Exitus von Flower-chan (Wenn der Feind die Natur ist) ================================================================================ Kapitel 3: Die Aquai -------------------- Kapitel 3 – die Aquai Triel beließ es dabei, vorerst. Sie würde Eva im Auge behalten, doch momentan war sie ihre einzige Chance. „Was jetzt?“ fragte sie, nachdem sie ihre Begleiterin eine Weile angestarrt hatte. Eva hatte ihre Blicke nicht bemerkt, da sie sich inzwischen der Bandage an ihrem Handgelenk zugewandt hatte. Erst, als Triel sie wieder angesprochen hatte, sah sie auf. „Wir suchen einen Ort, der sicher ist, oder?“ schlug sie vor. „Ich habe kein Ziel. Aber ich weiß, dass du eines hast, um einen Plan zu entwickeln, brauchst du eine Basis.“ Abermals konnte die Dunkelelfe nur nicken. Eva fuhr fort. „Ich habe Freunde, in einem Gebiet, nicht weit von hier. Bei ihnen könnten wir zumindest Proviant organisieren.“ „Können wir nicht bei ihnen bleiben?“ wollte Triel wissen. „Bedaure.“ Verneinte Eva. „Du wirst sehen, wieso.“ Dass Triel skeptisch die Brauen hochzog, bemerkte Eva schon nicht mehr, denn sie hatte sich umgedreht und war weitergegangen. Triel war ihr äußerst dankbar, dass sie diesmal von ihrer Wolfsgestalt absah, selbst wenn sie so schneller vorangekommen wäre. Dennoch rannten Beide. Eva schien absolut keine Ausdauerprobleme zu haben und wirkte beinahe genervt, wenn Triel keuchend um eine Pause bitten musste. Sie durchquerten das Waldgebiet und erreichten ein weitläufiges Gebirge, aus hellem Gestein, welches beinahe wie Marmor wirkte. Eva nannte diese Gegend „Kristallhöhe“ und begründete es simpel damit, dass Triel schon bald verstehen würde, was es damit auf sich hätte. In der Tat, nachdem sie die Bergwand erklommen hatten, unter anderem mit Hilfe von kräftigen Lianen, die von oben herabbaumelten, fand sich Triel in einem völlig anderem Terrain wieder. Der Gipfel der Kristallhöhe war tatsächlich aus purem, strahlendem Kristall, in Form einer Caldera von gigantischem Ausmaß. Das Gebiet war ein einziger, großer Berg. In der Mitte war ein großer See, dessen Wasser pechschwarz erschien. Um das Ufer herum nahm der Kristall eine bläuliche Färbung an, die von Türkis bis hin zu tiefstem Dunkelblau alle Schattierungen hatte. „Das hier war früher ein Vulkan.“ Erklärte Eva. „Die Magmakammer war an Industrieabfallkanäle der Menschen angeschlossen und diverse Chemikalien haben den Schlot, und das ganze Innenleben des Vulkans mit Kristall ausgekleidet.“ Triel stand mit halboffenem Mund an dem See und hatte fasziniert hineingestarrt. „Wieso ist das Wasser so dunkel?“ fragte sie. „Ist es gar nicht. Eigentlich ist es klar.“ Eva stellte sich zu ihr. „Der Kristall wird nur, je tiefer es hinuntergeht, immer dunkler. Deswegen sieht es so aus. Dieser Vulkan ist riesig. Eine ganze Stadt hätte darin Platz.“ Eva zwinkerte. „Was...?“ murmelte Triel. „Diese Freunde, die du erwähntest...“ „Genau.“ Bestätigte Eva. „Sie leben hier. Früher waren sie Menschen. Aber die Evolution hat sie an das Wasser... nun, sagen wir, angepasst.“ Sie trat auf Triel zu und beschwor eine Luftkugel um deren Kopf, tat dasselbe mit sich selbst. „Komm. Das Wasserdruck wird durch Magie ausgeglichen. Keine Scheu. Spring.“ Zögernd stand Triel am Rand des Sees, der wohl eine Pforte in das Reich von Wassermenschen war, als Eva ihr die Entscheidung abnahm und sie einfach hineinstieß. Sofort wurde sie von einem Strudel erfasst, der sie mit sich riss. Halb panisch, halb begeistert betrachtete sie beim Herabsinken den Kristall an den Wänden. Eva schoss blitzschnell an ihr vorbei. Sie war leichter und deshalb eher vom Strudel mitgerissen als Triel, besonders, da Letztere schwere Waffen trug. Die Strömung beruhigte sich wieder, als sich grünlich blaue Bauwerke aus der ungewissen Schwärze herausschälten. Sie waren filigran gebaut und beim Herangleiten stellte Triel fest, dass sie schwebten. Anmutige Gestalten, noch von der Dunkelheit verschleiert, schwebten auf sie zu, griffen sie leicht an den Armen und zogen sie kopfüber hinab. Eine der beiden Gestalten ließ eine Art Licht in ihrer Hand erscheinen. Es sah aus wie ein Irrlicht, war aber definitiv magisch. Nun erkannte Triel genauer, wer sie da begleitete. Es waren Wassermenschen. Links von sich sah sie eine feingliedrige, recht große – wenn auch Triel sie eher als „lang“ beschreiben mochte, denn in dieser unwirklichen Welt gab es keine Höhe. – Frau, zumindest glaubte Triel, dass das Geschöpf weiblich war, deren Körper vor dunkelgrünen und violetten schuppen bedeckt war, in Mustern angeordnet, leicht schimmernd, wie es bei Fischen oft der Fall war. Ihre Gesichtszüge waren ungewöhnlich, aber dennoch irgendwie schön. Zuerst einmal war das Wesen komplett haarlos. Das Gesicht wirkte scharf, hatte hohe Wangenknochen und war sehr schmal. Die Augen waren eher lidlose, silbrige Kugeln, die unter je einer schräg nach oben verlaufenden Knorpelleiste angeornet waren. Dort, wo die Nase hingehörte, besaß das Wesen nur eine leichte Erhebung mit zwei schmalen, senkrechten Schlitzen und ihr Mund was lippenlos, mit einer gespaltenen Zunge, die immer leicht zischelte. Triel glaubte, dass das Wesen so hörte. Es hatte nur kümmerliche Überreste von Ohren, die fast mit dem Kopf verwachsen waren – das Einzige, was sie noch als ehemalige Menschen auswies. An jeder Seite ihres Halses fanden sich drei gelippte Schlitze, Kiemen. Die waren auch an den Schulten und an der Taille des Wesens zu finden, sowie an den Knöcheln – oder das, was einmal ein Knöchel war. Es hatte Hände, allerdings fehlten die Fingernägel, stattdessen hatte es Schwimmhäute. Die Fingel waren zierlich, wirkten knochig und waren stets leicht gebogen. Ob das an der Anatomie lag, oder daran, dass sie schwamm, vermochte Triel nicht zu sagen. Es hatte keine Füße, sondern zwei kräftige Flossen, auf dem Rücken hatte es merkwürige Fäden, deren Spitzen schwach leuchteten und in der Strömung wogten. Beide Geschöpfe trugen zwei aus Algen gewebte Kleidungsstücke, um die Brust gewickelt, und an der Schulter zusammengehalten von einer knöchernen Spange, ein Tuch und kurze, mit Zickzackmuster versehende Hosen, in dunklen Blau- und Grüntönen gehalten. Das zweite Wesen war fast komplett silberweiß, nur hatte es am Rücken und im Gesicht türkisfarbene Muster, die sich, mit scharfen Linien und kleinen Abzweigungen, ihren Zügen anpassten. Triel war der festen Überzeugung, zwei Weibchen vor sich zu haben, sie schloss darauf, weil die Gesichter dies vermuten ließen. Eine Oberweite, wie andere Humanoide, hatten sie nicht. Wozu auch? Fische stillten ihre Kinder nicht. Die Hände der Wesen an Triels nackten Armen fühlten sich seltsam glatt und kühl an. Sie erinnerten an so glatte Steine, die durch ihre Glattheit beinahe weich wirkten. Nach einer Weile sah sie Eva wieder, die allein schwomm, nur grinsend zu ihr herüber blickte, und ihr den Daumen hoch zeigte. Die Wassermenschen geleiteten sie in einen schwebenen Pavillion und ließen sie los. „Wir sind die Aquai. Es ist noch nie vorgekommen, dass ein Vertreter deiner Art uns besucht hat.“ Wurde sie begrüßt. Es wunderte sie, dass die Stimme dieses Wesens so weich klingen konnte, mit diesen scharfen Haifischzähnen und der gespaltenen Zunge. Durch die magische Luftkugel waren alle Geräusche etwas gedämpft, aber sie konnte gut hören. „Wir brauchen Hilfe, Zeal.“ Sagte Eva, deren Stimme auch recht gedämpft klang. „Die Obere Welt ist von dem Ende aller Zeit heimgesucht worden und wir brauchen Proviant und Ausrüstung.“ Die Aqaui, Zeal, nickte verstehend. „Gern, ich hoffe nur, du erhoffst dir keine Unterstützung in Kriegsdingen. Wir können das Wasser nicht verlassen.“ „Ich glaube, deine Freundin hier ist ein bisschen überwältigt.“ Entgegnete die andere, mit einer ähnlichen, doch leicht zischelnden Stimme, als sie bemerkte, dass Triel nicht wusste, wo sie zuerst hinsehen sollte – zu den beeindruckenden Bauwerken, den schwebenden Lichtern, dem Kristall oder den majestätisch durchs Wasser gleitenden Aquai? Ertappt schaute Triel zurück zu ihren Gastgebern, zu scheu, etwas zu erwidern, als die Aquai ein wohl nett gemeintes, aber extrem skurril anmutendes Lächeln tat und sie bei der Hand nahm. „Ich heiße Laei.“ Stellte sie sich vor. „Soll ich dich etwas herumführen, während Eva das alles hier regelt? Die Stadt ist sehr groß und sehenswert.“ Triel konnte nur nicken. Sie wollte am liebsten für immer hier bleiben und schwerelos in dieser surrealen Welt herumschweben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)