weiße Lilien von -Kuraiko ((Meiko x Lily)) ================================================================================ Kapitel 1: Flower ----------------- Die weiße Lilie steht für Reinheit und Unschuld. Nun, ich wünschte, das könnte man auch von dir behaupten. Aber weißt du..., das ist nicht ihre einzige Bedeutung. Weiße Lilien stehen auch für den Tod. Du denkst das auch diese Bedeutung nicht dir entspricht? Nun, wir werden sehen. Vielleicht passt die Totenblume doch besser zu dir, als du denkst. Ich liebe dich, nein – ich hasse dich...! Die Gänge der Uni waren wie üblich überfüllt. So war das immer, wenn Pause zwischen zwei Vorlesungen war. Die meisten Studenten strömten nur so aus den Sälen und beeilten sich möglichst noch einen guten Platz auf dem Campus oder in der Mensa zu bekommen. Langsam war es Zeit sich ein Mittagessen zu organisieren. Viele der jungen Leute nahmen genau diese Aufgabe gerade in Angriff. „Los, beeil dich! Wenn wir noch einen Platz in der Cafeteria bekommen wollen, dann sollten wir nicht so trödeln!“ Bevor ich noch zu einer Antwort ansetzen konnte, hatte meine beste Freundin mich am Arm gepackt und war einfach losgelaufen. Wohl oder übel folgte ich ihr, während ich gleichzeitig versuchte meine Mitmenschen nicht anzurempeln. „Jetzt zieh doch nicht so!“, beschwerte ich mich, obwohl ich die Antwort im Prinzip schon längst kannte. „Ich hab keine Lust ne halbe Stunde an der Kasse anstehen zu müssen!“, konterte die Grünhaarige. Sie warf einen kurzen Blick über die Schulter um mich anzusehen. Ich nutzte ihre Aufmerksamkeit um sichtbar genervt die Augen zu verdrehen. „Das Essen hier in der Mensa ist eh ungenießbar. Ich verstehe nicht, was du hast.“ „Heute gibt es marinierte Karotten, schon vergessen?“ „Iiih! Noch ein Grund sich nicht zu beeilen!“ So ging das noch eine ganze Weile weiter, bis wir endlich die Mensa erreicht hatten und uns in der Schlange einreihten. Wie durch ein Wunder hatten wir niemanden über den Haufen gerannt. „Sag mal wolltest du mich umbringen?!“,meckerte ich halbherzig und deutete kurz auf meine Schuhe. Der Absatz meiner High Heels war alles andere als niedrig. Eigentlich ein Wunder, das ich damit eben nicht umgeknickt war. „Was kann ich dafür, das du nur Schuhe mit solchen Mörderabsätzen im Schrank hast?“ „Die sehen nun mal am besten aus. Und man geht ganz automatisch viel eleganter darauf.“ Gumi verdrehte gespielt genervt die Augen. „Du bist in den Jahren zu ner richtigen Tussi mutiert, weißt du das?“ „Ich bin nur erwachsen geworden. Das ist alles.“ „Erwachsen? Also ich sehe da nur ein Modepüppchen vor mir.“ „Aber du gibst dich trotzdem mit mir ab, wie?“ Ich warf ihr ein Grinsen zu. Auch auf die Lippen meiner besten Freundin legte sich ein Schmunzeln. „Kannst dich echt glücklich schätzen.“, meinte sie im überheblichen Tonfall. Bevor sie noch Zeit zum Reagieren hatte, hatte ich ihr ihre rote Sonnenbrille geklaut und sie mir selbst auf den Kopf gesetzt. „Nein, du solltest dich lieber glücklich schätzen das die Tussi sich mit dem kleinen Punk abgibt.“ „Hey! Gib die wieder her!“ Für einen Moment trafen unsere Blicke sich. Das Grinsen auf unseren Gesichtern wurde breiter, bis wir schließlich nicht mehr anders konnten und anfingen zu lachen. „Du bist gleich dran. Na los, bestell dir schon dein Kaninchenfutter.“, forderte ich sie auf, als wir das andere Ende der Kasse endlich erreicht hatten. Kurze Zeit später hatten wir uns beide für ein Mittagessen entschieden, liefen nun mit Tabletts bewaffnet durch die Mensa und suchten nach einem freien Platz. „Hey ihr beiden!“,hörte ich jemanden rufen. Gumi und ich blickten uns suchend um, bis wir schließlich Miku entdeckten, welche von ihrem Platz aufgestanden war und uns zuwinkte. Wir kämpften uns einen Weg durch die Menge und gingen rüber zu ihrem Tisch. Dort saß auch schon ein großer Teil unserer Gruppe. Vorsorglich hatte man uns zwei Sitzplätze frei gehalten. „Hey Leute!“, begrüßte ich unsere Freunde, stellte mein Tablett auf dem Tisch ab und setzte mich schließlich zwischen Luka und SeeU. Gumi fand noch einen freien Platz neben Neru, welche gerade eifrig damit beschäftigt war auf ihrem Handy rumzutippen. Des Weiteren saßen noch Kaito, Gakupo und Miki am Tisch. Unsere Gruppe war nun also fast komplett. Nur wo Haku und Meiko waren, konnte niemand so genau sagen. Spontan vermutete ich, das sie gestern mal wieder zu viel getrunken hatten und heute morgen nicht aus dem Bett gekommen waren. „Danke für's Platz freihalten.“, freute Gumi sich. Doch viel Zeit für ein Gespräch hatte die Grünhaarige gerade nicht. Normalerweise war sie sehr gesprächig...doch gerade schienen die Möhren auf ihrem Teller interessanter als wir zu sein. „Sag mal, sind deine neuen Schuhe eigentlich schon angekommen?“ Ich warf einen fragenden Blick rüber zu der Rosahaarigen neben mir. Nebenbei versuchte ich den Strohhalm aus seiner Plastikfolie zu befreien, um das Trinkpäckchen vor mir öffnen zu können. „Ja, gestern Nachmittag. Die Stiefel passen wirklich 1a, nur die Pumps sahen getragen furchtbar aus.“, berichtete sie gut gelaunt. „Schickst du sie zurück? Der Versand ist doch kostenlos, oder?“ „Klar, sonst hätte ich mir die doch niemals übers Internet bestellt.“ Ich hatte es immer noch nicht geschafft den Strohhalm aus der Plastikfolie zu befreien. Entnervt nahm ich schließlich die Zähne zur Hilfe, biss in eine Ecke der Folie und brachte die Folie schließlich mit Gewalt dazu, mir den Strohhalm zu überlassen. Wirklich Ladylike hatte das jetzt nicht ausgesehen, aber diese Tatsache störte mich nicht wirklich. Vielleicht hatte ich einige Züge einer typischen Tussi und sah auch so aus, doch einige meiner Charaktereigenschaften wollten sich mit diesem Vorurteil überhaupt nicht vereinen lassen. „Wollen wir am Wochenende nicht mal wieder eine Party schmeißen?“, streute Seeu ein und blickte einmal fragend in die Runde. Und schon hatte sie unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. Naja, fast – Gumi war immer noch mit ihrem Essen beschäftigt und Neru schrieb weiterhin SMS. „Klar, wieso nicht.“, stimmte Miku direkt zu. „Aber bitte nicht wieder in unserem Haus. Das haben wir neulich schon in Schutt und Asche gelegt.“, stellte Luka fest. Während Luka und Miku gemeinsam mit Haku und Neru in einer WG lebten, teilte ich mir das Haus mit Gumi, Gakupo, Miki und Seeu. Wir kannten uns alle schon seit der Schulzeit und waren der Meinung gewesen, das es während des Studiums wesentlich einfacher wäre, in WGs zu leben. Außerdem war man so nie allein und hatte immer jemanden zum reden. „Okay, dann diesmal eben bei uns.“, schlug ich vor. „Wäre ne Idee. Außerdem ist unser Haus größer.“, stimmte Seeu mir zu und klaute mein Trinkpäckchen. Ich kommentierte den Diebstahl nicht wirklich. „Wir haben nur kaum noch Getränke im Haus.“, mischte der Lilahaarige sich ein. „Dann kauf welche ein. Nimm Kaito mit oder so.“, forderte ich. „Warum lassen wir nicht einfach Haku und Meiko den Alkohol kaufen? Die trinken doch eh jeden unter den Tisch.“, versuchte der Blauhaarige sich rauszureden. „Na weil die sich bedanken werden, wenn sie die Bierkästen tragen sollen.“, kicherte Miku amüsiert. „Wo wir gerade beim Einkaufen sind - wir haben auch nicht mehr viel im Schrank“, stellte Seeu fest. „Es sollte heute auf jeden Fall mal wieder jemand einkaufen gehen.“ „Ich bin heute noch beim Kendo.“, erinnerte Gakupo. „Und ich geb gleich noch Nachhilfe in VWL.“, streute Gumi ein. Die Grünhaarige nutzte die Nachhilfestunden um etwas Geld dazu zu verdienen. „Und ich muss noch nen Bericht fertigschreiben.“, meinte Seeu. „Sagt doch gleich, das ich einkaufen gehen soll!“ „Sorry Lily.“ Leicht verlegen kratzte die andere Blonde sich am Kopf. „Schon okay. Ich muss nachher noch zur Bibliothek, aber das müsste zeitlich noch passen.“ Ich hatte nicht wirklich etwas dagegen nachher noch eben beim Supermarkt vorbeizusehen. Der Laden war eh fast neben unserem Haus. Und in letzter Zeit hatte ich mich immer wieder vor dem Einkaufsdienst gedrückt. So war es nur gerecht, das ich diesmal neue Lebensmittel mit Nachhause brachte. „Wir sollten gleich mal wieder los. Die nächste Vorlesung fängt bald an.“, erinnerte Luka uns. Und wirklich – wie schnell doch die Zeit verging, wenn man bei seinen Freunden war. Als die letzte Vorlesung für heute überstanden war, beschloss ich noch schnell in der Bibliothek vorbeizusehen. Ich musste unbedingt ein paar Geschichtsbücher studieren, um meine Aufgaben erledigen zu können. Wenn ich doch zu Beginn meines Studiums nur geahnt hätte, wie viel Stress das alles mit sich bringen würde. Vermutlich hätte ich mir die Sache mit dem Studieren dann noch einmal gut überlegt. Nun war es allerdings zu spät. Die Extraportion Bildung war eine teure Angelegenheit. Wenn ich ausrechnete, wie viele Klamotten und neue Schuhe ich mir davon schon hätte kaufen können...ich hätte mit Sicherheit inzwischen einen neuen Schrank dafür gebraucht. Mein Handy piepte. Ich kramte es aus der Tasche und las die SMS. »Noch in der Stadt unterwegs, Süße?«, stand auf dem Bildschirm meines Handys geschrieben. Mit einem leichten Lächeln im Gesicht begann ich damit eine Antwort zu tippen. Ein Gutes hatte das Studium wirklich – hätte ich die Uni nicht besucht, ich hätte SIE niemals kennen gelernt. Es dauerte etwa zehn Minuten, bis ich die Bibliothek erreicht hatte. Schon als ich den Eingangsbereich passiert hatte, stellte ich fest, das hier heute nicht besonders viel los war. Nur hier und da suchten ein paar Andere einige Bücher aus den Regalen. Ich schlug routinemäßig den Weg zu den Geschichtsbüchern ein. Zwar befanden die gewünschten Regale sich auf der ersten Etage, doch gab es hier wirklich viel Auswahl. Als ich mein Ziel erreicht hatte, begann ich damit die Regale zu durchsuchen. Deutsche Geschichte. Irgendwo musste es doch dazu etwas geben. Und dann hoffentlich auch noch mit den Themen, die ich brauchte. Mit einigen Büchern auf dem Arm, begab ich mich schließlich zu den Tischen, welche ebenfalls auf der ersten Etage aufgestellt worden waren. Außer mir war derzeit niemand hier. Die Geschichtsbücher wurden auf dem Tisch abgelegt, bevor ich nach dem erst besten Buch griff, es aufschlug und begann darin zu blättern. //Das ist so nervig! Ich hätte nie gedacht das studieren so eine Arbeit ist// Nur widerwillig opferte ich meine Freizeit dem Lernen. Ich war zwar gut in der Schule gewesen, allerdings noch nie ein Bücherwurm. Doch hier an der Uni wehte ein ganz anderer Wind als in der Schule. Ich musste wohl oder übel lernen um den Anschluss nicht zu verlieren. Auch...wenn ich mir tausend bessere Dinge vorstellen konnte. Wie gern wäre ich jetzt zum Beispiel in die Stadt shoppen gegangen, oder ganz einfach zum Nagelstudio. Meine Nägel könnten gut mal wieder ein anderes Muster vertragen. Das Alte war ich langsam leid. Vielleicht hatte ich ja morgen Zeit dafür. Meinen Lippen entkam ein entnervter Seufzer, als ich feststellte, das ich mich nicht mehr auf das Buch vor mir konzentrierte, sondern über Nageldesign nachdachte. Das brachte mich hier gerade wirklich nicht weiter. Arg! Lernen war so nervig! Ich spielte mit einer, der langen blonden Strähne, blätterte eine Seite im Buch um und versuchte mich wieder voll und ganz den geschichtlichen Themen zu widmen. Gerade hatte ich den Faden wieder gefunden, als sich mir Schritte von hinten näherten. Vermutlich nur jemand, der ebenfalls in die Ecke mit den Geschichtsbüchern wollte. Ich drehte mich also nicht extra um. Die Schritte stoppten hinter mir. Bevor ich mir noch darüber den Kopf zerbrechen konnte, hielt die Person mir von hinten eine Hand vor die Augen. Erschrocken fuhr ich zusammen. „Wer...?!“ Da schlang die Person hinter mir auch schon die Arme um mich. Der Geruch von Parfum schlug mir in die Nase. Wildkirsche. Ich entspannte mich deutlich in der Umarmung, lehnte mich mit dem Rücken gegen die Person und legte de Kopf in den Nacken, um sie ansehen zu können. Ohne es zu merken, hatte sich ein Lächeln auf meine Lippen gestohlen. „An einem so schönen Tag am lernen? Was für ein seltener Anblick.“ Ihre Stimme klang so wunderschön melodisch. Nicht zu hoch und nicht zu tief. Auch wenn sich gerade ein neckender Unterton darin befand. Sie nahm die Hand wieder von meinen Augen, sodass ich sie ansehen konnte. Kinnlange, rotbraune Strähnen fielen ihr ins Gesicht, als sie sich zu mir runter beugte. Sie war ,wie immer, recht dezent geschmink. Nur ihr Lippenstift stach in exakt dem gleichen Rot hervor, wie ihre Augen. Auf ihren Lippen lag ein breites Lächeln. „Es muss ja sein.“, antwortete ich auf ihre eher rhetorische Frage. „Aber sag mal, wo warst du heute? In der Uni zumindest nicht.“, stellte ich dann fest. „Ich hab gestern wohl etwas zu lange in der Bar gesessen.“ Sie warf mir ein entschuldigendes Grinsen zu. „Du und dein Komasaufen. Ich werd's nie verstehen.“ Ich verdrehte die Augen. Meiko tat es mir gleich. Allerdings aus einem anderen Grund. „Ach Lily, ist das etwa deine neue Art, deine Freundin zu begrüßen?“, harkte sie gespielt gekränkt nach. Ich konnte nicht anders als den Kopf zu schütteln und von meinem Platz aufzustehen. „Quatsch, natürlich nicht.“ Ich schob den Stuhl zurück an den Tisch, ging einen Schritt auf sie zu, legte die Hände auf ihre Schultern und küsste sie. Die Ältere erwiderte den Kuss und zog mich näher zu sich. Als ich mich schließlich wieder von ihr löste, warf ich ihr ein Lächeln zu. „So besser?“, erkundigte ich mich. „Schon viel besser.“, ging die Braunhaarige auf das kleine Spielchen ein. Ich schlang nun ebenfalls die Arme um sie und lehnte mein Kinn auf ihre Schulter. „Was machst du eigentlich hier?“, erkundigte ich mich dann. Meiko konnte ein amüsiertes Kichern nicht unterdrücken. „Na du hast mir doch geschrieben das du hier bist. Wenn du mich schon vor den Anderen verstecken willst, dann wollte ich wenigstens mal hier vorbeischauen.“ „Jetzt fang nicht wieder damit an! Ich werd's den Anderen ja bald sagen.“ „Das sagst du jetzt schon seit drei Monaten.“ „Ich habe nur Angst wie meine Mitbewohner darauf reagieren.“ „Das sind unsere Freunde, Lily.“ „Ich weiß. Aber gib mir einfach noch etwas Zeit.“ „Zwei Wochen, okay? Wenn du's ihnen bis dahin nicht gesagt hast, tu ich's.“ Mir entgleisten die Gesichtszüge. Zwar stritten wir uns in letzter Zeit oft über dieses Thema, aber eine Frist gesetzt hatte sie mir noch nie. „Setzt du mir gerade die Pistole auf die Brust?“, erkundigte ich mich fassungslos. „Ich habe einfach keine Lust mehr auf dieses Versteckspiel. Denkst du, das die Anderen uns den Kopf abreißen, oder was?!“ „Gerade bei Seeu könnte das gut sein.“, konterte ich. Obwohl ich die Ältere wirklich liebte, hatte sie es mal wieder geschafft, Wut in mir aufsteigen zu lassen. „Jetzt mach dir wegen Seeu keinen Kopf. Sie wird nicht das Problem darstellen, da bin ich mir ganz sicher.“ „Gib mir doch einfach die Zeit, die ich brauche, Meiko!“, fuhr ich die Braunhaarige an. Wir waren beide mit viel Temperament gesegnet, was leider auch oft mals zu Meinungsverschiedenheiten führte. „Ich versteh einfach nicht, vor was du solche Angst hast. Unsere Freunde sind unsere Freunde. Daran wird sich nichts ändern.“ Ich hatte sie inzwischen wieder losgelassen und die Arme vor der Brust verschränkt. „Bist du hergekommen, damit wir den Nachmittag zusammen verbringen können, oder nur um mich dumm anzumachen?!“, erkundigte ich mich verärgert über so viel Unverständnis. „Jetzt komm mal wieder runter, Lily!“, beschwerte meine Freundin sich. Auch ihre Stimme klang leicht gereizt. Ich klaubte die Geschichtsbücher vom Tisch. „Meine gute Laune hast du jetzt eh versaut. Ich werd meinen Bericht noch zuende schreiben.“ Mit diesen Worten ging ich an meiner Freundin vorbei, in Richtung Treppe. Sie blickte mich einen Moment lang irritiert an und ging dann einen Schritt in meine Richtung. „Jetzt warte doch mal! So war das nun auch wieder nicht gemeint.“ Kurz blieb ich stehen, blickte sie an und seufzte leise. „Ich werd drüber nachdenken, wirklich. Aber nach der Aktion eben, geh mir für heute aus der Sonne.“ Mit diesen Worten setzte ich meinen Weg fort. „Ach mach doch was du willst!“, rief meine Freundin mir hinterher. Ihre Stimme klang frustriert und genervt. So lieh ich mir also die Bücher aus und verließ die Bibliothek wieder. So war das nicht geplant gewesen. Eigentlich hatte ich mir nur Notizen machen wollen, doch dank meiner kopflosen 'Flucht' schleppte ich die Geschichtsbücher nun mit mir rum. Ich war bepackt wie ein Esel! Eigentlich hatte ich noch einkaufen wollen, doch jetzt hieß es erstmal die Bücher nachhause zu bringen. Meine Laune hatte einen neuen Tiefpunkt erreicht. Nicht nur, weil ich den ganzen Mist jetzt mit mir rumschleppen musste und mein Zeitplan durcheinander geraten war, sondern auch, weil Meiko mich wieder an das Problem erinnert hatte, was ich nun schon seit geschlagenen drei Monaten vor mir her schob. Manchmal fragte ich mich wirklich, wie wir es eigentlich zusammen aushielten und wie lange das noch gutgehen würde. Wir waren wie Katz und Maus. Da wir beide ziemlich temperamentvoll waren, stritten wir uns dauernd. Die ersten vier Wochen hatte ich alles noch durch die rosarote Brille gesehen, alles war so perfekt gewesen, doch inzwischen gingen wir uns dauernd an die Kehle. Und das nach gerade einmal drei Monaten. Ich seufzte genervt und setzte meinen Weg fort. Zu Fuß würde ich noch etwa zehn Minuten bis zu meinem Haus brauchen. Ich hing weiter meinen Gedanken nach. Ich liebte es mich aufzustylen und stand gern im Mittelpunkt. Um es einfacher auszudrücken : ich war ein ziemlicher Männermagnet. Doch irgendwie hielten Beziehungen nie wirklich lange. Woran genau das lag, konnte ich selbst nicht so genau sagen. Was ich jedoch auch nicht wirklich verstand war, wie ich plötzlich auf die Idee gekommen war, eine Beziehung mit einer anderen Frau einzugehen. Andere würden das vielleicht schlicht und ergreifend als Neugierde bezeichnen, doch ich wusste, das dies so nicht stimmte. Ich hatte meine Freundin in der Uni kennen gelernt. Um genau sein hatte ich sie damals auf den Treppen über den Haufen gerannt. Nun, wir waren zumindest ins Gespräch gekommen und die Ereignisse hatten sich überschlagen. Ich hatte nie geglaubt, das ich einmal so starke Gefühle für eine Frau entwickeln könnte, doch ich liebte sie wirklich. Nur das ich mich bisher nicht getraut hatte, meinen Freunden davon zu erzählen. Ich konnte selbst nicht genau sagen warum. Um so schlimmer war es, das Meiko in dieser Sache viel lockerer war als ich. Sie zerbrach sich nicht den Kopf über die Reaktion der Anderen. Ich fragte mich, ob das wohl an unserem Altersunterschied liegen mochte. Ich war 19, fast 20, während sie 24 war. Mich störten die paar Jahre nicht wirklich. Aber scheinbar schienen sie wirklich einen großen Unterschied zu machen. Irgendwie musste ich es meinen Mitbewohnern langsam mal stecken, doch wusste ich immer noch nicht wie und wann. Endlich hatte ich die Straße erreicht, in der unsere WG lag. //Endlich kann ich diese elenden Bücher abladen! Mir fallen gleich die Arme ab! Und dann auch noch einkaufen.// Was für ein Stress. Oh man. Konnte man denn da nichts verschieben? Gerade wollte ich darüber nachdenken, als ich plötzlich etwas bemerkte. Vor unserem Haus war es voll. Sehr voll. Überall parkten Autos. Mindestens ein Dutzend Menschen wuselte vor dem Haus auf und ab. Die Haustür stand offen. An sich war ein solcher Tumult genau vor meiner Haustür ja schon ungewöhnlich, doch das war nicht mals das, was mich so störte. Viel mehr war es die Tatsache, das es sich bei den Menschen um Polizisten handelte. Die Autos, welche vor der Haustür parkten, waren allesamt Polizeiwagen. Ein Krankenwagen hatte auf der anderen Straßenseite geparkt. Ich beschleunigte meine Schritte. Eins sehr ungutes Gefühl beschlich mich. Irgendwas musste passiert sein. Fragte sich nur was! Ich betete, das mit meinen Freunden alles in Ordnung war. Meine Hände fühlten sich plötzlich kalt an. Je näher ich den Polizisten kam, desto stärker wurde das ungute Gefühl. Schließlich hatte ich den ersten Polizeiwagen erreicht. „Was ist passiert?!“, wollte ich von dem ersten Polizisten wissen, der mir über den Weg lief. Ich wusste nicht genau, ob ich die Antwort wirklich hören wollte. Andererseits würde ich so oder so erfahren was passiert war. Ich musste einfach fragen. Der Mann blickte mich im ersten Moment irritiert an und schüttelte dann den Kopf. „Es tut mir Leid, ich darf Ihnen darüber keine Auskunft geben.“, antwortete er mir dann höflich aber bestimmt. „Aber ich wohne hier!“ „Dann darf ich Sie bitten, mir ihren Personalausweis zu zeigen?“ Unauffällig schielte ich an dem Beamten vorbei. Von der Straße aus, konnte ich genau ins Küchenfenster gucken. In der Küche entdeckte ich Gumi und Gakupo. Meine Mitbewohner saßen am Küchentisch und sahen gar nicht gut aus. Meine beste Freundin hatte das Gesicht im Shirt des Lilahaarigen vergraben und weinte. Gakupo strich der Grünhaarigen geistesabwesend über den Rücken und starrte ins Leere. Er sah aus, als hätte er einen Geist gesehen. Jetzt wusste ich es. Irgendetwas Schlimmes musste passiert sein. In meinem Körper breitete sich in rasanter Schnelle eine Eiseskälte aus. „Ihren Personalausweis bitte.“, harkte der Polizist vor mir erneut nach und hielt die Hand auf. Doch obwohl es vielleicht nicht das Klügste war, hatte ich von einem Moment auf den Anderen einen Entschluss gefasst. Anstatt dem Beamten meinen Ausweis zu zeigen, drückte ich ihm den Stapel mit den schweren Geschichtsbüchern in die Hand. Ich schlug einen Harken, wich somit dem Polizisten aus und rannte los. „Bleiben Sie stehen!“, hörte ich den Mann hinter mir rufen. Ein zweiter Polizist versuchte mich aufzuhalten, doch ich entkam seinem Griff um Haaresbreite. Die Haustür stand offen, sodass ich nicht extra stehen bleiben musste. Von der ersten Etage aus hörte ich Stimmen. Was auch immer passiert war, es musste in der oberen Etage des Hauses passiert sein. Wo sollte ich nun hin? In die Küche zu meinen Freunden, oder hoch in die erste Etage? Meine Füße nahmen mir die Entscheidung ab, denn ich war ganz automatisch auf die erste Treppenstufe gesprungen. Die Treppe war mit wenigen Sätzen bewältigt. Hinter mir hörte ich die Schritte der Polizisten schnell näher kommen. Mein logisches Denken hatte sich ausgeschaltet. Ich handelte ganz instinktiv. Aus einem Zimmer hörte ich das Geräusch einer Polaroidkamera. Seeus Zimmer. Die Polizeibeamten hinter mir kamen immer näher. Doch ich war es, die die Tür zuerst erreicht hatte. Ob dieser Vorsprung aber unbedingt positiv für mich war, wage ich heute zu bezweifeln. Vielleicht hätte ich nicht einfach in mein Haus stürmen sollen, ohne vorher nachzuharken was genau passiert war. Die Szene, die sich mir bot, brannte sich tief in mein Gedächtnis. Im Zimmer standen noch drei weitere Beamte. Einer der Männer hielt die Kamera in der Hand, die das Geräusch verursacht hatte. An der Wand und auf dem Boden befanden sich rote Flecken. Im ersten Moment wollte ich nicht begreifen, worum genau es sich bei der roten Flüssigkeit handelte. Doch der Körper, der auf dem Boden lag, ließ keinen Zweifel daran, das die roten Flecken Blut waren. Von jetzt auf Gleich schien die Zeit still zu stehen. Jemand schrie etwas, doch ich verstand die Bedeutung nicht. Generell klang der Schrei weit weg. Entsetzen, blanke Panik stieg in mir hoch. Ich wollte den Blick abwenden, doch ich konnte nicht. Ich war wie erstarrt. Ich wollte etwas sagen, doch ich brachte keinen Ton über die Lippen. Alles, was ich tat, war die Szene anzustarren, die sich mir da bot. Das alles war so unwirklich. Das konnte doch ...nein, das durfte nicht sein! Auf dem Boden lag der reglose Körper meiner Mitbewohnerin. Die andere Blondine lag auf dem Bauch. Ihr gewelltes Haar hing ihr im Gesicht, so das man ihre Mimik nicht sehen konnte. So entsetzt wie ich war, ich war fast froh darüber, das ihre Haare mir einen Blick in ihr Gesicht verwährten. Die Haut der Studentin war blass, fast weiß. Unter ihr hatte sich eine Lache gebildet. Der Fleck sah fast so aus wie ein roter Teppich. Einer dieser kleinen Brückenteppiche, die so oft unter Tischen platziert wurden. Das Shirt meiner guten Freundin und Mitbewohnerin hatte sich rötlich verfärbt. Hier und da war der Stoff zerfetzt worden. Fast wie zerschnitten. Einer ihrer Hausschuhe lag etwa zwei Meter hinter ihr, während ihr linker Fuß noch in dem anderen Schuh steckte. In ihrer rechten Hand hielt sie irgendetwas. Im ersten Moment erkannte ich es nicht genau, da auch dieses Etwas mit Blut befleckt war. Dann jedoch wurde mir klar, was sie da eigentlich in der Hand hielt. Eine Blume. Eine weiße Lilie um genau zu sein. Ein Griff schloss sich grob um meine Schulter. Und das war der Moment, in dem ich zurück in die Realität kehrte. Ich hörte eine Frauenstimme laut schreien. In der nächsten Sekunde wusste ich, das es meine eigene Stimme war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)