Eine zweite Chance von Yuugii (Valon/Mai) ================================================================================ Kapitel 15: Bonuskapitel: Noble Souls ------------------------------------- Es war bereits einiges an zeit vergangen, seit Valon und Mai hinausgetreten waren. Sie hatten über dies und das gesprochen. Jounouchi war frustriert, weil er dieses Duell verloren hatte und glaubte, dass sein Glück ihn verlassen hatte. Yuugi versuchte, ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Jounouchi, der auf dem Bett lag, schloss seine Augen, ehe er mit seinen Fingern seine Schläfen und dann sein Nasenbein massierte. Sein kleiner Freund saß immer noch auf der Bettkante neben ihn und betrachtete ihn eingehend, so, als wollte er ihn mit seinen Blicken ermahnen, es bloß nicht zu übertreiben. Yuugi war im Gegensatz zu Jounouchi ein ruhiger und gesonnener Mensch. Nach seinen Abenteuern mit dem Pharao war auch er reifer und erwachsener geworden, aber wenn eines sich nicht geändert hatte, dann war es seine stets überzogene Sorge, wenn es um seine Freunde ging. Jounouchi sagte nichts und stöhnte, während er sich langsam auf die Seite drehte und sich auf einem Ellbogen abstützte. Noch immer lag Yuugis besorgter Blick auf ihn und er streckte vorsichtig seine Hand nach dem Blonden aus, strich ihm behutsam über die Wange und über sein Haar. „Hey, jetzt sieh mich nicht so an. Ich habe nur Kopfschmerzen, kein Grund, gleich so ein Gesicht zu machen.“ „Wenn ich daran denke, was damals alles geschehen ist, ist es doch wohl klar, dass ich mir Sorgen mache“, murmelte Yuugi und zog nun langsam seine Hand zurück. Etwas verlegen legte er seine Hände ineinander und senkte seinen Blick. „Als du damals gegen Malik verloren hast und die Ärzte dich als tot erklärt haben, war ich am Boden zerstört. Wenn dir wieder etwas zustieße, könnte ich das nicht verkraften!“ „Alles ist in Ordnung. Mir geht es gut. Aber tu mir den Gefallen und mach Akito platt.“ Jounouchi lachte erheitert. „Katsuya...“, flüsterte Yuugi und zwang sich zu einem Lächeln. Yuugi hatte sich bereits in der Vergangenheit gegen Akito Toma duelliert und ihr Duell nur haarscharf gewonnen. Das Duell gegen diesen Jungen fühlte sich an wie ein Duell der Schatten. In der Vergangenheit hatte Yuugi mehr als einmal das Vergnügen, ein Duell der Finsternis auszutragen und er wusste, wie anstrengend und kräftezehrend es war, sich auch nur wenige Minuten dort aufzuhalten. In dieser Finsternis, die einen sämtliche Lebensenergie zu rauben versuchte. Immer wenn er in die Nähe dieses Jungen kam, fühlte es sich so an, als wäre er wieder dort. Da war einfach diese Aura, die ihn sofort gefangen nahm, sofern er sich dem Jungen auch nur wenige Meter näherte. Lag das wirklich nur am Orichalcosstein oder an dessen Persönlichkeit? Ein Duell der Schatten war sehr anstrengend, demnach machte es Sinn, dass Jounouchi sich plötzlich so kraftlos und schwach fühlte. Umso größer wurde seine Sorge. Es gab immer Menschen, die sich von der Finsternis angezogen fühlten und sich von dieser in den Bann ziehen ließen. Auch als Atem noch da war, musste Yuugi immer wieder feststellen, dass es sehr viele Menschen gab, die sich allein auf diese dunklen Kräfte verließen und selbst nicht mehr in der Lage waren, ohne Hilfe einen Schritt nach vorne zu machen. Die Finsternis war verlockend, insbesondere die enormen Kräfte, die sie einem verlieh. Er seufzte. Er konnte diese Verzweiflung gut nachvollziehen. Yuugi war oft allein gewesen, hatte nie jemanden, mit dem er sprechen konnte. Erst als er das Milleniumspuzzle gelöst hatte, hatte sich etwas verändert. Er hatte Freunde gefunden und Menschen, die er bewunderte, die ihm zeigten, was wahre Stärke eigentlich bedeutete. Aber er wusste auch, dass es Menschen gab, die dieses Glück nicht kannten, die sich ihrer Einsamkeit ergeben mussten und Hass auf das Leben und alles um sie herum empfanden. Sie wurden verbittert und flüchteten sich in ihre eigene Welt, empfanden Hass auf alles. Vielleicht wäre er auch so geworden, wenn er das Milleniumspuzzle nicht gelöst hatte? Yuugi wusste, dass seine Geschichte auch ganz anders hätte enden können. War es nicht unglaublich traurig, dass es Menschen gab, die sich auf die Kraft der Finsternis verließen und nicht in der Lage waren, von selbst den rechten Weg zu finden und stets allein in der Dunkelheit wanderten? Akito sah aus wie ein Kind, doch Yuugi fühlte eine seltsame Aura, jedes Mal wenn er ihn ansah, so als handelte es sich hierbei lediglich um einen Geist. Es war wie bei Bakura und dem Pharao. Seelen, die nicht den Weg ins Jenseits gefunden hatten. Seelen, die aus Zorn immer noch in dieser Welt verweilten, da sie nicht das Gefühl hatten, das erreicht zu haben, was sie sich vorgenommen hatten. Jetzt, wo Valon die Fähigkeiten des Orichalcossteines erläutert hatte, fühlte er sich in seiner Vorahnung umso mehr bestätigt. Gab es irgendetwas, das er tun konnte? „Hey, denk nicht mal daran“, unterbrach Jounouchi seine Gedankengänge. „Was meinst du?“, fragte Yuugi und hob nun wieder seinen Blick. „Du kannst nicht alles und jeden retten. Er wird auch nicht dein Freund werden.“ „Woher willst du das wissen?“ „Er ist anders als Kaiba und anders als ich.“ „Das kann schon sein, aber... trotzdem wüsste ich gerne mehr über ihn.“ „Yuugi! Das bringt nichts! Du kannst ihn nicht retten!“ „Das kann man nicht wissen, wenn man es nicht vorher versucht hat, oder? Soll ich ihn einfach aufgeben und so tun, als hätte ich nichts gesehen? Du weißt, dass ich das nicht kann!“ Yuugi war während seiner Rede aufgestanden und blickte ihn mit festem Blick an. Das waren die Augen eines Mannes, der sich entschlossen hatte und Jounouchi wusste, dass es jetzt völlig egal war, was er sagte oder tat, denn es gab nichts, das Yuugi von seinem Vorhaben abbringen konnte. Es war dieser Sinn für Gerechtigkeit, seine Mitgefühl für andere und diese unglaubliche Güte, die auch Jounouchi in der Vergangenheit gerettet hatte. Ohne Yuugi, ja, wo wäre er dann jetzt? Noch immer würde er auf der Straße sein, Passanten verprügeln und ihnen Geld stehlen und sich jeden Tag fragen, warum sein Leben so beschissen war. Er erinnerte sich nur ungern an die Zeit, bevor er Yuugi getroffen hatte, aber er wusste, dass er diesem mutigen jungen Mann viel verdankte. „Ja, das weiß ich. So bist du nun einmal und gerade das ist es, was ich an dir so schätze.“ „Katsuya...“, entfuhr es Yuugi und er wollte gerade etwas sagen, als der Blonde sich aufsetzte und nach seinem Handgelenk griff, ihn in eine feste Umarmung zog und etwas in sein Ohr flüsterte. „Deshalb habe ich dich so gern, Yuugi.“ Yuugi erwiderte nichts, legte stattdessen einfach seine Arme um den Blonden und seufzte wohlig auf, lächelte zufrieden. „Trotzdem musst du vorsichtig sein“, sagte Jounouchi mit einem breiten Grinsen und zwinkerte. „Ich verliere nicht“, versprach Yuugi, ehe er das Zimmer verließ und sich zum Duellplatz aufmachte. Plötzlich hielt er in seiner Bewegung inne, drehte sich langsam um. Diese dunkle und alles einnehmende Aura machte ihm Sorgen. War das etwa Akito? Wie konnte ein Mensch derart viel Hass ansammeln? Seine Haare stellten sich auf, doch es gab kein Zurück mehr. Er musste ihn besiegen und ihn zurück auf den richtigen Pfad bringen. Jounouchi indes legte sich wieder ins Bett und schloss die Augen. Ein bisschen Schlaf und es würde ihm besser gehen. Tief atmete er ein und genoss die Stille, die ihn umgab. Die letzten Tage waren wirklich anstrengend gewesen. Zunächst die Reise nach Amerika, dann das Finden ihres Hotels, worauf direkt das Turnier folgte und das Wiedersehen mit alten Bekannten. Er grinste zufrieden. Als er sich auf die Seite legte, ächzte das Bett unter seinem Gewicht und die Decke unter ihm raschelte. Das Tageslicht, das durch das Fenster in das Zimmer strahlte, blendete ihn ein wenig, also packte er eines der Kissen und verbarg darunter seinen Kopf. Er war froh, dass er an diesem Turnier teilgenommen hatte. Endlich hatte er auch Gewissheit, dass es Mai gut ging und sie sich wieder gefangen hatte. So langsam lichtete sich der Nebel in seinem Kopf und es fiel ihm leichter, über die Geschehnisse und sein Duell nachzudenken. Noch nie hatte er so viel Pech in einem Duell gehabt! Arg, gleich dreimal hatte er beim Münzen werfen falsch vorhergesagt und seine Würfel, die ihn bisher noch nie im Stich gelassen hatten, hatten sich einfach gegen ihn gewendet. Trotzdem hatte er alles gegeben. Allmählich drifteten seine Gedanken ab. -.-.-.-.-.- Menschen waren unwichtige Kreaturen, forderten sie ihren Schöpfer und die Erde doch immer wieder heraus. Sein dunkles Haar verdeckte seine Augen und er grinste teuflisch, während er sich über die Lippen leckte und sich einer verschlossenen Tür näherte. Langsam legte er seine Hand auf die Tür, berührte sie so sanft, als wollte er sie umschmeicheln. Wie von Zauberhand öffnete sich diese nun mit einem verheißungsvollen Quitschen. Vorsichtig trat er in das Zimmer ein. Jounouchi zuckte zusammen, als er hörte, dass die Tür geöffnet wurde. „Hast du noch etwas vergessen, Yuugi?“, fragte er, ohne sich aufzusetzen oder gar aufzuschauen. „Ja, das kann man wohl so sagen“, antwortete der Eindringling wahrheitsgemäß und näherte sich dem Blonden. Das war nicht Yuugis Stimme! Als dieser erkannte, dass es sich nicht um seinen Freund handelte, sprang er aus dem Bett heraus und ging in eine Kampfhaltung über. Es war ihm anzusehen, dass er nicht gerade glücklich über diesen unangekündigten Besuch war und knurrte leicht bedrohlich. „Von allen Menschen, die ich bisher getroffen habe, gehörst du zu der niedersten Sorte“, erklärte der Junge, während er seinen Kopf leicht schief legte und provokant lächelte. „Was hast du gerade gesagt?!“, fauchte Jounouchi und bildete mit einer Hand eine Faust und kam dem Jungen einige Schritte näher und bedrohte ihn. „Menschen sind so niederträchtig und dumm. Aber ich gebe dir die Chance, dein irdisches Leben hinter dir zu lassen und ein besseres Leben zu beginnen.“ „Was laberst du für eine Scheiße? Verpiss' dich aus meinem Zimmer!“, brüllte Jounouchi im gewohnt genervten Ton und es war ihm allzu deutlich im Gesicht abzulesen, was er gerade dachte und was seine nächste Reaktion sein würde. Ohne großartig weiter nachzudenken, schlug er auf den Jungen ein und grinste zufrieden, als hätte er etwas Großes verbracht. Erst jetzt fiel ihm auf, dass seine Hand durch den Körper des Jungen gegangen war und dass dieser nur frech auflachte. Leicht öffnete er seinen Mund und betrachtete seinen Gegenüber fragend, doch ehe er etwas sagen konnte, verschwand Akito einfach. Er hörte, wie dieser erneut lachte, konnte ihn aber nicht erkennen. Was war das für ein Wesen? Irgendetwas stimmte hier eindeutig nicht! Als Akito hinter ihm auftauchte, versuchte er sich von diesem wegzubewegen, doch er war zu langsam, konnte nicht einmal mehr die Augen schließen, als ihn ein grelles Licht traf. Dieses Licht hatte er schon einmal gesehen. Schon einmal wurde er von diesem Licht umarmt und er hasste dieses Gefühl, wenn sein Körper ihm nicht mehr gehorchte und er wehrlos seinem Gegner gegenüberstand. Als sich das Licht endlich verflüchtigte, konnte er nur noch die Silhouette seines Gegenübers sehen, ehe er regungslos zu Boden fiel und mit letzter Kraft nach oben sah. „Danke für deine Seele. Dadurch werde ich stärker.“ „Ws ist hier los?!“, hörte er eine Stimme hinter sich. Akito drehte sich um. Yuugi hatte bereits das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte, weshalb er noch einmal zurückgelaufen war, doch das, was ihn hier erwartete, verschlug ihm die Sprache. Jounouchi lag reglos am Boden und sein nächster Gegner stand dort, als wäre nichts geschehen. Das Flackern der Brosche bewies Yuugi, dass Valons Erklärung stimmen musste. „Warum tust du das? Was hast du ihm angetan?!“, wollte Yuugi wissen, drängte sich an dem Jungen vorbei und näherte sich dem Blonden, der auch dann nicht reagierte, als er ihn mehrmals schüttelte und seinen Namen rief. „Ich habe ihm nichts angetan, lediglich nur etwas genommen, das mir zusteht.“ „Das dir zusteht?“, wiederholte Yuugi ungläubig, während er Jounouchis kalten Körper in seine Arme zog und ihn zu beschützen versuchte. Akito nickte. „Seine Seele gehört nun mir. Es war ein fairer Preis.“ Yuugi senkte sein Haupt, hievte Jounouchi zurück auf das Bett und antwortete dem Jungen nicht. Dieser zischte verärgert. Wagte dieser angebliche König der Spiele es etwa, ihn zu ignorieren? Vorsichtig legte der Bunthaarige eine Decke um den Körper seines Freundes, drehte sich aber immer noch nicht zu dem anderen um und knirschte nur mit den Zähnen. Wie konnte er das Jounouchi nur antun? Er war wütend darüber, dass er das hier zugelassen hatte und den Blonden allein gelassen hatte. Aber er würde das hier nicht so stehen lassen. „In Wirklichkeit hast du es doch nur auf mich abgesehen, oder?“ Yuugis Stimme war fest und gefasst. „Ich mag es nicht zu verlieren und du bist der Erste und Einzige, der mich in einem Duell schlagen konnte. Weißt du, Yuugi, ich bin ein sehr nachtragendes Wesen.“ Ein verhöhnendes Kichern. Schlagartig drehte sich der König der Spiele um. „Gut, dann fordere ich dich zum Duell heraus. Wenn ich verliere, kannst du meine Seele haben und wenn ich gewinne, dann lässt du sämtliche Seelen frei, die du gefangen genommen hast!“ „Oh~?“, fragte Akito gespielt verdutzt. „Mutig von dir. Aber es gibt noch etwas Anderes, das ich von dir will.“ Fragend blickte Yuugi seinen Gegenüber an und wartete geduldig auf eine Erklärung. „Deinen Körper. Ich werde deine Seele und deinen Körper nehmen.“ „Also bist du wirklich nur eine einsame verlorene Seele, die von dem Orichalcosstein im Diesseits festgehalten wird.“ „Du bist ganz schön unverschämt. Aber gut, folge mir auf das Dach.“ Ohne weitere Fragen zu stellen oder Akitos Motive zu hinterfragen, folgte Yuugi seinem Gegner und ließ sich von diesem auf das Dach führen. Sein Blick wanderte hin und her, so, als suchte er nach etwas, das er nicht finden konnte. Sein Gegenüber wandte ihm lediglich den Rücken zu, ehe er seinen Duel Disk aktivierte und ihm ein herausforderndes Lächeln schenkte und in süßlicher Stimmlage seinen Namen aussprach. Yuugi erschauderte. „Dann lass uns anfangen.“ „Noch nicht, ich habe noch eine Überraschung für dich. ♥“ Der smaragdgrüne Orichalcosstein leuchtete stark auf und schien eine Schockwelle auszustoßen, in nur wenigen Sekunden hörte man verzweifelte und verängstigte Schreie, die von dem ganzen Gelände des Kaiba Parks zu kommen schienen. „Was hast du gemacht?!“ „Menschen lassen sich sehr leicht von ihrem Emotionen täuschen. Keine Sorge, es ist nicht wirklich etwas geschehen. Ich habe lediglich die Illusion eines Erdbeben erzeugt. Je mehr Seelen ich sammle, desto stärker werden die Illusionen und Halluzinationen, die ich erzeugen kann. Witzig, nicht wahr?“ „Was soll daran bitteschön witzig sein? Du machst anderen Menschen Angst!“ „Angst ist witzig, Yuugi. Zu sehen, wie Menschen leiden, ist amüsant. Das ist die Natur des Menschen. Und ich freue mich schon, wenn unser Duell erst richtig anfängt!“ Er breitete die Arme aus und Finsternis verbreitete sich um sie herum. Panisch riss Yuugi die Augen auf, versuchte seine Umgebung zu erkennen, konnte aber nur noch dunklen Nebel vor sich ausmachen. Auch seinen Gegner konnte er nicht mehr erkennen, der sich feige hinter den dunklen Schatten versteckte und nur darauf wartete, ihn angreifen zu können. Es fühlte sich alles so echt an. Zögerlich hob er seine Hand, versuchte den dunklen Nebel vor sich zu ergreifen, jedoch fasste er nur ins Nichts. Nichts von all dem hier war real. Obwohl er das wusste, waren die Emotionen, die ihn überkamen echt. Es war beinahe so, als befände er sich im Reich der Schatten. Dieser Ort machte ihm Angst. Bisher war er immer mit dem Pharao in solchen Situationen gemeinsam zum Duell angetreten oder er hatte seine Freunde und engsten Vertrauen um sich, die ihm unterstützend zur Seite standen. Heute war er auf sich allein gestellt. Hart schluckte er. Suchend sah er sich um, konnte seine Furcht nur schwer verbergen. Entschlossen schüttelte er den Kopf. Nein, das hier war nur eine Illusion. Jetzt war das Wichtigste, seinen Gegner zu besiegen und die gestohlenen Seelen wieder zurück zu erlangen. Dennoch wuchs in ihm der Drang, herauszufinden, warum sein Gegenüber dies tat. Erst jetzt wurden wieder einige Umrisse sichtbar und endlich konnte er Akito wieder sehen. „Du stehst noch? Hm, wäre auch zu leicht, wenn dich das umgehauen hätte.“ „Lass uns das Duell anfangen. Deine billigen Tricks schüchtern mich nicht ein.“ „Dann muss ich mir wohl etwas Neues ausdenken“, kicherte der Schwarzhaarige amüsiert. Die Kontrahenten mischten ihre Karten, warfen diese dann in ihren Duel Disk ein und starteten das Hologramm System ihrer Geräte. Es war kaum zu glauben, dass das Schicksal seines geliebten Freundes und die Seelen vieler anderer einmal mehr auf seinen Schultern lastete. Durch vergangene Erlebnisse konnte man beinahe meinen, dass dies zu seinem Alltag gehörte. Als Yuugi so darüber nachdachte, konnte das Gefühl von Nostalgie nicht unterdrücken, denn unweigerlich musste er daran denken, wie er damals zusammen mit seinem Anderen Ich gegen starke Gegner duelliert hatte, um den Frieden der Welt zu wahren. Es gab so vieles, das sie nicht verstanden und ihnen völlig unbekannt war. So fragte er sich, wie der Orichalcosstein es schaffte, die Kontrolle über menschliche Seelen zu erlangen und sie nach ihren Wünschen zu steuern. Aber er hinterfragte es nicht. Auch wenn es eigenartig klingen mochte, so glaubte er an Magie und Übersinnliches. Seine Begegnung mit dem Pharao hatte ihn davon überzeugt, dass es Dinge gab, die man mit Verstand und Logik nicht begreifen konnte. Auch Kaiba, der sich stets unnahbar gab und so tat, als gäbe es diesen „Hokuspokus“ nicht, hatte irgendwo tief in seinem Inneren akzeptiert, dass die Seele des Pharaos tatsächlich existiert haben musste und nicht alles, was er in den letzten Jahren erlebt hatte, eine Lüge war. Er hatte akzeptiert, dass der Pharao nicht aus dieser Zeit stammte und dass Seelen Jahrtausende überdauern konnten. Kaiba war stur und weigerte sich, die Realität zu akzeptieren, doch auch er musste einsehen, dass Pegasus und auch Dartz sowohl seine als auch Mokubas Seele gestohlen hatte. Diese Dinge waren wahrhaftig geschehen. Und auch sein Kampf gegen Diva, der mithilfe seines Millenniumwürfels die Welt in Finsternis zu tauchen versuchte, hatte seine Meinung verändert. Die Millenniumsgegenstände waren real und ein Teil ihrer Welt, so auch die unerklärliche Magie, die von ihnen ausging. Die Finsternis, die einen zu erdrücken versuchte und nach wehrlosen Opfern dürstete, konnte nicht mit Logik oder der Wissenschaft erklärt werden. So verhielt es sich auch mit Orichalcos und die sonderbaren Kräfte, die dieses Erz mit sich brachte. Menschenseelen zu fangen, seelenlose Monster zu beschwören und das wahre Wesen eines Menschen zum Vorschein zu bringen waren sicher nur die Oberfläche des Möglichen. Yuugi fand, dass Orichalcos eine reine Gefahr für alle war. Wer wusste schon, wie viele Fragmente dieses sagenhaften Erzes sich noch auf der Welt befand und ob es nicht noch andere Opfer gab, die auf Rettung warteten? Yuugi schluckte. Er wollte nicht alle Rätsel und Mysterien der Welt ergründen oder sich gar anmaßen, diese zu verstehen, aber er hatte verstanden, dass es keinen Sinn machte, diese übersinnlichen Dinge erklären zu wollen. Sie waren einfach da. Jounouchi hatte ihm gesagt, dass er unmöglich alle verlorenen Seelen retten konnte und dass er sich nicht mit jedem anfreunden konnte – und Yuugi wusste das auch – trotzdem wollte sein Herz es nicht akzeptieren. Auch Ishtar Malik war sein Feind und nun ein Freund. Malik hatte versucht ihn zu töten und wollte ihm und seinen Freunden ernsthaft Schaden zufügen und doch konnte Yuugi ihm verzeihen, weil er seine Beweggründe verstanden hatte. Malik musste sehr einsam gewesen sein. Kaiba Seto und er hatten zu Anfang auch viele Differenzen. Auch wenn Yuugi ihn als seinen Freund bezeichnete und dieser dies vehement ablehnte und ihn dafür zurechtwies, so hatten sie über die Jahre hinweg eine Verbindung aufgebaut, die sehr innig war. Kaiba hatte Yuugi als seinen Rivalen akzeptiert. Es blieb ihm nichts anderes übrig, da Atem ihre Zeit verlassen hatte. Und obwohl Kaiba ein so unglaublich komplizierter Mann war und Yuugi abzulehnen schien, störte er sich daran nicht und bezeichnete ihn weiterhin als seinen Freund. Je öfter Kaiba ihn ablehnte, desto mehr wuchs sein Verlangen für den einsamen Firmenleiter da zu sein und auch wenn Kaiba es ungern zugab, so wusste Yuugi, dass es ihm tief in seinem Herzen ähnlich ging. Menschen konnten sich verändern. Die Begegnung mit anderen veränderten sie und es waren Erfahrungen, die sie prägten. Und weil Yuugi immer daran geglaubt hatte, dass jeder Mensch einen Beweggrund hatte, hatte er den Wunsch, zu verstehen, warum Akito so dermaßen hasserfüllt war. Was war dieser Seele widerfahren, das sie bis heute noch auf dieser Welt umherwanderte? Gab es denn nichts, was Yuugi tun konnte, um ihn ins Jenseits zu überführen? Er wusste, dass er eigentlich keine Zeit für solche Gedanken hatte, aber er wollte auch nicht gegen seine Natur handeln und ihn mit Hass und Abscheu begegnen. Ja, er war wütend. Wütend darüber, dass Akito Jounouchis Seele an sich gerissen hatte. Wütend, dass er dem Leben an sich keinen Respekt gegenüber zeigte. Doch diese Wut durfte ihn nicht beherrschen. Ein Duellant, der sich von seinen Emotionen beherrschen ließ, konnte seine wahren Fähigkeiten nicht maximal nutzen, umso wichtiger war es, einen klaren Kopf zu behalten. Akito war ein guter Duellant. Schon beim letzten Mal hatte er arge Schwierigkeiten bei ihrem Duell gehabt. Akito war nicht dumm. Er hatte den König der Spiele genau beobachtet und kannte seine Strategie und seine Karten. Es war ein Leichtes seinen Gegner auszuschalten, wenn man sich gut vorbereiten konnte und Konterkarten im Deck hatte, die es dem Gegenüber unmöglich machten, sich aus der Bredouille zu befreien. Akito hatte bei ihrem letzten Duell ein Ante Deck verwendet. Dieses Mal hatte Yuugi besonders darauf geachtet, seinen Trumpf nicht bereits am Anfang zu zeigen und er hatte viele Karten in seinem Deck ausgetauscht. Yuugi war ein Duellant und nicht grundlos der König der Spiele. Niemand konnte ihn so schnell aus der Fassung bringen. Da Yuugi Spiele über alles liebte, würde er sich auch in diesem Duell austoben und das Adrenalin, das durch seine Blutbahnen rauschte, bis zum Ende genießen. „Gut, Yuugi, du darfst anfangen“, erklärte Akito, der sein Blatt genau studierte und eine abfällige Handbewegung machte. „Ich lege Beta den Magnetkrieger im Angriffsmodus (1700ATK/1600DEF) und zwei weitere verdeckte Karten.“ „Du spielst jetzt schon auf Zeit? Mann, wie langweilig!“ „Auch wenn der Einsatz groß ist, heißt das nicht, dass wir keinen Spaß haben können, oder?“ Akito sah seinen Gegenüber perplex an, musterte ihn ganz genau und versuchte dieses Lächeln auf seinen Lippen zu deuten. Meinte er das wirklich ernst? Hatte dieser Typ den Ernst der Lage gar nicht begriffen? Er wusste nicht, ob er das sarkastisch oder ernst meinte. Da Yuugi immer noch sehr ruhig war, tippte er auf Letzteres. Verärgert biss er sich auf die Unterlippe, während er eine weitere Karte von seinem Deck zog und sich sein Blatt ansah und über seinen nächsten Zug grübelte. Nein, Taktik war zwar gut, aber er wollte nicht dieselben Fehler wie beim letzten Mal machen. Es nagte immer noch an ihm, diese Niederlage gegen ihn. „Das war ein großartiges Duell, Toma-kun! Ich hatte echt Angst, dass ich doch noch verlieren würde. Ich freue mich schon darauf, irgendwann wieder gegen dich spielen zu dürfen“, lauteten seine Worte und Yuugi schenkte ihm ein liebevolles Lächeln. Akito starrte seinen Gegenüber an. Machte er sich auch noch über ihn lustig? Plötzlich streckte Yuugi seine Hand aus. Es war üblich, dass sich Duellanten die Hände schüttelten, doch für Akito war diese Geste eine Beleidigung sondergleichen. Er schlug die Hand seines Kontrahenten weg und wandte sich zum Gehen. Er verließ die Arena, blieb für einen Moment stehen und warf Yuugi einen hasserfüllten Blick. Yuugi gefror das Blut in den Adern und er fragte sich, was er getan hatte, dass sein Gegner ihn mit einem dermaßen zornigen Blick strafte. Akito öffnete seinen Mund einen Spalt breit, als wollte er etwas sagen, schien dann doch noch mal zu überlegen. Dann sagte er das, was er ihm auf dem Herzen lag. „Beim nächsten Mal wirst du verlieren. Ich werde den Boden mit dir aufwischen“, sagte er mit einem selbst überzeugten Grinsen und verschwand nun endgültig aus der Arena. Jounouchi stellte sich neben Yuugi ihn und hob verdutzt eine Augenbraue, schlug seinem kleinen Freund dann doch auf die Schulter: „Hey, schau nicht so finster drein! Der Kerl ist halt ein verdammt schlechter Verlierer“, meinte er dann breit grinsend. Doch Yuugi konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass da mehr war. Doch er durfte Akito nicht fragen. Das gehörte sich nicht. Akito stieg die Treppen hinunter und knurrte erbost. Wie konnte dieser Kerl es wagen, ihn derart zu demütigen? Mutou Yuugi nahm ihn überhaupt nicht ernst! Glaubte er wirklich, dass er der Beste wäre? Dass niemand ihm das Wasser reichen konnte? Was für ein arrogantes und eingebildetes Arschloch! Dann lachte er. Erst leise, dann immer lauter und beinahe manisch. „Gut, deine Seele hole ich mir auch noch. Genug Spaß gehabt. Beim nächsten Mal wirst du nichts zu Lachen haben und du wirst nie wieder auf irgendwen hinabsehen. Deinem verflixten Grinsen setzte ich ein Ende“, nuschelte er vor sich hin und verließ das Gelände. Bis zum nächsten Turnier und zu seiner nächsten Chance würde es exakt sechs Monate dauern. Yuugi sollte bloß nicht glauben, dass er nichts aus seiner Niederlage gelernt hatte. „Mystischer Clown im Angriffsmodus (1500ATK/1000DEF). Und um das Ganze abzurunden, spiele ich noch die Axt der Verzweiflung, womit mein Monster nun einen Angriff von 2500 hat. Feine Sache, was?“ „Du weißt, dass ich zwei verdeckte Karten hier liegen habe. Also, nur zu, greif mich an.“ „Oh bitte! Ich bin doch kein Anfänger, dem du so etwas sagen musst!“ Dieser verdammte Scheißkerl! Glaubte Yuugi etwa, dass das hier sein erstes Duell war? Er hatte durchaus Erfahrung und war jemand, den man ernst nehmen musste. Früher oder später würde Yuugi ins Wanken geraten und dann würde er winselnd vor ihm auf die Knie fallen. Yuugi sagte daraufhin nichts, tat nur einen Schritt zurück und sein Blick lag auf dem Spielfeld. Er analysierte seine Situation. Bisher lief das Duell gut, keine Seite war im Vorteil oder Nachteil. Mit seiner Fallenkarte würde er den Angriff einfach parieren und das gegnerische Monster zerstören. Doch Akito griff nicht an, sondern legte so wie er zwei weitere verdeckte Karten ab. Eingehend betrachtete er die verdeckten Karten seines Gegners. Akito machte zwar einen überheblichen Eindruck, dennoch musste Yuugi eingestehen, dass sein Gegner wusste, was er tat und dass dieses Duell alles andere als einfach werden würde. Hastig zog er eine weitere Karte und begann seinen Zug. Mehrere Minuten vergingen und sie beide hatten bereits mehrere Karten auf dem Friedhof abgelegt. Yuugis Lebenspunkte waren bisher unberührt, doch als er den Fehler machte, seinen Angriff zu deklarieren, tappte er in die Falle seines Feindes. 500 Punkte wurden ihm abgezogen und Yuugi kniff die Augen zu. »Hör auf damit, das sind meine Freunde!« Ein heftiger Blitz durchfuhr ihn und erschrocken fiel er auf die Knie. Was war das? Bilder aus seiner Vergangenheit holten ihn ein und ihm stockte der Atem, als er sich bewusst wurde, dass das ein Nebeneffekt sein musste. Ein Kichern holte ihn zurück in die Realität. Fragend betrachtete er den Schwarzhaarigen, sagte aber kein Wort, sondern öffnete seinen Mund nur einen Spalt breit. Wozu nachfragen? Eigentlich kannte er die Antwort schon. „Lustig, nicht wahr? Ich dachte mir, dass ich das Ganze etwas spannender mache, indem ich unsere Lebenspunkte mit unseren Erinnerungen verknüpfe.“ „Und was genau heißt das jetzt?“ „Du wolltest doch mehr über mich wissen. Und ich muss doch wissen, was für ein Leben du geführt hast, wenn ich deinen Körper übernehme. Also hat das Vorteile für uns beide.“ „Du manipulierst also meine Erinnerungen und tust so, als wäre das hier eine Kinovorstellung? Was ich für Erinnerungen habe, geht dich nichts an!“ „Ach, sei doch nicht so. Ich fand es süß, dass du Jounouchi und Honda vor diesem fiesen Kerl gerettet hast. Wir sind ein ganz braver Junge, was? Wollen immer nur das Beste, hm?“ Yuugi erwiderte nichts. Es ärgerte ihn. Diese Erinnerungen waren kostbar und er wollte sie nicht mit anderen teilen. Trotzdem konnte er nichts dagegen tun. Zögerlich erhob er sich und rückte seinen Umhängegurt wieder gerade, den er als Mode Accessoire an seiner Hüfte trug. Wenn Akito dieses Spiel so spielen wollte, dann gab es nichts, was er tun konnte. Er hatte Vertrauen in sein Deck, in sein Können und eine Strategie. Dieses Duell würde er gewinnen. Wieder vergingen mehrere Züge, ihrer beider Lebenspunkte hatten bereits einen kritischen Stand erreicht und Yuugi wusste, dass er nicht mehr trödeln durfte. Akito wirkte zunehmend angespannter, so als wäre er mit etwas anderem beschäftigt. Immer wieder reagierte er für einige Augenblicke nicht, ehe er wieder mit voller Konzentration zuschlug. Nachdenklich betrachtete er das Spielfeld, analysierte seine Lage. Akito hatte ein starkes Monster gerufen. Mit seinem Infernohammer (2400ATK/0DEF) hatte er das Blatt eindeutig gewendet. Yuugi betrachtete dieses riesige Ogerähnliche Monster, dessen riesigen Hammer und seine übergroßen Muskeln, sowie seinen Skelettschädel, der absolut keine Emotionen erkennen ließ. Auf seinem Feld befand sich lediglich der Ausgebildete Keltische Wächter, der mit seinen 1400 Angriffspunkten keine Chance gegen diese Masse an Monster hatte, aber durch seinen Effekt nicht so einfach zerstört werden konnte. Kein Monster mit einem Angriffswert von über 1900 Punkten konnte ihn vernichten, somit war er auch vor dem Infernohammer sicher und zumindest in diesem Punkt hatte er etwas Sicherheit. Sein kleiner herum springender Kuriboh brachte ihm nicht viel. Aufgeben würde er dieses Duell noch nicht. Es gab noch eine Chance, er musste jetzt nur noch die richtige Karte ziehen. Mit dem Topf der Gier zog er zwei weitere Karten. Ähnlich wie Jounouchi es immer tat, setzte er alles auf eine Karte und hoffte darauf, ein starkes Monster zu ziehen. Er atmete tief durch und betrachtete die beiden Karten, die er gezogen hatte. Lord Gaia, Zorniger Ritter, schoss es ihm unwillkürlich durch den Kopf und er fühlte Erleichterung. Auch das Glück gehörte zum Können eines Duellanten. Vielleicht war Jounouchis Glück gar nicht verschwunden, sondern begleitete nun ihn? Mit einem Angriff von 2300 würde er den Infernohammer zwar nicht besiegen können, aber die Zauberkarte auf seiner Hand hatte durchaus das Potential das Blatt zu wenden! Es war mehr als gar nichts und immerhin einen Versuch wert. Er wusste nicht, was für Fallen oder Zauberkarten noch auf ihn warteten, doch er entschloss sich dazu, diese erst mal zu ignorieren und dieses Risiko einzugehen. Etwas Anderes blieb ihm auch nicht möglich. Also opferte er seine beiden Monster und kurz darauf erstrahlte Lord Gaia mit all seiner Macht auf seiner Seite des Spielfelds. „Und? Oh, das bringt dir aber nicht viel. Der ist immer noch schwächer als mein Monster. Was machst du jetzt?“, wollte Akito wissen. Er trug ein breites Grinsen auf den Lippen. Er schien sich des Sieges sicher zu sein. „Mein Zug ist noch nicht beendet. Mein Freund hat mir nicht nur Mut gegeben, sondern auch eine Karte, an die du dich sicher gut erinnerst.“ „Heute hatte ich echt kein Glück. Eigenartig, was? Bisher haben mich meine Würfel noch nie im Stich gelassen“, meinte Jounouchi und lachte gezwungen. „Das war sicher nur eine Ausnahme. Jeder hat mal Pech“, versuchte Yuugi ihn zu beschwichtigen und legte eine Hand auf seine Schulter, schenkte ihm ein aufmunterndes und mitfühlendes Lächeln. „Vielleicht muss ich meine Strategie überdenken. Meine Glückssträhne ist wohl ab heute vorbei“, sagte er mit gedämpfter Stimme und ließ den Kopf hängen. „Dann gib mir die Karte. Sie wird mein Schlüssel zum Sieg und du wirst sehen, dass dich dein Glück nicht verlassen hat.“ Yuugi zeigte seinem Gegner eine Zauberkarte. Ein verheißungsvolles Grinsen zierte sein Gesicht. „Ich spiele den Anmutigen Würfel!“ Akito lachte spöttisch, hielt sich den Bauch und zeigte mahnend auf seinen Gegenüber. Dachte er ernsthaft, dass er mit so einer bescheuerten Karte das Blatt wenden konnte? Jounouchi hatte bewiesen, dass man fürs Glücksspiel ein Händchen haben musste und den Sieg eines so wichtigen Duells auf Glück basieren lassen zu wollen, konnte doch nur mit einer Niederlage bestraft werden. Der kleine Engel warf den Würfel ab. Yuugi hielt den Atem ab. Mehrmals wechselte der Würfel noch die Seiten. Dann blieb er stehen. Sechs Punkte befanden sich auf dem oberen Feld und Yuugi jauchzte. „Tja, dann hat mein Gaia jetzt einen Angriff von 2900. Das dürfte dir den Rest geben.“ Akito starrte auf den riesigen Drachen, auf dessen Rücken sich Gaia befand, der ihn mit seiner anmutigen Monstrosität zurecht einschüchterte. Schon wieder verloren? Wieder gegen diesen Kerl? Das konnte nicht möglich sein. Seine Strategie war perfekt, jeder Zug war sauber und ordentlich überlegt und er hatte sämtliche Karten auf seinen Gegner eingestellt. Wieso hatte Yuugi den Anmutigen Würfel? Damit hatte er nicht gerechnet. Diese Karte hätte sich nicht in seinen Besitz befinden dürfen! „Du hattest wieder ein Ante-Deck, nicht wahr? Merkst du es denn gar nicht?“ „Halt deinen Mund!“, knurrte Akito erzürnt, doch Yuugi ließ sich nicht einschüchtern. „In einem Duell treten nicht nur die Karten gegeneinander an, sondern auch unsere Herzen. Unsere Seelen prallen aufeinander. Unsere Seelen geben unseren Karten Macht, doch du willst nur siegen. Dir geht es nicht darum, Spaß zu haben, du willst nur vernichten. Das ist falsch! Solange du deine Einstellung nicht änderst, wirst du mich niemals besiegen können“, erklärte Yuugi und sah Akito tief in die Augen. „Was weißt du schon von mir? Ich soll meine Seele in meine Karten legen? Was ist, wenn ich keine Seele habe, die mir gehört?“ Yuugi stoppte der Atem. „Was meinst du damit...?“, fragte er unsicher nach. Lag es etwa an dem Orichalcosstein, der ihn kontrollierte? Akito stand wieder auf und schloss die Augen. Während ihres Duells hatte Yuugi mehrmals Ausschnitte aus dessen Vergangenheit gesehen. Die Bilder erinnerten ihn an Filme. Ein Kind, das von Soldaten verfolgt wurde. Kämpfende Krieger und Menschen, die im Krieg fielen und am Boden liegen blieben. Eine Frau mit schwarzen Haaren und kleinen Augen. In ihren Blick lag nicht viel Menschliches. Sie wirkte stets erfüllt von Abscheu, Angst und Zorn. Sie war unglücklich. An ihrer Seite stets ein kleines Kind, das ihr hinterherlief. Verzweifelt suchte er nach der Liebe seiner Mutter, diese duldete dieses Wesen an seiner Seite, doch sie liebte es nicht. Das war überdeutlich zu spüren. Yuugi hatte bereits eine Ahnung, was geschehen war. Die Rüstungen der Männer und die Bauart der Häuser verriet sehr viel über die Zeit, in der Akito gelebt haben musste. Vermutlich noch vor der Zeit der Streitenden Reiche oder vielleicht sogar mittendrin. Betroffen senkte Yuugi den Blick, schüttelte dann den Kopf und erinnerte sich selbst daran, dass er ein Ziel verfolgte. All die Duellanten, die sich nie wieder aktiv an der Duel Monsters Szene beteiligt hatten und jene, von denen man sagte, dass sie ins Koma gefallen waren, hatten ihre Seele verloren. Und Akito trug diese Seelen bei sich. Ihn dazu zu bringen, die Seelen zu befreien, würde nicht nur diesen stolzen Duellanten ihr Leben zurückgeben, sondern auch Jounouchis leblosen Körper mit Wärme füllen. Der Zorn darüber, einen geliebten Freund verloren zu haben, beherrschte sein Unterbewusstsein. Akito war viel Schlimmes widerfahren, doch das gab ihm nicht das Recht, das Leben anderer zu nehmen! Akitos Orichalcosstein leuchtete auf und Yuugi war sich nun sicher. Er musste es beenden. Noch immer hatte er seinen Angriff noch nicht getätigt. Lord Gaia schwebte wartend in der Luft. Es sah so aus, als würde Gaia selbst fragen, warum Yuugi zögerte. Ja, warum zögerte er? „Du bist echt noch blöder, als du aussiehst. Natürlich! Der Stein und ich sind eins! Wir sind eine Einheit. Er sagt mir ganz genau, was ich tun soll. Nur dank ihm bin ich noch hier. Wenn er nicht wäre, würde ich immer noch ziellos umherwandern und würde auf alle Ewigkeit gefangen sein. Doch der Stein gab mir eine zweite Chance“, erklärte Akito und verstärkte die Illusion der Finsternis und schauerliche Monster erschienen an den Seiten. Was er nicht wusste, war, dass er dadurch, dass er seine Seele offenbarte, er sich auch genauso angreifbar machte. „Das ist doch kein richtiges Leben! Kannst du wirklich behaupten, dass du glücklich bist?“, fragte Yuugi unsicher und warf einen prüfenden Blick auf die garstigen Schattengestalten, die keine menschlichen Gesichter und Körper hatten, sondern aus Monstern aus bekannten Videospielen erinnerten. Ihre Körper waren pechschwarz, rote kleine Punkte an ihren Köpfen stellten vermutlich ihre Augen dar und ihre wabbligen Körperkonturen, die nach ihm griffen, erinnerten ihn an die Arme von Quallen. Yuugi wollte sich nicht einschüchtern lassen. Sein Verstand sagte ihm, dass es sich lediglich um Illusionen handelte. Um Bilder, die mithilfe des Steins erschaffen wurden und zwar da waren, aber keine wirkliche Masse besaßen. Wirklich gefährlich waren sie nicht. Sie existierten nicht wirklich. Genauso wie Akito. Auch dieser existierte nicht in dieser Zeit, doch er krallte sich verzweifelt an den Gedanken, dass er am Leben war. „Was bedeutet schon Glück? Du bist ein braver Musterjunge, der immer nur das Gute in den Menschen sehen will. Selbst jetzt hast du dir in den Kopf gesetzt, mich zu retten. Wer sagt, dass ich gerettet werden muss? Wer sagt, dass ich deine Hilfe will? Nettigkeit allein rettet niemanden.“ „Auch wenn du meinen Körper übernimmst, wirst du immer du selbst sein. Glaubst du wirklich, dass das hier eine zweite Chance ist? Du wirst deinen Hass niemals überwinden und wirst auch dann noch unzufrieden sein, wenn du einen lebendigen Körper hast! Ich lasse nicht zu, dass du die Seelen dieser noblen Duellanten, die sich dir gegenübergestellt haben, weiterhin für deine Zwecke missbrauchst“, erklärte Yuugi gefasst und unterbrach keine einzige Sekunde lang den Blickkontakt. „Noble Duellanten? Typisch Japaner! Ich scheiße auf Ehre und Stolz! Deine Ehre bringt dir nichts, wenn du tot bist!“ „Noch bin ich nicht tot. Ich habe gewonnen. Lass die Seelen frei, so, wie wir es abgemacht haben.“ „Bist du echt so dämlich, zu glauben, dass ich mich an dieses Versprechen halte?“ „Ja, weil auch du ein nobler Duellant bist.“ Akito brach in schallendes Gelächter aus. Wie kann ein Mensch nur so abgrundtief bescheuert sein? Hat er denn keinen Funken Verstand? Wieso... glaubt er daran, dass ich dieses Versprechen halte? Warum sollte ich... mich fair verhalten?, dachte Akito und fragte sich, warum Yuugi immer noch an ihn glaubte. Wieso war es ihm so wichtig, die Seelen dieser Fremden zu retten und wieso bezeichnete er ihn nach allem, was er getan hatte, immer noch als noblen Duellanten? Wieso griff er nicht einfach an und beendete dieses Spiel? „Wie kommst du auf diesen Schwachsinn?“, fragte er dann und stoppte sein Lachen abrupt. „Ich denke, dass in einem Duell nicht nur die Karten, sondern auch unsere Seelen gegeneinander spielen. Vielleicht glaubst du, dass Duel Monsters nur ein Mittel zum Zweck ist, aber ich habe sie gesehen. Diese Leidenschaft, die in deinen Augen erstrahlt, wenn du über deinen nächsten Zug nachdenkst und das verbindet uns. Deshalb bin ich mir sicher, dass dein Herz für Duel Monsters schlägt. Deshalb wolltest du noch mal gegen mich spielen. Nicht wahr?“ „Unsinn!“, brüllte er ihm entgegen und starrte ihn fassungslos an. „Das Duell hat Spaß gemacht. Auch unser letztes Duell vor einem halben Jahr... du erinnerst dich bestimmt noch daran. Da wusste ich schon, dass du ein ernstzunehmender Gegner bist und ich habe mich schon darauf gefreut, wieder gegen dich spielen zu dürfen.“ „Spaß?“, wiederholte Akito ungläubig. Die Monster verschwanden. Sein Sein schien ins Wanken zu geraten. Auch hatte er das Gefühl, dass irgendjemand in seine Seele eingebrochen war. Die Illusionen um sie herum wurden durch seinen Hass verstärkt und waren mit seinen Erinnerungen verknüpft. Diese Eindringlinge waren in seine Seele eingebrochen und er hatte sie mehrmals ermahnt, sich zurückzuhalten, doch sie ließen sich nicht beirren. Jedes Mal, wenn er Lebenspunkte verloren hatte, hatten diese Ungeziefer die Chance genutzt, ein Stück weiter in seine Seele vorzudringen, doch da er so beschäftigt mit seinem Kontrahenten war, hatte er keine Zeit, sich um diese Einbrecher zu kümmern. Auch jetzt geriet sein Entschluss ins Wanken. Er wollte sich an dieser Welt rächen und sie in Finsternis tauchen. Er wollte den Kriegern der Neuzeit, die anstelle von Schwertern mit Karten bewaffnet waren, ihre Machtlosigkeit demonstrieren. Denn es waren diese Soldaten, die ihn in diesen dunklen Kerker gezerrt hatten und ihn zu Tode gefoltert hatten. Vollkommen egal, wie oft er seine Unschuld beteuerte und wie sehr er um sein Leben flehte, keiner dieser Krieger schenkte ihm Glauben. Er wollte, dass diese Kerle, die glaubten, dass sie über das Leben anderer bestimmen konnten, zeigen, dass sie nichts weiter als Abschaum waren. So wie diese Männer einst über sein Leben bestimmt hatten, wollte er nun über das Leben anderer bestimmen. An Spaß, wie es Yuugi nannte, hatte er nie gedacht. Hatte er Spaß gehabt? In ihren Duellen? Yuugis Worte machten ihn unsicher. Plötzlich hörte er Schritte. Weitere Personen, waren auf das Dach gekommen. Das mussten die Eindringe sein, die ungefragt in seiner Seele gewütet hatten. „Ja, ich rede von dem Spaß an einem Duell! Die Herausforderung, das Adrenalin, das durch unsere Blutbahnen rauscht und die Ungewissheit, was der nächste Zug bringt. Das ist doch alles aufregend, nicht wahr?“ „Beende endlich deinen Zug!“, knurrte Akito und Yuugi deklarierte seinen Angriff, so dass Akitos Lebenspunkte auf Null gingen. Staub wurde aufgewirbelt, als der Drache seinen Angriff getätigt hatte und langsam verschwanden sämtliche Monster. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)