Demon Girls & Boys von RukaHimenoshi ================================================================================ Kapitel 108: Der Unzerstörbare - Teil 1 --------------------------------------- Der Unzerstörbare - Teil 1       Laura atmete noch einmal tief durch und verstärkte ihren Griff um Arianes und Bennis Hand, ehe sie sich dazu überwand die Augen zu öffnen. Die Schlucht sah genauso aus wie die Illusion aus Jacks Erinnerung. Der Raum war gigantisch, sie kam sich vor wie eine kleine Maus in einer gewaltigen Kapelle. Die Lichter der Magier verloren sich nach oben hin im Nichts und die Wände bestanden aus grobem Stein als wäre es ganz natürlich, dass sich unter diesem riesigen Schloss eine so tiefe Schlucht befinden konnte. Bei einem Blick vor ihre Füße erkannte Laura eine Furche vom Teil des Musters, welches die vier Kreise zu bilden schien. Überrascht stellte sie fest, dass die einst verschlossenen, überdimensional großen Türflügel nun weit offen standen. Und noch überraschter fiel Laura die Ruhe auf. Verwirrt schaute sie sich um. Sie waren alle hier. Alle außer… Noch während sie sich fragte, wo Kito, Johannes und Mars waren, wurde sie von einem plötzlichen Licht geblendet. Erschrocken stolperte Laura nach hinten in Benni hinein, als die drei Fehlenden wenige Meter entfernt von ihnen auftauchten. Eagle stieß einen Fluch aus. „Verschwindet von dort!“ Die beiden Kinder wichen unbeholfen zurück. Mars wollte nach ihnen greifen, doch in dem Moment hatte Kito sich und Johannes schon hinter Eagle teleportiert. Dieser schlug mit seinem Großschwert zu. Mit einem Zischen raste eine Windsichel auf Mars zu, die der Dämon mit einem Ausdruck der Belustigung und purpurn leuchtender Energie zerstörte. „So sieht man sich also wieder.“, grüßte er sie, mit dieser tiefen, samtenen Stimme, die so gar nicht zu dem Körper passte, den er nach wie vor beherrschte. Er richtete sich auf, blickte in die Runde. Betrachtete die ganzen Dämonenverbundenen. Es war so weit, nach all der Zeit standen sie dem Dämon gegenüber. Endlich hatten sie die Möglichkeit ihm ein Ende zu setzen. … Und jetzt? Unsicher was sie tun sollte, begab sich Laura in Verteidigungsposition. Andere taten es ihr gleich. Jeder schien darauf zu warten, dass ihr Gegner den Kampf beginnen würde. Dass der erste Angriff von ihm aus käme. Welcher irgendwie nicht so eine Absicht zu haben schien. Mars‘ Blick fiel auf Benni. „Beeindruckend, du hast es also tatsächlich geschafft. Bisher hatte ich nur davon gehört, dass Besitzer eines Gottesdämons diese Fähigkeit haben. Und? Wie fühlt es sich an, komplett ohne eine irdische Hülle zu sein?“ „Deutlich besser, da ich nicht länger gezwungen bin deinen Fanatismus machtlos ertragen zu müssen.“ Ein Schauder fuhr durch Lauras gesamten Körper, als sie Bennis eisige Stimme hörte. Bei einem vorsichtigen Blick zur Seite bemerkte sie das rötliche Glühen seines rechten Auges. Laura schluckte schwer. Benni war wütend. Richtig wütend. Unbeeindruckt dessen lachte Mars auf. „Ach komm, so machtlos warst du auch nicht. Immerhin hast du mich sogar zweimal daran hindern können, jemanden zu töten, der dir wichtig ist.“ Irritiert hielt Laura inne. Zweimal sogar? Das eine Mal war der Angriff auf sie selbst gewesen, aber sie konnte sich nicht daran erinnern, wann Benni noch jemanden vor dem sicheren Tod bewahrt haben könnte. Dieser biss die Zähne zusammen, schien kurz davor Mars von sich aus anzugreifen. Fast so, als wolle er es selbst übernehmen, dieses Monster aus seinem Körper zu vertreiben. Er war es leid, wie viele Menschen hatten sterben müssen. Wie viel Schaden durch seine Hände angerichtet worden war. Die Anspannung wuchs, Laura schaffte es kaum zu atmen. Sie wartete regelrecht darauf, dass sich alles in einer riesigen Explosion entladen würde. Und doch warteten alle nur. Sie warteten auf… irgendetwas. Wachsam, aber wartend. Der eine hoffte, den anderen in einem unachtsamen Moment zu ertappen. Ihn zu überraschen, zu einem voreiligen, unbedachten Angriff zu bewegen. Ein Schritt, bei dem man das Gegenüber auf dem falschen Fuß erwischen könnte. Bei dem man ihn irgendwie aus dem Gleichgewicht brachte. All das, was man gar nicht erkennen konnte, wenn man nicht wusste worauf zu achten war. Der Blick, die Haltung, … Wie ein gespannter Bogen. Man musste die Sehne nur noch loslassen, damit der Pfeil das Ziel durchbohren konnte. Es fehlte nur noch der richtige Augenblick. Zitternd wich Laura zurück als ihr bewusst wurde, wie viel dieses Kampfes bereits jetzt schon in ihren Köpfen ausgetragen wurde. Und das war die Bewegung, auf die er gewartet hatte. Erschrocken schrie sie auf, als sich ein Erdspalt zwischen ihr und Benni auftat, sodass sie zur Seite weichen musste, dabei über ihre Füße stolperte und hinfiel. Noch zu sehr davon eingenommen, bemerkte sie die zerstörerische Atmosphäre erst, als Benni sie mit seiner Finsternis-Energie abfing. Florian und Konrad starteten einen Konter, aber auch ihre Zauber wurden von Mars‘ Zerstörungs-Energie mit spielerischer Leichtigkeit geblockt. Eagle versuchte diesen Moment der Ablenkung für sich zu nutzen, doch dank Bennis Kampftalent wich Mars seinem Schwerthieb ohne Probleme aus. Laura spürte, wie sich Feuer-Energie freisetzte. Erschrocken hielt sie den Atem an, erwartete schon fast Eagles Schmerzensschrei zu hören, als eine andere Feuer-Energie die Flamme sofort wieder löschte. „Lass meinen Freund in Ruhe, du Wichser!“, brüllte Öznur, überraschend Energiegeladen dafür, dass sie vorhin erst knapp dem Tod entronnen war. Sie sandte eine lodernde Feuersbrunst aus, auf Mars zu, die zu einem brennenden Tornado wurde als Eagle sie mit seiner Wind-Energie verstärkte. Die gesamte Schlucht bekam eine rötliche Färbung, die Luft schien zu dampfen. Laura nutzte den Moment, um sich endlich wieder auf die Beine zu mühen und vor der sengenden Hitze und den Funken zurückzuweichen. „Onkel…“ Plötzlich stand da Johannes, der an Bennis T-Shirt zupfte und ihm seine Pistole entgegenhielt. Was zum- wie war er denn da drangekommen?! Benni zögerte kurz, doch schließlich streckte er die Hand danach aus. Sie war eine Dämonenwaffe, also war es gut möglich, dass er sie würde berühren können. Und tatsächlich, seine Finger konnten das silbern glänzende Metall umschließen. „Danke.“, erwiderte Benni nur und wuschelte dem bis über beide Ohren grinsenden Jungen durch die Haare. Erschrocken zuckte Laura zusammen, als er direkt den ersten Schuss abfeuerte und Mars davon abhielt Jannik zu nahe zu kommen, der sich von ihnen allen am wenigsten zu wehren verstand. Der Dämon warf ihm einen belustigten Seitenblick zu. Und ließ die Kugel fallen, die er mithilfe der Finsternis-Energie aufgefangen hatte. Anscheinend hatte er selbst diesen Trick übernehmen können. Noch während sie den klirrenden Aufschlag der Kugel hörte, wurde Mars von gewaltigen Ranken eingefangen, die ihn daran hinderten sich zu Jack umzudrehen. Laura selbst bemerkte seinen Angriff erst, als er direkt hinter dem Dämon stand. Mars knirschte mit den Zähnen und wandte sich um, zerschnitt die Pflanzen mit Wasser-Energie. Die sich sofort in einen Rudel Wasserwölfe verwandelten. Sie hielten ihn so gezielt fest, dass Jack ihn ohne Probleme hätte besiegen können. „Was machst du da?!“, brüllte Eagle verärgert zu ihm rüber, als Jack verbissen die Metallklauen wieder in der Armschiene verschwinden ließ und ihm nur mit der Faust die Luft aus den Lungen schlug. Keuchend sackte Mars auf die Knie. Dennoch lächelte er, holte zum Gegenschlag aus. Eine kochende Aura loderte um seine Faust als Mars zuschlug. Den ersten Angriff konnte Jack noch mit seiner Erd-Energie abfangen, doch die Wand war bereits zerschlagen als auch schon die zweite Faust auf ihn zuschoss. Laura hielt den Atem an, wollte sich gar nicht erst vorstellen was hätte passieren können, wenn sich nicht in dem Moment ein Seil um Mars‘ Handgelenk wickelte und der Dämon mit einem einzigen kräftigen Ruck aus dem Gleichgewicht gebracht wurde, was Jack genug Zeit verschaffte um auf Abstand zu gehen. Ein weiterer Peitschenhieb von Lissi hinderte Mars daran, ihm zu folgen. Der Herrscher der Zerstörung lachte auf. „Eine Kette ist nur so stark, wie ihr schwächstes Glied, nicht wahr?“ Laura biss sich auf die Unterlippe. Selbst wenn er gerade gezögert hatte, irgendwie war es gemein, Jack deshalb sofort als schwächstes Glied ihrer Gruppe zu bezeichnen. Susanne schien eine andere Befürchtung zu haben, so wie sie sich vor Anne stellte, die immer noch extrem erschöpft und kaum kampffähig wirkte. Aber auch Eagle schirmte instinktiv Öznur und Kito ab und Jannik wich etwas hinter Florian, während Konrads Blick auf die bewusstlosen Unterweltler unter den letzten Stufen der Treppe fiel, von denen sie einen nachher für Bennis Heilung brauchten. Und vielleicht auch einen für Carstens Augen… Mars richtete sich auf, lächelte zufrieden als er sich ein Bild davon machen konnte, wer wohl wen im Moment als ‚schwach‘ betrachtete. Entsetzt fiel Laura auf, wie viel sie ihm mit diesen unterbewussten Aktionen gerade mitgeteilt hatten. Nun kannte er ihre Schwachpunkte genau. Er musste sich nur einen aussuchen. Und es war der, der am wenigsten offensichtlich darauf reagiert hatte. „Vorsicht!“, schrie Laura erschrocken und versuchte Mars mit einer Finsternis-Sichel ihres Fächers noch aufzuhalten. Doch er war viel zu schnell. Aber immer noch viel zu langsam für Ariane, die den ersten Hieb mit bloßer Hand abfing und den zweiten Schlag mit ihrem in Licht gehüllten Arm blockte. Während Mars die Zähne zusammenbiss, als er selbst die volle Wucht seines Angriffs zu spüren bekam, schrie Ariane: „Jetzt!“ Sie hatte sich gerade erst zur Seite weggeduckt, als Mars auch schon von einer gewaltigen lila Magieexplosion von den Füßen gerissen wurde. Laura gab einen euphorischen Triumpfschrei von sich. Das hatte er davon, Carsten als schwächstes Glied zu betrachten! Benni war sich zum Glück im Gegensatz zu ihr bewusst, dass es trotz diesen einen Treffers noch lange nicht vorbei war. Als er die Hand ausstreckte gab Laura ihm ohne zu zögern sein Samuraischwert zurück. Und tatsächlich, auch diese Dämonenwaffe konnte er berühren. Direkt startete Benni den Angriff, ließ dem Dämon so wenig wie möglich Zeit um zu Atem zu kommen. Laura wurde schon fast schwindelig, als sie den Schlagabtausch der beiden beobachtete. Mars hatte sich viel zu schnell wieder aufgerafft und auch, wenn Benni im Vergleich zum Rest bessere Chancen gegen ‚sich selbst‘ hatte, war da immer noch die Zerstörungs-Energie. Laura hörte Florian irgendetwas zu Konrad rufen. Dieser nickte und nahm seine Dämonenform an, um sich mit den Fledermausschwingen in die Luft zu begeben. Da verstand sie, was der Vampir vorhatte. „Eine grandiose Idee.“, kommentierte Mars mit seiner tiefen Stimme. Er zwang Benni dazu, sich mit Finsternis-Energie vor zerstörerischen Ranken schützen zu müssen und hüllte sich selbst in eine purpurn leuchtende Aura. Noch während Konrad ihre Positionen für den Bann mit farbigen Mustern auf den Kreisen markierte, stieß auch Mars sich vom Boden ab. Gewaltige rötliche Schwingen breiteten sich auf seinem Rücken aus. „Konrad, weg da!“, rief Öznur dem Vampir eine Warnung zu, der sich durch seine wendigen Flugkünste nur knapp vor der purpurn lodernden Welle an Zerstörung retten konnte. Er griff Mars mit einem Meteoritenschauer an, als auch Eagle seine Dämonenform annahm und Mars auf halber Höhe einen Windschnitt endgegenschickte. Doch auch diese beiden Attacken fielen seiner Zerstörungs-Energie zum Opfer. Eagle wich einem zweiten Strahl aus, der dafür auf eine Wand der Schlucht traf. Es tat einen lauten Schlag. Riesige Steine brachen heraus und regneten auf sie herab, wurden von farbig leuchtenden Magieblitzen zu Staub pulverisiert, bevor sie jemanden treffen konnten. Konrad und Eagle hatten es derweil geschafft wieder bei ihnen auf der Erde zu landen, wo sie mit deutlich mehr Personen hoffentlich bessere Chancen hatten. Doch Mars lachte nur und nutzte den Höhenvorteil für sich aus. Wie ein grausamer Engel blickte er auf sie herab und breitete die Arme aus. Ein kaltes Violett leuchtete um seinen Körper, Abermillionen Eiszapfen bildeten sich um ihn herum, die auf sie alle niederzischten. „Man ey, warum beherrschst du so viele Energien, Benni?!“, beschwerte sich Öznur, als sie eine Feuerfront aussandte, unterstützt von Feuerzaubern der Magier und verstärkt durch Eagles und Bennis Wind-Energien. Ein riesiger roter Feuerstrudel loderte über ihnen, der die Eiszapfen in warmen Nieselregen verwandelte. Ungemütlich sanft prasselte er auf sie herab, vermischte sich mit dem Schweiß und ließ eine unwohle Hitze in ihnen aufkommen als befänden sie sich in einer Sauna. Angestrengt versuchte Laura durch die Dunstwolke zu erkennen, was als nächstes geschehen würde. Alleine durch die Anspannung beschleunigte sich ihr Atem, ihr Puls war unter Garantie die ganze Zeit über schon viel zu hoch, was alles andere als gesund sein konnte. Bei dem lauten Zischen erschrak sie, kauerte sich bei dem ohrenbetäubenden Knall auf den Boden. Zwei in Feuer gehüllte Felsbrocken schlugen aus dem Nichts in die letzten Treppenstufen und den darunter liegenden Bereich ein. „Laura!“ Es könnte Arianes Stimme gewesen sein, die Laura wieder aufblicken ließ. Sie erstarrte. Noch mehr dieser gewaltigen Brocken regneten auf sie hinab. Viel zu viele, sodass es den Magiern unmöglich war, auch nur einen Bruchteil dessen noch rechtzeitig zu zerstören. Laura meinte bereits das Glühen auf ihren Wangen zu spüren, als sie realisierte, warum Ariane ausgerechnet ihren Namen gerufen hatte. Laura sprang auf die Beine. Ihre Knie zitterten, sodass sie eher vor stolperte, als sie in die Mitte des Raumes rannte. „Lass sie in Ruhe!“ Ihr Schrei wandelte sich in ein lautes Brüllen, was die Erde zum Beben brachte. Finsternis materialisierte sich um ihren Körper, eine alles verschlingende Dunkelheit. Es brauchte nur diesen einen Wunsch, welcher ihr die Kraft gab und jegliche Angst und Unsicherheit vertrieb. Der Wille alle hier zu beschützen, der sich zu einem gewaltigen Löwen formte. Einem Ungetüm aus purer Energie, welches den Meteoren entgegensprang. Eine Finsternis, die die gesamte Zerstörung in sich aufsaugte. Die alles vernichtete. Laura blinzelte, musste sich einen Moment lang an die Lichter der Magier gewöhnen bis sie sah, dass nichts mehr vorhanden war. Erleichtert atmete sie auf und warf dem Dämon ein zufriedenes Lächeln zu, als sie seinen verärgerten Blick von weit oben bemerkte. „Kommst du nun endlich zurück auf den Boden der Tatsachen?!“ Provoziert von ihrer Aussage stürmte Mars auf sie herab. Seine Absicht sie auf qualvollsten Weg zu töten war fast schon spürbar, quetschte Laura die Kehle zusammen. Dennoch schickte sie ihm mit ihrem Fächer eine Welle aus Finsternis entgegen. Mars wich ihr aus, konterte mit Zerstörungs-Energie. Purpurne Blitze trafen auf schwarzen Rauch, bekamen keine Gelegenheit auch nur einen von ihnen zu treffen. Doch je näher Mars kam, je mehr Laura die Zerstörungs-Energie zu spüren glaubte, umso panischer wurde sie. Umso weniger glaubte sie, sich wehren zu können. Aber zum Glück war Mars so sehr auf sie fokussiert, dass er die geballte Ladung an Energie und Magie erst bemerkte, als sie ihn schmerzhaft gegen die steinige Wand schleuderte. Benommen sackte Laura auf die Knie, nahm am Rande wahr, wie Erd-Energie auf sie herabzuckende Blitze ableitete, bis die Herrscherin des Blitzes dem Gewitter mit einem einzigen Donnerschlag ein Ende setzte. Und dabei den Dämon zu Boden warf. „Guter Treffer, Mini-Hulk!“, lobte Jack erfreut, während Johannes dem Dryaden-Mädchen begeistert zeigte, wie ein High-Five funktionierte. „Geht’s?“, hörte Laura eine vertraute, sanfte Stimme. Sie atmete auf und schloss die Augen, als sie die starken Arme um sich spürte. Lehnte sich erschöpft gegen Benni, dankbar für die Finsternis-Energie, die auf ihren Körper überging. Sie hatte sich wohl doch mehr verausgabt als gedacht. Von weiter entfernt hörte Laura Jack belustigt kichern. „Ich bin mir gerade nicht sicher, ob du sie kuscheln oder vernaschen möchtest.“ Irritiert blickte Benni auf. „Was?“ Während Lissi und einige andere, die nicht gerade mit Mars beschäftigt waren, lauthals losprusteten, spürte Laura das Blut in ihrem Kopf hochkochen. W-was zum… Wie hatte er das gemeint?! Jacks Grinsen war deutlich zu hören als er erwiderte: „Komm schon, gib’s zu. Ein süßes Mädchen mit Katzenohren ist doch der feuchte Traum eines jeden Animefans.“ Mit tiefrot gefärbten Wangen vermied Laura jeglichen Blick auf alles und jeden. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie unbewusst in ihrer Dämonenform war, seit sie die Meteoriten abgefangen hatte. Benni erwiderte nichts darauf, doch Jack wandte sich an Carsten, welcher gemeinsam mit Susanne einen von Mars‘ Angriffen mit einer Magiebarriere abfing. „Stimmt’s?!“, rief Jack zu ihm rüber. „Was?!“, gab Carsten zurück, offensichtlich eher damit beschäftigt sie alle vor dem sicheren Untergang zu bewahren. „Sag einfach ja!“ „Okay, nein!“ Es war mehr als eindeutig, dass Carsten einfach aus Prinzip diese Antwort von sich gab. Nun konnte auch Laura nicht mehr an sich halten und musste loslachen. Und überrascht stellte sie fest, dass dieses wenn auch alles andere als für die Situation angemessene ‚Gespräch‘ ihre Lebensgeister wiedererweckt hatte. Da sie von anderen wie Konrad, Florian, Ariane und Carsten immer noch gedeckt wurden, erlaubte sich Laura einen Moment lang durchzuatmen. Als sich ihre Wangen nicht mehr allzu kochend heiß anfühlten, wagte sie einen Blick hoch zu Benni, der sie immer noch im Arm hielt. Irgendwie kam sie inzwischen mit diesen eigentümlichen Kommentaren viel besser klar, sodass Laura sogar ein Kichern unterdrücken musste, als ausgerechnet Benni es vermied ihr in die Augen zu schauen. „Hat Jack denn recht?“, fragte sie neckisch. Diese ungewohnt selbstbewusste Aussage löste eindeutig Verwirrung in ihm aus. „Ich habe wirklich einiges verpasst.“ Beschämt lachte Laura auf, dennoch glaubte sie auch Bennis Verlegenheit zu merken, als er ihr einige nasse Strähnen aus dem verschwitzten Gesicht strich und meinte: „Deine… Dämonenform ist wirklich süß…“ Und wieder schoss das Blut in Lauras Kopf. Ihr Herzschlag beschleunigte sich sogar noch mehr als beim Kampf gegen Mars vorhin. „Ähm… Da- danke… oder so…“ Einen Moment lang erwiderte Benni ihren Blick, begleitet von einem deutlichen Zögern. War er tatsächlich so verlegen? Kam vielleicht gerade wirklich seine Schüchternheit durch? Oder hatte er immer noch unterbewusst die Sorge, sie durch diese Geisterform nicht richtig berühren zu können? Egal was es war, irgendwie war es süß. Mit einem leichten Lächeln streckte sich Laura etwas zu ihm nach oben, legte eine Hand in Bennis Nacken und zog ihn näher zu sich heran. Als sie seine Lippen spürte, schossen ihr Tränen in die Augen. Als sie realisierte, dass das Gefühl noch genauso war wie vor drei Monaten. Vielleicht sogar intensiver als damals. Diese Wärme, diese Geborgenheit, … Benni strich ihr mit dem Daumen über die Wange, verwischte einige dieser plötzlich hochkommenden Tränen, als er den Kuss erwiderte. Laura schluchzte leise und vergrub ihre Hände in seinen Haaren. Sie war fast schon überwältigt von dem Gefühl, wie zärtlich und leidenschaftlich zugleich ein Kuss sein konnte. Auch danach noch weigerte sie sich Benni wieder loszulassen. Sie hatte es so vermisst. All diese Momente mit ihm hatten ihr so sehr gefehlt. Die ganze Zeit über hatte sie eigentlich nur dafür gekämpft und trainiert. Einfach nur, damit Benni sie endlich wieder im Arm halten und küssen konnte. Und jetzt war endlich dieser Moment da. Er sollte nicht so schnell vorbei sein… Benni dachte wohl etwas Ähnliches, zumindest verstärkte er seinen Griff um sie. Auch er wollte diesen einen Moment noch ein bisschen länger andauern lassen. Zumindest ein bisschen, bis er sie zu Lauras Enttäuschung wieder losließ, um sich aufzurichten und ihr ebenfalls auf die Beine zu helfen. Laura warf ihm ein scheues, etwas verunsichertes Lächeln zu. Ihr Herz machte einen kleinen Freudensprung, als Benni das Lächeln schwach erwiderte und über eines der honigfarbenen Katzenohren ihrer Dämonenform strich. „Seid ihr endlich fertig?! Wenn ihr unbedingt rummachen wollt, könnt ihr euch auch später noch ein Zimmer nehmen!“, kommentierte Eagle, was Laura auch nicht gerade half, sich auf die eigentliche Situation zu konzentrieren, sondern nur wieder für rote Wangen sorgte. Während er Mars mit Windsicheln attackierte, wurde er von Lissi getadelt. „Also Eagle-Beagle, sei mal etwas nachsichtiger! Du und Özi-dösi, ihr konntet euch ja die ganze Zeit schon vergnügen. Lauch und Bennlèy hatten einen dreimonatigen Entzug! Eigentlich müssten sie sich hier und jetzt die Kleider vom Leib reißen, die einzig wirklich angemessene Reaktion auf so eine lange Zeit!“ … Oh Gott, es hatte sich einfach gar nichts verändert. Während Jack bei Lissis Kommentar so arg loslachen musste, dass er noch nicht einmal mitbekam, wie Janine ihn gerade noch so vor einem von Mars Angriffen beschützte, hatte Laura alle Mühe diese Situation zu verarbeiten. Sie befanden sich gerade mitten im Kampf gegen Mars! Dem Purpurnen Phönix, dem Unzerstörbaren, dem Herrscher der Zerstörung! Und es wurden ernsthaft solche Witze gerissen?! „Achtung!“ Auf Arianes Warnung hin merkte Laura, wie Mars Susannes rosa schimmernde Magiebarriere zersplitterte und er auf sie und Benni losging. Instinktiv setzte Laura wieder ihre Finsternis-Energie frei, erschuf eine schwarze rauchige Wand, bevor er sie erreichen konnte. Und plötzlich, mit einem kleinen Wirbelsturm, war die Energie wieder in Laura verschwunden. „W-was…“ Erschrocken schrie Laura auf, als sie von Benni zurückgestoßen wurde. Sie hörte, wie die Klinge des Samuraischwertes die Luft zerschnitt, als Mars knapp dem tödlichen Schlag entwich. Laura wollte nach Benni rufen, doch der Schrei blieb in ihrer Kehle stecken. Ein purpurnes Aufblitzen. Kurz darauf eine Explosion deren Druckwelle sich schmerzhaft in ihren Körper fraß. Für einen Moment blieb ihr die Luft weg, Panik stieg in ihr auf als sie es nicht schaffte einzuatmen. Irgendetwas quetschte ihre Lungen aus, zwang sie zu einem heiseren Husten. Sterne tanzten vor ihren Augen. Sie bekam gar nicht mit, wie Florian ihre Gruppe aufforderte auf ihre Positionen zu gehen. Sie hatte ja noch nicht einmal Annes Schmerzensschrei hören können, als auch in ihrem Körper die Überreste der Zerstörungs-Energie auf den Angriff reagierten. Die ganze Welt drehte sich, Blutgeschmack lag auf ihrer Zunge. Schwärze legte sich über ihre Wahrnehmung. Es war fast so wie damals. Wie vor einem halben Jahr, als… Laura spürte, wie jemand sie hochhob und weg von der Mitte des Raumes trug. Und erst, als Carsten mit seiner liebevollen Stimme fragte „Geht es wieder?“, schaffte sie es schwer atmend die Augen zu öffnen. Benommen nickte Laura und versuchte taumelnd auf den eigenen Beinen zu stehen. Ihre Finger krallten sich in den schwarzen Stoff über ihrer immer noch schmerzenden Brust. Sie wäre längst schon wieder eingeknickt, hätte Carsten sie nicht gestützt. Allmählich schaffte sie es zu verarbeiten, was gerade passiert war. Als Schreck und Sorge sie überkamen. „Benni!“ Laura blickte auf, konnte beobachten, wie Benni Mars von einem Angriff auf Anne abhielt, die nach wie vor so geschwächt wirkte, dass Lissi sie auf die Beine zerren musste, um sie mit Jacks Hilfe zu ihrer Position nordöstlich von Lauras zu bringen. „Mist, Mars ist viel zu stark. Selbst Benni packt das nicht alleine.“, hörte sie Ariane neben sich fluchen, die ebenfalls auf die kreisförmige Markierung trat, auf welcher sowohl ein Schwarzer Löwe als auch ein Weißer Hai leuchteten. Laura sandte einen stillen Dank an Konrad aus. Sie hätte ihren Standort unter diesen Umständen nie und nimmer selbst finden können. Doch das Hochgefühl war jäh erloschen, als sie hinter Carsten ein purpurnes Leuchten bemerkte. „Vorsicht!“ Dank ihres plötzlichen Adrenalinschubs hatte sie genug Kraft, ihn zur Seite zu stoßen und die wabernde Energie mit einer schwarzen Wand zu blocken. Die wieder ganz plötzlich verschwunden war. Gelähmt vor Panik konnte Laura nur noch in diese rötliche, dampfende Masse blicken, spürte nach wie vor das schmerzhafte Stechen in ihren Lungen. In diesem Moment verstand sie. Mars hatte wohl eine weitere Fähigkeit von Benni als Dämonengesegneter für sich entdeckt… Die Fähigkeit, Lauras Energie zu kontrollieren. Die Macht, sie komplett zu beherrschen. Damals hatte Benni diese Kraft benutzt, um sie selbst und andere vor Lauras Ausbrüchen beschützen zu können. Aber in den Händen des Herrschers der Zerstörung… „… Ich bin machtlos… Ich kann nicht gegen jemanden kämpfen, der den Schwarzen Löwen kontrollieren kann…“ „Was?“, fragte Ariane verwirrt. Laura hatte gar nicht mitbekommen, wie sie es war, die den Angriff letztlich mit ihrem Lichtwall zurückgeschickt hatte. „Weil Benni ein primärer Dämonengesegneter ist.“, erinnerte auch Carsten sich bedrückt. Ariane biss die Zähne zusammen. „Shit, da war was. Und jetzt, da sich Mars dessen bewusst ist…“ Mehr Zeit blieb ihnen nicht, diesen Gedanken fortzuführen. Mehr Zeit bekam Ariane nicht, um zu realisieren, dass es ab jetzt nur noch ihr uneingeschränkt möglich war, Mars innerhalb dieses Kreises zu behalten. Einen kurzen Moment lang schaffte es der Dämon, Benni in seiner Verteidigung festzusetzen. Lang genug, um auf Jannik zuzustürmen, welchem nichts anderes blieb als seinem Angreifer erstarrt in die Augen zu blicken. Ariane sprintete los, hüllte ihre Hand in Energie wie es auch Laura schon so häufig getan hatte. Sie erreichte ihn knapp vor seinem Ziel. Strahlendes Licht blendete sie alle, als Ariane die Hand zur Faust ballte und zuschlug, schleuderte Mars wieder mehrere Meter zurück. Zurück in die Mitte des Kreises. Dieser richtete sich keuchend und lachend auf und spuckte etwas Blut aus. Zeitgleich merkte Laura, wie auch Benni bei diesem Treffer das Gesicht verzogen hatte. Allmählich realisierte sie es. Nicht nur Mars wurde schwächer. Auch Bennis Kraft schwand, je mehr Schaden seinem Körper zugefügt wurde. Ein schmerzhaftes Ziehen breitete sich in ihrem Magen aus. „Benni schafft das nicht…“, wisperte Laura verängstigt, klammerte sich an Carstens Pulli, als sie bei dieser Gewissheit fast auf den Boden sackte. Tränen schossen in ihre Augen. „Wie soll er einen Kampf gewinnen, bei dem immer nur er selbst verletzt wird?“ Auch Carsten verstärkte seinen Griff um sie, selbst von der verzweifelten Suche nach irgendeiner Lösung geplagt. Außer darauf vertrauen, dass seine Angriffs- und Verteidigungszauber auf ihre Anweisungen hin das machten, was sie machen sollten, waren auch ihm die Hände gebunden. Nur wegen dieses verdammten Rituals… Laura schluchzte schwach, biss sich frustriert auf die Unterlippe während sie beobachten musste, wie Ariane und Benni irgendwie gemeinsam versuchten, ihren ursprünglichen Plan in die Tat umzusetzen. Es war hoffnungslos. Eigentlich war doch alles so aussichtslos. Wie sollten sie- „Benni, nein!!!“ Bei Carstens panischem Aufschrei wurde Laura aus ihrem Strudel der Verzweiflung herausgerissen. Beobachtete entsetzt, wie Benni kurz davor war, im Prinzip sich selbst mit dem Samuraischwert die Kehle aufzuschlitzen. Der vermeintlich einzige Ausweg. Lauras verzweifelter Schrei nach ihm klang mehr wie ein fernes Echo, sie glaubte schon das Blut zu sehen, verschwommen hinter einem Schleier aus Tränen. Als ihn irgendetwas mit solcher Wucht zur Seite stieß, dass er noch mehrere Meter zurückschlitterte. Mit einem metallischen Schaben rutschte das Samuraischwert noch weiter nach hinten, bis über die Grenze des innersten Kreises hinaus. Nur ein kleiner Kratzer an Mars‘ Hals bezeugte, was fast passiert wäre. „Verdammt, wie oft soll ich dir noch sagen, dass du diesen Scheiß lassen sollst?!“ Irritiert blinzelte Laura die Tränen weg, erkannte allmählich, dass es nicht irgendetwas sondern jemand war, der Benni zur Seite gestoßen hatte. Erleichtert atmete sie auf und spürte, wie sich auch Carstens Griff entspannte. Und doch ergriff sie ein Schaudern, als sie Mars plötzlich lachen hörte. Eine einschüchternde Aura umgab seinen Körper, als er auf Jack zutrat, der sich wachsam zu ihm umdrehte, bereits in Erwartung eines Angriffes. „Diese Aufopferungsbereitschaft war schon immer deine Schwäche. Nicht wahr, Jack? War das der Grund, weshalb du gegangen bist? Der naive Gedanke, endlich einen Freund gefunden zu haben? Hast du wirklich geglaubt ihm helfen zu können?“ Jack biss die Zähne zusammen, erwiderte aber nichts darauf. Laura hielt die Luft an, als der Dämon ihm einen Gegenstand zuwarf. Sie dachte direkt an eine Granate oder sonst etwas in der Art, was gleich explodieren würde. Aber es wirkte viel zu klein, viel zu unscheinbar. Als Jack die Hand öffnete erkannte sie, dass es eine Kette war an der ein metallener Anhänger hing. Und so wie seine Finger zu zittern begannen wusste sie auch genau, um welchen Anhänger es sich handelte. „Sag, mein Junge. Ist es dir das wirklich wert?“ In Mars‘ Stimme lag ein unheimlich sanfter Ton, der Blick mit welchem er Jack betrachtete war beinahe zuneigungsvoll. Er ging einen Schritt auf ihn zu, kostete diesen Moment zwischen ihnen förmlich aus. „Du weißt, was dich erwarten wird, wenn du diesen Weg gehst. Du weißt, dass die Menschen dich nur wieder einsperren werden.“ „Jack, hör nicht auf ihn!“, schrie Janine verzweifelt zu ihm rüber. Doch ihre Stimme erreichte ihn nicht. Sein Körper bebte, die Tränen schien er nur zurückhalten zu können, indem er die Zähne zusammenbiss. Und niemand war da. Niemand war nah genug, um ihn einfach von diesem Dämon wegziehen zu können. „Mein armer Junge möchte einfach nur dazu gehören. Und doch, tief in deinem Herzen weißt du es. Du weißt genau, dass sie dich nie akzeptieren werden.“ „So ein Schwachsinn, ignorier ihn!“ Auch Lissis Ruf kam nicht bei ihm an. Viel zu viele Narben hatte die Menschheit in ihm hinterlassen. Viel zu tief war Mars‘ Einfluss in Jack verwurzelt. Er schaffte es nicht, sich davon loszureißen. Er konnte nicht vor dem Dämon zurückweichen. Mars‘ sanftes Lächeln wurde breiter, als er merkte wie gefangen Jack nach wie vor davon war. „Du weißt, wer dir dieses neue Leben ermöglicht hat. Diese Freiheit. Ein neuer Name, eine neue Identität, eine neue Familie, … Die Möglichkeit mit allem Vergangenen abzuschließen.“ „Du hast ihn doch nur benutzt, um ihn für deine eigenen Zwecke zu missbrauchen!“, widersprach Carsten. Auch in seinen Augen standen Tränen, als der Ärger in ihm hochkochte. Als sie aufs schmerzlichste realisierten, wie sehr Mars all die Zeit schon mit Jacks Gefühlen gespielt hatte. Wie er ihn manipuliert hatte. Es immer noch tat… „Ach, und ihr nicht?“, fragte der Dämon belustigt, herausfordernd. Er deutete auf das orangene Skorpion-Symbol im Norden, hinter Laura und Ariane. „Ist das nicht eure Bedingung? ‚Du darfst ein Teil unserer lieben, lustigen Gemeinschaft sein, aber nur, wenn du dich auf diesen einen Punkt stellst‘? ‚Und auch nur so lange, bis deine Aufgabe erfüllt ist und wir dich wegen deiner vergangenen Taten wieder wegsperren werden‘?“ Laura blieb der Atem weg. Was sagte er da?! Aber sie wollten doch gar nicht… Mit Entsetzten mussten sie mitansehen, wie die gesäten Zweifel schon längst zu sprießen begannen. Sie spürten das schwache Erdbeben, während Jack zitternd die Faust um das Metallplättchen der Kette schloss. Wieder eingesperrt. Wieder gefangen. In Mars‘ Blick lag ein verräterisches Mitgefühl, als er sah wie sich eine Träne aus seinen Augen stahl. „Du wirst wieder rückfällig, habe ich recht? Wie schade. Du hast dich die letzten paar Jahre so gut geschlagen, hast so viel überwinden können. Und kaum bist du wieder bei den Menschen, machen sie alles zunichte, was du bisher erreicht hast. Sag, wie häufig hast du ihnen von dir erzählen müssen? Vermutlich wollten sie alles bis ins kleinste Detail wissen. Wahrscheinlich haben sie erst angefangen dir zu vertrauen, als sie alles über dich und deine Vergangenheit kannten. Ist das nicht schade? Wenn man nicht einfach so akzeptiert wird, wie man ist?“ Jack unterdrückte ein Schluchzen. Er versuchte zu verbergen, wie sehr er sich unter dem psychischen Schmerz krümmte und doch war es nicht zu übersehen. „Hör auf damit!“, schrie Laura verzweifelt. „Du machst doch gerade genau das, was du uns vorwirfst getan zu haben! Wenn er dir wirklich so wichtig ist, warum lässt du ihn dann absichtlich so leiden?!“ „Aber das tu ich doch gar nicht.“, widersprach Mars ihr. Es war fast schon ekelerregend, wie unschuldig seine Stimme dabei klang. Er kam noch einen Schritt auf Jack zu, stand nun direkt vor ihm. Strich ihm über die Wange, beachtete gar nicht wie er bei dieser Berührung zusammenzuckte. „Ich habe ihn nie nach seiner Vergangenheit gefragt. Ich habe ihm einfach die Möglichkeit gegeben neu anzufangen. Nicht wahr, Jack? Oder soll ich dich lieber wieder Valentin nennen? Jetzt, da du mich verlassen und zu den Menschen zurückkehren willst.“ Lauras Herz quetschte sich zusammen als sie sah, wie Jack schwach den Kopf schüttelte. Wie noch eine Träne seiner Kontrolle entwich. Carsten biss die Zähne zusammen, seine Stimme war ungewohnt tief. „Ich hab genug.“ Schaudernd bemerkte sie das Glühen in seinen lila Augen, als er von ihr abließ und auf die Mitte zuging. Und noch schockierter stellte Laura fest, wie Benni auf einmal bei den beiden stand, mit entsicherter Pistole, die er an die Schläfe des Dämons hielt. Eiskalter Zorn lag in seiner Stimme. „Weg von ihm. Sofort.“ Mars lächelte lediglich, nur ganz langsam zog er seine Hand zurück, fast schon schmerzhaft. Fast so, als würde er- Ein lauter Knall. Rotes Blut spritzte aus dem Loch in der Hand, als die Pistolenkugel hindurchschlug. Erschrocken zuckte Laura zusammen, hielt sich viel zu spät die Ohren zu. Mit einem schmerzverzerrten Aufschrei wich Mars zurück. „Du dreckiges…“, zischte er, griff Benni und Jack mit brodelnder Zerstörung an, welche die Finsternis nur zum Teil aufhalten konnte. Der Rest traf auf eine Mischung aus Wasserzauber und -Energie, was Benni genug Zeit verschaffte, Jack von dem Angriff und dem kochenden Dampf wegzuziehen und genug Abstand zwischen sich und dem Dämon zu bringen. Als- „Bleib weg!“ So wie sich Jacks Stimme überschlug war es unmöglich, die Panik darin zu überhören. Bevor Mars zu einem weiteren Angriff kam, explodierten gelb funkelnde Magiekugeln um ihn herum, zwangen ihn für einen kurzen Moment lang in die Defensive. Überrascht bemerkte Laura, dass Janine ihre Position ganz außen im Norden verlassen hatte und zu ihnen gerannt war. Ein wissendes, sardonisches Lächeln bildete sich auf den Lippen des Dämons, als er beobachtete, wie sie sich zwischen ihn und Jack stellte. Fast so, als würde sie den Angriff notfalls mit ihrem eigenen Körper abschirmen wollen… Laura schluckte schwer. Schmerzhaft wurde ihr bewusst, was diese plötzliche Angst in Jack auslöste. Warum er wie erstarrt schien, es noch nicht einmal schaffte ihren Namen zu rufen, als Mars sie mit brodelnder Zerstörungs-Energie angriff. Janine zog es gar nicht erst in Betracht, sich zu verteidigen. Sie streckte die Hände vor, überkreuzte sie und ballte sie zeitgleich zu Fäusten. Laura konnte gar nicht sagen, welche Geste was verursachte. Im ersten Moment war es Windmagie, die an der Zerstörungs-Energie vorbei schnitt und Mars zwang den Angriff abzubrechen, wenn er nicht selbst in kleine Teile zerstückelt werden wollte. Im Bruchteil eines Atemzuges war seine Energie verschwunden, machte einer Unmenge kleiner leuchtender Magiekugeln Platz. Wie Schrot schlugen sie auf den Dämon ein, schnitten sich in Haut und Fleisch als sie ihre blutigen Spuren hinterließen. Mars war es nur noch möglich sich vor der zweiten Hälfte dessen zu schützen. Zerstörungs-Energie bahnte sich ihren Weg hindurch, schien mehr wie kochender Zorn. Dem Dämon passte es gar nicht, dass Janine ihn für einen kurzen Moment ganz alleine so in die Enge getrieben hatte. Diese hob ihre Hand, gelbe Funken bildeten sich und tauchten ihren Körper in ein magisches Licht. Laura hielt den Atem an. Die Energie war viel zu nah! Konnte Ninie den Zauber überhaupt rechtzeitig fertig sprechen?! Eine lila schimmernde Barriere beantwortete ihre Frage. Sie zerbarst in tausende Scherben, als sie die Zerstörung abfing, wurde jedoch übertönt von einem lauten Zischen als sich die Funken in leuchtende Blitze wandelten, die gezielt auf den Dämon einschlugen, immer und immer wieder. Ließen erst nach, als er mit einem Keuchen beinahe in die Knie gesackt wäre. Viel Zeit um beeindruckt zu sein bekam Laura nicht. Als würde sich der Unzerstörbare auch von diesem bisschen Gewitter aufhalten lassen. Wieder sandte er Zerstörungs-Energie aus. Wieder wurde er direkt in die Verteidigung gezwungen. Dieses Mal jedoch von lila leuchtenden Magiekugeln. „Ignorier ihn!“, wies Carsten Janine an. Diese nickte nur und drehte dem Dämon den Rücken zu. Der Ablauf schien so fließend, er hätte auch einstudiert sein können. Benni nickte Janine knapp zu, als sie bei ihm ankam und Jack am Arm packte, um ihn von dort wegzubringen. Es erforderte wohl einiges an Kraft, ihn in Bewegung zu setzen, brauchte sogar einen kleinen Schubs von Benni. Mars hoffte wohl, ihre Unachtsamkeit für sich ausnutzen zu können, hatte die Rechnung jedoch ohne Benni und Carsten gemacht. Noch während Janine Jack an Lauras und Arianes Position vorbeizog, wurde die Zerstörungs-Energie teils mit Finsternis und teils mit Magie abgefangen. Aus den Augenwinkeln bemerkte Laura nur noch flüchtig, wie Jacks zitternden Finger das Metallplättchen nach wie vor fest umschlossen hatten. Ein unwohles Bauchgefühl breitete sich in ihr aus. Was umso stärker wurde, als sie Mars kichern hörte. „Das könnte unterhaltsam werden.“ „Versprich dir nicht zu viel Spaß.“, erwiderte Carsten ruhig, ungewohnt selbstsicher. Besonders in Betracht der jüngsten Ereignisse. Verwirrt fragte sich Laura, ob er wirklich so ruhig war wie er sich gab. Carsten tauschte einen kurzen, viel zu gezielten Blick mit Benni aus, der sie alle bezweifeln ließ, dass das Ritual ihm tatsächlich einen Großteil des Augenlichtes genommen hatte. Und ohne weitere Absprache streckte er die Hand aus und ließ einen lila Gewitterregen auf Mars nieder. Das Zischen und Donnern ließ Laura und Ariane erschrocken zusammenzucken. Mars lachte nur und griff Carsten mit Feuerbällen an. Beeindruckt bemerkte Laura, wie er diese gar nicht erst beachtete, sondern den Arm zur Seite riss und Mars von der Seite mit spitzen Erdstacheln attackierte, während Benni die Flammen löschte und anschließend die Wasser-Energie in einer fließenden Bewegung zu schneidenden Sicheln formte. Die purpurne Aura um Mars zerstörte jedoch alles, bevor es ihn erreichen konnte. Er richtete seine Zerstörungs-Energie gegen Carsten, ein brodelnder Untergang den er nur behelfsweise mit seiner Magiebarriere blocken konnte. Doch ein lauter Knall riss Mars‘ Aufmerksamkeit davon los, um der Kugel von Bennis Pistole rechtzeitig ausweichen zu können. Einen schockierten Moment kam in Laura die Angst hoch, dass sie jemand außenstehenden wie Eagle treffen könnte, doch Carsten teleportierte sich mitten in die Flugbahn und reflektierte die Kugel. Wieder musste Mars ausweichen. „Nane!“ Ariane verstand seine Aufforderung und rannte auf seine gegenüberliegende Seite. Bevor die Kugel den Kreis verlassen konnte spielte sie sie wie in einem Ping-Pong-Spiel mit einem weißen Schild zurück, sodass Mars sie schließlich zerknirscht mit einer kleinen Explosion zerstörte, bevor es ewig so weiterging. Das hatte ihn lange genug abgelenkt, um vollkommen unvorbereitet auf Bennis Faustschlag in die Magengrube zu treffen. Verzweifelt biss sich Laura auf die Unterlippe als sie sah, dass dieser im Prinzip auch Benni selbst traf. Mit seinem typischen stoischen Blick ignorierte er den aufkommenden Schmerz und verwickelte Mars in einen Nahkampf, wich nur knapp zur Seite bevor Carstens Magiekugeln ihn selbst treffen konnten. Mars hatte diesen Angriff nicht kommen sehen, wurde zurückgestoßen bevor er sich mit seiner Energie hätte schützen können. Allmählich verärgert wandte er sich um, wählte Lissi als neues Ziel seiner Zerstörungs-Energie aus. Rechnete aber nicht damit, dass Laura ihre Finsternis-Energie mit einem Schwung ihres Fächers abschickte. Und kam auch nicht mehr dazu, sie zu kontrollieren, da er selbst einen Eisdolch von Benni mit eigener Finsternis-Energie abfangen musste. Mars wich zwei weiteren Faustschlägen aus und zwang Benni mit seiner Zerstörungs-Energie in die Defensive, sodass er genug Zeit hatte Carsten mit einem kleinen Erdruck aus dem Gleichgewicht zu bringen. Mit der Gewissheit, den Zauber unterbrochen zu haben, stand Mars im Bruchteil einer Sekunde vor Carsten, um ihm mit einem eigenen Eisdolch die Kehle aufzuschlitzen. Erstarrt beobachtete Laura, wie Carsten sich unter dem Schlag wegduckte und Mars selbst mit einem Tritt aus dem Gleichgewicht brachte. Als er ihm die Handfläche gegen die Brust schlug, fühlte sie sich an sich selbst erinnert. Doch statt ihm die Kraft zu entziehen, leuchtete es unter seiner Hand kurz auf und der Dämon wurde mit einer Explosion zurückgeschleudert, bis sein Flug schlagartig endete, als er von Benni mit einem Hieb in den Nacken zu Boden gestoßen wurde. Kurz verzog auch Benni das Gesicht, bevor er wieder etwas Sicherheitsabstand zwischen sich und dem Dämon brachte, um nicht von der Zerstörungs-Energie überrascht zu werden. Dieser lachte keuchend auf, als er sich langsam aufrichtete. „Ohne eine einzige Absprache? Wie rührend.“ Er betrachtete Carsten. „Ah, wie ich sehe hatte Elster doch Erfolg gehabt. Zumindest, was ihren eigenen Plan betrifft. Ausgesprochen ärgerlich.“ „Was?!“ Entsetzt folgten Laura und Ariane seinem Blick, bemerkten mit Grauen, dass Carstens lila Augen schwach leuchteten und loderten. Aber… aber sie hatten doch… „Und? Wie sieht die Welt nun für dich aus? Kannst du die Leute wirklich nur noch an ihrer Aura erkennen? Kannst du tatsächlich in ihren Herzen lesen wie in einem offenen Buch?“ Laura schluckte schwer, als sie Carstens verbissenen Gesichtsausdruck bemerkte als er antwortete: „Kann ich. Und so wie du vor Boshaftigkeit und Sadismus triefst wird mir schlecht.“ „Oh, das erfreut mich wirklich sehr.“ Der Dämon lächelte, klang genauso wie Carsten ihn beschrieben hatte. „Aber… aber wie…“, fragte Laura schwach. Mars lachte. „Nur weil ein Ritual unterbrochen wurde, heißt das noch lange nicht, dass es gänzlich wirkungslos war, habe ich recht?“ Carsten ballte die Hände zu Fäusten. „Ich nehme an, du redest aus eigener Erfahrung.“ Er kicherte sardonisch. „Leider ja. Nur dieses Mal würde ich es gerne gar nicht erst so weit kommen lassen.“ „Das hättest du dir früher überlegen sollen, bevor du das Leben so vieler Menschen zerstört hast!“ Erschrocken zuckte Laura bei Carstens zornigem Ton zusammen. Mehrere Magieblitze fuhren auf den Dämon herab, vor denen er sich gerade so mit einer Erdkuppel schützte. Er konterte mit purpurnen Ranken aus Zerstörungs-Energie, die jedoch von Bennis Finsternis verschlungen wurden. Leise lachte Mars. „Vorsicht, Junge. Wenn du diese Kraft noch weiter einsetzt kann es sein, dass du nie wieder normal wirst sehen können.“ „Wenn das der Preis ist, um dich ein für alle Mal loszuwerden, zahle ich ihn mit Freuden!!!“ Bei Carstens Schrei breitete sich eine Druckwelle aus, die Laura und einige andere von ihnen zu Boden warf. Das Entsetzen fraß sich bis in ihre Knochen, als sie sah, wie der Rest seines Körpers genauso zu leuchten begann wie die Augen. Ein lila Feuer, welches seine pechschwarzen Haare wie in einem schwachen Luftzug wehen ließ. Blitze zuckten zwischen seinen Fingern, luden sich immer weiter auf, wurden immer mächtiger und bedrohlicher. Eine geballte Ladung Magie in ihrer reinsten Form. Carsten betrachtete den Dämon aus seinen eigenen dämonisch leuchtenden Augen, während er das Taschenmesser aus seiner Hosentasche holte und aufklappte. Laura wurde schlecht als sie mitansehen musste, wie seine Hand die Klinge umschloss. Blut sickerte nach außen, überlagerte das strahlende Lila mit finsterem Rot. Aus seiner tiefen, bedrohlichen Stimme sprach purer Hass. „Du hast genug Schaden angerichtet.“ Mars lachte auf. „Ach komm, du wirst doch nicht-“ „Nein!“ Unter Tränen schrie Laura. Ihr verzweifelter Ruf ging bei dem blendenden und ohrenbetäubend lauten Zischen der Blitze vollkommen unter. Die Folgen der schwarzen Magie hatten seine Gefühle komplett in ihrer Gewalt. Carsten war blind, konnte nur noch die Auren sehen. Er sah gar nicht mehr die Hülle, in welcher sich Mars nach wie vor verkroch, sondern nur noch den Dämon. Den Teufel. Das Monster in seiner bloßen, grauenhaften Existenz. Er würde- Carsten streckte die Hand aus, das in Blut getränkte Messer fiel auf den Boden. Seine finstere Aura wurde größer, stärker, war inzwischen tiefschwarz. Einzig erhellt durch die blutroten Blitze und dem glühenden Zorn in Carstens Augen. „Hör auf! Hör auf!!! Du wirst dir das nie verzeihen!!!“ Schluchzend, kreischend und weinend versuchte Laura irgendwie zu ihm durchzukommen, konnte aber noch nicht einmal ihre eigene Stimme hören. Auch Carsten schrie, beinahe wie ein Befehl für die Blitze zum Angriff. Ein Strahl donnerte vor, die Ausläufer hinterließen eine tiefe Furche im Boden. Laura wollte losrennen, versuchte sich verzweifelt aus Arianes Griff zu winden, um sich irgendwie noch dazwischen zu werfen. Sie würde das nicht zulassen, sie durfte das nicht! Sie musste es irgendwie verhindern, egal wie! … Doch sie konnte nicht. Lauras Herz zerbrach, als diese gewaltige Macht mitten durch Bennis Brust fuhr. Sowohl durch seinen Körper, als auch durch seine Seele, die mit einem Schlag wieder eins wurden. Seinen vor Qualen verzerrten Schrei würde sie nie wieder vergessen können. Wie betäubt sackte Laura auf den Boden, ein Pfeifen schrillte in ihren Ohren. Unter Schock konnte sie nur noch mitansehen, wie sich eine purpurne Aura um Bennis Körper bildete und diesen fluchtartig verließ. Wie das blitzende und zuckende Gewitterchaos ihre Sicht hinter den ganzen Tränen flimmern ließ. „Hör auf… bitte, hör auf…“, schluchzte sie schwach, krümmte sich vor Übelkeit und Schmerzen. Kniff die Augen zusammen als eine letzte Explosion Benni zurückschleuderte und er sich mehrmals überschlug, bis er am Rand des inneren Kreises leblos liegen blieb. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)