Meeresflüstern von Coronet (Die Hungerspiele der Annie Cresta) ================================================================================ Kapitel 24: Letzter Halt ------------------------ Vor meinen Augen wiegt sich das Meer in der Morgensonne, friedlich und unberührt. Die Sonne lugt kaum über den Horizont und ihre ersten Strahlen tauchen den Ozean in pinkes Licht. Ich wünschte, der Anblick wäre echt. Was würde ich dafür geben, einzuatmen und Meersalz zu schmecken. Doch da ist nur der Geruch eines fremden Waschmittels aus dem Kapitol an meinen Kleidern – und Angstschweiß. Kein Wind auf der Haut, kein Flüstern des Meeres. Heute ist es so weit. Heute fällt der Startschuss für die 70. Hungerspiele. Ich wechsle die Ansicht auf dem digitalen Fenster und die See wird zur Straßenansicht des Kapitols. Noch ist das bunte Pflaster verwaist, aber die Leinwände für die öffentlichen Feiern zum Beginn der Spiele sind schon aufgebaut. Wenn ich nicht mehr hier bin, werden dort hunderte Menschen stehen und uns Tributen zujubeln. Ich kann nicht glauben, dass der Tag wirklich gekommen ist. Selbst jetzt ist es unmöglich, mir vorzustellen, wie es sein wird, auf einer der 24 Metallplattformen in der Arena zu stehen. Immerhin habe ich eine Mission und weiß, was zu tun ist. Vielleicht wird es das leichter machen. Mein Plan ist denkbar simpel: Direkt nach dem Start werde ich zum Füllhorn laufen und mir mindestens einen Rucksack schnappen – besser noch zwei. Währenddessen läuft Pon schon weg, gen Norden, wenn der Weg frei ist. Ansonsten Richtung Süden. Ich werde ihm folgen und sobald ich ihn eingeholt habe, werden wir ein Versteck suchen. Was danach kommt ... kann keiner sagen. Ich hole tief Luft und stehe auf. Die Kleidung für die Arena liegt schon seit gestern Abend auf der Kommode für mich bereit. Langsam schlüpfe ich in das schlichte, schwarze Top und die enganliegende Hose hinein. Der Stoff ist glatt und rutschig – möglicherweise wasserabweisend? Eine feuchte Arena könnte ein Vorteil sein. Das hieße, dass Pon und ich vielleicht fischen könnten. Und im Wasser kann uns niemand schlagen. Trotz dieser ermunternden Gedanken rutscht mir der Ledergürtel dreimal aus den Händen, bevor ich ihn umgelegt habe. Auch die Schleifen an den schweren Schnürstiefeln bekomme ich kaum gebunden, so sehr zittern meine Finger. Um mich zu beruhigen, greife ich nach dem Medaillon an meiner Kette. Und seit gestern somit auch dem Fischanhänger von Finnick. Mit geschlossenen Augen denke ich daran, wie er mich die halbe Nacht in den Armen gehalten hat. Nebeneinander haben wir auf dem Balkon dagesessen und versucht, den Rest eines ganzen Lebens in wenigen Stunden und nur einem Gespräch zu kompensieren. Wahrscheinlich liegt es an der Aussicht auf den sicheren Tod, doch ich habe nie zuvor solche Gefühle für einen anderen Menschen gehabt. Ich wusste nicht einmal, dass man so viel, so tief empfinden kann. Mir ist egal, was die Vernunft sagt – ich liebe Finnick. Ohne einen Blick zurück verlasse ich mein Zimmer und gehe hinüber ins Wohnzimmer. Dort sitzen bereits alle versammelt, aber zum ersten Mal ist es trotzdem still. Anstelle der Aussicht auf das Kapitol sehe ich ein Kornfeld im Sonnenaufgang durch das Fenster. Keiner sagt ein Wort, als die Avoxe das Frühstück auftragen. Wir wissen alle Bescheid. Selbst die Mentoren essen kaum etwas, sondern zerkrümeln eher die Brötchen auf ihren Tellern. Ich wünschte wirklich, dass diese offizielle Verabschiedung nicht sein müsste. Am liebsten wäre ich einfach aus meinem Zimmer verschwunden, ohne irgendjemanden zu sehen. Die schuldigen Blicke sind kaum zu ertragen. Trotzdem schaffe ich es irgendwie, ein Glas Orangensaft und ein gebuttertes Brot runterzubringen. Wer weiß, wann ich das nächste Mal etwas zu essen bekomme. Sobald wir mit dem Frühstück fertig sind, erhebt Mags sich. »Ihr Lieben ...« Sie seufzt leise, bevor sich ihre Stimme wieder festigt und sie beinahe schon geschäftsmäßig klingt. »Es ist so weit. Das Hovercraft erwartet euch gleich auf dem Dach. Zuerst wird Pon abgeholt, direkt darauf Annie. Die Stylisten werden euch in die Katakomben der Arena begleiten und letzte Instruktionen geben.« Ich nicke mechanisch, tausche einen letzten Blick mit meinem Mittribut. Pon ist so bleich wie die Milch in seinem Glas, aber er hält das Kinn oben. Mags legt den Kopf schief und greift nach unseren beiden Händen. »Leider können wir Mentoren nicht mit zur Arena kommen. Deshalb lasst es mich jetzt sagen – Bitte vergesst nie, dass ihr einzigartige, wunderbare Menschen seid. Wir glauben an euch. Wir alle.« Die übrigen Mentoren am Tisch nicken bekräftigend. »Ihr habt euch gut vorbereitet«, ergänzt Floogs und legt seine Hände über Mags. »Wir wissen, dass ihr stark seid.« »Und schlau genug, Gefahren aus dem Weg zu gehen.« Ambers Hände landen wiederum über Floogs. »Ihr werdet nie alleine sein«, sagt Finnick, als auch er ihrem Beispiel folgt. »Einer von uns wird immer vor dem Fernseher sein und über euch wachen.« »Wir sin’ stolz auf euch.« Ganz zuoberst auf dem Turm aus Händen landen Trexlers große Pranken. Der warme Druck breitet sich von meinen Fingern in den Arm aus und von da aus sickert das Gefühl bis in meine Brust, mein Herz. Mit der freien Hand greife ich nach Pons und so sitzen wir für einen Moment da, alle miteinander verbunden, die Augen geschlossen. »Wir sind Distrikt Vier und wir geben nicht auf«, stimmt Mags an und die anderen fallen mit ein. »Wir sind stolz. Und wenn wir gehen, dann erhobenen Hauptes. Möge die See unsere Seelen hüten.« Mit diesen Worten kommt meine Zeit im Kapitol zu ihrem Ende. Cece, die mit kirschroten Wangen am Tisch sitzt, schiebt ihren Stuhl ruckartig zurück und stößt dabei ihr Glas um, das seinen Inhalt überall hin verteilt. Sofort eilt ein Avox herbei, um das Missgeschick zu beseitigen. Doch Cece scheint den dunklen Kaffeefleck auf ihrem hellblauen Rock kaum wahrzunehmen. Sie zwingt ein typisches Kapitollächeln auf ihr Gesicht und klatscht in die Hände. »Sehr schön«, quietscht sie, »dann lasst uns keine Zeit verlieren! Das erste Hovercraft wartet schon.« Pon wird von Mags in den Fahrstuhl gebracht und ich kann ihn nur noch ein letztes Mal an unseren Plan erinnern, dann ist er weg. Es dauert nicht lange, bis Mags wieder kommt und ich an der Reihe bin. Doch nicht Mags ist es, die mit mir in das Appartement verlässt, sondern Finnick. Er lehnt sich mir gegenüber an die gläserne Wand des Fahrstuhls. Mit einem Mal scheint der Raum beängstigend zu schrumpfen. Unter freiem Himmel fühlte es sich nicht nach einem Abschied für immer an, aber hier drinnen beschwert unsere Angst die Luft in der Kabine derart, dass es ein Wunder ist, dass wir dennoch hochfahren. Ich versuche, nur auf meine Reflexion im Glas zu achten, um den Schmerz, das Mitleid, die Trauer in Finnicks Gesicht nicht zu sehen. Wir sind bereits im zehnten Stock, ohne ein Wort gesprochen zu haben, da hämmert Finnick plötzlich auf einen dicken, roten Knopf. Es quietscht laut, dann geht ein Ruck durch den Fahrstuhl und wir bleiben stehen. Finnick sagt kein Wort, sondern schlingt bloß die Arme um mich. Er drückt mich noch fester als gestern an seine Brust und für einen Augenblick vergesse ich das Atmen ganz. Dann erwidere ich den Druck. Mit den Fingerspitzen streiche ich über Finnicks Rücken, immer entlang der Wirbelsäule, und ebenso tut er es bei mir. Selbst jetzt, so kurz vor dem Anfang vom Ende, entdecke ich noch neue, unbekannte Gefühle – wie dieses sanfte Kribbeln unter meiner Haut, das in warmen Wellen Finnicks Berührung folgt. Als würde das Meer direkt in mir flüstern. Womöglich ist es sogar das Schönste, was ich je empfunden habe. Abgesehen von unserem Kuss. Angesichts der Erkenntnis von der Schönheit des Lebens zieht sich mein Herz zusammen. Wenn da nur nicht das Gewissen wäre, dass wir nicht ewig hier stehen können. Man wird merken, dass der Fahrstuhl angehalten hat. Und wer weiß, was die Friedenswächter dann tun werden ... »Ich kann dich nicht einfach so gehen lassen«, platzt es schließlich aus Finnick hervor. »Nicht so, nicht einmal nach gestern Abend.« »Wir werden uns wiedersehen«, entgegne ich und bin selber erstaunt über die Festigkeit meiner Stimme. »Auf uns wartet eine bessere Welt. Ich will nicht sterben und ich habe solche Angst ... aber ich glaube daran, dass das ewige Meer uns an eine neue Küste treiben wird. Es wird mir gut gehen. Besser als hier. Und ich werde dort warten.« »Dann werde ich dafür beten, dass das Meer dich an einen guten Ort bringt. Den Schönsten von allen. Mit Sandstrand und Palmen ... Aber eine Sache muss ich dir noch sagen, solange du hier bist. Weil ich es nur dir persönlich sagen will und nicht irgendeinem Stern, Lichtjahre von hier entfernt.« Bei der Erinnerung an unser Gespräch über das Märchen der Verstorbenen als Lichter am Nachthimmel lächle ich. Die Vorstellung, dass ich bald von dort oben Finnick bewachen kann, wird nur tröstlicher, je näher der Augenblick rückt. Aber Finnick ist noch nicht fertig. Er drückt seine Lippen an meine Wange und flüstert so leise ein paar Worte, dass ich sie eher spüre, denn höre: »Ich liebe dich, Annie.« Im selben Moment merke ich, dass der Fahrstuhl wieder fährt. Bevor ich Finnicks Geständnis verarbeitet habe, bremsen wir im obersten Stockwerk ab. Die letzten Zentimeter gleiten wir ganz sanft dem Dach entgegen. Finnick löst seine Arme und obwohl die Arena und das Blutbad Meilen entfernt sind, sticht es in meiner Brust, als hätte ich einen Speer zwischen den Rippen stecken. Zischend öffnen sich die Fahrstuhltüren und davor warten Männer, Friedenswächter. Ich kann Finnick nur zunicken und auf den Fischanhänger meiner Kette tippen, um ihm zu zeigen, dass er mir ebenso viel bedeutet. Seite an Seite gehen wir auf das Hovercraft zu, das ein paar Meter über dem Dach schwebt. Wind peitscht mir ins Gesicht und der Turbinenlärm ist unfassbar laut. Eine Leiter fährt aus dem dunklen Inneren des schwebenden Gefährts herunter. Ich sehe mich ein letztes Mal nach Finnick um. Er steht zwei Schritte hinter mir, seine Züge hart wie Stein. »Alles wird gut«, sagt er. »Für mich bist du schon jetzt eine Heldin.« Ich nicke und versuche, den Kloß in meinem Hals weg zu schlucken. Dann greife ich nach der Leiter. Augenblick erfasst mich ein Schock, als hätte ich an den elektrischen Distriktzaun gepackt. Ich bin gefangen, kann keinen Finger mehr regen, auch nicht sprechen. Panisch sehe ich Finnick an, der mir mit ernstem Ausdruck hinterher winkt. Dabei wollte ich wenigstens noch danke sagen! Zum Schweigen verdammt, schaue ich zu, wie er aus meinem Blickfeld verschwindet. Lange dauert es glücklicherweise nicht, bis ich im Hovercraft bin. Oben wartet bereits eine Friedenswächterin, die wortlos meinen an die Leiter gefesselten Arm packt und eine Spritze hineinsticht. »Das ist dein Aufspürer«, kommentiert sie kühl, während auf den initialen, stechenden Schmerz ein großer Druck folgt. Es brennt, doch sobald die Frau die Nadel entfernt und ein Spray über die Einstichstelle versprüht, ist nichts mehr von dem Chip zu sehen, der gerade unter meiner Haut verschwunden ist. Roan ist schon an Bord und wartet. Sobald die Leiter mich endlich freigegeben hat und die Bodenluke verschlossen ist, werde ich von ihm kritisch gemustert. »Na schön ... Für deine Haare reicht ein geflochtener Zopf, den wir am Hinterkopf verknoten. Je weniger da rumfliegt, desto besser. Und dieses Mal hältst du dich dran! Hübsch genug ist dein Gesicht schließlich, dass wir da nichts Dringendes kaschieren müssen. Lass uns anfangen.« Er führt mich in einen kleinen Nebenraum des Hovercrafts, in dem es einen Spiegel und metallene Drehstühle gibt. Das ist nichts gegen die Ausstattung im Trainingscenter, wo ich mit dem größtmöglichen Aufwand zurechtgemacht wurde – aber in die Arena gehe ich schließlich auch in meiner eigenen Haut. Kein Make-up, keine Glitzerkleider, kein falsches Lächeln. Ich bemerke erst, dass wir schon losgeflogen sind, da ist das Kapitol unter uns zu einer winzig kleinen Modellstadt geschrumpft. Von hier oben sieht es noch mehr wie ein pastellbuntes Meer aus als bei meiner Ankunft mit dem Zug. Jetzt erkenne ich auch die ringförmige Struktur der Stadt und wie gerade die einzelnen Straßen sind. Dagegen sieht Distrikt Vier ganz anders aus, viel wilder. Solange Roan sich mit meinen Haaren beschäftigt, riskiere ich immer wieder einen Blick aus dem Fenster. Besonders als wir das Kapitol hinter uns lassen, schlägt mein Herz schneller. Es dauert nicht lange, da kommen riesige, weiße Kuppeln in Sicht, über denen sich große Metallgerüste ranken, die in der Sonne glänzen. Zuerst halte ich es für Energiegewinnunsanlagen so wie in Distrikt Fünf, doch dann sehe ich die erste Zahl. 25 steht in riesigen, roten Ziffern auf dem Kuppeldach. Und dahinter folgen in unregelmäßigem Abstand weitere bezifferte Kuppeln, an den Hängen von Hügeln oder im flachen Niemandsland. Mein Atem bleibt mir in der Kehle stecken. Das sind die Arenen! Dort unten ... Wir fliegen mitten über die Grabstätten unzähliger Tribute vor mir. Natürlich wusste ich immer, dass die Arenen nicht echt sind, sondern künstliche Wunderwerke des Kapitols, mit falschem Himmel und genetisch mutierter Flora wie Fauna. Aber es so vor mir zu sehen ... ich kann kaum glauben, wie riesig die einzelnen Bauten sind. Was für ein Aufwand, nur für den Tod von 23 Kindern und Jugendlichen, Jahr für Jahr. Und es sind nicht nur die Nummern vergangener Hungerspiele, die ich ausmachen kann. Ich sehe eine Kuppel, die noch im Bau ist – überall sind riesige Kräne, viel größer als die daheim am Hafen, und ganz klein, wie Ameisen, wimmeln Menschen um den Rohbau herum. Eine Nummer gibt es allerdings schon: Die 75 prangt umrankt von einem goldenen Lorbeerzweig auf dem Dach. Das nächste Jubeljubiläum. Ich kann froh sein, dass dies nicht meine Arena ist, immerhin bergen die Jubiläumsspiele besondere Grausamkeit. Dagegen ist es fast schon eine Erleichterung, nur zu gewöhnlichen Hungerspielen gebracht zu werden. Trotzdem schnürt mir die Vorstellung der Tode von morgen die Brust ein. Wie wird es dann wohl Finnick und den anderen ergehen? Ein Piepen lenkt meine Gedanken von der schieren Unendlichkeit der Hungerspiele ab. »Wir landen gleich«, sagt Roan unbekümmert und fixiert eine letzte, widerspenstige Haarsträhne mit ein bisschen Gel. Alles außer Zopfgummis ist für die Arena verboten, so weit hat er mir sein Leid bei dieser ‚Stylingherausforderung‘ geklagt. Genauso wie er sich darüber beschwert hat, dass die Fenster für den Flug eigentlich geschwärzt sein müssten – aber im Dunkeln kann er seiner Arbeit nicht nachgehen, also ignoriert er diese Anweisung. Dafür danke ich ihm innerlich, denn sonst hätte ich meine Unterlippe wahrscheinlich längst blutig gebissen vor lauter Nervosität. Das Hovercraft sinkt dem Boden entgegen und wir gehen zurück zu der Leiter. Dieses Mal führt sie direkt in die Katakomben der Arena. Auf dem Weg nach unten sehe ich nicht ein Stück der überirdischen Kuppel. Nicht, dass das etwas ändern würde. Vor mir liegt ein gekachelter Flur, der mich an das Krankenhaus in Distrikt Vier erinnert. An den Tag, an dem meine Mutter gestorben ist. Ich würge leise und das Geräusch hallt von den Wänden wieder. Roan schiebt mich vorwärts, bis wir zu einer Tür gelangen, neben der ein kleines Messingschild an den Fliesen hängt. Startraum Nr. 7, weiblicher Tribut Distrikt 4 – Annie Cresta. Meine letzte Station vor der Arena ist denkbar spartanisch eingerichtet: Abgesehen von der Glasröhre mit der runden Metallplattform, auf der ich gleich nach oben gefahren werde, gibt es nur eine kleine Holzbank, eine Dusche, einen Spiegel und einen Kleiderständer, auf dem die Jacke zu meinem Arenaoutfit hängt. Roan zupft noch ein wenig an meinen Haaren herum und stößt hin und wieder ein genervtes Seufzen aus, aber im Prinzip versuchen wir nur, die restliche Zeit totzuschlagen, ohne uns zu unterhalten. Ich weiß nicht, ob es Sekunden oder Stunden sind, die ich mit fest zusammengepressten Lippen dasitze und in meinem Kopf immer wieder das Lied der kleinen Meerjungfrau abspiele. Ich weiß nur, dass ich froh bin, als eine blecherne Stimme verkündet, dass es nur noch drei Minuten zum Start der Spiele sind. Stumm hilft Roan mir in die bereitgestellte Jacke und mit zitternden Fingern löse ich die Kette von meinem Hals. Finnicks gestriger Rat, dass man mich sonst damit erwürgen kann, klingt mir noch in den Ohren. Zum Glück hat die papierdünne, schwarz-blaue Jacke eine kleine Tasche auf der Innenseite, in die ich mein Andenken schieben kann. »Noch fünfzehn Sekunden«, tönt es aus den Lautsprechern. »Begeben Sie sich auf Position.« Die Zunge klebt mir am Gaumen, trocken wie Sandpapier. Ich bringe keine Abschiedsworte für Roan hervor, sondern trete stumm auf die runde Plattform, die mich ins Verderben tragen wird. »Möge das Glück stets mit dir sein«, höre ich Roan gelangweilt sagen, dann saust die Glasröhre über mir hinab und schließt mich mit einem schmatzenden Geräusch unter sich ein. Alles, was ich jetzt noch wahrnehme, ist mein eigener Herzschlag. Wumm. Wumm. Wumm. Die Metallplatte erzittert. Ich fahre nach oben.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)