Mit Malfoy hat man's schwer von lara_lianore ================================================================================ Kapitel 19: Staubtrockener Streit --------------------------------- Am nächsten Morgen erwachte Harry von einem seltsamen Scharren. Noch verträumt tastete er nach seiner Brille und wunderte sich, warum sich der Nachttisch so seltsam anfühlte. „Potter, nimm sofort deine Hand aus meinem Gesicht oder ich schwöre dir, du brauchst bald eine neue!“, knurrte ein extrem schlecht gelaunter Malfoy ihn an. Erschrocken zog er seinen Arm zurück und war schlagartig wach. Ihm fiel ein, dass er ja nicht in seinem kuscheligen Bett lag und links von ihm auch kein Nachttisch stand. „'Tschuldige, hab dich mit meiner Brille verwechselt.“, nuschelte er, bevor er diese auf der richtigen Seite fand und zum Zelteingang krabbelte. Dort erwartete ihn auch schon eine ungeduldig an der Zeltwand scharrende Schneeeule. An ihrem Fuß war ein Brief befestigt, den Harry mit einem Dank abnahm. Die Eule schuhute nur kurz und flog dann wieder davon. Gähnend stand er auf und streckte sich in der Morgensonne. Mit dem Wetter hatten sie bisher wirklich Glück gehabt. Er hoffte nur, dass es auch weiterhin so blieb, er wollte nicht bei Regen mit einem grimmigen Malfoy den ganzen Tag im Zelt eingesperrt sein. Oder noch schlimmer, im Schlamm und völlig durchnässt irgendwelche Kinderspiele abhalten. Ginnys Brief war ziemlich kurz gehalten, wahrscheinlich hatte sie ihn vor dem Training noch schnell geschrieben. Liebster Harry, es wäre wirklich wunderbar, wenn wir nach Deutschland reisen könnten. Mit dem Team habe ich schon geredet, es wäre nicht allzu schlimm, wenn ich eine Woche fehle. Sie können auch mal ohne mich trainieren. Ich hoffe, du überstehst die restlichen Tage auch noch. In Liebe, Ginny P.S.: Lass dich nicht durch den blonden Schnösel herunter ziehen! Ein breites Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Wenigstens eine Unterstützung hatte er für diese grauenhafte Woche. Aber es waren nur noch 2 Tage, nicht mal mehr 48 Stunden und er wäre endlich erlöst. Beim Frühstück waren die meisten gut gelaunt und schaufelten mit großem Appetit alles in sich hinein, was in ihrer Reichweite lag. Nur Draco schob missmutig auf seinem Teller mit der Gabel sein Rührei von einer Seite auf die andere. Er konnte selbst nicht einmal sagen, was ihm seine Laune verdarb, doch es lag mit Sicherheit an diesem Potter, wie so oft auch. Seit er gestern mit ihm über die Reise geredet hatte, war er schon nicht mehr gut drauf. Dabei konnte es ihm doch egal sein, mit wem der Wunderknabe hin fuhr, er hatte trotzdem eine Woche frei und konnte endlich mal wieder faulenzen. Er war so sehr in Gedanken versunken, dass er nur vage mitbekam, was für diesen Tag geplant war. Irgendetwas verweichlichtes mit Konfliktlösung und Kommunikation. Bestimmt auch wieder eine Methode der Muggel, es klang jedenfalls nach etwas, das nur Feiglinge taten. Zuerst sollten sie sich auf einer Lichtung am Wald gegenüber setzen und abwechselnd etwas Nettes über den anderen sagen. Es gab da nur das kleine Problem, dass ihm im Moment absolut nichts Nettes zu Potter einfiel, dafür aber umso mehr, was ihn störte. Nach ein paar schweigsamen Minuten brach der Goldjunge zuerst die Stille. „Ich finde es gut, dass du deine Angst vor Muggeln überwunden hast und mit ihnen im Fitness-Studio trainierst.“, sagte er mit einem Lächeln, das zwar bestimmt nicht gehässig aussehen sollte, Draco aber trotzdem aufregte. „Ich habe keine Angst vor Muggeln, ein Malfoy hat vor überhaupt nichts Angst!“, blaffte er Potter unwirsch an. „Mister Malfoy, Sie sollen sich doch in Ruhe anhören, was Ihr Gegenüber zu sagen hat. Sie brauchen es nicht zu bestätigen oder ablehnen, lassen Sie es einfach auf sich wirken.“, korrigierte ihn Ms. Simmons und erinnerte ihn im Moment sehr an den Unterricht bei Prof. Trelawney. Es fehlten nur der stickige parfümierte Raum und die riesige Brille. „Jaja, schon gut.“, murmelte er eingeschnappt. „Und jetzt sagen Sie, was Ihnen an Mr. Potter gefällt.“ Was soll einem schon an dem Typen gefallen, dachte er, sprach es dann aber besser doch nicht aus. „Du bist als Hüter ganz passabel.“, presste er dann hervor. „Und als Sucher bin ich noch viel besser als du.“, grinste Harry, wurde aber gleich dafür gerügt. „Mr. Potter, für Sie gilt das gleiche. Nehmen Sie es einfach hin und denken Sie sich Ihren Teil.“ Mrs. Simmons Stimme hatte jetzt an Schärfe zugenommen und erinnerte nun nicht mehr an ihre ehemalige Wahrsagelehrerin. Vielleicht fand sie die Übung ja innerlich genauso dämlich wie die Auroren. „Okay, okay, ich nehm's zurück. Ähm... Dann ich jetzt wieder... Hm... Malfoy, du warst in der Schule echt gut in Zaubertränke.“ Und so quälten sie sich noch durch einige peinliche Komplimente, die alle nicht das wieder gaben, was sie von dem anderen wirklich dachten. So fand Draco nämlich eigentlich, dass Potter ein wirklich ernst zunehmender Quidditch-Spieler war, der ihn bei ihren Spielen in der Schule immer dazu gebracht hatte, sein Bestes zu geben. Und Harry dachte in Wirklichkeit, dass Malfoy immer, wenn es ernst wurde, ein guter Partner war, auf den man sich verlassen konnte. Doch keiner von beiden hatte den Mut das auszusprechen. Nach einer guten Stunde kam endlich eine Übung, in der sie wahre Meister waren: Dem anderen sagen, was ihnen an ihm nicht gefiel. „Du bist wahnsinnig egoistisch und manchmal benimmst du dich wie ein kleines Kind!“ „Ach ja? Und du hast einen verdammten Helfer-Komplex, der dich irgendwann einmal noch umbringen wird!“ „Wenigstens werde ich dabei glücklich sterben! Dir könnte es wirklich gut tun, mal jemand anderem zu helfen, als nur dir selbst!“ „Mir wurde mein Glück nun mal nicht mit in die Wiege gelegt, du kennst das ja nicht, wenn man immer wieder versucht, allen Anforderungen gerecht zu werden!“ „Meine Herren, das können sie doch bestimmt auch so sagen, dass es nicht noch der letzte Camper außerhalb des Waldes hört.“, versuchte Mrs. Wenston die beiden etwas zu zügeln. „Holen Sie am besten einmal tief Luft und atmen diese dann wieder aus, das beruhigt die Nerven.“ Mit diesen Worten ging sie auch schon weiter zu dem nächsten Paar, die man ebenfalls hitzig diskutieren hörte. Harry schloss für einen Moment die Augen und versuchte an etwas nettes zu denken. An Ginny, an Hermine und Ron, an ihre lustigen Abende am Wochenende zusammen, an die gemütlichen Tage im Fuchsbau... „Schläfst du jetzt etwa, Potter?“, fragte Malfoy ihn völlig fassungslos. „Nein, ich habe nur kurz daran gedacht, wo ich gerade überall lieber wäre als hier.“, gab er bissig zurück. „Das wäre dann wohl absolut überall. Ich würde sogar eine Stunde bei Professor Binns dem ganzen vorziehen.“ „Ja, dann könnte man wenigstens in Ruhe schlafen.“ Ein Lächeln huschte bei der Erinnerung über sein Gesicht und auch Draco entspannte sich wieder ein bisschen. „Vielleicht... Vielleicht sollten wir uns wirklich nicht nur die ganze Zeit beleidigen.“, überlegte der ehemalige Slytherin leise. Harry glaubte schon, sich verhört zu haben, doch anscheinend meinte der andere das ernst. „Ja, eine gute Idee. Wir könnten es ja mal mit konstruktiver Kritik versuchen.“, schlug er dann vor. „Wie meinst du das?“ „Na zum Beispiel, es ist nicht sehr höflich Ron als „Wiesel“ und Hermine als „Schlammblut“ zu bezeichnen. Du könntest anfangen ihre richtigen Namen zu verwenden.“ „Achso, verstehe. Dann mal sehen... Es ist ja nett, dass du es immer allen Recht machen willst, aber versuch' doch mal etwas mehr an dich zu denken. Man kann nicht immer allen helfen.“ „Das sagst du so leicht.“, seufzte Harry. Als unfreiwilliger Held der Zaubererwelt hatte er bisher kaum eine Wahl gehabt. „Aber das gleiche gilt auch für dich.“ „Sagtest du nicht vorhin noch, dass ich zu egoistisch wäre?“, fragte Draco verwirrt. „Ja schon, aber da war ich einfach sauer. Jetzt meine ich, dass du nicht immer daran denken solltest, was die ach so tolle reinblütige Gesellschaft von dir erwartet. Mach doch auch mal das, was du wirklich willst.“ „Was ich wirklich will?“ „Ja genau, wolltest du nicht schon immer mal etwas angeblich verbotenes tun oder etwas, das sich nicht gehört? Etwas, bei dem deine Eltern mit Sicherheit ausrasten würden?“ „Ich... ich weiß es nicht.“ Der Malfoy-Erbe überlegte etwas. Natürlich hatte er immer das getan, was seine Eltern, oder besser noch sein Vater von ihm erwartete. Er hatte als Kind viel zu große Angst sich zu widersetzen. Doch jetzt, nach dem Krieg, hatte sich einiges geändert. Vielleicht sollte er mal für eine Weile heraus aus dem Einflussbereich seiner Familie, denn er wusste gar nicht richtig, was er wollte. Plötzlich bemerkte er, dass Potter ihn die ganze Zeit anstarrte. „Was ist denn?“ „Hast du mir nicht auch noch etwas zu sagen? Es gibt doch bestimmt noch eine Menge, was dich an mir stört.“, grinste der andere. „Oh, wie Recht du damit hast. Du könntest zum Beispiel anfangen, dich mal an die Regeln zu halten. Es wird nicht immer jemanden geben, der dich aus der Patsche zieht, in die du dich selbst gebracht hast.“ „Wenn ich so etwas gemacht habe, war ich immer dazu gezwungen.“, versuchte Harry sich raus zureden, doch Draco ließ das nicht gelten. „Es gibt immer einen anderen, besseren Weg.“, meinte er entschlossen. „Und wenn man selbst nicht weiter weiß, kann man andere um Hilfe bitten. Wozu hat man denn Freunde?“ Unsicher lächelte der blonde Auror ihn an. Meinte er sich damit? Waren sie so etwas wie Freunde? Zum Glück rettete der Ruf zum Mittagessen Harry vor einer Antwort auf seine Gedanken. Da Draco vom Frühstück nichts mitbekommen hatte, aß er nun umso mehr. Die Ausbilderinnen hatten Sandwiches herbei geschafft, die herzhaft mit Braten, Käse, Schinken oder Ei belegt waren. So ein einfaches Mahl gab es im Malfoy Manor nie, er hatte die kleinen Köstlichkeiten nur in London bei Einkaufsbummeln oder auf dem Weg von der Arbeit kosten können. Der Nachmittag glich eher einer Unterrichtsstunde, denn Mrs. Wenston erklärte lang und breit wie man nach der Ansicht von sogenannten Experten richtig mit Problemen und Streits umging. Die meisten hingen nach nur einer halben Stunde schon eher dösend als aufmerksam auf den Bänken und mühten sich ab, nicht endgültig einzuschlafen. Dummerweise mussten sie danach auch noch selbst tätig werden und einen Streit, den sie mit ihrem Partner ausgetragen hatten, nachspielen und diesmal „richtig“ lösen. So unmotiviert hatte sich Draco die ganze Woche über noch nicht gefühlt, denn seiner Meinung nach brachte die Theorie einem im wirklichen Leben nicht weiter. Kein normaler Zauberer würde sich stundenlang mit dem anderen hinsetzen, die Probleme aufschreiben, ohne laut zu werden darüber diskutieren, wer was an der Situation verändert und dann auch noch eine Vereinbarung unterzeichnen. Wozu hatte man denn Zaubererduelle erfunden? Die waren um einiges Zeit sparender. Aber da mussten sie heute leider durch. Nach einer gefühlten Ewigkeit wurden sie endlich in den Feierabend entlassen, als es anfing zu dämmern. Ausgelaugt von dem Versuch immer aufmerksam zu bleiben, wollte Harry nur noch unter die Dusche und ins Bett. Das war ja noch anstrengender gewesen als das Quidditch-Match. Müde zwang er sich den Cotton Pie hinunter und fiel im Zelt regelrecht in seinen Schlafsack. Er bekam nicht mal mehr mit, wie Draco nach ihm herein kam und sich noch Stunden unruhig hin und her wälzte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)