Kirschblüten von Yohji ================================================================================ Kapitel 1: Ich bin immer an deiner Seite... ------------------------------------------- Ein starker Windstoß ließ den Mantel des schwarz eingekleideten Mannes leicht wehen, die Blüten der Kirschbäume wirbelten unruhig umher. Blaue Augen folgten den tanzenden Blättern im Wind während die Arme verschrenkt vor seinen Oberkörper gelegt wurden. Es war viele Jahre her seit er das letzte mal draußen war, Seishiro hatte lange Zeit im Krankenhaus verbringen müssen, bewegungsunfähig und nicht bei Sinnen. Sein wechsel zu den Himmelsdrachen geschah aus vielerlei hinsicht und hatte somit auch nicht sonderlich gutes mit sich gebracht. Gebrandmarkt als Verräter der eigenen Reihen, hatte er sich vor 4 Jahren gegen die Erddrachen gestellt als diese den jungen Himmelsdrachen Subaru in die Mangel genommen hatten. Vielleicht handelte er aus Nächstenliebe, vielleicht aber auch aus dem Grund, das seine gespielte Farce vor mehrern Jahren nicht ganz dem gleichstand, was er heutzutage fühlte. Seishiro lachte, Seishiro weinte. Er konnte fühlen wenn er wollte, aber nur in der Gegenwart dessen, der ihn als den anerkannt hatte, mit welchem er zusammen leben wollte. Seine Lungen füllten sich mit der frischen Luft als er diese tief einatmete, vor 3 Tagen war er erwacht, hatte das erste mal seit 4 Jahren Koma wieder die Augen geöffnet. Für die Ärzte, und auch für Subaru, galt er schon nach mehreren Wochen als klinisch tot, aber sein Wille handelte anders, er wollte Leben, irgendwann wieder aufwachen und in die Augen von dem Sumeragi blicken - aber nicht heute. Subaru saß nicht neben ihm als er diesen Morgen aufwachte, er war weg. Einfach gegangen, wie spurlos verschwunden. Kein Zettel, keine Nachricht, nichts. Selbst die Schwestern hatten ihn nicht gesehen, weder wie er das Zimmer verlassen, noch das er es überhaupt betreten hatte. In der zwischenzeit war viel geschehen, Jahre zuvor wäre es ihm nie in den Sinn gekommen das er für den kleinen Jungen von damals unter dem Kirschbaum so etwas wie Gefühle entwickeln könnte, geschweige denn das er diesen sogar lieben konnte. Seishiro konnte sich recht gut an alles erinnern, er wusste noch das Subaru sich um ihn gekümmert hatte als es diesem schlecht ging, er wusste noch wie dieser ihn ausfgesammelt und vor den Erddrachen geschützt hatte. Auch erinnerte er sich an jene Nacht, die Nacht, an dem er sich seiner Gefühle für diesen bewusst wurde und alles fort an sich vollkommen geändert hatte. Der Blick des Sakurazukamori ging in den Himmel hinauf, noch ein kräftiger zug an seiner Zigarette ehe er ihren Stummel wegschnippte und sich teilnahmslos umsah. Jaja, rauchen schadete der Gesundheit, das sagte Subaru auch immer und dennoch tat dieser genau das selbe wie er, nämlich rauchen. Im nachhinein war es leicht Ironisch, denn wer erinnerte sich schon an Worte von jemandem, den man zuletzt vor 4 Jahren vor sich stehen gesehen hatte? Nun, Seishiro tat es. Er erinnerte sich gut an alles, er wusste sogar das Subaru all die Jahre an seiner Seite war, Tag ein Tag aus saß er neben ihm und hielt seine Hand, bettelte darum das er endlich wieder seine Augen öffnen sollte, doch Seishiro tat es nicht. Mit der Zeit war sich dieser gar nicht mehr sicher ob Subaru immer noch jeden Tag bei ihm war und ihn besuchen kam, denn irgendwann konnte er seine Aura nicht mehr von denen normaler Menschen unterscheiden, und so, ließ man ihn in dem glauben das er tagtäglich Besucher hatte. Dennoch, die Tatsache das Subaru nicht da war, brachte ihn ins grübeln. Er war immer da, das wusste Seishiro einfach. Aber das die Stationsleitung ihn scheinbar schon seit längerer Zeit nicht mehr gesehen hatte, konnte er sich nicht erklären. Und vorallem, wie kamen dann die ganzen Lilien in sein Zimmer? Niemand außer Subaru wusste davon das Seishiro Lilien - neben roten Kamelien - über alles liebte! Gut, für viele waren es Totenblumen, was wohl auch einer der Gründe war weshalb der Sakurazukamori diese Blumen im Gegensatz zu Rosen bevorzugte, aber niemand wusste es. Niemand außer Subaru kannte seine Leidenschaft zu diesen Blumen. Mit einem schmunzeln auf den Lippen ging er einige Schritte voran, er durfte sich eigentlich noch nicht viel bewegen, doch das ungewisse machte ihn ein wenig stutzig gegenüber diesen ganzen komischen geschehnissen. Der Wind raschelte in den Baumkronen, er pfeifte und wirbelte die leicht rosanen Blüten der Kirschbäume wild umher, ließ das Bild dieser so erscheinen, als würden sie durch den Wind dazu animiert zu tanzen. Seishiro hob eine Hand und streckte diesen offen aus, fing dabei eher durch zufall eine der umherwirbelnden Kischblüten. Wie eine Feder legte sich diese auf seine Hand innenfläche, so lange bis der Wind das verlorene Blatt wieder an sich riss. Es war ungewöhnlich still, Tokyo hatte sich verändert. Die Straßen waren nicht voller, sondern leerer geworden. Die einst so überfüllten Gassen waren ebenso still und leer. Tokyo wirkte wie eine Totenstadt, hatte Seishiro irgendwas verpasst? Seine Schritte trugen ihn weiter durch den angrenzenden Park, er entfernte sich zwar immer weiter von dem Kankenhaus, aber jeder der wusste das er ohnehin eine Phobie gegen diese Anstalten hatte, wusste das dieser auch freiwillig keinen Fuß mehr dort hinein setzen würde. Ab heute sah er sich wieder als einen freien Mann, ganz davon abgesehen das die Welt sich grundlegend verändert hatte. 4 Jahre hatte er wortwörtlich verschlafen, das einzigste das ihm Hoffnung gab war Subaru, und genau dieser war nun nicht hier? Nein, das konnte schon mal nicht stimmen. Er hatte ihm versprochen bei ihm zu bleiben, egal wie. Er hatte gesagt, das er über ihn wachen würde, er war derjenige, welcher sagte das alles wieder wie früher sein würde. Die blauen Augen, versteckt unter seiner getönten Sonnenbrille, blickten nun leicht gen Horizont in die Ferne. Nicht weit von hier war ein Friedhof für gefallene oder verstorbene Media, was Seishirou selbst nun ein wenig skeptisch werden ließ. Ob er einen Blick riskieren sollte? Ob er Subaru's Grab dort finden würde falls dieser schon länger nicht mehr unter ihnen weilte? Mit einem schweren seufzen auf den Lippen schüttelte dieser nun seinen Kopf. Nein, eigentlich sollte er es lassen. Aber um sein gewissen zu beruhigen das Subaru NICHT dort lag, führten ihn seine Schritte zu dem Friedhof. Das Tor war riesig, wirkte wie eine Pforte zwischen Leben und Tod das beides von einander trennen sollte. Selbst das leise knarzen des Tores jagte ihm einen eiskalten Schauer über den Rücken. Eigentlich, ja, eigentlich war er wirklich niemand der gerne auf Friedhöfen herum spazierte. Man mochte es zwar kaum glauben da Seishiro sich einen Sakurazukamori nannte, aber selbst diese 'Monster' waren schlichtweg nur Menschen. Menschen ohne Gefühl traf das ganze wohl recht treffend. Sein Blick schweifte durch die Reihen der Gräber, es schien ziemliche viele Media gegeben zu haben in Tokyo, wenn man bedachte, das letzte mal war er vor 6 jahren hier um einen alten Freund die letzte Ruhe zu bescheren und nun war er abermals hier, jedoch nur um sich zu vergewissern das derjenige den er suchte, hier nicht aufzufinden war. Doch es kam ganz anders als erwartet. Ein Grab zog seine aufmerksamkeit auf sich, es war vollkommen verweist, weder zierten frische Blumen das Grab, noch gab es scheinbar jemanden der sich darum kümmerte. Jetzt wo er so darüber nachdachte, war das eine grausige Vorstellung. Sich vorzustellen alleine sterben zu müssen und niemanden zu haben der sich um sein Grab kümmerte.. Das musste furchtbar sein. Der Name auf dem Grabstein war nicht zu entziffern, Efeu wuchs und rang sich um den kompletten Stein, was Seishiro dazu animierte den Namen des Mediums wenigstens wieder für die anderen lesbar zu machen. Er streifte mit seinen Fingern über das hartnäckige Gewächs, zupfte leicht an diesem, aber was ihn dann erwartete, ließ ihn für mehrer Sekunden still erstarren. "..Subaru Sumeragi, geb; 1975 – † 2001 .." Man konnte genau erkennen wie sich die Hand in seiner Manteltasche zu einer Faust ballte, Subaru war..Tot? Seit 2 Jahren? Nein, das konnte nur eine Lüge sein! Wer sonst hatte ihn Tag ein Tag aus besucht? Wer brachte ihm die Lilien? Wer bettelte darum das er seine Augen endlich wieder öffnen sollte? Langsam wurde ihm so einiges klar. Jetzt verstand Seishiro weshalb er Subaru's Präsenz nicht mehr von denen der anderen unterscheiden konnte, sie war weg. ER war weg. Sein lächeln, sein lachen, seine nette Art, einfach alles. Und dieser Fakt, wollte dem Sakurazukamori nicht in den Kopf gehen. Nein, das ging nicht. Es funktionierte nicht. Er versuchte es wirklich zu verstehen, aber seine Gefühle spielten ihm einen hinterhältigen Streich. Man sah wie Seishirou vor dem Grab in die Knie ging, sah wie sich seine Hände tief in die Erde gruben. Sein Haupt senkte sich und eine Art von verzweiflung fiel über ihn her. Warum kümmerte sich niemand um das Grab des kleineren? Hatten ihn alle vergessen? Was war mit seiner Großmutter? Warum kam sie nicht her und kümmerte sich um das Grab ihres Enkels? Ein stummes seufzen überkam seine Lippen. "Ich kümmere mich um dein Grab..", war es nun leise zu vernehmen, "Das ist das mindeste was ich noch für dich tun kann." Die getönten Gläser seiner Sonnenbrille spiegelten das was er vor sich sah wieder, und somit konnte keiner erkennen, was sich gerade in den Gedanken des einst so emotional kalten Seishirou abspielte. Einzelne Tropfen fielen zu Boden und versiegten in dem lockeren Erdreich unter ihm, doch von Regen war keine Spur. Eine Tränenspur zierte das Gesicht Seishirou's, verlief längst über seine Wange. Nie hatte er jemals eine Träne vergossen, nicht für die Familie, nicht für 'Freunde' oder sonst jemanden. Aber..als er nun begriff das er wahrlich vor dem Grab Subaru's stand und dieser ihn nie wider tadeln, anlachen oder gar anlächeln würde, überkam es den sonst so gefühlskalten Seishirou nun doch letztenendes. So viele Dinge gingen ihm durch den Kopf, so viel selbsthass ließ ihn langsam aber sicher zugrunde gehen. Er hatte all die Jahre gekämpft welche er im Koma lag, hatte nie aufgegeben. Und das alles nur, da er Subaru versprochen hatte zu Leben. Dabei sah es um seine Gesundheit gar nicht mal so gut aus. Die Erddrachen hatten ihn zu diesem Zeitpunkt so hart dran genommen, das Seishirou selbst nur knapp dem Tod persöhnlich von der Schippe springen konnte. Aber jetzt.. Nein, es war nicht der Zeitpunkt um in tiefste depressionen zu fallen. Der Kopf des kurzhaarigen hob sich wieder an und mit einem matten lächeln auf den Lippen blickte er auf den Grabstein vor sich. Er würde sich darum kümmern, würde sogar dafür sorgen das endlich eine Inschrift auf das Grab kam. Seishiro erhob sich wieder von dem Boden. Er fuhr mit einer Hand noch mals über den Grabstein vor sich und seufzte schwer, das ganze gab ihm doch ziemlich viel zum nachdenken. Allein der Gedanke das.. Nein, das konnte einfach nicht sein. "Ich komme wieder. Jeden Tag. So wie du mich jeden Tag besucht hast.." Mit diesen Worten wandte sich der saphiräugige ab, er ertrug diesen schweren Schicksalsschlag nicht, nein, nicht jetzt in diesem Moment. Da Seishiro zu dem Zeitpunkt als er eingeliefert wurde nicht mehr als seinen Mantel trug, hatte er auch nichts, das er noch im Krankenhaus hätte abholen müssen. Ein Schlüssel zu der Wohnung des Sumeragi Jungen hatte er sich zu Lebzeiten schon nachmachen lassen, zwar ohne das Subaru davon wusste, aber das war beabsichtigt gewesen. Was hatte er noch? Die Kleidung die er trug, ein Feuerzeug und eine Schachtel Zigaretten. Mehr nicht. Niemand hätte je damit gerechnet das er seine Augen überhaupt wieder öffnen würde, deshalb wurden ihm auch keine Sachen gebracht, weder von Subaru, noch von dem Stationspersonal. Mit langsamen Schritten machte er sich auf den Weg, auf den Weg nach hause, so wie er es damals noch nannte. Es hatte sich zwar vieles verändert, doch die Wohnung in welche der Sumeragi mit ihm zusammen lebte, sie existierte noch immer. Von draußen konnte er bereits nach oben in eines der Fenster hinein schauen, naja, könnte, wenn die Vorhänge nicht zugezogen wären. Einen moment lang zögerte er dann doch. War es eine gute Idee wieder alte Wunden aufzureißen und als Zugabe noch Salz hinein zu streuen? Nein, normalerweise nicht. Und dennoch, Seishirou tat es. Vielleicht war alles nur ein Irrtum und hinter der Tür erwartete ihn bereits Subaru mit offenen Armen, weshalb er die Augen kurz schloss und ein leichtes lächeln aufsetzte. Er holte den Schlüssel aus seiner Manteltasche und steckte diesen in das Schloss, drehte ihn um. "Ich bin..." setzte er an, sah in den leeren, dunklen Raum hinein und sein Lächeln was er aufgesetzt hatte, erlosch. Subaru war nicht da, der Raum kalt. Kein Essen war fertig und allein stand der Schwarzhaarige nun da. "...zurück..." schloss er seinen Satz ab und die Tür hinter sich direkt mit. Natürlich war der Sumeragi nicht hier, warum auch? Er war schließlich tot.. Die saphirblauen Augen sahen sich teilnahmslos um, alles stand und lag noch an Ort und Stelle, so wie sie beide die Wohnung zu Lebzeiten verlassen hatten. Dennoch, als ihm ein bekannter Geruch in die Nase stieg, schloss er leicht seine Augen. "...Kirschblüten.." Der Geruch welcher in der Luft lag erinnerte noch stark an Subaru, jedes mal wenn dieser sich nach dem Duschen an ihn schmiegte, stieg dem Sakurazukamori der Duft von Krischblüten in die Nase. So auch jetzt. Aber..es war nicht dasselbe. Zu wissen das was fehlte, ohne es rückgängig machen zu können, nein, das war ein Wissen was er niemandem wünschte. Langsam ging er ins Wohnzimmer, setzte sich dort auf die Couch und blickte einen Moment lang stur zu Boden. Seishiro gab sich die Schuld daran das Subaru nicht mehr bei ihm war, er gab sich Schuld an allem, was in der letzten Zeit passiert ist, auch wenn er gar keinen Einfluss darauf haben konnte. Selten sah man ihn so nachdenklich, oder wohl eher, selten bis gar nicht. In seinem Blickwinkel lag ein Stapel Briefe auf dem Wohnzimmertisch, ohne Absender, aber versehen mit seinem eigenen Namen, Seishiro Sakurazuka. Die Handschrift war die von Subaru und somit konnte er sich nicht am Riemen reißen den obersten der Briefe zu öffnen und sich das verfasste in Gedanken laut durchzulesen. "Seishiro.. Nun blühen die ersten Kirschblüten.. das 4. mal bereits.. Wie jedes Jahr muss ich dabei an dich denken.. So viel Zeit ist nun vergangen.. Jeden Tag plagt mich die Frage ob du wieder aufwachst, ob ich deine Stimme noch ein mal hören werde.. ob ich dir noch ein mal in die Augen sehen kann.. Oder ist deine Stimme für immer verstummt, die Augen geschlossen, ohne eine Möglichkeit mit dir zu sprechen..? Jeden weiteren Tag gehe ich zu dir ins Krankenhaus.. sehe dich dort liegen und kann dennoch nichts tun um dir zu helfen.. Es tut weh dich so zu sehen, leblos und hinzu noch all diese Maschinen.. Jeden Tag aufs neue, hoffe ich, das du aufwachst - doch diese Hoffnung ist wohl vergebens. Aber dennoch, diesen kleinen Funken Hoffnung kann ich nicht aufgeben, es ist wohl das einzige was mich noch aufrecht hält.. Ich vermisse dich.. warum musste das alles so kommen..? Könnte ich doch nur an deiner Stelle dort liegen.. Unfähig zu sein den Menschen zu schützen den man liebt tut weh.. besonders in so einer Situation...Dauernd werde ich gefragt was mich bedrückt... aber die anderen würden es doch nie verstehen.. können sie ja nicht einmal nachvollziehen warum ich die Hoffnung nicht aufgebe. Ich kann kaum noch schlafen... die Sorge um dich hält mich jede Nacht wach.. und dennoch stört es mich nicht.. Die Dunkelheit um mich herum scheint mir so vertraut - genau wie eine.. deiner Illusionen... Bitte..! Finde den Weg zurück zu mir..! Ich.. Ich vermisse dich, will dich wieder bei mir haben und deine Berührungen spüren.. ~ Subaru" Als er die letzte Zeile des Briefes erreichte, erkannte er den umriss von Wassertropfen, Tränen um genau zu sein. An einigen stellen war der Text leicht verwischt, scheinbar war Subaru zu diesem Zeitpunkt seelisch vollkommen am Ende. Auch Seishirou selbst, hatte nun mit einem schlechten Gewissen zu kämpfen. Nun konnte er nachvollziehen warum Subaru die Krankenhasubesuche eingestellt hatte, er vestand endlich, das dieser ihm bis zu seinem letzten Atemzug auf seinem schweren Weg ins Leben zurück begleitet hatte. Und er tat es immer noch.. Nicht Körperlich, doch seelisch.. Die Augen des Sakurazukamori schlossen sich halb und eine einzelne Träne bahnte sich erneut einen Weg über seine Wangen. Sie perlte an seinem Kinn ab und fiel auf den Brief in seiner zittrigen Hand. Er fühlte den Schmerz welchen Subaru durchmachen musste, jedes einzelne Wort traf ihn im inneren seiner Seele wie ein Messer das man ihm immer wieder in sein Herz rammte. Der letzte Satz hatte sich fast so angehört als würde Subaru wissen das ihm sein Ende nah war, sollte es eine Art Abschiedsbrief sein? Nein, wohl eher nicht.. Subaru gab nie auf.. Er war eine Kämpfernatur.. Den Blick starr aus dem Fenster gerichtet, legte er den Brief des kleineren beiseite. Gedanken schossen durch seinen Kopf, wie sollte er mit dieser Last auf seinen Schultern nur zurecht kommen? Auf dem Wohnzimmertisch lag noch ein Block, daneben ein Stift, scheinbar hatte Subaru seine Briefe hier geschrieben da ihn Seishirou sich meistens hier aufhielt.. Er griff ohne nachzudenken nach dem Block und dem Stift, fing in Gedanken versunken an selbst einen Brief zu verfassen, quasi die Antwort auf den letzten Brief Subaru's. "Subaru... '99 haben wir uns das letzte mal gegenüber gestanden, kurz bevor ich für 4 lange Jahre in ein Koma fiel aus dem ich laut den Ärzten nie wieder erwachen sollte. Aber siehst du, ich habe es geschafft.. Nun sitze ich hier in deiner Wohnung auf der Couch und schreibe diesen Brief an dich, mit dem Wissen, das du ihn nie lesen wirst.. Durch deine Hoffnung die du mir gabst und durch deine Kraft die du mir gespendet hast, konnte ich nach 4 Jahren endlich wieder die Augen öffnen. Ich hatte gehofft in dein Gesicht blicken zu können nach meinem erwachen, aber dein Platz neben mir... Er war leer.. Ich dachte, du würdest vielleicht schon zuhause auf mich warten, aber dann..wie aus einem unguten Gefühl heraus bin ich zum Friedhof gegangen. Eigentlich in der Hoffnung dein Grab dort nicht zu finden, aber..dem war nicht so.." Für einen kurzen Moment stockte Seishirou beim schreiben. Er wusste nicht ob das was er gerade tat einfach nur banal war, oder ob es genau das war, was Liebe ausmachte; nämlich jemandem selbst nach dessen ableben als jemanden anzusehen, der sein Leben mit vielen Dingen bereichert hatte. Den Bick kurz aus dem Fenster richtend, holte er tief Luft und schrieb darauffolgend weiter. "..Ich war deprimiert. Bin es sogar immer noch. Ich will einfach nicht begreifen..das du nicht mehr bist, verstehst du das? Als ich mich erkundigte von wem die Lilien in meinem Zimmer waren, sagte man mir nur das sie keine Auskunft darüber hätten. Dabei hast du das alles organisiert, richtig? Du saßt Tag und Nacht an meinem Bett, hast gehofft und gefleht.. Viele Tränen sind geflossen, ich konnte dich zwar nicht sehen oder mit dir reden..aber ich wusste einfach das du da warst und über mich gewacht hast.. Und dafür.. danke ich dir, Subaru. Du hast mein Leben mit vielen Dingen bereichert, hast mir gezeigt das es okay ist Gefühle zu zeigen und auch Emotionen zu empfinden. Ich glaube..durch dich habe ich erfahren was es heißt zu lieben.. Und deshalb, schreibe ich dir diesen Brief. Deine Leiden blieben nicht unerhört, ich leide mit dir, hörst du? Wir zwei.. hatten viele Auseinandersetzungen. Ich habe Fehler gemacht und du hast sie mir dennoch verziehen.. Ich verstand zwar nie warum, aber mittlerweile ist es mir klar. Leider..konnte ich dir viele Dinge nicht erklären.. Ich hatte noch so viel vor..wollte noch so viel mit dir erleben.. Nenn mich ruhig einen Spätzünder, es ist okay. Aber bis ich endlich begriffen hatte was das, was ich für dich empfinde wahre Liebe ist, war es zu spät um es dir mittzuteilen. Mit diesem Brief.. erweise ich dir die letzte Ehre. Leider..hatten wir nicht genug Zeit um das was wir hatten richtig auszuleben.. aber ich will wenigstens das du etwas weißt, was du bislang nie aus meinem Mund gehört hast. Ich liebe dich. Und ich tue es noch immer, selbst jetzt, nachdem du uns verlassen hast.. - Seishiro" Es war nicht ganz das, was er von sich erwartet hatte, aber Worte waren noch nie seine Stärke gewesen. Egal ob gesprochen oder geschrieben, er war kein Freund davon. Der Stift wurde bei seite gelegt, das Blatt vom Bock getrennt und gefaltet. Seishiro nahm sich einen der Briefumschläge und legte den Brief dort hinein - versiegelte ihn auch noch. Vorne schrieb er den Namen des Sumeragi drauf, dann schloss er für einen Moment die Augen. Er war niemand der lange hinter jemanden stand, doch bei Subaru war es anders. Der saphiräugige wollte nicht mit ihm abschließen, das Medium war ein Teil seines Lebens, er trug somit gerade, einen Teil dessen selbst ins Grab. Mit einem schweren Seufzen auf den Lippen versuchte er den restlichen Tag noch zu überstehen, er brauchte Zeit, viel Zeit zum nachdenken und verarbeiten. _ Der nächste Tag _ Mit einem Strauß Lilien in der Hand, machte sich Seishiro auf den Weg zu dem Grab Subaru's. Er trug den Brief den er gestern Abend noch in der späten Stunde verfasst hatte mit sich, wollte natürlich das Subaru ihn zumindest 'zugestellt' bekam. Das große stählerne Tor öffnete sich noch mit dem gleichen knazren wie am Tag zuvor. Alles war gleich, nur das Grab des Sumeragi's erstrahlte in neuem Glanz. Die Schlingpflanzen wurden entfernt, frische Blumen wurden gesäht und auch eine Inschrift war nun mittlerweile eingraviert. Weiße Orchideen und Chrysanthemen zierten nun sein Grab, was dem vollbringer dessen recht matt lächeln ließ. Er hatte sich in der selben Nacht noch um alles gekümmert, hatte die Blumen besorgt und die Inschrift einmeißeln lassen, welche besagte: 'Wir haben dich nicht verloren, du bist uns nur vorausgegangen.' Der halb erblindete Sakurazukamori ging vor dem Grab in die Knie und legte die Blumen noch zusätzlich auf dem Grab ab, versuchte sich dabei nichts anmerken zu lassen. "Wie versprochen, ich kümmere mich um dein Grab.." ,wiederholte er nun seine Worte von gestern, wobei sich ein leichtes lächeln auf seine Lippen legte. Ein griff ging in seine Manteltasche und der Sakurazukamori zog den Brief heraus welchen er als Abschiedsbrief für Subaru verfasst hatte. "Ich war so frei und..habe mir die Zeit genommen deine Briefe zu beantworten, Subaru.." ,fügte Seishirou dann noch hinzu, ehe er den Umschlag auf dem Grab ablegte und dabei kurz die Augen schloss. Es war alles nicht so gekommen wie sie es sich beide ausgemalt hatten. Trotz dem Wissen das einer von ihnen beiden ohnehin sterben würde, hatten sie keinen Moment lang an dem jeweils anderen gezweifelt. Sicherlich war die Erinnerung schmerzhaft an vergangene Tage, aber er würde versuchen müssen mit dem Wissen zu leben. Die Augen wieder öffnend, erhob er sich aus seiner gebeugten Haltung wieder und nahm die Sonnenbrille mit gesenkten Haupt ab, wollte sich nicht mehr hinter seiner Fassade vestecken, zumindest nicht so lange er in der Gegenwart des Sumeragi's stand. "Von heute an..werde ich dich jeden Tag besuchen. Ich werde mich um dein Grab kümmern, werde dir aus meinem Leben erzählen und von den Dingen die sich gändert haben. Aber eines verrate ich dir jetzt schon.. ..die Kirschbäume wachsen so prachtvoll wie jedes Jahr." _ Fin Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)