Kriegszeit von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 21: Hinas Vergangenheit ------------------------------- Das unaufhörliche Donnern der Drachenkanone raubte Hiromi den Schlaf. Obwohl sie wusste, dass Hikari keine Kugeln mehr hatte, zuckte sie jedes Mal vor Angst zusammen, während Fürst Occor und Ebeil erst gar nicht zu Bett gegangen waren. Sie berieten die ganze Nacht, wie man diese furchtbare Waffe vernichten konnte, doch sie fanden keine Antwort. Im Morgengrauen griff Hikari erneut an. Die Menschenarmee wartete vor den zertrümmerten Außenmauern auf die immer größer werdende Schar von Monstern. Einige gähnten und viele hatten dunkle Ringe unter den Augen. Hiromi konnte sich kaum auf den Beinen halten. Ihr Gesicht war blass, aber ihre Augen vom vielen Weinen und zu wenig Schlaf gerötet. Kaeru, der sich in ihrer Nähe hielt - offenbar hatte er beschlossen, seinen Job doch noch zu machen - sah dagegen völlig normal und gesund aus. "Weißt du, Hiromi, im Moment siehst du mehr wie ein Vampir aus als ich.", meinte er mit einem spöttischen Gesichtsausdruck. "Ehrlich, wenn jemand uns beide nebeneinander stehen sieht, würde er sicher nicht denken, ICH sei das Monster." Hiromi warf ihm einen müden Blick zu. "Sei doch still!", murmelte sie kraftlos. "Kümmere dich lieber um die Acnaib!" Kaeru nickte, immer noch grinsend, und wandte sich den heranstürmenden Monstern zu. Das erste hatte ihn bald erreicht und der Vampir zerstückelte es lässig. Während er Acnaib um Acnaib ohne nennenswerten Aufwand erledigte, beobachtete er aus den Augenwinkeln wie Hiromi mit jedem Schwerthieb mindesten zwei, oder sogar drei Monster tötete. Ihre Augen hatten wieder einen Ausdruck angenommen, der ihm gar nicht gefiel, aber er hatte keine Zeit um sich darüber Gedanken zu machen, denn das nächste Acnaib startete einen höchst erfolglosen Versuch ihm den Arm abzubeißen. Kaeru schüttelte es achtlos ab und richtete seinen Blick in die Ferne. Er konnte weder Hikari noch die Drachenkanone ausmachen, aber dafür sah er die beiden Srilanki auf einem Hügel stehen. Angestrengt versuchte er, Einzelheiten auszumachen, aber alles was er erkennen konnte, war, dass Saki die Schlacht offenbar interessiert beobachtete und Aylanna nicht einmal hinsah. Irgendwie machte ihn das wütend. War eine Schlacht, in der Menschen und Monster um ihr Leben kämpften, es nicht einmal wert angesehen zu werden? In diesem Moment drehte die jüngere Srilanki den Kopf zu ihm um und schaute ihm gerade in die Augen. Kaeru schauderte und wandte augenblicklich den Kopf ab. Dieser eiskalte Blick ließ ihn frösteln. Unruhig verdrängte er alle Gedanken an die Srilanki und kämpfte unbeirrt weiter. Sandor sollte sie vergessen. Das ist nicht mehr die Frau, die er geliebt hat - sie ist nicht einmal mehr eine Frau! Nachdem er einem weiteren Monster den Todesstoß gegeben hatte, sah er sich nach Hiromi um, die weiter nach rechts gegangen war und immer noch mit jedem Schwerthieb eine ganze Reihe Acnaib tötete. Der Vampir bemerkte, dass zwar Hiromis Kleidung mit Blut bespritzt war, das Schwert Katana dagegen unbesudelt im spärlichen Sonnenlicht glänzte. Wieder fühlte er ein Gefühl von drohender Gefahr. Ich traue diesem Schwert nicht. Sie sollte es wegwerfen, bevor es wirklichen Schaden bei ihr anrichtet. Er wusste, dass Hiromi dies nie tun würde, obwohl er sich inzwischen nicht einmal mehr sicher war, ob sie es nicht in Hikaris Hände fallen lassen oder ob sie es nur behalten wollte. Fest stand, dass sie ohne dem Schwert wohl kaum noch auf den Beinen wäre, da sie in den Nacht keinen Schlaf gefunden und um Hina getrauert hatte. Auch ihn schmerzte der Tod des Mädchens, aber etwas in ihm verbot ihm zu trauern. Ein uralter Instinkt der Vampire sagte ihm, dass nicht alles so war, wie es schien... Ärgerlich schüttelte er den Kopf. Was sollte das schon wieder? Hina war tot, daran gab es keinen Zweifel, sie hatte auf der Mauer gestanden, als diese getroffen wurde... Eine unerwartete Druckwelle schleuderte ihn zu Boden. Nicht nur ihm, so gut wie allen anderen Soldaten und Monstern ging es ebenso, nur Hiromi stand kerzengerade neben ihm, das Gesicht blass, die Augen stumpf und gerötet. Kaeru zögerte. Nur eine Sekunde. Er sprang auf, packte das Mädchen am Arm und warf sich zur Seite. Die Kugel schlug in der Mitte der Armee ein, so, dass zwar keine Mauer zerstört wurde, dafür aber wieder unzählige Menschen ihr Leben lassen mussten - nicht nur Menschen, sondern auch Monster. Hikari vernichtete eiskalt ihre eigenen Kreaturen. Kaeru zog Hiromi ohne Nachzudenken an sich. Sie bebte am ganzen Körper und als sie ihn ansah, waren ihre Augen normal - zumindest fast. Sie war furchtbar erschrocken und der Vampir konnte es ihr durchaus nachempfinden. "Diese verdammte Hexe!", knurrte er verbittert. "Sie wird uns noch alle umbringen!" Dann erst kam ihm der Gedanke, dass er nicht einmal wusste, wo sie sich befand. Wo war der Schuss hergekommen? Sein Blick fiel auf den Hügel. Dort stand die schöne Fürstin und neben ihr die Kanone. Sie wandte ihm ihr Gesicht zu und obwohl sie sehr weit weg war, reichte das, was der Vampir sehen konnte aus, um ihn zu erschrecken - und zu faszinieren. Toji hatte Recht, dachte er. Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal denken würde, aber er hatte Recht. Sie ist mehr als schön. Hiromi riss sich von ihm los und stürzte sich wieder in die Schlacht. Kaeru hatte gar keine Wahl, als ihr zu folgen, da die heranstürmenden Acnaib kaum noch Gegner vor den Mauern vorfanden, sondern nur ein Meer aus Blut und Leichenteilen...der junge Mann schauderte. Mit einem kurzen Blick überflog er die Lage und stellte zu seinem Entsetzen fest, dass die Chancen nicht besonders gut standen. Er, Hiromi und ein paar Soldaten standen allein und verlassen da und hielten ihre Position mehr schlecht als recht gegen die riesigen Horden von Monstern, die sie beinahe erreicht hatten. Ich schätze, das war's dann wohl., ging ihm durch den Kopf. Wenn wir uns jetzt umdrehen, um hinter die Mauer zu laufen, sind wir Acnaibfutter. Das erste Monster erledigte er leicht, aber es folgten immer mehr. Von der Mauer kam niemand hinunter um sie zu unterstützen, vermutlich wussten sie gar nicht, dass jemand die Kugel überlebt hatte. Er sah, wie Hiromi zu ihm rannte und auf ihrem Weg ein paar Monster abschüttelte. "Wir schaffen's nicht, Kaeru!", rief sie ängstlich. "Was du nicht sagst!", knurrte der Vampir zynisch und er zerlegte ein weiteres Acnaib in seine Einzelteile. Hiromi starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Und ich dachte immer, auch sein Sarkasmus hat Grenzen, dachte sie ungläubig. Dann wirbelte sie gerade noch rechtzeitig herum um ein weiteres Monster zu töten. Zu viele! das sind einfach viel zu viele! Sie schwang das Schwert, traf, und schlug wieder zu, und wieder, und wieder.... Dann strömten von allen Seiten Soldaten herbei. Ein lautes Kampfgebrüll ertönte, als sich die Armee der Menschen auf die Acnaib stürzte. Hiromi ließ erleichtert für einen Moment das Schwert sinken um sich nach dem Vampir umzusehen, aber sie konnte ihn nirgends entdecken. Sie stand an einer günstigen Stelle, eingekreist von vielen Männern, die ihr die Acnaib vom Leib hielten, so dass sie einen weiteren Blick in die Runde werfen konnte. Kaeru war nach wie vor verschwunden, doch stattdessen sah Hiromi jemand anderen. Ein hübsches Mädchen stand nicht weit von ihr und feuerte einen Pfeil nach dem anderen ab. Jeder Pfeil erreichte sein Ziel und das Mädchen schoss unermüdlich weiter. Hina. Die Augen des schwarzhaarigen Mädchens weiteten sich vor Staunen und Freude, doch bevor sie zu der tot geglaubten Freundin hinüber laufen konnte, wurde die Mauer der Soldaten durchbrochen und ein paar Acnaib stürzten sich auf sie. Wütend tötete sie die Monster, aber es kamen immer welche nach und sie ließen sie nicht zu Hina. Hiromi rief den Namen ihrer Freundin, aber diese hörte sie nicht. Die Schwertkämpferin wurde langsam wirklich zornig. Sie hatte gedacht, Hina sei tot und sie hatte geweint, die ganze Nacht geweint und jetzt stellte sich heraus, dass die Freundin lebte und sie konnte nicht zu ihr! "Lasst mich durch!", stieß sie mit zusammengepressten Zähnen hervor und sie versuchte erneut, sich einen Weg durch die Scharen der Monster zu bahnen - vergeblich. Flehend richtete sie ihren Blick auf Hina. Hör mich doch!, beschwor sie die Freundin in Gedanken, Bemerk mich doch! Aber Hina konnte sie weder hören, noch ihre Gedanken lesen, sie griff in ihren Köcher und zog den letzten Pfeil heraus und zielte auf ein weiteres Acnaib, dass versucht hatte, einen verletzten Soldaten in ihrer Nähe anzugreifen. Nun sah sie sich suchend nach neuen Pfeilen um. Hiromi erstarrte vor Schreck, als sie merkte, wie sehr ihre Freundin ihre Deckung dabei vernachlässigte. Das Mädchen mit dem rosafarbenen Haar ignorierte ihre kämpfende Umgebung völlig und stolzierte ruhig und sicher herum und bückte sich nur ab und zu um eine Pfeil in ihren Köcher zu stecken! Unglücklicherweise war Hiromi nicht die Einzige, die das bemerkt hatte. Auf dem weit entfernten Hügel stand Hikari neben der Drachenkanone und runzelte die Stirn. "Das Mädchen war mit Sicherheit auf der Mauer, als ich sie zerstört habe!", sagte sie nachdenklich. "Sie müsste tot sein." Saki und Aylanna wechselten einen erstaunten Blick. "Aber wenn sie auf der Mauer war...", warf die Ältere zögernd ein. "...dann müsste sie wirklich tot sein. Niemand hat überlebt!" Die Fürstin sah sie ungnädig an. "Ja...es sei denn...", murmelte sie. "Natürlich!" Ihr Gesicht erhellte sich. "Jetzt macht auch das Sinn, was Inori ihr in Seralyn gesagt hat!", sagte sie zufrieden. Sie war sehr wütend gewesen, als sie nicht verstanden hatte, was ihre Schwester dem Mädchen erzählt hatte. Überhaupt hatte es ihr gar nicht gefallen, dass Inori ihnen ihre Vergangenheit so ausführlich geschildert hatte, denn damit wollte sie eigentlich nichts mehr zu tun haben. Aber egal....Gedanklich zuckte sie mit den Achseln. Dass Inori der Tatsache, dass sie ihre kleine Tochter Hikaru genannt hatte, so viel Bedeutung zumaß, hatte sie auch nicht erwartet. Andererseits kümmerte es sie wenig, sollte ihre Schwester doch glauben, was sie wollte. Desinteressiert wandte sie sich wieder dem Schlachtfeld zu. Mit ihrer geliebten Drachenkanone hätte sie eigentlich alle Beteiligten binnen weniger Minuten vernichten können, aber wo bliebe denn da der Spaß? Immerhin ging es ihr in diesem Krieg weniger um Eroberungen, als um ihr persönliches Amüsement. Sie konnte Kundon fast vor sich sehen, wie er sie für diese Einstellung tadelte und aus irgendeinem Grund besserte sich ihre Laune, als sie an ihren Berater dachte. Dann richteten sich ihre Gedanken auf Hikaru und sie sah stirnrunzelnd vor ihrem inneren Auge, dass der seltsame Turm der Kleinen bereits eine gefährliche Größe erreicht hatte. Wenn etwas herunterfiel, würde sie mit Sicherheit zornig werden. Die Schlacht würde also nicht mehr lange dauern. Hiromi versuchte verzweifelt, sich zu ihrer Freundin durchzukämpfen. "Achte auf deine Deckung!", schrie sie. "Du kannst doch nicht - '' Die Worte blieben ihr im Hals stecken, denn in diesem Moment hatte eine von Hikaris Kreaturen einen am Boden liegenden Pfeil gepackt und ihn Hina in den Rücken gebohrt. Das Mädchen krümmte sich und schrie auf, dann fiel sie zu Boden. Dann war sie plötzlich nicht mehr da. Hiromis Augen weiteten sich erneut, als die Stelle, wo ihre Freundin gefallen war, plötzlich leer war. Das Acnaib schien genauso verdutzt zu sein wie sie - dann röchelte es und fiel nach vorne. Hiromi konnte den Pfeil sehen, der in seinem Kopf steckte. Hinter dem toten Monster stand Hina mit angelegten Bogen und grimmigen Gesicht. Unverletzt. Dann bemerkte sie ihre Freundin und erbleichte. Minutenlang starrten sich die beiden Mädchen sprachlos an. Dann machte Hina einen Schritt vorwärts. Und noch einen. "Hiromi", flüsterte sie. "Hast du das eben gesehen?" Die Schwertkämpferin starrte sie nur an. "Wie hast du das gemacht?", fragte sie fassungslos. "Du bist...verschwunden!" Hina nickte zögernd. Dann schlug sie die Hände vor ihr Gesicht und begann zu weinen. Hiromi trat ein totes Acnaib beiseite und lief zu ihr. Tröstend umfing sie die Freundin mit den Armen. "Hina, sag mir endlich, was los ist! Du konntest so lange tauchen, hast sogar Katana berühren können, hast die Drachenkanone überlebt und jetzt auch noch das! Was bist du?" "Wenn ich das wüsste!", murmelte Hina betrübt. "Glaub mir, ich weiß es selbst nicht. Das einzige, was ich mit Sicherheit weiß, ist..." Sie schluckte. "Das einzige, was ich mit Sicherheit weiß, ist, dass ich eigentlich vor zwei Jahren gestorben bin." Hiromi starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an. Doch bevor sie zu einer Erwiderung oder Frage ansetzen konnte, gab Hikari den telepathischen Befehl zum Rückzug. Im Gewirr der abziehenden Acnaib verloren sich die Mädchen aus den Augen und Hiromi konnte die Andere nicht mehr sehen. Der Schock über Hinas Worte saß ihr tief in den Knochen. Tot! Wie kann das sein?! Sie läuft doch hier herum wie ein ganz normaler Mensch! Ich verstehe das nicht...ist sie ein Geist?! Sie konnte den Gedanken nicht weiterführen, denn ein flüchtendes Acnaib rempelte sie an und sie fiel unsanft zu Boden. Wütend rappelte sie sich auf und verwünschte Hikaris Kreaturen zum 1000. Mal. "Hiromi!" Das Mädchen sah sich um, diese Stimme kannte sie. Sie gehörte ihrem nichtsnutzigen Adoptivbruder. Die Schwertkämpferin drehte sich freudig um, doch das Lächeln auf ihren Lippen erstarb, als sie Toji sah. Der Junge war von oben bis unten mit Blut bespritz. Er hinkte stark, und eine große Wunde klaffte an seiner linken Seite, aus der unaufhörlich Blut strömte. Sein Gesicht war weiß und schmerzverzerrt. Noch ehe Hiromi vor Schreck aufschreien konnte, brach er ohnmächtig zusammen. "Er wird wahrscheinlich nicht überleben." Sandors Gesicht war zerfurcht und alt, er kannte die Wirkung, die seine Worte auf den Fürsten und seine Tochter haben mussten, die am Bett des Verletzen knieten. Kaeru stand etwas abseits, offensichtlich wusste er nicht, wie er sich verhalten sollte. Eilan saß ebenfalls auf einem Stuhl an der Wand. Hina dagegen stand im Schatten, das hübsche Gesicht von Traurigkeit gezeichnet. Dennoch wagte sie nicht, sich Hiromi zu nähern, aus Angst, diese würde das Thema wieder aufgreifen, dass sie am Meisten auf der Welt schmerzte. Fürst Occor war blass. Auch er sah um Jahre älter aus. "Und wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass er vielleicht doch überlebt?", fragte der Mann gepresst. Der Magier senkte den Kopf. "Ich weiß es nicht", sprach er ernst. "Ich kann ihn mit meiner Magie ungefähr einen Monat noch am Leben erhalten, aber ich kann ihn nicht heilen. Das könnte nur eine Elementmagierin, aber Kinrya und Azura sind bereits tot und auch die Zauberin der Südlande ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr am Leben. Bleibt nur noch die Elementmagierin der Westlande, aber der Canyon ist unüberwindbar. Und über das Meer kann man erst recht nicht fahren." "Der Canyon ist nicht unüberwindbar", ließ sich plötzlich Hinas leise Stimme aus der Ecke vernehmen. "Nicht für mich." Sie trat vor und schlug unter dem erstaunten Blick der anwesenden Personen die Augen nieder. "Ich bin bereits einmal durch den Canyon gegangen", sagte sie fest. "Ich könnte sooft in die Westlande und wieder zurück, wie ich wollte, denn mich kann nichts auf der Welt noch umbringen." Hiromi nickte langsam. "Das hast du mir schon vorher gesagt", meinte sie leise. "Kannst du uns nicht sagen, was passiert ist?" Hina schloss die Augen und gab einen erstickten Laut von sich, als würde sie weinen. Doch ihre Augen blieben trocken. "Ich werde euch meine Geschichte erzählen", sagte sie leise. "In den Westlanden gibt es zwei Völker, die einander nicht dulden. Aber normalerweise ignorieren sie sich. Diejenigen, die den Umgang mit Waffen verabscheuen und ein friedliches, religiöses Leben führen, nennen sich das "alte" Volk. Die anderen, die mit Waffengewalt versuchen, immer reicher und mächtiger zu werden, nennen sich das "neue" Volk. Ich gehörte zum alten Volk, wir beten die Göttin Anih, die Göttin der Schatten, an. Wir leben in Städten, Dörfern, oder sonstigen Gemeinschaften, wie alle anderen auch, aber es gibt ungewöhnlich viele Priester bei uns und die Priester sind auch die Führer unseres Volkes. Mein Vater ist - ich glaube zumindest, dass er noch lebt - einer der höchsten Priester überhaupt und er hasst das neue Volk genauso abgrundtief wie es jeder von 'uns' tut. Er wollte ein Ritual durchführen, dass das neue Volk vernichten und vertreiben würde. Ja...", ihre Stimme bekam einen bitteren Klang. ,,Jemanden mit Waffen umzubringen ist ein unentschuldbares Vergehen, aber durch ein Ritual ein ganzes Volk zu vernichten ist natürlich ganz was anderes. Für dieses Ritual brauchte er ein bestimmtes Mädchen, ein Mädchen das der alten Linie der Hohepriester entstammt und rosafarbenes Haar hat - mich. Als ich geboren wurde und mein Vater den Flaum auf meinem Kopf sah, wusste er, dass ich das Mädchen sein würde, mit deren Hilfe er das neue Volk vertreiben lassen würde. Und er nannte mich Hina..." Sie sah in die Runde, doch niemand verstand, was sie meinte. Seufzend erzählte sie weiter. ,,Es ist verboten einem Kind den Namen der allmächtigen Göttin zu geben, aber mir war Großes vorherbestimmt, daher erlaubte die Göttin es. Anih - Hina. Mein Name ist der Name der Göttin, rückwärts gelesen. Ich wurde ziemlich verwöhnt, alle waren freundlich zu mir und hatten Respekt vor mir. Jeder anderen hätte das wohl ziemlich den Kopf verdreht, aber ich hatte hauptsächlich Angst vor diesem Ritual und meine Mutter hatte mir beigebracht, nicht hochmütig zu sein. Ich hatte auch eine beste Freundin. Oder zumindest dachte ich das. Eigentlich war sie nur neidisch auf all die Aufmerksamkeit, die ich bekam, und die sie viel lieber für sich gehabt hätte. Kurz nach meinem 14. Geburtstag..." Ihre Stimme zitterte und Tränen traten ihr in die Augen. ,,Kurz nach meinem 14. Geburtstag wurde eine Gruppe von Angehörigen des neuen Volkes festgenommen, als sie versuchten ein heiliges Artefakt zu stehlen. Man warf sie ins Gefängnis. Aber ein Junge war darunter, der von einem sehr reichen und mächtigen Mann abstammte und man erhoffte sich Lösegeld. Während mein Vater mit dem Fremden Tag für Tag verhandelte um den Preis noch höher zu treiben, kümmerte ich mich ein wenig um die Gefangenen. Sie wurde nicht besonders gut behandelt, deshalb hatte ich Mitleid mit ihnen. Der Sohn des reichen Mannes war irgendwie nett und irgendwann sagte er mir, er habe sich in mich verliebt. Ich war verwirrt, das war zwar nicht das erste Mal, dass ein Junge mir so etwas sagte, aber bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich irgendwie angenommen, Menschen aus dem alten Volk und Menschen aus dem neuen Volk müssten zwangsläufig Feinde sein. Ich wies ihn ab, hauptsächlich weil ich nicht wusste, was ich tun sollte, aber mit der Zeit mochte ich ihn auch. Nachdem er freigelassen wurde, trafen wir uns einmal die Woche in einem Wald, der weder zu seinem noch zu meinem Volk gehörte." Eine Träne rann über ihre Wange. ,,Ich verliebte mich auch in ihn, aber ich sagte mir, dass das sicher nur eine kleine Schwärmerei sei. Mein Vater hätte mich umgebracht, wenn er erfahren hätte, dass ich mich mit diesem Jungen traf. Eines Tages griffen uns Räuber an. Sie versuchten, ihn zu töten und ich nahm ohne Nachzudenken ein Schwert und brachte den Anführer um. Das hätte diese Banditen sicher nicht davon abgehalten uns beide umzubringen, aber ich sagte eine Beschwörung auf, die zwar einschüchternd aber völlig harmlos ist, es reichte allerdings um die Räuber zum Flüchten zu bringen. Das dumme war nur..." Sie wischte sich ärgerlich die nasse Wange ab, ,,...der Umgang mit Waffen war und ist wohl immer noch bei Todesstrafe verboten!" Ihre Zuhörer hielten erschrocken die Luft an. Hina ließ den Kopf hängen. ,,Meine Freundin hatte uns gesehen...", flüsterte sie. ,,Sie sagte es mir und ich flehte sie an, es nicht zu verraten. Sie versprach es mir. Dann wollte mein Vater das Ritual durchführen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, schließlich wollte ich niemanden töten! Ich beschloss, einfach die Formel nicht aufzusagen. Das Ritual fing ganz normal an, es war alles so, wie mein Vater es mir beigebracht hatte. Gegen Ende musste ich auf einen erhöhten Platz gehen und mich dort hinstellen und die Schlussformel sagen. Aber...aber mein Vater...." Sie brach kurz ab und holte tief Luft. ,,Mein Vater packte mich und band mich an einen Holzpfeiler, den er dort aufstellen hatte lassen. Statt mit der Beschwörung fortzufahren, beschuldigte er mich nun vor allen versammelten Leuten, mich mit dem Feind eingelassen, eine Waffe benutzt, und Verrat begangen zu haben. Er verkündete ebenfalls, dass meine Freundin nun für das Ritual eingesetzt werden würde, weil eine Verräterin wie ich nicht mehr dazu in der Lage sei. Und dann....dann ließ er mich töten. Weil der Einsatz von Waffen ja verboten war, ließ er mich einfach verbrennen. Ich erinnere mich, dass es schrecklich weh tat, aber ich schrie nicht, ich weinte nur. Alle Menschen denen ich vertraut hatte, die ich geliebt hatte, wandten mir ihre hasserfüllten Gesichter zu. Aber ich sah sie kaum....ich sah nur ihr Gesicht, höhnisch, spöttisch und so wenig das Gesicht einer Freundin....dann starb ich wohl. Als ich aufwachte, lag ich auf dem Boden jener Plattform und war völlig unverletzt. Ich dachte, sie hätten mich gerettet - aber das war ein Irrtum. Ich ging den Prozessionsweg hinunter, doch die Menschen sahen mich nicht, sie gingen durch mich hindurch. Da begriff ich, dass ich eine Art Geist geworden war...ich kam gerade rechtzeitig um zu sehen, wie mein Vater, meine Freundin und einige andere meine Asche in den Wind streuten...ich geriet außer mir und rannte davon, als ich wieder bei Sinnen war, stand ich am Rand des Canyons, aber ich spürte die glühende Hitze nicht mehr, die bis jetzt jeden abgeschreckt hatte, der sich so nahe hin gewagt hatte. Ich hatte nichts zu verlieren, also ging ich durch. Schließlich landete ich in den Nordlanden und irgendwie...konnte ich dort plötzlich wieder eine feste Gestalt annehmen. Ich weiß nicht warum, aber ich bin froh darüber. Denn bis jetzt habe ich noch nirgends einen anderen "Geist" gesehen." Als sie geendet hatte, herrschte im Raum Stille. Hiromi ging zu Hina und umarmte sie erschüttert. Die Freundin ließ ihren Kopf auf ihre Schulter sinken, nun wirklich weinend. Fürst Occor, Eilan und besonders Kaeru wussten nicht, was sie sagen oder tun sollten. Der Fürst, weil ihn die Distanz zu jungen Mädchen, insbesondere Hiromis bester Freundin, daran hinderte, Eilan, weil sie noch nicht so vertraut mit Hina war und Kaeru, weil er mit weinenden Mädchen absolut nichts anfangen konnte. Sandors Reaktion war wohl am Stärksten. Er starrte angestrengt zum Fenster hinaus um die Tränen wegzublinzeln, die ihm in die Augen gestiegen waren und seine Hände zitterten unkontrolliert. Dann drehte er sich abrupt um. ,,Das heißt also, dass du ungehindert durch den Canyon kommst, ja?", fragte er Hina fast barsch. Das Mädchen nickte zögernd. ,,Gut, dann gehst du zurück in die Westlande, suchst die Elementmagierin und sagst ihr, sie soll auch her kommen und Toji heilen." Er wies auf den schwerverletzten Jungen, der im Bett lag und unregelmäßig atmete. Hina nickte wieder, aber sie meinte kleinlaut: ,, Da gibt es ein Problem. In den Westlanden kann ich keine körperliche Gestalt annehmen...ich existiere dort praktisch nicht! Wie soll ich da jemanden um etwas bitten?" Sandor runzelte die Stirn. ,,Das ist in der Tat ein Problem.", sagte er ernst. ,,Wir können wohl nichts tun." Hiromi sah ihn entsetzt an und wollte schon protestieren, als der Magier ihr zuvorkam. ,,Du wirst nicht gehen, Hiromi! Die Barrieren sind undurchdringlich, besonders für dich! Bleib hier in der Festung, du kannst sowieso nichts für deinen Bruder tun!" Hiromi sah ihn stumm an, doch in ihren Augen standen Tränen. Dann drehte sie sich auf dem Absatz um und rannte hinaus. Kaeru seufzte. Sie wird sich nicht daran halten!, dachte er besorgt. Sie würde doch alles tun um Toji zu retten. Ich bin sicher, sie wird versuchen durch den Canyon zu kommen - und ich muss sie beschützen. Hina hatte andere Sorgen. Zurück in die Westlande? Zurück zu allen, die mir wehgetan haben? Nein, das kann ich nicht, das will ich nicht, das ertrage ich nicht! Aber ich muss.... to be continued Autors Comment: Tjaaa, jetzt ist Hinas Geheimnis also raus...macht euch mal keine Sorgen, dass sie stirbt, sie kanns ja gar nicht. Jetzt wo ich drüber nachdenke, finde ich, dass Hinas BG zu ähnlich dem Buch: ,,Die Wälder von Albion" ist...*schnüff* Gut, dort lag die Sache etwas anders, aber es ist schon ähnlich....*heul* Miiiisssssttttt.....hoffentlich ist der arme Toji jetzt nicht untergegangen, der ist nämlich schwerverletzt. (hat man das eh mitgekriegt?^^;;) Aus Hinas BG könnte man glatt ne eigenen FF machen...XD (wenn's bloß nicht so ähnlich wie dWvA wäre...aaarrrrrgh....) Hikari ist wieder abgezogen, sie kommt dann auch für längere Zeit nicht vor, denn während die Truppe (ohne Toji) in den Westlanden ist, passt sie irgendwie nicht rein...ich hab ja andere Bösewichte. *gg* Soll ich eigentlich für die zweite Staffel eine neue FF aufmachen? Aber wie sollte die dann heißen? ,,Kriegszeit 2" oder ,,Kriegszeit II" klingen irgendwie blöd...aber ,,Zwischenkriegszeit" oder "Nachkriegszeit" klingen auch nicht besser.(was bin ich heute wieder witzig...) Hoffentlich hat's euch gefallen, auch wenn ich den letzten Teil besser fand...R&R (heißt das nicht: Read and Review?) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)