Hannibal Lecter von Mireille_01 (Die Gesänge der Toten) ================================================================================ Prolog: London -------------- "Ahhh, Sie müssen Doktor Lecter sein!" ertönte ein tiefer Bass. Ein junger, schlanker Mann mit perfekt gegelter Frisur, elegantem Anzug, über den er einen schwarzen Regenmantel trägt, drehte sich geschmeidig um. Er sah wie über den geflisten Eingangsbereich der Universität, die er gerade betreten hatte, ein älterer Mann in den 60igern auf ihn zugestapft kam. Er trug einen Anzug, der ihm mindestens zwei Nummern zu klein war und sich über seinen Bierbauch spannte. Seine Haare waren kaum bis gar nicht mehr vorhanden, dennoch strahlte dieser seltsame Mann eine Autorität aus, die Lecter angenehm war. Mit einem kurzen Lächeln reichten sie einander die Hände. "Direktor Black nehme ich an?" fragte Hannibal leise. "Ja - ich freue mich, Sie an der Privatuniversität White Thorn begrüßen zu dürfen. Ich habe mich sehr über ihre Zusage gefreut. Es war sehr schwierig nach der Pensionierung unseres letzten Professors in Psychologie und Rechtsmedizin einen Ersatz zu finden. Sie sind um es kurz zu sagen, ein wahrer Glückstreffer! Kommen Sie. Ich zeige Ihnen Ihr Büro!" Direktor Black drehte sich um und stapfte mit einer beachtlichen Schnelligkeit voran. Hannibal grinste und folgte dem kleinen Krieger im Anzug. Sie durchquerten die Eingangshalle und stiegen die kleine Treppe in den ersten Stock hinauf. Nur wenige Meter von dem Hauptkorridor entfernt, betraten sie ein geräumiges kleines Büro, mit Ausblick auf die Themse, die träge vor sich hinfloß. "Ich hoffe alles ist zu Ihrer Zufriedenheit, Doktor Lecter - leben Sie sich ein. Morgen um 17 Uhr haben Sie ihre erste Vorlesung. Der Plan für ihre Lesungen liegt am Schreibtisch. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!" Damit verschwand der kleine Krieger-Direktor wieder und die Tür fiel ins Schloss. Hannibal hiefte seinen kleinen schwarzen Koffer auf den Schreibtisch und schloss die zweite Tür im Raum auf. Dahinter erstreckte sich ein bequemes Wohnzimmer mit gemütlicher Essecke. Eine weitere kleine Tür schien in das Schlafzimmer zu führen. "Nun denn..." lächelte Hannibal und trat an das Fenster, im selben Moment begann es zu regnen: "Goodmorning London - it's me, Hannibal Lecter." Kapitel 1: Aufeinandertreffen ----------------------------- Zoe Itami stieg aus der Straßenbahn aus und folgte dem langen Flussufer der Themse bis sie an ein kleines, Schmiedeeisernes Eingangstor kam. Sie trat näher und betätigte die Klingel. Sofort sprang ein kleiner Pförtner aus dem winzigen Häuschen neben dem Tor und ließ die hübsche Studentin mit den schwarzen, glatten Haaren ein. "Morgen John - wie geht es Ihnen?" fragte Zoe. "Gut - mein Meniskus macht mir zwar wiedermal Probleme, aber das ist ja nichts Neues!" lächelte der alte Pförtner. "Gute Besserung!" sagte Zoe mitfühlend und betrat die kleine Privatuniversität. Im Moment waren knappe 50 Studenten zugelassen und 12 Lehrer beschäftigt. Sie kannte jeden einzelnen von ihnen. Bis auf einen - den neuen Lehrer für Psychologie und Rechtsmedizin. "Ich bin gespannt auf Sie, Doktor Hannibal Lecter!" dachte Zoe und schritt bestimmt aus. "Morgen Zoe!" rief eine gutgelaunte Stimme. Zoe wandte sich leicht nach rechts und sagte freundlich: "Auch dir einen guten Morgen, Gabriel!" Ein großer, schlanker Mann mit schwarzen Haaren, die er lässig in seine Stirn frisiert hatte, tauchte neben ihr auf und hackte sich brüderlich bei ihr ein: "Na wie geht es dir?" "Gut - hast du schon gehört?" fragte Zoe. "Du meinst dass wir einen neuen Dozenten haben?" fragte er zurück. "Jup - klingt wie ein alter, nerviger Mann." grinste Zoe und sagte gedehnt: "Doktor Hannibal Lecter!" "Nicht so laut - sonst kriegst du Ärger!" grinste Gabriel. "Und wenn schon - ich wette der alte Tattergreis lebt gar nicht so lange, dass er mich bestrafen kann!" feixte Zoe. Es war leider oft so, dass sie sehr selten junge Professoren an dieser Universität hatten. "Morgen Zoe! Morgen Gabriel!" begrüßten die anderen Elitestudenten ihrer kleinen vertrauen Runde die beiden, als sie an der Tür zum Vorlesesaal kamen. "Morgen!" grüßten die beiden zurück. "Was meint ihr?" fragte Catherine, eine kleine, runde Blondine. "Was meinst du?" fragte Zoe zurück. "Wie er wohl sein wird - der neue Professor!" fragte Catherine neugierig. "Keine Ahnung - ich hoffe nur, dass wir nicht schon am ersten Tag einen Leichenwaagen rufen müssen, weil der nächste alte Sack umfällt!" meinte Zoe trocken. "Ich gehe davon aus, dass sie nicht viele junge Dozenten hier haben?" fragte eine angenehme, sonore Stimme hinter Zoe. "Da nehmen Sie völlig richtig an. Wir haben wirklich nur alte, vertrocknete Greise, von denen die meisten bald unter der Erde liegen..." sagte Zoe zynisch und drehte sich währenddessen um. Da starrte sie in zwei dunkelbraune, kühle Augen, die sie interessiert musterten. "... werden..." vollendete sie den Satz und starrte ihn verblüfft an. "Ich hoffe doch sehr, dass ich dann den Durchschnitt ein wenig verbessern kann!" lächelte Hannibal Lecter kalt und seine Augen glänzten gefährlich. "Auweia!" dachte Gabriel noch. Doch Zoes Augen glänzten frech auf: "Tja, mit dem Alter eventuell schon - aber wie sieht es mit ihrer Kompetenz aus? Professor?" fragte sie höflich, doch Hannibal erkannte sofort den zynischen Beiklang. Er war amüsiert: "Ich denke, das müssen Sie selbst bewerten. Nach Ihnen, Mylady!" Zoe gab keine Erwiderung und betrat mit schnellen, eleganten Schritten den Hörsaal, als Hannibal die Tür öffnete. Die anderen Studenten warfen ihm einen entschuldigenden Blick zu, doch Hannibal merkte das nicht. Seine Augen waren auf Zoe gerichtet - wie zwei Suchscheinwerfer. "Das wird noch Ärger geben..." dachte Gabriel und sein Unmut stieg rasend schnell als er die Blicke des neuen Professors sah. Kapitel 2: Was Sie nicht sagen, Doktor... ----------------------------------------- "NEIN! NEIN! NEIN!" schüttelte Zoe bestimmt den Kopf. "Oh Gott geht das jetzt schon wieder los?" seufzte Gabriel und Catherine stimmte resigniert mit einem leichten Nicken zu. Seit Doktor Hannibal Lecter vor drei Wochen an ihre Universität gekommen und er auf Zoe Itami gestoßen war, hatten die beiden so ziemlich jede Stunde einen nun ja - man könnte es als "Machtkampf der Intelligenz" bezeichnen - ausgeführt. So begann es meistens. Doktor Lecter beantwortete eine Frage, die ein höflicher Student in den Raum geworfen hatte - meistens ein wirklich guter Gedanke für eine Diskussion und sobald Doktor Lecter fertig gesprochen hatte, kam Zoe Itami mit ihrem berühmten Ausspruch. "NEIN! NEIN! NEIN!" sagte sie erneut und schüttelte den Kopf. "Fräulein Itami was genau meinen Sie mit "NEIN?" fragte Doktor Lecter kühl. Innerlich aber musste er lachen, dieses Zoe Itami war wirklich eine harte Nuss und außerdem auch noch sehr intelligent. "Wie können Sie einfach so sagen, dass es immer darauf hinausläuft?" fragte Zoe trocken. Sie hatte die Beine kokett überschlagen und ihr schwarzer Rock zeigte ihre makellosen Beine bis zu den Knien. "Fräulein Itami es ist nun mal so - selbst die neuesten Studien ergeben nichts anderes." erwiderte Doktor Lecter. "Wenn alle sagen würde: "Springen wir von der Tower Bridge - würden Sie es dann auch tun?" fragte Zoe kalt. "Ein guter Gegengedanke!" lächelte Lecter. "Ich kann Ihnen einfach nicht zustimmen." Zoe stützte sich auf ihrer linken Handfläche auf und sagte: "Die Identifikation mit dem Aggressor ist noch lange keine Ausrede dafür, dass Menschen einander töten dürfen - nur weil sie eine schlimme Kindheit oder ähnliches erlebt haben. Das ist völliger Schwachsinn!" Interessiert erkannte Lecter, dass in Zoes Augen ein Feuer zu brennen schien. "Mhm - dennoch ist es wissenschaftlich erwiesen, dass die meisten Menschen, die eine grausame Kindheit oder ein Traumata erlebt haben, dies meistens in ihren eigenen Taten verarbeiten. Viele schaffen es sich wieder "normal" in die Gesellschaft einzufügen. Ist der seelische Schaden allerdings so irreversibel und gewaltig, dann kann es leicht passieren, dass Menschen in die falsche Richtung abbiegen. In die mörderische Richtung!" setzte er hinzu. "Ich bitte Sie, das ist Großteils nur Spekulation. Ich meine, angenommen, wenn mein Vater mich vergewaltigt hätte, ich mir einrede wie ungerecht doch die Welt ist, und ich das einfach nicht wegstecken kann, dann soll ich einfach hingehen und nicht nur am besten meinen Vater erschießen, sondern auch alle Menschen die jemals nur an eine Vergewaltigung gedacht oder sogar eine verübt haben?" fragte Zoe. Neben ihr wechselten Catherine und Gabriel einen beunruhigten Blick - nun zog Zoe die schweren Geschütze auf. Atemlos verfolgten die anderen Studenten den Wortwechsel zwischen Lecter und Itami. "Nun - das ist ein - nennen wir es "bizarres" Beispiel - aber ja, im Grunde ist es genauso!" sagte Lecter ruhig. Zoes Augen glühten wütend auf, sie lehnte sich angriffslustig nach vorne: "Doktor Lecter - das ist Schwachsinn. Wenn tatsächlich jeder Mensch, der sich in der Form eines Opfers sieht, zu dem Schluss kommt - seine Wut und seine "mögliche Rückzahlung" der Schmerzen ist "psychologisch" begründet und als "völlig in Ordnung" betrachtend, dann hätten wir in weniger als einer halben Stunde reine Anarchie. Wenn nicht sogar Kannibalismus und das typische Verhältnis "Aug um Aug, Zahn um Zahn!". Zoe lehnte sich zurück: "Und dass hat schon bei den alten Griechen und Römern nicht gut funktioniert." Die Glocke ertönte und zunächst blieben die Studenten noch sitzen, dann sagte Lecter höflich: "Die Vorlesung ist vorbei. Wir sehen uns am Freitag im Sezierraum." Die Studenten erhoben sich und verließen den Saal. Nur Zoe Itami blieb zurück. Sie hob ihre Tasche auf und schlenderte betont langsam die Stufen hinunter. Lecter ließ sie dabei nicht aus den Augen. "Verzeihen Sie, Doktor Lecter. Eigentlich bin ich nicht so ..." Zoe verstummte. Lecter schlug vor: "... aggressiv, oder besser - temperamentvoll?" Er lächelte kühl. "Sowohl als auch." stimmte Zoe trocken zu. Sie wandte sich zum Gehen. "Sagen Sie - Miss Itami." ertönte Lecters Stimme. Sie blieb am Türrahmen stehen. "Was hat Sie so kalt werden lassen? Was für ein "irreversibles Traumata" haben Sie als Kind erlebt?" fragte Doktor Hannibal Lecter leise. Zoe erwiderte zunächst nichts, dann drehte sie sich um und sah Lecter kühl ins Gesicht, ihre Miene verriet nichts: "Ich werde nicht gerne analysiert, Doktor Lecter." Lecter grinste diabolisch: "Das wird kein Mensch gerne..." Zoe konnte nicht anders, sie grinste zurück:" Was Sie nicht sagen, Doktor..." Damit drehte sie sich um und verließ den Vorlesesaal. Lecter sah ihr interessiert nach. Dann ließ er sich leise lachend in seinen Sessel fallen und dachte intensiv nach. Dann nickte er und blickte zum Fenster hinaus, wo der typische englische Regen einsetzte: "Dann wollen wir doch mal ein neues Spiel beginnen. Und du... Zoe Itami..." er grinste: "... du wirst meine neue Spielpartnerin. Herzlichen Glückwunsch. Wie lange es wohl dauern wird, bis du daran zerbrichst?" Kapitel 3: Einfaches Spiel! --------------------------- "Ahhh!" aufseufzend und müde lehnte sich Zoe nach hinten und schloss die Augen. Sie saß schon seit fünf Stunden in der Bibliothek, draußen war es bereits finster geworden und dennoch war sie nur ein kleines Stück vorwärts gekommen. Die letzten zwei Monate waren schneller vergangen als sie sich eingestehen wollte und langsam aber sicher, geriet sie unter Zeitdruck. "Uff!" stöhnte sie. Da tauchte eine schlanke, weiße Hand neben ihr auf und hielt ihr eine Tasse dampfenden Kaffee entgegen. Ihre Augen wanderten nach hinten und sie drehte sich nur kaum merkbar um. Hinter ihr stand Doktor Lecter und lächelte sie höflich an: "Kaffee vertreibt Müdigkeit!" "Was Sie nicht sagen, Doktor!" lächelte Zoe frech. Er lachte leise auf und sie nahm dankbar die Tasse entgegen. "Was machen Sie noch so spät in der Bibliothek - gerade eben hat der Pförtner die Tore geschlossen und ist zu Bett gegangen." sagte Lecter ruhig und ließ sich mit einer zweiten Tasse Kaffee in einen zweiten Sessel neben Zoe sinken. "Nicht untypisch - John ist krank und alt - er geht immer früher ins Bett." sagte Zoe. Sie nahm einen weiteren Schluck von der schlafhemmenden Substanz. "Also was machen Sie hier, Fräulein Itami?" fragte Lecter. Zoe warf ihm ein Buch zu. Er fing es geschickt auf und lächelte als er den Titel erkannte: "Opfer oder Jäger - wie Mörder denken?" Er lächelte Zoe schief an: "Hat Sie unser Gespräch etwa nicht schlafen lassen?" "Wohl kaum, Doktor Lecter. Sie sind nicht der Grund für meine schlaflosen Nächte!" grinste Zoe und nahm einen weiteren Schluck. "Schade - dann muss ich mir mehr Mühe geben!" sagte Lecter. "Ich schreibe an meiner Doktorarbeit in Psychologie. Und ob Sie es glauben oder nicht, ich möchte genau dieses Thema worüber wir heute so herrlich debattiert haben, als Thema nehmen. Oder besser gesagt, ich habe es bereits als mein Thema gewählt. Ich sitze schon seit drei Monaten daran. Aber die vergangenen Wochen waren nicht so fruchtbar wie ich es mir erhofft hatte. Um genau zu sein habe ich kein einziges vernünftiges Wort zu Papier gebracht. Dies wiederrum hat mich mehrere Wochen in Verzug gebracht. Und langsam aber sicher wird die Zeit knapp. Ich muss die Arbeit bis Weihnachten abschließen." erklärte Zoe und legte ihre freie Hand auf die gekritzelten Notizen. Es waren mindestens dreißig Seiten, aber Lecter wusste, dass es mindestens 350 Seiten für eine vernünftige Doktorarbeit sein sollten - Itami hatte noch sehr viel Arbeit vor sich. "Ich verstehe. Dann kommt ihnen die kommenden Ferien anscheinend sehr zu Gute. Immerhin wird die Universität bis Ende der Weihnachtsferien vorübergehend geschlossen zwecks Renovierungen." sagte Lecter. Tatsache war, dass die Universität dringend eine Generalüberholung benötigte. Das alte Gebäude war sehr in Mitleidenschaft gezogen wurden. Dank großzügiger Spenden von Mäzen konnte der Direktor Black nun alles renovieren. Dafür wurde die Universität ab Novemberbeginn geschlossen und das Studieren war erst nach den Winterferien wieder möglich. „Ja das ist allerdings ein Vorteil. Aber ich bezweifle, dass ich das Buch rechtzeitig fertig bekomme!“ sagte Zoe und ließ sich weiter in den Sessel sinken. Lecter zog eine Augenbraue lässig in die Höhe: „Weswegen diese Zweifel?“ „Ich habe keine Idee, wie ich das Buch vollenden soll. Was mir fehlt ist …“ Zoe Itami verstummte. Lecter sah sie kalt über den Tassenrand hinweg an: „Ein Beobachtungsmodell?“ „Klingt zwar grausam, aber ja, so ist es.“ Zoe stellte die leere Tasse auf ihre Notizen. Sie sah auf ihre Handgelenke und schien in Gedanken versunken, dann hob sie den Blick und sah Lecter an: „Es klingt fast masochistisch und selbstmordgefährdend, aber ich benötige tatsächlich ein, nennen wir es „Versuchskaninchen“. Ich bräuchte Zugang zu einer psychiatrischen Klinik und am besten bräuchte ich auch noch Zugang zu einem Patienten.“ Sie sah Lecter nicht in die Augen. „Zu einem Patienten?“ Lecter schlug die Beine übereinander und starrte Zoe interessiert an. „Ja – einem Mörder.“ Zoe fühlte sich innerlich kalt als sie das sagte. Lecter beobachtete sie eine gewisse Zeit lang und dann sagte er leise: „Wenn es Euer Wunsch ist Miss Itami, lässt sich da vielleicht etwas machen!“. „Wie meinen Sie das, Professor Lecter?“ Itami sah Stirn runzelnd auf. Doch sie blickte nur einen leeren Stuhl. Als sie sich umsah, konnte sie Lecter nirgendwo mehr sehen. „Was?“ Zoe sprang auf und rannte auf den leeren Gang hinaus. Doch Lecter war verschwunden. „Sehr seltsam…“ murmelte die 20jährige Studentin vor sich hin und ging schließlich wieder zurück in die Bibliothek. Doktor Lecter war inzwischen in sein Büro verschwunden und starrte nachdenklich an die Zimmerdecke. „GOTT!“ seufzte er auf. „Macht sie es mir mit Absicht so leicht?“ fragte er sich. Dann wanderte sein Blick auf ein Bild, das er immer und überall mitnahm. Er sah sich und seine kleine Schwester Mischa. Seine Mundwinkel zuckten und schließlich lachte er: „Haha – so einfach also!“ er fuhr sich mit der Hand auf seine Stirn und spürte wie seine Gedanken geradezu ratterten. „Na gut – dann soll das Spiel beginnen!“ er lächelte als er zum Telefonhörer griff. Kapitel 4: Das Angebot ---------------------- „SIE HABEN WAS?“ rief Zoe und sprang beinahe von ihrem Sessel auf. Ungläubig starrte sie in Doktor Lecters Gesicht, der sie freundlich anlächelte und bestätigend nickte. „Doch und Sie haben noch viel mehr Glück, Miss Itami!“ lächelte Lecter und Gabriel beobachtete die ganze Diskussion mit misstrauischer Miene. „Sie werden ab nächster Woche, wo die Universität zwecks Renovierung schließt, das Projekt beginnen. Ich hoffe es ist in Ordnung für Sie, wenn Sie mit einem „alten nervigen Sack“ wie mir zusammenarbeiten müssen!“ lächelte er kalt. Zoe grinste: „Aber nicht doch – Doktor Lecter. Schon vergessen, Sie heben doch den Durchschnitt ganz erheblich!“ Beide lachten. „Mhm…“ murmelte Gabriel. Catherine sah ihn erstaunt an, dann flog ihr Blick schnell zu Lecter und Itami und dann zurück zu Gabriel. Ihre Augen glichen Schlitzen und sie grinste feixend: „Na – etwa eifersüchtig?“ „Was?“ Gabriel starrte seine Verlobte an. „Na – bist du eifersüchtig auf die beiden?“ fragte Catherine, während sie mit einer Pinzette in dem Mund der Leiche vor ihnen herumbohrte. Sie hatten Dank Doktor Lecter immer Zugang zu neuen „Patienten“. Das örtliche Leichenschauhaus arbeitete Hand in Hand mit der medizinischen Fakultät zusammen und die Studenten durften nun jeden Freitag an frisch verstorbenen Leichen herumdoktern. Was für viele normale Menschen makaber war, war Tagesordnung wenn man ein erfolgreicher Arzt oder Ärztin werden wollte. „Bist du wahnsinnig? Natürlich nicht, Catherine!“ schnappte Gabriel. Sie zuckte gelangweilt die Schultern: „Schon klar – selbst wenn es so wäre…“ sie lächelte kurz sehr diabolisch auf und hob das Skalpell drohend in die Höhe: „… müsste ich mir keine Sorgen machen, außer du willst unbedingt dass ich Zoe etwas abschneide.“ „Lass gut sein!“ versuchte Gabriel einen Witz aus der ganzen bizarren Situation zu machen, doch als er beschwichtigend die Hände hob, glänzten seine Augen zu Itami und Lecter. Sie schienen sich prächtig zu verstehen. Nein, er war nicht eifersüchtig. Er liebte nur Catherine. Aber Zoe war für ihn eine kleine Schwester und dieser Doktor Lecter war alles andere als vertrauenserweckend. Er mochte ihn ganz und gar nicht. „Also sind Sie dabei?“ fragte Hannibal höflich. „Ich weiß gar nicht wie ich Ihnen danken kann, Doktor Lecter. Gemeinsam mit Ihnen ein Praktikum an der psychiatrischen Gefängnisklinik für Schwerverbrecher zu machen, das ist als würde jemand meine Gebete erhört haben. Ich verdanke Ihnen, dass ich meine Doktorarbeit doch noch fertigschreiben kann.“ Zoe sprang auf und hüpfte Lecter beinahe um. Sie umarmte ihn mit einer entwaffnenden Herzlichkeit und für einen kurzen Moment fühlte Lecter sich schrecklich und kalt. Doch als Zoe ihn wieder los ließ, waren die Gefühle verschwunden und er lächelte wieder auf dieselbe kalte und unzugängliche Weise wie sonst. Nach dem Unterricht waren die Studenten schnell verschwunden, doch dieses Mal blieb Gabriel Carter zurück. Eine Augenbraue in die Höhe gezogen, fragte Lecter: „Mr. Carter? Haben Sie etwas vergessen?“ „Nein, Sir. Ich wollte mit Ihnen reden!“ sagte Gabriel ruhig. Er kam zu dem Lehrertisch und Hannibal lehnte sich rückwärts gegen den Schreibtisch, ließ Gabriel dabei nicht aus den Augen und fragte höflich: „Wie kann ich helfen?“ „Wieso haben Sie Zoe das Angebot gemacht?“ fragte Gabriel direkt. Mit einem Knurren im Magen, das er immer bekam, wenn sich ein potentielles neues Opfer ergab, sah Hannibal belustigt hoch: „Sind Sie eifersüchtig, Mr. Carter?“ fragte er leise. „NEIN!“ rief Gabriel entnervt. Hannibal sah ihn verblüfft an. „Ähem!“ räusperte sich Gabriel. „Nein ich meine – ich bin nur besorgt um Zoe. Wissen Sie, …“ Gabriel hielt kurz inne und starrte Doktor Lecter feindselig an: „… Zoe hatte nie gerade viel „Glück“ bisher und wenn Sie dieses Praktikum benutzen, um Zoe wehzutun, dann garantiere ich für nichts!“ Deutlicher hätte Gabriel nicht sein können. Lecter lächelte ruhig, was Gabriel noch unruhiger werden ließ: „Mr. Carter – drohen Sie mir etwa?“ „Nennen Sie es wie wollen, ich werde Zoe beschützen. Ob nun vor Schmerz und Leid, oder vor Ihnen!“ Damit drehte sich Gabriel um und verließ den Seziersaal. Hannibal ging durch die aufgebahrten Leichen und begann akribisch alles wegzuräumen. Schließlich als der Saal leer war, trat er zu einer weiblichen Leiche. Sie war die Letzte. Er betrachtete sie. Sie hatte wie Zoe ein weißes Gesicht, lange braune Haare und wenn sie nicht eindeutig eine Stichwunde in der Brust gehabt hätte, würde man annehmen sie schliefe. Er trat zu ihr und lächelte als er ihr über die Haare fuhr: „Bald gehört Zoe mir…“ damit schob er die Leiche zurück in die gekühlte Halle, wo alle aufgebahrt wurden, verschloss diese und wandte sich zum Gehen. „Ich hab zwar keine Ahnung warum – aber dein Beschützerinstinkt nervt extrem!“ fauchte Zoe und schüttelte Gabriels Arm ab. „Zoe…“ fing er wieder an. „NEIN! Bist du irre!“ sie drehte sich um und bohrte ihren Zeigefinger so abrupt in seinen Brustkorb, dass er glaubte ihr Nagel würde in seine Haut stechen. „Ich brauche dieses Praktikum. Doktor Lecter hat mir geholfen und ich werde sicherlich nicht so wahnsinnig sein und diese „einzigartige“ Chance verstreichen lassen, weil du bei dem Kerl ein „ungutes“ Gefühl hast!“ sagte sie schnippisch. „Zoe – du weißt ich würde dich nicht warnen, wenn ich nicht einen berechtigten Grund habe!“ sagte Gabriel zornig. „Du HAST aber keinen guten Grund – das einzige worauf du deine Beschuldigungen aufbaust ist dein – ich zitiere: „ungutes Gefühl in meinem Bauch…“ - keine sehr logische Beweisführung!“ sagte Zoe und drehte sich um. Wütend stakste sie davon, doch Gabriel lief ihr wütend nach. „Zoe – bitte. Nimm das Praktikum nicht an – ich weiß nicht wieso, aber Doktor Lecter ist kein Freund und noch weniger ein netter Mensch. Er hat etwas unglaublich Böses vor. Ich weiß es einfach!“ nervte Gabriel. Die Augen verdrehend blieb Zoe noch einmal stehen und sagte: „Hör zu – glaubst du ich bin total bescheuert?“ „Äh wie, was? HÄH?“ nun sah Gabriel endgültig verwirrt an. Zoe seufzte genervt auf: „Ich weiß sehr wohl, dass dieser Doktor nicht ganz koscher ist. Irgendetwas ist faul bei ihm, und genau deswegen werde ich auch das Praktikum machen!“ Stille. „Äh – ich hoffe du hast jetzt bereits selbst erkannt, was das für eine bekloppte Aussage war?“ sagte Gabriel mit trockener Miene. „Gott – Erde an Gabriel!“ Zoe schnipste gegen seine Stirn: „Ich werde herausfinden was mit dem Doktor faul ist und das Praktikum bietet mir die ideale Möglichkeit ohne auffällig zu sein oder den Doktor seltsam vorzukommen, dem guten Lecter auf den Zahn zu fühlen.“ Sie lächelte breit und drückte Gabriels Hand: „Vertrau mir – ich weiß schon worauf ich mich einlasse.“ Sie tippte lächelnd gegen ihren Kopf und sagte feixend: „Du weißt schon – Genie, höheres Wesen – viel Grips. Was soll schon groß schief gehen!“ damit knuffte sie ihn freundlich in die Seite und verschwand Richtung Straßenbahn. „Gott wieso habe ich nur so ein schreckliches Gefühl in der Bauchgegend?“ fragte Gabriel sich. Kapitel 5: Quid pro Quo ----------------------- „Ich hoffe, alles ist zu ihrer Zufriedenheit!“ sagte der Chef der Wärter und schloss den Durchgang zu den Patienten auf. „Ja vielen Dank. Es ist wirklich sehr entgegenkommend, dass wir auch noch in einer privaten Wohnung hier im Institut wohnen dürfen!“ sagte Hannibal Lecter höflich. Zoe war zunächst heiß und kalt gewesen, als sie hörte, sie solle mit Doktor Lecter „zusammen in einer Wohnung“ wohnen. Doch die getrennten Schlafzimmer hatten sie wieder beruhigt. „Ich führe Sie erst einmal beide herum und Sie können sich mit der ganzen Situation vertraut machen. Heute Abend wird der Direktor Sie mit den Probanden bekannt machen, die Sie beide über ihre Praktikumszeit hinweg beobachten sollen. Wir sind sehr dankbar, besonders Ihnen gegenüber, Doktor Lecter, dass Sie ein psychiatrisches Gutachten für unsere „Spezialfälle“ abgeben werden. Das ist wirklich sehr hilfreich, zwecks der Neuaufrollung der Fälle durch den Obersten Gerichtshof.“ Plapperte der Wärter. „Sagen Sie, William…“ meldete sich Zoe zu Wort. „Wie lange arbeiten Sie bereits in dieser Klinik?“ fragte sie höflich und kritzelte ununterbrochen auf Zetteln mit, seit sie ihren Fuß durch die Schwelle der Klinik gesetzt hatte. „Das Institut existiert seit 20 Jahren und ich bin schon 15 Jahren hier!“ sagte William mit stolz geschwellter Brust. „Aha – also ein echter Kenner und Wisser!“ flirtete Zoe freundlich. Hannibal musste sich ein Grinsen verkneifen, diese Frauen wussten eben genau wie sie an Informationen kamen. William errötete sichtlich erfreut und sagte mit dem Brustton der Überzeugung: „Miss Itami, wenn Sie irgendwelche Fragen haben, zögern Sie nicht mich zu fragen. Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, dass Sie ihre Doktorarbeit mit Bravour schreiben werden.“ „Natürlich werden Sie das, William. Davon bin ich überzeugt!“ lächelte Zoe und ihr Blick fiel zufällig auf Doktor Lecter, der sie interessiert und lächelnd beobachtet hatte. Sie schenkte ihm ein feixendes Grinsen. William Howard führte sie quer durch den ganzen Komplex der Anlage, von den Zellen wo die Patienten untergebracht waren, bis zu den Quartieren der Angestellten. Zoe konnte schon am ersten Tag fünf interessante Interviews mit Angestellten der psychiatrischen Betreuung machen, und am Ende des Tages strahlte sie wie ein Honigkuchenpferd. „Oh vielen Dank, Doktor Lecter. Sie wissen gar nicht, wie sehr Sie mir geholfen haben!“ lächelte sie überglücklich und sprang wie ein junges Fohlen aufgeregt in der gemeinsamen Wohnung herum. „Beruhigen Sie sich, Miss Itami. Immerhin werden wir heute Abend noch das größte Geschenk erhalten. Eine Führung durch den Direktor selbst und außerdem lernen wir heute unsere Probanden kennen.“ Sagte Hannibal ruhig und nahm einen Schluck von dem frischen Kaffee, denn Zoe zubereitet hatte. „Ach ja – wann hat der Direktor noch einmal seinen Besuch angekündigt?“ fragte Zoe und blickte auf die große Uhr im gemeinsamen Wohnzimmer. Ohne hinzusehen sagte Lecter: „In fünf Minuten. Um Punkt 9 Uhr abends.“ Die junge Studentin blickte ihren Doktor an und konnte nicht anders – sie war wirklich beeindruckt. Doktor Lecter schien die Personifizierung von Ruhe, Neutralität und Ästhetik zu sein. Sie hatte ihn noch nie erregt oder überglücklich erlebt. Stets war er von seiner Eisschicht überzogen. Zoe brannte darauf, mehr über ihn zu erfahren. „Darf ich Sie etwas fragen, Doktor?“ fragte sie und ließ sich in einen bequemen Ohrensessel fallen und zog die Beine an. Sie trug eine schwarze Hose und ein hellblaues Top, dass ihr hervorragend passte. Ihre Haare hatte sie teilweise hochgesteckt und sie war ungeschminkt. Ihre Augen waren dennoch groß und sahen ihn undurchdringlich an. Lecter betrachtete sie über den Tassenrand hinweg und sagte leise: „Kommt darauf an – ich muss es ja nicht beantworten!“ Zoe grinste: „Was Sie nicht sagen, Doktor!“ Lecter schmunzelte amüsiert. „Woher kommen Sie ursprünglich, Doktor Lecter?“ fragte Zoe und stütze ihren Kopf auf ihrem rechten Handrücken ab. Lecter überlegte, erwiderte jedoch: „Ich wurde in Litauen geboren.“ „Mhm… etwa zur Zeit des Ausbruchs? Des zweiten Weltkrieges meine ich…“ Zoe sah ihn interessiert an. „Ja, 1933.“ Erwiderte Lecter. „Mhm…“ Zoe überlegte. „Quid pro quo…“ sagte Doktor Lecter plötzlich. Er lehnte sich nach vorne und starrte Zoe interessiert an: „Ich erzähle Ihnen von mir, Zoe Itami. Sie erzählen mir also auch etwas von sich…“ Zoe erstarrte zunächst, doch sie erkannte, dass es keine andere Möglichkeit gab, mehr von Doktor Lecter zu erfahren und bei Gott, sie wollte einiges wissen. „Gut wieso nicht. Wir sind doch schließlich alle Analytiker!“ stimmte sie zu, nicht ahnend, dass sie gerade auf Hannibal Lecters Spiel eingegangen war. Er genoss den Moment nur kurz und sagte: „Gleiche Frage – woher und wann?“ Zoe seufzte auf, doch sie antwortete leise: „Ich wurde 1935 geboren. In Paris.“ Sie hob den Kopf nicht und sprach zum Boden gerichtet. „Mhm… was haben sie ihn Paris erlebt, Miss Itami?“ fragte Lecter leise. Zoe erstarrte, doch ein Klopfen an der Tür rettete sie: „Der Direktor!“ rief sie fast erleichtert aus. Sie sprang geradezu aus dem Sessel und öffnete die Tür. Draußen stand der ehrenhafte Direktor Sinclair vor der Tür. „Ahh – Sie müssen Miss Zoe Itami sein, freut mich Sie wiederzusehen, Hannibal!“ Sinclair reichte Lecter die Hand. „Ebenfalls Eric!“ sie nickten einander zu. „Sie kennen sich?“ fragte Zoe irritiert. „Ja, allerdings. Ich war es auch, der ihnen beiden den Zutritt in meine Klinik gewährt hat. Doktor Lecter hat vor einigen Jahren unter mir in Amerika einen Workshop besucht. Eine Vorlesung zu interessanten Themen der menschlichen Psyche.“ Lächelte Doktor Eric Sinclair. Zoes Blick wanderte zu Lecters Gesicht, doch schon zog der Direktor sie mit sich: „Kommen Sie, die Probanden warten.“ Auf dem Weg zu der „Zellenabteilung“, dem Wohnabteil der Insassen, erklärte Sinclair: „Ich bin sehr dankbar für deine Hilfe Hannibal. Ich hoffe auch, dass es lehrreich für Sie sein wird, Miss Itami. Jedenfalls haben wir seit zwei Monaten zwei neue Insassen. Einen Mann, der sich selbst „Der Henker“ nennt. Und eine Frau mit dem Namen Elise. „Der Henker“ hat dreißig junge Männer getötet und ihre Geschlechtsorgane abgehackt und diese dann in einer bizarren Trophäensammlung aufbewahrt. Motiv und Hintergründe sind unklar. Man weiß nicht wie er wirklich heißt, noch woher er kommt. Die Beamten tappen völlig im Dunklen.“ Seufzte Sinclair. „Interessant.“ Stimmte Hannibal zu und Zoe kritzelte bereits wieder fleißig mit. „Die Frau, Elise, ermordete ebenfalls Männer – allerdings ältere Männer, mit einem gewissen Aussehen. Ca. 45 bis 50 Jahre alt, gepflegt, höhere Gesellschaft, nur Töchter als Kinder und in der Regel verwitwet. Jeden einzelnen hat sie die Zunge herausgeschnitten und nun ja…“ der Direktor unterbrach sich selbst und schwieg. „Was hat Elise getan?“ fragte Hannibal. „Sie hat die Männer in einer gewissen Stellung zurückgelassen.“ Sagte der Direktor ausweichend und reichte ihm eine Akte. Hannibal schlug sie auf und zog eine Augenbraue lässig in die Höhe: „Ah – wie einfallsreich.“ Er wandte sich an Zoe und sagte: „Zoe ich würde gerne den „Henker“ beobachten. Nehmen Sie sich Elise an?“ Zoe war zunächst verwundert, nickte dann allerdings und nahm die Akte die Hannibal ihr reichte. Sie schlug die erste Seite auf und hätte sich am liebsten übergeben. Das erste was man in diesen Akten sah, war stets ein Foto von der ersten Leiche. „Nun denn – ich würde sagen, viel Spaß!“ meinte der Direktor ironisch und führte sie die Zellen entlang. Er blieb erst ganz hinten, nach mehreren Zwischenkontrollen stehen und sagte leise: „Der Henker ist im letzten Zellenabteil – Einzelhaft. Elise hier rechts im Frauenblock für geistesgestörte Verbrecherinnen.“ „Nun denn!“ sagte Hannibal und sah Zoe interessiert an: „Welchen zuerst?“ „Den Henker!“ entschied sich Zoe und sie war immer noch etwas bleich ihm Gesicht. Hannibal nickte, der Direktor öffnete die Tür zu den hintersten Abteilen und sagte: „Viel Spaß.“ Als sie schlussendlich vor der Zelle des „Henkers“ ankamen, waren beide schon ein wenig außer Atem. „Der Henker“ war weit von anderen abgesondert und hatte sogar zwei eigene Polizeibeamte vor der Tür. „Nicht schlecht – ein sehr renommierter Verbrecher!“ meinte Hannibal zynisch. „Was machen Sie jetzt?“ fragte Zoe atemlos, als Lecter einfach an die Zelle trat und fest dagegen klopfte. „Ihn aufmerksam machen – warten Sie im Schatten dort – Zoe!“ sagte Hannibal nachdrücklich. Zoe tat wie befohlen. „Wer ist da?“ ertönte eine sonore Stimme. „Ihr Seelenarzt!“ meinte Hannibal ruhig. „Nein wie nett!“ kam es lachend zurück. Plötzlich sprang eine Gestalt gegen die Tür und eine irre Fratze mit einem teuflischen Grinsen und weit aufgerissenen Augen war in Erscheinung getreten. Hannibal blickte auf das Gesicht. Die Tür war fest gesichert und mit einer dicken Panzerscheibe ausgestattet. Die Hälfte war daher durchsichtig. „Nett Sie kennenzulernen, Henker!“ sagte Lecter ruhig. Er hatte die Hände lässig in die Hosentasche gesteckt. „Nein so was – jetzt schicken die mir schon ein Milchbübchen als Arzt.“ Grinste der „Henker“. „Tja – wenn Sie mich nicht wollen, gehe ich wieder…“ sagte Hannibal. „Nein warten Sie – das habe nicht gesagt. Ich sehe Sie gerne an. Sie ähneln meinem letzten Opfer – Harald. Er hatte auch so milchige Haut wie Sie.“ Lächelte „Henker“ und leckte sich genüsslich über die Lippen. „Danke für das Kompliment – hören Sie, heute bleibe ich nicht sehr lange. Morgen und die restlichen Tage bis Weihnachten werde ich allerdings ein geduldiger Zuhörer sein, wenn Sie das wollen.“ Sagte Hannibal ruhig. „Einverstanden – dann werde ich heute Nacht von Ihnen träumen. Von Ihnen und wie ich mit einer Axt ihren Penis abschlage. Er würde perfekt in meine Kollektion passen!“ lächelte der „Henker“. „Einverstanden.“ Lächelte Hannibal zurück. Das wischte wiederrum dem „Henker“ das Lächeln aus dem Gesicht. „Bis demnächst.“ Verabschiedete sich Hannibal. Er wandte sich zu dem Schatten: „Zoe gehen wir.“ „Ja Doktor!“ sagte sie und trat ins Licht. Der „Henker“ wurde unruhig: „UHHHH ist die für mich? Ich hatte schon lange keine Fotze mehr! Krieg ich sie? Sie hat prächtige Titten – schmecken sicherlich sehr gut!“ Hannibals Augen verengten sich so schnell und kalt, dass Zoe sich an eine Schlange erinnert fühlte. Er packte durch die engen Gitterstäbe des Luftschachtes der Tür und quetschte dem „Henker“ mit bloßer Hand die Hoden so fest zusammen, dass er schreiend vor Schmerz in die Knie ging. „Entschuldigen – sofort!“ sagte Lecter kalt. „AHHHHH LOSLASSEN!“ schrie der Henker. Er drückte noch fester zu: „Entschuldige dich sofort, du wertloses Subjekt von Dreck unter meinen Schuhen!“ „ENTSCHULDIGUNG!“ brüllte der Henker und automatisch ließ Lecter los. Immer noch gekrümmt vor Schmerz blieb der Henker am Boden liegen und weinte beinahe. Zoe hatte ungläubig zugesehen. Sie sah Lecter verdattert an: „Doktor Lecter – das hätten Sie nicht tun müssen…“ stotterte sie leise. „Ich kann es gar nicht leiden, wenn man Frauen beleidigt. Besonders nicht meine Studentinnen.“ Knurrte Lecter leise, er legte seinen Arm um Zoes zitternde Schultern und sagte: „Kommen Sie, Elise wartet auf uns!“. „Ja…“ stimmte Zoe leise zu. Notiz 1, dachte Zoe, während sie den langen Korridor entlang gingen und immer noch die kühle Hand von Lecter auf der Schulter spürte, Doktor Lecter kann gewalttätig werden… Kapitel 6: Die Gesänge der Toten -------------------------------- „Elise so kommen wir nicht wirklich weiter…“ seufzte Zoe auf. Ihre „Gesprächspartnerin“ schwieg. „Großartig!“ knurrte Zoe innerlich auf und schüttelte gleich darauf den Kopf über sich selbst. Sie sollte nicht so ungeduldig sein. Sie hatte Glück gehabt – am ersten Tag. Als sie nach dem Zusammentreffen mit dem „Henker“ zu Elise gegangen waren, hatte Doktor Lecter Zoe alleine vorgeschickt. Zoe hatte sich leise Elise vorgestellt und diese hatte sogar Zoe die Hand geschüttelt und leise geantwortet: „Angenehm – nennen Sie mich Elise, Doktor!“ Aber seither – und es waren bereits drei Wochen vorübergegangen – hatte Elise kein Wort mehr mit Zoe gesprochen. Zoe hatte so ziemlich jede Strategie ausprobiert, doch am heutigen Tag waren ihr einfach keine neuen Ideen eingefallen. Frustriert rieb sich Zoe über die Stirn. Beim Mittagessen unterhielt sie sich mit Lecter über ihre „Patientin“. „Wenn das so weitergeht, wird die Hauptverhandlung beginnen, bevor überhaupt ein Gutachten vorliegt!“ seufzte Zoe. „Sie dürfen sich nicht entmutigen lassen, Zoe!“ erwiderte Lecter, der sich seit ihrem ersten Tag angewöhnt hatte Zoe bei ihrem Vornamen anzusprechen. „Langsam aber sicher überwiegt die Frustration, Doktor Lecter. Ich habe eine Woche die „Ich – erzähle-über-mich – Idee“ ausprobiert. Reaktion war gleich Null. Dann die zweite Woche, die „Ich kann noch viel besser als sie blöde schweigen – Taktik“ angewandt – ebenfalls null Erfolg. Und diese Woche, die „Wieso wollen sie nicht reden-Frage?“ gestellt. Langsam wird es schwierig. Ich bin einfach ein Küken wenn es darum geht mit solchen Leuten zu reden.“ Zoe ließ entmutigt den Kopf auf die Tischplatte sinken. „Zoe – setzen Sie sich doch auf!“ forderte Lecter sie auf. Dumpf erklang es: „Wieso? Ich bin eine Versagerin. Ich verdiene es nicht hier am Tisch zu sitzen.“ „Darum geht es ehrlich gesagt nicht – ihre Haare liegen in meine Essen, was ich nicht besonders appetitlich finde!“ kam es trocken zurück. Zoe hob müde den Kopf: „Was Sie nicht sagen, Doktor!“ Lecter schmunzelte anhand seines Lieblingsspruchs und legte das Besteck beiseite. Er verschränkte elegant die Hände miteinander und legte sich die zusammengefalteten Fingerspitzen an die Stirn. Er sagte einige Minuten nichts, dann hob er den Blick und sagte: „Quid pro Quo!“ „Was? Ich habe gerade keine Lust auf dieses Spiel!“ wedelte Zoe mit der Hand ab. „Quid pro Quo, Zoe.“ Blieb Lecter hart aber weich. „Ahhh na gut!“ sagte Zoe und setzte sich auf. Ihre Augen wanderten zu denen von Lecter. Er sah sie über die Fingerspitzen hinweg an. „Erzählen sie von ihrer Familie, Zoe!“ sagte Lecter. Zoe schluckte innerlich schwer, versuchte allerdings ein Pokergesicht: „Meine Mutter war Hausfrau. Bevor sie heiratete, studierte sie allerdings bereits Literatur und Geschichte – sie war eine der wenigen Frauen, die damals zum Studium zugelassen waren. Sie hatte Glück. Als sie 19 Jahre alt wurde, lernte sie meinen Vater kennen – er war der vermögende Sohn eines reisenden Handelsmanns. Mein Großvater hatte ein gewaltiges Schiffsimperium. Sie fuhren Waren von Amerika nach Europa. Die Familie meines Vaters war sehr reich. Meine Eltern heirateten mit 23 Jahren und zogen nach Paris. Vater leitete die Firma, Mutter war schwanger – mit meinem älteren Bruder, Jean-Luc.“ Erzählte Zoe leise. Lecter nickte. „Als Jean-Luc ca. 10 Jahre alt war, wurde Mutter erneut schwanger – mit mir.“ Sagte Zoe und rieb sich über die Fingerknöchel. Lecter entging dieses Zeichen nicht. Er unterbrach sie nicht und Zoe fuhr fort: „Als ich auf die Welt kam, war der 1. Weltkrieg schon fast spürbar und als er 1939 herum dann auch Frankreich erreichte, wollte meine Mutter mit uns fliehen. Vater verbot es ihr. Bei einem Bombenanschlag auf Paris wurde meine Mutter getötet. Mein Bruder und ich blieben verschont, doch Jean-Luc verlor seinen rechten Arm. Vater brachte uns nun in das ländlich gelegene Weingut, das er sich vor Jahren gekauft hatte. Dort blieben wir, bis der Krieg vorüber war. Jean-Luc war untauglich und durfte nicht an die Front. Das setzte ihm schwer zu – er fühlte sich wie ein Behinderter. Er bekam Depression. Als der Krieg endlich vorüber war, zogen wir wieder zurück in die Hauptstadt. Mein Vater ließ mich an eine Privatschule gehen und mein Bruder sollte in die Firma einsteigen. Doch die Depressionen verschlimmerten sich.“ „Wie sehr?“ fragte Lecter. „Mein Bruder wurde manisch und bekam Verfolgungswahn. Einmal,…“ Zoe rieb sich erneut über die Fingerknöchel, „ … hat er mich mit einer Schere angegriffen, weil er glaubte ich wäre Mutter, die als Geist zurückgekehrt war.“ Zoes Augen waren vor Schmerz verdunkelt. „Was geschah nachdem ihr Bruder sie mit der Schere angriff? Hat er sie verletzt?“ fragte Lecter. „Er… er schnitt mir fast die Pulsadern auf und ich verlor sehr viel Blut. Da ich seit Geburt an einem großen Eisenmangel leide, hätte mich das fast mein Leben gekostet. Vater brachte mich rechtzeitig ins Krankenhaus. Jean-Luc wurde in eine Psychiatrie gesteckt, wo man versuchte seine Depressionen und seinen Schmerz mit größerem Schmerz durch Elektroschocks zu heilen. Ich durfte Jean-Luc nur selten besuchen.“ Sagte Zoe. Sie blickte auf die Uhr und stand auf: „Ich muss gehen – Elise wartet.“ Lecter hielt sie fest als sie an ihm vorbeigehen wollte: „Was geschah mit ihrem Bruder, Zoe?“ Zoe blickte zur Seite: „Er nahm sich das Leben – er erdolchte sich mit einem Messer vom Mittagstisch.“ Damit lief sie aus der Kantine. Lecter blickte ihr nach und ein Lächeln schlich sich in sein Gesicht. Er grinste: „Zoe, Zoe – du lügst. Du lügst sogar ziemlich gut. Ich bin neugierig was dir wirklich so schreckliches passiert ist, dass du dieses Lügennetz um deinen Bruder spinnst!“ Damit kehrte er ebenfalls zu seiner Arbeit zurück. Zoe hingegen war nicht zu Elise gegangen, sie weinte bitterlich und ohne einen Laut auf dem Damen – WC. Sie presste sich die Brust zusammen und hoffte dass die Schmerzen aufhören würden. „Verzeih Jean-Luc…“ lachte sie innerlich irre. Dann schlug sie mit aller Kraft gegen das kalte Waschbecken. Ihre Finger schlug sie sich blutig und hoffte der Schmerz würde ihren eigenen überdecken. „Sie haben sich verletzt, Doktor?“ richtete Elise seit drei Wochen ihre Worte an Zoe. Sie hatte sich die Hand verbunden und blickte von ihrem Notizblock auf. Die Gitterstäbe der Zelle trennten die beiden voneinander. Elise hatte wie der „Henker“ ein Privatquartier – abgeschottet von den anderen Verbrecherinnen. „Nichts Ernstes…“ winkte Zoe ab und hob bestätigend die zarten Finger in die Höhe. Ihr Ausbruch im Klo war ihr noch immer sehr peinlich und sie hoffte, dass keiner – besonders Doktor Lecter nicht – einen Zusammenhang erkennen würde. „Haben Sie auch Schmerzen, Doktor?“ fragte Elise weiter. Ihre ruhige Stimme war wie Balsam und Zoe starrte verdattert auf ihre Patientin. Wochenlang hatte sie nicht mit ihr geredet – geschweige denn angesehen. Nun tat sie beides. Interessiert und mit undurchdringlicher Miene blickte sie auf ihre Ärztin. „Wieso – haben SIE Schmerzen Elise?“ fragte Zoe und richtete sich auf. Elise blickte aus dem Fenster, das mit Gitterstäben verziert war nach draußen. Der erste Schnee war bereits gefallen und hüllte die ländliche Gegend von London in weiße Unschuld. „Manchmal da wache ich nachts auf – schreiend. Es tut weh – hier drinnen!“ Elise legte ihre rechte Hand mit den zarten Fingerspitzen auf ihre Brust. Zoe betrachtete sie. Elise war ganz dünn, fast schon dürr. Sie hatte schmuddeliges blondes Haar, das ihr in wilden Locken über den Rücken fiel. Große graublaue Augen und immer einen schwermütigen Zug um die Lippen. „Es schmerzt in ihrer Brust?“ fragte Zoe und überschlug die Beine lautlos. „Nein…“ Elise starrte an Zoe vorbei ins Leere: „Im Herzen tut es weh…“ Zoe starrte Elise traurig an und sagte: „Elise Sie müssen mir erzählen, warum Sie diese vielen Männer getötet haben!“ Elise erwiderte nichts, drehte sich auch nicht um. Sie starrte lange Zeit einfach nur aus dem Fenster hinaus und Zoe seufzte innerlich auf: „GOTT! Jetzt schweigt sie mich schon wieder –“ „Weil sie es verdient haben!“ ertönte plötzlich Elises Stimme – nicht mehr leise und zart. Hart und kalt. „-an!“ ruckte Zoes Kopf hoch und starrte Elise an. Diese drehte sich um und Zoe erschrak. Elises Gesicht war zu einer Fratze verzogen. Die Augen riesig aufgerissen und ihre Fingernägel hatten sich blutig in ihre Haut gerissen. Sie lachte und schrie gleichzeitig: „Sie verdienten es. Sie verdienen es. SIE ALLE MÜSSEN STERBEN!“ lachte sie hemmungslos. Zoe starrte fassungslos, wie zwei Pflegerinnen herbeieilten und die Zelle aufsperrten. Elise schrie und lachte immer noch. Die Pflegerinnen rissen ihre Hände aus dem Gesicht, hielten sie fest und eine dritte Pflegerin kam mit einer Spritze angerannt. Elise wurde mit dem Oberkörper auf den Tisch gedrückt, der im Zimmer stand und sie lachte noch immer wahnsinnig. „Sie verdienten den Tod. Sie verdienen den Tod. Alle werden sterben – alle ekelhaften Männer müssen sterben. Sie sind so hart und eiskalt – sie nehmen ohne zu geben. Sie schneiden uns innerlich auf und das Blut jener die sterben, rinnt unbefleckt zu Boden. Es vermischt sich mit den Gesängen der Toten!“ lachte Elise manisch. Doch die Spritze begann zu wirken, während Zoe die Wörter für immer in den Kopf gebrannt wurden. Elise erschlaffte und schlief ein. „Was haben Sie gesagt, Doktor?“ fragte eine Pflegerin verdattert. Zoe schüttelte den Kopf: „Nichts… gar nichts…“ Zoe blieb noch mehrere Minuten lang stehen und betrachtete Elise die an das Bett gebunden wurde und friedlich schlief. Doch die Worte hämmerten in Zoes Gedanken. „… und das Blut jener die sterben, rinnt unbefleckt zu Boden. Es vermischt sich mit den Gesängen der Toten…“ flüsterte Zoe. „Was hast du gemeint, Elise?“ Doch Elise konnte Zoe darauf nicht antworten. Kapitel 7: Zitate der Vergangenheit... -------------------------------------- Stundenlang saß Zoe in der Bibliothek der Anstalt und immer noch verstand sie es nicht. „Verflixt – woher kenne diese Zeile, die Elise zitiert hat. Es stammt aus einem Gedicht!“ hämmerte es unzufrieden in Zoes Kopf. Grummelnd stieg sie auf die hohe Leiter, um aus einem der oberen Regale ein Buch zu ziehen. Wütend steckte sie ein anderes zurück, und zog ungeduldig an einem großen Gedichtband. Doch es steckte fest. Mit beiden Händen zog Zoe daran, da löste es sich plötzlich aus dem Regal. „UWAHHH!“ Zoe wedelte verzweifelt mit den Händen um das Gleichgewicht zu bewahren, doch schon spürte sie wie ihr Fuß abrutschte und sie nach hinten kippte. „Das wird wehtun!“ dachte sie schon, da fiel sie rückwärts und während sie dem Boden entgegenrauschte, schrie sie leise: „Verdaaaaaaaaammmm!“ „-t!“ Zwei starke Arme fingen sie auf und Zoe öffnete zaghaft und überrascht die Augen. „Wissen Sie, Ungeduld und Schnelligkeit haben schon einigen Leuten den Kopf gekostet!“ meinte Doktor Lecter trocken. Zoes Augen weiteten sich erstaunt und sie sah dass Lecter sie heil und sicher aufgefangen hatte. Federleicht schien sie für ihn zu sein. Er hielt sie fest und Zoes Herz hämmerte immer noch wie verrückt. Das Adrenalin rauschte immer noch durch ihre Adern und ihr Atem ging gepresst und stockend. „Vielen Dank, Doktor Lecter. Sie haben mich vor einem schmerzhaften Aufprall gerettet!“ sagte sie dankbar und stieß erleichtert den Atem aus. „Gut – dann hätte ich ja was gut bei Ihnen!“ lächelte er plötzlich verschlagen. „Wohl oder übel ist das wahr…“ gab Zoe knirschend zu. „So!“ Lecter stellte sie sachte auf den Boden und nahm ihr ohne auf ihre hochgezogenen Augenbrauen zu achten, das Gedichtband aus der Hand. „Sie riskieren gebrochene Knochen für die Poesie?“ fragte er überrascht und hielt das Buch hoch: „Ich bin fasziniert.“ „Von wegen!“ Zoe schnappte sich das Buch. Versuchte es zumindest, doch Lecter hielt es höher und sie prallte gegen seine Brust. Brummig blickte sie nach oben und erkannte den Schalk in seinen Augen: „Geben Sie es zurück – ich brauche es!“ „Wofür – wollen Sie Gabriel einen Liebesbrief in Gedichtform schreiben?“ plötzlich war sein Lächeln eisiger. Doch Zoe schnaubte nur abfällig: „ERSTENS: Ist Gabriel mit Catherine verlobt – sie lieben sich. Zweitens-“ sie riss ihm das Buch aus der Hand: „-ist Gabriel wie mein Bruder! Und drittens:…“ ihre Lippen waren sehr knapp an denen von Lecter als sie lächelnd sagte: „- Würde es Sie nichts angehen, Doktor!“ Damit setzte sie sich wieder hin und schlug das große Poesiebuch auf. Lecter war ein wenig wie vor den Kopf geschlagen und musste sich ein breites Grinsen verkneifen. Er setzte sich neben Zoe und stützte seinen Kopf auf die rechte Handfläche auf. Minutenlang beobachtete er sie genau, wie sie die Seiten umblätterte, mit einer zarten Geste ihre Haarsträhnen hinter das linke Ohr schob und ihre Augen schnell und sicher über die Zeilen huschten. Dann verdrehtes ei ihre strahlenden Augen allerdings genervt und wandte ihren Kopf lässig nach links. Ihre Augenbrauen elegant gehoben starrte sie ihn genervt an und sagte: „WAS?“ „Ich warte auf eine Antwort, Zoe!“ sagte Lecter höflich. „Okay, damit sie mich nicht länger mit ihren Augen durchbohren.“ Seufzte sie und spürte wieder dieses Prickeln auf dem Rücken, was sie jedes Mal hatte, wenn Lecter sie so intensiv ansah. „Elise hatte einen – nun – nennen wir es „Anfall“.“ Suchte Zoe nach den passenden Worten. „Welcher Art?“ fragte Lecter überrascht. „Sie war hysterisch, sie fing an zu schreien und begann sich selbst zu kratzen, hämmerte sogar mit dem Kopf gegen die Wand. Sie war wie von Sinnen.“ Schilderte Zoe die verstörenden Momente. „Und?“ fragte Lecter. „Sie hat geschrien, dass die Männer die sie getötet hatte, es verdient hatten. Sie hat etwas sehr seltsames zitiert – ich glaube es war aus einem Gedicht, was ich einmal gelesen habe…“ sagte Zoe langsam. „Was hat Elise genau gesagt, Zoe?“ fragte Lecter, wirklich interessiert und sah sie lange an. Zoe antwortete ruhig: „Sie verdienten den Tod. Sie verdienen den Tod. Alle werden sterben – alle ekelhaften Männer müssen sterben. Sie sind so hart und eiskalt – sie nehmen ohne zu geben. Sie schneiden uns innerlich auf und das Blut jener die sterben, rinnt unbefleckt zu Boden. Es vermischt sich mit den Gesängen der Toten!“ „Ahh…“ sagte Lecter und lehnte sich entspannt zurück. „Kennen Sie es?“ fragte Zoe überrascht. „Zoe – Zoe… sie irren sich!“ lächelte Lecter. „WAS?“ sie starrte ihn verdutzt an. „Sie werden es in keinem Gedichtband finden Zoe – weil es kein Gedicht ist.“ Damit erhob sich Lecter. „ABER – warten Sie!“ rief Zoe, doch Lecter lächelte, winkte und war bereits bei der Tür hinaus verschwunden. „Eingebildeter Lackaffe!“ knirschte Zoe wütend mit den Zähnen, missmutig starrte sie auf den Gedichtband. „Was weiß der schon!“ knurrte sie und blätterte weiter, doch dann hielt sie inne. Nein, Lecter hatte Recht – es war kein Gedicht. Es war ein Zitat. Aber aus keinem Gedicht. Zoe wurde heiß und kalt als sie erkannte woher sie die Worte kannte. „ABER woher kennt Elise sie?“ erstarrt und unfähig klar zu denken, hämmerte Zoes Herz heftig gegen ihren Brustkorb und ehe sie sich versehen konnte, wurde ihr schlecht. Sie sprang auf und lief zur Tür hinaus. „Mhm…“ lächelte Lecter als er aus dem Schatten trat, wo er sich hingestellt hatte und Zoe ohne zu wissen vorbeigestürmt war. Die Augen groß, das Gesicht weiß vor Angst und Schreck. „Jetzt wird unser Spiel langsam interessant, Zoe Itami.“ Kapitel 8: Spaziergang durch den Nebel der Vergangenheit... ----------------------------------------------------------- „Zoe, geht es Ihnen gut?“ fragte Lecter besorgt. Seine nur um knappe 2 Jahre jünger Studentin ging schweigen neben ihm her. Das ging schon seit zwei Tagen so und langsam machte sich Lecter tatsächlich Sorgen. So hatte er Zoe Itami noch nie erlebt. Seit er mit ihr in der Bibliothek gesessen hatte und Zoe über die „Gesänge der Toten“ gesprochen hatte, war sie vollkommen in sich gekehrt und zurückgezogen. Sie hatte nach dem Anfall von Elise nicht mehr mit ihm gesprochen und sich nur in ihr Zimmer zurückgezogen. Wenn sie nicht gerade vor Elises Zelle saß und mit ihr gemeinsam einen stummen Wettbewerb im Schweigen ausfocht, war sie nachdenklich und zog sich immer mehr zurück. „Was meinen Sie, Doktor?“ kam es leise von Zoe zurück. „Hören Sie auf mit dem Theater.“ Sagte Lecter schnaubend und sagte drohend: „Wenn Sie weiter so ein dämliches Spiel spielen Zoe, sperre ich Sie zu dem „Henker“ und lass Sie mit ihm alleine!“ Zoe blickte fassungslos auf: „Das ist doch nicht Ihr Ernst, Doktor?“ „Sieh an, die Dame kann ja doch noch normal kommunizieren!“ meinte Lecter mit einem Schmunzeln auf den Lippen. Er sah Zoe an, während sie nebeneinander durch den Schnee gingen. Er hatte sich in den letzten Tagen wirklich große Sorgen um Zoe Itami gemacht. Ihr starres Schweigen, gepaart mit leerer Trostlosigkeit hatte seine Pläne völlig durcheinander gebracht. Er wollte nicht, dass sie sich so fühlen musste. Was auch immer Elise genau gesagt hatte, es hatte etwas in Zoe ausgelöst, das Lecter verzweifeln ließ. Er wusste nicht warum, aber er wollte nichts unversucht lassen, damit er Zoes wunderschönes Lächeln wiedersehen konnte. Er hätte es noch auf dem Totenbett abgestritten, aber er vermisste ihre spontanen Witze, ihr zauberhaftes Lächeln und noch mehr, er vermisste ihren fröhlichen Charakter. „Zoe – reden Sie mit mir!“ sagte Hannibal eindringlich und ruhig. Er spürte wie sehr er ihr helfen wollte. Vergessen waren seine teuflischen Pläne, vergessen seine zügellose Suche nach einem neuen Opfer. Er wollte nichts mehr als Zoe zurück. Er hatte sich an ihre angenehme Gegenwart gewöhnt – ihr Lächeln, ihre Freundlichkeit, ihre Frechheit, ihre Losgelassenheit. „Ich … ich habe Sie angelogen, Doktor…“ kam es nun zögerlich aus ihrem Mund. Hannibal blieb stumm und es bestätigte seine Vermutung. Zoe hatte ihm öfters nicht die Wahrheit gesagt, aber dass sie es nun von sich aus erzählte, war ihm sehr wichtig. Er blieb stumm und wartete bis Zoe weiterredete. „Mein Bruder, er…“ Zoes Stimme brach ab. Lecter blieb weiterhin ruhig und konzentriert. Er würde warten. Er hatte sich schon oft in Geduld geübt und darin war zu einem wahren Meister geworden. „Er hat sich nicht umgebracht.“ Sagte Zoe leise. Sie gingen nebeneinander im Schnee und die dichten Flocken fielen wie eine schützende Haube auf Zoes fast schon schwarzes langes, gelocktes Haar. Ihre großen dunklen Augen waren groß und voller Schmerz. „Ich habe ihn umgebracht.“ Während diese Worte aus Zoes Mund sprangen, ging Lecter noch einige Schritte weiter, bevor er sie verstand und aufnahm. Zoe war stehengeblieben und einen gewissen Abstand hinter ihm, als er auch stehen blieb und sich langsam zu ihr umdrehte. Zoe stand im fallenden Schnee und ihr Haar war mit Schneeflocken verziert. Wie zahllose Kristalle glänzten sie kurz auf, bevor sie wieder verschwanden. Hannibal nahm dieses Zeitlose Bild in sich auf und hoffte, betete, es nie wieder vergessen zu können. „Zoe – was…?“ zum ersten Mal wusste er keine Antwort auf eine stumme Frage, die so laut dröhnend in der Stille lag, dass es in den Ohren widerhallte. „Was ist denn Doktor?“ Zoe blickte auf und ihre dunklen Augen verschränkten sich mit seinen. Sie ging langsam auf ihn zu und blieb nur wenige Zentimeter von ihm entfernt stehen. Sie sahen sich lange an, bevor ihre Lippen sich wieder öffneten – diese wunderschönen Pfirsichfarbenen Lippen, die dazu einluden geküsst zu werden: „Sind Sie entsetzt oder amüsiert?“ Es war als wäre die Zeit stehen geblieben und Hannibal hätte nichts dagegen gehabt, wenn er für immer so dastehen hätte bleiben können, versunken in ihren wunderschönen Augen. Doch nun kam ihm endlich ein vernünftiger Gedanke. „Warum hast du ihn umgebracht, Zoe?“ Verwirrt hob sie eine schlanke Augenbraue, als sie erkannte, dass er sie plötzlich duzte. Seine Augen waren dunkel und versprachen Schutz und Geborgenheit. Sie zitterte leicht, doch sie erkannte, dass sie es endlich aussprechen musste. „Er hat mir etwas angetan, was ein Bruder niemals seiner Schwester hätte antun dürfen.“ Zoes Lippen bewegten sich zögerlich. Sein Blick lag ruhig auf ihr. „Was hat er dir angetan, Zoe?“ fragte er leise. Seine rechte Hand fuhr zärtlich durch ihr dunkles Haar und brachte ihr Herz fast zum Stillstand. Zoe sah ihn stumm an, doch dann brachen die Worte aus ihr heraus. „Er hat mich vergewaltigt.“ Der Wind frischte auf und fuhr durch ihre Haare, bauschte Lecters Mantel leicht auf und ließ die Zeit kurze Zeit erneut still stehen. Hannibal sah wie ihre Augen sich bei den Worten verschleiert hatten, zu einem dunkelgrauen Meer. Er kannte diesen Blick. So hatte er sich damals gefühlt, als er die Wahrheit über seine tote Schwester Mischa herausgefunden hatte. Es war blanker Hass. Hass auf sich selbst. Gepaart mit Zorn und eiskalter Wut. Zoe drehte sich um und blieb mit dem Rücken zu ihm stehen. Lecter sah auf ihre zarten Schultern und wie der Wind mit ihren Haaren spielte. „Wie oft hat er sie vergewaltigt, Zoe?“ endlich arbeitete sein Gehirn wieder vernünftig und er hoffte, dass es so bleiben würde. Zoe hatte eine unglaubliche Macht über ihn. Er erkannte auch den Grund. Seit langem hatte er sich nicht mehr so gefühlt. Er erinnerte sich an das letzte Mal, dass er solche Gefühle empfunden hatte. Es war lange her. Damals war es seine angeheiratete Tante gewesen. Lady Murasaki Shikibu. Nun war es dieses kleine Geschöpf dort. Diese junge, zarte Frau mit den Augen wie reinster Schmerz. Der Haut voller Hass auf sich selbst. Ein gefangenes Bildnis des eigenen Werkes. „Das erste Mal verging er sich an mir, da war ich 8 Jahre alt. Das letzte Mal mit 16 Jahren. Als ich seit 2 Jahren auf eine Privatschule ging. Damals war er wütend. Ich wehrte mich, ich wollte nicht länger seine Puppe sein. Nicht länger eine stille Zuseherin.“ Zoe hob leicht den Kopf, ihre Haare fielen ihr dabei weiter über den Rücken: „Nicht länger ein Opfer…“ Hannibal sah sie langsam an, da sagte er leise: „Zoe…!“ Er trat zu ihr und erkannte wie sich ihre Schultern hoben und senkten. Sie zitterten und er war sich sicher. Er legte ihr sanft eine Hand auf die rechte Schulter. Plötzlich wandte sie sich um und sprang geradezu stürmisch in seine Arme. Zitternd drückte sie sich an seine starke Brust und vergrub das Gesicht darin. Er konnte nicht anders. Er hielt sie fest und stark in seinen Armen. Er spürte wie sie weinte, von lautlosen Weinkrämpfen geschüttelt, weinte sie in seinen Armen. „Ich weigerte mich – ich konnte es nicht länger ertragen. Ich wollte nicht mehr. Ich verweigerte mich ihm. Das machte Jean –Luc zornig und er forderte seinen Willen ein. Dann ging er mit einer Schere auf mich los…“ Zoes Stimmte klang brüchig. „Das brachte ihn in eine Irrenanstalt. Sie besuchten ihn dort?“ fragte Hannibal fassungslos. „Er war trotz allem mein Bruder und ich wollte so gerne daran glauben können, dass er sich ändern konnte. Das er erkennen würde, wie falsch es war seine eigene Schwester mit solchen Augen anzusehen. Solche Gier und eine Lust zu empfinden. Doch als ich ihn nach zwei Jahren besuchte, hatte er sich nicht verändert. Er war sogar erfreut mich zu sehen. Er erzählte mir, was er mir antun würde, sobald er frei war. Er war genauso wie früher. Ich hatte Angst.“ Zoe ekelte sich vor sich selbst, doch die Worte kamen zügellos aus ihrem Mund. „Ich wusste dass er wieder rauskommen würde, schließlich hatte mein Vater Einfluss. Er würde alles tun damit Jean-Luc freikam. Schließlich war er sein Sohn!“ Das letzte Wort kam wie ein Fluch über ihre Lippen. Hannibal hielt sie fest und strich ihr zärtlich über die langen Haare. Das gab ihr Kraft. „Nach einem halben Jahr besuchte ich ihn erneut. Ich hatte ein Messer bei mir – man durchsuchte nicht einmal die Leute, die andere in der Irrenanstalt besuchten. Keiner einziger. Jean – Luc war hocherfreut. Er dachte ich würde mich genauso nach ihm verzehren, wie er nach mir. Er wollte mich anfassen. Seine Augen glänzten voller Vorfreude. Doch sie strahlten ganz schnell voller Schmerzen, als mein Messer sein Herz durchbohrte. Er war sofort tot…“ Zoes Stimme brach. Lecter war fassungslos und seine Stimme klang leise als er endlich fragen konnte: „Wie bist du da nur wieder rausgekommen, Zoe?“ Zoe hob das Tränenverschmierte Gesicht und blickte fest in seine Augen. Dann antwortete sie: „Ich log. Ich schrie um Hilfe. Die Pfleger kamen angerannt und fragten was geschehen sei. Ich sagte, Jean – Luc hätte mich mit einem Messer bedroht. Da er wegen der Sache mit der Schere in die Anstalt gekommen war, zweifelte niemand an meinen Worten. Es gab keinerlei Untersuchungen oder Beschuldigungen. Der Fall kam zu den Akten und mein Bruder wurde nur 4 Tage später beerdigt. Es kam niemals wieder ein Gespräch über ihn auf. Ich zog nur eine Woche daraufhin aus meinem Elternhaus aus und verschwand. Ich nahm den Namen meiner Mutter an und hatte seit diesem Tag keinen Kontakt mehr mit meinem Vater.“ Zoe atmete wieder regelmäßiger ein und aus. Lecter hielt sie immer noch in seinen Armen. Der Wind hatte sich gelegt und noch immer fielen die Schneeflocken rhythmisch vom grauverschleierten Himmel. „Ich habe niemals darüber gesprochen. Außer mit einem einzigen Mann, mit Gabriel. Er schwor das Geheimnis mit in sein Grab zu nehmen…“ sagte Zoe leise. Hannibal nickte und sagte leise, eindringlich – wie ein Schwur: „Ich verspreche es niemanden zu erzählen, Zoe. Sie haben mein Wort!“ Sie blickte in seine Augen und er sagte leise: „Ich halte meine Versprechen!“ Sie nickte und verkroch sich wieder an seiner Brust. „Sie haben mich gefragt, woher ich die Worte kannte, die Elise aussprach, Doktor!“ kam es leise von Zoe, nachdem sie eine gefühlte Ewigkeit so gestanden hatten. Sie drückte sich leicht von ihm weg und blickte in seine Augen. „Woher kennst du die Worte, Zoe?“ fragte Hannibal leise. Seine Augen waren voller Mitgefühl und Zoe fühlte sich ihm sehr nah. „Es sind Worte aus einem Buch. Ein Selbsthilfebuch…“ sagte Zoe leise. Hannibal zog eine Augenbraue in die Höhe: „Ein Selbsthilfebuch?“ Sie erkannte anhand seiner Stimme Skepsis und Belustigung. „Halten Sie mich nicht für dumm, Doktor!“ Zoes Stimme klang ärgerlich. Vergnügt erkannte er wie sie sich wieder in seine Zoe verwandelte. Fröhlich, beschwingt, frech und ehrlich. Er würde sie nie mehr gehen lassen – zu sehr spürte er den Wunsch sie bei sich behalten zu müssen. Sie blickte auf und direkt in seine Augen, als er sie lächelnd ansah: „Sie haben mich doch darauf mit der Nasenspitze gestoßen.“ Er lächelte nur und zuckte ahnungslos die Schultern. „Sie Fiesling!“ lachte Zoe. Sie grinste ihn an und sagte dann wieder ernst: „Doktor, dass Buch ist ein Art Gebetsbuch. Ein Selbsthilfebuch für Vergewaltigungsopfer.“ „Darum kennst du es?“ fragte Hannibal leise. Er hielt sie immer noch fest und Zoe musste sich etwas unbehaglich aus seinen Armen lösen. Sie stand vor ihm und nickte. „Ja – das Buch heißt „Gesänge der Toten“ und das was Elise zitiert hat, ist ein Art Gedicht, dass ganz zu Beginn auf der ersten Seite steht. Es soll die Opfer dazu zwingen, dem Geschehen in die Augen sehen zu können. Aber Elise hat es falsch interpretiert. Sie hat es als Bestätigung gesehen.“ Zoes Augen glühten unheilvoll auf. „Bestätigung wovon?“ fragte Hannibal leise. Er ahnte es bereits, doch es war wichtig, dass Zoe es selbst erkannte. „Bestätigung, dass sie Opfer eines Verbrechen ist. Und dass sie sich rächen muss.“ Zoe blickte fest in seine Augen und sagte anschließend: „Elise wurde vergewaltigt. Und dafür rächt sie sich nun.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)