If Demons lose their Hearts... von abgemeldet (...and fall in Love) ================================================================================ Kapitel 1: Prolog ----------------- 1827 England, Aus dem Dunkeln der Nacht löste sich eine großgewachsene Gestalt. Der junge Mann mit dem rabenschwarzen Haar steuerte direkt auf eine Kneipschenke zu. Er wusste das diese von Menschen betrieben wurde und das jenen sofort auffiel das er anders war als sie. Aber kein Mensch erkannte ihn als Dämon, wenn er nicht wollte, dass sie ihn erkannten. Außerdem hatte er etwas Wichtiges zu erledigen. Die junge Bedienung mit dem roten lockigen Haar das ihr unter der weißen Haube hervorquoll und den niedlichen Sommersprossen im Gesicht kam sofort als er sich in die hinterste Ecke setzte. Sie starrte ihn wie gebannt an, roch nach Furcht und Faszination gleichermaßen. Es kam sicher nicht oft vor das sie einem Mann der so groß war wie er hier hatte, noch dazu mit so heller Haut und diesen glühend Rubinaugen. Zu trinken wollte er nichts. Dämonen brauchten kein menschlichem Essen oder Trinken. Einige nahmen es aus Spaß zu sich, aber Kraft schöpften sie nicht daraus. Die Kneipschenke war nur spärlich beleuchtet, es stank nach billigem Bier, Schweiß und deftigem Essen. Die Tische und Stühle waren von grober Handarbeit und hatten ihre besten tage schon sehr lange hinter sich. Die Wände und der Boden waren nur aus grobem Stein. Er konnte jeden einzelnen Menschen hier drin riechen, doch warten tat er auf jemanden wie ihn selbst. Im Anbetracht dessen was er vorhatte sollten seine Nerven eigentlich blank liegen. Aber seltsamer weise war er völlig ruhig. Das lag vielleicht daran das er noch nie sonderlich schnell aus der Fassung gebracht werden konnte. Er fuhr sich durch das rabenschwarze Haar und schloss kurz die Augen. Weit und breit war nichts was ihm gefährlich werden könnte, dennoch blieb er wachsam. Man konnte nie wissen wer versuchte sich unbemerkt anzuschleichen. Die kleine Bedingung kam noch zwei Mal. Sie fühlte sich von ihm angezogen, nichts ahnend wer er wirklich war. Also beinahe wie die Motte von dem Licht angezogen wurde. „Mein Herr, wollt Ihr wirklich nichts trinken?“ Ihre Stimme passte zu ihrer kleinen Gestalt, sie war hoch und dünn. Mit einem leicht irischen Akzent darin. Er antwortete auf Englisch, obwohl das nicht seine Sprache war. Seine Stimme war ein starker Kontrast zu ihrer, dunkel und kräftig. „Ich warte nur auf einen Freund“ Wieder lief sie auf ihren dünnen Beinen davon. Er konnte hören wie sie in die Küche hastete und mit einer anderen, die ihre Schwester sein könnte, über ihn sprach. Da es ihn nicht interessierte schnappte er nur ein paar Fetzen bewusst auf. Sie meinten irgendetwas über sein aussahen, die eine fürchtete sich, die kleine Rothaarige befand sie hätte noch nie einen schöneren Mann gesehen. Eigenartig diese Menschen und doch waren sie der Grund warum er heute hier war. Nach einer gefühlten Ewigkeit spürte er deutlich wie jemand wie er näher kam. Sein alter Freund. Die Ladentür schwang auf und ein ebenfalls sehr großer Mann kam herein. Nicht so groß wie er, aber immer noch sehr groß für einen normalen Menschen. Mhorder. Mit seinem dunkelblonden Haar das ihm etwas über die Schultern fiel und den stechend blauen Augen sah er aus wie eine nordische Gottheit. Wobei er nicht der mit dem Hammer war, das war einer der anderen. Mit etwas grimmigem Gesichtsausdruck kam er auf den Tisch zu und setzte sich gegenüber seinem Freund. Der Stuhl unter ihm ächzte. Wieder kam die kleine Bedienstete angelaufen und starrte Mhorder mit großen Augen an, doch dieser schickte sie grob wieder davon. Da er bereits ahnte weswegen er hier war, hatte er schlechte Laune. „Du bist ein Wahnsinniger, mein Freund“ Der Schwarzhaarige lächelte leicht, „Wenn dies nun erst bemerkst hast du sehr lange gebraucht“ Mhorder schnaubte und drehte den Kopf weg. Ihm gefiel die Entscheidung seines Freundes nicht, aber eben weil sie Freunde waren blieb er sitzen, statt einfach wieder zu gehen. Denn indem er hier war gefährdete er auch sich selbst. Das war ihnen Beiden bewusst. „Du bist dir deiner Sache also wirklich sicher?“ „Das bin ich“ „Ich weiß dass jegliche Warnung verschwendet Wort wäre. Also frage ich dich gerade heraus. Ist deine menschliche Geliebte es wirklich wert das du für sie dein Leben verwirkst? Das er dich töten wird muss dir klar sein“ Das war ihm klar. Er wusste genau was er tat und auch warum er es tat. Früher hatten ihn diese Zustände nie gestört, diese Ungerechtigkeit und Grausamkeit. Aber dann war Amelié in sein Leben getreten und durch sie hatte ihn Mitgefühl gelehrt. „Ich tue das in dem Wissen das ich sterben könnte, aber ich tue es eben weil ich leben will. Mit ihr zusammen. In Sicherheit“ „Aber - !“ „Hast du dich nie gefragt was mit Lilith passiert ist? Oder mit Rodos?“ Mhorder schwieg, er verzog wütend das Gesicht. Doch letzten Ende konnte er nicht wiedersprechen. Sie wussten Beiden dass solange dieser Tyrann regierte niemand sicher sein würde, weder in der Welt der Menschen noch in der Unterwelt. Und die ungute Ahnung wie Lilith und Rodos, jene die wie Mhorder und er waren, ihr Leben gelassen hatten, beunruhigte sie beide. „Wenn du das wirklich tust … dann stehe ich hinter dir“ Mhorders Worte waren eine große Erleichterung. „Das weiß ich sehr zu schätzen. Du bist mir wie ein Bruder, Mhurder“ Der andere Dämon nickte nur kurz, „Und du bist wie der meine, auch wenn wir vermutlich beide in naher Zukunft unsere Köpfe vor den Füßen werden liegen haben“ „Ich bin nicht allein“ Mhorder sah fast ein wenig überrascht auf, „Dir werden andere folgen?“ „Ich habe Verbündete in allen vier Reichen gesammelt. Und ich bin mir sicher das einige Geächtete sich meinem Vorhaben anschließen werden“ „Alle vier Reiche?“ Mhorders Stimme war laut geworden, als einige Menschen die Köpfe reckten dämpfte er seine Stimme, „Ich sage dir, mein Freund, mir scheint dein Verstand ist vernebelt“ „Ich werde jeden Mann und jede Frau brauchen“ Mhorder schüttelte den Kopf und lehnte sich zurück. „Um ihn zu stürzen brauchst du mehr als das. Gedenkst du den Engeln wirklich zu trauen? Gewiss auch sie verabscheuen ihn, jedoch verabscheuen sie auch uns“ „Der Gefahr bin ich mir bewusst, aber es geht um alles. Nicht nur um mein Leben, sondern auch das von allen anderen. Und das von Amelié und meinem Kind“ Mhorder sah ihn entsetzt an. Eine völlig normale Reaktion darauf, wenn man einem Dämon wie ihm sagte das man vorhatte mit einer Menschenfrau eine Familie zu gründen. Das sich ein Dämon seiner Art in einen einfachen Menschen verliebte war schon so gut wie unmöglich. Menschen waren schwach, anfällig was Krankheiten betraf, ihre Körper waren zerbrechlich, ihre Lebensdauer gering. Noch dazu waren sie von geringer Schönheit, einige meinten sie seien nicht besser als Vieh. Ein Mischlingskind zu zeugen war schon sehr unerwünscht. Aber dann auch noch mit einem Menschen, die schwächste Rassen die es gab – Bewahre, undenkbar! Aber er liebte Amelié über alles und das Kind das unter ihrer Brust wuchs war der Grund warum er alles riskieren musste. Sie würde einem Mischling auf die Welt bringen und diese galten unter der Regentschaft des Tyrannen weniger als Dreck. Das hieß, wenn er wollte, dass die Liebe seines Lebens und ihr gemeinsames Kind eine sichere Zukunft hatten, dann musste der Tyrann sterben. Nicht einfach nur gestürzt werden. Nein, er musste sterben. Damit das Kind leben konnte, mit seiner Mutter und seinem Vater. Er wollte sehen wie sein Kid aufwuchs. Vielleicht würde er ihm sogar ein Haus bauen, in dem sie zu dritt leben konnten. Für einen Dämon wäre das schon eine sehr seltsame Vorstellung, aber ihm gefiel sie zunehmend mehr. Er hegte den Wunsch sein Kind großzuziehen, zusammen mit der Mutter. Zwar hatte er das Gefühl das er einiges falsch machen würde, aber schon jetzt liebte er das Ungeborene. Insgeheim wünschte er sich einen Sohn. Kräftig wie er, schön wie Amelié. Er wollte sein restliches Leben mit ihr verbringen. Und vielleicht, trotz dessen das ihm die Unsterblichkeit gegeben war, würde er sich entscheiden wie ein Sterblicher an ihrer Seite in den Tod zu gehen. Er wollte nie wieder von ihr getrennt sein, auch durch den Tod nicht. Mhorder wusste das man das Kind und die Mutter töten würde, weil es sie einen Mischling austrug. Aber er wusste auch, dass ihr Vorhaben auf Messers Schneide stand. Einige hatten sich mit dem Tyrann angelegt, vor allem die Engel. Und alle waren sie von ihm und seinem treuen Dienern zermalmt worden. „Mhorder … ich verstehe es wenn du dich heraushältst. Ich würde es sogar verstehen wenn du dich auf seine Seite schlagen würdest und mich als Verräter hinstellen würdest“ Der blonde Dämon sah auf, mit wütendem Gesichtsausdruck donnerte er die Faust auf den Tisch, der in tausende kleiner Splitter zersprang. „Ich werde dir bis zum Ende treu sein, mein Freund! Ich werde mein Leben für dich geben und alles tun damit der Tyrann fällt. Das schwöre ich dir! Ich bin der letzte der von deiner Seite weicht!“ Der Schwarzhaarige lächelte. Kaum zwei Sekunden später kam die junge Bedienung angerannt, wegen des Lärms des zerbrochenen Tisches. Doch sie blieb wie angewurzelt stehen, als sie sah das keiner der Beiden Fremden noch da war. Niemand hatte gesehen wie die Dämonen gegangen waren. Gegangen um zu kämpfen. Es würde nie wieder jemand die Beiden sehen. Nur zwei Monate später wurden Mhorder in der Unterwelt hingerichtet. Das Publikum war groß, als sei es ein Spektakel. Noch einige andere wurden am selben Tag hingerichtet. Gewählt wurden die grausamsten Tode die man sich ausdenken konnte. Denn jeder sollte sich ein Beispiel daran nehmen was passierte wenn man sich mit Lucifer persönlich anlegte. Und es wurde zu einem Beispiel das sich tief einbrannte, wie heißes Eisen in die Haut. Niemand vergas jemals was passiert war. So, das wars auch schon! Das war jetzt nur ein bisschen Gerede, das erst später wichtig wird, won daher nicht grad spannend >_> Kapitel 2: Nur ein Stallbursche ------------------------------- 1852, Frankreich Frühlingsbeginn. Eine wahre Augenweide war nun der Garten hinter dem Anwesen der Familie de Brindamour. Die Blumen und Sträucher waren angebracht wie ein kleines Labyrinth und nun wo alles blühte und duftete wollte man sich nur zu gern darin verlaufen. Es war einfach wunderschön. Nur die Villa selbst war noch ein schönerer Anblick. Alles war in weiß und besch gehalten, nur der feinste Stein, nur die feinste Farbe. Der Baustil war beeindruckend gewaltig und doch filigran. Es war das hübscheste Gebäude im ganzen Viertel. Warum das so war, dürfte jedem nur allzu klar sein. Die Familie de Brindamour waren Adelige mit wirklich sehr blauem Blut und eine der reichsten weit und breit. Der Herr des Hauses, ein Mann von Wert, hatte großen Einfluss und Macht, die Dame des Hauses war eine sehr angesehene Dame und der Spross der Familie, ihr einziger Sohn genoss schon im zarten Alter einen gewissen Status. Kaum war der Name de Brindamour gefallen und das goldene Haar der Familie tauchte irgendwo auf waren alle ganz aus dem Häuschen. Selbst die Bediensteten standen höher als normale Angestellte. Dazu gehörte auch der Stalljunge, Alain Dupont. Vor zwei Monaten war er volljährig geworden. Er war mittelgroß, nicht besonders kräftig, aber auch nicht dürr. Sein strubbeliges braunes Haar saß nie wie er wollte und durch die viele Arbeit im freien war seine Haut eigentlich immer gebräunt. Seine Kleider waren immer schmutzig, was auch von der Arbeit kam. Das was er am Leibe trug gehörte seinen Herren. „Alain! Alain!“ Eines der Dienstmädchen rief nach ihm. Er legte die Bürste weg, mit der er gerade noch den braunen Hengst gebürstet hatte und wischte er sich die Hände kurz an seiner Hose ab. Dann kam er aus dem Stall. Sicher roch er von oben bis unten nach Pferd, was ihn selbst nicht störte. Die blonde Geneviéve kam auf ihn zu gerannt, die jüngste der drei Hausmädchen. Ihre blonden Locken quollen unter ihrer Haube hervor, wie immer. „Die Herren kehren zurück, Alain!“ Er nickte nur kurz, dann seufzte er leise. Ihre Herren waren schon sehr früh diesen Morgen losgefahren, wiedermal zu irgendeinen Ball oder irgendeiner Feier. Alain mochte solche Veranstaltungen gar nicht, für ihn war das nur ein Treffen von reichen Adeligen die einen Stock im Arsch hatten und nichts Besseres zu tun hatten als über die neueste Mode zu reden oder über andere Adelige herzuziehen. Nun kamen die Herren wieder zurück. Das hieß jemand musste sich um die Kutsche und um die Pferde kümmern. Um genau zu sein Alain sollte sich darum kümmern. Eine schöne große Kutsche fuhr vor, kaum dass sich Alain, das schwarzhaarige Hausmädchen Beatrice und die Mamsell vor dem Haus aufgestellt hatten. Die Kutsche war weiß, verziert mit Gold, was schon ein wenig protzig wirkte. Kaum schwang die Tür auf kam der Butler der Familie heraus. Ein alter Mann mit bereits grauen Haaren, aber freundlich wie kein Zweiter. Das Dienstmädchen und die Mamsell verbeugten sich, Alain tat es ihnen gleich, senkte aber nur den Kopf. Als erstes stieg der Herr des Hauses aus, ein großer blonder Mann, dessen Kleider teurer waren als das was ein König am Leibe trug. Er hatte stets das Haupt erhoben und sah auf jeden, ein wahrer Aristokrat eben. Seine Frau war eine edle Dame, mit spitzen feinen Gesichtszügen. Ihr blondes Haar lockte sich, doch sie trug es stets aufwendig hochgesteckt. „Dupont, die Pferde“ der Herr des Hauses lief ohne weitere an dem Jungen vorbei, „Mamsell, das Abendessen. Jetzt“ Er hob den Arm, seine Frau hackte sich ein. Zusammen mit der Mamsell und dem Butler gingen sie zum Haus. Nach der Herrin des Hauses hüpfte der letzte der de Brindamours aus der Kutsche. Seine Eltern warteten kurz auf ihn, damit er ihnen folgen konnte. Als ihr einziges Kind, ihr einziger Sohn, war er ihnen das wertvollste das sie hatten. Christian de Brindamour war kaum ein Jahr jünger als Alain. Für sein Alter war er nicht besonders groß. Ein dünner hübscher Junge mit kräftigen blonden Locken, welche er eindeutig von seiner Mutter hatte. Auch die großen Amethyst-Augen hatte er von ihr. Blass war er wie alle Adeligen. Mit einem hellen Lachen sprang er dem Hausmädchen entgegen. Die schwarzhaarige Beatrice, die sonst nie lächelte, tat dies doch, als sie ihn sah. Alle Angestellten, besonders die drei Hausmädchen liebten Christian. Das war nicht sonderlich verwunderlich. Christians Eltern waren vornehme Leute, die sehr auf Sitte und Status achteten. Das hieß sie waren herablassend wenn sie jemanden vor sich hatten, der weit unter ihrem Stand war. Selbst ihre Angestellten behandelten sie herablassend. Was normal unter dem Adel war. Christian war anders. Er kam mit jedem gut aus. Alain sah den Herren nur kurz nach. Den knappen, kalten Befehlston war er schon gewohnt. Er arbeitete schon seit er zwölf war hier. Der Hausherr behandelte seine Angestellten manchmal wie Dreck, aber damit kam Alain klar. Zusammen mit dem Gärtner schnallte der Braunhaarige die Pferde ab. Dann brachte er die beiden Tiere in den Stall. Wo er sie bürstete. Danach verteilte er Wasser, Futter und Heu. Von Geneviéve bekam er immer ein paar Äpfel, die er den Pferden gab. „Hier, für euch“ Er lächelte während er dem Hengst über den Hals fuhr und ihm den Apfel auf der Hand anbot. Das Tier ließ sich nur zu gern von ihm streicheln und nahm sich den Apfel, die großen weichen Lippen des Pferdes kitzelten seine Handflächen. Als Alain hier her gekommen war hatten die Tiere vor ihm gescheut. Damals hatte er gedacht sie würden ihn einfach nicht mögen, so wie der Rest der Welt. Er hatte gedacht selbst die Tiere würden ihn verabscheuen. Aber es hatte sich geändert. Es war ein hartes Stück Arbeit gewesen das Vertrauen der Tiere zu gewinnen, doch er hatte es geschafft. Und er war sehr froh darüber. Immer wenn es ihm schlecht ging konnte er in den Stall gehen, die Tiere waren immer für ihn da. Sie stießen ihn nie weg. Taten ihm nie weh, wie es die Menschen immer taten. Oder besser gesagt getan hatten, seit er hier arbeitete ging es ihm eigentlich ziemlich gut. „Alain!“ Der Braunhaarige drehte sich um, im Stalltor stand der junge Adelige. Mit seiner Vorliebe für helle Kleidung von den teuersten Marken, mit den edelsten Materialien und besten Stoffen war er hier absolut Fehl am Platz. Wobei es egal wäre ob er sich schmutzig machte, seine Kleider trug er immer nur einmal. Mit einer Hand in der Hüfte stand er da und grinste. Frisch gebadet und frisch gekämmt, also ganz anders als Alain. „Wie geht es meinen Pferden?“ Wollte der junge Adelige wissen. Der Braunhaarige nickte. Der Stall der de Brindamoures fasste ein halbes Dutzend Pferde. Eines davon gehörte Christian. Eine schöne schneeweiße Stute, die er Lily getauft hatte. Wenig überraschend war, dass auch der Sattel weiß war. „Gefüttert und gebürstet, junger Herr“ „Gute Arbeit, Stallbursche“ Alain grinste, „Das ist mein Job“ Die beiden sahen sich direkt an, was eigentlich unerhört war. Für einen Stalljungen wie ihn war es üblich den Blick unterwürfig gesenkt zu haben. Dann fingen sie an zu lachen. So zu tun als seien sie Herr und Diener war nichts weiter als ein Witz. Schließlich waren sie seit fast sechs Jahren die besten Freunde. Das klang unmöglich, wenn man sah wie epicht Christians Eltern auf Etikette und Stand waren. Sie sahen es auch überhaupt nicht gern wenn der Blonde etwas mit Alain unternahm, doch sie sagten nichts dagegen. „Schon fertig mit dem Essen?“ „Ja, es war sehr lecker“ Christian kam näher und streckte die Hände nach dem braunen Hengst aus. Seine Hände waren schlang, seine Finger viel weicher als die von Alain. Der Blonde hatte auch noch nie auch nur eine Minute gearbeitet. „In zwei Wochen kommt meine Verlobte zu Besuch“ Auch wenn Christians Ehe kaum nach seiner Geburt arrangiert worden war schien er seine Verlobte wirklich sehr zu mögen. Alain selbst hatte sie nie gesehen. Jedoch wusste er, dass ihre Eltern streng gläubig waren. So sehr, dass sie alle ihre Kinder in ein Kloster gegeben hatten. Christians Verlobte war freiwillig dort geblieben. „Wir treffen uns auf einem schönen Ball. Ich kann es kaum erwarten, wir haben uns schon bestimmt zwei Jahre lang nicht gesehen. Wie sie wohl aussieht? Ich freu mich schon total“ er lachte sein helles Engelslachen, „Hey, Alain, hab ich mich verändert? Sag schon, hab ich, ja?“ Er sah über seine Schulter zu Alain, der auch lachen musste. Seine Stimme war viel tiefer. „Nein, kein Stück. Du bist immer noch ein kleiner Idiot“ Christian lachte wieder, drehte sich um und knuffte den Braunhaarigen gegen die Schulter. Das tat er nicht fest, selbst wenn er fest zugeschlagen hätte, hätte Alain es kaum gespürt. Besonders stark war der Blonde nicht. Nur gut dass sie die besten Freunde waren, jeder andere Adelige würde Alain für solche Worte bestrafen lassen. Christian war da ziemlich locker, er nahm dem Braunhaarigen solche Worte nicht übel. Schließlich war es nur Spaß. „Ich möchte, dass du mich begleitest“ „Zurück ins Haus?“ „Nein, mit zum Ball. Morgen.“ Alain verzog das Gesicht. Er mochte diese Veranstaltungen überhaupt nicht. Christian hingegen liebte sie, er liebte es zu tanzen, mit anderen zu reden, zu trinken, ein bisschen im Mittelpunkt zu stehen. „Ich bin kein Aristokrat wie du“ Christian sagte oft Dinge ohne darüber nachgedacht zu haben, vielleicht war ihm entfallen das Stallburschen wie er nichts bei den Feierlichkeiten des Adels zu suchen hatte. Wobei diese Tatsache schon ziemlich ins Auge fiel. „Ach was, ich besorge dir etwas Hübsches zum Anziehen, dann fällt das niemandem auf“ der Blonde lächelte, „Komm schon, das wird lustig“ Ja-aa, das sagte er immer. Denn für Christian war so ziemlich alles lustig. Das hieß aber nicht, dass Alain es lustig fand. Schon oft hatte er ihn mit auf irgendwelche Feste geschleppt und bis jetzt hatte der Braunhaarige noch nie Spaß gehabt. Er seufzte, Christian würde ja doch keine Ruhe geben, „Das wird der letzte Gefallen sein den ich dir tue“ Der Blonde lachte wieder hell und glücklich über Alains Entscheidung, „Das wird sicher lustig“ Alain seufzte und schloss die Augen. Oh ja, das würde so lustig. Aber nicht für ihn. Zwei Wochen später roch er nach Seife und steckte in einem alten Anzug von Christians Vater. Das wusste dieser nicht, denn wenn er es wüsste würde es ihn ganz und gar nicht gefallen. Der braune Stoff schmiegte sich angenehm weich an Alains Haut, auch wenn die Kleider ein wenig zu groß für ihn waren. Das lag daran das der Hausherr viel größer war als der Braunhaarige. Die Farbe war nun auch nicht Alains Geschmack, aber er sah tatsächlich ganz schick aus. Was nun aber auch nichts daran änderte das sein Blick skeptisch auf die große Villa gerichtet war. Er und Christian, der sich mal wieder in weiß geworfen hatte, gingen mit vielen anderen gerade zum Eingang, wo die Lakaien schon mit Tabletts und Getränken warteten. Christian war schon ganz aufgeregt und zappelig. Alain hingegen sah schon den langen, langweiligen Abend vor sich. Wie er in der Ecke stehen würde, mit einem Glas Wein in der Hand. Beinahe am Einschlafen, während sein blonder Freund sich irgendwo rumtrieb. „Soll ich dir – „ „Nein, danke“ Alain hob nur abwehrend die Hände. Er hatte definitiv keine Lust das ihm jemand vorgestellt wurde oder er jemandem vorgestellt wurde. Im Moment wollte er einfach nur das der Abend so schnell es ging wieder zu Ende ging. Christian nahm sich ein Glas und spazierte munter weiter. Nachdem sie die Eingangshalle passiert hatten, traten sie in die gewaltige Halle ein. Alain schaute nicht schlecht bei all diesen Maßen an Menschen. So viele ausstaffierte, aufgeblasene und angeberische Aristokraten, in ihren schicken Kleidern und Geschmeiden. Wahrlich, dies war einer der 10 Orte an denen er nie sein wollte. „Oh! Da ist Laurie! Lass sie uns begrüßen!“ Wer auch immer Laurie war, Alain wollte es nicht wissen. „Lass mal, geh du und ich … na ja, ich such mir mal was zu futtern“ Christian war sofort einverstanden und verschwand in den Menschenmengen. Das waren wirklich sehr … sehr viele Leute. Vermutlich würde er den Blonden nun für sehr lange Zeit nicht mehr sehen. Da sollte er sich wirklich etwas zu essen suchen. Kaum eine halbe Stunde später saß er etwas abseits von den anderen an einen kleinen Tisch, in der Hand ein halbleeres Glas, vor sich einen leeren Teller. Wie er es vorausgesehen hatte, er langweilte sich hier zu Tode während alle anderen feierten. Er wünschte sich gerade ziemlich heftig er wäre nicht hier hergekommen. Dafür hatte er definitiv etwas gut bei Christian. Ernsthaft, warum schleppte dieser ihn immer wieder auf solche Feste? Das Kichern von drei jungen Mädchen drang zu ihm herüber. Er sah auf, genau als die drei auch zu ihm sahen. Weil er nichts Besseres zu tun hatte lächelte er einfach. Die dreie lächelten zurück, dann steckten sie kichernd die Köpfe zusammen. Diese Mädchen sahen nicht schlecht aus, wenn er jedoch um eine von ihren werben wollte, dann musste er schon etwas Besseres sein als ein gewöhnlicher Stallbursche. Nun gut, eigentlich war seine Familie nicht in so armen Verhältnissen geboren worden. Wer sein Vater war wusste er nicht, dieser Mistkerl hatte seine Mutter schon vor seiner Geburt verlassen, was der Grund war das seine eigentlich als normale Bürgerin geborene Mutter von ihrer Familie verstoßen worden war, nachdem sie schwanger geworden war. Sie hatte sich mit Zofenarbeit durschlagen müssen, um sich und Alain zu ernähren. Letzten Endes hatte sie das zu Grunde gerichtet. Sie war immer kränker geworden und war schließlich gestorben. Damals war er zehn gewesen. Zwei Jahre lang lebte er von der Hand in den Mund auf der Straße. Er hatte täglich Prügel eingesteckt, weil er so klein gewesen war und sich nicht hatte wehren können. Und wer beschützte schon ein Kind von der Straße. Ach ja, doch da war jemand. Es war damals ein riesiger Zufall gewesen das er Christian über den Weg gelaufen war. Der junge Adelige hatte ihn damals zu sich geholt, nachdem sie sich angefreundet hatten. Ein vornehmer Aristokrat, der als Prinz durchgehen könnte und ein kleiner dreckiger Bettelknabe. Fast ein Wunder. Alain musste lächeln. Wäre Christian nicht gewesen würde er vermutlich schon nicht mehr leben. Oder schlimmeres. Plötzlich drang ein anderes Geräusch an seine Ohren. Wieder hob er den Kopf, doch diesmal waren es keine schnatternden Mädchen. Ihm blieb fast die Luft weg, als ein einen jungen Adeligen sah, der sich von der Menge entfernte. Dieser sah eindeutig genervt aus, gelangweilt von der Gesellschaft in der er sich befand. Sein rabenschwarzes Haar glänzte seidig in dem Schein der Kerzen. Seine Haut wirkte blasser als die der anderen Adeligen, aber das stand ihm gut. Sie wirkte sogar noch heller wegen den dunklen Kleidern die er trug. Dieser Junge musste ungefähr in demselben Alter sein wie Christian. Klein und dünn von der Gestalt, fast zierlich. Doch er bewegte sich mit einer Eleganz wie Alain es noch nie zuvor gesehen hatte. Der Junge musste ein Aristokrat der höheren Kreise sein, das stand außer Zweifel wenn man sich seine feinen Kleider ansah und wie er sich bewegte. Alain starrte ihn einfach nur an, er hoffte inständig der Junge würde sich nur einmal umdrehen, damit er sein Gesicht ganz sehen konnte. Und als würde er den Blick des Braunhaarigen spüren drehte sich der Schwarzhaarige auch um. Noch nie zuvor hatte Alain so jemanden wie diesen Adeligen gesehen. Er war sehr hübsch. Und da war etwas an ihm, etwas das der Braunhaarige nicht zu deuten vermochte. Aber es war etwas das Alain auf eine Weise anzog die er bisher noch nicht gekannt hatte. Seine großen Augen die von dichten langen Wimpern umrahmt wurden sahen Alain direkt an. Und diese Farbe. So herrlich grün, wie zwei Smaragde. Wer war das? Hoffe mal das Kapi war nicht zu langweilig^^° Kapitel 3: Adel und Diener -------------------------- Dieses Kapitel ist Miyabie gewidmet, fürs liebe Kommis schreiben ^^ Schnell senkte er den Blick, wie unhöflich jemanden anzustarren. Glücklicher weise lief er nicht rot an. Dieser Reaktion war Alain nicht mächtig. Was sollte er jetzt machen? Hingehen und ansprechen oder sitzen bleiben und so tun als wäre nichts gewesen? Vielleicht kam der Adelige auch rüber zu ihm? Nein, vermutlich eher nicht. Wer würde schon zu so einen unscheinbaren Kerl wie Alain gehen. Allein schon das seine Haut gebräunt war ließ darauf schließen das er hier eigentlich nicht hingehörte. Hingehen. Aufstehen und Hingehen. Aber was wenn er schon weg war. Alain sah schnell hoch und verdammt, der junge Adelige war tatsächlich schon nicht mehr zu sehen. Aber dort war eine Tür, gleich daneben hatte er den schwarzhaarigen gesehen. Vielleicht war er hinausgegangen? Ohne zu zögern stand Alain auf und ging hinaus. Die Flügeltür aus Glas führte hinaus in den Garten, der in der Nacht kaum mehr als von Sternen und dem Vollmond erhellt wurde. Durch seine dunklen Kleider und das schwarze Haar fiel der junge Adelige kaum auf. Aber Alain konnte schon immer gut in der Dunkelheit sehen. Was sollte er sagen? Er war vielleicht ein Idiot, einfach jemandem hinterherzulaufen und nicht mal zu wissen wie er diesen ansprechen sollte. Vermutlich würde nur dummes Gestammele aus seinen Mund kommen wenn er ihn jetzt versehentlich öffnete. Rumstehen und starren konnte er aber auch nicht. „Und ich dachte schon, ich sei der Einzige dem es hier nicht gefällt“ Platzte es aus ihm heraus, ohne das er es verhindern konnte. Der Versuch locker zu klingen war nicht sonderlich gelungen und vermutlich hatte er den Jungen jetzt fürchterlich erschreckt, als er ihn einfach so hinter ihm stehend angesprochen hatte. Der junge Adelige drehte sich zu ihm um, kein bisschen erschrocken. Er wirkte eher etwas kühl, sein Blick war ausdruckslos. Jedoch sagte er nichts, weswegen Alain schnell die Hand ausstreckte, um wenigstens etwas höflich zu sein. „Mein Name ist Alain“ ihm kam noch der Gedanke über seine Identität zu lügen, da war es aber schon zu spät. Aber selbst wenn er sich ein wenig mit einem „de“ interessanter gemacht hätte, hätte er doch nicht über den ganzen Adelskram Bescheid gewusst und wäre schnell als Lügner aufgeflogen. Was noch schlechter wäre. Der Schwarzhaarige sah ihn recht kühl an, „Ihr seht nicht so aus als würdet Ihr hier her gehören“ Was für eine schöne helle Stimme, klar und wohlklingend. Und doch klang er ein wenig herablassend, wie es für Adelige fast normal war. Da war er wohl an einen ziemlich eingebildeten Aristokraten geraten, schade eigentlich … Da seufzte der Junge, „Von diesen ganzen hochwohlgeborenen Speichelleckern habe ich mehr als genug. Leider ist die Abwesenheit bei solch langweiligen Veranstaltungen inakzeptabel“ Oh, vielleicht würde es doch noch ein nettes Gespräch werden. So Hochmütig schien er dann doch nicht zu sein, außerdem teilten sie da einer Meinung. Es gab nichts Langweiligeres als solche Feiern. Und scheinbar waren sie beide nicht gerade freiwillig hier. „Nun, ich bin nicht hochwohlgeboren“ Alains Lächeln würde nicht erwidert. Der junge Adelige gab sich noch immer eher distanziert, entweder war er ziemlich hart erzogen worden oder es lang einfach in seinen Charakter. „Das sehe ich. Gehört Ihr zu den Duponts aus Lyon?“ „Ähm, nein“ war Lyon nicht eine Stadt, verdammt, er kannte sich da schlecht aus, „Ich lebe seit einigen Jahren hier“ „Mein Wissensstand scheint lückenhaft zu sein, ich sollte mich genauer informieren welche Händler hier vor Ort sind“ er hielt Alain offenbar für einen reichen Händler. Jemand der zwar nicht zur Aristokratie gehörte, aber dennoch Geld genug hatte um sich mit diesen abzugeben. Einige Adelige hatten ein Problem mit solchen „Neureichen“, dieser hier scheinbar nicht. Am besten beließ Alain es dabei. „Ihr arbeitet mit Tieren?“ Wie kam er denn jetzt darauf? Aber eigentlich ja schon, wenn man bedachte, dass er nur ein einfacher Stallbursche war, „Ja, mit Pferden. Wie habt Ihr das erraten?“ „Ihr habt Tierhaare an Euren Kleidern“ Zum ersten Mal zeigte der junge Adelige Interesse an dem Gespräch. Alain war nicht ganz klar wie er das geschafft hatte. Vielleicht mochte der Schwarzhaarige Pferde? Alain hatte es hier jedoch mit einem wachen klugen Geist zu tun. Als er prompt an sich herunter sah, fand er kein einziges Pferdehaar. Das hieß dieser Junge hatte ihn sehr genau gemustert, ohne dass es Alain aufgefallen war. Dieser Junge gefiel ihm immer besser, auch wenn er sich nicht recht erklären konnte warum das so war. Und dabei kannte er noch nicht einmal seinen Namen. „Ich habe mir vor ein paar Tagen einen Araber-Hengst zukommen lassen, von Kagan Hajjar“ Er tat mal so als ob er wüsste von wem gesprochen wurde, nur gut das er sich ein wenig mit Pferden auskannte, vielleicht konnte er ja so ein wenig punkten, „Sehr stolze und schöne Tiere, aber auch sehr störrisch“ „Dessen bin ich mir bewusst“ der junge Adelige machte nun sogar ein paar Schritte auf Alain zu, „Ein anderes kam für mich nicht infrage“ Nun wo sie kaum einen Meter voneinander entfernt standen starrte Alain den Jungen nur noch an. Er war kleiner als der Stalljunge mit dem strubbeligen braunen Haar. Sein rabenschwarzes Haar umrahmte sanft sein blasses Gesicht. Seine großen Grünen Augen, mit den langen, dichten Wimpern waren direkt auf Alain gerichtet. So ruhig und gefasst, ein klein wenig unterkühlt und doch war es unmöglich in ihnen zu lesen. Er hatte noch nie jemanden wie ihn gesehen. Für einen Moment schien sein Herz stehen zu bleiben. Seine Hände kribbelten fürchterlich, am liebsten hätte er den Adeligen gepackt und – und -! Schnell wandte er den Blick ab. „Hey“ platzte es aus Alain heraus, „Wie wär’s wenn du deinen Eltern Bescheid gibst das du schon mal nach Hause gehst, dann können wir beide weg gehen und uns ein bisschen amüsieren. Ich kenne eine sehr gute Schenke“ Schon als die hübschen Gesichtszüge des Schwarzhaarigen versteinerten wusste er, das er besser den Mund gehalten hätte. „Meine Eltern sind tot“ „Das tut mi – „ „Außerdem trinke ich nicht und schon gar nicht so einen billigen Fusel“ Ganz toll gemacht, er war nicht nur in ein Fettnäpfchen getreten, nein er hatte gleich einen Köpfer direkt hinein gemacht. Aber nicht nur in eines. „Ich – „ „Einen schönen Abend noch, Monsieur Dupont“ mit diesen Worten drehte sich der junge Adelige um und wollte gehen. Das konnte Alain nicht zulassen, er griff nach dem Arm des Jungen. Als er ihn festhielt sah ihn dieser überrascht an. „Du hast mir deinen Namen nicht gesagt“ Dann wandelte sich die Überraschung in Gereiztheit um. Mann, auch wenn er gereizt war sah er noch schön aus. Wobei ein lächeln sicher – „Scheinbar hat auch Ihr Wissensstand Lücken“ Mit diesen Worten riss er sich von Alain los und ging schnellen Schrittes zurück hinein in das Gebäude. Der Stalljunge wollte ihm zwar hinterher, doch es war zu spät. Sein junger Adeliger war klein genug um sofort unter all den Menschenmassen unterzugehen. Verdammt! Er hatte es mal wieder gründlich vermasselt. Und dabei hatte er noch immer nicht herausgefunden was so besonders an diesem Jungen gewesen war, das er einfach nur mit ihm reden wollte, um in seiner Nähe sein zu können. Alain wollte ihn wiedersehen. Unbedingt. Er war sich nicht klar darüber warum, aber er wollte ihn ganz dringend wieder sehen. Wollte seine Stimme wieder hören. Wollte ihn … lächeln sehen. „Hey Alain!“ Er wäre vor Schreck fast gestorben. Christian sah ihn völlig verständnislos an, was Alain denn jetzt plötzlich hätte. Ihm zu erklären, dass er ihn erschreckt hätte würde jedoch zu nichts führen. „Hast du Spaß?“ Japp, tierischen Spaß hatte er. Deswegen war er auch ganz aus dem Häuschen, dass er so einen genickten Eindruck machte täuschte nur … „Können wir jetzt endlich gehen?“ Er hatte absolut keine Lust auch nur noch eine Minuten hier zu bleiben. Und wenn Christian noch bleiben wollte, würde Alain alleine nach Hause laufen. Den Weg würde er schon finden … im Dunkeln der Nacht … irgendwie eben. „Klar“ Gott sei es gedankt. Das nächste Mal würde er von Anfang an sagen, dass er nicht mitgehen würde. Nie wieder solche … da fiel ihm etwas ein. „Christian“ „Ja?“ „Hast du diesen Jungen gesehen, der vor mir rein kam? Nicht besonders groß, schwarzes Haar, grüne Augen. Einer aus der obersten Schicht denke ich“ „Du meinst Joel?“ Joel. „Ich weiß nicht wie er hieß“ „Wenn du den nicht besonders großen Jungen mit schwarzem Haar und grünen Augen meist, der zu den reichsten Familien gehört meinst mit dem du draußen gestanden hast, dann war es Joel de Lioncourt“ der blond gelockte lächelte, „Und Joel kenn ich natürlich“ Joel de Lioncourt. Zu einer der reichsten Familien … da hatte er dann gar nicht so falsch gelegen mit seiner Vermutung. Das erklärte auch einiges. „Woher?“ Christian ging erst einmal seinen Mantel holen, dann machten sie sich auf dem Weg zur Kutsche, die man ein paar Straßen weiter hingestellt hatte. „Ich kenne ihn schon seit wir Kinder sind. Unsere Väter waren befreundet, sie haben manchmal auch Geschäfte zusammen gemacht. Und immer wenn wir zu ihnen oder sie zu uns kamen habe ich mit Joel gespielt. Meine Verlobte ist eine de Laval, seine auch“ Es hätte klar sein dürfen das jemand mit einem solchen stand wie sein – also wie der junge Adelige auch schon seit klein auf verlobt war. Dennoch gefiel Alain diese Tatsache gar nicht. „Wenn ihr euch schon so lange kennt, warum habe ich ihn die letzten Jahre nie auf deinem Anwesen gesehen?“ Es hatte geklungen als seien Christian und Joel Freunde gewesen. Aber in den letzten sechs Jahren, in denen Alain mit Christian befreundet war, war der Name Joel nie gefallen. Und Alain kannte alle von Christians Freunden. Kamen auch jede Woche neue dazu. Der Blonde sah etwas bedrückt aus. „Erzähl ich dir zu Hause“ „Warum?“ Christian war doch sonst so redselig, oft so schlimm das man ihm sagen musste das er bitte still sein sollte, was meistens nichts brachte. Und er konnte keine Geheimnisse für sich behalten, es genügte schon ihn ein wenig zu drängen, dann rückte er mit der Sprache heraus. Aber erst als sie in der Kutsche saßen und fuhren. „Joel war ziemlich süß als er klein war“ „Kann ich mir vorstellen, also was ist passiert?“ „Er war auch sehr lieb“ „Christian“ „Es gab einen Unfall, damals war Joel elf Jahre alt“ der Blonde sah aus dem Fenster, es war komisch ihn so bedrückt zu sehen, das war ziemlich ungewöhnlich für ihn, „So weit ich weiß war er und seine Familie gerade auf dem nach Hause weg, als sie von Räubern überfallen wurden. Er hat als Einziger überlebt. Ein fahrender Händler hatte ihn aufgegriffen und zu Verwandten gebracht hat. Bei seinen Großeltern war er einige Jahre im Ausland, bevor er wieder nach Frankreich und trat sein Erbe an. Er … ist jetzt ein ganz anderer“ Alain hatte schweigend zugehört. Deswegen hatte Joel so gereizt reagiert als er von seinen Eltern gesprochen hatte. Der Braunhaarige redete auch nur sehr ungern über seine Mutter. Sie beide hatten ihre ganze Familie verloren. Er war wirklich ein Trottel. Aber wenigstens wusste er nun den Namen. Er wollte Christian am liebsten fragen wo Joel wohnte, doch wie kam er überhaupt auf die Idee diesen zu besuchen? Sein Gehirn war wohl ganz matschig geworden während er auf dieser Veranstaltung gewesen war. Die schweren grauen Tore fielen hinter Joel ins Schloss. Wieder einer dieser sinnlosen Veranstaltungen. Wieder viel zu viele sinnlose Gespräche. Wieder verschwendete Zeit, die er für andere Dinge hätte nutzen können. Für wichtigere Dinge. „Darf ich Euch Euren Mantel abnehmen, Herr?“ Sein Hausmädchen Beony stand wie aus dem Nichts neben ihm. Mittlerweile hatte er sich daran gewöhnt und erschreckte sich nicht mehr. Früher war er immer zusammengezuckt. Hatte einen Angriff erwartet. Er warf ihr seinen Mantel zu, wenn sie diesen schon unbedingt haben wollte. Beony war eine mittelgroße dünne Frau, ihr langes blondes Haar hatte sie zu einem lockeren Zopf geflochten. Objektiv betrachtet war sie hübsch, er jedoch betrachtete sie mit Ekel. Denn Beony war kein Mensch. Sie lächelte, das tat sie immer, einer der Gründe warum er ihr nicht traute, mal von dem abgesehen was sie wirklich war, „Wollt Ihr etwas essen? Oder darf ich Euch zu Bett geleiten?“ Weder noch. Er aß nicht viel und er schlief nicht viel, außerdem ließ er sich nicht von so was wie ihr ins Bett bringen. Erstens war er kein kleines Kind mehr und zweitens wollte er sie nicht mal in seiner Nähe haben. „Ich verstehe, Herr“ meinte sie mit engelsgleicher Stimme, da sie erraten hatte was er dachte. Schnellen Schrittes durchquerte er die Eingangshalle. Das sein Anwesen so düster wirkte passte zu seiner Stimmung. Finstere Umgebung passend zu finsteren Gedanken. Das alles in schwarz und hell bis dunkelgrau gehalten war, war jedoch nur Zufall. Das Anwesen war schon ziemlich alt. Er hatte nicht vor etwas daran zu ändern. Ihm gefielen die Gargoyle auf dem Dach und die Kälte, die das Gemäuer verströmte. „Ist er schon aufgewacht?“ Beony senkte den Kopf, „Das ist er. Bitte, lasst mich ihn töten. Bitte, Herr. Er ist ein widerlicher Kerl, er wird Euch nur Ärger machen“ Sie war von Anfang an dagegen gewesen das Joel sich noch einen wie sie ins Haus holte, doch er hatte es als nötig gesehen, da er nicht weiter kam. Er brauchte noch mehr von ihrer Sorte, damit er an sein Ziel kam. „Ihr seid alle widerlich“ Mit diesen Worten stieß er die Tür runter zum zweiten Keller auf. Das Schöne an diesem Anwesen waren unter anderem auch die Geheimtüren und Gänge. Die Zellen die sie unten hatten, für Gefangene. Oder ins einem Fall solche Dinger. Doch kaum hatte er den Fuß auf die erste Stufe gesetzt, um mit einem silbernen Kerzenleuchter runter in die Dunkelheit zu treten, ertönte ein Schrei. So markerschütternd das er Gänsehaut bekam. Das war ihm schon lang nicht mehr passiert. Wieder schrie es von unten. Man konnte sogar die schweren Ketten rasseln hören, als ob jemand rasend vor Wut daran zerrte. Da hatte sich jemand noch nicht damit abgefunden das er jetzt ein Sklave war. Vielleicht sollte Joel noch ein paar Tage warten. „Beony“ „Ja, Herr?“ „Lass ihn noch ein paar Tage hungern“ Kapitel 4: Begegnung bei Bacht ------------------------------ Christian war grundsätzlich kein Frühaufsteher. Wenn es ging schlief er bis Mittag durch, doch leider hatten seine Eltern da etwas dagegen. Die standen schon vor dem Krähen des Hahnes auf. Und ihn warfen sie dann meist so um neun Uhr vormittags aus den Federn. Aber zumindest war sein Guten-Morgen-Aufweck-Kommando einfach traumhaft. Eine ihrer drei Mägde durfte ihn wecken. Und sie waren immer so lieb und sanft zu ihm. Manchmal kamen sie auch zu zweit oder zu dritt. Heute war es Eveline, die Fürsorgliche. Sie zog die Vorhänge nur ein Stück zurück, damit ihn das Licht nicht blendete, dann kam sie zu ihm ans Bett und begann ihm durchs Haar zu streichen. „Aufwachen, junger Herr“ flüsterte sie ihm mit zärtlicher Stimme zu, „Aufwachen, der Tag ist schön, die Luft ist klar. Und es gibt Frühstück“ Der letzte Satz den sie noch hinzufügte war eines der wenigen Dinge, die ihn sofort wach machten. Unter Anweisung der Mamsell zauberten die Mägde ihm immer sehr leckere Sachen, meist Süßspeisen. Denn er liebte Süßes. Christian könnte den ganzen Tag Süßes essen, von früh bis spät. Na ja gut, meistens machte er das auch. Trotzdem beklagten seine Eltern sein mangelndes Gewicht und seine mangelnde Größe. Angezogen hatte er sich schnell, er meinte auch schon den Duft des frischen Kuchens im Haus riechen zu können, was ihn zur Eile antrieb. Eveline wunderte sich zu Recht, normalerweise war er schrecklich faul und kam kaum in Gang. „Werden meine Eltern mit mir speisen?“ „Nein, junger Herr, die werten Herren mussten zu einem geschäftlichen Termin vor etwa einer Stunde. Sie wünschten das ich Euch dies ausrichte“ Das kam nicht gerade selten vor, dass sie anderweitig beschäftigt waren. Sie hatten ziemlich viel zu tun. Aber immer wenn sie weg waren, hieß das, dass er Alain ins Haus holen konnte. Christian verstand nicht warum seine Eltern darauf bestanden das Alain oder einer der anderen mit am Tisch sitzen durften oder warum sie wollten, dass er sich von dem Stalljungen fernhielt. Doch was sie nicht wussten, machte ihnen auch nichts aus. „Rufst du Alain?“ „Natürlich“ Eveline lächelte und ging, nachdem sie ihm beim Anziehen geholfen hatte, mit ihm runter in den Speisesaal, wo die lange mit Gold verzierte Tafel schon fertig gedeckt auf ihn wartete. Es roch so himmlisch nach Kuchen und frischen Früchten. Beatrice wartete auch schon, mit einer Kanne Wasser. Christian mochte Tee nicht so, Milch gab es nur manchmal und Wein gab es wenn erst später, mal davon abgesehen, dass er noch keinen trinken durfte. Bier fanden seine Eltern als unschicklich. Er wusste aber, dass Alain schon oft Bier getrunken hatte, er hatte gemeint es würde dem Blonden nicht schmecken. Der Braunhaarige kam nur ein paar Minuten später herein. In seinem strubbeligen Haar hing noch Stroh. „Hey! Willst du Kuchen, ja?“ Alain schüttelte den Kopf, er mochte solche süßen Sachen nicht so sehr. Was Christian überhaupt nicht verstehen konnte. Er versuchte jedes Mal aufs Neue seinen Freund irgendetwas zu Essen anzudrehen. Wenn es ums Essen ging waren sie grundverschieden, Christian mochte Beispielsweise Gemüse und Fleisch nicht besonders, Alain schon. „Gehen wir ausreiten? Oder in die Stadt?“ Alain trat unruhig von einem Fuß auf dem anderen, „Um ehrlich zu sein … müsste ich mal für ne Weile weg … alleine“ Erst sah der Blonde seinen Freund fragend an, dann lachte er, „Ok“ „Geht das wirklich in Ordnung?“ „Du gehst doch öfters mal weg“ Es wäre nicht das erste Mal das Alain allein in die Stadt wollte. Christian wusste nicht was er dort machte, er hatte es dem Blonden nie gesagt. Aber es würde schon nichts schlimmes– Ah! Pudding! Er schaufelte sich etwas davon auf den Teller. „Äh … ja. Dann erledige ich mal die Sachen für deinen Vater und danach meinen Kram. Könnte also später werden, bis ich wiederkomme“ „Ist ok“ „Was sagst du deinem Vater?“ „Keine Ahnung, ich lass mir was einfallen. Wahrscheinlich fragt er gar nicht“ „Danke“ Christian war kein besonders guter Lügner, man sagte ihm sogar immer er könne es überhaupt nicht. Selbst Alain sagte das. Er mochte es auch gar nicht zu lügen. Das kam ihm immer so falsch vor, dass er sich dann ziemlich schlecht fühlte. „Hey!“ „Hm?“ „Willst du Kuchen?“ Alain musste lachen, „Selbst wenn ich wollte, du würdest ihn mir wegessen“ Am späten Abend war Alain mit allem fertig. Aufträge dort aufgeben, Stoff dort abholen, ein paar Nachrichten verteilen. Er mochte es überhaupt nicht den Laufburschen zu spielen, doch anscheinend machte Christians Vater das mir Absicht. Er mochte Alain gar nicht und schickte ihn nur zu gern weit weg. Weg von Christian. Mit dem Stoff im Gepäck lief er dir Straßen entlang. Es würde schon bald dunkel werden. Für ihn ging es aber noch nicht nach Hause. Erst wollte er noch eine Kleinigkeit tun, etwas das man ihm nicht aufgetragen hatte. Er sah es als seinen persönlichen Luxus. Er sagte Christian zwar immer, wenn er etwas Zeit für sich haben wollte, aber er sagte ihm nie was er dann machte. Bis jetzt hatte sein Freund nie Fragen gestellt. Aber das war typisch für ihn. Alain wollte jetzt nicht sagen das Christian naiv wäre, aber … gut, genau das war Christian. Als er in die nächste Straße einbog sah er schon die erste Prostituierte, die sich aufreizend an die Wand lehnte und ihren nackten Oberschenkel präsentierte, da sie ihr Kleid auf einer Seite ein wenig eingeschnitten hatte. Kaum ein paar Meter weiter stand noch eine. Und noch ein paar Meter weiter wurden es immer mehr. Natürlich wollte Alain zu keiner von ihnen. So ein Mann war er nicht. Ok, das war nicht ganz richtig. Als er das erste Mal hier her gekommen war, hatte er vorgehabt bei einer von ihnen zu liegen. Damals, es war kaum ein Jahr her, war er es leid gewesen das die Männer in den Schenken immer davon schwärmten wie es war, eine Frau zu nehmen. Alain hatte lange überlegt und war zu dem Ergebnis gekommen, das er ja so wieso nie heiraten würde. Sein Stand war so gering, da würde ihn doch eh keine nehmen. Außerdem war es nicht sein Wunsch eine Familie zu gründen. Noch hinzukam, dass es immer noch weit verbreitet war, das man bis zur Ehe jungfräulich blieb. Da er nun aber nicht heiraten und würde und auch nicht wollte gab es nur zwei Möglichkeiten. Niemals Beischlaf haben oder sich eine suchen, die unverheiratet war und nicht mehr jungfräulich. Und weil er so gut wie nie unter Leute kam und vermutlich nie ein hübsches Mädchen dazu kriegen würde mit ihm zu gehen … na ja, war er eben hier her gekommen. Aber schon auf den ersten Blick hatte es ihn angeekelt. Die meisten Frauen hier nahmen die Männer einen nach dem anderen – Ohne eine Pause dazwischen zu machen. Es roch ekelhaft. Waschen taten sich einige der Frauen nur selten. Sie waren alle nicht im besten Alter oder was noch schlimmer war, viel zu jung. Mal davon abgesehen dass einige krank, nicht besonders hübsch oder von Freiern unschön behandelt waren. Er hatte sich so schäbig gefühlt überhaupt hergekommen zu sein, dass er gleich wieder gehen wollte. Alain war sogar so gut wie davon gerannt und dabei hätte er fast jemanden übersehen, der dringend Hilfe gebraucht hatte. In einer Seitengasse, in die die Prostituierten gingen, wenn sie einen Freier hatten und nicht extra ein Zimmer aufsuchen wollten, hatten zwei Männer eine junge Frau angegriffen. Mit Sicherheit hätten sie sie nicht nur verprügelt und ausgeraubt, sondern auch vergewaltigt. Da sie nur eine „dumme Hure“ sei. Alain hatte die die junge Frau gerettet. Lucretia war vor einigen Jahren mit einem Schiff hier her gekommen, sie hatte ihm nie erzählt aus welchem Land. Nur das dort krieg geherrscht hätte und sie deshalb flüchten musste. Auf sich allein gestellt hatte sie sich ähnlich wie Alain allein durchschlagen müssen. Und so war sie zur Hure geworden. Kein besonders schönes Schicksal. Doch in gewisser Weise ähnelten sie sich in diesem Punkt und das hatte sie verbunden. Um es kurz zu halten, sie hatte sich dadurch bedankt, dass sie mit ihm geschlafen hatte. Er war zwar gekommen, Lucretia war da ziemlich gut, aber so wirklich gefallen hatte es ihm nicht. Auch als sie es einige Monate später wiederholt hatten. Und als sie ihm eine ihrer Kolleginnen und Freundin geschickt hatte, war es dasselbe gewesen. Seit dem hatten sie es nicht mehr miteinander getan. Und doch kam er immer wieder hier her, denn er mochte Lucretias Gesellschaft. Sie war in gewisser Weise eine gute Freundin. Sie wusste Dinge über ihn, die sonst niemand wusste. Mit ihr konnte er über Dinge reden, über die er mit Christian nicht reden konnte. Weil dieser es nicht verstehen würde. Christian war sein bester Freund und eigentlich auch so ziemlich Alains einziger Kumpel, aber manchmal – nein, sogar oft – war er einfach noch ein ziemlicher Kindskopf. Und ziemlich realitätsfremd. Sein bester Freund sah nicht, dass auch so viel Schlechtes in der Welt passierte, weil er immer gut behütet worden war. Alain aber wusste es. Und es quälte ihn manchmal. Mit Lucretia konnte er zum Beispiel über seine Mutter und ihren Tod reden. Mit Christian ging das überhaupt nicht. „Suchst du Lucretia?“ fragte ihn eine der käuflichen Frauen, eine der Älteren, „Die ist hinten, in ihrem Zimmer“ Er dankte kurz. Mittlerweile wussten einige der Frauen schon was er wollte, wenn er hier herkam und beachteten ihn gar nicht mehr. Das einzige was sie interessierte war Kundschaft. Und was hier für noble und angesehene Männer verkehrten, sie alle wären bloß gestellt würde es die Gesellschaft erfahren. Vor allem weil es sehr viele reiche und verheiratete Männer waren. Lucretia besaß ein kleines Zimmer, in einem Haus, in dem nur Huren wohnten und auch ihre Arbeit verrichteten. Es roch nicht besonders gut. Sie jedoch war eine von denen, die auf Sauberkeit und Hygiene achteten. Wie leichtsinnig das sie trotz der Kriminalität ihre Tür nie abschloss, sondern nur anlehnte. Alain klopfte und es kam ein „Herein“. Als sie ihn sah entspannte sie sich. „Du kommst spät“ „Hatte noch einiges zu erledigen“ Ihr Zimmer war trostlos. Alles in demselben Braunton, das einzige was sie hier am Mobiliar hatte waren ein wackeliges Bett, einen Tisch ohne Stuhl und einen Schrank, in dem die Türen fehlten. Mehr konnte sie sich nicht leisten. Oder vielleicht hätte sie sich mehr leisten können, wenn sie auf ihr Laster verzichtet hatte. Seit vor zwei Jahren eine Zigarettenfabrik aufgemacht hatte, rauchte sie leidenschaftlich gern, auch wenn das ganz schön ins Geld ging. Deshalb roch es hier immer nach diesem schrecklich beißenden Rauch. Sie schien das gar nicht mehr zu stören. Lucretia setzte sich aufs Bett, Alain lehnte sich lieber an den Tisch, auch wenn sie ihr Bett sauber hielt, wusste er nicht wer schon alles darin gelegen hatte. Immer wenn in seinem Haus Bettwäsche weggeworfen werden sollte, weil sie ein kleines Loch hatten oder einfach zu alte wurden, brachte er ihr diese mit, damit sie ihr Bett öfters frisch beziehen konnte. Lucretia schlug ihre langen Beine übereinander und stützte sich leicht zurückgelehnt auf ihre Hände. Sie war objektiv betrachtet eine hübsche Frau. Kaum Mitte zwanzig. Ihr langes hellbraunes Haar wellte sich leicht und fiel ihr bis zur Hüfte. Sein Typ war sie nicht. Was Alain aber am besten gefiel waren ihre großen goldbraunen Augen. So eine Augenfarbe war selten. Selten. Das waren auch grüne Augen. Die grünen Augen dieses Adeligen. Und diesen fand Alain hübsch, auch wenn er ihn nur einmal gesehen hatte. Der Moment als er sich zu ihm umgedreht hatte, hatte sich in sein Gedächtnis eingebrannt. Genau wie seine Stimme. „Was gibt es Neues?“ Sie holte ihn aus seinen Gedanken zurück. Schnell legte er die Taschen ab und seufzte, als er sich streckte. Wenn er hier war betrieben sie etwas Smalltalk, manchmal wurden sie tiefgründiger, aber nicht immer. Dann verzog er sich wieder. Das war für sie beide eine angenehme Abwechslung. „Er hat mich schon wieder auf so eine Feier geschleppt“ „Dummkopf“ Sie wusste schon wer mit „Er“ gemeint war, nannte aber Alain einen Dummkopf. Auf den Mund gefallen war sie nicht. Eigentlich konnte sie sich ganz gut wehren, mit Worten und auch anderweitig. „Sag mal … sagt dir der Name Joel de Lioncourt etwas?“ Sie überlegte kurz, wahrscheinlich ging sie die Liste ihrer Freier durch, dafür wäre Joel aber dann doch etwas zu jung. „Hab ich schon mal gehört, Lioncourt müssen ziemlich reiche Leute sein. Warum fragst du?“ Wahrlich, er war ein Dummkopf. Jetzt musste er erklären warum er so dumm gefragt hatte. Kurz überlegte er sich ob er lügen sollte, dann seufzte er. „Auf dieser Feier war ich in einem von den Anzügen von Christians Vater unterwegs. Einer der Adeligen hielt mich für einen Händler und wir kamen ins Gespräch. Er war … ganz anders als die anderen Adeligen. Es war seltsam als er mich angesehen hat, ich hatte plötzlich nur noch Watte im Kopf. Und dann hab ich ihn verscheucht … „ Wieder seufzte er. Noch immer hatte er keine Ahnung was in ihn gefahren war, dass er einfach drauflos geplappert und es sich dabei total verscherzt hatte. Und dabei … wollte er Joel wieder sehen. Vermutlich würde er gleich bei der nächsten Feier freiwillig mit Christian mitgehen, nur in der Hoffnung, dass er Joel wiedersehen würde. „Ich fühle mich komisch seit dem … „ Das tat er wirklich. Noch nie zuvor hatte er sich so gefühlt, noch nie zuvor hatte eine Person bei ihm solche Wünsche ausgelöst. Was war nur mit ihm los… Lucretia kicherte. Alain verzog das Gesicht, „Was ist daran so lustig?“ „Ich dachte mir schon, dass du mit Frauen nicht viel anfangen kannst“ Hä? Was meinte sie denn jetzt – O-ooh! Alain lief knallrot an. Wie konnte sie ihm so was unterstellen? Er hatte schon mit Frauen geschlafen! Nur eben noch nicht mit der Richtigen! „Ich mag doch keine Männer!“ Wieder kicherte sie, fing sogar richtig das Lachen an. Sonst mochte er es wenn sie lachte, weil sie sonst nicht viel lachte. Genau wie er eigentlich. Doch jetzt nervte es ihn, machte ihn sogar ein wenig sauer. Toll, sie machte sich über ihn lustig… Zeit zu gehen. Es war draußen so wieso schon dunkel. „Auf Wiedersehen!“ fauchte er, schnappte sich seine Sachen und stampfte hinaus. Sie hörte aber nicht auf zu lachen. „Ich sage den anderen Mädchen sie wollen sich von Lioncourt fern halten, sollte er mal hier vorbeischauen, okay?“ „Du kannst manchmal so gehässig sein!“ Konnte sie wirklich. Aber eigentlich bei ihm nie! Er hatte ihr immer alles sagen können. Und plötzlich, als er sich ihr anvertraute machte sie sich doch über ihn lustig. Er würde für lange Zeit sicher nicht mehr herkommen! Das er seit dem jeden Tag an Joel dachte war schon etwas ungewöhnlich. Aber das musste noch lange nichts bedeuten! Lucretia lag falsch, wenn sie es überhaupt ernst gemeint hatte. Dass er die Frauen, die er bisher gesehen hat nicht attraktiv gefunden hatte lag einfach daran das er noch nicht die eine gefunden hatte. Er suchte auch nicht nach ihr. Wenn sie da war, war sie da. Dann würde er sich von ihr angezogen fühlen – Das … Unmöglich. Nein. Er hatte sich … zu Joel hingezogen gefühlt, aber … nein, das konnte nicht sein. Ausgeschlossen. Das musste … Alain schreckte hoch. „Lucretia?“ Jemand war da. Er konnte deutlich spüren, dass ihm jemand folgte. Verdammt, er durfte nicht so tief in Gedanken versinken! Wenn es Lucretia war wollte sie sich sicher entschuldigen, er würde ihr aber dann nicht zuhören. Alain blieb stehen. „Das ist nicht mehr witzig, Lucretia“ Wieder raschelte etwas. Etwas das größer war als die zierliche Prostituierte. Das war sie nicht. Seine Muskeln spannten sich plötzlich an, bereits los zu rennen oder zu kämpfen. Je nachdem was er tun musste. „Wer ist da!“ Er hörte jemanden atmen. Oder vielleicht eher etwas? Es klang mehr wie ein keuchen, ein rasselndes Keuchen. Doch er konnte nicht sagen woher es kam. Es knackte mehrmals, er drehte sich herum, da war aber nichts! Es kam näher. Er spürte es. Spürte, dass ihn jemand beobachtete. Wenn er nur sehen könnte wer da war. Oder wie viele. Jemand knurrte, fletschte die Zähne. Alain sprang herum, bereit sich zu stellen. Und wieder war niemand zu sehen. Vielleicht sollte er einfach schnell laufen. „Chucho asqueroso!“ Kaum hatte er gemerkt, dass jemand hinter ihm war, der ihm ins Ohr knurrte, wurde er auch schon gepackt und durch die Luft geworfen. Vor Schreck stieß er einen Schrei aus. Der Versuch sich mit den Händen abzufangen ging gründlich schief, er schürfte sich die Handballen auf und es knackte äußerst unschön im rechten Handgelenk. Er keuchte auf vor Schmerz, konnte sein Gesicht aber vom Boden fern halten. Ausgerechnet seine Schlaghand. Was zur Hölle war das eigentlich?! Ihm blieb nicht die Zeit sich umzudrehen. Sein Angreifer war schnell und erwischte ihn mit was auch immer im Gesicht. Unfähig den Stoß abzufangen rollte er über den Boden und wurde dadurch gestoppt, dass ihn jemand erneut trat. Voll in den Bauch. Alain schrie auf vor Schmerz, er schmeckte schon Blut vom Schlag ins Gesicht, jetzt stieg ihm die Galle hoch. Jemand lachte. Oder eher gackerte lachend. Und das wie verrückt. WAS war das! Ihm blieb keine Zeit darüber nachzudenken. Er wurde am Arm gepackt und mit einer Wucht die kaum menschlich sein konnte gegen die Wand gedonnert. Es fühlte sich an als würde sämtliche Luft aus seinem Brustkorb gedrückt und als sein Kopf gegen den Stein stieß schoss eine Welle von schmerz durch seinen Körper, das ihm nicht nur richtig übel, sondern auch schwarz vor Augen wurde. Sein ganzer Körper wurde von Taubheit überrollt. „Cosa repugnante!“ Sein Angreifer war vor ihm. Hielt ihn am Hals gepackt. Mehr reflexartig als willentlich griff er nach dem Arm, der ihn zu erwürgen drohte. Dann endlich erhaschte er einen Blick auf den Fremden. Wenn seine Luftröhre nicht gerade zerquetscht worden wäre, hätte er vermutlich geschrien. Denn was er sah war keineswegs ein Mensch. Der Mann vor ihm war mittelgroß. Seine Haut ledrig, fast ein wenig geschuppt und mehr grau als Hautfarben. Da wo die Nase hätte sein sollen waren kaum mehr als Schlitze und sein großer Mund war voll mit krummen, gelben Zähnen. So lang und scharf wie bei einer Raubkatze. Doch das widerlichste waren seine Augen. Sie waren milchig, mit Schlitzpupillen, aber keiner Iris. Sie waren weit aufgerissen und auf Alain gerichtet. Er oder besser es stank wie die Kanalisation. Seine Kleidung sah auch aus, als hätte er sie aus dem Müll gefischt. Auch wenn Alain nicht wusste was passierte, wusste er in diesem Moment eines ganz genau: Dieses Wesen würde ihn töten. Hier. Jetzt. Von allem an was er als letztes in seinem erbärmlichen leben hätte denken können war es dieser eine Moment, in dem sich Joel zu ihm umgedreht hatte. Dann wurde alles schwarz. mal wieder ein unkreativer Titel <_< Trotzdem hoffe ich das euch das Kapitel gefällt hier sind die Übersetzungen für das, was klein Monsterchen von sich gegeben hat Chucho asqueroso – span. Ekelhafter Mischlings-Rüde Cosa repugnante – span. Widerliches Ding sollte jemand spanisch können - VErmutlich ist die Übersetzung falsch hab nur den Google-Übersetzer benutzt ^^° *hust, hust, kann kein spanisch, hust, hust* Kapitel 5: Dämonen und andere Ekel ---------------------------------- Joel stöhnte angewidert. „Beony…“ „Natürlich, Herr“ Sein Hausmädchen, die brav einen Meter abstandhaltend hinter ihm gelaufen war, die Hände ineinander und den Kopf geziemt gesenkt, ohne einen Mucks von sich zu geben während sie unterwegs waren, war pfeilschnell. Sonst so still und folgsam zeigte sie nun ihre wahre Natur. Auch dies ekelte Joel, genauso wie dieses Wesen, das sich gerade über diesen Menschenjungen hermachte. Er hatte diesen schreien hören und dieses Ding knurren. Beony hatte sie sicher schon früher gehört, aber nichts getan. Nun packte sie die Bestie, behielt allerdings ihre menschliche Form. Joel hatte ihr verboten sich ihm in ihrer richtigen Form zu zeigen. Sie riss es von dem Mensch weg, der wie ein nasser Sack zu Boden fiel und liegen blieb. Vielleicht war er schon tot. Konnte Joel egal sein. Während er langsam näher trat, in der Hand eine gezogene Waffe für alle Fälle, sah er zu wie Beony das andere Wesen auseinander nahm. Immer darauf bedacht keine Spuren an sich und um sich herum zu hinterlassen. „Kannst du dich nicht ein bisschen beeilen?“ Er hatte heute noch was vor, nämlich seinen täglichen nächtlichen Spaziergang zu beenden, nach Hause gehen und schlafen. Ihre Augen blitzten auf, als sie zu ihm sah, was er gar nicht mochte, denn es waren ihre echten Augen die zu ihm sahen. Joel sah weg. Dann knackte es ziemlich laut. Sie hatte das andere Wesen ohne groß zu zögern in zwei Teile zerrissen. Als nächstes hörte man nur noch das dumpfe Aufschlagen der Leichenteile und schon im nächsten Moment das zischende Knistern eines Feuer. Eines magischen Feuers. Innerhalb von wenigen Minuten würde das andere Wesen zu Asche verbrannt sein. Dabei ächzte und zischte es äußerst abartig. Das musste er sich wirklich nicht anhören. „Lebt er noch … ?“ Schnell strich Beony ihre Hausmädchenkleider glatt und glitt neben dem Opfer auf den Boden. Kurz fühlte sie nach Puls, dann stand sie schon wieder auf. „Ja, mein Herr. Was soll ich mit ihm machen? Er hat viel gesehen. Soll ich ihn auch ausschalten?“ Sie würde es tun und für einen Moment überlegte Joel, ob sie den Jungen nicht auch ins Feuer werfen sollte. Doch was konnte er schon gesehen haben? Ein seltsames Wesen das ihn angegriffen hatte. Selbst wenn er aufwachte und sich erinnerte, glauben würde es ihm niemand. Es gab also keinen Grund ihm etwas zu tun. „Nein“ Dann drehte er sich um und ging. Flink wie sie war, war Beony gleich wieder hinter ihm. Einen Meter Abstand haltend. Die Hände vor ihrem Schoß ineinander, den Kopf gesenkt. Er ließ seine kleine Waffe wieder in die Tasche gleiten. Zwar musste Beony ihm aufs Wort gehorchen, dennoch vertraute er ihr kein Stück. Diese Waffe war auch da um sie gegen sie einzusetzen. „Was war das für ein Wes – Nein, warte. Ich will es gar nicht wissen“ Er … atmete. Erst ganze wenig, dann immer kräftiger. Wie als kehrte er mit kleinen immer größer werdenden Schritten ins Leben zurück. Das hieß also … er lebte? AHHH! Ja, er lebte noch, solche Schmerzen bedeuteten eindeutig, dass er noch am Leben war! Sie brachen so plötzlich über ihn herein, er hätte aus Leibeskräften geschrien und sich gewunden, wenn er schreien oder sich regen hätte können. Doch, was war passiert? Alain erinnerte sich nur dunkel an alles. Er war bei Lucretia gewesen. Dann … war er angegriffen worden … von … Er riss die Augen auf. Und stöhnte vor Schmerz. Irgendwo brannte ein Feuer. Irgendwo. Von dem Wesen war nichts zu sehen. Hatte es ihn doch nicht … ? Aber da war doch noch jemand. Bitte, nicht noch so ein Ding. „Lebt er noch … ?“ Diese Stimme! Er kannte sie. Das war – Nein, unmöglich. „Ja, mein Herr“ Den Rest verstand er nicht mehr, was die Frau sagte. Er versuchte den Kopf zu drehen. Wollte sich vergewissern ob er wirklich richtig gehört hatte. Dabei schmerzten sein Kiefer und sein Hals so sehr, dass es ihm Tränen in die Augen trieb. Und doch, auch wenn sein Blick verschwommen war, erkannte er dieses Gesicht wieder! Er würde es immer wiedererkennen. Es hatte sich zu tief in sein Gedächtnis gebrannt. Es war Joel. Mit seinem Hausmädchen oder einer Magd. „Nein“ Alain konnte nichts weiter tun als zuzusehen wie Joel ging. Wie … seltsam. Langsam fielen seine Augen wieder zu. Als Alain seine Augen wieder öffnete lag er weich und auf dem Rücken. Nicht mehr auf dem Bauch auf der Straße. Und es roch eindeutig nach Rauch. „Oh! Lucretia, komm schnell, er wacht auf!“ Neben dem Gesicht der einen Hure tauchte das von Lucretia auf, sie schon die andere weg und setzte sich zu Alain auf den Bettrand. „Alain, wie geht es dir?“ „Reicht ein: Scheiße?“ sein Kiefer schmerzte bei jedem Wort. Genau wie seine Lunge, seine Hände brannten und sein Bauch tat weh. So schlimm verprügelt hatte man ihn schon lang nicht mehr. Sie seufzte traurig, „Eines der Mädels hat dich gefunden. Wir dachten schon du seist tot. Wer hat dich so übel zugerichtet?“ Das würde sie ihm doch sowieso nicht glauben, „Wasser … bitte“ Lucretia führte ihm ein Glass an die Lippen, doch er verschluckte sich, sodass er mehr Wasser in die Luftröhre bekam, als in die andere. Sie stellte das Glas s wieder ab. Neben Verbandszeug. Man hatte ihm die Hände verbunden. „Wie … wie spät ist es?“ Ihm fiel ein, dass er zurück zu dem de Brindamours müsste. Irgendwie hatte er plötzlich Angst vor der Antwort. War es draußen schon hell?! Er konnte es nicht sehen. Verdammt. „Schon fast Mittag, du hast lange geschlafen“ Oh nein! Das war schlecht, ganz, ganz, schlecht. Er warf die Decke zur Seite und sprang aus. Versuchte den stechenden Schmerz in all seinen Gliedern einfach mal zu ignorieren, auch wenn er die ersten Schritte mehr humpelte als lief. „Danke für alles, ich muss los!“ „Aber Alain! Du brauchst noch Ruhe!“ Schrie Lucretia ihm noch hinterher, doch da war er schon weg. Sein Herr würde ihn nicht nur das Fell über die Ohren ziehen, er würde ihn auch gleich köpfen und als Trophäe an die Wand hängen! In Sachen wie zu spät kommen war er äußerst penibel. Außerdem war er ein sehr jähzorniger Mann. Alain war so was von geliefert. Der Familienbutler Charles Chevallier, alt und gutmütig wie er war, sah ihn mitleidig an, als er an ihm vorbeispurtete. Das sagte schon alles. Der Herr war alles andere als gute gelaunt und Alain würde mit ziemlicher Sicherheit noch heute Abend als Kaminvorleger dienen. Die ganze Familie de Brindamour war im Saloon. Das Familienoberhaupt las Zeitung, während die Dame des Hauses sich mit Christian über irgendetwas unterhielt. Sie sahen sich dabei verschiedene Stoffe an, die zu Vorhängen gehören könnten. Alain blieb kerzengerade stehen, dann verbeugte er sich. So tief es eben ging. Normalerweise machte er das nicht, weil er es hasste sich zu verneigen, aber nun würde er so ziemlich alles tun, damit er seinen Kopf behalten durfte. „Verzeiht mir, Herr!“ Louis de Brindamour sah ihn erst gar nicht an, dann faltete er sorgfältig die Zeitung, legte sie auf den Tisch und strich sie glatt. Er war akkurat, bis ins kleinste Detail. Das sah man an seinen stets glatten Kleidern, seinem hellblondem stets nach hinten gekämmten zu einem lockeren Zopf im Nacken gebunden Haar, seinen gefeilten Nägeln. Erst dann hob er den Blick. Seine Augen drückten ohne große Zurückhaltung die Ablehnung aus und Herablassung, die er für Alain empfand. „Die Stoffe?“ „Wa – Ja, hier“ Kein gutes Zeichen das er so ruhig blieb. Christian wollte schon aufstehen, doch seine Mutter hielt ihn fest und schüttelte den Kopf. Alain wurde schlecht. Nicht weil ihm immer noch der Geschmack von Galle im Mund hing, sondern weil er sah, als er die Stoffe auspackte, das sie alles schmutzig waren. Als er angegriffen worden war, war die Tasche wohl in den Dreck gefallen. Jetzt waren sie ruiniert. „Ich kann – „ „Sprich nicht ohne dazu aufgefordert zu werden!“ Alain verstumme, doch seine Hände ballten sich zu Fäusten. Wie er es doch hasste so behandelt zu werden, als sei er nichts wert. Und das machte Louis de Brindamour auch noch recht gern. „Was soll ich mit diesem Dreck anfangen? Das du sich überhaupt traust hier noch einmal aufzukreuzen. Oder ist dir entfallen wie man eine Uhr liest?“ „Vater!“ Christian war aufgestanden. „Halt ich da raus, Christian. Zu dir komme ich noch“ Nicolette de Brindamour nahm ihren Sohn, sie warf ihrem Mann noch einen letzten Blick zu, dann brachte sie Christian aus dem Zimmer. Wohl wissend das es gleich äußerst unschön werden würde. „Ich kann die Stoffe bezahlen“ „Sei still!“ Der Herr holte aus und verpasste Alain einen saftigen Schlag ins Gesicht. Man traute es einem Adeligen wie ihm nicht zu, aber er hatte ziemliche Kraft. Denn er war nicht nur groß, sondern auch kräftig. Und Fett war das nicht. Alain keuchte auf, denn es erwischte seinen bereits schmerzende Kiefer. Das war nicht der erste Schlag den er hier einsteckte und leider hatte der Herr auch noch das Recht dazu ihn zu schlagen, zu verprügeln oder sonst wie zu bestrafen. „Hast du dich wieder geprügelt wie wildes Getier? Oder einfach die Nacht versoffen? Du bist eine Schande für dieses Haus!“ „Ich kann – „ Als Louis de Brindamour erneut die Hand hob brach Alain ab. „Ich will dass wir uns richtig verstehen, Dupont. Noch ein winzig kleiner Patzer, nur einer, dann fliegst du hier raus. Ist das klar! Da kann mein Sohn dich dreckigen Hund in Schutz nehmen so viel er will. Nick gefälligst wenn du verstanden hast!“ Wiederwillig nickte Alain. Am liebsten hätte er seinem Herrn einen Kinnhacken verpasst und wäre von selbst gegangen. Doch das letzte was er wollte, war wieder auf der Straße zu landen. Mochte sein das sein Herr ihn hasste, doch es war immer noch besser als täglich ums Überleben zu kämpfen. Es würde ihn nämlich niemand einstellen. „Gut. Und jetzt verschwinde und mach deine Arbeit“ Das ließ er sich nicht zwei Mal sagen. Alain drehte um und ging. Ging runter in den Stall zu seinen Pferden. Sie erkannten ihn gleich wieder und wieherten. Das hier war nicht Alains Zuhause. Nur bei den Pferden fühlte er sich überhaupt wohl. Vielleicht sollte er wirklich gehen. Nur wohin? Und was wäre dann mit Christian und Lucretia? Er müsste Beide zurücklassen, das konnte er nicht. Sie waren seine einzigen Freunde. Doch es gab einen Ort wohin er wollte. Unbedingt. Er würde Joel besuchen, egal was es kostete. Denn er musste sich bedanken. Oder besser gesagt, er wollte sich bedanken. Dafür das Joel ihm das Leben gerettet hatte. Oder war es seine Magd gewesen? Egal, er würde ihm danken und ihn dadurch wiedersehen. Sein Herr musste es ja nicht erfahren. „Immer noch widerspenstig?“ Joels Stimme wurde fast von einem weiteren Schrei übertönt, den diese Bestie von sich gab. Als er die Treppen herunterkam, mit Kerzenleuchter in die Hand und Beony im Schlepptau hatte dieses Ding natürlich sofort versucht ihn anzugreifen. Die Ketten in die er gelegt war klirrten fast erbärmlich, denn er würde sie nicht zerreißen. Sie waren eigens dafür gemacht Wesen wie ihn und Beony fest zu halten. Gefangen zu halten. Gebannt. Er würde hier nicht rauskommen, das schien er nun auch endlich einzusehen. Denn er setzte sich auf den Boden, etwas anderes konnte er auch schlecht tun. Ein Bein zog er an und legte den Arm darauf, das andere ließ er ausgestreckt liegen. Joels Ansicht nach war dieses Wesen hässlich. Aber vermutlich wäre er allein mit dieser Meinung, aus Gründen die er nicht verstand wirkten Wesen wie er äußerst attraktiv auf Menschen. War bei diesem hier vermutlich nicht anders. Schon als er ihn gefangen hatte, hatte er gemerkt das er einen guten Kopf größer war als Joel. Muskulös gebaut und doch dünn, kein Gramm Fett. Er vermutete das Wesen wie er nicht mal Fett ansetzen konnten. Seine Haut war hell, glatt, makellos. Aus seinem wilden schwarzen Haar ragten zwei schwarze Hörner, nicht besonders groß, was bedeutete er war noch nicht sehr alt. Wirken tat er höchstens wie zwanzig, vielleicht auch erst neunzehn. Da er aufgehört hatte zu knurren sah man nun seine spitzen, extrem scharfen Reiszähne nicht mehr. Aber das ekelhafteste waren diese glühend roten Augen. Mit den schlitzförmigen Pupillen sah er aus wie ein Teufel. Richtig Boshaft und abstoßend. Fand der Adelige zumindest. Andere mochten das vielleicht anders sehen. Zu Joels Überraschung grinste der Kerl ziemlich unverschämt, „Was auch immer das für ein Zauber ist den du da anwendest … ich breche ihn und dann werden wir zwei Spaß haben, den du nicht überleben wirst“ Drohungen eines unschädlich gemachten Tiers wie ihm beeindruckten Joel nicht im Geringsten. Man brauchte sich ja auch nicht vor dem Brüllen eines Löwen zu fürchten, der hinter Gittern saß. In dem Fall sogar Gitter die niemals brechen würden. „Wie auch immer … „ er ging nicht weiter darauf ein, „Du bist nicht mehr länger dein eigener Herr, ab jetzt wirst du tun was ich dir sage“ Der Kerl lachte, zeigte wieder seine spitzen Beißer. Mit solchen konnte er sicher wunderbar die Kehlen von Menschen und Tieren aufreißen. So hart wie Stein hatte Beony einmal gemeint. „Von dir kleinem Scheißer soll ich Befehle entgegen nehmen? Dazu könnte mich nichts in diesen Welten bringen!“ „Dir ist es also lieber hier zu verhungern?“ fragte Joel ruhig, wenn auch ein klein wenig verärgert über die Worte seines Gegenübers. „Du kannst mich mal, Zwerg“ Das genügte um den Adelige zu reizen. Joel hatte nicht ewig Zeit und nicht die geringste Lust Zeit mit diesem Kerl zu vergeuden. Er musste doch etwas deutlicher werden. Er hob die Hand und packte eine der Ketten, die zu dem hals des Anderen führte. Für diesen war das Metall fast so schwer, das er es kaum heben konnte. Joel hingegen, der diese Ketten selbst verflucht hatte, hatte die Kontrolle über sie. Er zog kräftig an, sodass es diese Bestie nach vorne auf Hände und Knie riss. Eine angemessenere Haltung. „Vielleicht kam es nicht richtig an, aber es ist nicht so als ob du eine Wahl hättest, Kreatur. Tu was ich dir sage oder verrotte hier unten“ Als er die Ketten wieder losließ, wurden sie so schwer, dass es diese Bestie zu Boden zog. So schwer das sie ihn fast erdrückten. So würde Joel ihn liegen lassen. Er drehte sich um und ging die Treppen wieder hoch. „Entscheide dich … „ Verfolgt wurde er wieder von wildem Geschrei. Flüchen. Beschimpfungen. Beleidigungen. Das meiste davon in seiner eigenen Sprache, sodass der Adelige es nicht mal verstand. Er hörte auch nicht mal zu. „Mein Herr?“ Beony folgte ihm, „Bitte verzeiht das ich ohne Erlaubnis spreche, aber ich bitte Euch erneut darum: Bitte lasst mich diesen töten“ „Und dann soll ich wochenlang auf einen anderen warten der genauso wenig kooperativ ist?“ das würde er keinesfalls, die Zeit hatte er nicht, „Er wird noch lernen seinem neuen Herrn zu dienen … dazu bringe ich ihn schon noch“ Es gab noch einige andere Möglichkeiten jemanden gefügig zu machen und es bestand kein Grund zimperlich zu sein. Wäre dieser Kerl frei, würde er auch nicht zimperlich mit Joel umgehen oder mit einem anderen Menschen. Dem Adeligen war bewusst welche Gefahr von ihm ausging. Wie er Dämonen doch hasste… Andere Ekel, wer ungefähr gemeint ist konntet ihr sicher aus dem Text rauslesen ^^ Beim Finden des Titels dieses Kapis fiel mir allerdings aus, das hier nur Ekel rumlaufen. Joel ist auch nicht gerade die Freundlichkeit in Person und es tauchen noch ein paar "nette" Figuren auf. Lasst euch dadurch nicht abschrecken ^^ Nur die Charaktere hier beißen, ich nicht x3 Kapitel 6: Schatten eines Manors -------------------------------- Zugegeben das Anwesen sah nicht gerade einladend aus. Als Alain vor dem respekteinflößenden Manor stand bekam er fast ein wenig Gänsehaut. Es wirkte so eisig und verlassen. Die Mauern um das Anwesen herum waren hoch, der Garten dahinter seit Jahren nicht mehr gemacht. Die Natur war gewachsen wie es ihr einfiel. Wirkte fast wie ein kleiner Urwald und dazwischen immer mal wieder nicht gerade freundlich wirkende Statuen. Kleine Kinder würden sich beim Anblick bei Nacht wenn es gewitterte in die Hosen pinkeln vor Angst. Auch Alain hegte plötzlich keinen allzu großen Wunsch hineinzugehen. Aber wenn er jetzt wieder ginge hätte er völlig umsonst einen von den Anzügen seines Herrn „geliehen“. Der Herr war heute weg, von daher würde er es nicht merken, dass etwas fehlte. Alain war sich bewusst, dass er rausgeworfen würde, wenn Loius de Brindamour erfuhr was er tat. Doch es riskierte es. Um Joel zu sehen. Dieser dachte immer noch, dass Alain ein Kaufmannskind war, also musste er auch entsprechend auftreten. Als er zum recht abweisend wirkenden Tor kam, war dieses so schwer, dass er es kaum zur Seite schieben konnte und sich durch den entstandenen Spalt quetschte. Wow, der Gärtner der hieraus wieder einen hübschen Garten zauberte würde eine Rechnung stellen, die wohl unbezahlbar war. An dem Haustor klopfte er. Der Klopfer hatte die Form eines etwas grimmig aussehenden Löwen, das dunkle Holz darunter war schon abgenutzt. Vermutlich war das Anwesen schon ziemlich alt, sah aber immer noch ziemlich gut aus. Oder besser gesagt, es hatte sich gut gehalten. Alain konnte sich nicht vorstellen hier wohnen zu wollen. Dafür war es ihm zu kalt und wirkte zu unfreundlich. Noch nie in seinem Leben hatte er sich so demütigen lassen müssen. Ok, vielleicht gab es die ein oder andere Situation aus seinen früheren Jahren in denen er sich ebenso gedemütigt gefühlt hatte, aber noch nie – noch nie hatte er sich einem Menschen beugen müssen! Einem ekelhaften Menschen! Und doch tat er das. Als dieser mickrige Zwerg zurück in seine Zelle kam willigte er ein ihn als seinen neuen Meister zu akzeptieren. Dieses selbstgefällige Grinsen hätte er dem Kerl am liebsten aus dem Gesicht gewischt. Dennoch riss er sich zusammen. Versuchte Ruhe zu bewahren und gute Miene zu bösen Spiel zu machen. Dieser kleine Mistkerl sollte schön denken, dass er gewonnen hatte. Wie er es sich nämlich gedacht hatte, löste man ihm die Fesseln. Aber nur um ihn ein Halsband umzulegen. Diese Magd, die hier eine Gefangene war wie er, brachte ihn aus dem Keller hoch. Sie führte ihn in eines dieser ätzend prunkvollen Zimmer und dort legte sie ihm das kühle Metall um den Hals. Er wusste nicht genau wofür das war, fragte auch nicht danach. Da hörten sie ein Klopfen. „Soll ich hingehen, Herr?“ Der Kleine nickte kurz, dann verschwand sie. Auch sie trug dieses Halsband. Wie lange er sie schon hier wie eine Sklavin hielt? IHN würde dieser Mensch aber nicht wie einen Sklaven halten. Es dauerte ein paar Minuten, bis sich die schwere Tür öffnete und eine zierliche Magd zum Vorschein kam. Das war das Hausmädchen, das Alain gesehen hatte! Bedacht hielt sie ihren Kopf gesenkt, „Was wünschen Sie, Sir?“ „Ähm, ich würde gern mit Joel sprechen – Ich meine mit dem Herrn des Hauses“ Kurz hob sie den Kopf um ihn anzusehen, er schreckte fast ein wenig zurück, als sie ihn musterte. Ihr Blick schien durch Haut und Knochen zu gehen. „Warten Sie bitte im Saloon“ Ihre Stimme war dünn wie sie selbst, ihr Gang allerdings geschmeidiger als man es von Mägden gewöhnt war. Nachdem sie ihn in den Saloon geleitet hatte verschwand sie. Vermutlich um ihren Herrn zu holen. Kaum hatte Alain das Haus betreten bekam er Gänsehaut. Wooow, war es unheimlich hier. Es wirkte alles so leblos. Unbewohnt. Herzlos und ebenfalls sehr kalt. All diese dunklen Farben. Trotz der Kerzen war es nicht besonders hell im Haus. Und die riesigen Fenster, die von außen wie leere Augen ausgesehen hatten waren mit dicken, schweren Vorhängen verhangen. Man merkte das es hier Geld im Überfluss gab, doch schien es ihm, als ob hier drin nie auch nur ein Funken Liebe existiert hatte. Keine Zärtlichkeit. Keine Geborgenheit. Oder vielleicht hatte es dies einmal gegeben. Nun aber nicht mehr. Du meine Güte, die Atmosphäre hier wirkte so … tot. Als befände er sich in einem Geisterhaus. Der Saloon war ziemlich groß, es führten zwei Treppen in den zweiten Stock, jeweils parallel an jedem Ende des Raums. Früher war dies sicher der Raum gewesen, in dem die Herren des Hauses Feiern veranstaltet hatten. Auf einer dieser Treppen kam Joel herunter. Alains Herz schlug prompt schneller. Er lächelte beinahe automatisch. „Moussier Dupont“ der junge Adelige erkannte ihn sofort wieder, doch er lächelte nicht, nicht mal aus Höflichkeit, wie es manche Adeligen taten, „Gibt es einen Grund warum Sie mich besuchen?“ Es gab zu viele Gründe. Zu viele die Alain nicht aussprechen konnte. Joel trat von der letzten Stufe herab, kam langsam auf ihn zu. Alain war so unhöflich das er ihm entgegenkam. „Ich wollte mich bedanken“ Joel zog die Augenbrauen hoch, „Wofür? Das ich Sie an jenem Abend habe stehen lassen?“ „Nicht wegen dieses Abends. Du hast mich gerettet“ Für einen Moment wirkte der junge Adelige etwas aus der Fassung geraten, dann fing er sich wieder. Seine Augen wurden schmal, was nichts Gutes bedeuten konnte. Sein daraufhin feindseliger Ton war eindeutig. „Ich weiß nicht wovon Sie sprechen“ „Doch weißt du“ Joel verschränkte die Arme und sah Alain äußerst ungnädig an, „Sie haben keine Beweise“ Der Braunhaarige lächelte matt, fühlte sich da jemand auf die Zehen getreten? Das war nicht seien Absicht gewesen. Doch er fragte sich warum Joel so reagierte. „Ich wollte mich nur bedanken“ Der Schwarzhaarige sah ihn einen Moment lang nur an, dann wurde er wieder lockerer. Oder ein bisschen lockerer. Er schloss kurz die Augen, bevor er weitersprach. „Sehen Sie es als Wiedergutmachung das ich Sie habe stehen lassen. Und wenn es weiter nichts zu besprechen gibt, möchte ich Sie bitten zu gehen. Ich habe noch einige Dinge zu erledigen“ Joel war sehr direkt, das tat doch irgendwo weh. Er warf Alain raus. Dieser musste sich selbst tadeln, was hatte er erwartet? Dass er hier auftauchte und sie plötzlich keine Fremden waren? Sicher hielt der den schwarzhaarigen nur von wichtigen Geschäften ab. Alain seufzte leise. „Was starrst du mich so an?“ fragte der Mensch genervt. Wie schön es doch war zu wissen, dass sein Blick dieses kleine Monster ärgerte und nervös machte. Er grinste. Da war auch schon seine Sklavin wieder da. „Ein gewisser Moussier Dupont möchte Euch sprechen“ „Dann schick ihn doch weg“ „Es ist der Junge den Ihr vor einigen Tagen verschontet“ Der kleine Mensch verzog das Gesicht. Vermutlich wollte er diesen Dupont wegschicken, aber wegen dem was die Frau gesagt hatte konnte er es nicht. Er gab ein verärgertes Geräusch von sich und ging. Zuvor löste er noch die Ketten. Nun waren sie allein. „Wie ist dein Name?“ Sie sah ihn etwas abweisend an, „Beony“ „Also Beony“ er lächelte, „Was hältst du davon wenn wir beiden einfach gehen? Du lenkst das Menschenbalg ab und ich reise ihm den Kopf von seinen dürren Schultern. Wie klingt der süße Ruf der Freiheit?“ Doch sie reagierte anders als er es erwartet hatte. „Ich reise dir den Kopf ab, wenn du meinem Herrn auch nur zu nahe kommst“ sie klang schon richtig feindselig. Von Anfang an hatte er gedacht sie sei nur so weil sie hier eingesperrt war, nun aber vermutete er, dass es an ihm lag. Sie konnte ihn nicht ausstehen. Was war denn das für eine Gestörte?! War sie denn etwa gern hier? Sein Lächeln verschwand. Schön, wenn sie nicht mitsielen wollte tötete er eben auch sie. Kein Problem. Die Fesseln waren eh gelöst, ihn hielt hier also nichts mehr. „Ich lasse Sie hinausgeleiten“ Alain wartete darauf, dass das Hausmädchen kam, doch nichts passierte. Er hatte gar nicht bemerkt, dass sie nicht mit ihrem Herrn wiedergekommen war. Ein wenig ungewöhnlich war es schon das überhaupt niemand kam. Wenn Joel wirklich noch mehr Geld hatte als die Brindamours müsste er doch Haufenweise Dienstboten haben. Einer von denen sollte auf die Worte des Herrn reagieren, doch es kam niemand. Oder hatte Joel vielleicht nur diese eine? Plötzlich hörten sie einen dumpfen Aufschlag, gefolgt von dem ziemlich lauten Geräusch einer zerbrechenden Wand. Sie beide schreckten zusammen. Der Schwarzhaarige lief sofort los, er schien genau zu wissen woher es kam. Alain rannte hinterher. Das Hausmädchen war gerade dabei aufzustehen, zwischen Trümmern der ehemaligen Wand. Gerade durch das Loch stieg jemand. Es sah fast so aus als hätte er das Hausmädchen durch die Wand geworfen. Aber das konnte doch nicht sein. So stark war niemand. Und sie wäre dann auch keinesfalls unverletzt. „Meister! Bleibt zurück!“ rief sie, als sie Joel sah, der stehen geblieben war. Auch Alain blieb stehen, jedoch aus Entsetzen. Das was dort durch das Loch in der Wand kam war kein Mensch! Dieser Kerl hatte Hörner, die aus seinem wilden, rabenschwarzen Haar kamen. Als er dann auch noch diese Augen sah wich er zurück. „JOEL!“ Jener ging direkt auf die Bestie zu, Alain schaffte es nicht mehr ihn festzuhalten. Der junge Adelige sah wütend aus, aber was wollte er gegen das Untier ausrichten, das einem Menschen so ähnlich sah?! Der würde Joel doch in der Luft zerreißen! „Knie nieder!“ Mit einem Ruck zog es den Gehörnten auf den Boden. Fast als würde ihn das Halsband das er trug zu Boden zerren. Wütend stieß er einen Schrei aus, bei dem Alain Gänsehaut bekam. Noch im selben Moment sprang das Hausmädchen auf das Wesen. „Ihr könnt ihn nicht kontrollieren, Herr, lasst mich ihn töten!“ „Zurück Beony!“ Auch wenn sie zögerte folgte sie gehorsam und trat ein paar Schritte zurück. Sie strich ihr Kleid glatt und senkte den Kopf, wie es sich für eine Angestellte gehörte. Doch wenn sie das gleiche Halsband trug wie dieses Wesen, war sie dann auch … ? „Mein Herr, was machen wir mit Dupont?“ Joel sah zu Alain, der ein ganz ungutes Gefühl bekam. O Gott. Was war das hier? Warum hatte der Schwarzhaarige solche Dinger im Haus? Was ging hier vor? Er verstand gar nichts mehr. Als er zurückwich schüttelte er den Kopf. „Soll ich ihn töten?“ Alains Augen weiteten sich, er hob die Hände, schüttelte wieder den Kopf und begann zu zittern. Was ging hier vor? Was ging hier nur vor? „Schalt ihn aus“ So schnell konnte Alain gar nicht schreien, da hatte ihm das Hausmädchen schon einen Schlag verpasst. Alles um ihn herum wurde schwarz. Was sollte er nun mit Dupont machen? Joel stand am Fenster, die Arme verschränkt. Angestrengt am Nachdenken. Wenn er ihn tötete würde vielleicht jemand nach ihm suchen und jemanden der hier rumschnüffelte konnte er gar nicht gebrauchen. Sicher könnte Beony einen Umfall von Dupont weit weg von hier vortäuschen und nie würde jemand erfahren das der Junge hier gewesen war, aber … ja, da kam immer wieder dieses Aber. Dupont hatte nie jemandem etwas getan. Er war keines dieser Monster die Joel sonst tötete. Oder besser gesagt töten ließ. Es wäre nur ein Fingerschnippen und Dupont war tot. Unschuldig und tot. Es wäre nicht richtig ihn zu töten. Was nichts an der Tatsache änderte das er zu viel gesehen hatte und jetzt friedlich wie ein Baby in einem er Betten im zweiten Stock schlief. Diesen Dämon hatte er wegschaffen lassen. Er war auf ihn hereingefallen, das würde ihm kein zweites Mal passieren. Was war dieser Kerl auch so unbeugsam! Bei Beony war das viel einfacher gewesen. Sie hatte sich schon nach ein paar Tagen ihrem unausweichlichen Schicksal ergeben. Aber dieser hier … er machte wirklich nur Ärger. Leider brauchte Joel ihn zu nötig, um ihn einfach sterben zu lassen. Er musste dieses kleine Autorität Problem anders beheben. Nur wie? Wie machte man sich einen Dämon gefügig? Er hatte es mit Drohungen versucht, mit Schmerzen. Das hatte alles nichts gebracht, der Kerl stellte sich immer noch quer … „Herr?“ Beony klopfte erst leise an, bevor sie eintrat. Brav senkte sie den Kopf und wartete, bis ihr erlaubt wurde weiter zu sprechen. Dabei hielt die den Blick gesenkt, als wäre sie nicht nur ihres Standes bewusst, sondern auch schüchtern oder so etwas. „Der Junge wird in den nächsten Minuten zu sich kommen“ „Was soll ich mit dieser nutzlosen Information anfangen?“ „Ich dachte Ihr wünscht Euch noch mal mit ihm zu unterhalten, bevor ich ihn weg schaffe“ Weg schaffen? Sie dachte wohl, dass er ihr befehlen würde Dupont zu töten. Eigentlich sollte er Dupont auch wegschaffen lassen, Beony befehlen das sie ihm den Hals brach und dann irgendwo verscharrte. Das wäre am sichersten. Und doch … diesmal nicht. „Du tust das was ich dir befehle und sonst nichts, hast du verstanden?“ Sie machte einen leichten Knicks, „Das habe ich, mein Herr“ Joel seufzte leicht, dann ging er vom Fenster weg. Wenn dieser Dupont gleich aufwachte, würde er vielleicht Panik bekommen. Oder sich vor Angst in die Hosen machen, er wusste nicht wie der andere reagieren würde. Bei Joel damals war alles … er war mit der Tatsache das es Übernatürliches gab zusammengeprallt. Im wahrsten Sinne des Worte. Dass es real war, was er sah, wusste er spätestens dann, als diese Wesen begonnen hatten seine Familie auseinander zu nehmen. Dupont hingegen hatte nur einen Dämon gesehen. Zwar leibhaftig und mal wieder zerstörungswütig, aber vielleicht glaubte er ja, dass er es sich nur eingebildet hatte. Das hatte Joel schon öfters gesehen. Das Menschen sich vor der Wahrheit verschlossen und lieber versuchten das Ereignis zu verdrängen, indem sie es für einen Streich ihres Kopfes hielten. Als er ins Zimmer kam, eines jener die seine Mutter ihrer Zeit in hellen Blautönen gehalten hatte. Ob nun Tapete, Teppich oder Möbel. Alles in hellblau, wie die kleinen Vögelchen dir ab und zu vor dem Fenster vorbeiflogen, hatte sie gemeint. Jedes Mal wenn Joel dieses Zimmer betrat wurde ihm übel, was nicht an der Farbe lag. Viel mehr an den Erinnerungen die es wachrief. Wie auch immer, er hatte sich nicht an solche Dinge zu erinnern. Er hatte sich nicht mit dem Vergangenen zu beschäftigen. Er durfte nur an die eine Sache denken, die er noch zu erledigen hatte. An sonst nichts! Dupont lag friedlich schlummernd in dem Federbett. Die hellen, zarten Farben passten nicht zu ihm. Sie waren etwas zu feminin für einen Jungen wie ihn. Joel trat langsam näher. Hatte Beony nicht gesagt er würde aufwachen? Warum dauerte das dann so lange? Der junge Adelige hatte in solchen Dingen keine Geduld. Hatte er nie gehabt. Er betrachtete das Gesicht des anderen. Eher grobe Züge, die Haut braun gebrannt von der vielen Sonne. Daneben wirkte Joel sicher blass und bleich, beinahe kränklich. Wenn er denn mal rausging, dann meistens nachts. Aber im großen Ganzen konnte man sagen das Dupont … nett aussah. Objektiv betrachtet natürlich. Wenn man eine Frau wäre. So ein neureicher Kerl war mit Sicherheit nicht schon von Geburt aus verlobt, er hatte also die freie Wahl. Wenn er genug Geld hatte konnte er jede haben, ansonsten musste er sehen, dass er die hübschen Damen für sich gewann, damit sie – Genug davon. Vielleicht sollte er ihn mal rütteln, damit er aufwachte. Hm, nein, eher nicht, Joel war doch kein Lakai. Wieder seufzte er. Wunderbar, jetzt stand er da und wartete. Sein einziger Zeitvertreib war es den anderen ansehen zu können und … Moment mal. Er beugte sich leicht über den Jungen. Irgendwie erinnerte ihn Dupont an jemanden. Diese Gesichtszüge kamen ihm wage bekannt vor. Wie als hätte er ihn schon einmal gesehen, flüchtig vielleicht. Oder kurz jemanden der Dupont sehr ähnlich sah. Seltsam … sonst hatte er eigentlich ein sehr gutes Gesichtergedächtnis. Genau in dem Moment öffnete Dupont die Augen. So, endlich gehts weiter Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)