zu schwach zum aufstehen und der Anblick vor mir wird langsam von der Dunkelheit verschlungen. Die nassen Haare kleben an meinem Gesicht und ich bin ausser Puste, weiß nicht was ich machen soll. So krieche ich über das Gras und klappe zusammen. Der stechende Geruch gibt nicht nach. Ich drehe meinen Kopf zur Seite, blicke zum schwarzen Himmel und schließe die Augen vor Erschöpfung. Das Stängelechen des Kirschbaumes fällt von meinem Ohr unsanft in das Gras. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)