Verlobung? Nein, Danke! von Phase (RobertxJohnny) ================================================================================ Kapitel 5 --------- Etwa eine halbe Stunde später – nämlich nachdem er geduscht und seine Schulsachen zusammengesucht hatte – stand Robert vor der Zimmertür seines besten Freundes. Da war er nun also, um den Plan für die kommenden Wochen weiter zu besprechen und mit Johnny für ihre Beziehung zu üben. Bei Gott, er hoffte nur, dass Johnny niemals herausfinden würde, was er wirklich für ihn empfand. Er atmete noch einmal tief durch und nahm allen Mut zusammen, dann klopfte er. Nach wenigen Sekunden hörte er Schritte und die Tür wurde geöffnet. Johnny ließ ihn eintreten und seufzte gequält auf. „Ich hatte wirklich gehofft, du hättest es vergessen“, murmelte er beiläufig und schloss die Tür hinter ihm wieder. Johnnys Zimmer entsprach vom Aufbau her dem von Robert, alleinige die Tatsache, dass Johnny weniger ordentlich war und andere Interessen hatte, unterschieden die beiden Räume. So stand Johnnys Regal nicht voller Bücher, sondern dort befanden sich neben den Schulbüchern und ein paar wenigen Romanen hauptsächlich BluRays und Videospiele. Robert überging Johnnys Kommentar und er legte seine Bücher auf eine relativ freie Fläche des Schreibtischs, ehe er einen Stuhl zu sich zog und sich setzte. „Wir haben nicht viel Zeit“, meinte er und deutete Johnny an, ebenfalls zu kommen, „Insofern sollten wir sie möglichst effektiv nutzen.“ Der Schotte zog eine Schnute. „Ich arbeite bei meinen Hausaufgaben lieber alleine.“ „Es wird dich mit Sicherheit nicht umbringen, wenn wir ein einziges Mal in deinem Leben gemeinsam die Hausaufgaben erledigen.“ Zugegebenermaßen hatte Robert selbst noch nie mit irgendjemandem zusammen Hausaufgaben gemacht. Es war für ihn eine neue Erfahrung und er wusste auch nicht wirklich, was es dabei zu beachten galt, aber irgendwie würde es mit Sicherheit schon funktionieren. Hoffte er zumindest. Für einen Moment wirkte Johnny so, als wollte er erneut protestieren. „Johnny, je schneller du deinen Hintern hierher bewegst, desto schneller bin ich auch wieder verschwunden.“ Nur äußerst widerstrebend und mit unglücklicher Miene trat Johnny zum Schreibtisch und setzte sich auf seinen Drehstuhl. Er kramte seine Sachen zusammen. „Nur dieses eine Mal“, murrte er, „Und nur wegen der anderen Sache. Wenn das nicht alles notwendig wäre, würde ich nicht mitmachen.“ „Ist mir bewusst. Was musst du noch alles erledigen?“ „Den Aufsatz für Französisch und das Aufgabenblatt in Mathe. Aber ehrlicherweise wäre es mir recht, wenn wir mit Mathe anfangen würden.“ „In Ordnung. Mathe habe ich auch noch nicht erledigt, bei Französisch kann ich dir helfen. Den Aufsatz habe ich schon Anfang der Woche geschrieben.“ Die Aufgaben, die sie als Hausaufgabe in Mathematik aufbekommen hatten, stellten sich als nicht gerade einfach heraus. Zumindest Robert tat sich schwer und er spürte deutlich Johnnys skeptischen Blick auf sich ruhen. „Was ist?“ „Warum machst du das so umständlich? Wäre es nicht einfacher“, er beugte sich zu ihm hinüber und kritzelte mit seinem Füller in Roberts Heft, „wenn du den Schritt hier weglässt und stattdessen das Ganze so rechnest?“ Robert starrte auf die Formeln in seinem Heft und dann zu Johnny. „Das soll funktionieren?“ „Bisher hat sich Frau O’Connell zumindest nie beschwert. Schau, und wenn du das hier so machst“, wiederum schrieb er ein paar Ergänzungen zwischen Roberts säuberlich notierte Aufgaben, „dann hast du außerdem gleich den zweiten Teil der Aufgabe.“ Verwundert darüber, dass Johnnys Rechnungen und Formeln tatsächlich aufgingen, sah er auf, nur um in ein grinsendes Gesicht zu blicken. „Seit wann bist du so gut in Mathe? Ich hab noch nie mitbekommen, dass du dich irgendwie am Unterricht beteiligt hättest.“ „Gegenfrage: Hast du, abgesehen vom Sport, jemals gesehen, dass ich im Unterricht mitgearbeitet habe? Ich mag Mathe und ich rechne auch sehr gerne. Es ist schön, hinter die Formeln zu kommen, die hinter den verschiedenen Phänomenen stecken. Es ist alles logisch aufgebaut und vor allem auch irgendwo nützlich.“ Robert verkniff sich eine Bemerkung darüber, ob es wohl weniger sinnvoll war, sich mit Sprachen, der Gesundheit oder auch verschiedenen gesellschaftlichen Strukturen auseinanderzusetzen. In der Tat erstaunte es ihn, dass er schon so lange mit Johnny befreundet war, aber eben erst dahinter gekommen war, dass allem Anschein nach dessen Lieblingsfach Mathematik war. Das Arbeitsblatt war schnell bearbeitet und Johnny benötigte für die Aufgaben nicht einmal halb so lange wie Robert. So verbrachte er die übrige Zeit damit, seinem Freund über die Schulter zu blicken und ihm alternative Lösungswege zu erläutern, was diesen beinahe wahnsinnig machte – er hatte schon genügend Probleme, die logischen und nachvollziehbaren Wege anzuwenden. Als auch Robert seine Arbeit fertiggestellt hatte, kostete es ihn einiges an Mühe, Johnny davon zu überzeugen, sich an seinen Französischaufsatz zu setzen. Thema war die Auseinandersetzung mit den Kriegsstrategien Napoleons, doch weder das eine, noch das andere lagen Johnny sonderlich gut. Die einzige Sprache, die Johnny wirklich sicher beherrschte und fließend sprechen konnte, war Englisch. Und Gälisch. Meist lag es an mangelnder Vokabelkenntnis, da der Schotte einfach zu faul war, sich hinzusetzen, um sich den Wortschatz einer Sprache anzueignen. Was geschichtliche Themenstellungen betraf, so konnte Johnny sich schlicht und ergreifend nicht dafür erwärmen Jahreszahlen zu irgendwelchen besonderen Ereignissen zu lernen. Nun war es also an Robert, Johnny seine sprachlichen Fähigkeiten anzubieten. Von den vier Majestics war er der einzige, der die Sprachen aller vier fließend sprechen, verstehen und auch verschriften konnte – und dabei zumeist grammatikalisch sehr sicher war. Robert wusste, dass er nicht für Johnny den Aufsatz schreiben konnte, denn es würde doch stark der Leistungssprung auffallen, doch er konnte ihm zumindest bei Formulierungen und vor allem beim Inhaltlichen helfen. Gut zwei Stunden später waren sie auch endlich mit Französisch fertig und Johnny wirkte sichtlich geschafft, was Robert dazu veranlasste, das Zimmerfenster zu öffnen, um ein wenig frische Luft hereinzulassen. „Oh Gott, ich hasse diese ganzen Sprachen. Fast jeder kann heutzutage Englisch. Es ist absolut sinnlos, dass wir das alles sprechen können müssen“, als er das sagte, warf sich der Schotte auf sein Bett und blieb eine Weile lang regungslos liegen. Robert warf ihm einen skeptischen Blick zu. „Es ist sicherlich nicht schlecht, sich auch in anderen Sprachen verständigen zu können. In der Tat können bei Weitem nicht so viele Menschen Englisch ordentlich sprechen und verstehen, wie du annimmst. Außerdem macht es immer einen guten Eindruck, sich zumindest darum zu bemühen, sich in einer Fremdsprache auszudrücken, bevor man auf das Englische ausweicht.“ Ein Schnauben war die einzige Reaktion. „Und ist es durchaus interessant, wenn man so die Gespräche anderer mithören kann, ohne dass diese einen Verdacht schöpfen.“ „Oho, Robert. Du scheinst ja ziemlich durchtrieben zu sein.“ „Natürlich alles nur versehentlich und nie beabsichtigt.“ Einige Zeit herrschte Schweigen und Johnny starrte ihn berechnend an. „A bheil Ghàidhlig agaibh?“ Zuerst zögerte Robert, ehe er leise seufzte und antwortete. „Tha. Tha Gàidhlig agam. Aber nicht ganz so gut wie Englisch oder Französisch, ich arbeite noch daran.“ „Warum hast du das nie gesagt, daingead!“ „Ganz einfach: Du hast mich nie gefragt. Und so oft habe ich dich auch noch nicht Gälisch reden hören.“ „Du kannst doch nicht einfach private Gespräche belauschen!“ „Ich habe nie jemanden ‚belauscht’. Wenn sich die Leute in meiner Gegenwart miteinander unterhalten, ist es selbstverschuldet. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand die Sprache beherrscht und somit mithören kann, ist jederzeit gegeben. Persönliches Risiko, würde ich sagen.“ Johnny starrte ihn aufgebracht und fassungslos zugleich an, fast so als wäre er ob dieser neuen Erkenntnis über seinen besten Freund wirklich wütend. „Das ist einfach nur rücksichtslos!“ „Reg dich jetzt bitte nicht deswegen auf, Jonathan.“ Ja, es mochte vielleicht nicht sonderlich nett sein. Aber Robert war früher oder später zu dem Schluss gekommen, dass es für alle Beteiligten nur noch unangenehmer gewesen wäre, wenn er jedes Mal zugegeben hätte, dass er jedes Wort verstanden hatte, das in den verschiedenen Fremdsprachen miteinander ausgetauscht worden war. Er überging den bösen Blick seines Gegenübers und fügte hinzu: „Statt über meine Sprachenkenntnisse zu sprechen, sollten wir lieber noch ein paar Einzelheiten bezüglich deines Problems klären. Und tu’ jetzt nicht so, als seist du beleidigt und möchtest die ganze Sache abblasen. Entweder wir machen das jetzt oder gar nicht, aber für deine Stimmungsschwankungen habe ich gerade wirklich keine Nerven.“ Es stand fest, dass derartige Vorwürfe und Forderungen nicht unbedingt zur Besserung von Johnnys Laune beitragen würden, aber Johnny war auf ihn angewiesen. Er würde nicht einfach so verschwinden, sondern war diesmal gezwungen sich zusammen zu reißen. „Das sind keine Stimmungsschwankungen, sondern eine durchaus berechtigte Wut!“ „Wie auch immer. Hilft es dir bei der Verlobungssache wütend zu sein? Ich denke nicht.“ Johnny brachte sich in eine sitzende Position und verschränkte seine Arme vor der Brust. Seine Miene war immer noch sichtbar gereizt und er musterte sein Gegenüber von oben bis unten. „Das ist wieder einer der Momente, in denen ich mich frage, warum ich überhaupt mit dir befreundet bin.“ „Allem Anschein nach liegt es nicht an meinem Charme. Jetzt mal im Ernst, Johnny. Wir können hier noch Stunden weiter diskutieren.“ Mit gerunzelter Stirn und nachdenklicher Miene saß Johnny eine Weile lang schweigend da und schien einen inneren Konflikt auszufechten, ob er weiterhin wütend sein sollte oder ihm aber das Vermeiden der Verlobungssache wichtiger war. Robert musste zugeben, dass ihn Johnnys heftige Reaktion erstaunt hatte. Zunächst schien er kein Problem damit gehabt zu haben, und erst als ihm klar geworden war, dass Robert wohl auch die Gespräche gehört hatte, die Johnny auf Gälisch geführt hatte, war er wütend geworden. Was wohl darauf hin deutete, dass Robert irgendetwas gehört haben könnte, was er nicht hatte hören sollen. Oder zumindest befürchtete Johnny genau das. „Okay, machen wir weiter, wo wir heute Vormittag aufgehört haben“, murmelte Johnny plötzlich und packte Robert ruckartig am Handgelenk, sodass er mit einem erstaunten Keuchen nach vorne und über ihn fiel. Er starrte den Schotten einen kurzen Moment lang mit großen Augen an und versuchte, seinen Puls zu beruhigen, während dieser ihn nur neckisch angrinste, als hätte er keinerlei Probleme damit, dass sein bester Freund und Kumpel gerade fast auf ihm lag. Gerade in Anbetracht der vorigen Unsicherheit eine Entwicklung, die in Robert eine gewisse Skepsis hervorrief. Aber gut, vielleicht hatte Johnny auch einfach über dem Beybladetraining und den Hausaufgaben eingesehen, dass er sich nicht für das, was sie taten, schämen brauchte und Robert auch nicht irgendwelche Details ausplauderte. Dass es irgendwie ja nur etwas... Geschäftliches war. Zumindest für Johnny. Robert versuchte sich erneut auf sein Gegenüber zu konzentrieren und räusperte sich. „Wenn ich mich recht erinnere, war es heute morgen andersherum“, kommentierte er in neutralem Tonfall und versuchte seine Nervosität zu überspielen. Hätte Johnny ihm nicht wenigstens Zeit geben können, sich auf die Situation einzustellen? „Wie du siehst, komme ich jetzt schon besser mit alldem zurecht, am I? Was muss ich noch lernen?“ Sie mussten lernen, dass es kein Problem war, sich zu berühren. Weder im Privaten, noch im Öffentlichen. Es war nichts Persönliches, es hatte nichts mit ihrer Freundschaft zu tun und sobald die Sache vorbei war, wäre hoffentlich alles wieder vergessen. Die andere Sache, mit der sie sich auseinandersetzen mussten, war-... Echte Paare küssten sich nun mal von Zeit zu Zeit. Das war mit Sicherheit nichts, gegen das Robert bei dieser Aktion etwas einzuwenden hatte, aber er fühlte sich so verdammt mies, wenn er Johnny für die Erfüllung seiner persönlichen Wünsche missbrauchte. „Nichts“, meinte er und machte Anstalten, sich aufzurichten, als Johnny ihn am Kragen packte und ihn festhielt. „Und was ist mit dem anderen Zeug?“ „Welches andere Zeug?“ „Du weißt, was ich meine. Küssen und so ein Kram.“ „Johnny, ich weiß nicht. Ich fühle mich nicht wohl bei der Sache.“ Der Schotte starrte ihn düster an. „Gehört das jetzt dazu, oder nicht?“ „Ja, schon, aber-...“ „Du wirst es überleben, wenn du mir einen Kuss gibst.“ „Darum geht es mir gar nicht“, Robert wirkte ernst, „Du hast gesagt, du hättest keinerlei Erfahrungen. Es kommt mir nicht richtig vor, wenn ich als dein bester Freund dir deinen ersten Kuss nehme.“ Johnny verdrehte nur genervt seine Augen. „Lass das meine Sorgen sein, okay? Und jetzt mach’ endlich. Meine Position ist weitaus unbequemer als sie ausschaut.“ Überrascht hob Robert seine Augenbrauen und befreite sich aus Johnnys Griff. „Nun, zumindest daran können wir etwas ändern.“ Er krabbelte von Johnny herunter, der ihm einen düsteren Blick zuwarf. War das Enttäuschung in seinen Augen? Robert verdrängte den Gedanken sofort wieder, fuhr sich durch die Haare und Johnny setzte sich auf, nicht ohne sich demonstrativ von Robert wegzudrehen. Allem Anschein nach war er beleidigt, dass er seinen Willen nicht bekommen hatte. „Johnny, es ist-...“ „Warum muss es bei dieser ganzen Sache eigentlich immer nach deinem Willen gehen? Was ist mit-...“ Weiter kam Johnny nicht, außer vielleicht ein überraschtes Aufkeuchen, denn Robert war nach kurzem Überlegen zu dem Schluss gekommen, dass es sinnvoller war, einfach nachzugeben, als sich die lautstarken Vorwürfe seines Gegenübers anzuhören. Kurzerhand hatte er ihn mit seinen Lippen zum Schweigen gebracht. Insgeheim ärgerte er sich jedoch, da er gerne auf einen passenderen, vielleicht ein wenig romantischeren Augenblick gewartet hätte. Aber gut, das ließ sich nun nicht mehr ändern. Aber vielleicht konnte man aus den gegebenen Umständen ihres ersten Kusses ja doch noch etwas herausholen. Während Johnny ein wenig schockiert und auch verwirrt wirkte, und seine Muskeln sich abwechselnd anspannten und entspannten, fast so, als war er sich unsicher, ob er Robert von sich stoßen oder ihn gewähren lassen sollte, bemühte sich Robert darum, einen klaren Verstand zu behalten und seine Gefühle nicht überhand nehmen zu lassen. Hätte er vorher gewusst, wie gut es sich anfühlte, Johnny zu küssen, hätte er es vielleicht schon eher getan. Als er sich endlich dazu durchrang, den Kuss zu unterbrechen, schien Johnny sich gerade mit ihrer Situation abgefunden zu haben. Anders konnte Robert es sich beim besten Willen nicht erklären, dass Johnny seine Hände um Roberts Kopf legte, und ihn näher zog, ihn dazu zwang, sich ebenso auf das Bett zurücksinken zu lassen, sodass er erneut über ihm lag. Robert hatte gar nicht die Gelegenheit sich von ihm zu lösen. Johnnys Finger gruben sich in seine Haare, suchten sich verkrampft und fast ein wenig unkontrolliert ihren Weg zu seinem Nacken, hinab zu seinen Schultern. Ohne es bewusst zu wollen, vertiefte Robert den Kuss und er musste sich zusammenreißen, sich nicht endgültig gehen zu lassen, als Johnny ein leises, unterdrücktes Keuchen vernehmen ließ. Nur unter großen Mühen gelang es Robert, sich soweit zusammenzureißen, dass er den Kuss endlich löste. Nach Luft ringend blickte Johnny zu Robert auf. Er wand sich ein wenig unter ihm, wirkte durcheinander und zitterte leicht. Für einen kurzen Moment herrschte Schweigen zwischen ihnen und beide rangen nach Fassung. Das laute Läuten der Essensglocke war eine willkommene Ausrede. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)