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Mass Effekt - Der Untergang - Akt II

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Vorwort zu diesem Kapitel:
Es geht wieder Schlag auf Schlag. Ein Kapitel nach dem nächsten^^. Ich habe wieder zu meiner alten Form zurückgefunden, wovon natürlich meine Leserschaft profitiert. Zudem habe ich die Gallerie weiter überarbeitet und weitere Bilder hochgeladen, zumal sich meine Fähigkeiten in der Bildbearbeitung langsam verbessern. In der nächsten Tagen nehme ich daran noch ein paar Nachbesserungen vor. So, genug geredet, viel Spaß beim lesen. Komplett anzeigen

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Brisante Entwicklungen

Shepard sah sich um.
 

Er stand ganz alleine in einem Wald und blickte umher. Das Licht schien nur gedimmt durch das Geäst und die Bäume wirkten unnatürlich dunkel. Shepard bewegte sich selbst nur äußerst langsam durch den Wald, ganz egal wie sehr er sich auch anstrengte. Dann vernahm er etwas, was er als das Lachen eines Kindes zu erkennen vermag. Er erblickte einen kleinen Jungen, der scheinbar willkürlich zwischen den Bäumen herum huschte. Dieses Kind erinnerte ihn irgendwie an den Jungen, dem er während seiner Flucht von der Erde begegnet war. Shepard versuchte ihm zu folgen, was sich schon bald als unmöglich erwies. Wann immer er glaubte ihn eingeholt zu haben, so erschien er an einer ganz anderen Stelle unweit von ihm entfernt. Mit einem Mal ertönte ein lautes Dröhnen, ein Geräusch das ihn sofort an die Reaper erinnerte. Schlagartig wandelte sich der ganze Wald um ihn herum. Die latente Dunkelheit verschwand und ein rötliches Lodern trat an ihre Stelle. Glühende Asche und brennende Blätter flogen nun durch die Luft. Shepard sah sich derweil um und versuchte den Jungen wiederzufinden, stattdessen sah er in naher Ferne zahllose dunkle Gestalten, die durch den Wald rannten. Shepard vernahm ein weiteres Geräusch, ein dumpfes Grölen, ganz in seiner Nähe. Aus dem Wald vor ihm kamen weitere Gestalten, die auf ihn zu rannten. Zahllose dunkle Gestalten mit schwachen Konturen, die irgendwelche Objekte quer vor ihren Körpern hielten. Am markantesten stießen bei jedem die rötlich-brennenden Augenpaare hervor. Diese Gestalten rannten einfach an Shepard vorbei und Sekunden später stand er wieder ganz alleine im Wald. Dann vernahm er wieder das Lachen des Kindes, das zwischen den Bäumen entlang lief, bis es kurzerhand wieder hinter einem Baum verschwand. Mit langsamen Schritten näherte sich Shepard dieser Stelle und als er davon nur noch wenige Meter entfernt war trat hinterer diesem Baum eine weitere dunkle Gestalt hervor. Diese wirkte blasser, hatte schärfere Konturen, wirkte fast schon menschlich, doch um was, oder gar wen genau es sich handelte war nicht zu erkennen. Das einzige was hervor stieß war das rötlich-leuchtende Augenpaar, das ihn direkt anstarrte - praktisch wortlos anschrie. Shepard blieb wie angewurzelt stehen, selbst als die Gestalt auf ihn zu marschierte. Im nächsten Augenblick stand sie genau vor ihm. Für einen Moment geschah nichts, bis die Konturen der Gestalt schärfer wurden und Shepard sah wie die menschenähnliche Gestalt ihren rechten Arm hob und ausstreckte – mit einem Objekt in ihrer Hand. Von da an wurden die Konturen immer schärfer. Man hatte eine Waffe auf ihn gerichtet, eine Pistole, die man ihm mitten ins Gesicht hielt. Für den Bruchteil einer Sekunde war Shepard der Meinung sowas wie ein Grinsen im Gesicht der Gestalt erkannt zu haben, bevor diese ihren Finger krümmte.
 

Die Gestalt schoss.
 

„NEIN!!!“, brüllte Shepard lauthals, als er ruckartig aus dem Schlaf gerissen wurde.

Shepard saß aufrecht in seinem Bett, atmete schwer und sah sich verängstigt um. Er befand sich in seiner Kabine. Als er spürte wie etwas seine Hand berührte zuckte er zusammen und blickte panisch zur Seite. Zu seiner Überraschung musste Shepard feststellen, dass es Liara war, die neben ihm saß und seine Hand hielt.

„Es ist alles in Ordnung. Es war nur ein Traum. Du hast nur schlecht geträumt.“, sprach sie mit sanfter Stimme.

Shepard atmete schwer, zog die Beine an, umschlang sie mit seinen Armen und legte seinen Kopf auf die Knie.

„John, es ist alles in Ordnung. Es war nur ein Traum.“, wiederholte Liara und Shepard sah sie an.
 

Es war für ihn so seltsam geworden, dass jemand ihn mal mit seinem Vornamen ansprach. Im Beisein anderer benutze Liara normalerweise auch nur seinen Nachnamen.
 

„Ich weiß.“, sprach Shepard, wobei er beinahe schluchzte.

„Willst Du darüber reden?“

„Ich … weiß nicht ... es war so … es war … wie als wäre ich einfach nur ein Zuschauer … ein Unbeteiligter, um den alles herum passiert … der dennoch im Mittelpunkt steht … ohne Einfluss auf die Ereignisse … ich habe ein Kind gesehen … einen Jungen, den ich auf der Erde traf, als die Reaper angriffen … er hat es nicht geschafft. Ich sah es und konnte nichts dagegen machen.“

„Und das verfolgt Dich.“

„Nein … irgendwie … teilweise … nicht so sehr wie es eigentlich sollte … glaube ich … das sind diese … anderen …irgendwelche Gestalten … sie sind fern, aber auch nah … ganz besonders eine davon will mich immer … töten … dann wache ich auf.“

„Du hast diesen Traum öfter?“

„Ich glaube das war jetzt das zweite Mal … dieses Mal war es … deutlicher … ich weiß nicht ob es irgendein Traum ist, oder irgendwelche Nachwirkungen von all den protheanischen Artefakten mit denen ich in all der Zeit in Kontakt kam, aber es ist wie … als würde es irgendwie unsere Lage wiederspiegeln … es ist … wie als hätte ich keinerlei Einfluss auf die Ereignisse … wie als wären wir alle nur ein … Spielball zwischen den Reapern und den … Morjanern.“

„Sind sie etwa die Gestalten, die Du in Deinen Träumen siehst?“, wunderte sich Liara.

„Ich … ich weiß es nicht … ich weiß es einfach nicht. Ich habe mich noch nie so hilflos … so unbedeutend gefühlt.“
 

Mit diesen Worten begann Shepard zu weinen.

Liara, die es selbst schmerzte ihn so zu sehen, setzte sich neben Shepard, umarmte ihn und lehnte ihren Kopf an seinen. Shepard brauchte einige Zeit bis er sich wieder beruhigt hatte und bemerkte erst jetzt wie nah ihm Liara war.
 

„John.“, sprach sie mehrfach mit ernster Stimme, bis Shepard seinen Kopf hob und Liara ansah. „Du hast mehr erreicht, als man je verlangen kann. Der erste menschliche Spectre, Saren, Sovereign, die Kollektoren … Du hast die Pläne der Reaper schon mehrfach durchkreuzt … nur um ein paar zu nennen. Ganz egal welche Widrigkeiten sich Dir in den Weg stellten Du hast nie aufgegeben. Du hat immer weiter gemacht und das kann Dir niemand nehmen.“

„Aber …“, begann er und senkte wieder den Blick.

„Kein Aber, John! Sie mich an!“, forderte Liara mit Nachdruck und dem leistete er Folge. „Die ganze Galaxie sieht zu Dir auf. Für viele bist Du ein Symbol – ein lebendes Symbol der Hoffnung. Eine Fackel in der Dunkelheit, der man bedenkenlos folgen kann. Deine Taten inspirieren andere. Vergiss das niemals.“
 

Shepard lächelte wieder. Normalerweise war er ja derjenige, der die motivierenden Ansprachen hielt. Nur in letzter Zeit hatte er immer wieder an sich selbst gezweifelt. Vor allem die Morjaner leisteten dabei einen beachtlichen Beitrag. Eigentlich hatte er sich ja vorgenommen ihnen öfter die Stirn zu bieten. Mittlerweile musste er erkennen, dass es einfacher ist, vor allem für ihn, wenn man sie einfach gewähren lässt. Viel machen konnte er ohnehin nicht. Zumal sie wirklich Ergebnisse lieferten. Das konnte er natürlich nicht gegenüber Liara erwähnen. Trotzdem musste er zu alter Stärke zurückfinden. Nur mit Grunts Tod würde er dennoch kaum klar kommen.
 

„Liara … Danke. Danke, dass ich Dich an meiner Seite habe.“, sprach er leise.

„Ich werde immer an Deiner Seite sein, John.“, säuselte Liara.
 

Es sei er stirbt vorher an Altersschwäche, was bei Beziehungen mit Asari nichts Ungewöhnliches war, dachte sich Shepard humorvoll und musste daraufhin unweigerlich grinsen.

Liara sah Shepard verbesserte Laune. Mit einer Hand hob sie sein Kinn leicht an und küsste ihn leidenschaftlich auf den Mund. Es dauerte einige lange Sekunden bis sie den Kuss wieder lösten.

„Wir … sollten … uns wieder … anderen Dingen zuwenden.“, stotterte Liara leicht.

Shepard bestätigte das mit einem knappen Nicken.

„Wie lange habe ich überhaupt geschlafen?“, wunderte er sich,

„Moment … mein Chronometer liegt hier irgendwo … ich habe ihn gleich.“, erwiderte Liara und stieg aus dem Bett.

Dabei fiel Shepard auf, dass Liara nur Unterwäsche trug. Ein schwarzes Höschen und ein ebenso schwarzer BH, die beide recht dezent wirkten und der Fantasie trotzdem nur wenig Spielraum ließen. Der Rest ihrer Kleidung hatte sie auf die nahe Couch gelegt. Shepard selbst war noch immer in seinen einteiligen Overall gekleidet, den er unter seiner Rüstung trug. Liara bückte sich derweil nach vorne über die Couch und suchte zwischen der Kleidung nach ihrem Universalwerkzeug. Dabei bot sie Shepard unerwarteterweise einen sehr sinnlichen Anblick ihrer Rückseite, dem er sich kaum entziehen konnte.

„Hier!“, rief Liara, als sie ihr Universalwerkzeug fand, woraufhin Shepard sofort wieder weg blickte.

Liara kam zurück und setzte sich auf den Rand des Bettes.

„Du hast fast zehn Stunden geschlafen.“

Da machte Shepard selbstverständlich Augen.

„Zehn Stunden.“, wiederholte er ungläubig. „Was … habe ich in all der Zeit verpasst?“

„Einiges.“, erwiderte Liara leise, als sie die Benachrichtigungen auf ihrem Universalwerkzeug überprüfte. „Aber nichts was Deine sofortige Anwesenheit erforderlich machte … eine Kasumi Goto … mh … scheinbar hat sich die Nachricht von selbst gelöscht … eigenartig … oh … scheinbar hat Admiral Hackett nach Dir gefragt … Komisch es ist eine einfache Bitte um Rückruf … und die ist beinahe neun Stunden alt.“

„Oh je.“, seufzte Shepard und schwang sich aus dem Bett.

Er wollte Hackett nicht länger warten lassen und schlüpfte in eine Uniform an, die er schlichterweise über dem Overall zog.

„Wie lange bist Du … Wie lange hast Du mir … Gesellschaft geleistet?“, harkte Shepard nach.

„Fast so lange wie Du geschlafen hast. Kurz nachdem Du dich zurückgezogen hast hat Sirius Mel’Taun eine Rede gehalten, die in die ganze Galaxie übertragen wurde. Danach wollte ich mich ebenfalls … ausruhen.“

„So schlimm?“

„Eigentlich wolle ich nur nach Dir sehen, aber … irgendwie … führte eines zum anderen …“, sprach Liara, wobei sie gegen Ende immer kleinlauter wurde.
 

Für den Moment kam es Shepard so vor, als würde Liaras Hautfarbe in einem kräftigeren Blau erstrahlen. Konnte Asari etwa erröten? Bis jetzt hatte er nie darüber nachgedachtet und allein schon der bloße Gedanke daran ließ ihn unweigerlich schmunzeln. Dabei wollte er nur wissen, ob Sirius Rede so schlimm war. Er würde es ohnehin gleich erfahren.
 

„Wir sollten uns wieder an die Arbeit machen.“, sagte Shepard.

„Richtig … richtig.“, sagte Liara, als sie aufstand und die Kabine verlassen wollte, bis sie bemerkte, dass sie immer noch in Unterwäsche dastand.

Peinlich berührt schnappte sie sich den Rest ihrer Kleidung und zog sich hektisch an. Irgendwie erkannte Shepard in ihr von Zeit zu Zeit immer noch jene Archäologin, die er damals zum ersten Mal auf Therum traf – „jung“, schüchtern, idealistisch, naiv – in diesen paar Jahren hatte sie sich sehr verändert. Sie war „erwachsen“ geworden. Mit einem nostalgischen Blick sah er sie an und als sie sich angezogen hatte stiegen sie gemeinsam in den Aufzug, fuhren hinunter ins CIC und gingen von dort zum Kommandostand. Darin befanden sich neben Fedorian und Wrex, auch Ibro, die den aktuellen Kriegsverlauf verfolgten. Auffallend war dabei, dass sich Wrex genau auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes zu Ibro hielt. Scheinbar war er auf den Morjaner immer noch wütend.
 

„Commander Shepard, Doktor T’Soni.“, gegrüßte überraschenderweise Ibro die beiden, als sie den Kommandostand betraten.

Shepard und Liara waren sich für einen Moment unsicher was sie davon halten sollten.

„Ibro … Wrex ... Fedorian.“, begrüßte Shepard die anderen und trat an das Zentralpult in der Mitte des Raumes heran. „Gebt mir einen Überblick. Was habe ich alles verpasst?“

„Mehr als genug.“, erwiderte Fedorian niederschmetternd. „Und im Rahmen dieser Ereignisse sollten wir Admiral Hackett kontaktieren und miteinbeziehen. Er hatte ohnehin um Rücksprache mit ihnen gebeten.“

Shepard verschränkte die Arme und hob eine Augenbraue. Er dachte so ereignisreich wären die letzten Stunden nicht gewesen, abgesehen vom Krieg gegen die Reaper. Scheinbar dachte das auch Liara, die kurzerhand ihre Benachrichtigungen noch mal überprüfte.

„Sind es mehr gute, oder mehr schlechte Nachrichten?“, fragte Shepard.

„Es ist … kompliziert.“, sagte Fedorian knapp und blickte in Ibros Richtung, was Shepard nicht entging.

„Sagt mir bitte nicht es wurde ein weiterer Planet gesprengt.“, sprach Shepard und rieb sich die Stirn.

„Bis jetzt sind es vier.“, erwiderte Ibro.

Liara und Shepard öffneten leicht ihre Münder und starrten ihn an.
 

Trotz allem: Vier Planeten in unter zehn Stunden war durchaus eine Leistung.
 

„Bevor sie etwas sagen: Das war es absolut wert. Wir haben den Reapern einen vernichtenden Schlag versetzt.“, erklärte Ibro.

„Etwa einen genauso vernichtenden Schlag wie mit Utukku?“, konterte Shepard.

„So sehr man das, wie manche einer es nennen mag, extreme Vorgehen der Morjaner kritisieren mag und kann, selbst ich muss sagen, dass die Morjaner damit beeindruckende Ergebnisse liefern.“, fuhr Fedorian fort.

Shepard verschränkte die Arme und hielt sich mit einer Meinung vorerst noch zurück. Am liebsten würde er diese Ergebnisse sehen, von denen sogar Fedorian sprach, um sich selbst ein Urteil zu bilden. Ibro lieferte diese kurzerhand.

„Wir haben die Schöpfer der Reaper getötet.“

Bei dieser Aussage machte sogar Shepard Augen.

„Die Schöpfer … der Reaper?“, wunderte sich Liara.

„Wir sollten uns jetzt wirklich mit Admiral Hackett in Verbindung setzten. Er sollte bei den folgenden Gesprächen beteiligt sein.“, warf Fedorian ein.

Nach kurzem Zögern nickte Shepard und gemeinsam gingen alle Anwesenden hinüber in den ÜLG-Kommunikationsraum.

„EDI …“, begann Shepard, doch ehe er seinen Satz richtig anfangen konnte bekam er bereits eine Antwort.

„Baue eine Verbindung zu Admiral Hackett auf.“, meldete EDI, die bereits alles in die Wege geleitet hatte.
 

Shepard konnte EDIs Initiative nur begrüßen. Während sie Kontakt aufnahm sah er sich kurz um. Der Raum war nicht für eine größere Anzahl an Personen ausgelegt. Bereits fünf Personen, von denen einer ein Kroganer war, brachten die Kapazitäten des Raumes an seine Grenzen. Auffallend dabei war Ibro der zu seiner linken stand und an seinem Funkgerät spielte und Wrex, der sich ganz weit zu seiner rechten hielt und versuchte so viel Abstand wie möglich zwischen sich und Ibro zu halten. Zuerst dachte Shepard es handelte sich um ein Maß an Feindseligkeit, aufgrund der vorangegangenen Ereignisse, doch es war etwas ganz anderes. Shepard brauchte einen Moment bis er es verstand. Es war eine Mischung aus Hass UND Angst. Grunts Tod hatte auch Wrex schwer getroffen, aber da war noch etwas anderes. Shepard erkannte das Wrex tatsächlich Angst vor Ibro hatte. Wenn man genau darüber nachdachte war es eigentlich kaum verwunderlich. Wrex stand nie einem Morjaner gegenüber. Er hatte nie mitbekommen zu was sie fähig sind - bis jetzt. Ein ausgewachsener Kroganer wird von einer menschenähnlichen Kreatur, die ein paar Köpfe kleiner ist, einfach so mit einer Handbewegung zu Boden gerissen. Sowas hinterlässt Spuren.
 

„Verbindung steht.“, meldete EDI und ein paar Sekunden später erschien die Projektion von Admiral Hacket vor ihnen.

„Admiral.“, salutierte Shepard.

„Commander Shepard, ich bin erleichtert zu sehen das Sie wohlauf sind … Ah, Primarch Fedorian und Clanführer Urdnot Wrex. Es ist gut sie alle versammelt zu sehen.“, begrüßte Hackett die Gruppe.

„Gebt mir einen Moment, dann schalte ich Sirius hinzu.“, warf Ibro ein, der an seinem Funkgerät herum hantierte.

„Agent Bresios, an Sie habe ich ebenfalls einige Fragen bezüglich der jüngsten … Erfolge des Morjanischen Verbundes und den damit verbundenen … Folgen.“, sprach Hackett, wobei seine Stimme selbst über die Projektion noch ausgesprochen bedrohlich klang.

„Ich stehe Ihnen gerne zur Verfügung.“, erwiderte Ibro gelassen.

„Mh.“, brummte Hackett leise. „Ich schlage vor, dass wir uns zuerst die Mel’Tauns Ansprache anhören. Diese hat zu … Unruhe unter unseren Verbündeten geführt.“

„In Ordnung. Dann machen wir das.“, sagte Shepard und fragte sich was wohl der Inhalt sein mag.

Zum Teil konnte er es sich wahrscheinlich schon denken.

„Spiele die Nachricht jetzt ab. Sie wurde vor neun Stunden und 26 Minuten ins Extranet eingespeist und großflächig in die gesamte bekannte Galaxie übertragen. Sie ist gegenwärtig das am meisten aufgerufene Video seit Bestehen des Extranets.“, meldete EDI.
 

Neben dem Abbild von Admiral Hackett erschien einer weitere Projektion. Eine gestochen scharfe Aufnahme von Sirius, der direkt in die Kamera blickte, mit ineinander gefalteten Händen da saß und einen blutroten Mantel trug dessen Kragen mit einem goldenen Lorbeerkranz verziert war. Er wirkte freundlich, lächelte sogar.

„Mein Name ist Sirius Mel’Taun. Ich bin gegenwärtig der oberste Befehlshaber des Morjanischen Verbundes. Die Galaxie befindet sich im Krieg. Wie vielen von ihnen bewusst ist wird unser aller Existenz von einer Maschinenrasse bedroht, die allgemein unter der Bezeichnung Reaper bekannt sind. Die Verluste die wir alle durch diesen Krieg bereits erleiden mussten gehen in die Milliarden und sie werden weiter steigen. Das sind die Fakten. Ich wende mich nicht an die Galaxie, um ihr diese längst bekannten Fakten darzulegen, sondern weil ich weiß, dass die Reaper diese Nachricht mitanhören werden. Diese Nachricht ist für euch. Euer Angriff auf den Morjanischen Verbund ist gescheitert. Euer Angriff auf unsere Heimatwelt wurde abgewehrt. Unsere Raumflotten bekämpfen die Reaper vielerorts in der Galaxie und sind siegreich. Die Reaper wissen, dass sie uns unterlegen sind. Daher haben sie uns vor wenigen Stunden ein Friedensangebot. Wir haben dieses Angebot in Betracht gezogen.“

Man konnte sehen wie Sirius Gesichtsausdruck schlagartig ernster und finsterer wurde und neben ihm erschien die verkleinerte Projektion eines Planeten, der daraufhin in Stücke gerissen wurde. Shepard und Co. lief augenblicklich ein eiskalter Schauer über den Rücken. Sie wussten genau was das war.

„Der Planet Utukku war für die Kriegsanstrengungen der Reaper von entscheidender, strategischer Bedeutung. Vor kurzem wurde er durch den Einsatz des Planetenvernichtungssystems Weltenbrand zerstört. DAS ist unsere Botschaft an die Reaper. DAS ist unsere Antwort. Kein Frieden. Seid euch dem bewusst. Mit uns wird es keinen Frieden geben! Niemals! Wir werden euch jagen! JEDEN EINZELNEN VON EUCH! DAS HIER IST ERST DER ANFANG! DIESER KRIEG WIRD ERST ENDEN WENN DER LETZTE EURER VERKOMMENEN GATTUNG TOT DURCH DAS ALL TREIBT!!! WIR WERDEN VOR NICHTS ZURÜCKSCHRECKEN UM DIESES ZIEL ZU ERREICHEN!!! UND WENN ES SEIN MUSS, DANN WERDEN WIR EUCH BIS ANS ENDE DES UNIVERSUMS JAGEN!!! BIS EURE EXISTENZ NICHTS WEITER IST ALS EINE BLASSE ERINNERUNG!!! EINE EPISODE IN UNSEREN GESCHICHTSBÜCHERN!!! NIEMAND, DER DEN MORJANISCHEN VERBUND ANGREIFT, HAT ES VERDIENT ZU LEBEN!!!“
 

Damit endete die Übertragung. Einige Momente brachte keiner der Anwesenden auch nur einen Ton hervor.
 

Friedensangebote der Reaper, so bizarr das auch klingen mag, waren keine Seltenheit. Sie benutzen sie zumeist, um hochrangige Würdenträger und Anführer, in die Falle zu locken, sie zu indoktrinieren und sie dann für sich arbeiten zu lassen. Das Friedensangebot der Morjaner andererseits könnte eine Verzweiflungstat sein. Deren „Antwort“ sollte dabei sogar für die Reaper unmissverständlich sein.
 

„Interessant. Höre ich mich wirklich so an?“, ertönte eine männliche Stimme aus Ibros Funkgerät.

„Ich vermutete Sie müssen Sirius Mel’Taun sein. Ich bin Admiral Hackett von der Allianz.“

„Sehr erfreut.“

„Ihre Ansprache war beeindruckend und sie hat sogar zu messbaren Ergebnissen geführt. Die allgemeine Produktion kriegswichtiger Güter hat zugenommen, der Zustrom an Freiwilligen und neuen Rekruten ebenfalls. Wir verzeichnen Steigerungsraten von bis zu 15 Prozent und mehr. Allerdings hat sie auch zu einem erheblichen Maß an … Beunruhigung bei unseren Verbündeten und dem Citadel-Rat geführt.“

„Inwiefern?“

„Sie haben bewiesen, dass sie über die Möglichkeit besitzen ganze Planeten vollständig zu vernichten. Manch einer befürchtet, dass es nur eine Frage der Zeit ist bis sie diese Waffe gegen bewohnte Welten der Citadel-Völker einsetzen werden.“

„Nachvollziehbar.“, lautet Sirius schlichte Antwort.

„Sie wollen sich nicht weiter dazu äußern?“

„Sagen wir es so: Der Morjanische Verbund erkennt die Ängste unserer sogenannten … Verbündeten an. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt halten wir unsere Optionen weiterhin offen, abhängig davon wie sich der Kriegsverlauf entwickelt. Aber ich kann versichern das wir unsere Ziele mit Bedacht auswählen werden und … versuchen werden die Bedenken unserer Verbündeten zu berücksichtigen.“

„Pah!“, brummte Wrex ungehalten, der ohnehin kaum vorhatte sich zu äußern und nur zuhören wollte.

„Verstehe. Dennoch: Es gab Kritik aufgrund der Folgen ihrer … jüngsten Zielauswahl. Genannt wurde im speziellen die Vernichtung Utukkus, sowie der kroganischen Kompanie Aralakh.“, fuhr Hackett fort.

„Dabei handelt es sich um ein bedauerliches Missverständnis. Ich gab dem Kapitän der Weltenbrand die direkte Anweisung die Sicherheit seines Schiffes unter allen Umständen zu gewährleisten. Darunter verstand er in dieser speziellen Situation jegliche Verzögerung zu vermeiden. Das ist bedauerlicherweise meine Schuld, weil ich mich unklar ausdrückte. Deshalb kann ich niemanden zur Rechenschaft ziehen. Mittlerweile halte ich regelmäßig Kontakt zur Weltenbrand, um zukünftig solche … unglücklichen Zwischenfälle zu vermeiden.“
 

Wrex schnaubte bei dieser Wortwahl, doch sagte nichts. Es war das Nächstbeste was an einer Entschuldigung dran war und mehr würde er von den Morjaner nicht erhalten. Zufriedengeben konnte er sich damit natürlich nicht. Shepard ging es da nicht anders. Stellenweise war er so wütend, dass er diesen einen Kapitän am liebsten totgeprügelt hätte. Etwas, was kaum möglich war, was sogar Wrex erfahren musste. Für einen Moment fürchtete sich Shepard sogar vor sich selbst.
 

„Das bringt uns zurück zu eurer … bisherigen Zielauswahl.“, begann Shepard. „Nach Utukku wurden drei weitere Planeten von euch vernichtet.“

„Sie irren sich. Mit Utukku zusammen wurden drei Planeten vernichtet, also zwei weitere.“, erwiderte Sirius.

„Man sagte uns der Weltenbrand wären bislang vier Planeten zum Opfer gefallen.“, ergänzte Liara mit Blick auf Ibro.

„Ich glaube Sie meinen Kasio 4.“, ertönte kurzerhand eine junge, weibliche Stimme aus Ibros Funkgerät.

„Sind bei Ihnen noch andere Personen anwesend?“, fragte Hackett.

„Ja. Eine ganz Versammlung an Wissenschaftler, Analysten, Admirälen, Generälen und Ökonomen. 15, um genau zu sein. Wir beraten das weitere Vorgehen gegen die Reaper. Das eben war Elizia Timeron vom Büro für taktische und strategische Analysen.“

„Hey, Shepard! Lustig zu hören, dass Sie noch leben.“, ertönte eine weitere, weibliche Stimme mit einem humorvollen Unterton aus dem Funkgerät, die Shepard auf Anhieb bekannt vorkam.

„Und meine Schwester, Sinari.“, ergänzte Sirius.

„Wie ist es denn so dem Geschehen zusehen zu müssen, anstatt direkt daran teilnehmen zu können, oder zu dürfen?“, erwiderte Shepard mit einem zynischen Grinsen.

Eine Antwort darauf bekam er nicht. Tatsächlich klappte auf der anderen Seite der Verbindung Sinaris Mund auf und sie brachte keinen einzigen Ton hervor. Die direkte Art der Morjaner konnte einen in der Tat überraschen und für Irritationen sorgen. Shepard hatte das mittlerweile erkannt und begegnete ihnen dementsprechend. Damit konnte man ihnen durchaus den Wind aus den Segeln nehmen.

„Wenn das alles war, dann sollten wir uns wieder drängenderen Themen zuwenden.“, rief Hackett die anderen mit ernster Stimme zur Räson.

„Die Planeten, die ihr vernichtet habt, Ibro sagte ihr hättet dabei … die Schöpfer der Reaper getötet. Könnten Sie das genauer erklären?“, fuhr Shepard fort.

„Hierbei handelte es sich um den Planeten Despoina. Eine Welt, die fast völlig von Ozeanen bedeckt ist. Admiral Hackett, erinnern Sie sich an die Doktoren Ann und Garret Bryson?“, sprach Sirius.

„Natürlich. Sie sind Teil der Task Force Aurora. Zumindest Garret Bryson war es. Das ist eine spezielle Forschungsgruppe, die ich schuf, um … Legenden über die Reaper nachzugehen.“

„Das kling eher nach einer Verzweiflungstat.“, urteilte Fedorian.

„Im ersten Moment … ja. Da würde ich Ihnen zustimmen. Doch bereits nach kurzer Zeit lieferte die Task Force Aurora handfeste Ergebnisse, auch dank Hilfe der Morjaner. Von beiden Seiten wurden uralte Artefakte gefunden und zusammen getragen, Personal und Mittel gestellt und Informationen ausgetauscht. Man wusste, dass man an etwas Großem dran war und bündelte die Anstrengungen, doch selbst wir wurden von dem Ausmaß, das sich uns offenbarte, überrascht. Scheinbar waren dieser Artefakte sowas wie Transmitter mit denen man in der Lage war Lebewesen zu kontrollieren.“, erklärte Hackett.

„Ähnlich der Indoktrination der Reaper?“, fragte Liara.

„Schlimmer. Man wird regelrecht ferngesteuert. So wurde Doktor Garret Bryson, der Kopf der Task Force Aurora, von seinem Assistenten erschossen. Durch ein Versäumnis war eines der Artefakte nicht ordnungsgemäß abgeschirmt. Die Reaper wollten wohl … Fortschritte bei diesem Projekt verhindern.“
 

Allen Anwesenden lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Wenn die Reaper über solche Mittel verfügen ist bald niemand mehr sicher.
 

„Aber diese Gefahr konnte gebannt werden.“, fuhr Hackett fort. „Doktor Ann Bryson und andere Wissenschaftler meldeten sich freiwillig, um sich von den Artefakten für einen kurzen Moment übernehmen zu lassen. Dadurch waren wir in der Lage diverse Signale zu einem Planeten zurückzuverfolgen.“

„Despoina.“, sprach Shepard.

„Korrekt. Die Allianz konnte keinerlei Kräfte entbehren, die Morjaner anderseits waren mehr als fähig und willig ihre Flotten zu entsenden.“

„Aber auf was wir da trafen überraschte sogar uns.“, ergänzte Sirius. „Admiral Hackett, sie hatten Berichte und Aufnahmen bezüglich der Schlacht im Psi Tophet-System erhalten.“

„Ja, aber ich habe mir bislang nur Teile der Berichte ansehen können.“

„Da keiner der hier Anwesenden diese Aufnahmen bislang gesehen hat, mich eingeschlossen, schlage ich vor, dass wir das jetzt nachholen.“, empfahl Ibro, was die einem einfachen Nicken bestätigten.

„Keine Einwände.“, kam es von Hackett und mit einem Tastendruck spielte er eine Aufzeichnung ab, die nun anstelle seiner Projektion erschien.
 

Zu sehen war die Brücke eines morjanischen Superschlachtschiffes. Ein großer Raum, dessen Böden, Wände und Decken geradezu durchgehend mit Bildschirmen gepflastert waren, die allesamt nur ein tiefes Schwarz anzeigten. An den Ecken des Raumes zogen sich Gräben entlang in denen Besatzungsmitglieder vor verschiedensten Computerarmaturen und Monitoren saßen und Einrichtungen wie Waffen, Sensoren, Antriebe, Schilde und Energie überwachten und steuerten. In der Mitte befand sich eine von mehreren Plattformen auf der man einen etwas älteren Morjaner sitzen sah, bei dem es sich um einen Admiral handelte.

Im nächsten Moment erschien das Abbild eines bläulich schimmernden Planeten auf den vorderen Bildschirmen.

„IP-Antrieb deaktiviert … Sind soeben im Psi Tophet-System angekommen … Entfernung zum Planeten Despoina … 1,37 Lichtsekunden.“, meldete der Kapitän, der hinter dem Admiral stand.

Auf den Bildschirmen um sie herum erschienen hunderte von Symbolen, welche die einzelnen Schiffe der Flotte darstellten.

„Kampfgruppe Omega in Position … potentielle Verstärkung … der 17.Flottenverband und die erste Spezialwaffengruppe … beide halten sich am Rande des System in Bereitschaft. Alle Einheiten in Position. Keine anderen Kontakte im System.“, meldete einer der morjanischen Offizier.

„Das Oberkommando und der oberste Befehlshaber geben uns vollkommen freie Hand. Absolute Vorsicht wird empfohlen.“, meldete in weiterer Offizier.

„Verstanden … gesamte Kampfgruppe vorrücken … Geschwindigkeit 30 Prozent … alle Waffensysteme feuerbereit machen … Meldung an alle verbündeten Einheiten. Wir wissen nicht was uns erwartet.“

„Alle Waffen aktiv. Fusionskanonen feuerbereit. Der Rest der Flotte meldet volle Kampfbereitschaft.“, berichtete der Kapitän.

„Gut.“, sagte der Admiral knapp.

Die morjanische Flotte, bestehend aus einen Superschlachtschiff, 20 Schlachtschiffen, 50 Kreuzern und über 100 der neueren Zerstörer, näherte sich in Formation und mit synchroner Geschwindigkeit Despoina an. Fast eine Minute lang geschah gar nichts, während der Planet auf den Anzeigen immer größer wurde.

„Kapitän … Admiral, die Sensoren registrieren ungewöhnliche Werte.“, meldete eines der Besatzungsmitglieder.

„Spezifiziere das!“, forderte der Admiral.

„Ich … ich weiß nicht … die Daten ergeben keinen Sinn. Ein Mix aus mehrphasigen Impulsen und Signalen und schwankenden Energiewerten. Es sind Dutzende. Irgendetwas versteckt sich in den Ozeanen!“

„Kein Risiko eingehen.“, murmelte der Kapitän, dem der Admiral nur zustimmen konnte.

„Zurückfallen … die gesamte Kampfgruppe. Fordert Verstärkung an. Die erste Spezialwaffengruppe … deren Ziel ist Despoina. Der 17. Flottenverband soll die Massenportale abriegeln. Nichts darf dieses System verlassen.“, befahl der Admiral.

„Verstanden. Verstärkung angefordert … geschätzte Ankunftszeit 35 Sekunden.“

Es waren nicht exakt 35 Sekunden, eher etwas weniger, da die Morjaner einen anderen Zeit- und Zählstandard hatten, der infolge von Übersetzungen lediglich die gleichen bekannten Bezeichnungen verwendete.

Kurz darauf erschien die „erste Spezialwaffengruppe“ unweit von Despoina. Die Weltenbrand mit ihrer Eskorte von 700 Raumschiffe.

„Erste Spezialwaffengruppe in Position!“, rief einer der Offiziere.

„Feuer nach eigenem Ermessen!“, befahl der Admiral lauthals.

„Abschuss!“, berichtete einer der Offiziere, als die Weltenbrand Sekunden später ihr Geschoss auf den Weg schickte.

Es brauchte nur acht Sekunden um Despoina zu erreichen.

Das Geschoss traf den Planeten und verursachte bei seinem Aufprall Schockwellen, die klar sichtbar über die schier endlosen Ozeane jagten. Daraufhin nahm die Vernichtung Despoinas ihren gewohnten Lauf. Die Ozeane begannen zu verdampfen, gewaltige Gesteinsmassen wurden ins All geschleudert, der Planet brach auseinander. Die Ozeanwelt wandelte sich innerhalb von Sekunden in eine todbringende Höhlenlandschaft, bevor sie vollkommen auseinander gerissen wurde.

Die Morjaner auf der Brücke sagten nichts und beobachteten still die Vernichtung Despoinas.

„Treffer. Ziel vernichtet.“, kommentierte einer der Offiziere das offensichtliche.

Erleichtert atmete der Admiral auf.

„Stellt ein paar Bergungsteams zusammen. Vielleicht können wir noch irgendwas …“

„ADMIRAL! 14 OBJEKTE NÄHERN SICH UNSERER POSITION! SIE KOMMEN VON DEN RESTEN DES PLANETEN!“, schrie einer der Offiziere.

„Wie ist das möglich? Wie kann etwas einen derartigen Angriff überleben?“, murmelte der Admiral.

Der Kapitän trat an eine der Konsolen heran und mit ein paar kurzen Handbewegungen über die Tastatur ließ er eine optische Vergrößerung jener Objekte auf den vorderen Bildschirmen anzeigen.

Es waren Reaper-Schiffe, vom Design her ähnlich der Sovereign-Klasse, doch sie wirkten weitaus organischer und sie waren deutlich kleiner. Sie waren gerade mal so groß wie ein morjanischer Zerstörer, oder ein Allianz-Kreuzer.

„Sie müssen gestartet sein als wir angriffen. Das sind wahrscheinlich die letzten … Überlebenden.“, mutmaßte der Kapitän.

„Alle Einheiten … ANGRIFF!!!“, befahl der Admiral.

Die Weltenbrand ergriff mit einem kleinen Teil ihrer Eskorte die Flucht, während der Rest zurückblieb und auf die Reaper zusteuerte, um sie zu flankieren. Das Superschlachtschiff feuerte seine beiden Fusionskanonen ab und zerstörte auf Anhieb zwei der Reaper. Die auf den Außenhüllen montierten Waffenbatterien der Schiffe gaben zusammen ein massives Geschützfeuer ab, das die gesamten Bildschirme einhüllte. Lasergeschütze brannten sich in ihre Ziele ein und Welle um Welle an abertausenden von Raketen wurden abgeschossen und hielten auf die Reaper zu, die wiederrum selbst mit Höchstgeschwindigkeit auf den Flottenverband zusteuerten. Zahllose Explosionen und Treffer erfassten die Reaper, zerstörten sogar einige, doch die anderen blieben davon scheinbar unbeeindruckt. Trotz der geringen Größe waren die Schilde weitaus stärker, als das was man bislang von den Reapern gewohnt war. Binnen kürzester Zeit schlossen sie auf und griffen nun selbst die Morjaner direkt an. Dabei setzten sie keine „klassischen“ Reaper-Waffen ein, sondern irgendwelche energiebasierten Impulswaffen. Auf den Bildschirmen wirkte es mehr wie eine Verzerrung der Anzeigen. Nichtsdestotrotz besaßen diese Waffen ein beachtliches Zerstörungspotential. Dutzende morjanische Schiffe, ganz egal ob Zerstörer, Kreuzer, oder Schlachtschiffe, explodierten nach ein paar Treffern und wurden in Stücke gerissen. Die Reaper mussten dabei selbst zunehmend Verluste hinnehmen. Je näher sie den morjanischen Schiffen kamen, desto stärker wurde der Beschuss, den sie einstecken mussten, zumal die Eskorte der Weltenbrand sie mittlerweile eingeschlossen hatte. Dem konzentrierten, massiven Beschuss, der als Kreuzfeuer der von absolut allen Seiten auf sie nieder ging, zerstörte einen Reaper nach dem anderen bis nur noch drei von ihnen übrig waren. Diese drei Reaper-Schiffe hielten direkt auf das Superschlachtschiff zu. Teile der morjanischen Flotte versuchten sich mitten in deren Flugbahnen zu schieben, wobei einer der Reaper ein Schlachtschiff streifte und letztendlich mit einem Kreuzer zusammen stieß, wobei beide Schiffe durch die Kollision zerstört wurden. Das Superschlachtschiff konnte ein weiteres Mal eine seiner Fusionskanonen abfeuern, wenn auch nur mit einem Teil seiner üblichen Energie, und konnte so einen weiteren Reaper vernichten. Übrig war nur noch eines der Reaper-Schiffe, das nun mit voller Wucht in das Superschlachtschiff krachte.
 

Damit endete die Aufnahme und Hacketts Abbild erschien wieder an dessen Stelle.
 

„Das Superschlachtschiff Mahlstrom wurde stark beschädigt und die Reparaturen werden Monate dauern. Wenigstens ist keine einzige dieser Kreaturen aus dem System entkommen. Sie sind alle tot.“, ertönte Sirius zuversichtliche Stimme aus dem Funkgerät.

„Wie kommen Sie darauf, dass es sich dabei um die Schöpfer der Reaper handelt?“, fragte Shepard.

„Das ist eine Theorie, die eine Anzahl unserer Wissenschaftler vertritt. Ich gebe deshalb weiter an Indra Meriviano vom Tech-Korps für weitere Details.“

Shepard erinnerte sich an diesen Namen. Die Leiterin eines sogenannten Instituts für Materialforschung, die er auf Morjan Prime traf. Sie blieb ihm vorwiegend aufgrund von diversen, kybernetischen Ergänzungen im Gedächtnis.

„Hallo erstmal, Indra Meriviano vom Tech-Korps.“, ertönte es aus dem Funkgerät. „Unser oberster Befehlshaber ist verständlicherweise skeptisch bezüglich der Theorie, das es sich bei den Kreaturen um die Schöpfer der Reaper handelt und obwohl es momentan keine eindeutigen Beweise dafür gibt, fragen können wir diese Kreaturen ohnehin nicht mehr, so gibt es eine Vielzahl von Indizien, die für diese Theorie sprechen. Es ist ganz offensichtlich, dass diese Kreaturen die Reaper nach ihrem Abbild erschaffen haben. Sie selbst sind dabei größtenteils organisch, aber stark kybernetisch verbessert. Die Technologie, die wir bislang entdeckt haben, ist in jedem Fall beeindruckend, sie ist weiter entwickelt, weist aber viele Gemeinsamkeiten mit bekannter Reaper-Technologie auf. So haben wir in ihnen Spuren des sogenannten Rohstoffs Element Zero nachweisen können. Eine Sache die uns bislang Probleme bereit ist das Alter. Das zu bestimmen erweist sich als überraschend schwierig. Die älteste Kreatur, oder zumindest dessen Implantate, die man bergen konnte, wurde auf über eine Milliarde Jahre datiert. Die meisten der Massenportale und so manche Reaper-Schiffe fallen in denselben Zeitraum. Allerdings sind das nur erste Untersuchungen. Es gibt noch erhebliche Schwankungen von so … knapp 100 bis 200 Millionen Jahren. Manche der untersuchten Funde, Wracks und Artefakte sind deutlich jünger. Komplexere Untersuchungen werden hoffentlich genauere Ergebnisse liefern.“

„Die Schöpfer der Reaper … verrückt.“, murmelte Fedorian.

„In der Tat. Als ich die Task Force Aurora gründete hätte ich niemals ein derartiges Ergebnis erwartet. Ich hätte es nicht mal ansatzweise in Betracht gezogen.“, sprach Hackett.

„Aber … warum haben sich diese Kreaturen in den Tiefen der Ozeane versteckt? Warum nicht im Weltraum? Irgendetwas ergibt da keinen Sinn.“, wunderte sich Liara.

„Eine berechtigte Frage. Wir vermuten das es daran liegt das sie noch immer größtenteils organisch waren. Es könnte eine aquanautische Spezies gewesen sein. Zumindest deuten das die ersten Untersuchungen an.“, antwortete Indra.

„Hmpf!“, grummelte Ibro ungehalten. „Seien wir doch mal ehrlich. Die Antworten auf diese Fragen sind unbedeutend geworden. Diese Kreaturen sind tot und ich persönlich hoffe, dass wir ihre gesamte, verdammte Spezies ausgerottet haben. Das ist das mindeste, was sie verdienen. Wenn nicht, wenn sich noch irgendwo irgendwelche dieser Kreaturen versteckten, dann werden wir sie finden und vernichten. Und die Reaper werden ihnen folgen. Was deren Schöpfer sich dabei dachten, was sie versuchten zu erreichen, oder was ihre Ziele waren, oder ob sie überhaupt sowas wie Ziele hatten, wir werden es wohl nie erfahren. Wir würden es wahrscheinlich sogar gar nicht verstehen. Wahrscheinlich keiner von uns. Wahrscheinlich folgten sie ihrer völlig eigenen Logik, hinter der nur sie selbst einen Sinn sehen würden. “
 

Shepard dachte darüber nach. Liara hatte Recht. Irgendetwas passte nichts ins Bild. Es war wie ein Gefühl, das er nicht erklären konnte. Da er nicht genau wusste was es war behielt er diesen Gedanken vorläufig für sich.
 

„Sie sagten sie hätten weitere Planeten zerstört. Bis jetzt wissen wir ja von Utukku und Despoina. Was war Kasio 4 und welcher Planeten wurde noch zerstört?“, forderte Wrex ungehalten.

„Kasio 4 ist für sich genommen unbedeutend. Er war ein Testschuss für die Weltenbrand. Ein Planet am äußersten Rand eines unserer Sternensysteme, der von einem kilometerdicken Eispanzer überzogen war. Wie gesagt: Nicht wirklich von Bedeutung. Der andere Planet ist Tacrath.“, erklärte einer der morjanischen Admiräle.

„Der Name … klingt bekannt.“, sprach Hackett.

„Eine der ersten Welten, die von der Batarianischen Hegemonie besiedelt wurden. Letzte bekannte Einwohnerzahl bevor die Reaper angriffen: 572 Millionen.“, meldete EDI.

Für einen Moment herrschte blankes Entsetzen. Die Morjaner hatten einen Planeten mit einer halben Milliarde Einwohner ausgelöscht.“

„Diese Maßnahme war notwendig.“, vernahm man Sirius, bevor irgendjemand etwas sagen konnte. „Der Planet befand sich tief in feindlichem Gebiet und besaß eine gewaltige Reaper-Präsenz. Wir haben dabei Hunderte Reaper-Schiffe aller Art zerstört. Schlachtschiffe, Zerstörer, Transporter und ganz besonders ihre Verarbeitungsschiffe. Ich werde nichts beschönigen. Die Bevölkerung dieses Planeten war schon so gut wie tot. Sie wären von den Reapern verarbeitet worden. Entweder als Bodentruppen, oder als Bestandteil für zukünftige Schiffe. Wir taten ihnen und uns allen damit einen Gefallen. Ich muss allerdings zugeben, dass wir Tacrath schon vor ein paar Tagen vernichtet haben. Bislang … bot sich keine passende Gelegenheit, um sie darüber zu informieren.“
 

Shepard atmete kurz durch und dachte nach. Kein Wunder das die Reaper den Morjanern ein Friedensangebot gemacht haben. Sie mussten bereits erfahren, zu was die Morjaner fähig und ganz besonders zu was sie willig waren. Natürlich würde es Stimmen geben, die sich gegen derartig extreme Methoden aussprechen, aber in dieser Situation, das musste selbst er eingestehen, gab es kaum Alternativen. So ergriff er indirekt Partei für die Morjaner.
 

„Ich habe gesehen wie Menschen … von den Reapern verarbeitet werden. Wie sie in ihre Bestandteile aufgelöst werden. Das verdient niemand.“, sagte Shepard zur Überraschung aller.

Vor allem war Shepard über sich selbst überrascht, wie kalt er diese Situation betrachtete.

„Wir taten das nicht aus Nächstenliebe. Das sind eine halbe Milliarde potentieller Soldaten weniger für die Reaper. Dadurch sollte sich der Anteil an Reaper-Kreaturen auf Basis der Batarianer zunehmend verringern. Das wird vor allem ihren Armeen helfen. Und durch den Verlust von Utukku sollten innerhalb der nächsten Wochen die Bodentruppen auf Basis der Rachni von den Schlachtfeldern verschwinden. Aber damit endet es nicht. Unsere eigenen Grenzen sind weitestgehend gesichert. Unsere Versorgungslage stabilisiert sich. Es gibt nur noch kleinere Reaper-Gruppen, innerhalb unseres Hoheitsgebietes und die sind mehr damit beschäftigt vor uns davonzulaufen. Unsere Armeen und Flotten bereiten sich darauf vor Ziele der Reaper direkt anzugreifen. Wir werden anfangen besetzte Welten zu befreien. Milliarden von Legionären sind bereit den Kampf endlich direkt zu den Reapern zu tragen!“, tönte Sirius.
 

Das war etwas, was jeder gerne hörte. Trotzdem stellte sich keiner darauf ein, dass dieser Krieg schnell vorbei sein würde. So war weitestgehend unklar, wie groß die Reaper-Armada tatsächlich war, die trotz allem empfindliche Verluste und Niederlagen einstecken musste. Es könnte Jahre, ja sogar Jahrzehnte dauern bis ein Ende in Sicht sein könnte, da die Morjaner ganz klar auf eine „konventionelle“ Lösung dieses Krieges drängten. Sie hatten als einzige die Mittel dazu. Sie würden die Reaper einfach vor sich her treiben, immer tiefer in die Galaxie hinein, wo diese dann selbst fremde Welten angreifen könnten, die sie ansonsten verschont hätten, und deren Bevölkerung dann den Morjanern entgegen werfen könnten, in der Hoffnung so etwas zu erreichen. Alle Parteien würden unablässig ihre Kräfte in den Kampf werfen bis eine Seite erschöpft wäre und dann wäre dieser Wahnsinn vorbei.

Nach während Shepard darüber nachdachte kamen ihm Pasheks Warnungen ins Gedächtnis – dass es nicht die Reaper, sondern die Morjaner sein werden, die allem Leben in der Galaxie ein Ende setzen werden und in diesem Fall sogar ein endgültiges. Shepard versuchte sofort wieder diese Gedanken zu verwerfen und konzentrierte sich auf die gegenwärtige Diskussion.
 

„Leider …“, begann Hackett. „Sieht es nicht so aus, als ob der Tod ihrer … Schöpfer irgendeinen Einfluss auf den Kriegsverlauf hat. Eine Reaktion der Reaper ließ nicht lange auf sich warten. Ich erhalte mittlerweile immer mehr Berichte über verstärkte Aktivitäten der Reaper. Orbitale Bombardements gegen mittlere und kleinere Kolonien, die bislang verschont blieben, forderten Millionen von Opfern. Etliche Sternensysteme und Versorgungsrouten werden blockiert. Die Reaper müssen Hunderte von Schiffen aus allen Teilen der Galaxie verlegt haben. Trotz ihres … Erfolges intensivieren die Reaper ihre Anstrengungen.“

„Eine Reaktion mit der zu rechnen war.“, kommentierte Liara.

„Oder ein Wechsel in ihrer Strategie. Sie versuchen auf anderen Kriegsschauplätzen die Entscheidung zu suchen, um Kräfte für den Kampf gegen die Morjaner frei zu bekommen.“, mutmaßte Fedorian.

„So, oder so, wir haben einen entscheidenden Punkt erreicht. Die Reaper sind gezwungen auf UNS zu reagieren. WIR haben endlich die Initiative.“, tönte Sirius.

„So beeindruckend das auch klingen mag, vielerorts sind es die Reaper die weiterhin den Verlauf diktieren. Und unsere Position bessert sich nicht. Im Moment verschlechtert sie sich wieder. Ich habe hier eine Meldung, dass Kahje, die Heimatwelt der Hanar, von den Reapern überrannt wurde.“, berichtete Hackett. „Besonders kritisch ist hierbei, dass die Reaper ungehindert landen konnten. Der Planet verfügte über umfangreiche, automatisierte Verteidigungsanlagen, die durch einen Computervirus deaktiviert wurden. Eingespeist wurde dieser von einem Diplomaten der Hanar auf der Citadel. Es gab Hinweise … Warnungen … Spectres versuchten dem nachzugehen, aber sie kamen zu spät.“

„Wurde dieser indoktriniert, oder gar ferngesteuert?“, fragte Shepard.

„Da sind wir uns bislang unsicher. Wahrscheinleich hat er es … freiwillig getan. Es ist bizarr. Er hat es religiös begründet … Moment … hier ist ein erster Bericht … es allgemein bekannt, dass die Hanar die Protheaner wie göttergleiche Wesen verehren.“

„Ja, die Entflammten.“, ergänzte Liara.

„Ebenso ist mittlerweile bekannt, dass die Kollektoren von den Reapern veränderte Protheaner sind und da … diese Protheaner den Reaper dienen ist es die … heilige Pflicht eines jeden Hanars ebenfalls den Reapern zu dienen.“
 

Daraufhin herrschte im Raum für einige Augenblicke Totenstille.
 

„Also ich respektiere ja die freie Religionsausübung bei jeder Spezies, aber DAS … das ist lächerlich.“, meinte Liara.

Auf einmal brach ein lautes und herzhaftes Gelächter los. Die Morjaner auf der anderen Seite fanden Liaras Kommentar ausgesprochen belustigend. Sie hatten ganz klar ihren Spaß, sehr zu, Entsetzen aller anderen. Selbst Ibro musste sich anstrengen nicht plötzlich laut loszulachen, wobei er sich nicht besonders geschickt anstellte. Es dauerte einige Zeit, bis sich alle wieder beruhigt hatten.

„Zu herrlich. Einfach zu herrlich. Das habe ich gebraucht.“, ertönte Sinaris Stimme.

„Sie sind Monster.“, meinte Liara entsetzt, als sie Ibro ansah.

Der sagte dazu nichts, machte aber fortan überhaupt keine Anstalten mehr sein Grinsen zu unterdrücken.

„War es das?“, fragte Hackett, der sein Missfallen deutlich zum Ausdruck brachte.

„Geht wieder. Geht schon wieder.“, sagte Ibro unbekümmert und auch das Lachen der anderen Versammlung war inzwischen verstummt.

„Es werden bereits Maßnahmen ergriffen, damit sich etwas Derartiges nicht wiederholt.“, kündigte Hackett an.

Aus dem Funkgerät vernahm man daraufhin erneut ein leichtes Kichern.

„Nichts für ungut.“, begann einer der morjanischen Generäle. „Aber wie kann es sein, das etwas derartig brisantes, wie eine gesamte, planetare Abwehr, von etwas derartig simplen, wie dem Zugang eines galaxisweiten Informationsnetzwerkes auf einer zahllose Lichtjahre entfernten Raumstation, sabotiert werden kann? Wie bescheuert kann man da überhaupt sein? Warum waren diese Systeme überhaupt miteinander verbunden? Kommt Ihre Ankündigung außerdem nicht etwas spät? Ich meine … ihre wichtigsten Planeten sind ja bereits verloren.“

„Es gibt immer noch … wichtige Planeten. Etwa Sur’Kesh, oder Thessia.“, hielt Liara dagegen.

„Oh … Thessia.“, begann Sirius kleinlaut. „Das bringt mich zu einem anderen Punkt. Wir haben die Asari Republiken bereits darüber informiert, aber ich sage es ihnen am besten direkt. Thessia könnte schon sehr bald Ziel eines massiven Reaper-Angriffs werden, ähnlich der der Erde, oder Palaven.“, warnte Sirius.

„Wie zuverlässig sind die Informationen?“, fragte Hackett.

„Hier nochmal Elizia … ähm … wir haben Patrouillen in diversen Sektoren im Hoheitsgebiet der Aasri … die haben eine große Ansammlung von Reaper-Schiffen in einem nahem System mit einem starken Fokus auf Großkampfschiffe entdeckt.“

„Aber wir hatten die Reaper doch bislang auf Distanz halten können! Die Asari Republiken besitzen eine der größten Flotten in der Galaxie!“, protestierte Liara geradezu.

„Naja … bislang schon … die primäre Strategie der Asari beruhte auf blitzartigen Angriffen mit denen sie vor allem die Zerstörer und Transporter ausschalteten. Der Verbund hatte dabei Informationen geliefert, um diese Operationen zu ermöglichen. Dadurch fehlten den Reapern die für eine Invasion notwendigen Bodentruppen. Ihre Großkampfschiffe sind einfach miserabel bei der Bekämpfung einfacher Bodenziele, ganz egal wie beeindruckend sie auch sein mögen. Bislang hielt sie das in der Defensive. Jetzt haben wir einen Taktikwechsel bei ihnen festgestellt. Sie halten ihre Unterstützungsschiffe zurück und versammeln ihre Schlachtschiffe … über 100 zählen wir bereits. Ich vermutete die Reaper haben inzwischen erkannt, dass wir keine schwereren Flottenverbände in der Region haben und lassen sich von unserer Präsenz nicht mehr stören. Wenn sie damit auf Thessia zusteuern, dann werden sie jegliche Verteidigung problemlos überrollen und so beeindruckend ist die nun auch wieder nicht … genauso wie ihre Flotte. Und wenn die Reaper erst einmal landen …“, erklärte Elizia.

„Kann der Verbund in irgendeiner Form Unterstützung stellen?“, fragte Hackett.

„Nein. In der Region befinden sich wie erwähnt nur kleinere Flottillen, welche die Bewegungen der Reaper verfolgen und Informationen sammeln sollen. Größere Flottenverbände operierten in den Randgebieten und einige mussten wir kurzfristig abziehen, weil sie anderenorts dringender benötigt wurden. Die Reaper haben das scheinbar durchschaut und nutzen es jetzt natürlich aus.“, erwiderte einer der morjanischen Admiräle.

„Thessia wurde seit den Rachni-Kriegen nicht mehr angegriffen. Wenn sie fällt …“, jammerte Liara.

„Die Opferzahlen werden in die Millionen gehen. Und wir verlieren unsere wichtigste Versorgungslinie für Element Zero. Das würde unseren Kriegsanstrengungen einen schweren Schlag versetzen.“, prophezeite Hackett.

„Bei der Versorgung dieses Minerals kann der Verbund kurzfristig aushelfen. Wir haben mehrere Lagerstätten in unserem Reich, darunter auch Argos 3. So manch einem dürfte der Planet was sagen. Für uns ist es ohnehin bedeutungslos, da wir nicht davon abhängig sind. Derweil stellen wir eine Kampfgruppe mit mehreren Superschlachtschiffen zusammen, nur bis die einsatzbereit sind wird es Tage dauern. Unsere Flotten sind im Moment über die ganze Galaxie verteilt. Das einzige was ich empfehlen kann ist, dass die Asari Republiken ihre Truppen so gut es geht auf den bevorstehenden Kampf vorbereiten.“, sprach Sirius.
 

Liara musste sich abstützen. Sie fühlte sich schlagartig sehr schwach. Es war der Moment auf den sie sich die ganze Zeit versuchte vorzubereiten. Der Augenblick, wenn Reaper-Schiffe durch die Wolken stießen und auf ihrer Heimatwelt landeten. Sie hatte Palaven gesehen, Bilder von der Erde. Sie wollte nicht das das auch mit Thessia geschieht, doch es gab nichts was sie dagegen unternehmen könnte. Da waren noch die Agenten und das Netzwerk des Shadow Brokers, auf das sie Zugriff hatte und bislang sehr erfolgreich eingesetzt hatte, um die Kriegsanstrengungen zu unterstützen. Kommunikation, Informationen über sicherer Versorgungsrouten, Verfügbarkeit von Personal und Ressourcen, sowie die Koordination deren Verteilung, was war wo verfügbar und wo wurde es am dringendsten gebraucht, nur um ein paar zu nennen. Trotzdem wünschte Liara sie könnte mehr tun. Den Angriff auf Thessia selbst würde sie nicht verhindern können.
 

„Nebenbei: Irgendwas von Cerberus gehört?“, fragte Sirius.

„Derzeit verfolgen wir mehrere Spuren. Viele erhalten wir durch das Zurückverfolgen sichergestellter Ausrüstung. Wir haben mehrere Firmen ausgemacht, von denen wir vermuten, dass sie eine Art Deckmantel für Cerberus Aktivitäten sind. Vertreten ist alles von Biotechnologie bis hin zu Tiefenrauminstallationen. Ebenso verfolgen wir mehrere Personen, die Cerberus möglicherweise finanzielle und materielle Zuwendungen zukommen lassen. In erster Linie einflussreiche Geschäftsleute und Politiker. Sobald wir genaueres haben erfahren sie es.“, erwiderte Hackett.

„Wenn sie Unterstützung brauchen, dann stelle ich Ihnen gerne ein paar Exekutivagenten zur Verfügung.“
 

Nachdenklich legte Hackett die Hand ans Kinn. Es hieß morjanische Exekutivagenten seien das Gegenstück zu den Spectres, allerdings waren sie innerhalb des Citadel-Raums kaum bekannt. Die Spectres hingegen hatten einen Ruf, den sie sich über ein Jahrtausend hinweg aufgebaut hatten. Andererseits waren die Morjaner auch kein unbeschriebenes Blatt und das hatte sie nur in einem Bruchteil der Zeit geschafft, vorwiegend durch das Massaker auf Illium. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt war ein derartig offenes Vorgehen aber eine schlechte Idee. Es gab immer noch zu wenig Hinweise und es könnte die wenigen Ansätze vernichten und verdächtige Personen verschrecken. Cerberus könnte binnen kürzester Zeit alle Verbindungen kappen, Verdächtige beseitigen und man müsste nochmal von vorne anfangen und das war gegenwärtig keine Option. Später, wenn man etwas Handfestes hatte, durchaus schon.
 

„Ich werde sie daran erinnern.“, erwiderte Hackett.

„Steht sonst noch was an?“, fragte Sirius.

„Von meiner Seite nicht. Wie sieht es bei Ihnen aus, Shepard?“

Shepard sah sich kurz um, wobei alle Anwesenden durch einfache Gestiken ein „Nein“ signalisierte.

„Bei uns ebenfalls nicht.“

„In Ordnung. Wir haben hier auch noch ein paar Sitzungen vor uns.“, sagte Sirius.

„Ich danke für ihre Zeit.“, verabschiedete sich Hackett.

Damit endete die Verbindung zu der morjanischen Versammlung und Ibro steckte sein Funkgerät wieder weg.

„Wenn ich nicht weiter benötigt werde, würde ich mich gerne zurückziehen. Ich habe Hunger.“, sagte Ibro.

„Machen Sie nur.“, bestätigte Shepard mit einem Nicken.

Ibro salutierte, indem er in einer schnellen Bewegung seinen rechten Unterarm anwinkelte und die Faust auf die linke Brust legte. Dann verließ er den Raum.

„Eine sehr interessante Spezies. Manch einem fällt es schwer zu glauben, dass sie von uns abstammen, andere überrascht es nicht.“, sprach Hackett.

„Sie können einen ganz schön auf Trab halten.“, erwiderte Shepard und rieb sich die Stirn.

„Halten Sie mich auf den Laufenden. Viel Erfolg, Commander.“

„Admiral.“, bestätigte Shepard und salutierte.
 

Damit endete auch diese Verbindung.
 

„Was für ein Desaster.“, murmelte Fedorian.

„Was meinen Sie?“, fragte Shepard.

„Kahje verloren, Thessia als nächstes. Nicht zu vergessen Palaven, die Erde und all die anderen Welten. Kar’Shan interessiert da schon keinen mehr. Ich frage mich wirklich wie das weiter gehen wird. Manchmal habe ich das Gefühl unser Einfluss auf diesen Krieg ist nur marginal.“

„Ich weiß was Sie meinen. Mir geht es nicht anders. Hach.“, stöhnte Shepard. „Aber im Moment können wir nicht viel machen. Wir können nur jede Gelegenheit die sich bietet ergreifen.“

Still bestätigte Fedorian das mit einem Nicken.
 

Da war ja noch der Tiegel, die protheanische Superwaffe, an der weiterhin gearbeitet wurde und die auch gute Fortschritte machte. Nur bislang war immer noch unklar was dieser Katalysator war. Das musste man irgendwann herausfinden, ansonsten würde dieses Projekt scheitern. Es gab Stimmen, die der Meinung waren die für den Tiegel verwendeten Mittel seien Verschwendung und man sollte sich lieber auf den Bau von Waffen und Raumschiffen konzentrieren, um die Reaper direkt zu bekämpfen. Solche Gedanken waren Wahnsinn. Man sah ja wie wenig man einem konzentrierten Angriff der Reaper entgegen setzen konnte, ganz gleich welche Erfolge an einzelnen Fronten erzielt wurden. Nein, der Tiegel war weiterhin ihre beste Chance. Alles andere, was diesen Krieg unnötig in die Länge zog, würde in der ganzen Galaxie nur Milliarden weiterer Opfer fordern.
 

„Ich schau dann mal was es sonst noch so zu tun gibt.“, sagte Shepard.

Damit löste sich auch diese Versammlung auf. Shepard verließ den Raum und schlenderte in Richtung des Crew-Decks. Vielleicht sollte er noch mal nach der Kroganerin sehen, sich nach ihrem Wohlbefinden erkunden. Unterwegs erblickte er Samantha Traynor, die eine Platte an der Wandverkleidung entfernt hatte und sich an den elektronischen Systemen dahinter zu schaffen machte.

„So ein Mist! Warum muss das ausgerechnet mir passieren?!“, fluchte sie, als sie diverse Platinen heraus zog und diese mit einem lauten Scheppern Shepard ungewollt direkt vor die Füße warf.

„Probleme, Traynor?“

„Oh, Commander! Bitte verzeihen Sie. Ich habe Sie nicht bemerkt.“

„Ganz ruhig. Sagen Sie einfach was los ist.“

„Ah … ok. Wir haben Probleme mit ein paar internen Systemen der Normandy. Keine Sorge, nichts ernstes. Zumindest vorerst. Unser Protheaner … mh … Pashek … hatte bei Modifikationen der Normandy mitgeholfen … Schilde, Antriebe und dergleichen. Wir haben Steigerungen von bis zu 10 Prozent. Einzelne Systeme, Schaltkreise und Verbindungen werden dadurch natürlich stärker beansprucht und das verringert deren Lebensdauer. Eigentlich habe ich vor kurzem erst einige Komponenten ersetzt, doch kurz darauf erfuhr ich von EDI, dass die Ersatzteile nicht funktionieren.“

„Sie meinen … defekte Ersatzteile?“, schlussfolgerte Shepard.

„Ich weiß, dass wir uns im Krieg befinden und die Versorgungslage vielerorts bestenfalls problematisch ist und ich will nicht egoistisch klingen, aber die Verfügbarkeit von Ersatzteilen kann über Leben und Tod entscheiden. Nicht nur bei uns, sondern auch bei anderen. Und defekte Ersatzteile …“, sprach Traynor, wobei sie sich immer mehr in Rage brachte.

„Ganz ruhig. Ich erkenne den Ernst der Lage. Sind wir aktuell … gefährdet?“

„Äh … nein … Im Moment nicht. Wir sollten noch ein paar Teile auf Lager haben … Die überprüfe ich vorher besser, bevor ich sie verbaue und fordere neue an. Hoffentlich erhalten wir nicht wieder defekte Teile. Ich könnte Informationen über deren Ursprung einholen …“

„Wie ich sehe haben Sie alles im Griff. Ich bin sicher, dass Sie diese Angelegenheit professionell lösen können.“, ermutigte Shepard sie.

„Natürlich, Commander! Sofort, Commander!“, salutierte Traynor zackig und verließ das Crew-Deck, wobei sie den elektronischen Schrott vor Shepards Füßen liegen ließ.
 

Er selbst konnte dazu nur seufzen. Shepard hob eine der Platinen auf und sah sie an. Als ob sie nicht schon genug Probleme hätten. Mit fehlerhafter Ausrüstung ins Gefecht zu ziehen war schon schlimm genug, aber es ging natürlich noch schlimmer. Beispielweise mitten im Kampf festzustellen, dass die Ausrüstung defekt war. Bislang blieb er selbst davon verschont. Jetzt schien ihn auch das einzuholen.
 

„Commander Shepard.“, vernahm er eine Stimme und erblickte Pashek hinter sich.

Shepard zuckte kurz erschrocken zusammen, denn er hatte überhaupt nicht mitbekommen, dass dieser hinter ihm wartete. Ausgesprochen subtil, geschweige leise, war er in seiner Rüstung ohnehin nicht.

„Was kann ich für Sie tun?“, fragte Shepard.

„Die Frage ist wohl eher: Wie kann ich für Sie tun.“, erwiderte Pashek.

„Okay … ganz kryptisch …“

„Die Morjaner besitzen die Mittel zur Massenvernichtung. Sie verfügen nicht über solche Mittel. Wir müssen für einen Ausgleich sorgen.“

„Ich glaube kaum, dass wir bei so etwas wie der Weltenbrand mithalten können.“

„Es gibt immer unterschiedliche Wege, um seine Ziele zu erreichen. Ich werde Sie mit vergleichbaren Mitteln ausstatten, um einen Ausgleich zu schaffen. Ihre eigenen Bemühungen gegen die Reaper werden dadurch nicht beeinträchtigt.“
 

Mit diesen Worten verneigte sich Pashek knapp und zog sich wieder zurück. Wortlos stand Shepard da, immer noch mit der einen Platine in der Hand, und wunderte sich was er davon halten sollte. Irgendwie ahnte er bereits, dass diese Angelegenheit noch ausgesprochen hässlich werden konnte und natürlich würde er garantiert mitten drin sitzen. Shepard stöhnte und fragte sich was er in seinem Leben nur falsch gemacht hatte, um das zu verdienen.
 

„Commander … Shepard.“, vernahm er eine leicht verführerisch klingende Stimme und erblickte Diana Allers zu seiner Seite, die es ebenfalls geschafft hatte sich ihm unbemerkt zu nähern.

Irgendwie hatte er völlig vergessen, dass sie eine Kriegsberichterstatterin an Bord hatten.

„Ich vermute Sie wollen ein Exklusivinterview von mir.“, begann Shepard, wobei er in Gedanken ein „Mal wieder.“ anhängte.

„Richtig geraten. Sie haben sicherlich schon mitbekommen, dass die Morjaner der Galaxie einen Planetenkiller enthüllt haben.“

„Es war schwer zu übersehen.“, erwiderte Shepard und stöhnte leicht genervt auf.

„Kommen Sie. Ich bin hier an vorderster Front im Kampf gegen die Reaper und Cerberus mit dabei und trotzdem ist mein Zugang zu verwendbarem Material eingeschränkter denn je, besonders dem richtig guten. Wir haben einen echten, lebenden Protheaner an Bord, über den ich nicht berichten darf, und einen Morjaner, der nicht will, dass ich über ihn berichte. Da bleiben mir nur noch Sie und der Rest der Besatzung.“

Shepard konnte sich keineswegs über ihre Arbeit beschweren. Ihre Berichte über die Kämpfe gegen die Reaper hatte schon so manches Rekrutierungsbüro gefüllt. Nun musste Shepard sich nur noch selbst einen Ruck geben.

„Keine Einwände … Sie machen gute Arbeit und ich bin froh Sie an Bord zu haben. Sie sollen ihr Interview bekommen.“

„Wunderbar! Gehen wir es an!“, freute sich Allers sichtlich, wie ein kleines Kind.

Shepard musste sich fragen, wie Sirius mit der Situation klar kam. Immerhin führte dieser ein ganzes Imperium an. Da wollte er nicht unbedingt tauschen.
 

„So anstrengend.“, stöhnte Sirius, als er sich zurücklehnte und streckte.

„Was soll ich sagen. Erst sind wir der Ursprung allen Übels in der Galaxie und auf einmal betteln uns alle um Hilfe an … Rettet unsere Welt! Unsere Jahrtausende alte, glorreiche Zivilisation steht vor dem Untergang, denn wir können uns nicht selbst verteidigen!“, alberte seine Schwester, Sinari, neben ihm herum, was einige Gelächter in der Versammlung produzierte.

„Ich habe hier ein paar Daten, falls Interesse besteht.“, sagte Elizia und zog ein Datenpad hervor. „Es mag verrückt klingen, aber Thessia, die Heimatwelt der Asari ist tatsächlich seit mindestens 1.800 Jahren nicht mehr angegriffen worden. Ihre Verteidigung beruht neben einer, für regionale Verhältnisse tatsächlich zahlenmäßig starken Flotten von hochmodernen Raumschiffen, vorwiegend auf dem Bündnis mit den Turianern und den Salarianern. Wahrscheinlich hätten sie in naher Zukunft auch die Menschen für sich eingesponnen. Das dieses Bündnis in der gegenwärtigen Lage keinerlei Wert mehr besitzt brauche ich wohl nicht zu erwähnen. Thessia selbst gilt als … Achtung, jetzt kommt’s … Kronjuwel der Galaxie, Gipfel der Demokratie, schlagendes Herz der galaktischen Liebe …“

„Ernsthaft! Ich esse im Moment!“, beschwerte sich einer der morjanischen Generäle

„Naja, die Fortpflanzung der Asari läuft nicht so konventionell ab, wie man es sich im ersten Moment vielleicht vorstellen mag. Es ist komplexer und ausgesprochen faszinierend …“, fuhr Elizia fort.

„Verdammt, ich ESSE im Moment.“, beschwerte sich der General erneut und die Versammlung brach wieder in Lachen aus.
 

Diese Versammlung war dabei nicht so ganz das was man sich vorstellen vermag. Bis vor ein paar Stunden waren hier, an einem großen, ovalen Konferenztisch, an Bord des Kommandoschiffes Liquidator, tatsächlich die gegenwärtige Lage und das zukünftige Vorgehen des Verbundes von dessen führenden Köpfen aus allen möglichen Bereichen besprochen worden. Vor einer Stunde machte man dann Pause und ließ sich aus der Kantine etwas liefern. Und so wurde aus dieser Versammlung kurzerhand ein großes, gemeinsames Essen. Das Ibro sie dann plötzlich in eine Konferenz mit ihren sogenannten Verbündeten schaltete war zwar nicht geplant, eine interessante Erfahrung war es alle mal. Besondere Erkenntnisse bot es nicht. Man war mit dem Essen ohnehin schon so gut wie fertig.

Die Versammlung selbst war eines der Resultate einer Umstrukturierung und Reformierung der morjanischen Führungsebene. Dabei handelte es sich um die Mitglieder des Verteidigungsrates, der an sich aufgelöst wurde. Dessen Mitglieder wurden Teil von Sirius direktem Beraterstab, der sogar noch um einige Experten aus anderen Bereichen vergrößert wurde. Sirius selbst blieb unangefochtenes Oberhaupt des Morjanischen Verbundes - der Oberste Befehlshaber. Daran würde sich nichts ändern. Die grundlegende Regierungsform blieb ebenfalls erhalten, nur die Abläufe und Mechanismen, die dahinter lagen, wurden optimiert. Ziel dieser Maßnahmen war es den Verbund im Angesicht der aktuellen Bedrohung und zukünftiger Gefahren flexibler zu machen.
 

„Also … Was machen wir mit Thessia? Wir schätzen, dass die Reaper in spätestens einem Tag über den Planeten herfallen werden.“, sprach einer der morjanischen Admiräle.

„Mh.“, brummt Sirius und dachte nach. „Aktuell können wir nichts machen. Unsere Streitkräfte sind zu weit verstreut anstatt das wir irgendetwas ausrichten können.“

„Die Sache könnte für uns von Vorteil sein. Das wird die Reaper eine Zeitlang binden. Es kann dauern, bis die sie am Boden echte Fortschritte machen. Sie wollen die Heimatwelt einer Spezies angreifen bei denen jedes Mitglied von Natur aus in der Lage ist diese Masseeffektfelder bis zu einem gewissen Grad zu manipulieren. Ihren Bodentruppen wird das deutliche Probleme bereiten. Ich vermute die Reaper werden ihre Angriffe auf die Infrastruktur konzentrieren, um die Bevölkerung von der grundlegenden Versorgung abzuschneiden und sie so zur Aufgabe zu bewegen.“, teilte Elizia ihre fachmännische Meinung mit.

„Folgender Befehl: Die Schiffe, die wir in der Nähe von Thessia haben, sollen die Asari bei der Verteidigung unterstützen, aber sie sollen nicht ihre eigene Sicherheit gefährden. Ihre Aufgabe ist es bei den Reapern Schaden anzurichten und sonst nichts. Für sie hat Thessia gegenwärtig keine Priorität.“, befahl Sirius.

„Verstanden. Es wird sofort weitergeleitet.“, bestätigte einer der Morjaner.

„Und überprüft welche Verbände wir schnellstmöglich in die Region entsenden können.“, ergänzte Sirius, denn neben der strategischen Bedeutung von Thessia waren so viele Reaper, auf ein Sternensystem konzentriert, einfach ein absolut lohnendes Ziel.

„Zu Befehl!“, erwiderten die versammelten, militärischen Befehlshaber des Verbundes.

„Gut, dann beende ich hiermit die heutige Sitzung.“, sagte Sirius und lehnte sich zurück.
 

Sirius gähnte, streckte sich, sah sich um und fragte sich wie es jetzt weiter gehen sollte. Die nächste Besprechung stand erst wieder in einem halben Tag an, wodurch er jetzt effektiv ein paar Stunden für sich hatte und er wusste bereits wie er die nutzen wollte.

„Ich … suche mal kurz nach … Oberadmiralin Taras … Ich habe mit ihr noch … was zu klären.“, sagte Sirius und stand auf.

„Viel Erfolg.“, sagte Sinari mit einem Grinsen, was ihr einige irritierte Blicke einbrachte.

Dabei stand auch Seldrana auf, die Sirius mit etwas Abstand folgte.

„Viel Erfolg?“, wunderte sich einer der Morjaner, als Sirius und Seldrana den Raum verließen.

„Augenblick … unser oberster Befehlshaber Sirius Mel’Taun und Oberadmiralin Taras Ciberan? Sind die etwa … “, stieß einer der Anwesenden aus.

„Ganz genau.“, bestätigte Sinari.

„Ich hatte … nie mitbekommen, dass es jemanden an Sirius Seite gibt … Ich hatte die beiden schon zusammen gesehen, aber … ich hatte mir nie was dabei gedacht.“, wunderte sich Elizia.

„Wieso? Neidisch?“, erwiderte Sinari mit einem Grinsen.

„Nein. Glücklich verheiratet, drei Kinder.“, entgegnete Elizia gelassen.

Nun war es Sinari, die lachte und kurzerhand fort fuhr.

„Sagen wir es so. So richtig zusammen sind sie nicht, zumindest noch nicht richtig. Ich kenne Taras persönlich. Damals war Sirius noch ihr Untergebener und sie hatte ihr Interesse an meinem Bruder … mehr indirekt bekundet. Im Moment versuche ich die beiden zusammen zu bringen.“
 

Sirius verließ den Konferenzraum, wobei sofort vier weitere Ehrengardisten in schwarzen Ganzkörperrüstungen zackig salutierten. Eine Handbewegung von Sirius reichte aus und die vier hielten ihre Position. Er selbst marschierte den Hauptkorridor entlang, wobei ihm Seldrana natürlich folgte. Die Supersoldatin war als Ehrengardistin für seinen Schutz zuständig und trotz ihres aufgeweckten und äußerst extrovertierten Charakters verfolgte sie diese Aufgabe mit äußerster Entschlossenheit. Sie und Sinari kamen dabei äußerst gut miteinander aus. Unterwegs liefen ihnen einige Besatzungsmitglieder über den Weg, von denen nur die wenigsten grüßten. Das war vor allem dem Umstand geschuldet, dass Sirius anstatt dem seiner Position angemessenen blutroten Mantel, dieses Mal eine dunkelbraune Kapitänsuniform trug und eine Schirmmütze vors Gesicht gezogen hatte. Nur die wenigsten erkannten ihn so. Übermäßige Aufmerksamkeit hatte Sirius nie wirklich gemocht und aktuell war ihm ein gewisses Maß an Anonymität lieber. Ob Seldranas Kleiderwahl dabei half war ebenso fraglich. Anstatt der für Ehrengardisten gewöhnlichen Ganzkörperrüstung trug sie Stiefel, kurze Shorts, ein kurzärmliges Hemd und darüber eine ballistische Schutzweste. Ansichtssache, was eher auffallen würde. Feste Vorschriften für Ehrengardisten gab es für es diesbezüglich nicht, höchstens bei Paraden und öffentliche Auftritten. Eine Sache worüber sich Seldrana am meisten freute war die Tatsache, dass sie doch nicht die letzte ihrer Art war. Als Minari an Bord der Pulsar durch die Reaper den Tod fand, nahm sie nur die Hälfte der existierenden Ehrengardisten mit sich. Der Rest hielt sich zu diesem Zeitpunkt zu Trainingszwecken auf Morjan Prime auf. Simple Rotation, die Seldrana völlig vergessen hatte.
 

Nach ein paar Minuten erreichten sie einen nahen Lagerraum, vor dessen Eingang sie Taras entdeckten. Sie betrachtete ein Klemmbrett und unterhielt sich nebenbei mit mehreren Besatzungsmitgliedern, die für die Verwaltung der Bestände zuständig waren. Taras hatte Sirius und Seldrana den Rücken zugewandt und merkte nicht, dass sich die beiden ihr näherten. Als Sirius weniger als 20 Meter entfernt war überkam ihn kurzerhand ein geradezu übermächtiges und unnatürliches Gefühl, das ihn regelrecht übermannte. Im schnellen Schritt hastete Sirius in einen nahen Seitengang und atmete schwer durch.

„Alles in Ordnung?“, fragte Seldrana, die ihm genau gegenüber stand.

„Nein, überhaupt nicht.“, erwiderte er.
 

Sirius verstand überhaupt nicht was mit ihm los war. Seine Herzfrequenz hatte sich erhöht, ja sogar seine Körpertemperatur stieg. Er war sichtlich nervös und konnte sich nicht erklären wieso. Etwa wegen Taras?
 

Er war ein Elitesoldat der Totenkopf-Legionen.

Er konnte zwei Jahrzehnte an Kampferfahrung vorweisen.

Er und Sinari waren die Schlächter von Tolan 2.

Zusammen hatte sie ganze Planeten vom Leben befreit.
 

Wie konnte ihn eine einzelne Person so aus der Ruhe bringen? Es war keine Angst, nein, es war irgendwas anderes und er konnte es sich nicht erklären. Er hatte mit Taras schon öfter zu tun gehabt, auch in den letzten Tagen, nur dieses Mal war irgendetwas anders. So nervös war er noch nie, noch nicht mal bevor irgendeiner Schlacht. Sirius berief sich auf sein Training bei den Totenköpfen, das trotz seines Wechsels zur Raumflotte immer noch präsent wie nie war. Er brachte seine Atmung wieder unter Kontrolle und beruhigte sich so langsam wieder.
 

„Geht es wieder?“, fragte Seldrana, die Sirius Vitalwerte mitüberwachte und sehr wohl verstand was los war.

Sirius nickte und lächelte sie an.

„Sieg, oder Tod.“, nannte Sirius den morjanischen Schlachtruf mit einem sarkastischen Unterton, was Seldrana mit einem kleinen Lacher und einem Nicken bestätigte.

„Gehen wir es an.“, murmelte Sirius und mit einem einzigen Schritt betrat er wieder den Hauptkorridor.

Weit kam er nicht, denn um die Ecke, nur einen Meter weiter, stand Taras.

Sie hatte bereits auf ihn gewartet.

„Oh Skap.“, rutschte es Sirius leise heraus.

Taras neigte den Kopf leicht zur Seite und lächelte ihn an. Leicht panisch blickte Sirius nach hinten, nur um festzustellen, dass sich Seldrana bereits abgesetzt hatte und so stand er nun Taras alleine gegenüber. Auffallend an ihr waren die schwarzen Haare, die sie schräg zur Seite gestylt hatte. Normalerweise hatte sie graues, schulterlanges Haar, doch bei einem kurzen Besuch auf der Citadel hatte sie sich ihre Haare schwarz färben lassen und war mit einer neuen Frisur zurückgekommen. Es absoluter Blickfang, dem sich Sirius nicht entziehen konnte.
 

„Sirius.“, sagte sie freundlich.

„Taras.“, erwiderte dieser notgedrungen.

„Wie ich sehe trägst Du deine alte Kapitänsuniform, die gleiche, als Du das Kommando über die Henker hattest.“

„Ja … Sie generiert nicht allzu viel Aufsehen. Das habe ich manchmal lieber.“

„Das kann ich verstehen. Ich vermutete Du hast einen besonderen Grund hier zu sein, oder?“

„Naja … Ich habe ein paar Stunden für mich und … wollte nachfragen, ob Du … ebenfalls ... etwas Zeit hast, die Du vielleicht … mit mir … verbringen möchtest.“

„Ja, das kann ich. Und das möchte ich sogar sehr gerne.“

Sirius fiel dabei regelrecht ein Stein vom Herzen und er entspannte sich sichtlich. Taras ging es da kaum anders. Man sah es ihr kaum an, aber sie war selbst ausgesprochen schüchtern. Mit der Zeit hatte sie gelernt das hervorragend zu verstecken. Wie gut, dass Sirius die Führung des Gespräch übernahm.

„Hast Du was … Besonderes … im Sinn?“, fragte Taras.

„Einen … Spaziergang zum … Observationsdeck.“, schlug Sirius vor.

Es war ein notdürftiger Einfall, der ihm in aller letzter Sekunde kam.

„Das ist ein paar Kilometer entfernt.“, entgegnete Taras.

„Ich sagte nicht, dass es ein kurzer Spaziergang sein soll.“

Taras nickte und mehr unbewusst bot Sirius ihr seinen Arm an, an dem sie sich kurzerhand hastig einhängte. Keiner der beiden hatte das geplant, doch ändern wollten sie daran nichts mehr. Gemeinsam schlenderten sie den Hauptkorridor entlang und man sah ihnen an, dass sie glücklich waren.
 

Aus einem Seitengang lunzten derweil Sinari und Seldrana ausgesprochen zufrieden hervor und konnten mit Stolz sagen ...
 

Mission erfolgreich.



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