Unvergesslich von Namaiki (Obliviate) ================================================================================ Kapitel 3: Tag 2, Weasleys Zauberhafte Zauberscherze und diverse kulinarische Abenteuerlichkeiten ------------------------------------------------------------------------------------------------- Ihr Tag begann nervenaufreibend. Sie wurde von einem Magenknurren geweckt, das nicht ihr eigenes war. Das alleine wäre kein Grund zur Beunruhigung gewesen, da Eve im Gegensatz zu ihr gerne ungefragt in der Wohnung der anderen auftauchte und eigentlich immer Hunger hatte. Es war die Hand auf ihrem Haar, die sie tatsächlich verwunderte. Sie schreckte auf und sah sich hektisch um. Die Hand hatte sich von ihrem Haar gelöst, trotzdem breitete sich von dieser Stelle eine Gänsehaut aus, als sie Reece neben ihrem Bett stehen sah. „Was hast du denn hier zu suchen?!“, schrie sie und wäre beinahe auf der anderen Seite aus dem Bett gepurzelt. „Äh, naja, ich wollte eigentlich Frühstück machen, aber dein Toaster funktioniert nicht..., also eigentlich funktioniert gar nichts so wirklich, tut mir wirklich sehr leid, ich wollte dich nicht erschrecken.“ Reece sah ehrlich schuldig aus, das änderte nur nichts an der Tatsache, dass er an ihrem Bett stand, in ihrem Schlafzimmer, in ihrer Wohnung. Sie schüttelte den Kopf und rückte ihre Decke zurecht. „Ich meine nicht hier. Ich meine hier.“ Es folgte eine Geste, die mehr umfassen sollte als ihr Schlafzimmer. „Hier, in meiner Wohnung. Und nicht in deiner. Du weißt schon, da wo du eigentlich sein solltest“, versuchte sie ihm einen Hinweis zu geben. Überrascht über ihre Verwirrung deutete er vage Richtung Tür. „Na, Ms. Milner hat mich hier abgesetzt. Ich habe auf dem Sofa geschlafen.“ Ein Lächeln zuckte über ihre Lippen. „Sie hat wirklich von dir verlangt, sie Ms. Milner zu nennen?“ Erleichtert registrierte er ihr Lächeln und grinste ebenfalls. „Ja und dich nennt sie Peasegood. Ist sie wirklich deine Freundin?“ „Jep.“ Sie grinsten einander an, bis Phoebe sich wieder der Situation bewusst wurde und sich räusperte. „Ähm, ja, ich helfe dir dann gleich mit dem Frühstück. Mein Toaster ist ein bisschen tückisch, man muss einen ziemlichen strengen Ton an den Tag legen, damit er tut, was man ihm sagt. Er hat früher meinem Vater gehört und der hat in einer WG gelebt, in der sich alle angeschrien haben, sogar die Küchengeräte. Jetzt hat er sich an diesen Tonfall gewöhnt und hört auf nichts anderes mehr.“ Reece starrte sie an. „Öhm... ja, klar, dann... ich warte in der Küche.“ Er drehte sich um und verschwand durch die Tür, während Phoebe sich aus den Decken schälte, sich wahllos Jeans und T-shirt aus dem Schrank fischte, über den Flur ins Badezimmer huschte und unter die Dusche sprang. Nachdem sie aus sich wieder in eine annehmbare Hexe verwandelt hatte, fand sie Reece wie versprochen in der Küche, wo er neugierig den Toaster musterte. Sie verkniff sich ein Lachen und holte tief Luft, um im Kommando-Tonfall und mit ihrem Zauberstab in den Raum gerichtet zu brüllen: „SO, hergehört! Zweimal Eier mit Speck und Toast wie gewöhnlich! Aber dalli!“ und Reece schnell nach unten zu ziehen, bevor eine Pfanne, die plötzlich aus einem Schrank hinter ihm geschossen kam, ihm eine Beule verpassen konnte. Auf dem Boden beobachteten sie Zutaten, die aus den Schränken und in Toaster und Pfanne flogen, er mit offenem Mund und großen Augen, sie mit einem unbedeutend süffisanten Grinsen. Währenddessen kamen aus anderen Schränken und Schubladen Teller, Gläser, Besteck und Aufstrich und drapierten sich sorgfältig auf dem Küchentisch. Wie beiläufig flog ein weiterer Teller am Toaster vorbei und fing die Toastscheiben auf, die heraus schossen. Er kam zeitgleich mit der Pfanne am Tisch an, die Eier und Speck selbstständig auf die Teller verteilte und sich anschließend auf den Weg zur Spüle machte. Eine große Flasche Orangen-Kürbissaft goss beide Gläser randvoll, bevor sie sich wieder in den Kühlschrank zurückzog. Ganz zuletzt ließen sich zwei Servietten sanft auf dem Tisch nieder und vervollständigten damit das Bild eines schönen Sonntagfrühstückes. Reece stand auf und tastete sich wie betäubt zum Küchentisch vor, wo er sich vorsichtig auf einen der Stühle sinken ließ. Phoebe setzte sich ihm gegenüber und lächelte, während sie zu Messer und Gabel griff. „Gemeinsames Geburtstagsgeschenk von Eve und meinem Vater. Wahrscheinlich konnten sie meine Kochkünste nicht mehr ertragen, also haben sie meine Küche verzaubert und die macht das jetzt von allein. Iss ruhig, das ist nicht giftig.“ „Sicher?“, fragte Reece mit der Gabel kurz davor ein Eigelb zu zerstechen. „Das ist durch Magie nicht irgendwie radioaktiv verseucht, oder so?“ „Nein!“, lachte sie. „Komm schon, früher warst du auch nicht so zimperlich, da hast du sogar meine fürchterlich verbrannten Pfannkuchen gegessen.“ Schließlich doch entschlossen begann Reece zu essen. „Ja, wenn man das Schwarze abgekratzt und sehr viel Apfelmus drauf getan hat, waren sie fast schon lecker.“ „Na, da bin ich aber erleichtert.“ Phoebe bestrich gerade ihren ersten Toast mit Butter, als Reece die Frage stellte: „Was haben wir heute denn eigentlich vor?“ „Ich habe nach diesen dauernden Nachtschichten zwar heute frei, aber ich muss in die Winkelgasse, einkaufen“, teilte sie ihm mit, bevor sie abbiss. Noch kauend fügte sie hinzu: „Die Winkelgasse ist sozusagen eine Einkaufsmeile für magische Angelegenheiten.“ „Cool“, begeisterte Reece sich. „Kann ich mitkommen?“ Sie prustete in ihren Saft und konnte ihn nur schwer davon abhalten, durch ihre Nase wieder an die Oberfläche zu kommen. „Auf keinen Fall! Ich lasse dich ganz sicher nicht wieder an die magische Öffentlichkeit, bevor wir uns für dich keine Geschichte inklusive Lebenslauf ausgedacht haben, die ich auswendig lernen kann. Ich will nicht noch einmal so eine Ministeriumsgeschichte erleben und beinahe einen Herzkasper kriegen“, röchelte sie fast. Er klopfte ihr sanft auf den Rücken, bis sie aufhörte zu husten. Anschließend arrangierte Reece seine Eier mit Speck zu einem lächelndem Gesicht und grinste zurück. „Och, das war doch ganz lustig. Hätte mich wer gefragt, wäre mir schon etwas eingefallen.“ „Du warst es aber auch, der deiner Mutter weismachen wollte, Eichhörnchen in geheimer Mission und nicht wir hätten ihren Kirschkuchen vernichtet.“ „Punkt für dich.“ Nach dem Frühstück, das sich selbst aufräumte, ließ Phoebe Reece, auch wenn ihr etwas unwohl dabei war, allein in der Wohnung zurück. Sie war sich sicher, dass sie sich darauf verlassen konnte, dass er sich nicht an ihren persönlichen Sachen vergriff, dennoch war ein Reece, der sich selbst überlassen in ihrer Wohnung sein Unwesen trieb, kein Gedanke, der sie in Hochstimmung versetzte. Dementsprechend eilig hatte sie es wieder zurückzukommen. Da sie ihren Einkaufszettel irgendwo in ihrer Wohnung liegengelassen hatte, vergaß sie sowieso die Hälfte, was deutlich Zeit einsparte. Trotzdem hatte sie das Gefühl, an das Wichtigste(Butterbier, ihr Lieblingstoilettenpapier, sehr viel Frustschokoladenfrösche und andere nicht essenziell notwendige Nahrungsmittel) gedacht zu haben. Schließlich fiel ihr noch ein, wie sie den Rest des Tages mit Reece totschlagen konnte, ohne das Haus zu verlassen und drängte sich deshalb mitsamt ihrer Einkaufstüte durch einen großen Andrang bis ins Innere von Weasleys Zauberhafte Zauberscherze in der Nr. 93, wo alles laut, bunt und voll war. Sie selbst war noch nicht sehr oft hier gewesen, weil es ihr persönlich etwas zu laut, bunt und voll war, aber sie wusste, dass Evelyn sich immer wieder gern nach neuen Waren erkundigte. Sie selbst hatte schon ein paar mal unter ihrer Streichsucht leiden müssen. Sie musste sich durch Massen von rufenden und lachenden Kindern einen Weg bis an die Regale suchen und wünschte sich dabei insgeheim, dass momentan keine Sommerferien wären. Als sie sich schließlich gerade nach einigen Artikeln in oberen Regalreihen streckte, fuhr ihr eine andere Hand dazwischen und unzählige kleine Pastillen ergossen sich über sie. Doch kurz bevor sie auf sie niederprasseln konnten, hielten sie und die zugehörigen Verpackungen in der Luft an und sortierten sich wieder in das Regal. Phoebe sah aus dem Augenwinkel nur eine rothaarige Person vorbeirauschen, die mahnend mit dem Zauberstab wedelte. „Immer schön aufgepasst!“, rief sie ihr noch zu, dann war sie auch wieder weg, im Getümmel untergetaucht. Erst jetzt kam sie dazu, den Besitzer der Hand zu mustern, und bemerkte zu ihrer großen Überraschung, dass er ihr nicht unbekannt war. „Dad?!“ „Ach du meine Güte, Phoebe, was machst du denn hier?“ Sie und ihr Vater starrten einander an, bis er sie schließlich an sich zog. Phoebe begann in seinen Armen herumzudrucksen. „Nu-nun ja, ich brauche so Sachen... so Zeugs halt, nichts Besonderes. Oder Ungesetzliches. Ist ja auch egal, und du?“ Sie musste ihre Stimme heben, um sich in dem Trubel Gehör zu verschaffen. Arnold Peasegood deutete auf die Nasch-und-Schwänz-Leckereien, die eben beinahe auf sie herabgeregnet wären. „Deine Großeltern kommen uns besuchen.“ Phoebe seufzte resigniert. „Und du kennst keinen erwachseneren Weg, mit einem Besuch deiner Schwiegereltern umzugehen?“, fragte sie, obwohl sie die Antwort bereits kannte. „Nein“, schmunzelte Arnold, bevor er sich erneut nach den Leckereien streckte. Er war wie Phoebe eher klein gewachsen und hatte ihr sowohl Haar, als auch Augen vererbt. Der markanteste Unterschied zwischen ihnen war, dass Arnold stämmig war und zum Übergewicht neigte, wenn das auch nur wirklich ins Auge fiel, wenn er neben seiner dünnen Frau oder seiner noch dünneren Tochter stand. „Okay, ich hätte dann alles. Was brauchst du noch?“ Phoebe versuchte krampfhaft leichtfertig abzuwinken. „Wie gesagt, so Zeug halt. Du musst nicht auf mich warten.“ In diesem Moment war sie unendlich dankbar dafür, dass ihr Vater schon immer unfähig war, ihre Lügen, wenn sie zum Beispiel nachts hatte raus gehen wollen, um sich in irgendwelche Seen zu stürzen, zu entlarven und das immer ihrer Mutter überlassen blieb. Er verabschiedete sich also nur mit einer erneuten Umarmung und einem Wuscheln durch ihre Haare und kämpfte sich zur Kasse vor. „Grüß Mum und Grandpa und Grandma von mir!“, rief sie ihm noch hinterher und machte sich dann auf den Weg, ihre eigenen Einkäufe einzusammeln. Als sie mit zwei Tüten bepackt wieder in ihrer Wohnung auftauchte, erwartete sie ein Anblick, den sie kaum erwartet hatte. Reece – mit einem zerrissenem Hemd und wohl oberflächlich – verletzt lag zusammen mit Evelyn auf ihrem Teppich und lugte unter ihr Sofa, unter dem maulende Geräusche hervorkamen. Der Rest des Wohnzimmers sah relativ normal aus, nur ein Stuhl war umgekippt und ein paar Bücher waren offensichtlich aus dem Regal gefallen. Evelyn ließ sich nichts anmerken, aber Reece war bei dem Plop-Geräusch ihres Erscheinens zusammengezuckt und sah sie nun entschuldigend an. „Tut mir leid, Pheebs, ich weiß auch nicht, was passiert ist.“ Sie stellte ihre Einkäufe neben dem Sofa ab und musterte es vorsichtig. „Was ist denn da unten?“ „Dein Monsterbuch der Monster. Und ich weiß nicht, wie man es ruhig stellt, ich hab' den Kurs nicht belegt“, murmelte Evelyn, die nach dem Buch fischte, es aber nicht erwischte und sich letztendlich aufrichtete und die Beine streckte. „Ich helfe dir“, verkündete sie und machte sich mit einer Tüte auf in die Küche. Nach einem Blick Phoebes auf Reece' Verletzungen setzte sie hinzu: „Dem geht’s gut, darum kümmern wir uns später.“ Als Reece selbst auch nur grinste und mit einer Handbewegung in die Küche wies, folgte sie ihr schließlich und schloss die Tür hinter sich. Ihre Einkäufe verteilten sich nach einem Wink von Evelyns Zauberstab in die Schränke und sie selbst zog Phoebe auf einen Stuhl. „Also“, begann Evelyn und sah ihr in die Augen. „Dein Reecey ist ja ein ganz lustiger Zeitgenosse. Als ich hier ankam, habe ich ihn dabei erwischt, wie er versucht hat, deiner Klospülung Befehle zu erteilen. Er hat dein halbes Wohnzimmer verwüstet, als er ein Buch lesen wollte, ist offenstichtlich etwas schwer von Begriff und nennt dich Pheebs. Ansonsten ist er aber wohl ganz in Ordnung.“ Phoebe zog halb belustigt, halb fragend die Augenbrauen nach oben. „Ist das jetzt deine Bewertung als meine beste Freundin?“ „Jep.“ „Ah, na gut. Was sollte das eigentlich, ihn bei mir abzuladen? Ich bin dir ja dankbar, dass du ihn überhaupt mitgenommen hast, aber heute Morgen wäre ich deswegen fast aus dem Bett gefallen, als er auf einmal neben mir stand.“ „Na, ich wollte euch etwas romantische Zweisamkeit verschaffen.“ „Ah, und deshalb kommst du uns besuchen?“ „Ihr solltet ja auch nicht zu zweisam werden, meine Observation war ja noch nicht abgeschlossen.“ Dank der Vorstellung zu großer Zweisamkeit mit roten Wangen tätschelte Phoebe Evelyns Hand. „Bist 'ne gute Freundin.“ Nachdem die meisten Einkäufe verstaut waren, kamen sie mit Scherzartikeln und Butterbier beladen ins Wohnzimmer zurück, wo sie von Reece erwartet wurden, der auf dem mit seinem zerrissenem Hemd gefesselten Monsterbuch der Monster saß und ihnen stolz zu grinste. Während die zwei ihre Last auf dem Wohnzimmertisch abluden, flüsterte Evelyn ihr zu: „Und er hat einen guten Oberkörper. Ich finde, die Kratzer machen sich als Accessoire da doch ganz gut, oder nicht?“ Phoebe versteckte ihr Lachen hinter einem Husten und wandte sich anschließend Reece zu. „Eve, übernimmst du das Buch? Du musst es, glaube ich, irgendwo streicheln.“ „Irgendwo, sagst du, Peasegood?“, murmelte sie, während sie das Buch mit spitzen Fingern vom Boden aufhob. Währenddessen kümmerte Phoebe sich um Reece und fuhr mit dem Zauberstab sanft über die wenigen Kratzer, die scheinbar einfach verblassten. Reece sah mit offenem Mund zu. „Wow.“ Er fuhr mit dem Finger über die Stellen, fühlte aber nichts weiter als glatte Haut. „Wow“, sagte er noch einmal. Evelyn reichte ihm das mittlerweile reparierte T-shirt, das er sich über den Kopf zog. „Das duftet“, stellte er erstaunt fest. Stolz ließ Evelyn sich neben Phoebe auf das Sofa fallen, die damit beschäftigt war, mithilfe ihres Hufflepuffsflaschenöffners das Butterbier zu öffnen. „Das macht halt einen Profi aus.“ Reece nahm das Butterbier, das Phoebe ihm reichte, an und setzte sich ebenfalls. „Und was ist das alles?“ Nach einem Schluck aus der Flasche musterte er das Getränk kurz anerkennend, ließ sich aber nicht lange von den Artikeln ablenken, die sich vor ihm ausbreiteten. Da war ein Teller mit unauffälligen Kremschnitten und eine Schüssel mit noch unauffälligeren bunten Bohnen, die sie ganz hinten in einem ihrer Schränke gefunden hatte. Gleich daneben stapelten sich scheinbar einige Zauberstäbe und Schreibfedern inklusive einer Rolle Pergament. Nicht weit entfernt lag ein Spitzhut, gleich gegenüber dem Modell eines Galgens und eines dazugehörigen Männchens. „Probier es doch aus. Nur zu“, forderte Phoebe ihn auf, während Evelyn enttäuscht das Aufgebot betrachtete. „Da hast du dir ja mal so ziemlich das Langweiligste Zeug ausgesucht, das sie da zu bieten haben.“ Phoebe grunzte unbestimmt. „Alles andere war entweder zu teuer, zu gefährlich, zu auffällig, für ihn nicht nutzbar oder es hätte einfach zu viel Dreck gemacht. Das sind alles Klassiker, jetzt reg' dich mal nicht auf.“ Reece, der von ihrem Wortwechsel nichts bemerkt hatte, streckte sich nach den Bohnen und nahm eine einzelne Hellgrüne heraus. „Die isst man doch, oder?“ Phoebe nickte und musterte gespannt seinen Gesichtsausdruck, als er sie sich in den Mund schob. „Die schmeckt ganz normal nach Apfel. Soll da irgendwas passieren?“ Ein hinterhältiges Grinsen breitete sich auf Evelyns Gesicht aus. „Nimm einfach noch ein paar.“ Er folgte ihrem Rat und hatte nacheinander Sahne, Schokolade, Kokusnuss, Karamell und Zitrone. Schließlich verlor Evelyn die Geduld und nahm sich selbst eine. Sie stöhnte augenblicklich auf. „Das schmeckt wie dieses Zeug im Löwenzahn!“ Sie schluckte es schnell hinunter und nahm einen Schluck aus ihrem Butterbier, das den Geschmack aber – ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen – auch nicht ganz vertreiben konnte. „Das Zeug nennt sich Milchsaft“, teilte Reece ihr mit, während er sie verwundert beobachtete. „Das sind Bertie Botts Bohnen jeder Geschmacksrichtung. Der Name ist Programm“, erklärte Phoebe und nahm sich eine. Pergament. Als Nächstes widmete er sich dem Hut und lugte hinein. „Okay, ein Kaninchen kommt da wohl nicht raus...“ Er setzte ihn auf. Sein Kopf verschwand augenblicklich. Wie aus dem Nichts ertönte seine Stimme. „Und was jetzt?“ Evelyn hielt ihm wortlos ihren Handspiegel hin. Als er hineinsah, schrie er unwillkürlich auf und riss sich den Hut vom Kopf. Als der daraufhin wieder erschien, setzte er den Hut gleich wieder auf. „Cool“, murmelte er und angelte sich eine Kremschnitte, die in seinem Mund ebenfalls unsichtbar wurde. Im nächsten Moment saß Reece nicht mehr unter dem Hut, sondern der Hut auf dem Sofa. Phoebe hob ihn an und ein gelber Kanarienvogel kam daraus hervor geschossen. Sie beobachteten, wie er fröhlich singend im Wohnzimmer seine Runden drehte. „Du hast aber nur eine Minute, danach wäre es ganz gut, wenn du wieder auf den Boden kommst“, teilte Phoebe ihm mit. „Und wage es dir ja nicht, hier irgendwo hinzuscheibenkleistern“, setzte Evelyn hinzu. Tatsächlich gesellte sich der Vogel nach weniger als einer Minute wieder zu ihnen und hockte sich auf die Lehne des Sofas. Im nächsten Moment fiel er hintenüber zurück auf die Couch und lachte. In der nächsten halben Stunde arbeitete er sich durch den Rest der Scherzartikel. Er staunte über die Juxzauberstäbe, bedauerte aber damit nicht wirklich zaubern zu können, schrieb eine halbe Pergamentrolle fehlerfrei oder ohne aufzufüllen oder beantwortete Fragen, auf die er die Antwort nicht wusste. Zusammen spielten sie einige Runde Galgenmännchen und ließen das Holzmännchen ein paar mal hängen. Reece drehte gerade noch eine Runde knapp unterhalb der Decke, als Phoebe einfiel, das sie noch etwas vergessen hatten. „Ich wollte morgen mit Reece in die Winkelgasse. Ich habe nur keine Idee, was ich anderen sagen soll, wenn mich jemand erkennt. Heute habe ich meinen Dad getroffen!“ Mit einem Schulterzucken teilte Evelyn Reece mit, der sich gerade zurückverwandelte: „Ihr seid jetzt verlobt.“ „Ach ja?“, fragten beide gleichzeitig. „Ja. Wenn ihr verlobt seid, ist es völlig in Ordnung, dass er weiß, dass du eine Hexe bist. Ihr könnt sogar diese Sandkastenfreundegeschichte ausgraben, um eure innige Liebe zu erklären. Wenn euch jemand nach der Hochzeit fragt, sagt ihr, ihr habt noch keinen Termin und wenn das Thema irgendwann nochmal auftaucht, behauptest du, er hätte eine andere geschwängert oder wäre von einem Axtmörder getötet worden oder es hat sich herausgestellt, dass er selber ein Axtmörder ist. Tada, Problem gelöst.“ Evelyn lehnte sich gähnend zurück. Phoebe musste zugeben, dass ihre Argumentation einleuchtete. Wenn sie erneut ihrem Vater begegnete, half ihr das natürlich nicht weiter, aber da er ja erst heute in der Winkelgasse gewesen war, sollte es eigentlich keinen Grund geben, dass er morgen noch einmal dort auftauchte. „Mal abgesehen davon, dass mir die Idee gefällt, schaust du definitiv zu viel Muggelfernsehen.“ „Was soll ich machen, das macht süchtig!“, verteidigte sie sich, bevor Reece sie unterbrach. „Also an meinem Toden könnten wir noch arbeiten, aber ansonsten klappt das schon. Habe ich ja gleich gesagt.“ Kurz danach zog sich, nachdem sie beim Aufräumen geholfen hatte, erst Evelyn wieder durch den Kamin zurück und anschließend brachte Phoebe Reece per Apparieren nach Hause, auch wenn ihm die Vorstellung, sich noch einmal wie durch ein enges Rohr gepresst zu fühlen, nicht behagte. Sie vereinbarten diesmal eine Zeit und sie achtete darauf, Reece loszulassen, bevor sie sich zum Ministerium aufmachte. Sie hatte vor, sich den Rest der Woche freizunehmen, Reece hielt sie ihrer Meinung nach schon genug auf Trab. Sie hatte was das betraf mit Schwierigkeiten gerechnet, da in den Sommerferien die Hogwartskinder zu Hause waren und in vielerlei Hinsicht unvorsichtiger waren als ihre Eltern, was den Vergiss-michs mehr Arbeit bescherte. Außerdem nahmen sich um diese Zeit viele Mitarbeiter frei, um bei ihren Kindern zu sein, doch die Tatsache, dass sie sich seit Beginn ihrer Ausbildung nur selten und wenn krankheitsbedingt einen Tag frei genommen hatte, half ihr ungemein. Als sie schließlich außergewöhnlich früh im Bett lag, um Kräfte für den morgigen Tag zu sammeln, träumte sie von einem Kanarienvogel ohne Kopf, der immer wieder versuchte, sich selbst zu hängen. Aber kurz bevor der Galgen straff werden konnte, begann er zu fliegen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)