Silent Reunion von KISHIRA_22 ================================================================================ Kapitel 3: „Du bist ihnen verpflichtet.“ ---------------------------------------- „Das ist…doch vollkommen unmöglich…“, protestierte der schwarzhaarige Prinz und siebzehnter in der Thronfolge Britannias ungläubig. Dieses überholte Waffensystem, welches so drohend über ihren Köpfen schwebte, war ohne jeden Zweifel ein veraltetes Model der Knightmare Frames, einer antiquierten Militärtechnologie, die seit dem Zerfall des heiligen britannischen Reiches von den Siegermächten der lange Zeit zerstrittenen Europäischen Union unter Androhung von Sanktionen strengstens verboten wurde. Allein der Besitz einer solchen Kampfmaschine war höchst illegal und wurde in den meisten, zivilisierten Ländern mit Kerkerhaft oder weitaus schlimmeren Disziplinarmaßnahmen geahndet. Wie also war es möglich, dass ein solches Relikt aus britannischer Vorzeit grade jetzt und ausgerechnet hier wieder zum Vorschein kam? Wie war es dem Piloten gelungen sämtliche Sicherheitsbestimmungen zu umgehen ohne dabei unfreiwillige Zeugen zu hinterlassen? Die Wahrscheinlichkeit, dass einer schlecht organisierten, anarchistischen Untergrundgruppierung ein solcher Staatsstreich gelang, schien geradezu verschwindend gering. Es sei denn… „Es gibt einen Verräter…“, knurrte Lelouch die unausweichliche Schlussfolgerung gerade einmal so laut, dass er selbst es hören konnte. Ein Verräter am königlichen Hof Britannias. Die Konsequenzen waren nicht zu ermessen. Gedanklich überprüfte Lelouch bereits jedes noch so unauffällige Mitglied der Dienerschaft, versuchte Verhalten und Motiv zu analysieren und eine plausible Erklärung für diese verdammte Katastrophe zu finden, doch bevor er dem Schuldigen einen Schritt voraus hätte sein können, bewegte sich der stillstehende Knightmare Frame über ihren Köpfen erneut und richtete den Lauf seiner Waffe direkt auf den König und den ihm nahestehenden Personen. Der schwarzhaarige Thronfolger schluckte schwer. Es gab keinen Ausweg. Als die erste, überdimensionierte Kugel den Lauf der Waffe verließ, erstarrte Lelouch vor Entsetzen und wartete auf den Schmerz der folgenden Projektile, doch der Todesstoß blieb aus. Unzählige Kugeln auf einmal schossen auf ihn, den König Britannias und seine verängstigt wirkende Verlobte zu, doch keine einzige davon erreichte ihr anvisiertes Ziel. Sie prallten einfach ab. Lelouch wagte es zu blinzeln und erkannte den grün wirkenden Schild aus verdichteter Energie, ebenso wie seinen Träger: Jeremiah Gottwald. Er musste neben ihn getreten sein, kurz bevor die erste Kugel ihr Ziel hatte erreichen können. „Ihr solltet euch zurückziehen, mein Prinz.“, knurrte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Es schien ihn all seine Kraft zu kosten den Schild aufrecht zu erhalten und die Überschallgeschosse abzuwehren. „Sofort.“ Lelouch nickte verstehend und versuchte sich erneut auf seinen kühl berechnenden Verstand zu konzentrieren. Als die anwesenden Gäste in angsterfülltes Geschrei ausbrachen und überstürzt zu fliehen versuchten, warf er einen Blick zu seinem Vater, der vollkommen unbeeindruckt und ohne eine Miene zu verziehen vor seinem Thron stehen geblieben war und durch die schützenden Schilde seiner Knights of Round dem Feind selbstgefällig entgegenstarrte. Er würde nicht weichen, keinen einzigen Schritt. Nicht er. Nicht Charles si Britannia. Selbst im Angesicht einer drohenden Niederlage erhielt sein Vater die jämmerliche Fassade eines unerschütterlichen Diktators ohne Angst und Mitgefühl aufrecht und würde es auch bis zu seinem letzten, arroganten Atemzug tun, desinteressiert an den Bergen von Leichen, welche sich vor seinen hochwohlgeborenen Füßen zu stapeln begannen. Einige Kugel wurden aufgrund ihrer besonders steilen Flugbahn von den Schilden der königlichen Garde reflektiert und steuerten ungehindert auf die flüchtenden Menschen zu, die diesem Anschlag zu entkommen versuchten. „Nunally…“ Ungläubig musste Lelouch mitansehen, wie seine kleine Schwester von den Adligen von den Füßen gerissen wurde und auf den Boden fiel, währenddessen die reflektierten Kugeln mehr und mehr Opfer forderten. Es kam einem Wunder gleich, dass Nunally bis zu diesem Zeitpunkt unverletzt geblieben war. „NUNALLY.“, schrie der Junge aufgebracht, doch seine Stimme war nur eine von vielen und verklang in der Kantate aus Angst und Verzweiflung ungehört. „Vater…gib den Befehl die Schilde zu drehen! Ein anderer Winkel müsste…“ „Sei still!“, befahl der König herrisch. „…und dankbar dafür, dass du auf dieser Seite der Schilde stehen darfst.“ Lelouch ballte wütend die Hände zu Fäusten. Die offensichtliche Gleichgültigkeit seines Vaters hatte ihn schon immer angewidert, doch nun da das Leben seiner Schwester auf dem Spiel stand, erschien dieser Mann deutlicher als Feind, als jemals zuvor. „Du elender…“ Mit der linken Hand gebot König Charles dem aufgebrachten Jungen an seiner Seite Ruhe, mit der anderen befehligte er seine Ritter. „Holt ihn vom Himmel.“, befahl er unbeeindruckt. Endlich verlagerten die Knights of Round ihre schützenden Schilde nach oben, sodass die einschlagenden Projektile direkt auf den Angreifer zurückgelenkt wurden. Die Verteidigung des Knightmare Frames machte einen direkten Treffer unmöglich, verschaffte Königin Marianne jedoch genügend Zeit, um Nunally zu erreichen, sie zurück auf die Beine zu ziehen und mit ihr zusammen hinter einer der Säulen in Deckung zu gehen. Lelouch erlaubte sich, trotz der weiterhin drohenden Gefahr, aufzuatmen. Seine Familie war in Sicherheit. Wenn er Jeremiah nun mit ihrem Schutz betraute und selbst weiterhin als Lockvogel agierte, dann würde er sie vielleicht retten können. Die plötzlich eintretende Stille jedoch ließ den jungen Prinzen in seinem Vorhaben innehalten und misstrauisch zu dem schwebenden Feind hinaufsehen. Die Kugelsalven hatten aufgehört. Reglos schwebte der Knightmare Frame über ihren Köpfen und starrte mit leeren, mechanisch wirkenden Augen auf sie hinab, undurchschaubar und mit allen nur erdenklichen, strategischen Vorteilen in seiner Hand. „Markgraf Jeremiah, du wirst das Chaos des nächsten Angriffs nutzen, um dich unbemerkt zu Mutter und Nunally durchzuschlagen.“, flüsterte Lelouch so unauffällig wie möglich. „Ihr Leben hat höchste Priorität.“ „Aber Hoheit…“ „DENK an dein Versprechen.“, erinnerte Lelouch unbeugsam. Der Markgraf biss die Zähne frustriert zusammen und verzog das Gesicht. Lelouch konnte es aus dem Augenwinkel heraus sehen, doch er duldete augenblicklich keinen Widerspruch. Wenn sein Plan funktionieren sollte, dann brauchte er vollkommen blinden Gehorsam. „Du bist ihnen verpflichtet.“ Wissend appellierte Lelouch an das so übermäßig stark ausgeprägte Pflichtgefühl des anderen und wusste bereits in diesem Augenblick, dass der Markgraf seinen Wünschen entsprechen würde, selbst wenn ihm dieser Gedanken so offensichtlich missfiel. Der erwartete Angriff jedoch blieb aus. Stattdessen ließ der Knightmare seine Waffen sinken und verlor an Höhe, bis er schließlich unmittelbar vor den Treppen des königlichen Thrones landete und eine erste Forderung stellte. „Charles si Britannia, hör auf dich hinter deinen Untergebenen zu verstecken und stelle dich deinem einzig wahren Richter!“ Trotz der gewohnten Verzerrung durch das Sprachprogramm eines Knightmares klang die Stimme seltsam verzerrt, emotionslos und keinesfalls menschlich. Sie schien irreal, ebenso wie die Forderung, die gestellt wurde. „Wer bist du, dass du glaubst eine solche Forderung stellen zu können?“ Der König präsentierte sich auch weiterhin unbeeindruckt, während er sich hinter den Schilden seiner Leibgarde verbarg, wie ein Feigling und tatenlos dabei zusah, wie der britannische Adel hingerichtet wurde. Lelouch verabscheute ihn von Sekunde zu Sekunde mehr. Beinahe war er versucht dem fremden Eindringling größtmöglichen Erfolg bei seinem Anschlag zu wünschen. „Antworte!“, forderte der König nun doch sichtlich ungehalten, als seine vorergehende Frage so offensichtlich auf taube Ohren gestoßen war. „Wer bist du, dass du glaubst MICH richten zu können?“ „Mein Name…“, begann die verzerrte Stimme monoton. „…ist Zero.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)