Was hast du nur getan? von King_of_Sharks (*~YuKa~*) ================================================================================ Kapitel 8: Schmutz ------------------ 5 Tage später Er sah auf den Wecker. //Scheiße, ich bin spät dran!// Kai sprang förmlich aus dem Bett, schnappte sich seine Schuluniform, die über dem Stuhl hing, und eilte ins Bad. //Wie konnte das nur passieren? Ich verschlafe doch sonst nie!///. Die Nächte zuvor waren relativ friedlich verlaufen, doch in dieser Nacht hatten ihn wieder Alpträume vom Schlafen abgehalten. //So kann das nicht weiter gehen…irgendwann muss es ja aufhören, oder?// Mit diesen Gedanken hechtete er ins Bad, direkt an Yuriy vorbei der gerade auf dem Weg in die Küche war. Nach knapp 10 Minuten war er im Bad fertig und trat in den Flur. „Yuriy!“, rief er. „Ich muss gleich los!“ Kaum hatte Kai dies gerufen, kam Yuriy aus der Küche getrottet, wünschte ihm einen schönen guten Morgen und übergab ihm sein Pausenbrot. „Wann musst du in der Schule sein?“ – „In 10 Minuten“, erwiderte Kai, während er sich die Schuhe anzog. „Also beeil dich.“ //Ich war schon lange fertig, er hat verschlafen…und jetzt soll ich mich beeilen…super// Yuriy ließ jedoch nichts von seinem Unmut anmerken und öffnete die Tür. Nachdem Yuriy Kai in die Schule gebracht hatte und danach noch einkaufen gegangen war, hatte er sich auf die Couch im Wohnzimmer gegammelt und sah fern. Plötzlich riss das schrille Klingeln des Telefons ihn je aus seiner Ruhe hochfahren. //Wer ruft denn jetzt an?// Er lief in den Flur und nahm den Hörer vom Apparat. „Ivanov, hallo?“ – „Oh, Yuriy...könntest du mir bitte mal Kai geben?“ //Voltaire// Yuriys Gesichtsausdruck verfinsterte sich augenblicklich. Was erlaubte es sich dieser Bastard eigentlich, hier anzurufen, sich nicht mal mit dem Namen zu melden und dann noch nach Kai zu verlangen? „Kai ist nicht da. Er ist in der Schule“, gab Yuriy knapp und sachlich von sich. „Schade...nun gut, dann richte ihm bitte aus, er soll mich so schnell wie möglich zurückrufen“, meinte Voltaire. „Werde ich machen, tschüss“, beendete er das Gespräch genauso knapp und ohne eine Erwiderung abzuwarten. //Dieser miese alte Sack...er hat damals doch auch mit Boris unter einer Decke gesteckt. Glaubt er, dass alles wieder gut wird, nur weil er Kai Geld schickt?// Yuriy war so aufgebracht wie schon lange nicht mehr und es dauerte noch eine ganze Weile, bis er sich wieder beruhigt hatte. Am Mittag fuhr Yuriy zu Kais Schule, um diesen abzuholen. Er hatte in der Nähe des Eingangs geparkt, damit er gleich sehen konnte, wann Kai aus dem Gebäude heraus kam. Es dauerte auch keine 10 Minuten, bis eine Horde Schüler aus der Schule gestürmt, Kai jedoch war nicht dabei. Dieser kam etwas später mit ein paar Nachzüglern gemächlich aus dem Gebäude gelaufen. Er steuerte auch sofort auf Yuriys Auto zu, das er natürlich schon erblickt hatte. „Hm...“, mit diesem Wort ließ er sich neben Yuriy auf den Sitz fallen und schnallte sich an. „Hey, wie war dein erster Schultag?“, fragte Yuriy sogleich neugierig und startete den Motor. „Ging so“, bekam er als Antwort. „Hört sich nicht gerade toll an“, meinte Yuriy zu Kais Aussage und bohrte sofort weiter. Er wusste ja, dass man aus Kai die Antworten förmlich herausziehen musste. „Was war denn nicht toll an dem Tag? Hattest du Stress mit deinen Mitschülern, gefällt dir die Klasse oder die Lehrer nicht?“ „Hm...in meiner Klasse sind nur zwei Idioten, die ich schon von früher kenne, das ist alles“, antwortete Kai und blickte aus dem Fenster. //Ah, da hängt es also. Die beiden erinnern ihn wohl zusätzlich an Yuuya und die Zeit mit ihm...// „Ich verstehe“, gab Yuriy verständnisvoll zurück. „Ich war heute einkaufen und hab schon Mittagessen gemacht, darum musst du dich also nicht mehr kümmern“, teilte Yuriy ihm nach einer Weile des Schweigens mit, worauf Kai ihn mit einem Anflug eines Lächelns ansah und nickte. Allerdings verschwand dieses Lächeln genauso schnell wieder wie es gekommen war. Kai fragte sich sowieso, warum er überhaupt gelächelt hatte. //Ach man, was ist nur mit mir los? Ich verliere so langsam echt den Verstand...// Während der restlichen Fahrt hing Kai diesem und ähnlichen Gedanken nach und bekam fast gar nicht mit, als der Wagen zum Stehen kam. „Hey, Kai“, riss Yuriy ihn aus seinen Gedanken. „Wir sind zu Hause“ //Zu...Hause?// Kai schüttelte schnell den Kopf, packte seine Schultasche am Träger und öffnete die Autotür. //Ich sollte mich am besten noch mal hinlegen...ich bin echt zu nichts zu gebrauchen heute// „Ach übrigens, Kai: Dein Großvater hat heute Morgen hier angerufen und gesagt, dass du ihn so schnell es geht zurückrufen sollst“, informierte Yuriy ihn nach dem Mittagessen. „Ja...“, erwiderte Kai. //Werde ich vielleicht machen// „Ich rufe ihn später an. Jetzt leg ich mich erst mal hin. Stör mich bitte nicht“, fügte er hinzu und verschwand in sein Zimmer. //Hm...vielleicht kann er ja am Tag besser schlafen// dachte Yuriy sich und widmete sich dem Abwasch, der seitdem Kai so neben der Spur war, an ihm hängen blieb. //Ich muss unbedingt herausfinden, was es ist, das ihn immer noch so sehr beschäftigt...aber wie soll ich das anstellen?// Während Yuriy Geschirr spülte, ging er verschiedene Möglichkeiten durch, wie er Kai sein Geheimnis entlocken können würde, kam jedoch zu keinem wirklich überzeugenden Ergebnis. Deprimiert und planlos ging er in sein Zimmer und suchte nach seinem Handy. Immer wenn er nicht weiter wusste, rief er Bryan an oder schrieb ihm eine SMS, dass dieser ihn anrufen sollte, damit er ihm bei seinem Problem weiterhelfen konnte. Bloß leider, wie es eben Bryans Art war, hatte dieser nicht wirklich gute Tipps auf Lager, aber tat dennoch immer sein bestes. Wie Yuriy so überlegte, vermisste er es schon manchmal, einfach am Abend mit Bryan zusammenzusitzen, ein bisschen zu trinken und einfach Spaß zu haben. Jedoch rief er sich immer dann, wenn ihn solche Sehnsüchte packten, ins Gedächtnis zurück, dass es in erster Linie darum ging, Kai zu helfen und für ihn da zu sein. Außerdem würde es auch irgendwann wieder eine Zeit geben, in der er all dies mit Bryan wieder tun konnte, so sagte er sich und davon war er auch fest überzeugt. Als er endlich sein Handy gefunden hatte, musste er feststellen, dass der Akku leer war und er es an die Ladestation anschließen musste. //Ach, hab ich wieder ein Glück// Nachdem er sein Handy an die Ladestation gehängt hatte, schnappte er sich das Telefon aus dem Flur und wählte Bryans Nummer. Etwa eine Stunde später und mal wieder ohne wirklich weitergekommen sein, dafür nun mit deutlich besserer Laune, legte er auf. //Oh man, Bryan// Er musste sich ein Lachen verkneifen. Bryan hatte mal wieder einige seiner Alltagsgeschichten zum Besten gegeben, was Yuriy –und so ziemlich jedem anderen, denen er es erzählte- immer entweder urkomisch oder sehr verstörend fanden. Bryan war einfach auf seine ganz eigene Weise fantastisch, fand Yuriy. //So, Kai müsste langsam doch auch mal wieder aufstehen...Immerhin schläft er jetzt schon über eineinhalb Stunden// Ungeachtet der Tatsache, dass Kai ihm gesagt hatte, er solle ihn nicht stören, schlich Yuriy zu dessen Zimmer und öffnete die Tür. Die Rollos waren heruntergelassen und es kam nur spärlich Tageslicht durch die kleinen Spalte zwischen den Streben, aber noch genug, um guten Blick auf alles sich im Zimmer befindende zu haben. Eigentlich hatte Yuriy einen friedlich schlafenden Kai erwartet vorzufinden, doch was er stattdessen vorfand, verschlug ihm die Sprache. Kai lag mit schmerzverzerrtem Gesicht, aufgedeckt und krampfhaft die Arme um den eigenen Körper geschlungen, die Hände an den Armen, auf seinem Bett. Die Bettdecke war wohl zur Seite gewälzt worden. Als Yuriy sich aus seiner Starre löste und näher an das Bett herantrat, sah er erst, wie schlimm es wirklich um Kai stand. Dieser hielt sich nicht nur mit den Händen an den Armen fest, sondern krallte sich mit den Nägeln ins Fleisch. Offenbar tat er dies schon etwas länger, denn die Kratzspuren waren schon blutig und Kai keuchte vor Schmerz immer wieder auf. Nicht lange überlegend, packte Yuriy Kai an den Handgelenken und versuchte ihn davon abzubringen, sich selbst noch mehr zu verletzen. Kai schreckte mit einem unterdrückten Schrei aus seinem alptraumhaften Schlaf auf und starrte Yuriy aus großen, angsterfüllten Augen an. Yuriy ließ nun von seinen Handgelenken ab und schaute Kai erstaunt an. „Du, du bist wach...“ Der Angesprochene richtete sich nun auf, senkte den Kopf und betrachtete seine blutigen Hände. //Wessen Blut ist das?// Er brauchte eine Weile um zu verstehen, dass es sein eigenes war. Langsam realisierte er auch den Schmerz, der von seinen Armen herrührte und hatte somit auch den Ursprung des Blutes ausgemacht. Nun schaute er erschrocken auf seine Hände und dann hoch zu Yuriy. „Was...?“, war das einzige, was er herausbrachte. „Ich weiß es nicht, Kai“, erwiderte Yuriy schluckend. „Du hast mal wieder schlecht geträumt...“ Kai sah fassungslos auf seine Hände und langsam begannen die Bilder in seinem Kopf wieder Gestalt anzunehmen und sich Traum von eben zu manifestieren. „Nein, lass mich in Ruhe! Verschwinde!“, Kai kniff die Augen zusammen und fasste sich an den Kopf. „Verschwinde endlich aus meinem Kopf!“ Yuriy, der bisher nur untätig zugesehen hatte, da ihn Kais Zustand geschockt hatte, legte nun eine Hand auf Kais Schulter und redete beruhigend auf Kai ein. „Es ist alles in Ordnung...nur ich bin hier. Dir kann niemand mehr etwas tun.“ Kai schlug mit einem Mal die Augen auf und nahm die Hände runter. „Nein...nein, Yuriy“, flüsterte Kai mit schwacher Stimme. „Nichts ist in Ordnung...“ Die grausamen Bilder begannen sich wieder in undurchsichtige Nebelschwaden zu verwandeln und verschwanden schließlich. Bloß für wie lange? Kai konnte nicht mehr. Jegliche Kraft schien ihn verlassen zu haben und so sank er völlig erschöpft in Yuriys Arme. „Ich kann nicht mehr...“, wisperte Kai und krallte sich in den Stoff von Yuriys Oberteil. Dieser wollte eben zu ein paar beruhigenden Worten ansetzen, ließ es dann aber doch bleiben und schloss stattdessen seine Arme um Kai. Was war nur mit Kai los? 'Bloß' an der Abtei konnte es nicht liegen, das hatte Yuriy inzwischen auch begriffen, doch ob es etwas mit ihr zu tun hatte...es bestand die Möglichkeit, dass Kai sich inzwischen schon selbst verletzte machte auch Yuriy sehr zu schaffen und brachte ihn einmal mehr zum Nachdenken. „Yuriy!“, Kai drückte sich auf ein mal von ihm und sah auf seine Hände. „Ich mache dein T-Shirt ganz schmutzig...“ – „Ist doch nicht schlimm, das kann man waschen“, lächelte Yuriy ihm sanft zu, was Kai allerdings nicht mitbekam, da er auf seine Hände starrte. „Nein...man kann es nicht sauber machen“, sagte Kai leise und mit seltsamer Stimme, wohl mehr zu sich selbst als an Yuriy gewandt. „Kai?“, Yuriy starrte mit unsicherem Blick auf Kai, der seine Hände genauer zu inspizieren schien. „Nein. Man kann es nicht mehr sauber machen...“ TBC Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)