Schwarzer Schnee von Coronet (We have to believe it) ================================================================================ Kapitel 1: The Colour of Snow ----------------------------- Die Tribute von Panem - schwarzer Schnee Anmerkungen: Fett&kursiv gedruckter Text stellt Auszüge des Songtextes "The Colour of Snow" von Polarkreis 18 dar, die nicht zu meinem geistigen Eigentum gehören. Erstes und einziges Kapitel Fürchtet euch nicht, Bürger des Kapitols. Wir haben einmal gesiegt, wir werden wieder siegen. Es wird die Hungerspiele für immer geben! Und damit wird unsere Macht für immer bestehen!   Kawumm Kawumm Kawumm Kawumm Kawumm Kawumm Wie gerne würde ich jetzt an diese Worte glauben können. Du wirst mich doch retten? Bum Bum Bum Bum Bum Bum Bum Bum Bum Die Schüsse der Rebellen verfehlen mich nur knapp. Mit einem letzten, verzweifelten Satz rette ich mich hinter die nächste Straßenecke. Meine Schuhe habe ich bereits vor langer Zeit verloren, meine Füße sind blau, doch ich spüre den Schmerz nicht mehr. Atemlos warte ich auf den Moment, in dem die Rebellen ihre Gewehre nachladen müssen. Kaum, dass das Feuer weniger wird stürme ich los. Meine eigenen Haare peitschen mir ins Gesicht, nehmen mir die Sicht. Krach Krach Krach Krach Krach Krach Krach Krach Krach Krach Schüsse hageln von überall auf mich nieder. Menschen gehen links und rechts von mir zu Boden. Vor mir sinken sie stumm schreiend auf das Pflaster nieder.   Wir sind sicher. Wie sollten die Distrikte sich schon wehren können? Du wirst mich doch retten? Zisch Eine Gaswand erhebt sich direkt vor mir. Mit ihren lilafarbenen Fingern langt sie nach mir. Kreischend rennt ein Mädchen an mir vorbei, genau in die lila Finger. Erstickt gurgelnd sinkt sie zu Boden, Rot dringt aus allen ihrer Körperöffnungen. „Gloria“, quillt zusammen mit einem Schwall Rot aus ihrem Mund heraus. Ich wende mich ab, renne in einer der anderen Gassen. Weiße Flocken durchnässen mich, meine viel zu dünne Jacke und den Stoffhasen in meinem Arm. Ich achte nicht auf den Fußboden, mein Blick ist starr auf das Ziel gerichtet. Mit einem Mal dreht die Welt sich, Himmel und wehende Kleider ziehen in einem viel zu schnellen Wirbel vor meinen Augen davon. Schließlich kommt die Welt zur Ruhe. Ich betrachte den eisgrauen Himmel, aus dem es weiße Flocken regnet. Angenehm kühl fallen sie auf meine geschundene Haut. Die Schreie und das Dröhnen der Gewehre verklingen. Liegt dort mein Ziel? Ehe ich meine Gedanken vervollständigen kann schießt ein Schmerz durch meinen Körper. Tränen trüben meine Sicht. Ich versuche, nicht zu schreien, doch ein spitzer Schrei verlässt meine viel zu trockene Kehle, als ich meinen Kopf berühre. Undefinierbar Rot klebt an meinen Fingern. Wankend richte ich mich auf, bringe die Welt wieder in ihre richtige Lage zurück. Meine Beine sind gebadet in der roten Flüssigkeit.  Ich muss ausgerutscht sein, genauso, wie es dem Mann vor mir ergeht. Er rudert noch einen Moment hilflos mit den Armen, dann fällt er. Er kommt nicht schnell genug wieder hoch. In eine ehemals stolze, weiße Rüstung gewandt ist sein Schicksal. Der völlig verdreckte Friedenswächter steht plötzlich vor ihm. Peng! Der Kopf des Mannes fliegt nach hinten. Rosa, rot überall. Ich wage nicht zu atmen. Jetzt kommt er auf mich zu, sein Mund aufgerissen, wild schreiend. „..uf!“ Ich verstehe nicht. Wird er mich töten? Ich versuche über das glitschige Rot in den Schatten eines Hauses zu rutschen. Gleichzeitig lasse ich nicht den Stoffhasen in meiner Hand los. Im Gegenteil, meine Hand krallt sich um ihn. „…auf!“ Sterbe ich? Unfähig mich zu regen blicke ich den Friedenswächtern an, der nicht länger aussieht, als würde er Frieden bewahren. Tränen rinnen über meine Wangen. „LAUUUF!“, brüllt er mir entgegen. Ich springe auf und bewege mich, wie mechanisch. Unter meinen Füßen spüre ich das, was ich sonst nur von Zeichnungen aus dem Biologiebuch kannte – das Gehirn des Mannes. Es fühlt sich so unreal an, wie ein schlechter Traum. Es kann nur ein schlechter Traum sein. Es darf nicht real sein. Meine Knie zittern, jeden Moment drohe ich erneut auszurutschen. Du wirst mich doch retten? Comply me for science I'm back in school The leader of the children I'm the leader in you You follow in my order   Peng Peng Peng Peng Peng Peng Peng Peng Peng Peng Hektisch suche ich die Häuserreihen ab. Ich sehe sie nicht. Wo sind die Rebellen? Schutzlos stehe ich mitten in der Gasse, als ich sie sehe. Dunkel und bedrohlich zeichnen sie sich vom Himmel ab, schwarz gewandt und bereit zu töten. Mit hölzernen Schritten versuche ich, mich zurück in den Schatten zu drängen. Eine Hand greift mich bei der Schulter. Der Schreck durchläuft mich eiskalt, lähmt meine Muskeln und lässt erneut einen Schrei in mir aufsteigen. Ich werde zurückgerissen, während sich mein Schrei löst. Oben, auf den Dächern der Häuser drehen die Rebellen sich um. Ob sie das Feuer eröffnen bekomme ich nicht mehr mit. Alle Geräusche sind weg. Ich höre meinen eigenen, schluchzenden Atem. Der Griff um mich lockert sich. Ich… bin in Sicherheit? Zumindest die grausigen Geräusche der Straße sind abgeschnitten, nur ein dumpfes Gewehrknallen dringt noch zu mir durch. Ich fühle mich wie in Watte eingepackt, jetzt, wo auf einmal so etwas wie Stille herrscht. Eine Frau, die mehrere Mäntel über einander trägt lässt sich vor mir auf die Knie fallen. Ihr Gesicht gleicht mehr einer Fratze, denn einem Gesicht. Lippenstift, Kajal, Eyeliner – alles verwischt über ihr Gesicht. Nasse schwarze Strähnen hängen unter ihrer Perücke hervor, man kann nicht erkennen von was sie durchtränkt sind. Als ich ihre Hände auf meinen Schultern spüre reiße ich mich los, stolpere zurück und drücke mich gegen die Wand. Es sind noch mehr Personen in dem prächtig ausgestatteten Raum. Allesamt gruselige Fratzen. Sie starren mich an. Ich versuche durchzuatmen. Sollten sie wieder erwarten in die Hände der Rebellen geraten, so gilt oberste Regel: Zeigen sie keine Furcht! Sind es überhaupt Rebellen? Macht das noch einen Unterschied? Du wirst mich doch retten…? Ein zartes Lächeln gleitet über das Gesicht der Frau, die vor mir auf die Knie gefallen ist. Meine Fassade fällt. Schreiend kauere ich mich zusammen, in der Hoffnung, dass es schnell gehen wird. Solche Angst umfasst mein Herz! Wie wird der Tod sein? Mein Verstand arbeitet nicht mehr, meine Gedanken sind nur noch von einem besessen: Wie wird es sich anfühlen? Eine Hand gleitet über meinen Rücken. „Shhh… Es wird alles gut. Ich kann es dir versprechen.” Die Frau wischt sich ihre Schminke mit dem Ärmel ab. Das macht es nicht besser, aber ihre ruhige Stimme lässt mich verstummen. Mit der anderen Hand rupft sie sich die Perücke vom Kopf. Lange, schwarze Haare ergießen sich über ihren Rücken. Sie streicht mir über die Wange, das Haar aus dem Gesicht. Ich kann nicht verstehen, was sie flüstert, aber es hört sich so heimisch, so vertraut an. Wie meine Mutter. Ich sinke endgültig zu Boden, strecke meine Beine von mir und lehne mich gegen die Wand. Die Frau wendet sich wieder den Anderen zu. Stumm spüre ich, wie etwas salziges meine Lippen berührt. Irgendwann werde ich hochgehoben und fortgetragen. Lange, lange Zeit befinden wir uns in Dunkelheit. Es fühlt sich an wie ein Schlaf mit offenen Augen. Doch der echte Schlaf will nicht kommen. Unruhige Bilder flackern durch meine Gedanken. ‚Warum befinden wir uns im Krieg?‘, schreien meine Gedanken. ‚Wurden wir belogen?‘ ‚Warum tun die Distrikte das?‘ Und immer wieder Rot. Du wirst mich doch retten? Comply me for science I'm back in school The leader of the children I'm the leader in you You follow in my order   Aus meinem Wachträumen werde ich erst erlöst, als wir das Nächste Haus erreichen. Ich finde mich in einem bunten Wohnzimmer wieder, dass nicht den Eindruck macht, als sei hier je etwas Böses gesehen. Auf einem rosa Plüschsofa werde ich niedergelassen. Getragen hat mich ein starker Mann, der als Einziger der Gruppe komplett in schwarz gekleidet ist, wie mir auffällt. Erst jetzt, als meine Gedanken sich wieder klären, fällt mir auf, dass noch ein Kind bei der Gruppe ist. Orange Löckchen rahmen ihr Gesicht. Mit großen Augen blickt sie sich um, die Hände fest an den Mantelsaum einer Frau geklammert. Mir fällt auf, dass ich mit meiner linken immer noch den Hasen umklammert halte. Es fühlt sich eigenartig an, die Hand zu lockern, die ihn umklammert. Mit zittriger Hand halte ich ihr den Hasen entgegen. Interesse blitzt in ihren Augen, zumindest glaube ich das. Dennoch löst sie ihre Hand nicht von dem Saum. Unschlüssig lasse ich meine Hand sinken. Tränen kommen in mir hoch, als ich den Hasen betrachte. Sein Stoff hat sich mit Blut vollgesogen, dass dunkelbraune Flecken hinterlassen hat. Er ist längst nicht mehr das reine, weiße Kuscheltier, das ich bei unserer Flucht mitgenommen habe. Es ist nicht einmal mein liebstes. Aber wir hatten keine Zeit. Sie erreichten unseren Straßenzug zu schnell. Wir hatten keine Zeit uns vorzubereiten. Ich griff ihn und rannte. Caly haben wir an der ersten Querstraße verloren. Mum in einer Kapsel keine zehn Straßen weiter. Schließlich Dad, in einem Kampf zwischen Rebellen und Friedenswächtern. Nur noch Nana und ich blieben übrig. Bis zur Gaswand. Von dem Rest meiner Verwandschaft weiß ich nichts. Die Erkentniss trifft mich wie der Schlag. Sie sind tot. Niemand wird sie zurückholen. Ist das der Tod? Schwarzes Nichts füllt mich aus. Ich habe sie verloren. Alle. Ich schüttle nur den Kopf, immer schneller, bis die Welt vor meinen Augen verschwimmt. Am Ende sind keine Tränen mehr übrig. Es scheint mehr Zeit vergangen zu sein, als ich wahrgenommen habe, denn draußen senkt sich langsam die Dämmerung über die Häuser. Vereinzelte weiße Flocken fallen noch vom Himmel. Hier ist es bedeutend ruhiger als in dem anderen Haus. Den hastigen, schnellen Gesprächen zwischen den Männern und Frauen entnehme ich, dass die Rebellen noch nicht ganz bis hier vorgedrungen sind. Ich kann nicht sagen, ob es sie freut oder nicht. Die Frau, die vorhin schon mit mir gesprochen hat, neigt sich nun wieder zu mir. „Sie sammeln alle Kinder am zentralen Platz. Nimm Brianna mit dir. Bitte. Ihr müsst nicht weit. Nur eine Querstraße noch.” Während sie das sagt, drückt sie meine Hand fest. Stumm nicke ich zur Antwort. Dort wird man uns helfen. Dem kleinen Mädchen, Brianna, kommen die Tränen, als sie versuchen, ihre Hand von dem Saum der Frau zu lösen. Ihre kleine, aber dennoch durchdringende Stimme droht, uns zu verraten. Ich begreife, dass es schnell gehen muss. Ohne weiter nachzudenken drücke ich ihr den Hasen in die Hand. In dem Moment, in dem sie nicht aufmerksam ist gelingt es der Frau, ihre Hand von dem Saum loszureißen. Eilig ergreife ich die Hand und reiße Brianna an mich. Ich beachte ihr Geheule nicht. Zwei der Männer gehen vor und geben uns Deckung. An der Kreuzung verharren sie. „Dort längs.“, weisen sie mich an. „Viel Glück.“ Kein ‚Möge das Glück stets mit euch sein‘. Bloß viel Glück. Ohne weitere Worte fange ich an zu rennen. Endlich kommt der große Platz in Sicht. Von allen Seiten strömen die Flüchtlinge herbei. Ich hebe Brianna hoch, schließlich habe ich versprochen, sie mit zu nehmen. Ohne Rücksicht zu nehmen drängle ich mich durch die Menge, schubse Menschen in Morgenmänteln beiseite. Rund um die Residenz von Präsident Snow ist ein Zaun errichtet, um den sich Friedenswächter gruppiert haben. Ihre Rüstungen sind noch weiß und glänzend. Die Todesangst, die mich bis eben noch fest im Griff hielt lockert sich. Das Kapitol kann uns doch noch beschützen! Erleichtert taumle ich zu der Absperrung. Die Friedenswächter lassen uns anstandslos passieren. Hinter der Absperrung sitzen bereits viele Kinder auf dem Boden, viele weinen, manche tragen, wie ich, kaum richtige Kleidung. Fast sehen wir aus wie die Kinder aus den ärmeren Distrikten, wenn die Ernte stattgefunden hat. Auf engsten Raum zusammengepfercht, voller Angst, verdreckt. Ich suche einen kleinen Platz. Am liebsten wäre mir einer ganz in der Nähe des Palastes, doch wir erreichen nur noch einen direkt an der Abgrenzung. Ich knie mich auf den kalten Boden, auf dem die weißen Flocken tatsächlich liegen bleiben. Brianna greift sich welche und beobachtet mit Staunen, wie sie auf ihren Handflächen schmelzen. „Ist das Schnee?“, fragt sie mit glockenheller Stimme. Ich zucke mit den Schultern. Noch nie in meinem Leben zuvor habe ich diese Flocken gesehen. Du wirst mich retten. I want you to know That black is the colour The Colour of snow Müde lässt Brianna sich in meine Arme gleiten. Draußen, hinter der Absperrung tobt der Krieg, doch hier innen fühle ich mich geschützt. Schreie werden laut. Die Erwachsenen fordern, ebenfalls hereingelassen zu werden. Immer lauter werden sie, je näher die Gewehrschüsse kommen. Niemand regt sich. Eine Frau, noch im Morgenmantel mit Lockenwicklern auf dem Kopf versucht, über die Absperrung zu klettern. Ein einzelner Schuss ertönt und ihre Brust verfärbt sich rot. Mit einem erstaunten Gesichtsausdruck sackt sie auf der Absperrung zusammen. Verschüchtert zieht sich die Menge nun zurück, doch gleichzeitig erreichen die Rebellen den Platz. Unmittelbar um uns herum versinkt die Welt erneut in Chaos. Schützend lege ich meine Hände über Briannas Ohren. Ich selber versuche, die Welt um mich herum auszublenden, doch die markerschütternden Schreie werden mich für immer verfolgen. Sie lassen mich erschaudern. Der Tod ist nahe, viel zu nahe. Ironischerweise muss ich genau jetzt an die Kinder aus den Distrikten denken. Jedes Jahr gab es die Hungerspiele. Jedes Jahr sind 23 von ihnen, in meinem Alter, gestorben. Wie muss es sich erst für sie angefühlt haben? Wenigstens konnten sie sich vorher auf ihren Tod einstellen. Durch eine Lücke in der Absperrung beobachte ich das Geschehen. Ich will meinen Blick abwenden, doch ich kann nicht. Ich kann einfach nicht. Und dann sehe ich sie. Das Gesicht der Rebellion. Die gefeierte Katniss Everdeen. Mit wildem Gesichtsausdruck, ebenfalls blutbesudelt hängt sie an einem Fahnenmast. Ihr Blick kontrolliert die ganze Szene. Was wohl ihr durch den Kopf geht? All I know, all I see The children in hope for the leader of me Plötzlich spiegelt sich Ungläubigkeit in ihrem gen Himmel gerichteten Blick. Ich wende meinen Blick ebenfalls gen Himmel und erkenne den Grund: Ein riesiges Hoovercraft mit Logo des Kapitols schwebt über unseren Köpfen. Noch nie habe ich ein Hoovercraft von unten gesehen. Es ist wahrlich gigantisch. Mit leisem Piepen fliegen urplötzlich lauter kleine Silberfallschirme gen Boden. Dieselben, wie in den Spielen. Die meisten Kinder stürzen sich sofort auf die kleinen Präsente. Es besteht keine Frage, dass Kapitol lässt uns Hilfe zukommen. Aufgrund unseres mehr als unvorteilhaften Platzes am Rande der Gruppe kommen jedoch keine Fallschirme in meine Reichweite. Ich lasse Brianna aufstehen um an einen zu gelangen. Erleichtert wage ich, einmal tief ein und auszuatmen. Brianna schlängelt sich geschickt durch die Menge und fängt einen der zarten Schirme auf. Sie strahlt und hält ihn hoch, während sie mit der zweiten Hand noch einen anderen erwischt. Ein anderes, älteres Mädchen beobachtet Brianna und versucht ihr einen der Fallschirme wegzureißen. Mit Erfolg. Wütend stehe ich auf, um den Fallschirm zurückzuholen. Da passiert es. Schwarzer Schnee. Um mich herum ist überall schwarzer Schnee. All I see, all I know the world in me is black of snow Weinen. Stöhnen. Noch mehr Schreie. Feuer. Viel Feuer. Ein sengender Schmerz schießt durch mein Bein. Die Fallschirme sind explodiert. Ich rolle mich mit zusammengebissenen Zähnen auf die Knie. Mein Bein ist versengt, die Schmerzen sind höllisch. Doch meine Angst um Brianna siegt. Der Anblick der vielen Kinderleichen um mich herum lässt mich würgen. Es hat sie in viele Teile gerissen. Kleine, große, sie alle sind tot. Wimmernde Kinder mit schweren Verletzungen liegen um mich herum. Genug sind noch am Leben, doch die Menge der Toten ist unglaublich. Tränen schießen mir in die Augen, als ich Briannas zerfetzten Körper sehe. Kaum etwas ist übrig. Ich krieche dennoch zu ihr. Berühre ich zerfetzte Brust. Taste nach einem Puls. Ein Schrei ringt sich durch meine Kehle. Verzweifelt sinke ich neben den Resten von Brianna auf die Knie. Rot. So viel Rot. Ich beobachte die Farbe an meinen Händen, als ich sie von Briannas Körper hebe. Ein trockenes Lachen verlässt meine Kehle. Jetzt spielen wir also in den Spielen. Jetzt sind wir die Tribute. Tribute für den Krieg. Es ist so einfach. Wir sterben einfach alle! Du hast mich nicht gerettet. The snow is black of lies The world won't realise That we've been said The snow is black The snow is black of lies You have to believe Immernoch lachend finde ich Briannas kleine Hand. Durch die Explosion ist sie weggeflogen von dem Rest ihrer Leiche. Reichlich angesengt umklammert sie auch noch im Tod den Stoffhasen. Ich reiße Briannas tote Finger auseinander und nehme den Stoffhasen wieder an mich, drücke ihn an die Brust. Auch wenn er reichlich angesengt ist, so riecht er doch immer noch nach Zuhause. Endlich höre ich auf zu lachen. Um uns herum sind überall Sanitäter. Auch sie können uns nicht mehr helfen. Wir haben doch schon verloren. Unser Blut strömt aus uns heraus, unsere Eingeweide liegen in der Gegend verstreut. Wir wurden belogen. Der Tod ist real geworden. Wir sind an der Reihe. Unsere Organe versagen, das Gehirn bekommt keinen Sauerstoff mehr, unsere Körper werden zerstört. Unser Atem versagt. Wie wir in der Schule gelernt haben. Wie wir gelehrt haben. Wie wir geglaubt haben. Compoundings for silence You're back in school The leader of the children The leader is you You trust into my order They want to know The black is the colour The colour of snow It's the colour of snow Du hast mich nicht gerettet. Schwarzer Schnee fällt. Ja, das ist Schnee. Ich stehe auf, taumle zurück. Reiße die Abgrenzung nieder. Ich will nur noch weg hier. Ich bin nicht weit gekommen, als mich die zweite Explosionswelle von den Beinen reißt. Ich fliege, den Kopf vorne über, in den schwarzen Schnee. Ich werfe keinen Blick zurück. Der Rest der Fallschirme ist hochgegangen. Sie sind geopfert worden. Wir können nicht verlieren.   The snow is black The snow is black of lies We have to believe it   Während der Himmel schwarze Tränen weint und mich mit ihnen zudeckt weine ich mit ihm. Tränen wie schwarzer Schnee. Du hast mich nicht gerettet.   Einige Wochen später Es wird ein letztes Mal die Hungerspiele geben. Sie können uns nicht alle töten, dass ist ihnen rasch klar geworden. Der Krieg hat unzählige Opfer gefordert. Auf beiden Seiten. Die Hälfte aller Kapitol Bewohner ist entweder im Krieg gestorben, oder wird hingerichtet werden. Nicht anders verhält es sich mit den Distrikten. Manche wurden ganz ausgelöscht, andere haben sich besser gehalten. Unbewegt stehe ich im Wind, der über die Ruinen von Distrikt 12 weht. Es ist die letzte Ernte. Ich gehöre zu denjenigen, die hier um ihr Leben bangen müssen. Niemand spricht ein Wort, während Effie Trinket, die Einzige, noch lebende ehemalige Tributbetreuerin ihre Hand zum letzten Mal im Glas versenkt. Mit gespreizten Fingern zieht sie einen Zettel. Ohne jegliche Regung liest sie den Namen ab, ehe sie ihn laut ausruft. „Gloria. Gloria Snow.” Ich weine nicht. Denn ich wusste es. Sie brauchen nicht zu ziehen. Es gibt nur unsere Namen. Nur die Namen der 24 Kinder, der einflussreichsten Politiker. Aber sie tun es trotzdem. Sie belügen uns so, wie wir sie belogen haben. Es gibt keine Zufälle. Ich steige auf die bunt dekorierte Bühne. Angst vor dem Tod habe ich keine mehr. Ich wurde nicht gerettet. Ich habe bei seiner Hinrichtung nicht geweint. Ich weine nicht mehr. Es ist nur gerecht. Was wir ihnen angetan haben tun sie nun uns an. Ich schließe die Augen. The snow is black The snow is black of lies We have to believe it You have to believe it We have to believe it „Fröhliche Hungerspiele.“, flüstere ich in das Mikrofon. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)