Pokédex-Einträge von Xanokah (Kurzgeschichten zu Pokédex-Einträgen) ================================================================================ Kapitel 57: #608 Laternecto --------------------------- LATERNECTO Ein schwaches Licht flackerte in der Dunkelheit, dort, in der Gasse zwischen den Hochhäusern, die bis in den Himmel ragten. Das Licht flackerte immer stärker, ging aufgewühlt aus und an und die Neugierde packte mich. Ich trat näher heran, spähte um die Ecke und sah ein Pokémon dort lauern, es auf irgendetwas warten. Es schwebte einige Meter über dem Boden, direkt vor einem der Fenster des schäbigen mehrstöckigen Bauwerks und beobachtete dort etwas... oder jemanden. Das Licht glühte weiter unbeständig und das Pokémon wurde unruhig, schwankte ungeduldig hin und her. Dann schließlich, einige Minuten später, preschte es plötzlich zielstrebig nach vorn. Es bewegte sich auf das Fenster hinzu, schwebte elegant durch die Scheibe und kam nur wenige Sekunden später wieder heraus, das Licht in seinem Inneren erstrahlte nun wieder in einem hellen Glanz. Das Pokémon schwebte dann aus der Gasse hinaus, direkt auf die belebte Straße zu. Es schien mich nicht bemerkt zu haben, deswegen folgte ich dem Wesen, wollte wissen, wo es sein Licht als nächstes hin trieb. Ich folgte ihm durch die trotz der Dunkelheit belebten Straßen. Die Laternen erleuchteten den von den vielen Autos befahrenen Asphalt, der Mond stand bereits hoch am Himmel, doch die vielen Wolkenkratzer verdeckten die Sicht auf diesen fast völlig. Der Himmel war dunkel, doch Sterne konnte man keine erkennen, da das Licht der Großstadt stärker war als alles um sie herum, viel stärker noch als das schwache Licht des Sternenhimmels. Ich schlenderte die Einkaufsstraße entlang, ohne das Pokémon dabei aus dem Blick zu verlieren, beobachtete, wie es in verschiedene Häuser schwebte und sich nur wenige Augenblicke später wieder vor mir her bewegte, mit einem Licht stärker als je zuvor und auf der Suche nach dem nächsten Fenster, durch das es hindurch gleiten konnte. Ich folgte dem Wesen viele Stunden, die Straße, auf der ich lief, wurde zunehmend menschenleerer, die Geschäfte schlossen ihre Türen und auch das Geräusch der fahrenden Autos begleitete mich nicht mehr. Die Lichter in den Häusern erloschen und bald waren nur noch das seltsame Pokémon und ich in der einsamen Stadt unterwegs. Das Pokémon verrichtete immer noch unberührt seine fragwürdige Arbeit, flog in Häuser und kam wieder hinaus, machte sich auf zum nächsten Fenster, bis es vor einem großen, weißen Gebäude schließlich abrupt in der Luft stehen blieb. Es machte halt vor einem Krankenhaus. Die Atmosphäre um mich herum veränderte sich plötzlich, ich bekam ein erdrückendes Gefühl zu spüren, ganz anders, als das Gefühl, Nachts durch eine menschenleere Stadt zu wandern. Das Pokémon zögerte jedoch nicht lange und schwebte direkt auf das Krankenhaus zu, ich folgte ihm mit einem großen Unbehagen, das meiner Neugierde jedoch deutlich unterlag. Das Wesen schwebte weiterhin zielstrebig durch die Gänge, ich schlich auf leisen Sohlen hinter diesem her. Im gesamten Krankenhaus herrschte Stille, keine Geräusche waren hier zu vernehmen. Es schwebte durch das große Treppenhaus, viele Stockwerke nach oben und ich erschrak, als diese erdrückende Stille von einem leisen Weinen unterbrochen wurde, doch nach nur wenigen Augenblicken wieder zurück kam und sich erneut von keinem einzigen Geräusch zu durchbrechen lassen schien. Das Pokémon verließ das Treppenhaus schließlich und setzte seinen Weg in einem der Gänge fort, schwebte vor eine Tür und machte dort entschieden halt. Es wartete einige Momente vor dieser Tür und schwebte nach langem Zögern durch eben diese. Ich zögerte ebenfalls, fragte mich, ob ich dem Wesen folgen solle, ob ich nicht nur einen kleinen Blick in das Zimmer werfen solle. Auf Zehenspitzen schlich ich leise zu der weißen Zimmertür, griff an die kalte Türklinke und drückte diese hinunter. Die Tür öffnete sich einen kleinen Spalt und ich konnte das Pokémon über einem Bett schweben sehen. Ich öffnete die Tür noch ein bisschen, nur so weit, dass ich den Patienten auf dem Bett erkennen konnte. In diesem Bett lag ein Junge, gerade erst alt genug, um sein erstes Pokémon zu erhalten, an viele Maschinen gefesselt. Das Pokémon lauerte über diesem Jungen, schien auf etwas zu warten. Etliche Minuten vergingen und plötzlich regte sich das Pokémon, drehte sich aufgeregt hin und her, das Licht in seinem Inneren flackerte ebenso munter, mal schwächer und mal stärker. Und dann stoppte es plötzlich, hielt in seiner hektischen Bewegung inne und schwebte auf die Tür zu. Ich wich erschrocken zur Seite, ließ das Pokémon passieren und mein Blick folgte dem seltsamen Wesen, welches sich wieder in Richtung Treppenhaus bewegte. Sekunden später wurde es mit einem Male laut und turbulent in dem Krankenhaus, Menschen in weißen Kitteln kamen aus kleinen Büros gerannt, steuerten direkt auf das Zimmer zu, in dem das Pokémon bis eben war. Stimmen redeten durcheinander, tiefes Seufzen erklang, sie versammelten sich um das Bett, in dem der Junge lag. "Geschätzter Todeszeitpunkt: 01:52 Uhr", tönte eine raue Stimme monoton aus dem Zimmer. Pokédex-Einträge von Laternecto: Schwarz: "Es irrt ziellos auf der Suche nach den Seelen der Verstorbenen durch die Stadt. Als Unglücksbringer gefürchtet." Weiß: "Es erscheint im Augenblick des Todes und verschlingt die Seele des Verblichenen, sofort nachdem sie den Körper verlässt." Schwarz/Weiß 2: "Es nährt seine Flamme mit den Seelen seiner Opfer. Heutzutage irrt es auf der Suche nach Seelen durch Krankenhäuser." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)