Zum Inhalt der Seite

Demon Girls & Boys

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Schmerzende Vergangenheit

   Schmerzende Vergangenheit

 

 

 

Verärgert schlug Carsten die Tür hinter sich zu und ging schnellen Schrittes den Gang entlang zum Besuchersaal, wo sich vermutlich die anderen aufhielten und Laura trösteten.

Doch nach und nach wurden seine Schritte langsamer, schleppender.

Schwer atmend lehnte sich Carsten gegen die weiß verputzte Wand.

Was hatte er nur getan? Was hatte er gesagt?!?

Carsten rutschte die Wand hinunter und ließ sich auf die Knie fallen.

„Verdammt…“ Er schlug mit der Faust auf die weißen Platten und senkte den Kopf, während vereinzelte Tränen auf seine Jeans tropften.

„Carsten? Was hast du?“

Überrascht schaute er auf und blickte direkt in Janines besorgte himmelblaue Augen.

Seufzend wandte er sich ab. „Ich bin so ein Idiot…“

Vorsichtig setzte sie sich neben ihn auf den Boden. „Was ist denn passiert?“

„Ich…“ Carsten brach ab. Statt zu antworten rannen nur wieder einige Tränen über seine Wangen.

Zögernd nahm Janine seine Hand und strich mit dem Daumen über seinen Handrücken.

Carsten atmete tief durch und antwortete schließlich mit zitternder Stimme: „Ich habe mich ganz schön aufgeregt, dass Benni so etwas in Lauras Gegenwart gesagt hatte… Ich habe ihn ein Monster genannt…“

„Das ist doch nicht weiter schlimm…“, meinte Janine beschwichtigend.

Carsten schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe ihn verletzt, ich weiß es ganz genau!“

Er hätte es auch so gewusst, doch als Carsten jenen Satz gesagt hatte, bevor er gegangen war, konnte er genau in Bennis Augen sehen, wie schwer ihn diese Worte getroffen hatten… Wie sie ihn verletzt hatten, wie er ihn verletzt hatte!

Carsten schreckte hoch. „Die Tabletten!“

Auf Janines verwirrten Blick hin erklärte er: „Ich habe Benni Schlaftabletten dagelassen… Und dann auch noch mit der eindeutigen Warnung, er solle nicht zu viele nehmen, ich könnte es ihm sogar zutrauen-“

Carsten lehnte sich zurück gegen die Wand, als er erkannte, welche Möglichkeit er Benni geboten hatte.

Erst die Tabletten und dann auch noch diese verletzenden Worte…

„Ich habe ihn in den Tod getrieben…“, murmelte er benommen vor sich hin.

Janine schüttelte den Kopf. „Nein, hast du nicht.“

„Doch!!!“, schrie Carsten unter Tränen. Er sprang auf und wollte zurück zu Bennis Zimmer rennen, um ihn davon abzuhalten, die Tabletten zu nehmen. Falls es nicht schon zu spät wäre…

Doch Janine hielt ihn am Arm zurück.

„Lass mich!“

„Hast du denn kein Vertrauen in Benni?“

Ihre Frage ließ ihn stutzen. Vertraute er seinem besten Freund eigentlich?

„Ich- ich weiß es nicht…“

„Natürlich vertraust du ihm.“, meinte Janine ruhig. „Wenn du ihm wirklich misstrauen würdest, hättest du ihm doch nicht die volle Tablettenschachtel dagelassen.“

Beschämt senkte Carsten den Kopf und ballte die zitternde Hand zur Faust.

„Ich… vertraue ihm…“, wiederholte er ihre Worte.

Janine nickte.

Nach einiger Zeit meinte sie schließlich: „Eigentlich wollte ich dich holen gehen… Laura ist am Ende ihrer Nerven und wir können sie einfach nicht beruhigen. Sie braucht dich.“

Carstens Herz wurde schwer, als er sich daran erinnerte, wie stark Laura Bennis Worte getroffen hatten.

Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und eilte mit Janine den restlichen Weg entlang, bis sie bei dem Besuchersaal ankamen.

Der Raum war ziemlich voll, doch keiner schien auch nur Notiz von der Gruppe zu nehmen, die sich um Laura versammelt hatte und versuchte, sie zu trösten, während diese bitter weinte.

Kaum hatte Carsten sie erreicht, schloss er Laura in die Arme.

„Ist ja gut.“, murmelte er beschwichtigend, während Laura ihr Gesicht in seinem Arztkittel vergrub und immer noch heftig schluchzte.

Anne stöhnte auf. „Mein Gott, ihr übertreibt echt. Die Gedanken des eiskalten Engels waren doch eigentlich nur rational. Sogar ich muss ihm Recht geben, dass Liebe wohl kaum zu so etwas Übernatürlichem im Stande ist. Hätte nicht gedacht, dass ihr deswegen so ein Theater macht.“

„Anne! Klappe!!!“, brüllte Öznur sie vorwurfsvoll an, wirkte kurz darauf jedoch verwirrt.

„Oh nein… Wir haben Bennis Aussage ganz falsch interpretiert!“, bemerkte Susanne erschrocken.

„W-was?“ Carsten konnte seinen Ohren nicht trauen.

Sie alle hatten Benni einfach nur missverstanden?

Dieses Missverständnis war der Grund, weswegen er seinen besten Freund aufs schlimmste verletzt hatte?!?

Lauras Schluchzen ebbte ab. „Er… Er hat es gar nicht so gemeint?“

Sanft streichelte Ariane Lauras Arm. „Nein Laura, es ist alles gut… Oh nein und ich habe ihn total angeschrien! Und das, obwohl es ihm doch sowieso gerade total schlecht geht!!!“, bemerkte Ariane betroffen.

Carsten konnte immer noch nicht fassen, dass er das alles aufgrund eines dämlichen Missverständnisses gesagt hatte…

Betreten legte er seine Stirn auf Lauras Schulter. Sein ganzer Körper zitterte.

„Carsten? Was hast du?!? Es ist doch nun wieder alles in Ordnung…“, fragte Laura besorgt.

„Nichts ist in Ordnung!!!“, schrie er.

„Ach Gott, erst Laura und jetzt du! Hört endlich mit diesem Geflenne auf!“, beschwerte sich Anne genervt.

„Anne, sei still!“, wies dieses Mal Janine sie lautstark zurecht, bevor sie wieder sanft Carstens Hand nahm.

„Was ist denn los?“, erkundigte sich Susanne.

„Ich habe gesagt, dass ich verstehen könnte, warum die Menschen ihn für ein Monster hielten!!!“ Schluchzend krallte sich Carsten an Lauras Arme.

Anne zuckte mit den Schultern. „Na und? Den eiskalten Engel interessiert das vermutlich herzlich wenig.“

„Nein, glaub mir, es scheint Benni tatsächlich verletzt zu haben.“, widersprach Janine.

„Wenn Carsten seine Worte so sehr bereut, scheint es wirklich schlimm zu sein…“, gab Susanne ihr befangen Recht.

Carsten spürte, wie es dieses Mal Laura war, die ihn in die Arme nahm.

Anne seufzte. „Dann geh doch einfach zu ihm und sag ihm, dass es dir leid tut und du es nicht so gemeint hast.“

Laura löste die Umarmung und er wollte bereits aufstehen, als er inne hielt.

Wie konnte er ihm nach all dem unter die Augen treten?

Die Augen, die ihn vorhin so verletzt angeschaut hatten?!?

„Ich- ich kann das nicht…“, bemerkte er betroffen.

„Vielleicht solltet ihr beide euch für eine Weile aus dem Weg gehen… Die Zeit vorerst einige Wunden dämpfen lassen.“, schlug Susanne vor und hielt ihm ihre Hand entgegen. „Gehen wir erst einmal etwas essen. Du und Laura… es scheint so als hätte niemand von euch beiden die letzten Tage auch nur einen Bissen zu sich genommen.“

Zögernd nickte Carsten und ließ sich von Susanne aufhelfen.

Es fiel ihm schwer, das Krankenhaus verlassen zu müssen… Die ganze Zeit hatte er Bennis traurigen Blick vor Augen.

Er stolperte fast in Laura, als diese abrupt stehen blieb.

„J-Jannik?“, fragte sie erschrocken.

Der angesprochene Junge musterte sie verwirrt, bis er tatsächlich Laura erkannte.

„Hey! Lange nicht mehr gesehen!“, grüßte er sie überraschend freundlich.

„Wer?“, erkundigte sich Carsten irritiert.

„Das ist Jannik, er ging in Bennis Klasse und gehörte zu dieser Band, bei der er eher unfreiwillig mitmachen musste.“

„Also zu der Gruppe, zu der auch Max gehörte?“, stellte Carsten schaudernd fest. Er erinnerte sich nur ungern an seine Zeit im FESJ. Genauso ungern, wie er sich an seinen gewalttätigen Widersacher erinnerte.

Jannik lächelte ihn mitleidig an. „Du bist Carsten, oder? Benni hat dich hin und wieder erwähnt… Also hast du meinen Cousin im FESJ kennenlernen müssen?“

Carsten nickte betrübt und musterte Jannik kritisch. Er hatte feuerrotes Haar und freundliche braune Augen und sah im Gegensatz zu seinem Cousin überhaupt nicht gewalttätig aus.

„Was machst du hier?“, erkundigte sich Laura.

„Ich habe Alex und Kevin besucht.“, erklärte Jannik.

„Was?!?“, schrie sie erschrocken auf. „W-was machen die denn hier?“

Jannik seufzte. „Kannst du dich nicht an den Tag erinnern, an dem Max dich fast erschossen hätte?“

„Na ja… Nicht ganz.“

Wieder seufzte Jannik. „Ich erzähle dir, was passiert ist, wenn du möchtest. Aber nicht hier… Wollt ihr nicht mitkommen? Ich wollte gerade zu Mittag essen…“

„Das trifft sich gut, denn das hatten wir auch gerade vor.“, meinte Susanne freundlich.

Jannik lachte auf. „Na dann kommt einfach mit, ich lade euch ein.“

Sie verließen das Krankenhaus und standen erneut in dem triefenden Regen, der bereits seit jenem Tag nicht mehr aufhören wollte.

Dieses Mal war es Carsten, der abrupt stehen blieb. „Ist das nicht Chip?“

Einige Meter rechts von ihnen saß ein grau-weißer, sehr großer Wolf oder Hund, neben ihm eine pechschwarze Katze mit grünen Augen und auf dem Kopf des Hundes saß ein kleines Eichhörnchen. Sie alle drei schauten mit einem traurigen Blick an dem Krankenhaus hinauf.

Die anderen beiden Tiere erkannte Carsten nun auch. Der Wolfshund war ‚Wolf‘. Carsten hatte ihn schon öfter bei Benni und Eufelia gesehen und die schwarze Katze müsste Raven sein, die Benni vor etwa drei Jahren an einem genauso verregneten Tag wie heute aufgelesen hatte. Carsten erinnerte sich gut an Bennis Worte, als er ihm am Telefon von dem kleinen Babykätzchen erzählt hatte. Es war wohl von irgendwelchen Menschen ausgesetzt worden und Benni hatte sie schließlich mit zu sich nach Hause genommen und sie mit der Flasche großgezogen.

Chip, Wolf und Raven schienen sie bemerkt zu haben und trotteten mit pitschnassem Fell zu ihnen rüber, bis sie vor Carsten stehen blieben.

Chip quietschte etwas und selbst wenn Carsten nicht wusste, was er sagte, konnte er es erahnen. „Ihr wollt zu Benni, oder?“

Chips schwarze Knopfaugen leuchteten und er nickte wie wild.

„Aber Tiere dürfen doch nicht rein…“, bemerkte Janine traurig.

Sowohl Chip als auch Wolf und Raven legten traurig die Ohren an und schauten Carsten flehend an, bis er sich geschlagen gab.

Vorsichtig streichelte er Chip über sein nasses Fell. „Ihr seid ihm garantiert eine viel bessere Gesellschaft, als wir alle zusammen…“

„Geht ihr zum Italiener?“, fragte Carsten Jannik, doch dieser schüttelte den Kopf. „Zum Café in der Nähe der Mittelschule. Die haben dort auch gutes Mittagessen.“

„Na gut, geht schon mal vor, ich komme dann nach.“, meinte er schließlich.

Auf Schritt und Tritt folgten Raven, Wolf und Chip, der immer noch auf Wolfs Kopf saß, ihm durch den Vordereingang in das Krankenhaus.

Er hatte die drei mit einem Zauber unsichtbar gemacht, damit sie unbemerkt zu Bennis Zimmer kommen konnten. Dort würde er sie wieder sichtbar zaubern, da es sowieso unwahrscheinlich war, dass jemand der anderen Angestellten Bennis Zimmer betreten würde.

Zögernd berührte Carsten die Türklinke.

Jetzt würde er Benni doch unter die Augen treten müssen…

Er atmete tief durch, drückte die Türklinke runter und trat zögernd in Bennis Zimmer, wo er die drei Tiere wieder sichtbar zauberte.

Carsten war überrascht, dass Benni nichts dazu sagte, dass sich auf einmal Chip, Wolf und Raven in seinem Zimmer befanden, die zögernd zu ihm schlichen.

Schläft er?, fragte sich Carsten.

Da fiel ihm die Tablettenschachtel auf… Sie war geöffnet!!!

Eine gewaltige Angst und Sorge überkam ihn, als er zu Bennis Bett stürzte und nach seinem Puls tastete.

Doch das war nicht mehr nötig, denn kaum hatte er Bennis Arm berührt, zuckte dieser sofort zusammen, behielt die Augen dennoch geschlossen.

Carsten atmete erleichtert auf, nahm die Verpackung der Tabletten in die Hand und zog die Blister aus der Pappschachtel.

Seine Knie gaben nach und er sank auf den Boden, um dort an dem Bettrand Halt zu finden… Es fehlte eine einzige Tablette.

Erleichtert beobachtete Carsten, wie sich Chip über Bennis Kopf zusammenkugelte und Raven auf die weiße Decke sprang, um sich dort zusammenzurollen und seelenruhig zu schlafen, während sich Wolf neben das Bett legte und beruhigt die Augen schloss.

Carsten legte seinen Kopf in den Nacken und atmete mehrmals tief durch.

Trotz der Erleichterung konnte er sich nicht wirklich freuen. Immerhin hatte er trotz allem lediglich aufgrund eines Missverständnisses Bennis Gefühle verletzt…

 

~*~

 

Das Café in das sie gingen war eher so etwas wie Café und Restaurant in einem und hatte eine sehr gemütliche Atmosphäre.

Jannik steuerte sofort auf den Tresen zu, hinter dem ein Mädchen mit schwarzen, schulterlangen Haaren und in Dienstkleidung hervortrat und ihm entgegen lief.

„Hallo Jannik!“, grüßte sie ihn erfreut und Laura wandte verlegen den Blick ab, als sich die beiden zur Begrüßung kurz auf den Mund küssten.

Sie war offensichtlich seine Freundin…

„Ist der große Tisch im Nebenraum frei?“, erkundigte sich Jannik und seine Freundin nickte. „Geht ruhig schon mal vor, ich muss nur noch schnell zwei Bestellungen abliefern. Oh und nennt mich ruhig Mai.“, stellte sie sich kurz noch vor, ehe sie sich ihren Kunden widmete.

Als sie den Namen gehört hatte, erinnerte sich Laura wieder an sie. Mai war in der Mittelstufe in Bennis und Janniks Klasse gewesen und hatte sehr oft bei den Jungs rumgehangen sodass sie sich auch häufiger mal gesehen hatten.

Die Gruppe folgte Jannik durch eine Holztür in einen kleineren Raum, wo sie sich um den großen Holztisch setzten.

Kurz darauf kam auch seine Freundin.

„Hat sich bei Alex und Kevin irgendetwas verändert?“, erkundigte sie sich in einem besorgten Tonfall.

Betrübt schüttelte Jannik den Kopf. „Gar nichts.“

„Was ist denn nun mit ihnen?“, fragte Laura verwirrt. Sie konnte weder Alex noch Kevin gut leiden, weil sie fast so fies wie Max waren, aber trotz allem machte sie sich Sorgen um sie.

Jannik seufzte. „Du weißt noch, wie Max dich durch den Wald gejagt hatte?“

„Ähm ja, so in etwa… Benni war aufgetaucht und Max hat ihn angeschossen. Dann weiß ich noch, dass er die Pistole auf mich gerichtet und geschossen hat, aber danach kann ich mich an nichts mehr erinnern.“

„Na ja, Benni hatte dich damals vor der Kugel gerettet… Vielleicht hast du’s schon mal bei ihm gesehen, er kann Pistolenkugeln einfach aufgefangen.“, erzählte Jannik. „An das folgende kann ich mich auch nur noch verschwommen erinnern… Auf einmal hat sein rechtes Auge in einem unheimlichen, blutigen rot geleuchtet und wir befanden uns in absoluter Finsternis. Ich bin von seinem Angriff verschont geblieben, doch als die Dunkelheit sich wieder aufgelöst hatte, waren die anderen drei bewusstlos. Max ist sehr bald wieder aufgewacht und wurde dann von der Polizei nach Terra ins FESJ gebracht, doch Alex und Kevin liegen seitdem im Koma…“

„Mein Gott, dieser Max ist ja wirklich gemeingefährlich… Er wollte dich umbringen!!!“, bemerkte Ariane aufgebracht und überfiel Laura mal wieder mit ihrer schmerzhaften Würgeumarmung.

Jannik schüttelte den Kopf. „Er war nicht immer so… Er hat sich vom einen auf den anderen Tag total verändert, genauso wie Alex und Kevin und ich kann mir einfach nicht erklären, wieso. Eigentlich waren die drei total freundlich und aufgeschlossen. Immerhin haben sie es sogar so halbwegs geschafft, Benni in die Gemeinschaft zu integrieren. Und das soll was heißen.“

Mai seufzte. „Ja, Benni hatte es am Anfang echt schwer gehabt…“

Traurig starrte Laura auf das Holz des Tisches.

Benni lag immer noch schwer verwundet im Krankenhaus und weil sie ihn missverstanden hatte und heulend rausgerannt war, war Carsten so ausgerastet und hatte diese verletzenden Worte gesagt…

Es war alles ihre Schuld!

„Wie meinst du das, dass Benni es am Anfang echt schwer gehabt hatte?“, erkundigte sich Öznur.

Jannik überlegte. „Na ja, am Anfang der Mittelstufe hatte er noch nicht wirklich Anschluss gefunden… Die meisten unserer Klassenkameraden hatten Angst vor ihm, weil einige Gerüchte über ihn im Umlauf waren. Irgendwann hatten Max und seine Freunde die Idee, eine Schülerband zu gründen. Sie sind zwar zwei Jahre älter als wir, aber da Max mein Cousin ist und wir eigentlich immer ein sehr gutes Verhältnis hatten, war ich folglich auch in seine Pläne eingeweiht. Wir hatten noch jemanden gebraucht, der Keyboard spielen konnte und da habe ich ihnen Benni vorgeschlagen.“

Seine Freundin kicherte. „Ach ja stimmt, unser Musiklehrer hatte Benni irgendwie auf dem Kieker, obwohl er in jedem Fach super Noten hatte. Doch anscheinend hat dieses Gerücht auch ihn erreicht, denn er meinte irgendwie, dass ein Mörder sowieso nichts von Musik verstehen könne.“

„Was? Der eiskalte Engel ist tatsächlich ein Mörder?!“, fragte Ariane geschockt.

„Keine Ahnung, um ehrlich zu sein.“, meinte Jannik schulterzuckend. „Immerhin ist es nur ein Gerücht. Wir haben alle gedacht, dass er den Klassenraum verlassen würde, als er wortlos aufgestanden war. Doch stattdessen hatte er sich an das Klavier gesetzt und einfach mal so den dritten Satz der Mondscheinsonate gespielt.“

Mai lachte auf. „Ich werde den Blick unseres Musiklehrers nie vergessen können. Er hatte Benni einfach total fassungslos mit offenem Mund angestarrt, während dieser sich mit seinem neutralen Blick wieder auf seinen Platz gesetzt hatte.“

„Kann ich mir vorstellen. Nicht jeder kann Benni wirklich abkaufen, dass er so ein talentierter Musiker ist, nicht wahr Anne?“ Grinsend verpasste Ariane Anne einen Rippenstoß, welche mürrisch die Augen verdrehte.

„Hast du deinen Jahresvorrat an Eis eigentlich auch bekommen?“, erkundigte sich Öznur lachend. „Immerhin hatte sich Anne ja, als sie beim ersten Mal eine Wette gegen dich verloren hatte, für ziemlich lange versteckt gehalten.“

Auch der Rest der Mädchen musste lachen.

„Hast du das Foto noch?“, fragte Susanne amüsiert nach.

Ariane nickte. „Natürlich! Und ja, Anne hat mir tatsächlich einen Jahresgutschein für alle teilnehmenden Eisdielen in Damon geschenkt.“

Öznur klopfte Anne über den Tisch auf die Schulter. „Sehr löblich.“

„Ach so, aber als ihr Benni dann in eurer Band hattet wurde er auch bei seinen Mitschülern beliebter, oder?“, erkundigte sich Janine.

„Beliebter ist sogar untertrieben.“, meinte Mai lachend. „Die Mädchen waren verrückt nach ihm. Besonders dann, als Max ihn irgendwann dazu genötigt hatte, auch einige Lieder zu singen.“ Sie seufzte. „Ich muss jetzt aber echt wieder an die Arbeit… Also, was kann ich euch zu Trinken bringen?“

Nacheinander bestellten sie und Mai widmete sich wieder ihrer Arbeit.

Nachdem sich die anderen Jannik richtig vorgestellt hatten und Mai ihnen Getränke und eine Weile später auch das Essen gebracht hatte, erzählten sie Jannik, warum Benni im Krankenhaus lag. Doch eigentlich hatte jeder duzende Fragen über ihn, die er am liebsten stellen würde und Laura musste betroffen feststellen, dass sie kaum welche zu beantworten wusste.

Es war ein erleichterndes Gefühl, als sich die Tür öffnete und endlich Carsten eintrat, der der Gruppe zur Begrüßung nur schwach zulächelte.

Verwundert betrachtete Laura den jungen Mann, der nach Carsten in den Raum kam.

Er trug einen braunen Mantel, der kaum nass war und hatte irgendwie magisch funkelnde grüne Augen. Seine längeren blonden Haare und seine Ohren wurden von einer braunen Wollmütze verdeckt.

„Florian?!? Was machst denn du hier?“, fragte Öznur überrascht.

„Hi Leute.“, grüßte dieser Florian mit einem strahlenden Lachen die Gruppe.

Laura überlegte. War das nicht der Dämonenbesitzer aus Ivory?

„Ich habe von dem Feuer gehört…“, erklärte er bedrückt. „Also bin ich gekommen, um nach Benni zu sehen. Im Krankenhaus traf ich dann auf Carsten, der meinte, Benni würde gerade schlafen, also habe ich meinen Plan geändert und bin mit ihm hierher, um auch den Rest von euch persönlich kennenzulernen.“

Freundlich und doch distanziert lächelte Florian die anderen an und setzte sich neben Carsten.

„Hast du dich mit Benni wieder vertragen können?“, erkundigte sich Laura besorgt.

Carsten schüttelte traurig den Kopf. „Er hat schon geschlafen, als ich reinkam…“

„Also schön, ich kann diese Unwissenheit nicht länger ertragen! Ich habe Fragen! Und ich will darauf endlich Antworten bekommen!“, beschwerte sich Ariane verärgert und schaute Carsten erwartungsvoll an.

Dieser wich ihrem Blick verlegen aus.

„Ach verdammt Carsten, jetzt komm schon! Ariane hat Recht. Wir können Benni nicht helfen, wenn wir nicht wissen, was mit ihm los ist. Und er braucht unbedingt Hilfe, so viel steht fest.“, forderte Öznur ihn auf.

Jannik seufzte. „Sie hat Recht. Meine Mutter ist Psychotherapeutin und hatte einmal ein Gespräch mit ihm geführt. Doch selbst ihr wollte er sich nicht anvertrauen, obwohl er genau weiß, dass sie ihre Schweigepflicht sehr ernst nimmt.“

„Bitte Carsten.“, drängte auch Laura.

„Ich kann nicht!!!“, schrie er.

Eingeschüchtert zuckte Laura zusammen.

Zitternd atmete Carsten aus. „Was denkt ihr, warum mir Benni so ziemlich alles erzählt? Er vertraut mir! Er vertraut darauf, dass ich es für mich behalte! Und ich will dieses Vertrauen nicht auch noch zerstören!“

Betroffen wandten alle den Blick ab.

Niemand konnte so etwas von Carsten verlangen und erst recht nicht nachdem er sich sowieso schon genug Vorwürfe machte, weil er Benni so angefahren hatte.

Aber niemand außer Carsten konnte wissen, warum diese Worte ihn so getroffen hatten und so war auch niemand in der Lage, sowohl ihm als auch seinem besten Freund irgendwie helfen zu können…

„Wir wollen doch nur helfen…“, murmelte Laura traurig und schluckte ihre Tränen hinunter.

Erst jetzt fiel ihr auf, wie wenig sie doch über Benni wusste. Sie hatte das Gefühl, alles, was sie wusste würde keinen Sinn ergeben, weil ihr das wichtigste Puzzleteil fehlte!

Florian seufzte. „Ich kann verstehen, wie ihr euch fühlen müsst… Ihr wollt etwas tun, könnt es aber nicht, weil ihr nicht wisst, warum Benni das alles so mitnimmt… Weil ihr bisher nur seine harte Schale kennt.“

Laura nickte.

„Vertraut Benni uns wirklich so wenig?“, fragte Susanne betrübt.

„Ich weiß es nicht… Vermutlich. Er vertraut so ziemlich niemandem.“, meinte Florian seufzend.

„Verdammt, schon wieder!“ Ariane schlug mit der Faust auf den Tisch. „Er vertraut so ziemlich niemandem… Toll! Warum?!?“

„Weil er nicht verletzt werden will!!!“, schrie Carsten sie an und Ariane zuckte bei seinem wütenden und zugleich gequälten Ton zusammen. „Ihr seht es doch! Mir hat er vertraut, ich weiß von Dingen, die ihm schwer zu schaffen machen! Und kaum bin ich mal so richtig wütend auf ihn, benutze ich dieses Wissen gegen ihn!!! Verdammt…“ Schluchzend rieb sich Carsten über die Augen und wandte sich ab.

Tröstend nahm Laura seine Hand, die Carsten zitternd drückte.

Eine Zeit lang füllte nur Carstens Schluchzen den Raum, noch nicht einmal Eagle gab einen für ihn typischen Kommentar von sich.

Schließlich seufzte Florian. „Na gut, ich erzähle euch seine Lebensgeschichte und werde mir halt auf ewig Bennis Enttäuschung zuziehen…“

Er schaute die Gruppe mit einem nahezu unheimlichen, warnenden Blick an. „Doch dann versprecht ihr mir auch, dieses Wissen nicht gegen ihn zu verwenden.“

Die ganze Gruppe nickte. „Versprochen.“

Florian legte die Fingerspitzen aufeinander und lehnte seinen Kopf gegen seine Hände. „Der Grundstein, auf dem sich Bennis ganze Verzweiflung aufbaut ist die Segnung des Schwarzen Löwen, die er kurz nach seiner Geburt bekommen hatte. Ein weiterer ist, dass er… direkt danach von seinen Eltern ausgesetzt wurde.“

Laura klappte der Mund auf.

Sie hatte sich schon immer gefragt, warum sie Bennis Eltern noch nie gesehen hatte, doch jetzt bekam auf einmal alles seinen Sinn!

Das war das fehlende Puzzleteil gewesen!

„D-das ist ja schrecklich…“, murmelte Janine betroffen.

Florian seufzte. „Wollt ihr den Rest wirklich auch noch hören?“

Zögernd nickte Ariane.

„Es war eine kalte, stürmische Januarnacht, in der Benni geboren wurde. Wolf, ein Wolfshund und guter Freund von Eufelia, hatte ihn an der Grenze von Obakemori und Rutoké, also dem zerstörten Gebiet gefunden und zu Eufelia nach Hause gebracht.

Ich war an jenem Abend gemeinsam mit Nicolaus, Konrad, Rina und Victor und Verona bei ihr zu Gast, als Wolf mit einem kleinen Bündel, das er vorsichtig im Maul trug, ankam. Ich konnte meinen Augen nicht trauen, als ich erkannte, dass sich in diesem Bündel ein gerade Mal ein-zwei Stunden altes Kind befand. Benni hatte geschlafen und in seiner Hand hielt er einen silbern schimmernden Kreuzanhänger…“

Laura stutzte und zog die Kette aus ihrem Pullover, die Benni ihr mit jenem Kreuzanhänger zum Valentinstag geschenkt hatte. „Diesen?“, fragte sie Florian, welcher nickte.

Lauras spürte das Blut in ihren Wangen. Dieses Kreuz hatte Benni als Baby in der Hand gehabt, als er sich nach seiner Geburt in der bitterkalten Wildnis befunden hatte…

Florian fuhr fort: „Man könnte sagen, Eufelia hat ihn adoptiert, wobei Victor und Verona, also Konrads Eltern, ihn am Anfang zu sich genommen hatten. Ihr müsst wissen, Benni war besonders für sein Alter schon sehr scharfsinnig gewesen. Er wusste, dass weder Konrads Eltern, noch Konrad und Rina selbst seine Eltern waren. Genauso wie er wusste, dass ihm irgendetwas in seinem Leben fehlte.“

Florian nickte Laura zu. „Besonders ist ihm das aufgefallen, als er dich getroffen hatte.“

Beschämt senkte sie den Blick.

„Ich meine damit nicht, dass du ihm sein Unglück direkt vor die Nase gehalten hast.“, versuchte er sie zu beruhigen. „Du musst wissen, dass diese Zeit die vermutlich schönste in seinem Leben war.“

Nun bekamen Lauras Wangen wieder einen tiefen Rotton.

„Jedenfalls trainierte ihn Eufelia seit er laufen konnte in der Kampfkunst.“, erzählte Florian weiter. „Konrad, Rina und ich haben öfter mit ihr darüber diskutiert, doch sie war der Ansicht, dass Benni von klein auf wissen sollte, wie er sich und andere verteidigen musste. Deswegen war er auch seit deiner und Lucias Geburt als euer Bodyguard eingestellt, obwohl er gerade mal ein Jahr alt war.“

Öznur seufzte. „Kein Wunder, dass sich Benni so erwachsen verhält… Wenn er schon mit einem Jahr als Bodyguard gearbeitet hat…“

Florian lachte auf. „Na ja, nicht der Bodyguard mit schwarzem Anzug und Sonnenbrille, wie ihr ihn euch vermutlich vorstellt. Er hat einfach viel Zeit mit Laura und Lucia verbracht und aufgepasst, dass ihnen nichts passierte. Aber das heißt nicht, dass er nicht mit ihnen gespielt hat oder so. Wie gesagt, diese Zeit war wohl noch die glücklichste Zeit in seinem Leben gewesen… Bis auf den Zwischenfall an einem Geburtstag von Lauras Vater, bei dem er zum ersten Mal mitansehen musste, wie ein Freund ermordet wurde…“

„Das Kälbchen?“, vergewisserte sich Susanne.

Florian nickte. „Wobei ich um ehrlich zu sein das alles auch nur später von Konrad gehört habe. Zu diesem Zeitpunkt war ich… Nun ja, damit beschäftigt, den Direktoren der Coeur-Academy zu helfen, die ehemalige Besitzerin des Roten Fuchses in Sicherheit zu bringen.“

Laura merkte, wie sich Florian für den Bruchteil einer Sekunde unruhig wurde, doch dann fuhr er seufzend fort. „Der große Wendepunkt war dann jener Tag, an dem die Verfolgung der Dämonenbesitzer endlich sein Ende hatte… Der Tag, an dem der ehemalige Besitzer des Schwarzen Löwen umgebracht wurde und dieser ganz Zukiyonaka gezeigt hatte, dass man einen Dämon lieber nicht verärgern sollte.“

„Der Tag an dem Lucia und Luciano starben…“ Zitternd verschränkte Laura die Arme vor der Brust.

Der Tag, an dem sie ihre Geschwister verloren hatte…

Florian nickte. „Der Tag, an dem der Schwarze Löwe dich als seine Besitzerin auserwählt hat und der Tag der nicht nur dein, sondern auch Bennis Leben veränderte. Ich kenne mich mit den Eigenschaften eines primären Dämonengesegneten nicht wirklich aus, ich weiß nur, dass er lediglich den Dämon kontrollieren kann, welcher ihn gesegnet hat und auch nur dann, wenn sich dieser in dem Körper einer anderen Person befindet. Jedenfalls sind in derselben Sekunde, in der der Dämon in deinem Körper verschwand, Bennis Kräfte freigesetzt worden.“

„Einen Moment, bitte.“, unterbrach Anne ihn und zeigte auf Jannik. „Du solltest besser nicht dabei sein.“

Jannik schüttelte lächelnd den Kopf. „Keine Sorge, ihr könnt mir vertrauen.“

„Aha und wieso?“, fragte Eagle kritisch.

„Weil ich auf der Seite der Dämonen stehe.“, antwortete Jannik und krempelte den Ärmel seines Sweatshirts hoch. Auf der Innenseite seines linken Unterarms befanden sich drei dunkle Narben, die genauso aussahen, wie die, die quer über Carstens Nase verliefen.

„Du bist ein Dämonengezeichneter?“, bemerkte Laura überrascht.

Jannik nickte.

„Aber dann müsstest du doch auch eine antike Begabung besitzen, also warum bist du dann nicht auf der Coeur-Academy?“ Misstrauisch musterte Anne ihn.

Jannik zuckte mit den Schultern. „Ich bin Kampfkünstler, halte aber nichts davon und nach dem Vorfall mit meinem Vater habe ich meine Kräfte nicht mehr angewandt… Weder die eines Kampfkünstlers noch die eines Gezeichneten. Jedenfalls, bis Benni herausgefunden hat, wer ich bin. Er hat mir einige Kampftechniken beigebracht, aber nur unter dem Vorwand, dass ich mich so verteidigen könnte, wenn es wirklich hart auf hart kommt. Er hat mich noch nicht einmal gebeten, mit ihm auf die Coeur-Academy zu gehen, weil er wusste, wie mich das belasten würde… Erinnerst du dich noch, als Alex mich fast verprügelt hätte und du dich später so über Benni aufgeregt hast, weil er nichts gemacht hatte?“, fragte er Laura.

Diese nickte beschämt. Sie erinnerte sich inzwischen nur zu gut an diesen Abend…

Jannik lächelte sie aufmunternd an. „Benni hatte nichts getan, weil er genau wusste, dass ich in der Lage war, mich selbst zu verteidigen.“

Laura ließ ihren Kopf auf den Tisch knallen. „Und ich habe ihn deswegen angeschrien…“

„Aber was ist denn mit deinem Vater passiert, dass du auf einmal auf deine Kräfte verzichtet hast? Also… Falls du es erzählen möchtest, natürlich…“, erkundigte sich Janine schüchtern.

Jannik lächelte traurig. „Mein Vater wurde von den Verfolgern der Dämonenverbundenen ermordet…“ Sein Lächeln richtete sich auf Laura. „Er war dein Vorgänger.“

„W-was?!“ Laura schaute ihn fassungslos an.

Jannik senkte den Blick, ein Ausdruck nicht in Worte zu fassender Trauer huschte über sein Gesicht. „Sie haben mich damals entführt, um ihn zu erpressen…“

„Das tut mir leid…“, murmelte Florian, der, wie Laura inzwischen wusste, selbst schlimme Erfahrungen mit den Jägern der Dämonenverbundenen gemacht hatte.

„…Und dieser Tag hat also auch Bennis Leben verändert?“, wechselte Ariane wieder zu dem eigentlichen, jedoch genauso bedrückenden Thema.

Florian nickte. „Genau… Das Freisetzen der Kräfte eines Dämonengesegneten musste eine fürchterliche Qual gewesen sein, denn als ich aus meiner Gefangenschaft befreit wurde, was zwei Wochen nach dem ‚Angriff‘ des Schwarzen Löwen war, war Benni erst wieder aufgewacht. Zu der Zeit ging er wie jeder andere Junge auch in den Kindergarten und Eufelia hatte ihm zwar einen Augenverband über das rechte Auge gebunden, aber Benni war leider noch ziemlich naiv… Die Kinder hatten ihn gefragt, was mit seinem Auge los war und hatten ihn schließlich sogar gebeten, den Verband abzunehmen…“

„…und Benni hatte es getan.“, beendete Susanne betroffen Florians Satz.

Dieser nickte. „Natürlich haben die Kinder bei dem roten Auge riesige Angst bekommen und schlossen ihn ab sofort immer aus ihren Spielen aus… Richtig schlimm wurde es aber, als die älteren Geschwister einiger dieser Kinder davon hörten. Sie waren gerade in diesem schwierigen Alter… und suchten Streit hinter jeder Ecke. Sie lauerten Benni jeden Tag nach dem Kindergarten auf, wenn er sich auf dem Weg zum Lenz-Anwesen machte, um Laura zu besuchen. Dann beschimpften sie ihn mit Monster, Teufelskind und so weiter. Den Höhepunkt hatte es, als sie seinen Teddybären in Stücke gerissen hatten, den Nicolaus ihn einst zu seinem Geburtstag geschenkt hatte. Und sonderlich besser waren die Eltern dieser Kinder auch nicht…“

„Oh. Mein. Gott. Wie herzlos können Menschen sein?!?“ Öznur schlug mit der Faust auf den Tisch und schaute die Runde entsetzt an.

Anne nickte langsam. „Einem kleinen Kind das Kuscheltier zu zerreißen… Einfach würdelos.“

„Und diese Erfahrung hat Benni darauf gebracht, dass seine Eltern ihn vermutlich auch für ein Monster hielten, weil sie ihn ausgesetzt hatten?“, vermutete Janine niedergeschlagen.

Florian nickte. „Diese und noch eine weitere, zwei Jahre später.“

Laura schauderte. „Du meinst-“

Erneut nickte Florian. „Genau, als die drei Profikampfkünstler euch angegriffen hatten. Eigentlich kannst du das erzählen… Du warst immerhin sogar dabei.“

„Nein, ich… Also… An diesem Tag waren Benni, Carsten und ich unterwegs zu Eufelia-Sensei gewesen… Benni hatte schon damals diese übernatürlichen Sinne, jedenfalls hatte er plötzlich etwas gehört, was ihm anscheinend bedrohlich vorkam, deshalb hatte er zu uns ‚Weg hier‘ gerufen. Aber ich war nicht so schnell und bin dann über eine Wurzel gestolpert und… Na ja, diese Bedrohung hatte uns sehr bald eingeholt und es handelte sich um drei Profikampfkünstler, auch noch Freunde von Lukas, die anscheinend hinter dem Schwarzen Löwen her waren. Als sie mich angreifen wollten hat sich Benni dazwischen gestellt und ihren Angriff abgewehrt… Aber er hatte noch keine Kampferfahrung und auch wenn er schon sehr stark war, mit den Profis konnte er es noch nicht wirklich aufnehmen…“

Laura senkte beschämt den Kopf.

Es war ihre Schuld gewesen, dass Benni verletzt wurde, dass er fast gestorben war!!!

„Was ist denn passiert?“, fragte Ariane besorgt.

„Sie haben sich über Benni lustig gemacht und ihn eingekreist und zu dritt angegriffen… Er konnte sich überhaupt nicht richtig wehren! Irgendwann hatte einer der drei Benni am Hals gepackt und hochgehoben, dann hatte er ihm die Augenbinde abgerissen und gemeint: ‚Kein Wunder, dass niemand dieses kleine Monster hier abhaben kann.‘ Und dann hatte er ihn gegen einen Baum geschleudert… Es hat total eklig geknackst und Benni blieb reglos liegen. Ich- ich dachte schon, er wär- er wär tot!“

Laura schluchzte.

„Aber er ist nicht tot, Laura.“, meinte Ariane beruhigend.

„Was ist dann passiert?“, drängte Öznur.

„Aus dem Nichts tauchte Wolf auf und kurz darauf kam Eufelia-Sensei und die Profikampfkünstler haben die Flucht ergriffen…“, beendete Laura ihre Erzählung bedrückt.

„Und Benni?“, erkundigte sich Susanne besorgt.

„Er hatte sich beim Aufprall das Genick angebrochen…“, erzählte Carsten mit gedrückter Stimme. „…aber seine Dämonenkräfte haben ihn vor dem Tod und bleibenden Schäden bewahrt… Jedenfalls den äußerlichen…“

Eine unangenehm lange Zeit herrschte absolutes Schweigen, bis Florian bemüht optimistisch meinte: „Immerhin haben diese drei ihre gerechte Strafe bekommen.“

„Und die wäre?“, fragte Anne kritisch.

„Benni hat sich seit diesem Vorfall so mehr oder weniger zu dem Benni entwickelt, den ihr heute kennt. Er hat sich sehr ehrgeizig seinem Training gewidmet, in der Hoffnung, man würde ihn dann aufgrund seiner Stärke endlich respektieren und anerkennen können. Ein halbes Jahr später in den Weihnachtsferien, vor seiner Einschulung, traf er die drei Kampfkünstler wieder. Natürlich reagierten sie genauso herablassend und erniedrigend, wie bei ihrer ersten Begegnung. Doch als sie Benni tatsächlich angriffen, war dieser in der Lage, sich zu wehren.“

Eagle nickte. „Und wie. Ich habe gehört, als die Polizei ankam, stand er blutverschmiert in der Mitte von drei Leichen.“

„Igitt.“, kommentierte Ariane.

Lissi zuckte erschreckend gönnend mit den Schultern. „Und wenn schon, Nane-Sahne. Diese widerlichen Menschen haben dem armen, süßen, kleinen Bennlèy wehgetan, sie haben nichts Anderes verdient.“

Laura schnaubte. „Aber O-Too-Sama musste natürlich kurz darauf mit seiner Macht über Benni trumpfen.“

„Warum?“, fragte Öznur.

„Du kannst eigentlich dankbar dafür sein, dass er ihn gedeckt hat.“, meinte Eagle nüchtern.

„Wieso denn?“, fragte nun auch Ariane.

„Na ja, da Benni von Eufelia adoptiert worden war, hatte er weder eine Geburtsurkunde noch sonstige ‚Beweise‘ dafür, dass er tatsächlich lebte. Er war sozusagen ein Niemand und hätte in den Augen des Gesetzes vermutlich die Todesstrafe bekommen, ob Kind oder nicht. Leon Lenz hatte Benni allerdings für die nächsten Jahre aus Yami verbannt, sodass diese Tragödie erstmal in Vergessenheit gerät. Dank Eufelia, Konrad und Rina und Teils auch noch von Konrads Eltern wurde Benni allerdings in dieser Zeit so stark gefördert, dass er eigentlich gar nicht mehr auf die Schule hätte gehen müssen. So hatte er in der Mittelstufe dann keine Probleme mit dem Schulstoff aufzuschließen.“, erklärte Florian.

„Wobei er es sozial erst dank Jannik und den anderen geschafft, halbwegs wieder Fuß zu fassen, wenn ich das vorhin richtig verstanden habe.“, stellte Öznur fest.

Florian seufzte. „Glaub mir, sozial war ihm seitdem herzlichst egal geworden. Ihm haben nur noch die Meinungen seiner Freunde gezählt und wie ihr seht, schwächt sogar das nach und nach ab.“

„Und ich habe ihn immer für herzlos gehalten…“, bemerkte Ariane betroffen.

Susanne seufzte. „Kein Wunder, dass er sich so von allen abzugrenzen versucht…“

„Jetzt nicht mehr!“, meinte Öznur optimistisch. „Wir werden ihm zeigen, was Freundschaft alles bewirken kann!!!“

„Benni weiß schon, was Freundschaft alles kann…“, murmelte Carsten betrübt, „Sie kann ihn noch mehr verletzen.“

Traurig drückte Laura Carstens Hand und beobachtete besorgt, wie er wieder seinen Blick senkte und die Augen zusammenkniff, als würde er hoffen, aus einem schlimmen Albtraum aufzuwachen, wenn er sie wieder öffnete.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Regina_Regenbogen
2020-08-11T21:24:15+00:00 11.08.2020 23:24
Benni tut mir leid, all das nachdem er gerade erst sein Zuhause verloren hat.
Lissis Kommentar ist der Beste. Haben die drei Typen nicht anders verdient.
Im ersten Moment war ich total sauer auf Laura, dass sie immer alles auf sich beziehen und losheulen muss, sodass Benni von allen angegriffen wurde, obwohl er gar nichts Schlimmes gesagt hatte. Ich weiß ja, dass sie selbst gelitten hat, aber sie denkt irgendwie nie an Bennis Gefühle und wenn sie's tut, heult sie auch nur wieder. Oh Mann, ich seh da so eine persönliche Schwäche von mir drin. :'D
Fand es schön, dass Anne kapiert hat, was er sagen wollte.
Und endlich hat man mehr über Bennis Vergangenheit erfahren.

Antwort von:  RukaHimenoshi
12.08.2020 16:31
Benni hat halt das große Problem, dass jeder ihm jegliche Gefühle abspricht, sogar er sich selbst. Da fällt es dann natürlich umso schwerer, wenn man plötzlich auf seine Gefühle Rücksicht nehmen muss. (Und schön(?), wie du dich in Laura wiederfindest. XD)
Der eine Moment, wenn zwei rational Denkende auf einen Haufen gefühlsbetonter Leute (Plus ausgerechnet Laura) treffen. ^^" Außerdem liebe ich es, wenn Anne dieselbe Meinung hat wie jemand, den sie nicht leiden kann. :D
Antwort von:  Regina_Regenbogen
15.08.2020 16:22
Ja, ich freu mich schon darauf, dass das bei Anne öfter vorkommt. An sich sind sie und Benni sich ja darin ähnlich, dass sie ihre Gefühle nicht zeigen wollen oder gar nicht erst wahrnehmen wollen, dass sie welche haben.
Ist echt schwer, wenn man seine Gefühle nicht zeigt und man dann unterstellt bekommt, keine zu haben. Ich hab da echt Mitgefühl mit Benni.
Von: abgemeldet
2013-08-27T13:50:52+00:00 27.08.2013 15:50
*snieeeeef* Benni tut mir grade so arg leidT_T
Und Laura und Carsten auch! Ich heul gleich...
Das Kapi ist echt schön geschrieben und ich hab mich(trotz Heulanfall) gefreut mal ein bisschen mehr über Benni herauszufindenQ-Q Ich kann das nächste Kap kaum erwarten:)

LG Nana

Antwort von:  RukaHimenoshi
27.08.2013 18:17
Danke :D
Ich werde versuchen, mich (trotz Schule ._____.) zu beeilen. ;)
Antwort von: abgemeldet
11.09.2013 10:01
Nicht hetzen. Schule ist halt wichtig, kann man nix machen:)
Antwort von:  RukaHimenoshi
11.09.2013 14:28
Ja, leider .-. XD


Zurück