Demon Girls & Boys von RukaHimenoshi ================================================================================ Kapitel 41: Pläne schmieden --------------------------- Pläne schmieden „Laura? Kommst du noch oder willst du am Schreibtisch Wurzeln schlagen?“ „Hä? Wohin?“ Verwirrt schaute Laura von ihren Zeichensachen auf und direkt in Arianes braun-grün gesprenkelte Augen, die sie kritisch musterten. „In Lissis, Susis und Ninies Zimmer natürlich, weil… Sag mal… Du hast mir vorhin gar nicht zugehört, oder?“ Doch sie war kurz darauf viel mehr an dem interessiert, was Laura da aufs Papier gebracht hatte. Ariane prustete los. „Das- das ist doch nicht ernsthaft Benni?!?“ Natürlich wurde Laura sofort knallrot im Gesicht. „Na und?!“ Sah die Zeichnung wirklich so schlecht aus?!? Ehe sie sich versah, hatte Ariane ihr den Skizzenblock unter den Händen weggeluchst und schaute sich die Bilder an. „Nane! Lass das, bitte!!!“ Ariane kicherte. „Wieso denn?“ Weil es ihr total peinlich war?!? Mit hochrotem Kopf und flehendem Blick schaute Laura ihre beste Freundin an, denn sie wusste, dass sie bei ‚Gewalt‘ keine Chance gegen Ariane hätte. Doch diese blätterte weiterhin unbeirrt in Lauras Skizzenblock herum. Laura biss sich auf die Unterlippe. „Bitte hör auf Nane. Das ist mir echt peinlich!“ Immerhin hatte sie nicht nur einmal versucht, Benni zu zeichnen… Aber egal wie oft sie sich an ihm versucht hatte, sie hatte es einfach nie geschafft. Sie hatte es nie geschafft, ihn so zu zeichnen, wie er in Wirklichkeit war. Wie sie ihn in Wirklichkeit sah! Wie… wie ein gefallener Engel! Na gut, Lauras Bilder waren nie sehr realistisch, da sie sie immer im Manga-Stil zeichnete, aber trotzdem fehlte Benni auf jedem Bild diese Ausstrahlung, die er eigentlich hatte! Fragend schaute Ariane sie an. „Wieso peinlich? Ich find sie schön.“ Das Kichern konnte sie sich trotzdem nicht verkneifen. „Und es ist süß, wie oft du Benni zeichnest. Aber warum bin ich insgesamt nur viermal drauf?!?“ Verlegen wich Laura ihrem Blick aus, doch Ariane nutzte den Moment der Unaufmerksamkeit für sich aus. „Komm lieber mit, sonst befindet sich dieser Block sehr bald in sehr falschen Händen.“ „Nane, nein!!!“ Laura stürmte ihrer Zimmergenossin hinterher in das Zimmer von Lissi, Susanne und Janine, wo der restliche Teil ihrer Gruppe versammelt war. „Hey Leute, seht mal!“, rief Ariane schon beim Betreten des Raumes, doch da hatte Laura sie endlich einholen können und riss den Skizzenblock wieder an sich. Carsten lachte. „Hast du wirklich versucht, in Lauras Heiligtum zu schauen?“ „Mehr noch, ich hab‘s sogar geschafft.“, meinte Ariane grinsend. Laura drückte ihren Skizzenblock an sich, als würde sie ihn so vor den anderen beschützen können. Immerhin war er für sie so etwas, was für andere das Tagebuch war… Ariane seufzte. „Du brauchst dich echt nicht zu schämen, so schlecht zeichnest du wirklich nicht.“ „Na und?“ Laura genierte sich, dieses so-mehr-oder-weniger-Lob anzunehmen. „Das ist privat!“ „Kann ich nur zu gut verstehen.“, stellte Ariane kichernd fest. Natürlich schienen die anderen sofort alle verstanden zu haben, worauf Ariane hinauswollte: Dass sich Benni nicht nur einmal… nicht nur zehnmal… vielleicht noch nicht mal einhundertmal in ihrem Skizzenblock befand. Und zwar ziemlich häufig mit Engelsflügeln… Es waren aber keine perversen Bilder, oder so, was Lissi vermutlich denken würde! Laura versuchte, Benni einfach nur… einfach nur schön zu zeichnen. Halt so, wie er in Wirklichkeit auch war! …Aber wie gesagt, es gelang ihr einfach nicht. Anne räusperte sich. „Na gut, wir sind jetzt alle da.“ „Na endlich.“, kommentierte eine relativ tiefe Stimme, die aus dem Computer zu kommen schien. Neugierig schaute Laura über Susannes Schulter, die vor dem Laptop saß, um den sich auch die anderen versammelt hatten. Benni mal ausgenommen, der wie sonst auch etwas abseits an dem Fenster stand. Nicht zuletzt auch aus dem Grund, da es vor dem Laptop verdammt eng und gequetscht war. „Ihr macht eine Videokonferenz über Skype?“, bemerkte Laura irritiert und befreite sich aus dem Mädchenknäuel. „Besser so, als wenn wir uns schon wieder herumteleportieren müssen.“, bemerkte Florian amüsiert. „Ich bin immer noch überrascht, dass ihr in eurer Schwuli-Region überhaupt Internet habt.“, meinte Eagle sarkastisch. „Trifft sich gut, dasselbe hab ich mich ebenfalls bei dir gefragt. Ihr Indigoner schottet euch sonst doch auch gerne von Damon ab.“, erwiderte Florian ruhig. „Also, was ist jetzt wegen der Abendgesellschaft?“, fragte Anne genervt, bevor Eagle noch fieser werden konnte. „Wir wollten wissen, ob auch wirklich jeder von euch kommen kann.“, erklärte Konrad sachlich. „Ich bezweifle zwar, dass ihr Johannes mitnehmen wollt, aber was ist mit dem Rest?“ „Also… Eingeladen sind von uns Anne, Laura und Carsten.“, zählte Susanne die drei Adligen auf, während sich Laura zu dem Fenster flüchtete, an dem auch Benni stand und teilnahmslos nach außen schaute. Laura setzte sich auf die Fensterbank, den Skizzenblock immer noch an sich gepresst. „Und was ist mit Benni? Seine… Eltern sind im Prinzip doch auch adlig. Über sie könnte er also auch eine Einladung bekommen.“, bemerkte Janine vorsichtig. „Dann wüsste Lukas allerdings sehr bald, wer ich wirklich bin. Und mit ihm der Purpurne Phönix.“, bemerkte Benni trocken und setzte sich neben Laura auf die Fensterbank, was sofort ihr Herz höherschlagen ließ. „Und die trachten jetzt schon genug nach deinem Leben.“ Konrad seufzte „Warum musst du auch ausgerechnet der ‚Erbe des Yoru-Clans‘ sein?“ „Aber was ist denn jetzt mit dem Rest von uns?“, fragte Öznur verwirrt. „Wir sind alle so mehr oder weniger nicht adlig und daher auch nicht eingeladen.“
„Ihr könnt aber noch als Begleitung mitkommen.“, meinte Florian. „Begleitung?“ Ariane schaute den Computer verwirrt an. „In der Einladung heißt es: ‚Begleitung ist erwünscht‘.“, erklärte Carsten. „Wenn du alleine auftauchst, stehst du eigentlich immer dumm da.“ „Weshalb du auch nie mitgekommen bist.“, bemerkte Eagle bissig. Verletzt wandte sich Carsten ab. Laura hielt sich mit aller Kraft zurück, den Laptop bei Eagles Kommentar kurz und kleinzuschlagen. Er konnte ja nichts dafür, dass Eagle ein Arschloch war… „Klappe jetzt, Eagle.“, schnauzte Anne den Häuptlingssohn an. „Also, dann nehme ich mal fest an, dass Benni Lauras Begleitung ist.“, kehrte Ariane zum eigentlichen Thema zurück. „Was?!?“ Erschrocken schaute Laura sie an. Carsten lachte auf. „Komm schon, Benni war damals doch immer deine Begleitung gewesen.“ „Ja, aber damals war er auch noch mein Bodyguard…oder so… Heute ist das…anders.“ „Und dieses ‚Anders‘ ist ein ausschlaggebender Grund mehr, warum er deine Begleitung ist.“ Ariane zwinkerte ihr zu. Verlegen wich Laura den Blicken der anderen aus. Ja klar, sie freute sich riesig, dass Benni ihre Begleitung war. Aber… auf der Abendgesellschaft würde sie schon wieder ihrem Vater gegenüber treten… „Also ich nehme mal an, dass Öznur bei Eagle mitkommt.“, fuhr Janine belustigt fort. „Beschlossene Sache.“, meinte Florian bestimmt, ohne die beiden Betroffenen nach der Meinung zu fragen. Öznur zuckte überraschend gelassen mit den Schultern. „Kein Problem.“ Laura fand es bewundernswert, wie sie in dieser Situation noch so ruhig sein konnte. Sie selbst bekam bekanntlich bei der kleinsten Andeutung schon fast einen Herzinfarkt… „Na gut.“, kam Eagles Stimme aus dem Computer und klang auch nicht wirklich abgeneigt. „Und Ariane könnte bei Carsten mitgehen.“, schlug Konrad vor. Laura entging es nicht, dass Carstens recht dunkle Haut bei diesem Vorschlag einen rötlichen Schimmer bekam. Sie lachte in sich hinein. Carsten mochte Ariane?!? Diese zuckte mit den Schultern. „Lieber Carsten als Eagle.“ Laura hörte ein nicht sehr erfreutes Schnauben aus dem Laptop kommen, das offensichtlich von besagtem Eagle stammte. „Du hast einen seltsamen Geschmack, Sommersprösschen.“ „Da bist du der erste, der das behauptet.“, konterte Ariane. „Nicht streiten Leute, bitte.“, schritt Janine schlichtend ein. „Was ist mit Lissi, Susi und mir?“ „Hmmm… Sollte Janine wirklich mit? Immerhin war auch die Regierung von Mur häufig bei den Treffen anwesend.“, überlegte Anne kritisch. „Stimmt, das könnte ganz schön gefährlich für dich werden.“, bemerkte Ariane besorgt. Geknickt senkte Janine den Blick. „Aber ich will nicht als einzige zurückbleiben müssen…“ „Was ist, wenn du dich als Elbin verkleidest?“, schlug Florian vor. „Du kannst als meine Begleitung mitkommen. Mehr als spitze Ohren würdest du sowieso nicht brauchen.“ Begeistert klatschte Ariane in die Hände. „Stimmt, Ninie passt perfekt in das Bild einer Elbin!“ Konrad kicherte. „Du fragst nicht die Prinzessin, Flo?“ „Wieso sollte ich?“, fragte Florian ruhig. „Ohoooo, eine Prinzessin also.“ Öznur lachte auf. „Und ich hab mich schon gefragt, warum du anscheinend keine Freundin hast!“ „Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun.“, meinte Florian und klang deutlich desinteressierter bei diesem Thema als Laura gedacht hätte. „Frag dich lieber, wie Susanne und Lissi noch mitkönnen.“ „Susanne kann ruhig als meine Begleitung mitkommen.“ Anne zuckte mit den Schultern. „Was?!?“, die übrigen Mädchen schauten sie verwundert an. „Das war so klar, Banani! Es ist mehr als eindeutig, dass du vom anderen Ufer kommst!“, rief Lissi plötzlich aus, „Aber nicht meine Schwester, das lasse ich nicht zu!“ Gereizt zischte Anne. „Soll Susanne mitkommen, oder nicht? Abgesehen davon geht es dich einen Scheißdreck an, an wem oder was ich interessiert sein könnte.“ Laura entging nicht, dass Lissis Blick trotz allem noch kritisch war, bis sie schließlich meinte: „Naaaa guuuut… Und was ist mit mir?“ „Rina würde mich grün und blau schlagen, wenn ich eine andere Begleitung als sie hätte…“, meinte Konrad und lachte verlegen auf. Auf einmal hörten sie von weiter entfernt ein: „Stimmt genau!“ Die übrigen mussten lauthals loslachen, bis auf Lissi, die sich entrüstete: „Aber ich will auch mitkommen!“ „Na ja… Wir wissen noch nicht mal, ob du dich auf einer Abendgesellschaft überhaupt richtig zu benehmen weißt.“, meinte Anne bissig. Verärgert funkelte Lissi sie an. „Weil du das auch so genau wissen kannst, oder?“ Susanne legte ihrer Schwester eine Hand auf die Schulter. „Das stimmt, Lissi kann sich vorbildlich benehmen, wenn sie nur will.“ „Aber es gibt keinen mehr, der noch eine freie Begleitung hat.“, stellte Janine fest. „Ach was, Lissi kann ruhig auch bei mir noch mitkommen, wenn sie will.“, schlug Eagle vor. Ariane kratzte sich am Hinterkopf. „Ääääähm… Damon an Eagle, du gehst mit Öznur auf dieses komische Treffen.“ „In dem Schreiben heißt es nur ‚Begleitung ist erwünscht‘, eine Einschränkung wird nicht erwähnt. In Mur und Terra haben einige sogar fünf Tussen an den Armen hängen.“, erklärte er nüchtern. „…So könnte Lissi jedenfalls mitkommen, auch wenn das ganz schön…“ „…pervers ist?“, beendete Anne Susannes Satz. „Nur, wenn das für dich okay ist, Öznur.“, meinte Eagle und klang zu Lauras Überraschung ziemlich sanft. Öznur schnaubte. „Mir doch egal, wenn wir so jedenfalls komplett sind.“ Laura und Ariane tauschten einen besorgten Blick aus. Es war Öznur eindeutig nicht egal. Laura musste Florian schon Recht geben, Eagle und Öznur passten eigentlich ziemlich gut zusammen. Aber Eagle war nun mal… ein Arschloch. Und solange er diese Eigenschaft hatte, würde aus ihm und Özi nie was werden können. Konrad seufzte. „Jaaa, jaaa… Der jugendliche Übermut heutzutage. Ich hab so was damals nicht gemacht… Man hab ich was verpasst.“ „Von wegen, gut so!“, hörten sie Konrads Verlobte von weiter entfernt erneut rufen, was wieder dafür sorgte, dass der größte Teil der Gruppe loslachen musste. Aus den Augenwinkeln merkte Laura, wie Benni den Kopf schüttelte. „Und ihr meint immer, ich sei lebensmüde.“ „Ich gehe jetzt nicht davon aus, dass Özi Eagle gleich umbringen wird, nur, weil er auch noch Lissi mitnimmt.“, sinnierte Ariane. „Das gesamte Unterfangen ist nichts weiter als ein Tanz auf dem Vulkan.“, erwiderte Benni ruhig. „Ihr bringt damit unnötig viele in Lebensgefahr.“ „Was?!? Wieso denn?“, fragte Janine betroffen. „Na ja… Stimmt schon, Lukas hat dich damals gesehen, als wir in Ivory die Feuerblume geholt haben…“ Eagle überlegte. „Aber vermutlich weiß er trotzdem nicht, dass du eine Dämonenbesitzerin bist.“ „Genau, als Flos Begleitung könnte es auch genauso gut sein, dass du seine Freundin bist und damals einfach nur als Hilfe mitgekommen warst.“, meinte Öznur zuversichtlich. „Nicht nur Janine, ihr begebt euch alle in Gefahr.“ Ariane schaute Benni verwirrt an. „Schön, dass du dich anscheinend um uns sorgst und besonders, dass du uns das inzwischen sogar sagen kannst, aber ich sehe daran nicht wirklich was Gefährliches.“ Carsten strich sich nachdenklich über seine Narben. „Na ja, Benni hat schon Recht. Mars ist nicht dumm. Er kann sich garantiert denken, dass nahezu alle Dämonenbesitzer auf der Abendgesellschaft anwesend sein werden.“ „Aber er hat offensichtlich nicht vor, uns zu töten. Sonst hätte er das bei Johannes damals ohne Probleme machen können.“, sinnierte Konrad, „Er möchte sich einfach sicher sein, dass wir keine Gefahr für ihn darstellen.“ „Und das geht am besten, wenn er uns irgendwie in seiner Gewalt hat.“, beendete Florian Konrads Gedankengang. „Wir sollten also schauen, dass Johannes derweil irgendwo sicher aufgehoben ist, sonst nutzt Mars diese Gelegenheit aus.“ Carsten nickte. „Vielleicht bekommen wir von den Direktoren Unterstützung… Hier auf der Coeur-Academy ist er sicher.“ Janine wandte sich an Benni. „Und wir können uns inzwischen auch ganz gut selbst verteidigen.“ Da musste Laura ihr Recht geben. Sie hatte zwar seit ihrem Geburtstag nur eine einzige richtige Trainingsstunde gehabt, aber nun hielt sie länger durch und die anderen waren sowieso allesamt keine schlechten Kämpfer mehr. Noch lange nicht so gut wie Carsten, Konrad, Eagle und Florian, oder gar wie Benni, aber immerhin ganz gut. Seufzend verschränkte Benni die Arme vor der Brust, als schien er eigentlich nicht wirklich diskutieren zu wollen. Laura kaute auf ihrer Unterlippe herum und zog die Beine an. Inzwischen wusste sie, dass man Benni am besten Glauben schenken sollte. Er hatte halt einen verdammt guten Instinkt. Das hatte er oft genug unter Beweis gestellt. Nur die anderen schien er damit noch nicht überzeugt haben zu können. Vorsichtig legte Laura ihm eine Hand auf den Arm und als Benni ihren Blick erwiderte, lächelte sie ihn aufmunternd an. Doch Benni entfernte ihre Hand und stand auf. „Ich werde euch ja offensichtlich nicht davon abbringen können.“ „Wir müssen nun mal herausfinden, was genau Mars vorhat. Sonst wären noch mehr Leute in Lebensgefahr, nicht nur wir.“, meldete sich Susanne zu Wort. Laura schaute die Gruppe fragend an, auch wenn Bennis Abweisung sie verletzt hatte. „Wie genau wollt ihr das eigentlich machen? Lukas ist zwar total bescheuert, aber nicht dumm… Er wird garantiert nicht auf der Abendgesellschaft herumposaunen, dass er auf Mars‘ Seite ist, der am liebsten unsere ganze Welt zerstören würde.“ Lissi kicherte. „Vielleicht wird er mit etwas Alkohol ja gesprächiger.“ Susanne schaute ihre Schwester irritiert an. „Du möchtest ihn abfüllen?“ „So abwegig ist der Gedanke eigentlich nicht…“, überlegte Florian. „Ich kann mir schon vorstellen, dass Lissi das schaffen würde und er hat sie auch noch nie gesehen, wenn ich mich nicht täusche.“ „Und was war in Spirit?“, erinnerte Konrad. „Da hat Benni Lukas so grün und blau geschlagen, ich glaube der wusste danach nicht mal mehr, wo oben und unten war.“, bemerkte Anne schadenfroh grinsend. Benni schien von der ganzen Aktion immer noch nicht überzeugt. „Wie könnt ihr allesamt so naiv sein?“ „Und wie kannst du so pessimistisch sein?“ Ariane schüttelte seufzend den Kopf. „Was will Mars denn groß ausrichten? Abgesehen davon ist er immer noch in dieser tiefsten Schlucht der Unterwelt gefangen.“ „Ist das für euch die Garantie zur Sicherheit?“ Missbilligend wandte sich Benni ab. „Ihr unterschätzt ihn.“ „…Du hast Angst vor ihm.“, bemerkte Eagle leicht amüsiert. Laura fiel auf, wie Benni die Hand zur Faust ballte. „Nicht vor ihm. Vor dem, wozu er in der Lage ist. Ihr wart nicht dabei, als seine Flammen Eufelia-Sensei in Sekundenschnelle ermordet haben. Oder als er mich in Gestalt des Feuer-Phönix angegriffen hat.“ Trotz seiner ruhigen Stimme wusste Laura, dass Benni tatsächlich Angst vor dem hatte, was Mars noch alles machen könnte. Wen er alles verletzen oder gar töten könnte… Genauso wie die anderen, die betroffen den Blick abwandten. Vorsichtig nahm Laura Bennis zitternde Faust und zog ihn wieder zu sich auf die Fensterbank, wo sie ihre Wange an seinen Handrücken schmiegte. Seine Hand fühlte sich in Vergleich zu ihrem Gesicht so schön kühl an… Was vermutlich daran lag, dass Laura natürlich wieder mal leicht erröten musste. Sich offensichtlich geschlagen gebend öffnete Benni seine Faust und strich ihr einige Strähnen aus dem Gesicht. „Aber uns will er doch gar nicht töten, nur dich.“, bemerkte Ariane. Abwehrend hob sie die Hände. „Ich wollte damit nicht sagen, dass das gut ist! Also… Aber so bist du jedenfalls in unserer Nähe sicher und ich glaube nicht, dass du Laura von der Seite weichen würdest. So kann dich jedenfalls kein Monster-Feuer-Vieh angreifen.“ „Es geht nicht um mich.“, erwiderte Benni nur, ging aber nicht weiter darauf ein. Doch Carsten schien im Gegensatz zu einigen anderen verstanden zu haben, was er meinte. „Stimmt, wenn du neben Jacob und Samira Yoru stehst ist die Verwandtschaft offensichtlich… Aber sie waren doch auch damals schon öfter auf denselben Treffen, auf denen du warst und es hat trotzdem keiner bemerkt.“ „Das heißt also, Benni darf nicht in die Nähe seiner Eltern kommen?“, fragte Janine betroffen. Die Geschichte, dass Bennis Eltern ihren Sohn nur aus dem Grund ausgesetzt hatten, um ihn vor Mars zu beschützen schien besonders sie gerührt zu haben. Ja klar, Laura fand das zwar auch rührend, aber sie hatte die Folgen davon miterlebt. Sie fand Bennis Eltern deswegen nicht böse, immerhin hatten sie keine andere Wahl gehabt. Aber Laura war sich ziemlich sicher, dass Benni nicht so… abweisend geworden wäre, wäre er bei ihnen aufgewachsen. Auch wenn er sich inzwischen stark zum Guten gebessert hatte, worüber Laura richtig, richtig froh war. Vorsichtig lehnte sie ihren Kopf gegen Bennis Schulter, während sie Konrad aus dem Computer sagen hörte: „So wäre es am sichersten. Es wäre auffälliger, würden Jacob und Samira ausgerechnet jetzt nicht kommen. Sie waren bis auf wenige Ausnahmen eigentlich immer auf den Abendgesellschaften zu Gast gewesen. Und wenn Laura hin gehen würde aber Benni nicht, wäre das genauso verdächtig. Solange sie sich unauffällig aus dem Weg gehen und sonst normal verhalten wüsste ich nicht, was schiefgehen sollte. Immerhin sind sie teils unbewusst die ganze Zeit schon damit durchgekommen.“ „Trotzdem ist es sehr riskant. Das alles.“ Missbilligend schüttelte Benni den Kopf. „Doch mir glaubt sowieso nie jemand.“ Laura zuckte bei seinem Kommentar zusammen, denn natürlich fühlte sie sofort angesprochen. Immerhin war sie es, die ihm damals beim Thema Schwarzer Löwe nicht geglaubt hatte… Carsten biss die Zähne zusammen. „So ein Unsinn! Aber auf Mars‘ nächsten Schritt abwarten ist noch riskanter. Bisher hatten wir fast immer Glück gehabt, aber weiß Gott, wie lange das noch anhält.“ „Da hat Carsten Recht…“ Susanne nickte nachdenklich. „Aber wir sollten trotzdem vorsichtig sein. Besonders du Lissi, wenn du wirklich versuchst, Mars‘ Pläne aus Lukas zu quetschen.“ Lissi setzte ihre Unschuldsmiene auf. „Was für Pläne, Susi? Ich will einfach nur Lauras absolut heißen Cousin näher kennenlernen.“ Sie grinste ihre Schwester an. „Keine Angst, ich komm schon zurecht. Abgesehen davon kann ich so einigen gewissen Leuten zeigen, dass ihr sehr wohl auf mich angewiesen seid.“ Anne verdrehte auf Lissis Kommentar hin spöttisch die Augen, aber Susanne kicherte. „Ich weiß, dass du das kannst. Aber bitte sei trotzdem vorsichtig.“ „Und übertreib’s nicht.“, mahnte Florian sie. „Wenn du merkst, dass er Verdacht schöpft, suchst du sofort das Weite, verstanden?“ „Jaaaaa, Flöhchen.“, antwortete Lissi wie ein brav erzogenes kleines Mädchen. „Das gilt für alle.“, wandte sich Konrad auch an den Rest. „Benni hat schon Recht, wir bringen mit diesem Unterfangen nicht nur uns selbst in Gefahr, sondern auch alle, die uns nahestehen. Falls irgendetwas passieren sollte, haut ihr sofort ab oder ruft um Hilfe.“ Die gesamte Gruppe nickte. „Na also.“ Ariane grinste Benni an. „Und falls wirklich was passiert, kannst du uns jedenfalls unter die Nase reiben, dass du Recht gehabt hattest.“ Benni seufzte. „Falls wirklich was passiert ist es bedeutungslos, wer Recht oder Unrecht hatte.“ „Dann darf halt nichts passieren.“, meinte Öznur bestimmt. „Seh‘ ich auch so.“, gab Eagle ihr Recht. „Dann geh ich davon aus, dass ihr übermorgen im Laufe des Tages kommt.“ Carsten nickte. „Ich denke, Janine kann sich inzwischen selbst nach Ivory zu Florian teleportieren. Der Rest von uns kommt dann nach Indigo, bis auf Laura deren Eltern dieses Jahr immerhin die Gastgeber sind.“ Laura schaute Benni fragend an. „Und was ist mit dir?“ Auch wenn sie es schon verstehen konnte, dass Benni vermutlich lieber soweit es ging ihrem Vater aus dem Weg gehen wollte… Er war ihre Begleitung! „Wie du willst.“, antwortete Benni nur. Lauras Wangen färbten sich rötlich. Natürlich wollte sie so oft wie möglich bei ihm sein! …Aber so offensichtlich konnte sie das nicht sagen. Doch Benni hatte ja sowieso einen sechsten Sinn für ihre Gedanken. Was sie sowohl gut als auch schlecht fand. Allerdings nahm Konrad ihr die komplizierte Antwort ab. „Benni kommt am besten mit Rina und mir, immerhin sind wir seine Erziehungsberechtigten und so lenkt das vielleicht von seinen leiblichen Eltern ab.“ Enttäuscht senkte Laura den Kopf, als Benni einen Arm um sie legte und sie näher an sich zog. Natürlich hatte er ihre Gedanken erahnen können! Während sie sich glücklich und verlegen zugleich an ihn kuschelte, hörte sie Lissi begeistert rufen: „Ihr wisst, was das heißt Mädels: Shopping!“ Ariane stöhnte auf. „Neeeiiiin.“ „Oh doch!“, meinte Lissi bestimmt. „Das ist eine Abendgesellschaft der Adligen, Nane-Sahne! Wir müssen entsprechend aussehen, immerhin wollen wir unsere armen Begleitungen doch nicht blamieren!“ „Warum können wir nicht einfach die Kleider vom Neujahrsball nehmen?“, fragte Ariane genervt, die Shoppen ganz eindeutig nicht leiden konnte. „Also wirklich.“ Tadelnd schnalzte Lissi mit der Zunge. „Diese Kleider waren für eine etwas elegantere Abendparty zwar ganz in Ordnung, aber für ein Treffen hoher Tiere viel zu schlicht.“ „Und was ist, wenn wir das Geld dafür nicht haben?“, fragte Öznur und klang selbst leicht gereizt. Lissi zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, Özi-dösi.“ Florian seufzte. „Also Janines Kleid soll sowieso elbenhaft aussehen. Da frage ich mal eine Freundin, ob sie hilft.“ „Also die Prinzessin.“, bemerkte Konrad kichernd. „Warum musst du andauernd solche Witze machen?“, fragte Florian ihn genervt. Einige der Mädchen tauschten amüsierte Blicke aus, bis Carsten total verlegen meinte: „Du kannst ein Kleid von mir haben, Nane… Also- nein! So meinte ich das nicht, ich- ich gebe dir das Geld dafür!“ Danach wurden keine amüsierten Blicke mehr ausgetauscht, sondern viele der Mädchen lagen sofort vor Lachen auf dem Boden und aus dem Lautsprecher des Laptops konnte Laura hören, dass es den drei Jungs ähnlich erging. Sie selbst bekam schon Bauchschmerzen. Carsten würde garantiert richtig gut in einem Kleidchen aussehen! Kichernd klopfte Ariane ihm auf die Schulter. „Danke, ich weiß das sehr zu schätzen.“ Mit hochrotem Kopf brachte Carsten nur noch ein Nicken zustande. Laura versuchte sich zusammenzureißen. Sie war immerhin genauso verpeilt wie er, wenn es um Beziehungen ging… Und ihr Bauch tat allmählich ganz schön weh. „Na gut, dann spendiere ich Öznur ein Kleid.“, meinte Eagle und hatte es natürlich von Anfang an besser formulieren können als Carsten. Öznur schnaubte. „Das ist auch das mindeste, nachdem du mich zu nichts weiter als eine von vielen degradiert hast.“ „Eine von zweien.“, berichtigte er, aber zufrieden stimmte das Öznur noch lange nicht. Anne schnaubte. „Muss ich Susanne jetzt auch ein Kleid kaufen?“ Sofort prusteten wieder fast alle los. „Auf jeden Fall!“, rief Öznur lachend. „Nein, das ist nicht nötig.“, brachte Susanne ebenso belustigt hervor. „Lissis und meine Eltern sind zwar nicht adlig, aber als Oberbürgermeister von Kara doch recht wohlhabend. Was denkt ihr, woher Lissi das ganze Geld für ihre Kleidungen hat?“ Erleichtert atmete Eagle auf. „Ein Glück, dann bleibt von meinem Taschengeld doch noch was übrig.“ „Sonst wäre dein monatlicher Zigarettenvorrat den Bach runtergegangen, was?“, bemerkte Anne spöttisch. „Ja, wäre er.“, antwortete er ruhig. „Dann sollte er Lissi lieber doch ein Kleid kaufen.“, murmelte Laura und spürte, wie Benni zustimmend nickte. Eigentlich war es ihr vollkommen egal, ob sich der, der den armen Carsten ständig in die Verzweiflung stieß, die Lunge kaputt rauchte. Aber seit Benni wegen Eagles Raucherei das Eisblumengift nicht hatte bemerken können, würde sie Eagle bei jeder Zigarette, die er anzündete, am liebsten eine reinhauen. …Auch, wenn das bei Lauras Kraft nichts bewirken würde. Was vermutlich der Grund dafür war, warum sie es noch nie gemacht hatte. „Okay, dann haben wir jetzt alles geklärt, oder?“, fragte Konrad, „Rina ist nämlich immer noch ganz schön sauer wegen meinen Kommentaren vorhin und wartet schon mit der Schere auf mich…“ „…Mit der Schere? Interessante Waffe. Wofür?“, fragte Anne belustigt. Anscheinend hatte sich Rina in Konrads Arbeitszimmer geschlichen, denn plötzlich stand sie neben ihm, wie Laura soweit es ihr möglich war auf dem Laptop erkennen konnte. „Oh, ich muss Konrad noch für übermorgen die Haare schneiden. Das hat er jetzt davon.“, meinte Rina schadenfroh. Konrad stöhnte auf. „Bitte nicht, ich mag diese Länge.“
„Selbst schuld!“ Rina schlug ihn auf den Hinterkopf. „Dein ‚jugendlicher Übermut‘ ist dieses Mal zu sehr mit dir durchgegangen.“ Konrad schüttelte lachend den Kopf. „Dann musst du aber auch Benni die Haare schneiden, wenn er übermorgen kommt.“ „Nur über meine Leiche.“, erwiderte Benni und klang dabei ruhig und sarkastisch zugleich. Trotzdem, oder gerade deswegen, bekam Laura wieder einen Lachanfall. Rina überlegte. „Lass mal sehen.“ Mit einer Handbewegung scheuchte sie durch den Laptop die Mädchen beiseite, bis diese eine Gasse gebildet hatten, sodass Rina Benni und Laura betrachten konnte, wie sie auf der Fensterbank saßen, Laura sich langsam von ihrem Lachanfall beruhigte und Benni sie immer noch im Arm hielt. Schließlich meinte Rina: „Ich sehe keinen Grund, Benni die Haare zu schneiden. Er ist vorbildlich lieb zu seiner Freundin.“ Und wieder lachten die übrigen Mädchen los. „So werdet ihr bestraft?“, fragte Laura amüsiert. Benni nickte. „Irgendwie schon… Danke.“ Trotz ihrer geröteten Wangen musste Laura grinsen und strich Benni durch seine seidig weichen, platinblonden Haare. „Ein Glück, dass du ihr entkommen bist. Ich mag deine Haare genau so, wie sie jetzt sind.“ Total verlegen vergrub sie ihr nun noch mehr gerötetes Gesicht wieder in Bennis Brust. „…Und das war peinlich.“ Aber es war halt so! Sie fand kurze Haare an Jungs schrecklich! Na gut, nicht immer, es gab auch welche, denen das stand. Aber trotzdem mochte sie es, wenn sie etwas länger waren. Vermutlich hatten ihre ganzen Mangas sie in diesem Punkt beeinflusst. Andererseits wollte Laura aber auch nicht, dass Benni so lange Haare wie Carsten hatte, oder gar wie Eagle. Sie fand halt genau diese Länge toll! Benni erwiderte nichts darauf, sondern strich ihr einfach nur übers Haar, aber Laura war sich eigentlich sicher, dass er sich darüber gefreut hatte… Tief im Inneren… Wenn man sonst nur so Sachen wie Monster oder Onkel oder sonst so was in der Art zu hören bekam, freute man sich doch garantiert mal über ein Kompliment! Okay, das ‚eiskalter Engel‘ vom Direktor konnte man auch in gewisser Weise als Kompliment betrachten, aber… es kam vom Direktor! Vom Laptop her hörte Laura Konrad schnauben. „Du Glückspilz, Benni.“ Rina klatschte in die Hände. „Auf jetzt.“ Seufzend verabschiedete sich Konrad und ging offline. „Also da ist es eindeutig, wer die Hosen anhat.“, bemerkte Eagle belustigt. „Na gut, ich geh dann auch mal. Bis übermorgen.“ Auch er und Florian verließen die Videokonferenz. Die Mädchen wandten sich an Benni und Laura.
„Da hast du noch mal Schwein gehabt, Benni.“, bemerkte Ariane lachend. „Bedank dich lieber mal bei Laura.“ „Hat er schon.“, meinte Laura verlegen, war aber auch selbst leicht amüsiert. Öznur kicherte. „Du achtest also doch jedenfalls etwas auf dein Aussehen.“ „Oh nein, gar nicht.“, belustigt verdrehte Carsten die Augen. „Das Haareschneiden sieht in der Familie Ritus aber meistens so aus, dass es eigentlich der Butler macht. Rina gibt aber so nervtötende Anweisungen, dass es in einem Chaos ausartet und er ihr schließlich einfach die Schere in die Hand drückt.“ Benni nickte. „Am Ende hat man nichts davon als Kopfschmerzen.“ „…Und eine ruinierte Frisur.“, ergänzte Carsten lachend. „Oh jeee, das ist ja wirklich eine Bestrafung.“, bemerkte Öznur mitleidig. „…Du meinst wegen der ruinierten Frisur und nicht wegen der Kopfschmerzen.“, fiel Anne nüchtern auf. „Natürlich!“, rief Öznur empört. „Kopfschmerzen verschwinden wieder, aber eine ruinierte Frisur lässt sich nicht so schnell beheben, außer durch noch kürzer schneiden. Und wer will das schon?!“ Anne schüttelte den Kopf „Deine Probleme will ich haben.“ „In der Tat. Özi-dösi muss sich jetzt noch keine Gedanken darum machen, was sie anzieht. Das macht Eagle-Beagle ja schon für sie.“ Lissi kicherte. „Ich denke, er wird sich ganz schön Mühe geben, nachdem du so verärgert gewirkt hast.“ Öznur verschränkte schnaubend die Arme vor der Brust. „Das hoffe ich für ihn.“ „…Magst du ihn eigentlich wirklich?“, erkundigte sich Janine schüchtern. Seufzend ließ sich Öznur auf eins der drei Betten fallen. „Jaaa, ich mag ihn schon, aber er kann manchmal halt so… so ein Arsch sein!“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann mir keine Beziehung mit jemandem vorstellen, der Tag aus Tag ein seinen kleinen Bruder drangsaliert. Halbbruder hin oder her, Carsten ist immer noch sein Bruder!“ Bedrückt wandte Carsten den Blick ab. „Obwohl er so bescheuert ist, scheinst du ihn trotzdem zu mögen… Oder irre ich mich da?“, fiel Susanne auf. Carsten setzte sich neben Laura und Benni auf die Fensterbank. „Wie ihr schon gesagt habt… Er ist mein Bruder. Ich kann ihn nicht hassen…“ Traurig musterte Laura ihren besten Freund. Es schien ihn wirklich fertig zu machen, dass sein eigener Bruder ihn so verabscheute… „Ich verstehe, was du meinst…“ Laura klammerte sich an Bennis Arm. „Auch, wenn ich letztens erfahren musste, dass Lucia und Luciano in Wahrheit alles andere als freundlich und zuvorkommend waren… dass Lukas sie beeinflusst hatte… und dass sie in Wirklichkeit total gemein zu Benni waren… Ich kann sie trotzdem nicht hassen!“ „Aber zu dir waren sie jedenfalls freundlich, wenn ich das richtig verstanden habe.“, meinte Anne schulterzuckend. „Dich haben sie nicht wirklich gehasst. Bei Carsten ist das anders.“ „Hey, mich können Madre und Padre auch nicht wirklich leiden.“, meldete sich nun auch Lissi zu Wort. „Und ich hatte mir am Anfang auch noch erhofft, dass sich das ändern wird.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Aber es hat sich nichts geändert. Und irgendwann verschwindet die Zuneigung automatisch, auch wenn sie zur Familie gehören.“ „Es tut mir leid…“ Betroffen wandte Susanne den Blick ab. „Ach was Susi. Ich hab doch gesagt, dass du nichts dafür kannst. Das ist nun mal so!“ Nachdenklich stemmte Ariane die Fäuste in die Hüften. „Vielleicht braucht unsere liebe Lissi deswegen so viele Beziehungen… Weil die Zuneigung der Eltern ihr verwehrt geblieben ist.“ „Das ist jetzt doch sehr weit hergeholt.“, kommentierte überraschender Weise Benni ihre Aussage. Carsten prustete los. „Stimmt, deiner These nach müsste Benni dann zu dem totalen Herzensbrecher geworden sein. Immerhin ist er komplett ohne Eltern aufgewachsen.“ „Er ist doch der totale Herzensbrecher. Wenn auch ungewollt.“ Öznur zuckte mit den Schultern. „Ich will nicht wissen, wie viele Mädchenherzen gebrochen waren, als Benni nach den Osterferien eine Freundin hatte.“ Sie zwinkerte Laura zu, die natürlich wieder mal rot wurde. Aber… Irgendwie fand sie es auch schön, als Bennis Freundin bezeichnet zu werden! …Wenn man sich erst mal dran gewöhnt hatte. Carsten schüttelte lachend den Kopf. „Aber er ist nicht so ein Macho, wie Eagle.“ „Und der hatte elterliche Zuneigung.“, bemerkte Laura. „Na ja… Ist seine Mutter nicht sehr früh gestorben?“, erinnerte sich Ariane mitfühlend. Carsten nickte. „Kurz vor meiner Geburt.“ „Also fehlt die elterliche Zuneigung doch zum Teil.“, verteidigte Ariane ihre These. „Und Benni beweist immer noch das Gegenteil.“, widersprach Janine lachend. „Und wo wir schon bei elterlicher Zuneigung sind: Davon hatten Laura und ich auch nicht so viel.“, ergänzte Anne. „Benni ist ein Fall für sich!“, meinte Ariane abwehrend. „Und du auch, Anne. Und Laura… Tja, die war sowieso von Anfang an total Benni-vernarrt!“ Natürlich wurde Laura bei Arianes Bemerkung schlagartig knallrot. Benni-vernarrt?!? Benni-vernarrt?!?!? „Okay, jetzt übertreibt ihr echt!“, versuchte Laura sich zu verteidigen, während die Mädchen und Carsten wie immer lachen mussten. Carsten hielt im Lachen inne, schaute Laura an, wie sie immer noch an Benni gekuschelt war und schüttelte schließlich wieder lachend den Kopf. „Nein, Ariane trifft es perfekt. Es könnte sogar sein, dass sie etwas untertreibt.“ Laura war das alles todpeinlich. Okay, dann war sie halt ‚Benni-vernarrt‘, aber warum mussten die das so direkt sagen? So direkt vor Benni?!? Das Lachen der übrigen Mädchen und Carsten hörte sich auf einmal so unerträglich laut an, dass Laura die Hände auf ihre Ohren presste. Doch es schien nicht zu helfen. Warum musste eigentlich immer sie diejenige sein, über die gelacht wurde?!? Schließlich hielt Laura es nicht mehr aus. „Hört auf!“, brüllte sie unter Tränen, „Hört auf!!!“ Mit einem Schlag war es still im Raum, dennoch hörte Laura ein schreckliches Dröhnen in ihren Ohren. „Laura, so war das nicht gemeint, wir wollten nicht-“, setzte Ariane an und legte ihre Hand auf Lauras Arm, doch sie schüttelte sie grob ab. „Nein, ich will das nicht mehr hören! Immer müsst ihr mich auslachen! Immer wieder!“ „Wir lachen dich nicht aus.“, versuchte Janine sie zu beruhigen. „Doch, tut ihr!“, schluchzte Laura. „Nein, überhaupt nicht.“, versicherte Carsten ihr und strich tröstend über ihren Rücken. „Dass wir lachen ist alles andere als böse gemeint. Wir finden es… irgendwie süß, dass du Benni so sehr magst und das auf deine Art und Weise zeigst.“ „Ja, so wie wir vorhin alle bei Carstens Kommentar lachen mussten. Es war halt total süß!“, meinte Öznur kichernd, woraufhin Carsten knallrot im Gesicht wurde. Ariane nickte. „Und wie wir hin und wieder über Benni lachen, weil auch er richtig knuffig sein kann, wenn er bei dir ist… Wie jetzt.“ Erst jetzt bemerkte Laura, dass Benni sie trotz ihrer Heulattacke immer noch im Arm hielt, was ihren Herzschlag sofort beschleunigte. Schniefend wischte sie sich mit dem Handrücken die Tränen weg. „Trotzdem ist es gemein… Mir ist das halt peinlich!“ „Deine Gefühle für Benni müssen dir doch nicht peinlich sein.“, bemerkte Öznur verwirrt. „Ja, doch! …Nein! …Ich…“ Laura hatte keine Ahnung, was sie darauf erwidern sollte. Es war ihr halt peinlich!
Nicht ihre Gefühle, sondern die Art, wie sie ihre Gefühle zum Ausdruck brachte! Und besonders, dass die anderen sie immer wieder ins Lächerliche zogen… Wenn auch unbeabsichtigt. Und das Schlimmste war sowieso, dass das alles auch noch immer wieder in Bennis Gegenwart passieren musste! Ariane seufzte. „Benni, wie wäre es, wenn du mal was dazu sagen würdest?!“ Laura wollte es gar nicht erst hören, wie peinlich er sie fand… Denn Benni konnte leider ziemlich direkt sein. „Was denn?“, kam Bennis Gegenfrage. Ariane stöhnte auf. „Was weiß ich?!“ „Am besten irgendetwas Schnulziges. Dass du sie nicht peinlich, sondern total süß findest, oder so in der Art.“, schlug Öznur kichernd vor. So ein Unsinn, dachte Laura bedrückt. Ich bin nicht süß, sondern einfach nur todpeinlich. Sie fragte sich, warum sich Benni überhaupt noch mit ihr abgab… „So etwas liegt mir nicht.“, erwiderte Benni auf Öznurs Vorschlag. Na also. Betrübt senkte Laura den Kopf. Benni konnte nicht lügen, also blieb ihm nichts Anderes übrig, als die Wahrheit zu umschreiben. Und so, wie er das gesagt hatte, wollte er ihr die grausame Wahrheit anscheinend ersparen: Dass er sie nämlich nicht total süß, sondern peinlich fand. Laura wollte sich deprimiert aus seiner Umarmung lösen, doch genau in diesem Moment verstärkte Benni seinen Griff und drückte sie an sich. „Und du hast das natürlich sofort missverstanden.“, bemerkte er nüchtern. Lauras Gesicht an Bennis Brust fühlte sich kochend heiß an. Also meinte er damit, dass er sie doch süß und nicht peinlich fand? …Oder hatte er gedacht, dass sie vorhin das gedacht hatte und sie doch so fand, wie ihr eigentlich erster Gedanke war?!? …Nein, eigentlich müsste er damit gemeint haben, dass seine Aussage noch lange nicht hieß, dass er sie peinlich statt süß fand… Oder doch nicht?!?
Laura war total verwirrt. Aber er hatte seine Umarmung verstärkt und das hätte er doch nie und nimmer gemacht, wenn er sie peinlich fand… …Also fand er sie doch süß!!! Zwar war Laura immer noch vollkommen durcheinander, aber irgendwie auch glücklich, wenn ihr Gedankengang tatsächlich stimmte. ~*~ Sehr zu Arianes Bedauern hatte sich Lissi trotzdem noch durchsetzen können, was die Shoppingtour betraf, weshalb sich jetzt einige der Gruppe auf der Einkaufsmeile in Jatusa befanden. Benni hatte sich fein rausreden können, da er am Samstag ja auch noch nachmittags Unterricht hatte. Ariane würde jetzt auch viel lieber Trainieren, als Einkaufen… Laura war auch aus dem Schneider, da sie bei der Abendgesellschaft einen Kimono tragen würde. Es hatte zwar eine längere Diskussion gegeben, warum sie nicht jedenfalls wieder ein Kimono-ähnliches Kleid trägt, aber Laura traute sich das einfach nicht in Gegenwart ihres Vaters… Ariane mochte Leon Lenz kein bisschen. Sie verstand schon, warum er nicht ganz begeistert von Benni war. Immerhin hatte sie ihn anfangs aufgrund seiner verschlossenen Art auch ziemlich unsympathisch gefunden. Aber im Prinzip war Benni eigentlich richtig nett. Sarkastisch, aber doch nett. Und zu Laura war er nicht nur nett, sondern total lieb, was dafür sorgte, dass sogar Ariane ihn inzwischen gern hatte. Wenn Lauras Vater nur das sehen würde, was sie und die anderen mitbekamen… Er würde wissen, dass Benni der Richtige für seine Tochter wäre. Und inzwischen wusste Ariane genau, dass Benni Lauras Gefühle erwiderte. Auch, wenn er selbst sie vermutlich immer noch nicht wirklich verstand. Ariane hatte Übung darin bekommen, Bennis Gefühle zu erkennen, auch wenn sich diese selten in seiner Mimik zeigten. Doch seine Taten sprachen dafür umso lauter. Die Zuneigung, die er für Laura empfand, war darin eindeutig zu sehen. Aber Leon Lenz machte einen auf Oberhaupt der Familie Capulet! Hoffentlich würde er es mal schaffen, Benni auf der Abendgesellschaft endlich mal unvoreingenommen betrachten zu können, nicht als ‚Teufelskind‘ oder ‚Waldläufer ohne Identität‘ oder sonst wie… Sondern einfach nur als Benni. Ariane seufzte. Und hoffentlich ist diese dämliche Shoppingtour schnell vorbei! Ninie war auch nicht mitgekommen, da Florian sich ja mithilfe dieser ominösen Prinzessin um ihr Kleid kümmerte. Wehe es war nicht hübsch! Aber eigentlich war sich Ariane ziemlich sicher, dass Ninie eine hinreißende Elbin werden würde, egal in welchem Kleid. Und sie war sich ebenso sicher, dass Florian garantiert darauf achtete, dass es auch hübsch war und zu ihr passte. Öznur war trotzdem mitgekommen, obwohl sie erst mit Eagle ein Kleid kaufen würde. Immerhin brauchten die anderen neben Lissi auch eine Modeberaterin, die nicht nur auf einen ‚angemessenen‘ Ausschnitt achtete. Ariane fand sich mit der Gruppe in einem total überteuerten Laden wieder, in dem eindeutig nur die höheren Schichten einkauften. Aber die Kleider waren wirklich hübsch, dass musste sich Ariane eingestehen als sie Susanne beobachtete, die ein langes Kleid mit Rüschen und Blumen und sonstigen Verzierungen in altrosa anprobierte, in dem sie einfach nur atemberaubend schön aussah. Arianes Blick fiel auf Anne, die derweil bei den Hosenanzügen stand und einen dunkelgrünen mit goldenen Streifen herausholte. Öznur sog geräuschvoll die Luft ein. „Oh mein Gott, seht mal alle her: Anne hat Spaß am Einkaufen!!!“ Diese zischte genervt. „Von wegen. Ich finde nur diesen Hosenanzug hübsch.“ Öznur kicherte. „Susi in dem langen rosa Kleid und du in dem dunkelgrünen Hosenanzug… Ihr werdet garantiert ein wunderschönes Paar abgeben!“ Anne verdrehte die Augen. „Sie ist nur meine Begleitung.“ „Diesen einen Abend kannst du doch mitspielen.“, meinte Carsten amüsiert. Öznur schnippte mit den Fingern. „So, Susi ist nun fertig und Anne anscheinend auch, wenn ihr der Anzug passt. Nun komm ich zu euch, Carsten und Nane!“ Carsten seufzte. „Ich hatte befürchtet, dass du das sagst.“ Lissi klopfte ihm auf die Schulter. „Etwas mehr Entrustiasmus, Cärstchen!“ „…Es heißt Enthusiasmus.“, berichtigte er sie. Sie zuckte mit den Schultern. „Vertrauen brauchst du aber auch. Besonders Selbstvertrauen. Aber egal. Los, suchen wir dir einen bezaubernden Anzug!“ „Das kann ich auch selbst.“, meinte Carsten verlegen, doch Lissi bestand darauf, ihn bei der Entscheidung zu ‚unterstützen‘. „Achte darauf, dass er lila Augen hat, das müssen wir unbedingt betonen!“, rief Öznur ihr hinterher, „Oh, und für Nane werd‘ ich vermutlich silber oder so nehmen. Also pass auf, dass die auch bloß zusammenpassen!!!“ Ariane seufzte, während sie Öznur beim Kleider-betrachten beobachtete. „Warum macht ihr eigentlich ein so großes Tam-tam darum, dass wir optisch zusammenpassen?“ „Weil du seine Begleitung bist?“, fragte Öznur, rhetorisch gemeint. Sie zuckte mit den Schultern und hängte eins der Kleider wieder auf die Stange. „Irgendwie sollte es doch schon eindeutig sein, dass ihr zusammengehört. Findest du nicht?“ „Und wieso?“ Verwundert schaute Öznur sie an. „Willst du etwa, dass man denkt, du willst nichts mit ihm zu tun haben?“ „Was?!? Nein!“ Abwehrend hob Ariane die Hände. „Wird das denn gleich so interpretiert?!?“ „Keine Ahnung. Aber ihr sollt zusammen doch ein schönes Bild abgeben.“ Grinsend hielt Öznur Ariane eins der Kleider hin. „Ich hoffe es passt, denn es ist perfekt!“ Und leider musste Ariane Öznur in diesem Punkt Recht geben, das Kleid war wirklich wie für sie gemacht. Der Stoff war glänzend silbern und reichte etwa bis zu den Knien, wo noch irgend so ein Netz-Spitzen-Dings befestigt war, wie auch immer man so was nannte. Zu Arianes Erleichterung hatte das Kleid jedenfalls einen Träger, an dem lila Stoff-Orchideen befestigt waren, denn ohne Träger hatte Ariane immer das ungute Gefühl, dass ihr das Kleid gefährlich weit nach unten rutschen könnte. Und das Glück war auf ihrer Seite, es passte perfekt, was Ariane ein weiteres Kleidergesuche ersparte. Carsten war auch -trotz Lissi- überraschend schnell fertig geworden, auch wenn Ariane seinen Anzug nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Nur Lissi selbst brauchte natürlich noch eine Stunde, bis sie ein Kleid für sich gefunden hatte. Es würde vermutlich nicht zu Öznurs und Eagles Outfits passen, aber Lissi wollte sich ja sowieso sobald es ging an Lukas hängen… Ariane traute Lissi schon zu, Lukas Mars‘ Pläne abzuluchsen. Aber sie machte sich trotzdem Sorgen. Benni hatte schon Recht, sie brachten mit dieser Aktion nicht nur sich selbst in Gefahr, sondern auch alle, die ihnen nahestanden… Ariane hoffte von ganzem Herzen, dass Lissi genauso viel Glück haben würde, wie sie bei ihrer schnellen Kleidersuche. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)