Glück in Mittelerde von Nightwalkerin ================================================================================ Kapitel 1: Familie und Heimat ----------------------------- Musik, Lachen, Freude ... endlich hatten diese Dinge wieder Platz in der Welt gefunden. Der Krieg ist vorbei und der eine Ring wurde zerstört. Alles war wieder perfekt ... bei den anderen, aber nicht bei mir. Aus traurigen Augen sah ich mir das Fest aus der Ecke an. Gimli und Legolas machten ein Wetttrinken, die Hobbits tanzen und singen, der Rest unterhält sich fröhlich und trinken auf den neuen Frieden. Mein Glas stand unberührt vor mir auf dem Tisch und ich wandte meinen Blick von der lachenden Gruppe ab, da Gimli stockbetrunken von der Bank gefallen war. Kurz, wirklich sehr kurz, war ein Lächeln auf meinem Gesicht zu sehen. Immer wenn ich als Kind traurig war sagte mein Vater: „Das Leben ist wie ein Schmiedeofen. Geht die Flamme aus, ist es schlimm, doch sie wird wieder brennen.“ Es ergibt irgendwie überhaupt keinen Sinn, doch es munterte mich immer auf. „Lith, warum sitzt ihr hier alleine?“, riss mich eine Stimme aus meinen Gedanken. Schnell blickte ich nach oben und setze mein falsches Lächeln auf. Nur weil ich traurig war, wollte ich die anderen beim Feiern nicht stören und mitrunterziehen. „Ich bin nicht alleine. Ich bin doch in guter...“, antworte ich dem König von Gondor und zeige auf meinen Gegenüber, „...Gesellschaft.“ Aragorn konnte sich das Lachen nicht verkneifen und mit hochgezogener Augenbraue begutachte ich den betrunkenen Soldaten, der mit dem Kopf auf der Tischplatte eingeschlafen war. „Ja, nette Gesellschaft, viel zu erzählen hat er ja nicht“, meint er und setzt sich zu mir, sodass es etwas eng wurde auf der kleinen Bank. „Ihr versucht es mit einem Lächeln zu überspielen, doch ich sehe in euren Augen wie traurig ihr seid. Warum sagt ihr mir nicht was los ist?“, fragt er mich und dreht mein Gesicht zu sich, als ich ihn nicht ansah. Es war als würde er in mir wie in einem offenen Buch lesen und er hatte auch noch Recht damit. Gruselig... „Da müsst ihr euch verlesen ... ich meinte, geirrt haben. Ich bin nur müde und der Alkohol steigt mir auch ein bisschen zu Kopf“, antworte ich etwas verdattert und stehe von der Bank auf. Mit einem gespieltem Gähnen und „Ich werde jetzt mal zu Bett gehen“ drängte ich mich an ihm vorbei. „Bei diesem Alkoholkonsum von einem unberührten Glas ist das kein Wunder“, witzelt er und hält mich sanft am Arm zurück. „Falls ihr doch darüber reden möchtet, ihr wisst ja, wo ihr mich findet ... Schlaft gut.“ Die letzten beiden Worte hatte er geflüstert und strich mit seiner zweiten Hand über meine. Ohne ein weiteres Wort verließ ich den großen Saal und ging auf mein Zimmer. Die Ruhe tat mir gut und ohne zu zögern packte ich meine Sachen zusammen. Mein Entschluss stand fest und das schon am Anfang des Abenteuers. „Dad, ich werde so schnell wie möglich wieder da sein“, erinnere ich mich an den Abschied von meinem Vater. Alles was nicht niet- und nagelfest war flog in den Rucksack. Getrieben von der Ungewissheit, ob mein Heimatdorf noch steht und ob überhaupt jemand noch lebt. An so was darf ich gar nicht denken! Ohne viel nachzudenken ziehe ich mich um, denn mit einem engen Kleid reitet es sich so schwer. Mit einem leisen Seufzen packe ich meinen Rucksack fester und schnappe mir das blütenweiße Kuvert. Vorsichtig schleiche ich mich auf den Gang und werfe einen Blick nach links und rechts. Niemand war zu sehen, außer das fürchterliche Schnarchen von Gimli, und schnell stelle ich das Kuvert vor die geschlossene Türe. „Leb wohl“, flüstere ich und lege kurz die flache Hand auf die Türe. Schleichend setzte ich meinen Weg fort und im Stall angekommen sattle ich meinen treuen Begleiter. Mondschein, ein weißes Pferd mit großen Flecken, begrüßte mich herzlich. Kurz tätschelte ich seinen Hals und sattelte ihn schnell. Die Hufe klappernden auf dem Steinboden und im Schritttempo kamen wir dem Stadttor immer näher. „Lith! Zu so später Stunde noch unterwegs?“, fragte mich eine Stimme aus dem Schatten und erschrocken reiße ich die Zügel nach hinten. „Öhm ... Ja, ich bin unterwegs und ... und zwar ... öhm“, stotterte ich herum und sah von meinem inneren Auge, wie meine Reise beendet wurde, bevor ich auch nur einen Fuß vor die Stadtmauer setzen konnte. „Ah, du gehörst sicher zu der Truppe, die nach den zerstörten Dörfern sehen soll. Du musst dich beeilen, wenn du sie einholen willst“, meint die Wache und ich starre ihn nur mit offenem Mund an. „Ähh... Genau, danke!“, antworte ich nach kurzer Zeit und reite los, bevor ich mich noch in eine schlimmere Situation bringe. Der Wind wehte mir durch die offenen Haare und noch einmal werfe ich einen Blick zurück. Das Schloss wurde in der dunklen Nacht von einer Schwärze aufgesogen, wie ich sie vorher noch nicht gesehen hatte. Nur schwer konnte ich meine Gefühle hinter Schloss und Riegel halten, doch jetzt, wo ich die Gruppe wirklich verlassen hatte, brachen alle Dämme und verzweifelt knabbere ich auf meiner Lippe herum. Vielleicht war es doch eine schlechte Idee, einfach so wegzugehen, aber ich schaffte es einfach nicht, den anderen ins Gesicht zu sehen und ihnen zu sagen, dass ich gehen würde. „Es tut mir so leid“, flüsterte ich gegen den Wind und etwas Eiskaltes lief mir über die Wange. Es war eine Träne des Abschiedes und ihr würden noch viele folgen. Minuten vergingen oder waren es doch Stunden? Ich konnte es nicht sagen, aber mein treuer Begleiter ritt zielsicher geradeaus und ich wusste, ich konnte mich auf ihn verlassen. Schnaubend verlangsamte Mondschein seine Schritte und mit verschwommenem Blick sehe ich auf. Schnell wische ich mit meinem Ärmel über meine Augen, da ich überhaupt nichts erkannte. Kopfschüttelnd raufe ich mir die Haare und steige etwas verkrampft ab. „Nein, das kann es doch nicht geben“, murmele ich schniefend und mache zwei kleine Schritte nach vorne. Vor mir erstreckte sich eine weite Fläche, in der Mitte befand sich ein kleines Dorf... es war schwarz und heruntergekommen. Die aufgehende Sonne ließ das abgebrannte Dorf noch schrecklicher aussehen und verzweifelt fiel ich auf die Knie. „Bitte nicht“, murmele ich nochmals und lege meinen Oberkörper auf das nasse Gras. Wie Wasserfälle rannen die Tränen über meine Wangen und mein Atem ging ganz flach. „Das ist einfach nicht fair“, rede ich mit mir selber und verfluche die ganze Welt. Blätterrascheln war plötzlich zu hören und alarmiert hebe ich meinen Kopf, um meine Umgebung zu begutachten, doch meine Haare verschleierten mir die Sicht. Sie klebten an den nassen Wangen und schnell wischte ich mir mit der rechten Hand die Haare aus dem Gesicht, während ich mit der linken den Dolch aus dem Gürtel zog. Mondschein tänzelte nervös am Gras herum und wieder war dieses Rascheln zu hören. „Komm heraus und kämpfe wie ein echter Mann“, rufe ich zu dem Ort, wo ich die Geräusche vermute. Stille ... ich erwartete eigentlich auch keine Antwort. Aufmerksam ergreife ich die Zügel und gehorsam kommt Mondschein ein Stück näher. Es blieb ruhig, sodass ich mich in Gedanken einen Narren schaltete. Mit einem Kopfschütteln ergreife ich die Zügel fester und begann mit dem Abstieg von dem kleinen Hügel hinunter zu dem zerstörten Dorf. Dieses komische Gefühl, das ich beobachtet werde, blieb aber und ich war mir sicher, dass mich jemand verfolgte. Einige Schritte vor dem ersten verkohlten Haus blieb ich stehen und mein Blick fiel auf das grüne Gras unter mir. „Mondschein, ist das nicht komisch? Ich kämpfte gegen Orks und die schlimmsten Monster, doch jetzt traue ich mich nicht einen Schritt in das Dorf zu wagen“, murmele ich leise und ein seichtes Lächeln stielt sich auf meine Lippen. Mein Gefährte schnauft zustimmend und Schulter zuckend mache ich die entscheidenden Schritte zurück in mein Heimatsdorf. Das erste Haus war die Bäckerei, diese erkannte man kaum noch. Die Wände waren schwarz vom Feuer, das Dach eingestürzt und die Eingangstüre hing schief in den Angeln. Ein lauer Wind kommt auf und ich bildete mir ein, den Geruch von frischem Brot zu riechen, doch so schnell die Illusion auftrat, war sie auch wieder weg. Der Bäcker war immer schon früh morgens am Arbeiten gewesen und hatte, egal welches Wetter oder welcher Tag war, ein Lächeln aufgesetzt. Erinnerungen, die ich nie vergessen werde. In den Ascheüberresten fand ich ein kleines Stück Holz und interessiert hob ich es auf. Erstaunt drehe ich es in den Händen, es war das Schild von der Bäckerei. Knacken von Holz riss mich aus meinen Erinnerungen und mein Körper erstarrte komplett. Mit geweiteten Augen packte ich das Schild fester und so schnell wie es nur ging drehte ich mich um. Ohne wirkliches Ziel werfe ich das Holz der dunklen Gestalt entgegen, die hinter mir aufgetaucht war und ziehe mein Schwert. Aus verengten Augen blicke ich meinen Gegner entgegen, während meine Schwertspitze auf sein Herz gerichtet war ... falls er eines besaß. „Zeigt euer Gesicht und warum verfolgt ihr mich?“, frage ich ihn grimmig und verleihe mit meinem Schwert noch ein wenig Nachdruck, als keine Antwort kam. „Weil ihr einfach gegangen seid“, antwortete er nach einiger Zeit und erschrocken lasse ich mein Schwert fallen. „Aber...Aber...Das kann nicht wahr sein“, stottere ich und zur Bestätigung enthüllt die Gestalt sein Gesicht. „Ihr gingt zu Bett, doch als ich nach euch sehen wollte, fand ich nur einen Brief. Noch nicht mal ein Abschied“, redet der König von Gondor weiter und noch immer verwirrt schritt ich nach hinten. „Ich... Ich...“, murmele ich und Gefühle überwältigen mich, ohne dass ich es aufhalten konnte. „So weint doch nicht, ein Lächeln steht euch viel besser“, versucht er mich aufzuheitern und kam näher. Zart strich er mir eine Träne aus dem Gesicht und ich überfiel ihn mit einer Umarmung. „Dies war euer Heimatdorf, vermute ich“, sagte er mitfühlend und schniefend nicke ich. Die Tränen wollten nicht versiegen und Aragorn drückte mich noch fester an sich. Der Wind blies über das Land, sodass sein Mantel aufgeplustert wurde und umhüllte uns ein wenig, während die Sonne weiter nach oben stieg. „Ich danke euch“, murmelte ich leise in den Stoff und wieder schlich sich ein Lächeln über mein Gesicht. „Es gibt keinen Grund dafür“, antwortet er lächelnd löst sich von mir, „Kommt, ich sollte euch vielleicht etwas zeigen.“ Etwas irritiert sehe ich ihn an, doch Aragorn legt nur seinen Arm um meine Schulter und zieht mich in die Richtung, aus der wir gekommen waren. „Seid mir nicht böse, Herr Aragorn, aber mir ist nicht nach...“, fing ich meinen Satz an, doch er legte mir seinen Finger auf die Lippen. „Glaubt mir, es wird euch interessieren, aber ihr müsst mir jetzt vertrauen“, unterbrach mich der König von Gondor und legte mir seine Hände über meine Augen. Ohne Orientierung tapse ich durch das Gras und mein Zeitgefühl verlor ich auch ziemlich schnell. „Seid ihr bereit?“, fragte mich Aragorns Stimme und eine Gänsehaut lief mir über den Rücken. Ich konnte seinen heißen Atem in meinem Genick spüren ... und es war schön. Mit ein wenig Verspätung nicke ich und plötzlich wurde es hell, viel zu hell. Nach einigem Blinzeln gewöhnten sich meine Augen an das Licht und langsam nahm das Bild Gestalt an. „Was ist das?“, stelle ich die entscheidende Frage, denn ich hatte da so eine Vorahnung, wollte es aber nicht wahrhaben. „Dort leben die Überlebenden von eurem Heimatsdorf“, meint er und blitzschnell drehe ich mich zu ihm um. „Wirklich?! Das ist ... wunderbar!“, rufe ich überglücklich und drücke Aragorn im Schwall meiner Gefühle einen Kuss auf die Wange. Im ersten Augenblick war mir gar nicht klar, was ich da getan hatte, doch dann... „Schnell lasst uns gehen“, überging der König von Gondor meinen Kuss und zog mich an der Hand in die Richtung des Zeltlagers. Obwohl einige meines Dorfes überlebt hatte, war ich gar nicht mehr glücklich. Wieso verwirrte mich dieser Mann so sehr? Das durfte es nicht geben! Zuerst machte er mir dieses Geschenk und dann überging er einfach diesen Ausrutscher von mir... obwohl ich mir das eigentlich gewünscht hatte. „Lith? Lith!“, ruft Argaron meinen Namen und erschrocken zucke ich zusammen. „Ja?“, fragte ich und er weißt wortlos mit seinem Arm in eine Richtung. „Vater!“, überkommt es mich und wie von der Tarantel gestochen laufe ich dem verwunderten Mann entgegen. Die Welt um mich herum stand still, als hätte sie sich entschieden, den Moment einfach zu einem Standbild werden zu lassen. Zum dritten Mal heute fließen bei mir Tränen, doch diesmal der Freude, meinen Vater wieder zu sehen. Ich werfe mich ihm einfach in die Arme und meine Umarmung wird sofort erwidert. „Meine geliebte Tochter...Ach, Lith! Ich bin so froh, dich heil wiederzusehen!“, begrüßt er mich und auch er weinte vor lauter Freude. Mein Vater nimmt mein Gesicht in seine Hände und wischt mir meine Tränen weg, obwohl ihm selber welche runter rannen. Mein Versuch zu Lächeln misslingt mir, denn es war eher eine Grimasse die ich zog. „Lith! Lith ist zurückgekehrt!“, rufen die restlichen Überlebenden und jetzt sehe ich den Ring, der sich um uns gebildet hatte. „Das Glück muss wirklich auf meiner Seite sein, denn ich bin so stolz auf dich, Lith. Du hast im Krieg gekämpft, warst einer der Gefährten und hast überlebt. Mehr kann sich ein Vater nicht wünschen“, lobt mich mein Vater und wieder stehlen sich heiße Tränen aus meinen Augen. „Ich danke dir“, konnte ich nur antworten und Jubel bricht aus. Das ganze Dorf war froh, mich wiederzusehen und ich hatte endlich wieder das Gefühl, wo dazu zu gehören. „Tut mir leid, Aragorn. Vater, Dorfbewohner dürfte ich euch den König von Gondor vorstellen“, sage ich und wische mir die letzten Tränen aus dem Gesicht, während ich ihn an der Hand in den Ring, aus menschlichen Mitgliedern, ziehe. „Lang lebe der König!“, riefen alle im Chor und verneigten sich gehorsam vor ihm, doch Aragorn lachte leise und meinte dann: „Bitte, seht mich nicht als euren König, sondern als euren Gast.“ Verwirrt standen sie nacheinander wieder auf und man lud uns zum Essen ein. Jetzt saßen wir beim kleinen Lagerfeuer und genießen unser Frühstück ... Brot mit Wasser, also nicht gerade ein königliches Frühstück. „Es tut uns sehr leid, Herr Aragorn, dass wir ihnen nicht so ein fürstlichen Essen bieten können, wie ihr es vielleicht gewohnt seid“, entschuldigt sich mein Vater zum zehnten Mal schon und freundlich winkt der König von Gondor ab. „Vielen Dank, aber ich habe im Krieg gekämpft, da ist man über Brot und Wasser schon glücklich“, antwortet dieser und jetzt bringe ich mich ebenfalls ein: „Sagt Vater, wie konnten ihr die Orks überleben?“ Kurz huschte ein Schatten über das Gesicht meines Vaters, doch er hatte sich schnell wieder im Griff. „Das ist eine kurze Geschichte, meine Kleine. Als du uns verlassen hast, war alles noch ruhig, doch einige Wochen später erreichten uns schon die Nachrichten, dass Uruk-Hais und Orks die Dörfer überfallen. Lange wussten wir nicht, was wir tun sollten, doch wir sind einer Gruppe Bauern gefolgt, die sich zu einer Höhle durchgeschlagen haben. Dort haben wir uns verschanzt und siehe da, das Glück war wirklich auf unserer Seite, alle unserer Bewohner haben überlebt“, erzählt er und Aragorn spricht ein Lob aus, das sie sich so gut gehalten haben. „Ihr wollt das Dorf wieder aufbauen, nicht wahr?“, fragt der König von Gondor und mein Vater bestätigt dies mit einem Nicken. „Dann werde ich euch helfen, Vater“, meine ich lächelnd und schenke mein Stück Brot dem kleinen Mädchen Maria, die Tochter des Schneiders. „Ich ebenfalls“, stimmt Aragorn zu und ich, genau wie mein Vater sehen ihn überrascht an. „Aber das können wir doch nicht annehmen, König von Gondor“, erwidert er, doch mein alter Gefährte ließ sich nicht mehr davon abbringen. Die Sonne ist schon weit fortgeschritten und es war um die Mittagszeit herum, als wir mit den Wiederaufbau anfingen. Aragorn hatte sich wirklich nicht mehr überreden lassen und so half er meinem Vater bei den Brettern tragen. Fasziniert sehe ich ihm dabei zu, wie er geschickt die Holzplanken montiert. Die Sonne strahlte in seinen Augen und sein Lächeln würde die ganze Welt erhellen, so ehrlich und fröhlich war es. „Na, Lith, du hast dich wohl in den König von Gondor verguckt“, meint meine alte Freundin Marta und hobelt etwas ungeschickt weiter. „Was?! Nein, niemals!“, antworte ich mit geweiteten Augen und nehme ihr den Hobel aus der Hand, „Lass mich das machen.“ Um meine Röte im Gesicht zu verbergen verrichte ich die Arbeit, doch meine Freundin ließ sich nicht davon abbringen, weiter in meiner Wunde zu bohren. „Natürlich, du doch nicht. Tauchst aus heiterem Himmel hier mit ihm auf, beobachtest ihn heimlich. Also bitte, das sieht sogar der alte Harwan und der ist schon fast blind und taub“, macht sie einfach ungefragt weiter und mit einem fiesen Lächeln zog ich die Holzplanke weg, an der sie gelehnt hatte. Mit einem kurzen spitzen Schrei fiel sie ins Gras und ich hatte endlich meine Ruhe. „Nein, egal was du dir jetzt denkst. Nein, nein, nein“, sage ich ihr eindringlich und bringe das Brett zu Aragorn. „Ah, danke, Lith“, meint dieser freundlich und hält dann inne, nachdem er den Balken weitergereicht hatte. „Ihr habt euch verletzt“, bemerkt er etwas besorgt und ich werde ein wenig rot im Gesicht. Warum denn auch nicht? Der König von Gondor machte sich um mich Sorgen, die Tochter eines Schmiedes... „Ach, das ist nur ein Kratzer“, winke ich ab und lege meine Hand über den Kratzer auf meiner Wange. „Ja, aber das ist anscheinend nicht der Einzige“, erwidert er und nimmt meine Hand in seine, auch hier hatte ich einige. „Ihr müsst aufpassen...Ihr habt eine Haut wie eine Elbin, Lith, auf die muss man gut achten“, sagt der König von Gondor und mein Herz schlägt mir bis zum Hals und noch viel weiter. „Helft ihr mir beim festnageln?“, fragt Aragorn mich und hilfsbereit reiche ich ihm einen Hammer. „Wieso helft ihr uns eigentlich bei dem Wiederaufbau unseres Dorfes?“, frage ich ihn etwas neugierig und gebe ihm auch noch die Nägel dazu. „Weil ihr jede Hilfe brauchen könnt, die ihr kriegt und weil ich euer Heimatsdorf gern etwas näher kennen lernen würde...Wo wir gerade dabei wären, was ist eigentlich mit eurer Mutter geschehen?“, antwortet er und vor lauter Schreck ließ ich den Hammer fallen, den er mir gerade gegeben hatte. Mit geweiteten Augen krallte ich mich am Holzbrett fest, denn der Hammer war mir geradewegs auf den Fuß gefallen. „Lith! Bitte entschuldigt“, ruft der König von Gondor gleich und stützt mich indem er meinen Arm um seine Schulter legt. „Ist nicht so schlimm“, sage ich mit zusammengebissenen Zähnen und humple zwei Schritte nach vorne. „Wartet, ich bringe euch zum Zeltlager“, warnt er mich vor und bevor ich etwas einwenden konnte hob er mich hoch. Aragorn trägt mich zum Lager und ich versinke wiedermal in meiner rosaroten Welt. Wie romantisch, er trägt mich auf Händen zum Zeltlager und das beim Sonnenuntergang. Das Sonnenlicht funkelt in seinen Augen und ich konnte mich gar nicht daran satt sehen. „Sag mal, beobachtet ihr mich?“, fragt mein Opfer, das ich gerade beobachtete und ich zuckte leicht zusammen. Jetzt hatte er mich doch wirklich dabei erwischt, wie ich ihn angestarrt habe, und hoffentlich hab ich nicht gesabbert. „Nein, nein, ich ... Ich mochte nur, wie sich das Sonnenlicht in euren Augen gespiegelt hat“, war dann meine ehrliche Antwort. „Danke, das von euch zu hören, macht mich glücklich“, meint er und setzt mich bei der abgebrannten Feuerstelle ab. „Wisst ihr was mich glücklich macht, Aragorn?“, frage ich ihn und er zieht nur fragen die Augenbrauen hoch. „Das ihr hier seid und uns helft unser Dorf wieder aufzubauen. Das hätte nicht jeder gemacht, vor allem nicht für jemanden denn man kaum kennt“, antworte ich leicht lächelnd und plötzlich lehnt er sich nach vorne. Er stütz sich auf der Bank ab, auf der ich sitze und ganz nah an meinem Ohr flüstert er dann: „Ihr seid halt etwas Besonderes.“ Bam...Mein Gesicht färbt sich Dunkelrot und doch eigentlich bin ich total gerührt. „D...D...Danke“, stottere ich nach einer Weile, doch mir war nicht aufgefallen, dass er schon längst wieder weg war. „Und willst du mir jetzt nochmal sagen, dass du dich nicht in ihn verguckt hast? Also, das war ja mehr als eindeutig“, reißt man mich aus meinen Gedanken... Na klar, das konnte ja nur Marta sein ... ach grauenvoll, sie hatte auch noch mit allem Recht! „Komm, lass mich in Ruhe“, meine ich mürrisch, denn ich wollte es nicht zugeben, auch wenn es ziemlich offensichtlich war. „Nein, ich lass dich nicht in Ruhe, Lith. Nun hör mir mal genau zu!“, meint sie plötzlich ganz ernst und packt mich an den Schultern, „Aragorn, der König von Gondor, scheint wirklich viel für dich zu empfinden, sonst wäre er nicht mit dir hier aufgetaucht und hätte beim Wiederaufbau geholfen. Lith, lass ihn dir nicht durch die Lappen gehen!“ Mit geweiteten Augen starre ich sie ungläubig an und kann auch gar kein Mucks von mir geben. So hatte ich meine Freundin noch nie erlebt...aber anscheinend hatte sie schon mal so eine Situation erlebt. Ich nickte nur und schon war sie wieder fort, bevor ich sie darauf anreden konnte. Die Stunden vergingen wie im Flug, als ich versuchte ein köstliches Abendessen zu zaubern. „Wow, Lith. Das schmeckt grandios!“, schwärmt mein Vater und ein fröhliches Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. „Ich muss eurem Vater zustimmen, Lith. Ihr seid eine fantastische Köchin“, lobt mich auch Aragorn und jetzt wurde ich ein wenig rot. Das Lagerfeuer gab knallende Geräusche von sich, als mein Vater ein paar Scheiten Holz hinein warf. Das wunderschöne Rot von dem Feuer zog mich in seinen Bann und ich starrte einfach nur in die Flamme. „Ich wünsche euch eine gute Nacht“, sage ich plötzlich und verschwinde in mein Zelt. Ich wusste nicht, warum mich meine Gefühle jetzt auf einmal so überfielen, doch ich wollte jetzt nur alleine sein. „Lith! Was ist mit euch?“, fragt Aragorn, als er mir ins Zelt nachkommt, doch ich winke nur mit der Hand ab. „Es ist nichts wichtiges, ich möchte nur ein wenig alleine sein“, antworte ich, aber abwimmeln ließ er sich nicht so leicht, wie ich dachte. Zwei Arme legen sich um mich und sofort spüre ich die Wärme von Aragorns Körper. „Ihr wisst doch, ich bin für euch da, wenn ihr darüber reden wollt...meine Liebe“, sagt er und streicht mir mit seiner Hand über meinen Kopf, bevor er mir einen Kuss auf den Scheitel drückt. „Ich...Ich liebe euch“, kommt es von mir nach einiger Zeit, aber es kam keine Reaktion und mir wurde bewusst, dass er gar nicht mehr im Zelt war. Mit hängenden Schultern ging ich zu meiner Matte und legte mich aufs Ohr. Dunkelheit empfing mich und schon kam der Albtraum von selber. „Mutter, warum bist du gegangen?“ ... „Es ist alles deine Schuld, wärst du nicht da, würde ich noch leben! Du hast die Familie auseinander gerissen!“ „Nein!“, rufe ich verschreckt und bleibe erschöpft keuchend liegen. Das war ja grauenvoll, schlimmer als jeder Albtraum bisher. Mein Herz versuchte verzweifelt aus meiner Brust zu springen und ich konnte sogar spüren, wie sich Schweißperlen auf meiner Stirn bildeten. Ein Seufzen lässt mich Aufsehen und jetzt erst erblicke ich den schlafenden Aragorn neben mir ... oder besser gesagt vor mir. Das war also gar keine Decke, an die ich mich so verschreckt geklammert hatte, sondern sein Mantel und nach einigen Augenblicken werden meine Sinne klarer. Der König von Gondor liegt vor mir und hatte einen Arm um mich gelegt, während ich mein Gesicht in seinem Hemd vergrabe und mich an seinen Mantel klammer. Schöner Anblick, normalerweise, doch jetzt gerade, wollte ich nur weg und Luft schnappen. Irgendwie.... Ja, wirklich, ich konnte meine Arme nicht spüren. Verdammt, jetzt hatten die mich auch noch verlassen und sind eingeschlafen. „Aragorn“, flüstere ich und stupse ihn mit meinem tauben Finger auf die Nase. Er gab ein unverständliches Gemurmel von sich und wartend ziehe ich die Augenbrauen nach oben. „Aragorn?“, frage ich nochmal nach und wieder nur Gemurmel. So wird das nichts... „König von Gondor, ich würde euch bitten, mich freizugeben, denn ich würde gerne etwas trinken“, sage ich in normaler Lautstärke und es hat seine Wirkung. Er dreht sich verschlafen auf die andere Seite und ich war frei. Juhu! (xD) Leise schlich ich mich aus dem Zelt und der Wind lies mich zittern, der er war eiskalt. Die Nacht war tiefschwarz und es war wirklich bitterkalt. Brrrr.... Auch wenn es kalt war, es hilf mir meine Gedanken zu ordnen und meine Sinne wurden noch klarer. Die einzige Lichtquelle war ein wunderschöner Vollmond und ich machte mich auf meine kleine Reise zu meinem alten Heimatdorf. Meine Finger waren soooo kalt und ich zittere leicht, doch ich wollte nicht nochmal ins Zelt gehen, um mir eine Jacke zu holen. Der Wind blies mir die Haare ins Gesicht und schon war es plötzlich da, als wäre das abgebrannte Dorf gerade aus dem Boden gewachsen. „Willkommen zurück in der Vergangenheit“, murmele ich und es war als wäre ich Jahre zurückversetzt worden. Als ich auf der Straße weiter ins Dorf ging wurde das Gras grüner, die Wände der Häuser wurden wieder ganz, wie ich es in Erinnerung hatte. Meine Fantasie war so in Fahrt gekommen, sodass ich jetzt auch alle Einwohner im damaligen Alltag ihres Lebens sah. Sie huschten von Häusern zu Häusern, verrichteten ihre Arbeiten, während Kinder sich austobten und miteinander spielten. Es wirkte alles so real, dass ich Marta aus meiner Fantasie winke und mich bei Begrüßungen angesprochen fühle. Da stand es nun, das Haus indem ich aufwuchs und mein Vater mir alles Wichtige beibrachte. Die kleine Holztür stand offen und mit einem Lächeln trat ich ein. Auch wenn alles perfekt aussah und real wirkte, war es doch falsch... „Das ist nicht mehr mein Leben“, spreche ich das aus, was mir im Kopf herumspukt und die Illusion löste sich auf. Es war wieder das abgebrannte Haus, ohne Schmiede, ohne Einrichtung, nur mit Asche und alten Erinnerungen ausgestattet. Ein heller Blitz schlug irgendwo in der Nähe ein und der Donner lies auch nicht lange auf sich warten. Zögernd nähere ich mich dem Aschefleck, wo ich ein Glitzern für einen kurzen Moment sehen konnte. Vielleicht hatte ich es mir auch eingebildet, doch ich wollte unbedingt nachsehen. Ein silbernes Amulett lag unter der dicken Ascheschicht versteckt und fasziniert davon drehte ich es zwischen meinen Fingern herum. Anscheinend hatten es die Orks übersehen, schlecht für sie, gut für mich. Wieder zuckte ein Blitz über die Landschaft und der Donner folgte ihm zügig. Es war als wäre der Blitz in mein Gedächtnis geschossen, denn plötzlich fiel mir ein, woher ich diese Kette kenne. Es könnte das Amulett meiner Mutter sein, von dem mir mein Vater schon so viel erzählt hatte. Ganz sicher war ich mir nicht, aber es hatte Ähnlichkeiten mit dem aus den Erzählungen. „Irgendwie lerne ich nicht aus dem Fehler, euch für einen kurzen Moment alleine zu lassen“, beendet eine Stimme die wunderschöne Stille und erschrocken drehe ich mich um. Zu allem Überfluss landete ich auch noch in einem Aschehaufen und musste von dem aufgewirbelten Staub niesen. „Und wieso müsst ihr mich immer so erschrecken?“, frage ich den König von Gondor, nach dem ich meinen ersten Schrecken überwunden hatte. „Tut mir leid, aber ihr seid immer so in Gedanken versunken, sodass ihr mich nie hört“, antwortet er gerissen und ich kann nicht anders als Lachen. „Ich habe euch noch nie so Lachen gehört, so frei und glücklich“, meint Aragorn geistesabwesend und sieht mich mit seinen Augen ganz zärtlich an. „Was tut ihr eigentlich hier?“, übergehe ich seine Aussage und er zuckt leicht mit den Schultern. „Ich suche nach einem passenden Moment, um euch etwas zu sagen und zwar...“, beginnt er, wird aber durch ein lautes Knacken unterbrochen. Blitzschnell reagiere ich und stoße Aragorn auf die Seite, als ein dicker Balken in der Hälfte durchbrach und auf uns herunterstürzte. Ein Schwall von Adrenalin schoss durch meine Adern und mein Atem ging stoßartig. „Ihr...Ihr habt mir das Leben gerettet, Lith“, keucht der König von Gondor, er wirkte etwas blass um die Nase, wahrscheinlich von dem Schrecken. Jetzt so wie er vor mir stand, wie ich ihn gegen die Wand drücke, schoss mir so eine alberne Idee durch den Kopf. Mein Hirn hatte einen Aussetzer und meine Hände machten was sie wollten. Sie zogen Aragorn an seinem Mantelkragen nach unten und schon spürte ich seine weichen Lippen auf meinen. Wenn es einen perfekten Moment gab, dann war er es gerade und ich genoss ihn so gut es ging. Ich weiß nicht, wie es mein schlechtes Gewissen geschafft hatte, sich durch die ganzen guten Gefühle zu kämpfen und jetzt auszubrechen, aber es funktionierte. Erschrocken stolpere ich zurück und starre ihn mit aufgerissenen Augen an. „Es tut mir so leid, ich weiß nicht, was in mich gefahren ist“, sage ich, doch er reagierte ganz anders als ich erwartet hatte. „Warte, es muss dir nichts leidtun“, antwortet er und streckt seine Hand nach mir aus, aber ich weiche weiter zurück. „Doch, du bist der König von Gondor und ich nur die Tochter eines Schmiedes. Ihr braucht eine Königin und das bin ich nicht“, argumentiere ich und warte auf gar keine Antwort, sondern laufe hinaus in den Regen, der auf das Land herunterprasselt. Was tue ich hier gerade? Außer halt mein Leben zu zerstören... „Lith! Was denkt ihr eigentlich von euch?“, ruft Aragorn, der mir hinter her gelaufen war und jetzt mich mit einer etwas ungewollten Umarmung festhält. „Was ich von mir denke? Dass ihr etwas Besseres verdient habt als mich, zum Beispiel Arwen oder Éowyn. Die sind für den Rang einer Königin geschaffen, nicht so wie ich“, erkläre ich ihm die Situation und boxe ihm leicht gegen die Brust, denn ich wollte, dass er mich endlich loslässt. „Ich will aber nicht Arwen oder Éowyn, sondern euch, weil ihr in meinen Augen einfach perfekt seid“, stellt er knallhart fest und meine Argumente waren mit einer Aussage weggewischt. Er streicht mir die nassen Haare aus dem Gesicht und spricht weiter: „Hier im Regen und nur wir beide, das ist der perfekte Moment um euch zu sagen, wie sehr ich dich liebe.“ Schon lagen seine weichen Lippen wieder auf meinen und es war wirklich der perfekte Moment. Trotz des Kusses musste ich leicht lächeln, denn der Sonnenaufgang hatte die Regenwolken besiegt und ein neuer Tag bricht an. „Ich liebe dich auch“, gestehe ich ihm ebenfalls, nachdem er den Kuss beendet hatte. „Auch wenn du keine Königin sein möchtest, würde ich dich trotzdem gerne fragen, ob du meine Frau werden willst“, fragt Aragorn leise, sogar schon etwas schüchtern und um ihn zu beruhigen nehme ich seine Hand in meine. „Nur unter einer Bedingung: Du lehrst mich, wie man eine gute Königin ist“, scherze ich und er nickt nur brav darauf, „Wie werden wohl die Gefährten darauf reagieren, dass wir heiraten werden?“ „Das wirst du noch schnell genug erfahren“, antwortet er geheimnisvoll und skeptisch zog ich die Augenbrauen nach oben. Wie gesagt, dieser Mann verwirrte mich so sehr, wie kein anderer... Er zog mich zu sich und küsste mich innig. „Na, hoppla. Da haben wir wohl was verpasst, nicht wahr, Leute?“, hallt die Stimme von Gimli über die Wiese und überrascht blicke ich in die Richtung aus der die Stimme kam. „Was?! Die Gefährten hier? Hast du sie hergeholt?“, frage ich Aragorn und hüpfe wie ein Kleinkind auf und ab. „Natürlich, ich wollte ja, dass sie es schnell erfahren. Leute! Lith und ich werden heiraten!“, ruft er den letzten Satz zu unseren Freunden. Die Hobbits umklammern meine Füße und Legolas reicht mir lächelnd die Hand: „Ich wünsche euch alles Gute.“ Alle freuen sich mit uns und ich hatte mich getäuscht, ich liebe meinen Vater und mein Heimatdorf... ...Aber das hier ist meine Familie und ich gehöre zu ihnen, das war immer so und wird immer so bleiben. Kapitel 2: Diebe und Schmuck ... keine gute Kombi ------------------------------------------------- Die Sonne strahlte mit einer Kraft von zehn Sonnen auf das Land hinunter, während sein Bruder der Wind die nötige Abkühlung beschafft. In Gondor war die Feierlaune eingezogen, denn der große Krieg war vorbei und das normale Leben war wieder möglich. Kinderlachen hallte durch die Straßen Gondors und es war wie Musik in meinen Ohren. „Ihr müsst euch einfach ein bisschen tollpatschig anstellen und jemanden anrempeln“, erkläre ich den Straßenkindern das Prinzip des Klauens. Natürlich war ich schon längst darüber hinweg, mir mein Geld zusammen zu stehlen, doch die Kinder hatten nichts, brauchten es aber und ich wollte es ihnen geben. „Ich zeige es euch“, schlage ich vor und winke Boromir zu mir, denn er war das perfekte Opfer für mich. Die Kinder setzten sich lernbereit auf die kleine Mauer und beobachteten mich ganz genau. „Ich wünsche euch einen wunderschönen Tag, Boromir“, begrüße ich meinen alten Gefährten und komme ihm ein paar Schritte entgegen. Dieser lächelt mich freundlich an, da er von meinem Plan noch nichts ahnte, und ich stellte mich etwas tollpatschig an. Ungeschickt falle ich über meine eigenen Füße, direkt in Boromirs Arme, so wie es geplant war. „Passt doch auf, Dair, sonst verletzt ihr euch noch“, meint er ein wenig besorgt und da griff ich ihm unauffällig in seine Tasche. „Ja, ihr wisst doch, ich bin ein kleiner Tollpatsch, doch wenn ihr in der Nähe seid, kann mir ja nichts passieren“, plappere ich vor mich hin und frage mich selber gerade, was ich eigentlich daher redete. Das war doch eigentlich nur Schwachsinn... Naja egal, es hatte seine Wirkung, mein Opfer war abgelenkt und ich konnte das Ding, was er bei sich trug schon in meiner Tasche verschwinden lassen. „Dair! Das war wunderbar!“, riefen die Kinder und sprangen nacheinander von der kleinen Brüstung. „Ach, nicht der Rede wert, passt auf euch auf“, verabschiede ich sie und schon liefen sie um die nächste Ecke. „Was war wunderbar?“, fragte Boromir verwirrt nach und ich grinste ihn nur freundlich an, drehte mich um und lehnte mich an die Brüstung mit dem Rücken zu ihm hin. „Ist nicht so wichtig“, antworte ich geheimnisvoll und zog das Ding, das ich meinem Freund abgeknöpft hatte, aus der Tasche. Es war eine kleine schwarze Schachtel und meine Neugierde war nun geweckt. Was befand sich darin? Bevor ich sie jedoch öffnen konnte, kam Boromir näher und entdeckte die kleine Schachtel in meiner Hand. „Dair, gib mir das sofort wieder!“, meint er genervt und streckt mir seine Hand entgegen. „Erst wenn ich weiß, was darin ist“, sage ich grinsend, laufe ein paar Schritte und verstecke mich hinter einer Säule. Mal sehen was sich darin befindet... „Hab ich euch!“, ruft Boromir siegessicher und reißt mir die Schachtel aus der Hand, bevor ich irgendwie reagieren konnte. „Ach, kommt schon, lasst mich reinsehen. Ihr wisst genau, wie neugierig ich bin!“, flehe ich ihn an und versuchte die geheimnisvolle Schachtel wieder zu erlangen, doch es war hoffnungslos. Mein alter Gefährte war einfach zu groß und viel zu stark für mich... Aber dafür war ich gerissen und er ein Frauenheld, die perfekte Kombination für mich. „Oh nein! Mir wird plötzlich schwindelig!“, klage ich und es klang wirklich echt. Damit es auch echt aussah lege ich mir die Hand auf die Stirn und lies mich zu Boden fallen. Wie geplant fing mich Boromir auf, doch er war nicht so leicht reinzulegen, wie ich dachte. „Dair, ich sorge mich wirklich um euer Wohl, doch auf euer Theaterspielchen falle ich nicht hinein“, enttarnt er mich und beleidigt öffne ich wieder die Augen. „Aber ihr müsst zugeben, es war überzeugend“, versuche ich ein wenig meines Stolzes zu retten und Boromir nickt zustimmend, während er mir beim Aufstehen hilft. „Nun gut, dann lasst mich halt nicht in euer geheimnisvolles Schächtelchen schauen“, murmele ich traurig und seufze tief, während ich zur Brüstung gehe, um mir die Stadt anzusehen. „Das funktioniert auch nicht“, meint mein Freund nur und ich verdrehe schnaubend die Augen. „Sagt mal, Boromir, was funktioniert denn bei euch?“, frage ich ihn ernst und ziehe einen leichten Schmollmund. Er lehnt sich nach vorne und grinst ein wenig: „Das mit dem Schmollmund funktioniert schon recht gut, doch ich weiß worauf ihr hinauswollt.“ Provozierend nimmt er das Schächtelchen und hält es mir vor die Nase. Empört sehe ich ihn an und falle wirklich auf den ältesten Trick hinein. Blitzschnell versuche ich nach der Schachtel zu greifen, doch Boromir zieht sie weg, bevor ich sie auch nur mit den Fingerspitzen berühren konnte. „Seht ihr, ich kenne euch doch besser als ihr glaubt. Ich verspreche euch, dass ihr schon bald den Inhalt dieser Schachtel erfahren werdet“, verspricht er mir und lege den Kopf schief. „Das ist fies, jetzt macht ihr mich nur noch neugieriger“, grummele ich ein wenig beleidigt, doch das bringt ihn nur noch mehr zum Grinsen. „Gebt mir einen Tipp“, bitte ich ihn, doch er schüttelt nur lächelnd den Kopf und frustriert setze ich mich auf die kleine Brüstung. „Boromir! Ärgert ihr wieder die arme kleine Dair?“, fragt Gandalf und gesellt sich in unsere kleine Runde. „Ja! ... Wartet mal, sagtet ihr klein?“, frage ich nochmal nach, doch ich bekomme nur Gelächter als Antwort. „Hey, wer ärgert hier wen?“, war die Frage von Boromir und ich zaubere ein unschuldiges Lächeln auf meine Lippen. „Natürlich, ihr ärgert mich. Wie könnte ich, ein armes kleines Ding, euch großen Krieger ärgern?“, antworte ich ihm und mein Freund zieht nur skeptisch eine Augenbraue nach oben. „Ihr armes kleines Ding? Ich glaube, ich habe mich verhört. Ihr seid vielleicht klein, aber keineswegs arm. Ihr nutzt die Schwächen anderer schamlos aus“, erwidert Boromir und ich sehe ihn nur empört an... Verdammt! Er hatte auch noch Recht. „Ein Wunder eigentlich, dass ihr euch beiden erst in Bruchtal kennengelernt habt“, murmelt der alte Zauberer gutmütig und lachte leise. „Ihr habt Recht, Gandalf. Wir wohnen in derselben Stadt und sind uns vorher noch nie begegnet“, stimme ich ihm zu und grübele vor mich hin, denn der Inhalt der Schachtel lies mich nicht los. „Aja, weswegen ich eigentlich hier bin ist, dass Aragorn uns sehen möchte“, erinnert sich der Zauberer und grinsend stoße ich Boromir ein wenig zur Seite. „Der Letzte, der dort ist, lädt den anderen zum Essen ein!“, fordere ich meinen Freund auf und laufe schon los. „Wartet bei dem Schloss auf mich“, ist das Letzte was ich von Gandalf höre und wendig zische ich durch die Straßen. Vorbei an Geschäftsleuten, Stände und spielenden Kindern, doch dann stellt sich ein Karren mir in den Weg und mir kommt eine absurde Idee. Einfallsreich lasse mich auf den Boden fallen und rutsche die kurze Strecke unter dem Pferdekarren durch. „Dair! Du wirst verlieren!“, ruft mir Boromir zu und lachend biege ich scharf um die Ecke, da musste es ja passieren. Mit voller Wucht knalle ich gegen eine Person, die in einen schwarzen Mantel gehüllt war, und falle zu Boden. „Es... Es tut mir furchtbar leid, Herr“, stottere ich und helfe der Person beim Aufstehen, die zirka so groß war wie ich. „Nein, es muss euch nicht leid tun, ihr werdet schon eure gerechte Strafe dafür bekommen“, erwidert diese und ich erstarre sofort in meiner Position. „Ja, ihr habt mich richtig gehört, ihr werdet dafür büßen, was ihr mir angetan habt“, redet der Junge weiter, das konnte ich an seiner Stimme hören, und stoßt mich brutal beiseite. „Denkt an meine Worte“, sind seine letzten Worte und schon verschwand er hinter der nächsten Ecke, während ich mir den schmerzenden Kopf hielt. Ich war mit ihm gegen die Mauer geknallt und mein Atem ging ruckartig. „Dair? Dair! Was ist mit euch?“, fragt mich Boromir besorgt und kniet sich vor mich hin. „Ich... Ich... Da war ein Junge, mit dem ich zusammengestoßen bin“, antworte ich träge und lasse mir beim Aufstehen helfen. „Kommt, lasst uns weitergehen“, fordert mich mein alter Gefährte auf und zieht mich in Richtung Schloss. Die Zeit dorthin verging wie ein Wimpernschlag, denn ich zerbrach mir darüber den Kopf, woher ich diese Augen kannte. Ich hatte sie in meinem Leben schon mal gesehen, doch mir fiel einfach nicht ein woher. „Dair! Boromir! Schön euch zu sehen!“, begrüßt uns der König von Gondor und ich war mit meinen Gedanken wieder bei der Sache. Aragorn sah fantastisch und stolz aus, wie er dort auf der Treppe stand und die Arme weit ausbreitete. „Anscheinend habt ihr euch schon gut als König eingelebt, wenn ihr uns so durch die Stadt herumrufen lässt“, erwidert Boromir ironisch und ich musste mir ein Lachen verkneifen. „Boromir! So spricht man doch nicht mit dem König“, tadle ich ihn lächelnd und schüttele empört den Kopf. „Dair hat Recht, ihr solltet mir mehr Respekt zollen“, stimmt Aragorn wieder mit ein und wir sahen uns nacheinander an. Schallendes Gelächter bricht aus und der König von Gondor schenkt jedem eine Umarmung. „Schnell! Ergreift sie!“, rufen plötzlich die Wachen und werde, so schnell konnte ich gar nicht reagieren, umzingelt. „Was? ... Aber! .. Aragorn!“, stottere ich verwirrt und hebe erschrocken die Arme hoch, um nicht von den Speeren erstochen zu werden. „Um Himmels willen! Erklärt mir die Sache sofort, Hauptmann!“, befiehlt er sofort und wird ebenso schnell aufgeklärt. „Die, die ihr eine alte Gefährtin nennt, wurde des Diebstahls bezichtigt und wir müssen sie sofort festnehmen“, erklärt der Hauptmann der Wache und endgültig verwirrt blicke ich zwischen der Wache, Boromir und Aragorn hin und her. „Wer behauptet eine solche Anschuldigung?“, fragt der König von Gondor weiter und geht wie ein Tiger im Käfig auf und ab. „Dieser Junge, Herr“, antwortet der Mann wieder und zeigt auf eine Person in einem schwarzen Mantel. Das durfte es doch nicht geben! Das war der Junge, den ich vorher niedergerannt hatte! Warum tut er nur so etwas? „Dieses fiese Luder rempelte mich brutal an und klaute mir auch noch meine Kette! Das ist ein Erbstück unserer Familie!“, beschuldigt er mich mit wütender Stimme und zeigt mit seinem Finger anklagend auf mich. „Was? Das stimmt doch gar nicht!“, verteidige ich mich, doch das brachte herzlich wenig. Der Hauptmann kam näher und seine Männer bildeten eine Schneise um ihn, damit er zu mir durchkonnte. Boromir nutze seine Chance und stellte sich schützend vor mich hin. „Rührt sie nicht an! Sie ist keine Diebin!“, schlug er sich auf meine Seite, doch er hatte keine Ahnung, das ich mal eine war. Er wusste nichts aus meinem früheren Leben. „Boromir, macht den Weg frei“, meldet sich Aragorn wieder zu Wort und ebenso wie ich sah er verwirrt drein. Wieso stand mein alter Gefährte und Freund nicht zu mir? „Aragorn, es ist Dair, sie ist keine Diebin und das wisst ihr genauso gut, wie ich“, wiederspricht er, doch der König antwortete nicht darauf. Er geht an dem Hauptmann und seinen Männern vorbei, ebenso an Boromir und greift in meine Jackentasche. Sein Gesicht verdunkelte sich und er zog eine lange silberne Kette aus der Tasche. „Was! Ich habe die Kette nicht gestohlen! Der Junge muss sie mir untergejubelt haben“, suche ich nach weiteren Argumenten, doch mein Schicksal war schon längst besiegelt. „Es tut mir furchtbar leid, Dair, aber ich bin der König und muss handeln“, erklärt mir mein Freund traurig und sieht mir nicht mal dabei ins Gesicht. „Bitte nicht“, flüstere ich und schon packen mich die Wachen, während der Junge vor Freude jubelt, dass er seine Kette wieder hatte oder wohl eher das er mir ein Leben im Kerker geschenkt hatte. Boromir redete auf den König ein und das ganze Volk von Gondor sah zu, wie die Wachen mich in das Schloss brachten. So sehr ich mich auch wehrte, es waren eindeutig zu viele und sie waren stark, zu stark. „Lasst mich los! Ich habe nichts getan!“, flehe ich die Wachen an, während ich die Treppen hinab stolpere und die Panik immer weiter in mir hochkriecht. „Seid gefälligst still, Diebin!“, faucht mich der Hauptmann der Wachen an und sperrt die kleinste Zellen von allen auf. Brutal stößt man mich in die Zelle und mit dem Gesicht voran falle ich in die Drecklacke, die sich in der Zelle gebildet hatte. „Hey, ihr könntet auch ein wenig netter zu mir sein“, meckere ich die Wache an und wische mir das Wasser aus dem Gesicht. „Herzlich willkommen! Das wird euer neues Zuhause für euren Rest des Lebens“, teilt mir mein Zellennachbar mit und mit einem lauten Knall fiel das Tor ins Schloss. „Aber ich bin unschuldig“, jammere ich den Typen voll und mit schleifenden Geräuschen schließen sich die Türen. Mit einem Male war Dunkelheit eingezogen und schniefend ziehe ich mich in eine Ecke zurück. „Du warst anscheinend noch nie in einem Gefängnis, Kleine“, vermutet mein Nachbar und fasst durch die Gitter hindurch. Nur Boromir nannte mich immer Kleine... Seine dreckige Hand betatschte meine Schulter und mit einem unterdrückten Schrei rutsche ich in die andere Ecke. „Hallo, ich bin Flynn!“, stellt sich eine zweite Person vor und total verängstigt krieche ich in die Mitte der Zelle. „Wer seid ihr und was habt ihr angestellt?“, fragt die erste Person und kurz überlegte ich, ob ich überhaupt antworten soll. Es war hier so dunkel, da konnten sie mich eh nicht sehen, also wozu antworten. „Mein Name ist Dair und ich habe gar nichts angestellt“, überwand ich mich und antwortete auf seine Frage. „Klar, das sagen fast alle, die hier hineingezerrt werden, Dair... Dair, wart ihr nicht eine der Gefährten?“, löchert mich Flynn jetzt und skeptisch runzelte ich die Stirn. „Ja, bin ... war ich. Jetzt halten mich ja alle für eine Diebin“, seufze ich, „Was habt ihr angestellt?“ „Ich habe Essen gestohlen, weil ich mit meinem Beruf als Fischer meine Familie nicht mehr ernähren konnte“, erzählt Flynn schnell und der Andere antwortet ebenfalls: „Ich war einfach gierig, habe eine Frau beglückt und dann ihren Schmuck gestohlen. Ach übrigens, ich bin Lionel.“ Als die Stille so herrschte, wenn man mal von den Klagen der Insassen des Gefängnisses absieht, kommt mir erst das Ausmaß der Katastrophe in den Sinn. „Boromir“, murmele ich, ihn werde ich nie wieder sehen. Nie wieder mit ihm herumblödeln, ihn bestehlen, ihn zum Lachen bringen... und ich werde nie erfahren, was in der Schachtel ist. „Boromir? Das ist doch auch einer der Gefährten gewesen“, erinnert sich Flynn und ich nicke kurz, da fiel mir dann ein, dass er es ja nicht sehen konnte. „Ja, er ist ein sehr guter Freund, den ich nie wieder sehen werde“, stimme ich ihm zu und eine heiße Träne kämpft sich über mein Gesicht. Ihr folgen noch einige, bis sich Lionel meldet: „Dair, das ist doch nicht auszuhalten! Hört doch auf zu jammern! Ihr werdet hier mit uns verrotten und basta. Daran kann man jetzt auch nichts mehr ändern!“ „Lionel, ihr seid doch wirklich ein unsensibler Hornochse! Dair, hört nicht auf ihn, er ist schon zu lange im Dunklen, sodass er nicht mehr klar denken kann“, fährt ihn Flynn an und ich lächelte leicht. Sogar hier im Gefängnis von Gondor gab es Hoffnung, auf eine zweite Chance und ein neues Leben. „Danke, Flynn. Das ist lieb von dir, aber er hat Recht. Jammern bringt mir jetzt auch nichts. Wenn es euch nicht stört, würde ich mich gerne ein wenig ausruhen“, bedanke ich mich bei meinem Nachbarn und strecke mich so gut es ging auf dem kalten, harten Boden aus. Müde und erschöpft war ich ja und so ließ der Schlaf nicht lange auf sich warten. „Dair, wacht auf“, höre ich eine leise Stimme und verschlafen öffne ich die Augen, die mussten sich aber erst an das Licht gewöhnen. „Boromir? Träume ich?“, frage ich ihn verwirrt und setzte mich aufrecht hin. Der Boden war alles andere als bequem und der Schlaf war nicht wirklich erholend. Er hatte mich eher noch mehr ausgelaugt und wie ich aussehen musste, wollte ich auch nicht wissen. „Nein, Kleine, ihr träumt nicht. Ich habe nicht viel Zeit, aber ich werde euch hier herausholen. Was auch passieren mag, ich vertraue euch, ihr habt die Kette nicht gestohlen. Bleibt bitte stark, Dair“, erzählt er schnell, doch mein Hirn konnte nur die Hälfte aufnehmen, da ich noch ein wenig verdattert im Kopf war. Zum Abschied gab er mir einen zarten Kuss auf die Stirn und kaum war er verschwunden fiel ich auf die Seite. Sofort empfingen mich wieder Dunkelheit und ein Albtraum. Der Junge, der mich hinter Gitter gebracht hatte, enthüllte sein Gesicht, doch es sagte mir nichts. Nur seine Augen, sie sprachen... sie schrien eher, vor Wut und Hass. „Ahhh!“, schrie ich und schreckte endlich aus diesem Traum auf. „Dair? Was ist mit euch?“, fragt Flynn gleich, während Lionel wieder nur vor sich hin meckerte. „Lionel, ihr seid so nervig mit eurer Meckerei. Habt doch Mitgefühl mit Dair, sie ist gerade erst in diese grausame Welt des Gefängnisses hineingestoßen worden“, fährt mein Nachbar den anderen an und gähnend wische ich mir über das Gesicht. „Hört auf mich andauern zurechtzuweisen, Flynn. Ihr seid nicht Dairs Vater, der sie beschützen muss. Ich denke mal, sie ist eine junge Frau, die für sich selber sprechen kann. Nicht wahr, Dair?“, erwidert Lionel genervt und etwas verwirrt raufe ich mir das Haar. „Ich mische mich in eure Streitigkeiten nicht ein, aber war Boromir hier oder habe ich das nur geträumt?“, frage ich die Beiden und es herrschte kurz Stille. „Ja, Dair, er war hier. Er hat gesagt, dass er nicht viel Zeit habe, aber er hole euch hier heraus, weil er euch vertraue, dass ihr diese Kette nicht gestohlen hättet“, bestätigt Flynn meine Befürchtung und frustriert lasse ich mich nach vorne fallen. „Nein! Nein! Nein! Das kann es doch nicht geben, da sehe ich ihn vielleicht das letzte Mal und ich bekomme nichts davon mit“, murmele ich traurig, während Lionel Selbstgespräche mit sich führt. „Dair, habt ihr eigentlich eine Familie?“, führt Flynn das Gespräch weiter und ich wünschte mir, dass die Pfütze etwas tiefer wäre, damit ich darin ertrinken könnte. „Nein, ich habe keine Familie mehr. Die Gefährten waren meine Freunde, meine Familie, doch jetzt hält nur noch Boromir zu mir. Selbst Aragorn, der König von Gondor, hatte sich gegen mich gewandt“, antworte ich ihm brav auf die Frage und Lionel mischte sich wieder mit ein: „Sag mal, wie siehst du eigentlich aus?“ „Gott, Lionel. Euch hat man das Hirn rausgeprügelt, bevor man euch hier rein schleppte“, erwidert Flynn und die Beiden fingen einen heftigen Streit an. Ich sagte nichts dazu, ich hatte gerade andere Probleme, zum Beispiel ein Junge, der mich hasst, obwohl ich ihn nicht kenne und heftige Kopfschmerzen. Dazu gesellte sich noch ein furchtbar schlechter Geschmack auf meiner Zunge dazu und die Stimmen von meinen Nachbarn lösten immer wieder Schmerzenswellen in meinem Kopf aus. „Ahhh! Lionel sei mal still! Unser Abendessen kommt“, meint Flynn plötzlich und er hatte Recht damit, denn das scharrende Geräusch der Türe war zu hören. Anscheinend verliert man sein Zeitgefühl nicht ganz, sondern nur ein bisschen. „Hier, Neuankömmling, euer Essen“, sagt die Wache und schiebt ein Teller unter der Türe durch. Schnell teilt er auch den anderen ihr Essen aus und wieder empfing uns Dunkelheit. So langsam gewöhnte ich mich daran und es war nicht mehr so erdrückend. Gierig stürzte ich mich jetzt auf mein Abendessen und beiße mir fast meine Zähne an dem harten Brot aus. „Dair, kommt ich teile mein Essen mit euch. Neuankömmlinge bekommen immer das Schlimmste vorgesetzt“, lädt mich Flynn ein und ich lächle leicht. „Ich danke euch“, antworte ich und ertaste Flynns Hand in der Dunkelheit. Auch er hatte Brot bekommen, aber an seinem biss man sich wenigstens nicht die Zähne aus. „Was macht ihr eigentlich den ganzen Tag so?“, frage ich die Beiden schmatzend und fühle mich ein wenig stärker nachdem essen. „Hmmm... Meistens streiten wir uns, aber manchmal erzählen wir auch ein paar Geschichten aus unserem Leben“, meint Lionel und etwas verdattert ziehe ich die Augenbrauen nach oben. „Nur das? Das ist ja langweilig nach einiger Zeit“, ist meine Meinung dazu und gähnend lehne ich mich an die kalte und feuchte Wand. „Ja, so ziemlich. Ich erzähl euch was, Dair! Lionel hat ein Glühwürmchen mal für eine Fee gehalten und wurde in seinem alten Heimatsdorf für verrückt erklärt“, erzählt mir Flynn und ich konnte mir das Lachen nicht verkneifen. „Flynn! Ihr seid so gemein!“, ruft Lionel wütend aus und seine Hände fummeln durch die Gitterstäbe. „Argh! Das bin ich, Lionel!“, meine ich erschrocken und klatsche ihm auf seine Hände. „Oh, verzeiht mir bitte, ich vergas, dass ihr jetzt meine Zelle bewohnt“, entschuldigt er sich, „Aber... Wow! Was ihr für eine Figur habt, nicht schlecht!“ „Ich würde lieber schnell euren Schmuck verstecken, Dair“, rät mir mein Nachbar und ich grinse leicht, auch wenn ich ihm Gefängnis sitze, die Beiden muntern mich wirklich auf. Wieder die scharrenden Geräusche der sich öffnenden Türe und Licht, dass meine Augen kurz blendet. „Wie lange hatte ich mir gewünscht, euch hier im Gefängnis zu sehen. Ein Wunsch geht für mich in Erfüllung“, begrüßt man mich, doch die Stimme war mir völlig unbekannt und nach einigem Blinzeln erkannte ich meinen Gegenüber. „Was wollt ihr von mir?! Ihr habt mich ins Gefängnis gebracht! Seid ihr jetzt zufrieden?! Ihr habt mein Leben zerstört“, fahre ich den Jungen an und stürze zu ihm vor. „Ja, sehr zufrieden, danke. Vielleicht erkennt ihr die Kette wieder ... und mich auch. Ich gebe euch Zeit zum Nachdenken, bevor ihr ... Ach ich möchte nicht vorgreifen, das Urteil wird euch noch schnell genug mitgeteilt werden“, verabschiedet er sich, während er mir die Kette vor die Füße wirft. Schnell hebe ich es auf und versuche mit dem restlichen Licht noch etwas zu erkennen. „Oh mein Gott“, murmele ich und mit einem Knall fiel die Tür ins Schloss... Dunkelheit... „Dair? Erkennt ihr die Kette wieder?“, fragt mich Lionel und eine Träne läuft mir über die Wange. „Vorsicht, sonst will er dir die Kette auch noch abknüpfen“, scherzt Flynn und den vernichtenden Blick von Lionel konnte man richtig sehen, obwohl es stockdunkel war. „Ja, das ist ... ist eine lange Geschichte“, antworte ich schniefend und beruhigend wird mir eine Hand auf die Schulter gelegt. „Hehe, wir haben Zeit“, erinnert Flynn und ich fange mit der Geschichte an: „Meine Eltern sind sehr früh gestorben und ich kämpfte mich mit Betrügen und Stehlen durch. Meowin war ein sehr guter Freund und ich behandelte ihn wie einen kleinen Bruder. Aber als man uns verriet, mussten wir fliehen und die Wache erwischte Meowin mit einem Pfeil in der Schulter. Ich hatte gerade erst sechs Winter überstanden und wollte nicht sterben, so bin ich geflohen und habe meinen kleinen Bruder zurückgelassen. Bis heute hasse ich mich jeden Tag dafür und ich dachte, er sei an diesem Tag gestorben, doch anscheinend ist dem nicht so.“ Meine Gefühle überwältigten mich und schniefend wische ich mir mit dem Ärmel über das Gesicht. „Die Kette klaute ich ihm, einen Tag bevor ich ihn verriet und um mein Leben lief“, beendete ich meine Erzählung und Stille herrschte aber nur kurz. „Wow, verrückt, möchte ich meinen“, war Lionels Meinung, wiedermal nicht gerade aufbauend von ihm, im Gegensatz zu Flynn: „Ihr tut mir leid, Dair. Meowin kann anscheinend die Vergangenheit nicht ruhen lassen ... Dair! Wir müssen euch hier rausholen. Das habt ihr nicht verdient!“ Jetzt herrschte wieder Stille und diese hielt auch an, bis wieder dieses scharrende Geräusch zu hören war. „Dair! Das Urteil ist gefallen, ihr werdet am Ende des Tages ...“, die Wache machte eine dramatische Pause, während ich erschrocken die Luft anhalte, „zum Tode verurteilt.“ Meine Lunge schnürt sich zu und keuchend rutsche ich an der Wand nach unten. „Ihr werdet jetzt euren letzten Besuch empfangen und danach eure letzte Mahlzeit zu euch nehmen“, redet er weiter, doch mein Leben zieht an meinem inneren Auge vorbei. „Kleine! Kleine! Es tut mir so leid!“, ruft Boromir beim reinlaufen und stürzt zu den Gittern der Zelle. „Boromir! Ich bin froh, euch zu sehen“, begrüße ich ihn etwas schniefend und er nimmt meine Hände in seine. „Es tut mir leid, euch nicht hier rausholen zu können. Ich fühle mich grauenvoll, euch einfach hierlassen zu müssen und später euch auch noch.... “, seine Stimme bricht und eine Träne läuft über sein Gesicht. Gerührt wische ich ihm die Träne sanft weg und hebe sein Kinn leicht an. „Hey, wer wird denn da Trübsal blasen, Boromir, es gibt sicher einen Ausweg“, muntere ich ihn auf, obwohl ich selber genau wusste, dass das mein Ende ist. „Ich, denn ich kann euch nicht helfen und das bricht mir das Herz. Was soll ich denn nur ohne euch machen? Ihr seid doch zu meinem Leben geworden“, murmelte er und weitere Tränen folgen der Ersten. So wie er hier stand, wurde mir erst klar, wie viel er mir bedeutete und ich ihm. „Boromir, es ist vielleicht das letzte Mal, dass wir uns sehen werden, also ... es war wunderschön mit euch in den Krieg zu ziehen und ... und ich...“ beginne ich mit meinem Geständnis, werde aber von der Wache mittendrinnen durchbrochen. „Die Zeit ist vorbei, ihr müsst jetzt gehen, Herr Boromir“, teilt uns der Mann mit und jetzt kommen auch mir die Tränen. „Bleib stark, Kleine“, verabschiedet er sich und drückt mir einen Kuss auf die Stirn. Es war als würde man mir mein Herz herausreißen und in den Dreck werfen, so fühlte es sich an, als mein Arm zu kurz wurde und ich Boromirs Hand auslassen musste. „Ich liebe euch!“, rufe ich ihm hinterher und da war wieder die Dunkelheit. Jetzt ging es erst richtig los, ein Heulkrampf löst den nächsten ab. Lionel hatte keine aufmunterten Worte für mich, aber auch Flynn konnte mir nicht helfen. Mein Leben war verwirkt und würde an diesen Abend enden. Stunde um Stunde verging, und ich erinnerte mich an mein ganzes Leben zurück. Die ersten ungeschickten Diebstähle und die Flucht, die mir jetzt zum Verhängnis wurde. Aber die schönsten Ereignisse waren noch immer die erste Begegnung mit Gandalf und der Ringrat. So stolz alle waren, diesem beizuwohnen, und dann lernte ich erst nach der Zeit jeden der Gefährten richtig kennen. Die schönste Zeit in meinem Leben, obwohl ich jedem Ork zum Opfer fallen hätte können... Lionel hatte schon zwei Wutausbrüche, weil meine Tränen einfach nicht versiegen wollten und meine letzte Mahlzeit hatte ich auch nicht angegriffen. „Dair, bitte, hört auf zu weinen, es gibt sicher einen Ausweg“, versucht Flynn wieder mich zum Lächeln zu bringen, doch ich hörte ihm gar nicht zu. Stille...scharrende Geräusche...Jetzt war es so weit! „Kommt jetzt! Euer Urteil wird jetzt verlesen“, fordert die Wache mich auf und zieht mich an der Schulter auf die Beine. Ungeduldig stößt er mich vor sich hin, während ich leise Verabschiedungen von Lionel und Flynn höre, und stolpere die Treppe nach oben. Gott, wie ich aussehen musste und wie ich mich fühlte. Schrecklich... Die Gänge sind lange und es kam mir vor, als würde ich durch das ganze Land gehen und nicht nur durch ein Schloss. „Hier kommt die Gefangene!“, ruft der Mann durch den Gang und das große Tor öffnete sich träge. Tageslicht...oder besser die Abendsonne... Ich dachte schon, ich würde es bevor ich sterbe, nie wiedersehen. „Dair! Ihr werdet heute zum Tode verurteilt, weil ihr einem Mitmenschen eine wichtige Kette gestohlen habt“, empfängt mich der König von Gondor und ich konnte die Traurigkeit in seiner Stimme hören. Mir werden die Hände auf den Rücken gebunden und danach auf ein kleines Podest gestellt. Schön, damit mich wahrscheinlich jeder in Gondor sehen kann, da ich ja nicht gerade groß war. „Habt ihr noch ein paar letzte Worte, die ihr uns mitteilen wollt?“, fragt mich Aragorn und ich nicke übereifrig. „Ja, ich würde mich gerne bei Meowin entschuldigen, denn ich wollte ihn wirklich nicht zurücklassen, aber wie hättet ihr in meiner Situation gehandelt? Da dies ja mein Ende sein wird, wollte ich noch sagen, dass ich der Schatten war. Ich war der kleine Dieb, der Gondor in Angst und Schrecken versetzt hatte. So jetzt ist es raus und ich bin bereit für mein Ende“, beichte ich alles und schließe entschlossen die Augen. Etwas Kratziges wurde mir um den Hals gelegt... Na toll, auch noch an den Galgen... „Wollt ihr dem Tod nicht ins Auge sehen?“, fragt mich mein Henker und ich antworte ehrlich: „Nein, danke, ich bin nicht so neugierig, um zu sehen wie es endet.“ „Nicht mit uns!“, ruft eine ziemlich bekannte Stimme und ein Aufruhr machte sich in der Masse breit, während ich interessiert die Augen öffne. Jemand kämpfte sich durch die Masse und ein Lächeln zaubert sich auf mein Gesicht. „Boromir!“, keuche ich überrascht und er zog sein Schwert, als ihn die Wachen angriffen. „Jetzt macht schon!“, kreischt Meowin, doch mein Henker war ein wenig beschäftigt. So lief er die Treppen hoch und ernennt sich zu neuen Henker, während ich versuchte meine Fesseln loszuwerden. „Dies ist euer Ende“, waren seine letzten Worte, doch ich lies mich nicht so schnell unterkriegen. „Meowin, bitte! Ich bin eure Schwester, nicht eure echte, aber wir waren doch immer füreinander da! Wisst ihr noch, wo wir uns die Äpfel von den Bäumen klauten oder die Fische aus dem Teich von dem alten Hartwan? Meowin, ich denke wirklich jeden Tag an euch und hasse mich wirklich dafür, was ich getan hatte, aber wie hättet ihr in meiner Situation gehandelt?“, versuche ich ihn abzulenken, während mir Tränen runterliefen und ein dicker Klos sich in meinem Hals breitmachte. „Ich ... Ich wäre ... ebenfalls geflüchtet“, gibt er nach einigem Gestotter zu und senkt seinen Blick und plötzlich flog ein Helm durch die Luft. Einer der Wachen war gefallen und er verlor seinen Helm, der geradewegs auf den Auslöser des Galgens zuflog. Mit einem Schrei verlor ich den Halt unter meinen Füßen und die Welt um mich herum stand still für diesen einzigen Moment. Das schnalzende Geräusch einer Bogensehne ertönte und ich fiel weiter, ohne von einem Seil aufgehalten zu werden. „Hab ich euch, Kleine“, meint Boromir und fängt mich elegant auf, „Jetzt müssten wir eigentlich quitt sein, ihr rettetet damals mein Leben und ich heute euers.“ „Hört auf zu kämpfen! Dair hat mir die Kette nicht gestohlen!“, gibt Meowin endlich zu und fuchtelt wild mit den Armen umher. „Boromir, ich dachte, ich sehe euch nie wieder“, schluchze ich, während er mich auf den Boden absetzt und mir die Fesseln abnimmt. Weinend werfe ich mich ihm um den Hals und er erwiderte die Umarmung sofort. Die Welt um uns herum, war egal, denn ich war am Leben und hatte ihn bei meiner Seite. „Dair, ihr seid frei, obwohl ihr in eurer Vergangenheit ein kleiner Langfinger ward ... und ich hoffe, ihr könnt mir eines Tages verzeihen! Aber ihr, Meowin, müsst euch dafür verantworten!“, verkündet der König von Gondor und erleichtert atme ich auf. „Du hast dir ja Verstärkung geholt“, bemerke ich lächelnd und Boromir zuckt nur leicht mit den Schultern. „Ja, ich dachte mir, alleine schaffe ich das nicht und so holte ich mir die Hilfe von Gimli, Legolas, Faramir und Gandalf, der sich die meisten Sorgen um dich gemacht hatte... Wenn wir schon so versammelt sind, könnte ich dir auch gleich den Inhalt der schwarzen Schachtel verraten.“ Aufgeregt hüpfe ich auf und ab, denn ich war soooo neugierig. Gandalf legt mir beruhigend die Hand auf die Schulter und Boromir holt die Schachtel aus seiner Tasche. Eigentlich war mein Leben wieder im Gleichgewicht, so schnell wie man es auch aus diesem gebracht hatte. Er hielt sie mir entgegen und überdreht öffne ich die Schachtel. Ein wunderschöner silberner Ring blitze mir entgegen und ich staune nicht schlecht, als er sich dazu noch auf den Boden kniet. „Mal sehen, was ihr so angestellt habt, Dair. Ihr habt mich bestohlen, zuerst mein Herz dann auch noch den Ring, dann habt ihr mir das Leben gerettet und mich nicht nur einmal zum Narren gehalten. Dair, ihr seid das Beste was mir je passiert ist und ich möchte euch fragen: Wollt ihr mich heiraten?“, bittet er mich und ich brauchte einige Momente, bis ich alles verarbeitet hatte. „Ja...Ja!“, rufe ich und stürze mich überglücklich auf ihn, sodass wir beide umfielen und im Dreck herumkugelten. Er wollte mich heiraten, obwohl ich in jungen Jahren ganz Gondor in Schreck versetzt habe! So einen Tag möchte ich trotzdem nicht nochmals erleben. Meowin wurde zur Strafarbeit verdonnert und wir bauten wieder eine Beziehung zu einander auf. Flynn und Lionel konnte ich aus dem Gefängnis rausholen, da Aragorn mir noch etwas schuldig war, doch Lionel konnte sich nicht wirklich ruhig verhalten und wanderte ein paar Wochen später wieder in seine Stammzelle. Im Gegensatz zu Flynn, der eine Stelle als Hoffischer bekam und seine Familie ernähren konnte. Mein Leben verlief wieder in geregelten Bahnen und es war einfach wunderbar... jeder einzige Augenblick! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)