Demon Girls & Boys von RukaHimenoshi ================================================================================ Kapitel 7: Geheimnisse ----------------------   Geheimnisse       „Also gut, da seid ihr ja endlich.“, sagte die Direktorin, in einem strengen befehlenden Ton, den nur Lehrer oder Eltern draufhaben konnten und setzte sich auf ein Sofa gegenüber der Gruppe. Der Direktor zwinkerte ihnen nur kurz aufmunternd zu und stützte sich mit den Unterarmen auf der Rückenlehne hinter dem Sofa ab. Laura musterte den dritten Lehrer, ein Wesen mit Männeroberkörper und dem restlichen Körper eines Pferdes. Zentauren waren selten geworden, Laura hatte noch nie zuvor eines dieser edlen Wesen gesehen. „Frau Bôss, wir haben nichts gemacht, wirklich! Oder steht in der Schulordnung, dass Beziehungen zwischen Jungs und Mädchen verboten sind? Das war nur eine Wette, also seien sie doch nicht so streng mit Anne und Carsten, der davon übrigens völlig überrumpelt wurde. An sich war es ja auch meine Idee, wobei Lissi mit der Sache mit dem Küssen dazu kam, also…“, plapperte Ariane drauf los. Der Direktor lachte. „Regt euch nicht so auf, niemand will euch bestrafen. Aber Carsten: Du solltest vielleicht in Zukunft besser aufpassen, ich kenn ja deine Akte.“, scherzte er, worauf hin Carsten mit einem verlegenen und irgendwie auch belustigten Lächeln den Blick senkte. Laura warf ihrem besten Freund einen irritierten Blick zu. Was soll denn bitte in seiner Akte sein, dass Herr Bôss diese als Scherz nutzen konnte? Immer noch mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht, begann dieser zu erklären: „Den Grund, warum wir euch rufen ließen habt, ihr inzwischen schon mit euren eigenen Augen gesehen.“ Verwirrt sahen sich einige Mädchen im Raum um. „Ist es diese Sache mit… der Energie?“, fragte Susanne zögernd. Wieder lachte der Direktor. „Hab keine Scheu, es direkt anzusprechen. Natürlich wissen alle Anwesenden hier im Raum darüber bescheid und es wird euch überraschen, wie nah ihr euch seid.“ „Hä?“ Fragend sah Ariane den Direktor an, doch dieses Mal ergriff der Zentaur das Wort: „Euch verbindet die Macht.“ „Häää?“, fragte nun auch Lissi. Der Zentaur seufzte. Er schien nicht erwartet zu haben, wie schwer einige der Mädchen von Begriff waren. „So wie es meine Bestimmung ist, die Sterne zu lesen, so ist es eure Bestimmung, einander zu helfen und die Welt von den Sündern zu befreien, die das Unheil wünschen. Ihr alle seid mit den mächtigsten Wesen aller Galaxien verbunden: Den Dämonen, den gesandten Gottes, die über Damon wachen.“ Die Mädchen sahen einander an. Niemand schien zu wissen, was er sagen sollte. Die Tür ging auf und die Schulsprecherin kam mit einem Stapel Formulare herein. „Ihr habt euch vor euren Gleichgesinnten versteckt. Ihr seid alle Dämonenbesitzer.“, erklärte Sarah es etwas ausführlicher und knallte den Formularstapel auf Bennis Tisch, der ihn nicht sehr erfreut musterte. „Moment mal… Das heißt ich bin nicht die einzige hier mit einem Dämon?“, fragte Öznur. Ariane starrte sie an. „Du bist auch eine Dämonenbesitzerin???“ „Mit dem auch meinst du, wir sind alle Dämonenbesitzer!“ Laura ging ein Licht auf. Der Direktor begann loszuprusten. „Ihr solltet mal eure Gesichter sehen! Ich liebe diese plötzlichen Überraschungsmomente! Was denkt ihr, warum ihr euch schon an eurem ersten Tag kennen gelernt habt?“ Susanne überlegte. „Sie meinen, die Dämonen in unserem Inneren haben die Anwesenheit ihrer Gleichgesinnten gespürt und haben uns, ohne dass wir es wussten, zusammengebracht?“ Der Direktor nickte. „Das erklärt aber nicht die Sache mit den Zimmern.“, meinte Janine und alle erinnerten sich an das schaurige Gefühl, als sie sich kennen gelernt hatten und feststellen mussten, dass sie alle in Zimmern nebeneinander und miteinander lebten. „Eine der Lehrerinnen ist Wahrsagerin. Sie hat eure Ankunft gespürt und so konnten wir die Macht, die euch verbindet, stärken.“, sagte die Direktorin. „Das ist doch alles Unsinn! Warum stärken Sie uns, wenn wir Dämonenbesitzer doch von allen gefürchtet werden?!“ Laura schnaubte wütend. Der Direktor seufzte. „Da sieht man es. Warum müssen die Finsternis-Energie-Beherrscher immer so pessimistisch sein?“ Dabei wanderte sein Blick für einen kurzen Moment in Richtung Schreibtisch, wo Benni allerdings nur kurz von dem Blatt aus dem Formularberg aufschaute. Herr Bôss zuckte mit den Schultern. „Wenn ihr nicht stärker werdet, könnt ihr die Sache mit ‚die Welt vor dem Bösen beschützen‘ vergessen.“ Anne warf einen kritischen Blick auf die beiden Schulsprecher. „Was haben die eigentlich noch hier zu suchen?“ „Keine Sorge, die Schülervertretung weiß Bescheid. Aber Sarah: Der Unterricht beginnt gleich wieder.“, sagte die Direktorin und warf Sarah einen warnenden Blick zu. Sarah nickte. „Ja, ja, ich geh ja schon. Ihr im ersten Jahr habt’s gut. Wisst ihr, wie blöd Unterricht samstagnachmittags ist?“ Mit diesen Worten verließ sie das Büro. „Hey eiskalter Engel, du kannst auch ruhig zu uns kommen. Jetzt wird’s lustig.“, rief der Direktor zu Benni rüber, doch der schüttelte den Kopf und bleib auf seinem Platz am Schreibtisch sitzen während er beiläufig das nächste Formular überflog. Der Direktor seufzte. „Typisch.“ „Musst du nicht auch zum Unterricht?“, fragte Ariane, doch Benni schwieg weiterhin. „Der muss hierbleiben, der Lehrer weiß schon bescheid.“, antwortete der Direktor an seiner Stelle. „Also gut, beginnen wir mit einer Sonderstunde Dämonologie.“, sagte der Direktor und blickte rüber zu dem Zentauren. Der nickte. Gespannt lauschten die Mädchen seiner Stimme, die eines Dichters würdig war. „Also gut, die Vorgeschichte Damons müsstet ihr vielleicht schon im Geschichtsunterricht angesprochen haben: Der magische Krieg. Ich möchte eurem Geschichtslehrer nicht den Spaß verderben, euch diesen komplizierten Konflikt zu erklären, doch ihr müsst wissen, er war der Anfang der Dämonenzeit. Vor 179 Jahren endete der Krieg und unsere Welt war nichts als ein Planet, bestehend aus Zerstörung, Tod und Verzweiflung. Gott hatte Mitleid mit den Wesen dieses Planeten, die ihre Strafe bereits erhalten hatten, also stellte er einen Teil der Welt wieder her, wo die Wesen, seinen es Menschen, Tiere oder auch magische Geschöpfe, in Frieden miteinander leben sollten. Als Wächter über den Frieden, der von da an herrschen sollte, sandte er seine mächtigsten Diener, die Herrscher über das Leben und den Tod, auch bekannt als Dämonen, auf diese Welt, damit sie jene bestraften, die es nicht würdig waren, Gottes Gnade zu erhalten. Diese Sünder wurden in Gottes Namen von den Dämonen verbannt, an einen Ort, außerhalb von Zeit und Raum, zwischen der Welt der Lebenden und Toten. Doch die Dämonen konnten sich nicht in ihrer wahren Gestalt zeigen. Die Menschen fürchten das Unbekannte und das Andere, und so begannen sie, ihre Aufgabe im Verborgenen zu erfüllen. Dazu dienen die Dämonenbesitzer, Wesen mit der Gabe für spirituelle oder körperliche Kraft. Die Dämonen spüren die Anwesenheit eines starken Sünders, eines Friedenstörers und handeln durch ihren Besitzer. Doch durch ihre eingeschränkte Kraft, brauchten die Dämonen Hilfe. Diese fanden sie bei weiteren Wesen mit einer der altertümlichen Gaben und durch ihren Segen waren auch sie in der Lage, der Aufgabe der Dämonen nachzugehen. Mit der Energie war es ihnen möglich, ebenso wie die Dämonenbesitzer, Sünder in die Verdammnis zu schicken. Sie sollten mit der Kraft, die sie durch den Dämon bekommen hatten, die Dämonenbesitzer beschützen und sie bei ihrer Aufgabe unterstützen. Nebenbei hatten die Dämonen auch spezielle Lieblinge. Wesen reinen Herzens, die ihre Kraft auch in den Dienst Gottes stellten und durch ein Mal als ehrfürchtige Diener Gottes und Helfer der Dämonen gezeichnet wurden.“ Laura versuchte sich jedes Wort gut einzuprägen. Es war eindeutig, dass dieses Geschöpf Lehrer war. Ohne mit den Wimpern zu zucken hielt er einen Vortrag über die Entstehung der Dämonenbesitzer, -gesegneten und –gezeichneten und sie hatte natürlich alle Mühe, ihm folgen zu können. Nun schien sein Vortrag sich dem Ende zu nähern. „Dass jeder von euch die Macht, die in ihm lebt geheim hält, jedenfalls es geheim zu halten versucht, ist eine Selbstverständlichkeit, damit ihr nicht gefürchtet werdet und ihr eurer Aufgabe, auch wenn ihr sie gar nicht bewusst wahrnehmt, ungestört ausführen könnt.“ „Also noch mal für Dumme: Wir sind alle Dämonenbesitzer.“, schloss Öznur. „Boah, cool! Und ich dachte schon, Susi und ich wären die einzigen Engel!“, schoss es aus Lissi heraus. „Engel ist ein gutes Stichwort, Herrscherin über den Blauen Wolf. Die Dämonenverbundenen erkennt man nämlich an ihrem engelsgleichen Aussehen. Manche vermuten sogar, dass diese Wesen Engel seinen, die unter Irdischen leben.“, erklärte der Zentaur. „Vielen dank für Ihre ausführliche Erklärung, Herr Semikabal.“ Frau Bôss stellte sich wieder hin und wandte sich an die Gruppe, die verteilt auf den Sofas und Stühlen saß. „Vielleicht habt ihr schon selbst einige Charaktereigenschaften, Gesten oder Mimiken eurer Mitdämonenbesitzer gesehen, die euch an einen der Dämonen erinnert. Da haben wir zum Beispiel dich, Fräulein Betz.“ Die Direktorin wies auf Janine. Erschrocken senkte diese den Blick, als sie genannt wurde. Sie schien sich bei so einer geballten Ladung an Aufmerksamkeit sogar noch unwohler zu fühlen als Laura, so wie sie nervös mit der Schleife ihrer Schuluniform zu spielen begann. Die Direktorin sprach ungestört weiter. „Auch, wenn man dich auf den ersten Blick nie mit einer Tarantel vergleichen würde, so sind doch Ähnlichkeiten vorhanden. So wie alle Spinnen bist du eher scheu, doch wenn dir jemand etwas antun möchte, so wartest du, bis er in deinem Netz gefangen ist und deiner Gift-Energie zum Opfer fällt.“ „Ich habe gehört, dass du sogar ein Händchen für Nähen und Stricken hast.“, fügte der Direktor hinzu. „So ein Unsinn! Sie wollen uns weismachen, dass in Janine die Gelbe Tarantel ist? Das ist doch Quatsch! Das einzige was die gemein haben, ist die Haarfarbe und die Vorliebe für gelb!“, widersprach Laura. Sie hatte panische Angst vor Spinnen und konnte es nicht fassen, dass dieses süße Mädchen die Besitzerin des Dämons mit den meisten Beinen war. „Also Laura, Spinnen sind voll süß!“, widersprach Ariane. „Aber trotzdem… Ninie könnte nie jemandem was zu leide tun, warum herrscht sie dann über eine so tödliche Kraft?“ „Jede Kraft bringt sowohl den Tod, als auch das Leben mit sich. Gift kann sowohl des Mordes wegen, als auch zur Heilung als Gegengift benutzt werden. Es ist nur die Frage, welche Eigenschaft man wählt.“, meinte die Direktorin. Janine seufzte. „Ich kann mit dieser Kraft nicht umgehen.“ „Weil du es nie gelernt hast.“, warf der Direktor mit einem sanften Ton ein. „Ich habe Mur nie gesehen, aber mehr als genug darüber gehört. Natürlich wärst du ihnen dort ein Dorn im Auge, wenn du die volle Macht hättest und ‚schlimme Sünder‘ hinrichten würdest. Dort zählen immerhin die wichtigsten Leute dazu.“ Er zuckte mit den Schultern. „Eigentlich ist das eine weitere Verbindung. Spinnen beseitigen das Ungeziefer, doch die Menschen wollen sie trotz allem loswerden.“ Laura schauderte. Ja klar, Spinnen waren ja auch unheimlich! Nun ergriff die Direktorin wieder das Wort. „Leichter haben es diejenigen, denen die Macht schon von Geburt an zugesprochen wurde. Du wirst von deinem Volk respektiert, obwohl du im Besitz der Grünen Schlange bist, so ist das doch, oder Anne?“ Alle Augen richteten sich nun auf Anne, die zwar etwas zögernd, aber trotzdem zustimmend nickte. „Stimmt schon, auch wenn es nur die engsten Bekannten wissen…“, überlegte sie. „Du ähnelst der Grünen Schlange eher durch deine Taten, wie du dich durch das Leben schlängelst, den Konflikten wenn möglich auszuweichen versuchst und bei einer Konfrontation doch immer deinen Kopf durchsetzen musst.“ „Das trifft perfekt auf dich zu.“ Öznur lachte und das Bild, wie Ariane Anne wegen der Wette angeschleift hatte tauchte vor ihrem inneren Auge auf. „Aber Schlangen sind auch sehr leicht reizbar und wie ein Sandsturm, scheust du vor nichts zurück.“, beendete die Direktorin und wandte sich an das nächste Mädchen. „Zu dir, Öznur, muss ich wohl nicht viel sagen. Durch deine temperamentvolle Art und deine Treue zu deinen Freunden bist du wie das Feuer des Roten Fuchses.“ „Und so wie er immer auf Beutejagt.“ Ariane grinste sie an. Öznur lachte. „Ertappt.“ „Das wäre also schnell geklärt. Nun zu dir, Lissi. Ich habe gehört, dass deine Noten nicht gerade die besten sind, aber als Vorfahr des Hundes sind Wölfe intelligente, teamfähige Wesen.“ „Lissi und intelligent? Das ich nicht lache.“, platzte Anne dazwischen. Susanne sah sie vorwurfsvoll an. „Die Sand- und Schlangenbeschreibung trifft ganz schön gut auf dich zu. Lissi ist sehr Teamfähig und wenn sie mal wollen würde, wäre sie in der Schule richtig gut.“ Die Direktorin lächelte. „Zu dir komme ich auch gleich, Besitzerin des Pinken Bärs. Aber du hast Recht, wenn Lissi etwas versteht, dann kann sie das auch. Wie ein Hündchen, dem man einen neuen Trick beibringt. Sie ist ebenso unzähmbar und unberechenbar wie das Meer und handelt nach ihrer Laune raus.“ Die Mädchen überlegten. Lissi hatte sie schon mit ihrer Aktion vorhin sehr überrascht. Wer hätte gedacht, dass sie so schnell eingreifen und dadurch ihre Schwester beschützen würde? „So, jetzt also zu dir, Susanne. So wie die Heilungs-Energie, über die du herrschst bist du meist eine rettende Person, hast immer ein offenes Ohr und hilfst, wo du kannst. Und so wie ein Bär bist du gutmütig und meidest Gewalt, wenn sie nicht nötig ist.“ „So wie Winnie Pooh!“, platzte Ariane dazwischen. Laura unterdrückte beinahe erfolglos einen Lachanfall, aber immerhin gelang es ihr besser als Anne und Lissi, die laut loszuprusten begannen. Auch der Direktor konnte sich sein Grinsen nicht verkneifen. „Aber ihr müsst zugeben, die Metapher stimmt überein.“ Lissi lachte. „Besonders, weil Susi total der Honigfan ist.“ „Echt?!?“ Nun kicherten auch Laura und Ariane. Die Direktorin sprach immer noch mit ihrer ernsten Miene weiter. „Wenn wir schon bei dir sind, Ariane:“ Ariane schluckte. „Ähm, ja… Ich besitze den Weißen Hai, den Herrscher…“ „…über das Licht.“, beendete die Direktorin Arianes Satz. „So wie das Licht strahlst du etwas Besonderes aus, etwas nicht Beschreibbares. Die Leute fühlen sich in deiner Gegenwart wohl und geborgen. Du scheinst ihnen ein Teil deines Lichtes abzugeben. Doch auch wie der Hai kannst du bedrohlich sein. Wenn du mal Blut gerochen hast, verfolgst du es bis zum Ende der Welt.“ Öznur kicherte. „Oder, wenn sie gutes Essen riecht.“ Wieder brachen einige der Mädchen in Gelächter aus. Laura beugte sich, unter einem weiteren Lachanfall zu Carsten rüber. „Stimmt, Ariane liebt Essen. Du solltest mal für sie kochen.“ Carsten lächelte zurück. „Kann ich gerne machen, aber bloß nicht hier in der Schule. Irgendwann in den Ferien.“ Die Direktorin räusperte sich. Im Gegensatz zu dem Direktor war sie leider so, wie man sich eine Direktorin für eine Eliteschule vorstellt. Wobei auch sie relativ jung wirkte und eine extrem gute Figur hatte. Beeindruckende Oberweit, schlanke Taille, und dann wieder kurvig zu den Hüften. Und dann noch die blonden, langen, gelockten Haare, die sie zu einem straffen Zopf zurückgebunden hatte. Und trotzdem war sie so unsagbar streng. Eigentlich war es kaum zu glauben, dass diese strenge Frau mit dem Direktor verheiratet war. „Nun gut, kommen wir zu der letzten Dämonenbesitzerin im Bunde.“ Sie richtete ihren Blick auf Laura. „Ähm… nein, ich bin keine richtige Dämonenbesitzerin. Also, eigentlich… ähm…“, stotterte Laura. „Mag sein, dass deine Zukunft ungewiss ist, doch so, wie du hier und jetzt vor uns stehst, bist du die Besitzerin des Schwarzen Löwen, dem Herrscher der Finsternis.“ Ariane sah Laura forschend an. „Ungewisse Zukunft? Wieso denn?“ Laura schwieg. Sie wollte den Mädchen nicht von ihrer Krankheit erzählen, durch die sie eigentlich schon längst gestorben wäre, wäre der Schwarze Löwe nicht gewesen. Die plötzliche Kälte schüttelte sie, als ihr klar wurde, dass sie das alles vielleicht nie erlebt hätte. Dass sie schon längst nicht mehr leben würde. „Ähm… Laura?“, fragte Ariane. In ihrer Stimme spiegelte sich die Besorgnis. Wie als wäre das Lauras Stichwort, überkam sie ein heftiger Hustenanfall. Ein schmerzhaftes Kratzen durchzog ihre Kehle und es fiel ihr schwer zu Atem zu kommen, doch der Husten schien nicht mehr aufhören zu wollen. Carsten klopfte ihr auf den Rücken. Sein Blick wanderte zu Benni, der wie immer unbeteiligt dasaß. „Ich dachte, das hätte sich gebessert.“, meinte er, doch Benni schüttelte den Kopf. „Das ist normal.“ „Hä? Was denn?“, fragte Öznur, einerseits verwirrt, andererseits, wie Ariane, besorgt. Janine zuckte zusammen, wie als hätte jemand ihr in den Bauch geboxt. „Hat sie etwa…“, sie brach ab. Inzwischen hatte sich Lauras Husten wieder beruhigt und sie räusperte sich, um das Kratzen in ihrem Hals los zu werden. Carsten war aufgestanden und holte von einer schmalen Theke an der Wand ein Glas und eine Flasche stilles Wasser. Als er damit wieder zu ihnen kam, nickte er als Antwort auf Janines Frage. Die senkte mitleidig den Kopf. „Hä? Was denn? Was ist mit Laura los?“, fragte Ariane besorgt. Da wahrscheinlich jeder noch nachfragen würde, beschloss Laura, dass es wohl oder übel doch besser war, es ihnen direkt selbst zu erklären. Ihre Stimme war durch den Hustenanfall immer noch leicht rau und zitterte, obwohl sie sich bemühte, beherrscht zu klingen. „Das Problem ist… Ich habe Karystma, diese Krankheit, die den Körper immer mehr schwächt. Eigentlich wäre ich schon längst… na ja… nicht mehr hier, aber der Schwarze Löwe lässt mich von seiner Kraft leben. Nur es ist halt so, dass er sich bis zu meinem 16. Geburtstag entscheiden möchte, ob ich es wert bin, seine Dämonenbesitzerin zu sein. Wenn nicht, dann…“ Ihre Stimme versagte. Sie musste nicht mit den Tränen kämpfen. Die schienen erst gar nicht kommen zu wollen. Aber sie wusste, hätte sie nicht eben das Glück gehabt, dass ihre Augen seltsam trocken waren, hätte sie sofort losgeweint, wie ein Springbrunnen. Sie merkte entfernt, wie Carsten ihr das Wasserglas reichte und anschließend seine Hand auf ihren Rücken legte. „Das ist doch ein Witz!“, platzte es aus Öznur heraus. „Sag, dass das nicht wahr ist.“ Auch Susanne klang besorgt. Laura seufzte. „Ich wünschte es wäre so…“ „Warum hast du uns das nicht gesagt?“, fragte Ariane. Sie klang weder wütend, noch vorwurfsvoll, aber trotzdem enttäuscht. Und das mochte Laura überhaupt nicht. „Weil ich euch dann auch die Sache mit dem Dämon hätte erzählen müssen und… na ja… ihr habt das ja auch nicht.“, antwortete Laura. Sie wagte einen Schluck und spürte, wie angenehm es war als das kühle Wasser ihren gereizten Hals beruhigte. „Ich denke, wir haben unsere Aufgabe erfüllt. Ihr habt jetzt sicher einiges unter euch zu besprechen.“, sagte die Direktorin, stand auf und verließ mit Herr Semikabal und dem Direktor, welcher der Gruppe noch ein Mal aufmunternd zuwinkte, das Büro der Schülervertretung. Kurz bevor sie die Tür zu dem Direktorenbüro schloss, warf sie Benni noch einen warnenden Blick zu. „Und du gehst jetzt besser auch zum Unterricht.“ „Wie nett sie zu dir ist.“ Carsten lachte. Gleichgültig zuckte Benni mit den Schultern und stand auch auf. „Ähm… können wir mitkommen?“, fragte Laura zögernd. Ihre Stimme zitterte immer noch etwas. „Wenn’s sein muss…“, meinte Benni und verließ das Büro. Die übrigen folgten ihm. Auf dem Weg zum Sportplatz sagte keiner ein Wort. Jeder musste das alles erst einmal verdauen. Schließlich, als die Stille langsam ungemütlich wurde, ergriff Susanne das Wort. „Carsten, du bist auch mit einem Dämon verbunden, oder?“ Carsten nickte und wie zur Antwort strich er sich gedankenlos über die drei diagonal über seine Nase verlaufenden Narben. Sie waren immer noch sehr gut zu sehen, wie eine erst zu heilen beginnende Wunde, doch sie würden immer so aussehen. „Du bist also ein Gezeichneter.“, stellte Anne fest. Sie schien Carsten tatsächlich mehr als die anderen Jungs zu mögen. … Falls man das schon mögen nennen wollte. Carsten nickte erneut. „Vom Schwarzen Löwen.“ „Kein Wunder, dass die Direktorin dich in unsere Obhut gesteckt hat. Garantiert wusste diese Wahrsagerin Bescheid.“, stellte Öznur fest. „Ich frag mich sowieso, wer das sein könnte.“, überlegte Ariane. „Frau Reklöv?“ „Pfui, die garantiert nich. Das ist ne dumme Kuh. Ich kann sie auf den Tod nicht ausstehen!“ Öznur stieß Ariane den Ellebogen in die Rippen, allerdings mit der ach so atemberaubende Kraft einer Magierin. „Ähm… Der Schulsprecher… ist der auch irgendwie mit einem Dämon verbunden?“, fragte Janine Carsten zögerlich. Der nickte. „Er ist ein Dämonengesegneter.“ „Dann ist er aber ein primärer, oder?“, stellte Susanne fest. „Ja, ist er.“, antwortete Laura und biss sich auf die Zunge. Mit einem Schlag sahen sie alle Mädchenaugen an. „So, Prinzesschen. Jetzt aber raus mit der Wahrheit. Kennst du ihn?“ Öznur warf ihr durch die Brille hindurch mit ihren großen, blauen Augen einen vorwurfsvollen Blick zu. Beschämt nickte Laura. „Also ernsthaft! Dass du das mit dem Dämon verheimlicht hast, können wir alle nur zu gut verstehen. Aber warum hast du uns bei der Sache mit dem Schulsprecher angelogen?! Das kann ich echt nicht verstehen.“ Ariane hatte wieder diesen enttäuschten Ton, den Laura nicht ertragen konnte. „Es ist… ach ich weiß nicht wieso! Ehrlich, keine Ahnung.“ Laura wusste nicht, wie sie sich verteidigen konnte oder ob sie überhaupt das Recht dazu hatte. Hatte Bennis Vermutung, sie wollte es den Mädchen nicht erzählen, weil sie ihnen dann auch beichten musste, dass sie sich mit ihm gestritten hatte, doch einen Funken Wahrheit an sich? Laura schüttelte den Kopf. „Ich weiß echt nicht, wieso.“ Ariane lachte. „Hattest wohl Angst, von Lissi oder Özi ausgequetscht zu werden.“ Carsten grinste. „Kann ich gut verstehen.“ Inzwischen waren sie in der Turnhalle des zweiten Jahres angekommen. Die Gruppe setzte sich auf die Tribüne, während sie Benni bei seinem Training beobachteten. „Der hat’s echt drauf. Was macht der hier in der Schule, wenn er sogar unendlich mal besser als die absoluten Profis ist?“, meinte Öznur. Carsten lachte. „Er hat auch den Titel ‚stärkster Kämpfer Damons‘. Das soll schon was heißen.“ „Aha… und wer ist der zweitstärkste?“, fragte Anne kritisch. Sie war auch sehr stark keine Frage, gehörte aber zu ihrem Ärgernis nicht in die Top fünf. Carsten seufzte. „Mein älterer Bruder. Leider. Aber ihm passt es nicht, nur der zweite zu sein. Das tolle ist, dass er Benni nicht das Wasser reichen kann.“ Laura lachte. „Sehr gut. Der verdient das auch nicht.“ Anne überlegte. „Ist der nicht der zukünftige Häuptling von Indigo?“ „Ja. Was hat sich Gott dabei gedacht?“ Carsten lachte, aber es klang traurig und verbittert. Laura seufzte. Der Arme stand schon immer im Schatten seines Bruders. Doch ihm hatte das nie wirklich was ausgemacht. Zwar war Laura, was das Kämpfen betraf, miserabel, aber falls Eagle oder einer seiner behinderten Freunde auf Carsten losging, war immer Benni zur Stelle und an dem wagte sich keiner vorbei. Und falls Carsten mal alleine war, konnte er sich mit ein paar mächtigen Zaubern auch recht gut verteidigen. Anne überlegte. „Durch meine Mutter weiß ich meistens was bei dem Treffen der Adligen, den sogenannten Abendgesellschaften, so das Hauptthema ist. Auch bei dir…“, sie warf Laura einen kurzen Blick zu, „…habe ich von diesem Drama mit deinen älteren Geschwistern gehört, aber ich war lieber still. Worauf ich hinaus will… ist dieser Eagle nicht auch ein…“ „…Dämonenbesitzer? Ich stelle die Weisheit des Grauen Adlers schon die ganze Zeit in Frage.“ wieder klang Carstens Lachen verbittert, aber es war weitaus normaler, als davor. „Ist er denn so schlimm?“, erkundigte sich Susanne besorgt. „Na ja… durch ihn bin ich, im ähm… in meiner vorherigen Schule gelandet.“, antwortete Carsten. „Diese Besserungsanstalt, von der du gekommen bist?“, fragte Öznur. Dieses Mal antwortete Laura. „Das kann man nicht Besserungsanstalt nennen. Das ist ein Militärinternat.“ „Da sieht man’s mal wieder. Nicht nur an dieser Schlampe von vorhin. Terra ist an sich eine Schrottregion.“ Anne seufzte. Öznur lachte. „Und wie! Aber zum Einkaufen gehen ist es dort ideal. Ich war da vor einem halben Jahr mit meiner Familie in den Sommerferien.“ Niemand wusste, wie lange sie schon dasaßen, als eine Pause für die Schüler begann. Leicht widerwillig gesellte sich Benni zu dem Rest. „Hey, wir haben von deinem Titel gehört. Herzlichen Glückwunsch.“, sagte Öznur. Benni schüttelte den Kopf. „Ist doch alles Schwachsinn.“ „Wie bescheiden.“ Carsten verpasste ihm amüsiert eine Kopfnuss, die Benni aber überhaupt nicht wahrzunehmen schien. „Sag mal... Bist du wirklich ein primärer Dämonengesegneter?“, fragte Janine zögernd. Benni ignorierte die Frage, doch Carsten übernahm für ihn das Wort. „Ist er. Warum fragst du noch mal nach? Ich dachte das wäre geklärt.“ „Dann hast du auch so ein rotes Auge mit Dämonenpupille?“, mischte sich Anne ein. „Oh, zeig her, zeig her, zeig her!!!“, rief Ariane und klatschte in die Hände. In Bennis Blick blitzte für den Bruchteil eines Herzschlags eine absolute Kälte auf. Sofort sank Ariane eingeschüchtert zurück auf die Tribüne und den Rest der Gruppe überlief ein eiskalter Schauder. „Denkt ihr, ich lasse mich wie in einer Freakshow begaffen?“, meinte er, dessen Mimik sich bis auf die unheimliche Austrahlung kaum verändert hatte. Genauso wenig wie seine immer noch ruhige und trotzdem kraftvolle Stimme. Er stand auf und ging wieder zum Unterricht, während die übrigen sich von seiner Finsternis verschlungen fühlten. „Memo an mich selbst: Nie sein rotes Auge ansprechen.“, murmelte Ariane bedeppert. Carsten seufzte. „Ihr müsst bei dem Thema Dämonengesegneter in Bennis Gegenwart behutsam sein. Er ist da einer etwas anderen Ansicht.“ „Wie meinst du das?“, fragte Janine, die sich besonders betroffen fühlte, da sie mit dem Thema überhaupt angefangen hatte. Carsten lächelte sie aufmunternd an. „Keine Sorge, Benni wird niemandem von euch Vorwürfe machen. Glaube ich jedenfalls… Sprecht ihn einfach nicht mehr darauf an, dann ist die Sache geklärt.“ „Wieso denn Freakshow?“, fragte Öznur verdutzt. Laura warf einen mitleidigen Blick auf Benni und beobachtete ihn beim Training, während sie Carstens Erklärung mit halbem Ohr zuhörte: „Wie würdest du dich fühlen, wenn du ein knallrotes, dämonisches Auge hast und dich jeder anstarren würde?“ „Na total verarscht.“, antwortete Anne. Ariane schnippte mit den Fingern. „Ach so, deswegen hat er auch die Haare im Gesicht!“ Lissi schluchzte. „Was hast du denn?“, fragte ihre Zwillingsschwester besorgt. Wieder schluchzte Lissi. „Mein armer Bennlèy. Dieser Dämon hat ihn voll entstellt.“ Laura konnte ihren Augen kaum trauen. Lissi rieb sich doch tatsächlich eine Träne von den stark getuschten Wimpern. Sie warf Benni einen ziemlich eindeutigen Blick zu. „Obwohl… andererseits is das voll geil. Damit wirkt er garantiert noch mystischer.“ Carsten schüttelte den Kopf. „Fangt nicht wieder damit an.“ „Genau!“, gab Laura ihm Recht und Carsten warf ihr einen dankenden Blick zu. Laura hing es schon zum Hals raus, dass Lissi ständig Benni hinterher trällerte. „Ich gebe Laura und Carsten völlig Recht.“, sagte nun auch Öznur, doch sie hatte etwas Anderes im Sinn als Laura. „Wir können nicht die ganze Zeit unseren eiskalten Engel anhimmeln, wenn neben uns ein weiterer süßer Junge sitzt. Außer natürlich, er ist auf unserer Seite.“ Etwas verwirrt erwiderte Carsten ihren Blick. Auch Öznur schien irritiert. „Kennst du diese Redewendung nicht? Damit wollte ich wissen, ob du vielleicht schwul bist.“ „Ach so.“ Carsten schüttelte den Kopf. „Nein, bin ich nicht.“ Öznur grinste. „Sehr gut, dann haben wir sogar noch einen Jungen für uns.“ Carsten verdrehte die Augen. „Man, habt ihr Probleme.“ Lissi setzte ihr strahlendes Hollywood Lächeln auf. „Wir sind halt Mädchen, Süßer. Sogar Anni-Banani kann da nicht widersprechen.“ Laura hätte schon vermutet, dass Anne sich auf Lissi gestürzt und ihr Leben auf qualvolle Weise beendet hätte, aber zu ihrer Überraschung gab sie nur ihr schlangenartiges Zischen von sich. „Pass auf, was du sagst, kleines Flittchen.“ Ebenso überraschend war es, dass sich Susanne wagte, direkt vor Anne zu stellen und damit verhinderte, dass sie Lissi diesen Blick zuwarf, wie wenn eine Schlange ihr Frühstück wählte. „Jetzt hör mal, meine Schwester ist kein Flittchen. Also lass in Zukunft bitte solche vulgären Ausdrücke.“ Zischend stand Anne auf. Sie war größer als Susanne und blickte bedrohlich auf sie herab. Öznur packte sie am Handgelenk und zog sie wieder zu sich runter. „Anne, hör auf! Warum musst du ständig für Streit sorgen? Du hast doch die Direktoren gehört: Sie wollen, dass wir ein gutes Verhältnis haben. Immerhin sind wir alle durch eine göttliche Macht, oder was auch immer, verbunden.“ Widerwillig sank Anne auf die Tribüne zurück und auch Susanne setzte sich. Laura wusste, dass Susanne nie und nimmer auf Anne losgegangen wäre, aber immerhin war sie Lissis Zwillingsschwester. Laura würde Lucia genauso in Schutz nehmen.   Schließlich war der Unterricht für das zweite Jahr vorbei und Anne schien ziemlich beeindruckt davon gewesen zu sein, denn sie kam danach sofort mit einem Mädchen ins Gespräch, das auch sehr sportbegeistert schien. Susanne und Carsten gingen zur Bücherei und Lissi schien spurlos verschwunden. Schließlich wandte sich Janine an Benni. „Ähm… Schulsprecher… Es tut mir leid, dass ich vorhin das mit dem Dämonengesegneten angesprochen habe.“ Schüchtern mied sie den Blickkontakt zu ihm und fummelte an einem Knopf ihres etwas zu kleinen Jacketts herum. Benni schüttelte den Kopf. „Lass gut sein.“ Bei seinem relativ sanften Blick brodelte in Laura die Eifersucht. So sah das also aus. Öznur verpasste ihm einen Ellebogenstoß. „Wow, hätte nicht gedacht, dass der ‚eiskalte Engel‘ auch so sein kann.“ Benni verdrehte die Augen „Typisch Herr Bôss.“ Dann wandte er sich der übrig gebliebenen Gruppe zu. „Nennt mich ruhig Benni.“ Dann hob er kurz die Hand zum Abschied und ging in Richtung des Ostwaldes. Öznur seufzte träumerisch. „Echt hot. Schade, dass ich wohl keine Chance bei ihm hab.“ Ariane zeigte ihr den Vogel. „Du hast doch ’nen Rad ab. Er hatte wie immer sein Pokerface. Was soll daran so zum dahin schmelzen sein?“ Energisch stemmte Laura die Fäuste in die Hüften. „Erstens: Er ist immer zum ‚dahin schmelzen’, und zweitens: Benni ändert nie viel an seiner Mimik. Du musst in seine Augen gucken.“ Ariane wirkte amüsiert. „Wie heißt es so schön? Die Augen sind das Fenster zur Seele. Wobei ich glaube, man braucht schon Unmengen von Übung, so etwas, was du bei ihm ‚Gefühle’ nennst, erkennen zu können. Und abgesehen davon, du klingst schon wie Özi. Oder bist du vielleicht Eifersüchtig?“ „Was?!? Unsinn!!!“, verteidigte sich Laura, erzielte aber keinen Gewinn. Ariane, Öznur und Janine tauschten einen Ich-glaube-dir-so-was-von-gar-nicht-Blick aus. Achselzuckend verabschiedete sich Öznur von den Mädchen, mit dem Vorwand, sie wolle Hausaufgaben machen. Dicke, fette Lüge. Wenn sie nicht in die Stadt gehen würde, würde Laura einen Besen schlucken. Janine ging mit Laura und Ariane auf ihr Zimmer im Mädchentrakt, in dessen Richtung Öznur unverwunderlicher Weise nicht einbog. Ariane ließ sich, wie sie es sonst auch immer tat ins Bett fallen. „Was für ein Tag. Hätte echt nicht gedacht, dass hier so viele Dämonenbesitzer sind.“ „Können wird das wirklich einfach so aussprechen?“, fragte Janine besorgt und sah sich unruhig um. Ariane kicherte: „Ach Ninie, du bist so übervorsichtig. Uns wird schon niemand hören. Aber wisst ihr, was ich komisch finde?“ „Dass wir nur Mädchen sind?“, fragte Janine. „Dass die Direktoren uns trotzdem wie ‚normale’ Schüler behandeln?“, vermutete Laura, wieder in ihrem pessimistischen Tonfall. Ariane verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Das auch… besonders, dass wir hier wirklich nur Mädchen sind! Keine Jungs unter uns. Außer dem Eiskalten Engel äh… Benni und Carsten natürlich. Aber ist euch eigentlich aufgefallen, dass wir alle gleich alt sind?“ Janine und Laura blickten gleichzeitig überrascht auf. „Stimmt…“ Wie so oft, starrte Laura aus dem Fenster raus, auf das Jungenwohnheim. „Ich habe gehört, nach dem Ableben ihres Besitzers wechseln die Dämonen ihn sofort. Oder jedenfalls sobald wie möglich.“ „Denkst du, alle sind gleichzeitig gestorben?“, fragte Janine und ein schauriges Frösteln, wie ein eisiger Windstoß durch das Fenster überkam sie alle. Ariane bemühte sich, gleichgültig mit den Schultern zu zucken, aber ihr Unbehagen war trotz allem in ihrer Stimme zu hören. „Kann sein… Vielleicht ein Putsch, oder so was in der Art auf unsere Vorgänger? Oh man, als Dämonenbesitzer lebt’s sich gefährlich. Gibt’s denn keine Bodyguards für uns?“ Janine lächelte. „Herr Semikabal hatte doch irgendetwas in der Art erwähnt. Die Dämonengesegneten seinen dazu da, den Besitzern bei ihrer Aufgabe zu helfen und sie zu beschützen, oder?“ Laura lachte auf. Wie der Zufall es so wollte, hatte Benni tatsächlich damals, als sie noch ein Kind war, den Auftrag bekommen, sie zu beschützen. Als offiziell angestellter Bodyguard sogar, wobei er das nie wirklich ernst genommen hatte. Jedenfalls sah es nie danach aus. „Wie würde Benni sich denn fühlen, wenn er auf eine Horde wild gewordener Mädchen aufpassen müsste?“ Ariane grinste. „So schwer wird das nicht sein, immerhin folgt ihm die Hälfte schon auf Schritt und Tritt, wie kleine Hundebabys. Aber ich würde mal sagen… total bescheuert.“ Laura grinste ebenfalls. „Hundebabys wären ihm lieber, garantiert.“ Auch Janine lächelte schüchtern. „Der Arme. Ich habe das Gefühl, er wurde unter einem schlechten Stern geboren.“ Wenn Janine wüsste, wie Recht sie hat, dachte Laura traurig. Benni war nie ein Glückspilz gewesen. Auch die Segnung des Schwarzen Löwen betrachtete er eher als einen Fluch. Ariane schüttelte lachend den Kopf. „Wir müssen echt mit unserem eiskal- äh, ich meine Benni-Geschwafel aufhören, wenn Carsten sich weiterhin in unserer Nähe aufhalten soll.“ Laura nickte. „Aber sag das lieber mal Lissi und Özi.“ Ariane seufzte. „Recht hast du…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)