Glühwürmchen in the sky von Jeschi ================================================================================ Prolog: Kevins Abreise (oder: Endlich haut er ab!) -------------------------------------------------- Wenn ich jetzt mal ganz ehrlich bin, dann ist das ganze hier ein ziemlich großer Scheißdreck, um es gelinde auszudrücken. Ich blicke auf die Anzeige, die die nächsten Flüge ankündigt. Noch eine Stunde. Mein Gott… Warum müssen wir jetzt alle hier rumgammeln und so tun, als wären wir ganz furchtbar traurig über diesen wahrhaft glücklich Umstand, den diese ganze Sache mit sich bringt. Und warum zur Hölle sind die Idioten hier nicht bereit für den Check-in? Ich könnte kotzen. Mürrisch blicke ich zu dem Grund, weshalb wir hier sind und nebenbei auch den Grund für meine absolut tolle Laune: Meinen Bruder Kevin. Großkotz und Arschloch in einer Person. „Was glotztn du so?“, brummt er oder es oder was auch immer dieses Wesen darstellt. Ich hasse seine Baggypants, die ihm in den Kniekehlen hängen. Ich hasse sein XXL-T-Shirt, in dem er aussieht, als hätte er zwanzig Kilo zu viel auf der Waage. Und ich hasse seine blöde Fresse, die mich jetzt grimmig anglotzt. Ich hasse ihn. Ich hasse, hasse, hasse ihn! Das Beste an der Sache ist wirklich, dass ich ihn nicht mehr sehen muss. Bin ich froh, wenn der Junge in England ist und mir nicht mehr auf die Nerven fallen kann. Mein werter Bruder hat sich nämlich für ein Austauschschülerprogramm – oder wie auch immer der Kram heißt, was interessiert es mich – beworben. Warum auch immer, denn sein Englisch ist fürn Arsch. Aber wenigstens haut er jetzt ein ganzes Jahr ab. Gott sei Dank! Ein Jahr lang habe ich dann meine Ruhe vor seiner blöden Fresse und seinem noch blöderen Gelaber. „Wollt ihr euch nicht vertragen, Jungs?“ Das kann nur von meiner Mutter – Silvia mit Namen - kommen. Ganz ehrlich, diese Frau hat Komplexe oder einfach nur einen Schaden. Wie kann sie verlangen, dass ihre komplett unterschiedlichen Söhne sich vertragen? Sie sieht zwischen uns hin und her. „Es war doch nur eine CD, Adrian,“ richtet sie ihr Wort dann ganz allein an mich, obwohl es Kevin war, der mich gerade dumm von der Seite angemacht hat. Ganz ehrlich? Manchmal verabscheue ich sie. Nur eine CD… tss…. Der Idiot hat meine neue CD von ‚Bullet for my Valentine’ geschrottet. Ist draufgetrampelt mit seinen fetten Elefantenbeinen – und das noch ehe ich reingehört hatte. „Kein Interesse,“ erwidere ich also auf ihre Frage hin und sie sieht mich böse an. „Ihr seht euch jetzt eine ganze Zeit lang nicht, Adrian.“ Der Wink mit dem Zaunpfahl, dass wir uns vertragen sollen, ehe er fliegt. Es könnte ja das Flugzeug abstürzen und dann wäre das letzte, was wir zueinander gesagt hätten ein gepflegtes ‚Leck mich’ gewesen. Nun, ich bezweifle, dass das passieren wird. Weil seien wir ehrlich – so viel Glück könnte ich gar nicht haben! „Leider nicht lang genug,“ erwidere ich also nur und Kevin boxt mich volle Kanne in die Seite. „Halt die Fresse, man!“ Ich boxe zurück. „Willst du eins auf die Fresse haben, ja?“ Na gut.. Wenn Kevin und ich uns prügeln würden, dann würde ich den Kürzeren ziehen. Er ist zwar jünger als ich, blöderweise aber fetter. Also nicht, dass er wirklich fett ist – er ist nur nicht so schmal wie ich. Definitiv würde er mich aber niederwalzen, ehe ich flüchten könnte. „Versuch nicht immer böse zu sein. Das zieht bei mir nicht,“ entgegnet er nur belustigt und fügt breit grinsend hinzu: „Heulen würde viel besser zu dir passen, Emoschwuchtel.“ „KEVIN!“, empört sich meine Mutter sofort, obwohl Kevin eigentlich gar nicht so falsch liegt. Also mit dem Emo und dem schwul. Ich wünschte nur, er würde sich zivilisierter ausdrücken… „Ist doch so…“, verteidigt er sich jetzt gegen unsere entsetzte Mutter. „Warum erlaubt ihr ihm eigentlich, so rum zu laufen? Seine Klamotten sind hässlich.“ „Weil wenn sie mir verbieten würden, mit solchen Klamotten rum zu laufen, müssten sie dir verbieten, mit dem Gesicht rum zu laufen. Das ist nämlich auch hässlich,“ schmettere ich zurück. „Jetzt reicht es aber!“ Mein Dad, Anton genannt, Retter in der Not, gefürchteter Ritter in einer einsamen Schlacht… Oder einfach nur ein überforderter Vater, der eingreift, wenn Mum nicht mehr weiter weiß. „Ich kann nichts dafür,“ verteidige ich mich, „Man soll ja aufhören, wenn’s am schönsten ist. Aber ihr musstet nach mir ja noch so einen Mongo auf die Welt setzen.“ Ich deute auf Kevin. „Die wollten nur ein zweites Kind,“ entgegne Kevin mir sofort, „Weil ihr erstes so missraten ist.“ „ES REICHT!“, brüllt meine Mutter durch den gesamten Flughafen, so dass jeder – wirklich jeder! – um uns herum zu uns guckt. Peinlicher geht’s nimmer… Auch Kevin schnalzt missbilligend mit der Zunge. „Nicht so laut, Mum.“ „Ja, die gucken schon,“ halte ich zu Kevin und verdrehe die Augen. Das sie immer so ein Aufsehen erregen muss. Mürrisch verschränke ich die Arme und dann endlich kommt die Durchsage, dass Kevin abhauen darf. Juhuuuuu… „Pass gut auf dich auf, Schatz,“ heult meine Mutter, presst ihn mehr an sich, als dass sie ihn umarmt und hat dabei ganz vergessen, dass sie eigentlich sauer auf uns ist. „Tschüss, Sohnemann. Mach mir keinen Ärger,“ brummt mein Vater und klopft ihm ganz Dad-mäßig auf den Rücken. „Hau rein oder so,“ nuschele ich und heb die Hand zum Gruß. „Am liebsten dir,“ grinst er zurück. Ich grinse ebenfalls, zeige ihm den Mittelfinger und mach drei Kreuze, dass er endlich abhaut! „Ruf an, wenn du dort bist,“ ruft ihm meine Mutter nach und er erwidert ein genervtes ‚Jahaaaaa’. Mit seinem Rucksack bewaffnet, geht er zur Personenkontrolle. „Toll! Weg ist er! Dann können wir ja jetzt endlich nach Hause,“ stelle ich begeistert fest und mache mich auf den Weg zum Ausgang. Ich komm genau zwei Schritte weit, dann packt mich mein Dad an meiner Kapuze und zieht mich unsanft zurück. „Nicht so schnell, junger Mann.“ Er sieht mich tadelnd an: „Wir müssen noch auf deinen Tauschbruder warten.“ Ach ja… da war was. Mit dem Abgang von Mongo-Bruder kommt ja jetzt Mongo-Tauschbruder. Na super… Ich stöhne auf. „Kann der sich nicht ein Taxi nehmen?“ „Adrian! Stell dich bitte nicht so an.“ Wieder die hoch verehrte Silvia. Ja okay, ich stell mich an. Aber ich stell mich gerne an. Ich hab nämlich keinen Bock mehr! Also verdrehe ich nur die Augen. Was für ein behindertes Tauschprogramm. Kaum ist eine Nervensäge weg, kommt die nächste, die wahrscheinlich nicht mal Deutsch kann. Ich verschränke die Arme und suche mir eine Sitzgelegenheit. Dann heißt es wieder eine ganze Zeit warten. „Da… Kevin startet!“ Ganz aufgeregt deutet meine Mutter auf das große Fenster, durch das man sieht, wie die Maschine nach London auf die Startbahn rollt. Ich blicke nach draußen. Hoffentlich ist der andere Kerl leichter zu ertragen, als Kevin! Nun setzen sich auch meine Eltern. „Du wirst dich doch benehmen, oder?“, fragt mich meine Mutter jetzt ernsthaft besorgt und ich weiß nicht, ob ich jetzt beleidigt oder belustigt sein soll. Ich nicke. Kann sein… aber das sag ich ihr lieber nicht so. „Dich stört es ja auch sicher nicht, wenn du dich ihm ein wenig annimmst, oder?“ Ich schnaube. „Muss ich ja wohl,“ meine ich wenig begeistert. Aber natürlich stört es mich. Es stört mich sogar sehr! Was bin ich für diesen Trottel verantwortlich? Soll er doch sehen, wie er klar kommt! „Ich geh schiffen,“ eröffne ich meinen Eltern und stehe auf, latsche zu den Toiletten. „Aber Adrian! Sein Flugzeug ist schon gelandet. Er kommt sicher gleich!“, ruft meine Mutter. Als hindert mich das am pinkeln. „Na und?“, brülle ich deshalb zurück. „Soll ich mir von ihm in die Hose machen?“ Ich grinse dreckig. „Oder soll er mit und mir meinen Schwanz halten?“ „ADRIAN!“ Wieder mein Dad. Ich flüchte zu den Toiletten. Sie lassen sich aber auch so leicht auf die Palme bringen! Abgesehen davon ist die Idee gar nicht so schlecht. Wenn er mich schon nerven muss, kann er ja als Fickmatratze herhalten. Wobei das wahrscheinlich voll die Fresse ist, so gar nicht attraktiv, als das ich darauf dann wohl doch freiwillig verzichten werde. Ich erschaudere, während ich mir das vorstelle. Ach so. Für alle, dies jetzt immer noch nicht begriffen haben: Ich bin schwul und folge demnach – zumindest laut Kevin – meinem Ruf als Emo. Ich finde die Toiletten, erledige, was es zu erledigen gilt, und wasche mir dann sogar die Hände – im Gegensatz zu dem Typ, der neben mir gepinkelt hat. Dann blicke ich in den Spiegel und richte meine Haare. Diese sind wieder braun. Leider. Ich hätte sie gerne schwarz gelassen, aber als ich sie gefärbt hatte, ist meine werte Mutter komplett ausgerastet. Sie ist der festen Meinung, dass man davon Haarausfall bekommt. Und na ja… des Friedens Willens war die schwarze Farbe dann eine einmalige Sache. Dafür habe ich jetzt hellere Strähnen in den Haaren. Das sie vom Blondieren das gleiche hält, ist mir egal. Wenn es wahr ist, was sie da redet, dann trifft es ja nur die Strähnen. Ergo fallen mir halt ein paar Büschel aus, aber der Rest bleibt dann ja unversehrt. Ansonsten sehe ich übrigens aus, wie man als Emo so mehr oder minder auszusehen hat – wie ich finde: Snakebites, typische Klamotten… mein Gott, man wird sich ja wohl einen Emo vorstellen können, ohne dass ich da jetzt lange drüber erzähle. Nachdem ich mich für hübsch und sexy erklärt habe, laufe ich zurück. Und… Oha! Das Kerlchen steht schon dort. Und… Oha! Ist der heiß! Scheiße man… „Adrian!“ Meine Mutter winkt mich heran und ich lege die letzten Meter zurück. „Adrian. Das ist Dyllan. Dyllan. This is Adrian.“ Kapitel 1: Dyllans Ankunft (Oder: Meine Fresse, ist der heiß!) -------------------------------------------------------------- “Hi,” meine ich und mustere den Kerl. Und meine Fresse… Ist der heiß! Heeeeiiiiiiß!!!! Von nahen ist er sogar noch heißer, als von weitem betrachtet. Meine Güte. Dafür liebe ich Kevin. Ich liebe, liebe, liebe ihn. Ich werde nie wieder ein schlechtes Wort über ihn sagen – na ja… nicht mehr so oft. Aber ich meine… schaut euch Dyllan doch an! Er ist ein Emo. Nicht ganz so krass, aber eindeutig Emo. Schwarze, emotypische Haare, umrandete Augen, enge Klamotten… Und ein hübsches Gesicht. Okay. Nicht jeder Emo hat ein hübsches Gesicht. Aber fast jeder. Dyllan auf jeden Fall… Oh man… dieser Junge… „Hi, Adrian,“ begrüßt er mich scheu. Ich grinse begeistert vor mich hin und mustere ihn von Kopf bis Fuß. Hoffentlich fällt ihm das nicht so auf. Na ja… eigentlich ist mir egal, ob es ihm auffällt. Wenn er in meinem Bett landen will – und das will er sicher, schaut mich doch an – dann muss er sich daran gewöhnen. Wahrscheinlich mache ich ihm ein wenig Angst, wie ich ihn da so intensiv anstarre, denn er blickt erwartungsvoll zu meiner Mutter. Die fühlt sich natürlich zu höherem berufen – nämlich zum Englischreden, was sie absolut, ganz und gar, überhaupt nicht kann – und macht eine hilflose Handbewegungen, ehe sie meint: „We könnten go to Auto…“ Manchmal könnte ich wirklich im Boden versinken. Wenn ich mich nicht blamiere – meine Mutter schafft es ganz sicher. Wieso hat Kevin bei seiner Idee nicht bedacht, dass unsere Mutter kein Englisch spricht? Das hätte uns doch echt ein paar Peinlichkeiten erspart! Also muss ich ran, bevor Dyllan gar nicht mehr durchblickt: „Let’s start. The car is outside.“ „Ich haben nicht erwartet, dass es hier stehen.“ Oh, es spricht Deutsch – so mehr oder minder. Entzückend. Aber na gut… was erwarte ich auch? Wer macht denn auch bei so einem Programm mit, wenn er kein Deutsch kann? „Kannst du gut Deutsch?“ Ich sehe ihn an. „A bit. Nicht genug gut.“ Man merkts… Ich lasse Dyllan in sich gehen, bis er sich entschieden hat, ob er nun in einem furchtbaren Deutsch oder in seiner Muttersprache sprechen möchte, oder ob er doch bei der grausamen Mischung aus beidem bleibt, und laufe los. Ich will endlich heim! Der Rest folgt mir und mein Dad verstaut Dyllans Gepäck im Auto, ehe wir losfahren. Endlich losfahren! Im Auto wird es aber erst richtig schlimm, denn meine Mutter versucht sich daran, Dyllan etwas zu fragen, was sich dann so anhört: „And… where do you live with?“ Dyllan sieht blöde drein, murmelt ein leises ‚Well’ und blickt hilflos zu mir. „Do you live with your parents?“ Okay, mein Englisch ist fast so schlecht, wie sein Deutsch. Aber gut… er muss sich an uns anpassen, nicht wir an ihn. „Yes. With my parents and my brohter,” antwortet er und nun schöpft meine Mum Mut für einen zweiten Versuch: “How old are you?” „Glückwunsch, Mum! Das war dein erster richtiger Satz!“ Ich applaudiere, sie sieht mich tadelnd an. „I’m Sixteen,“ antwortet Dyllan. Frischfleisch! Ob er noch Jungfrau ist? Ich grinse begeistert vor mich hin. „How old is your brother?“ “He’s nineteen.” “Kannst du das auch auf Deutsch sagen?” Ich grinse Dyllan fragend an. „Adrian,“ mischt sich mein Vater wieder ein. „Sorry,“ meine ich zu ihm, „Aber er muss das lernen. In der Schule muss er ja auch Deutsch sprechen. Da kann er sich schon mal dran gewöhnen.“ „Jetzt lass ihn doch erst mal richtig ankommen,“ wirft meine Mutter ein. „Ja… jaaaa….“ Ich sehe zu Dyllan. „Well, Dude. You play guitar?“ Er hat nämlich eine dabei. Also sollte er das eigentlich auch spielen können, oder? „Ja.“ Ah. Er hat meinen kleinen Vorschlag, von wegen Deutsch reden, angenommen. „Schön. May, you can teach me?“ “I think so,” stimmt er zu. „Adrian,“ murmelt mein Dad schon wieder genervt. Mal im Ernst? Was hab ich jetzt falsch gemacht? „Was denn?“, brause ich also daraufhin auf. „Ist doch toll, wenn er es mir beibringt!“ „Lass ihn doch erst Mal ankommen!“ Das ist wieder meine Mutter, die eine Art Gedankenübertragung mit meinem Dad hinter sich gebracht hat, dass sie weiß, was er mir sagen wollte. „Er ist doch schon angekommen!“, fauch ich. Dann kommen wenigstens wir an. Also zu Hause, meine ich. Endlich! Ich springe aus dem Wagen und will nur noch im Haus verschwinden, nichts mehr sehen, nichts mehr hören. Sollen sie mit dem Englandfutzi alleine sein, ich will jetzt meine Ruhe. So heiß er auch ist, mir egal. Meine Ruhe… nur meine Ruhe und… „Adrian! Zeigst du Dyllan sein Zimmer?“ Verdammt! Ich kehre zurück, zerre Dyllan mit ins Haus, die Treppen hoch, in Kevins Zimmer, das jetzt sein Zimmer ist. „Here ist your room,“ kläre ich ihn auf. Ich blicke mich um und verziehe den Mund, als ich Kevins blöde Poster entdecke. Überall an den Wänden prangern nackte Frauen. „Ignoriere die ekligen Poster einfach.“ Ich deute auf eben jene und fluche ungehalten vor mich hin. Die sollte er eigentlich abnehmen. Mum hat deshalb totalen Stress gemacht. „Well… they are interessting…“, kommt es von Dyllan. „You like it?“ Ich sehe ihn ungläubig an. „Ich würde sie nicht hängen auf. Aber sie stören auch nicht.“ Er zuckt mit den Schultern und ich lass enttäuscht die Schultern hängen. So ein Mist, der Englandfutzi steht auf Möpse. „Nimm sie ab. Ich ertrage diese Tittentanten nicht länger.“ Ich besehe mir die Poster erneut. Für mich hätte Kevin ja ein paar Nacktposter von Dyllan aufhängen können… in meine versauten Gedanken über Dyllan versunken, merke ich gar nicht, wie er sich mir fragend zuwendet: „Tittentanten?“ „Was?“ Ich sehe ihn verwirrt an, dann winke ich ab. „We have dinner at six p. m.” “Okay.” Er nickt. Damit lasse ich ihn stehen und verschwinde in meinem Reich, endlich meine wohlverdiente Ruhe genießen. Irgendwann brüllt meine Mum durchs Haus, Kevin wäre gut angekommen. Schön für ihn… Ich verdrehe die Augen – mal wieder. Irgendwie ist mir allerdings langweilig. Sonst wäre schon längst Kev reingestürmt und hätte genervt. Jetzt passiert gar nichts. Laaaaangweeeeiiiiliiiiiig! Also denke ich, kann es ja nicht schaden, wenn ich nerve. Ich springe auf, laufe zurück zu Dyllans Zimmer. „Hey, guy.“ „Hey. What’s up?“ „Du musst echt mal anfangen, Deutsch mit mir zu reden!“ Ich grinse ihn an und setze mich auf sein Bett. „Du reden doch aber Englisch mit mir.“ Er grinst zurück. Punkt für ihn. Mist. „Dann rede ich jetzt auch nur noch Deutsch.“ „Okay.“ Jetzt hab ich ihn. „Okay ist auch Englisch.“ „Ihr sagt das auch in Deutsch. Ich genau wissen!“, empört er sich. Ich kichere belustigt und sehe mich um. Er hat die Tussis abgehängt. „Doch keine Titten?“, frage ich und deute auf die kargen Wände. „Muss nicht sein unbedingt.“ „Aber du stehst auf Frauen?“, gehe ich in die Offensive. Er beißt sich auf die Lippen, ehe er wage antwortet. „Auch…“ Ich kichere begeistert – und unglaublich schwul – vor mich hin. „Bisexual… Perfekt.“ „Perfekt? Ich versteh nicht…“ Ich winke ab. „Ist nicht so wichtig, Süßer,“ erwidere ich also. „Süßer?“ Ach man. Der Junge muss mehr Umgangssprache lernen. Das sag ich ihm auch. Dann erkläre ich ihm, was ich sagen wollte: „Means like you would say honey to me.“ „Oh.“ Er nickt und weiß sicher nicht, was er davon jetzt halten soll. „Ich denke, ich muss dir da noch ein paar Wörter beibringen,“ stelle ich belustigt fest, „sonst überlebst du deinen ersten Schultag niemals.“ „I’m a bit afraid about this,“ lässt er mich wissen und ich räuspere mich. „Ich haben Angst vor Schultag?“ Geht doch, denke ich und zucke mit den Schultern: „Jaaa… macht ja nix.“ Ich stehe auf und laufe im Zimmer herum. Er sieht mich aufgeregt an: „Natürlich macht was!“ Dabei sieht er so süß aus, dass ich lachen muss. „Ist doch normal, dass man Angst hat.“ Ich drehe mich zu ihm um. „Jetzt sind ja erst Mal Ferien. Also keep cool.“ Man hat die Ankunft extra auf die Sommerferien gelegt, damit noch Zeit bleibt, sich einzuleben, ehe der Ernst des Lebens mit der Schule beginnt. Eigentlich eine gute Sache… „Hm…“, brummt er und packt weiter aus. „Wie alt bist du?“ „Achtzehn,“ erwidere ich. Seit heute, um genau zu sein. Auch, wenn’s keinen interessiert, weil Dyllan ja so viel spannender ist. Der Sohn wird ja nur Volljährig, was ist das schon so besonderes? „And your- Bruder?“ „Das kannst du aber besser!“ Ich weiß, ich nerve ihn. Ich sehe es an seinem gequälten Gesichtsaudruck, während er murmelt: „Und deine Bruder?“ Und dann muss ich lachen, was ihn sicher noch mehr nervt. „Dein. Nicht deine. Wenn du sagst ‚deine’, dann meinst du, mein Bruder ist eine Frau.“ „Dein Bruder ist Frau?“, wiederholt er, was er verstanden hat und sieht mich verwirrt an. „Oh man… honey…“, stöhne ich und fahre mir durch die Haare. „Dein Deutsch ist wirklich schrecklich.“ Beleidigt pfeffert er zurück: „Your englisch too!“ Er ist sooo süüüß! „Okay.. Es heißt einfach dein Bruder, nicht deine Bruder, okay?“ Er nickt. „Deine benutzt man für Frauen. Deine Schwester oder so.“ „Okay.“ Deutschstunde für heute erfolgreich beendet. „Und Kevin ist sechzehn, genau wie du,“ antworte ich ihm dann. „Okay…“, er überlegt kurz, „Er heißt Kevin, ist sechzehn und hat nackte Frauen in Zimmer.“ Er grinst. „Mein Bruder wird mögen ihn!“ „Ist dein Bruder auch so anstrengend, wie Kevin?“ „Most time.“ Er lacht. „Er geht mir ziemlich auf Nerven, manchmal.“ „Meiner auch. Immer. Nicht nur manchmal.“ Ich liebe es, wenn er lacht. Dann ist er so wunderschön. „Reid ist eigen. Er hat ständig neue Freundin.“ „Ah, ein Weiberheld,“ stelle ich fest. Mit dem Wort kann er nichts anfangen und wiederholt es schon wieder verwirrt. Also erkläre ich ihm, was es bedeutet: „Bedeutet, einer hat viele Frauen.“ „Und Kevin ist auch Weiberheld?“ „Neee,“ meine ich und wäge ab, „Den will ja keiner.“ „Und du?“ Er sieht mich direkt an und ich denke, dass die Antwort ehrlich ausfallen sollte. „Ich auch nicht, ne.“ Ich bin zwar nicht so der Beziehungstyp, aber ich ficke mich auch nicht durch unser Kaff. Liegt zwar auch daran, dass nicht jeder Typ mit mir ficken will, aber was soll’s. „I’m gay, you know.“ Ich sehe ihn prüfend an. „Oh,“ macht er. Mehr nicht. Dabei war ich so auf seine Reaktion gespannt. Ich meine… hat er Angst, freut er sich, ist es ihm egal? Man sieht es ihm wirklich nicht an, was ehrlich Schade ist. „Und du?“, lenke ich ab, „Bist du ein Weiberheld?“ „Nicht wirklich,“ gibt er zurück. „Dabei bist du so süß,“ murmle ich, was er nicht hört oder ignoriert. Dann wühle ich mich durch sein Hab und Gut und finde ein T-Shirt von ‚Bullet for my Valentine’. „Ich lieben die Band.“ „Ich auch.“ Ich sehe leidend drein. „Kevin hat meine neue CD von denen gekillt, ehe er gegangen ist.“ „Ich hab sie bei.“ Er zeigt sie mir und wir hören rein und bestimmen die Arbeit der Jungs für gelungen. Dann müssen wir zum Essen gehen. Ich trete zur Türe, warte auf ihn bis er ‚haben fertig gepackt aus’ und lasse ihn dann sogar den Vortritt. Irgendwie mag ich ihn jetzt schon. Es ist zwar anstrengend, sich begreiflich zu machen, aber ganz so doof stellt er sich ja gar nicht an. Und man… er ist so verdammt heiß! „Habt ihr euch angefreundet?“ Meine Mutter glaubt echt, in zwei Minuten könnte man eine Freundschaft aufbauen. Sie sieht mich fragend an. „Ja… er ist okay,“ antworte ich. „Ein Wunder!“, mein Dad schmeißt die Hände in die Luft und ruft gen Himmel: „Unser Sohn mag jemanden!“ Ich verdrehe genervt die Augen und ziehe eine Schnute. „Genau genommen mag ich sehr viele Menschen. Nur Kevin nicht.“ „Wir müssen jetzt nicht darüber diskutieren,“ wirft meine Mutter ein und sieht mich streng an – fairer Weiße auch meinen Dad -, ehe sie sich Dyllan zuwendet. „Ich hoffe, es schmeckt dir.“ „Mum. Der Junge kommt aus England. Weißt du, wie grausam die englische Küche ist? Er wird dein Essen anbeten!“ „Sag doch nicht so was,“ werde ich wieder getadelt, „Vielleicht mag er meine Kochkünste ja auch gar nicht.“ „Mum! Es sind nur Spagetti!“ „Ich finden es wirklich lecker,“ wirft Dyllan ein, ehe unsere Diskussion eskalieren kann. „Das freu mich aber.“ Jetzt strahlt Mum von einem Ohr zum anderen. Es sind doch nur Spagetti… „Dyllan sagt, sein Bruder Reid wird Kevin mögen, weil der wohl genauso durchgeknallt ist.“ Überraschender Weise sagt keiner etwas dazu, nur böse angeguckt werde ich. Silvia nickt begeistert und sieht Dyllan prüfend an: „Und du verstehst dich mit Adrian?“ „Tue ich.“ „Ja! Weil ich auch nett sein kann, wenn ich will.“ Ich sehe meine Mutter wütend an. Warum glaubt sie mir das nicht? Dann fragt sie ihn, ob er sich schon eingerichtet hat und er nickt. Ich erkläre, dass ich sogar geholfen habe, was genauso genommen nicht stimmt, aber egal. „Dann ist ja gut,“ befindet meine Mutter abschließend und damit sind wir entlassen. „Sie sind so anstrengend,“ entschuldige ich mich bei Dyllan und lasse mich auf sein Bett fallen. „Das sind alle Eltern doch.“ „Ja… Aber sie ganz besonders.“ Daraufhin muss er wieder lachen. Daran könnte ich mich gewöhnen. „Wenn du das sagen.“ Ich beschließe, mal ein wenig ernster zu werden und frage ihn, ob es ihm bisher hier gefällt. „Ja.“ Er nickt. „Ich hatte ja Angst, dass es wird komisch hier. Aber es ist cool.“ „Vermisst du Kevin?“ Er sieht mich fragend an. „Machst du Witze? Ich bin froh, dass er weg ist.“ Wieder ein Lachen – wunderschön. „Ich denke, dass du cool bist, Adrian.“ Wisst ihr, wie er meinen Namen ausspricht? Äidriän. Hrrr…. Daran könnte ich mich wirklich gewöhnen. Ich verschränke die Hände hinter dem Kopf. „Und ich denke, dass du süß bist.“ Daraufhin wird er rot und ich freue mir einen Ast ab. So was von niedlich… gleich falle ich über ihn her! Ob er sich wehren würde? So geil, wie ich bin, sicher nicht. „Du sprichst eigentlich ganz gut Deutsch – so für einen Engländer.“ „Na ja… My Grammer ist nicht so gut.“ „Das kommt noch.“ Nicht, dass ich wirklich urteilen sollte. Dreht man unsere Position mal, bin ich eine wahre Niete in Englisch. „Ich muss kurz wen anrufen. Ich komm dann später noch mal.“ Ich drehe auf, verlasse das Zimmer. Ich muss wirklich wen anrufen. Meinen besten Freund, um genau zu sein. Der will nämlich alles über meinen Tauschbruder wissen. „Und? Wie ist er so?“, fällt Mathias mit der Tür ins Haus, kaum dass er abgehoben hat. Sicher hat er schon an der Nummer gesehen, dass ich es bin. „Verdammt, Matze… Ist der Kerl heiß!“ Ich seufze auf. „Ich dachte, da kommt voll das Pickelgesicht oder so… aber der Junge ist so verdammt hübsch und sexy…“ Ich gerate ein wenig ins Schwärmen und befinde, dass ich damit aufhören muss, ehe mein cooles Auftreten den Bach runter ist. Adrian – zu cool, um begeistert zu sein… Mathias muss lachen. „Klingt, als wärst du verknallt.“ Damit ist mein Plan wohl nicht aufgegangen! „Laber keinen Scheiß. Ich verknalle mich nie! Aber ich bin verdammt rattig.“ Oh ja, das bin ich wirklich! Nun muss Matze noch lauter lachen. Garantiert fällt er gleich vom Bett – ich geh mal davon aus, dass er auf dem Bett hockt, weil ich das auch tue. „Typisch du! Dann schnapp ihn dir doch,“ schlägt er dann vor. „Gar nicht so abwegig,“ gehe ich darauf ein, „Der Junge ist nämlich bi.“ Als mein bester Freund weiß Matze natürlich genau über meine Sexualität bescheid – wie auch fast jeder andere, einschließlich meiner Familie. Und natürlich stört es ihn nicht, sonst wären wir ja nicht befreundet. „Ein richtiger Glückstreffer,“ geht er nun weiter darauf ein. „Absolut! Von mir aus braucht Kevin nie mehr wieder kommen.“ „Ja… das würde dir ja eh passen.“ „Er ist eben total cute… Wie er meinen Namen ausspricht: Äidriääään. Hrrr…“ Mein Mitteilungsbedürfnis bezüglich Dyllan ist noch nicht gestillt, nein. „Alter,“ stöhnt nun auch Mathias auf. „Hol dir einen runter oder so, damit du wieder klar kommst.“ Garantiert schüttelt er jetzt den Kopf. Macht er immer, wenn er mit mir nicht mehr weiter weiß. „Und sonst? Abgesehen davon, dass er geil ist… wie ist er so?“ „Ganz nett, ganz witzig...“, ich grinse. „Er spricht sehr lustig, das ist süß.“ Ich strecke mich. „Und er ist ein Emo. Also hat er einen guten Style und einen guten Musikgeschmack.“ „Der passt zu dir, wie Faust aufs Auge!“ Wie er das sagt… als wären Dyllan und ich bereits verlobt. „Du kriegst gleich Faust aufs Auge!“ Ich richte mich auf. „Du tust, als wäre ich verknallt.“ „Wenn es noch nicht so ist, dann passiert das noch,“ kichert er ungehalten und fügt dann hinzu – breit grinsend, das weiß ich einfach! -: „Dann geh mal wieder zu ihm, ehe er sich einsam fühlt.“ „Haha,“ mache ich. Dummerweise will ich wirklich so schnell wie möglich wieder zu Dyllan. „Übrigens – vorhin hätte ich fast Kevin vermisst.“ Ich grinse. „Diese Ruhe ist ungewohnt.“ „Komm nicht auf solche Gedanken,“ warnt Mathias mich. Er weiß, wenn ich erst mal anfange, Kevin zu vermissen, kommt alle Rettung zu spät. „Keine Sorge. Ich hab ja jetzt Dyllan. Das ist besser, als Kevin.“ Ich verabschiede mich und lege auf. Dann statte ich meinem Tauschbruder aka Emo-Schnucki einen erneuten Besuch ab. „Ich schon wieder,“ platze ich in sein neues Reich. Er lächelt mich an. Er sitzt auf seinem Bett und liest ein Buch. „Ich hab dich schon vermisst,“ klärt er mich grinsend auf. „Ich dich auch ganz sehr,“ gehe ich darauf ein. „Wie leer mein Leben war, als du nicht bei mir warst.“ Ich seufze theatralisch und stelle entsetzt fest, dass ich das gerade ernst gemein habe. Jetzt geht’s los, ich verliere den Verstand. Ich setzte mich neben ihn aufs Bett und deute auf das Buch. „Was liest du?“ „Don’t say a word,“ klärt er mich auf. „Das ist ein Thriller.“ Ich frage ihn, ob er Thirller mag und er nickt. Ich besehe mir das Cover genauer. Ein Englisches Buch. Da hört es bei mir schon wieder auf. Aber klar liest er englische Bücher. Was sonst? Dennoch frage ich ihn, ob er eines meiner Bücher lesen möchte. Zwar auf Deutsch, aber immerhin auch ein Thriller. „Wenn meine Sprache besser sein, gerne.“ Ich nicke und strecke mich auf seinem Bett aus. „Hast du Anruf erledigt, den du machen wolltest?“ „Ja,“ grinse ich. „Ich musste meinem besten Freund über dich informieren.“ „Und was haben du ihm erzählt?“ „Das ich dich mag, und das du süß bist.“ Er wird wieder rot. „Ich nicht süß bin!“ Kriegt der eigentlich noch was mit? Der Kerl ist purer Zucker! „Oh doch,“ entgegne ich. „Dann du aber auch.“ Flirtet er jetzt mit mir? Ich grinse. „Ich weiß.“ Daraufhin wirft er mir ein Kissen ins Gesicht und ich lache und denke, dass dieses Schüleraustauschprogrammdingens eigentlich eine wirklich gute Sache ist. Kapitel 2: Erstes Kennenlernen (Oder: Ob ich ihm wohl einen blasen darf?) ------------------------------------------------------------------------- Nach unserer Kissenschlacht hocken wir wieder gemeinsam auf seinen Bett und ich mustere ihn genauer. Ich mag seine Augen. Sturmgrau, um es mal ein bisschen poetisch auszudrücken. Außerdem hat er ein süßes Stupsnäschen. Überhaupt hat er ein ganz hübsches, zierliches Gesicht. Wenn Matze ihn sehen könnte, wüsste er, warum ich so schwärme. Bei so einem Anblick kann man ja nur rollig werden! „Was guckst du so?“, fragt Dyllan, als er meinen Blick bemerkt und ich grinse. „Ich guck dich eben gerne an,“ erwidere ich und warte auf seine Reaktion. Er wird rot. Knallrot. Und ich muss feixen. Um ihn ein wenig abzulenken, meine ich: „Also. Was machen wir mit dem angefangenen Tag?“ „Was willst du denn noch machen, jetzt?“ Er deutet auf den Wecker, der auf dem Schränkchen neben seinem Bett stehz. „Ist schon nach Acht,“ stellt er fest. „Naja… aber wir könnten ja weggehen,“ überlege ich und stelle mir bereits vor, wie er seine schönen schmalen Hüften aufreizend im Takt bewegt, während wir in der Disco von den Menschenmassen eng aneinander gepresst werden. Ehe ich abdriften kann, meint Dyllan: „Du bist ziemlich aufgedreht, oder?“ „Ein wenig, Honey,“ gebe ich zu und sag ihm nicht, woran das liegt. Das würde ihn nur noch röter werden lassen, als er es eh schon ist. „Aber ich bin müde von Tag. War lang.“ Dem kann ich nichts entgegensetzen. Ich sehe ja auch ein, dass es ein langer Tag für ihn war und er heute viel hinter sich hat. „Morgen zeige ich dir die Gegend,“ bestimme ich und willige damit ein, heute zu Hause zu bleiben. „Okay,“ stimmt er zu. „Und heute… DVD?“, frage ich und er stimmt zu. Begeistert springe ich auf. Wir müssen das Zimmer wechseln, um DVD zu schauen, dann Kevin hat keinen DVD-Player in seinem Zimmer und seinen Laptop hat er natürlich mit nach England genommen. Außerdem macht sich mein werter Bruder nicht viel aus Filmen. Er schaut lieber Sport. Fußball, um genau zu sein. Fußball! Seht ihr, wie er einfach alle Klischees eines hässlichen Obermachos erfüllt? Da kommt mir spontan die Kotze, ehrlich. Jedenfalls bleibt nur mein Zimmer übrig, um DVDs zu schauen, außer Dyllan will das im Wohnzimmer erledigen, wo meine Eltern sitzen und einen Friede-Freude-Eierkuchen Heimatfilm gucken, in dem es darum geht, wie schön und friedvoll das Leben ist und in dem kleine Eichhörnchen zu Vogelgesang im Kreis tanzen. Zum Glück will Dyllan sich das nicht antun, und so sitzen wir auf meinem Bett und ich habe einen Thriller eingelegt. Ich muss nicht erwähnen, dass ich den Film jetzt schon keine Beachtung schenke, weil ich begeistert auf mein Bett gucke, dass Dyllan ziert. Ich hab ihn also schon am ersten Abend da, wo ich ihn nun gerne immer hätte. Auch, wenn ich jetzt nicht über ihn herfallen kann. Wobei… können tue ich das schon. Nur wirklich gut ankommen würde das wohl nicht. „Look! Das ist der Film von dem Buch, das ich lese,“ meint Dyllan, als der Film beginnt und ich glaube zu ahnen, warum er sich diesen ausgesucht hat. „Ist es okay so oder soll ich den Untertitel anstellen?“, frage ich, als die erste Person auf Deutsch zu reden beginnt. „Nein. Lass. Ich will versuchen zu verstehen.“ Ich nicke. Auch wenn ich glaube, dass es nicht leicht ist. Sie reden ja doch schnell. Ich persönlich kriege immer die Krise, wenn wir in der Schule englische Filme gucken. Dann denke ich immer: Was reden die da eigentlich? „Geht’s?“, frage ich also noch mal unsicher nach. „Ja, Adrian. Ich sag schon, wenn ich Titel unten will.“ Ich muss lachen. Ich kann nicht anders. ‚Titel unten.’ Er ist so süß. Wie er mich nun pikiert anschaut. Ich schenke ihm ein Lächeln, was ihn milde stimmt. „Ich denke, Buch ist besser als Film,“ sagt er eine ganze Zeit später und ich sehe ihn fragend an: „Soll ich was anderes einlegen?“ „Nein. Ich finde den angenehm zu verstehen.“ Also nicke ich. „Dein Wunsch ist mir Befehl!“ Er sieht mich verwirrt an und ich grinse in mich hinein. Ich würde ihn wirklich jeden Wunsch von den Augen ablesen. Jeden. Wenn er jetzt gerne einen geblasen bekommen würde… ich würde es ganz uneigennützig tun. Vielleicht sollte ich das vorschlagen? Ich schlage dann doch nichts vor, sondern sehe mir brav mit ihm den Film zu Ende an. Und als der Abspann läuft, gähnt Dyllan laut und sieht mich entschuldigend an. „Well… I think, it’s time for bed,“ stellt er fest, obwohl es noch gar nicht sooo spät ist. Aber ich weiß ja, dass er müde ist. Sicher ist er heute früh aufgestanden. Müde hin oder her… Necken wird ja wohl erlaubt sein. „Bist du so müde, dass du dein Deutsch verlernt hast,“ frage ich also und er sieht zu mir und grinst: „Ich denke, es ist noch genug da, dir zu sagen: Leck mich!“ Ich ziehe die Brauen hoch und bin geneigt, zu fragen, wo genau ich ihn lecken soll. Dann aber frage ich doch nur: „Wo hast du denn das aufgeschnappt?“ „Ich mehr kann, als du denken tust!“ „Ich tu aber viel denken,“ feixe ich und weiß nicht, ob ihm auffällt, dass ich seine furchtbare Grammatik nachmache. Als er nichts sagt, werfe ich ein Kissen nach ihm: „Time for bed, Darling.“ Und dann wird er wieder rot und ich schmelze dahin. „Darling?“, echot er empört und ich kichere. „Sorry… ich meine Honey,“ korrigiere ich mich schmunzelnd und er wird noch röter. „Okay. Ich gehe in Bad.“ „Ertrink nicht,“ rufe ich ihm nach und er sieht mich undefinierbar an, ehe er verschwindet. Zufrieden lehne ich mich auf meinem Bett zurück und grinse vor mich hin. Den Kerl kann man ja wirklich ganz leicht aus dem Konzept bringen, stelle ich fest. Es macht jetzt schon richtig, richtig Spaß! Und wenn er dann noch so süß guckt… ich stelle mir gerade vor, wie er wohl schaut, wenn er einen Orgasmus hat, als er zurückkommt. Ein wahrhaft traumhafter Anblick. Dyllan in Shorts und Schlafshirt… meine Güte… es wird mich noch umbringen! „Du kannst gehen,“ sagt er und meint damit, dass das Bad frei ist. Dennoch bin ich ganz begeistert von seinem grammatikalisch richtigen Satz. Deshalb wuschle ich ihm wohlwollend durchs Haar, ehe ich ins Bad gehe. Als ich zurück komme, hockt er noch auf meinem Bett und guckt mich an wie Bambi. „What’s up, guy? Don’t you feel tired?“ „Doch. Aber ich wollen nicht schlafen,“ klärt er mich auf und zerpflückt die Bettdecke. Ich beobachte ihn dabei. „May…“, fängt er dann unsicher an und seine Augen werden noch treudoofer: „Kann ich schlafen bei dir? Heute Nacht nur. Weil ich denken, wenn ich alleine, ich denken an zu Hause.“ „Sag nicht, du hast Heimweh!“, platzt es aus mir heraus und ich sehe ihn erstaunt an. „Ich wäre froh, hier mal rauszukommen!“ „Well…. Es ist ein wenig anders, wenn du bist in fremde Land mit fremde Sprache und fremde Menschen, als wenn du bist in andere Stadt bei Freunden. Du verstehen?“ Ich seufze und in mir… Iiiiiiiiiiiiiiiiih!!!! In mir regt sich so was wie... Mitleid. Ich erschaudere. So was hab ich ja noch nie verspürt. Aber gut. Sicher ist er wirklich total verunsichert, auch wenn er es nicht zeigt. Ist ja doch was, in einem anderen Land zu Recht kommen zu müssen. Bestimmt ist er auch nervös, wenn bald die Schule beginnt. Ganz ohne Hintergedanken – ich schwöre – klopfe ich auf die Bettdecke und sehe ihn auffordernd an. Okay, gelogen. Natürlich mache ich das nicht ganz ohne Hintergedanken. Genau genommen denke ich: Wenn er hier schon freiwillig nächtigen will, dann sage ich sicher nicht nein. Ich bin ja gerne sein rettender Anker. Ob ich ihm wohl einen blasen darf? So als Ablenkung? Dyllan jedenfalls strahlt mich an und kuschelt sich zu mir in mein Bett. „Thank you, Adrian,“ murmelt er und ich schnurre, weil ich es liebe, wie er meinen Namen ausspricht. „Gute Nacht, Dyllan,“ sage ich dann. „Gute Nacht, Adrian.“ Ich will ihn haben!!! Er ist so zuckrig. Fast sofort schläft er ein. Nur ich liege wach und frage mich, wie genau ich es jetzt schaffen soll, eine Nacht mit ihm hier so zu liegen, ohne über ihn herzufallen! Ob ich mir einen runterholen soll? Aber sicher wacht er dann wieder auf und das will ich ja auch nicht... Der nächste Morgen ist herrlich. Als ich erwache, fühle ich Dyllans Körper nahe bei mir. Mein Bett riecht nach ihm und als ich mich auf die Seite drehe, kann ich sein hübsches Gesicht sehen. Nun hat meine Morgenlatte also endlich mal einen Grund, vorhanden zu sein. Und was für einen Grund… Er schläft jedenfalls noch und ich streiche ihm eine Strähne aus dem Gesicht und beuge mich dann über ihn. Und nein, ich küsse ihn nicht und vergewaltige ihn anschließend. (Auch, wenn es eindeutig etwas hätte, ihn jetzt einfach zu vögeln, als gäbe es kein Morgen…) Ich hauche ihm nur ein ‚Good morning’ ins Ohr. Er schreckt zusammen, richtet sich auf und stößt mit seiner Stirn fast gegen mein Kinn, wäre ich nicht so reaktionsschnell ausgewichen. Belustigt lache ich auf. „So schreckhaft?“ „Tu das nicht noch mal…“, murrt er. „Ich bin nicht sicher, ob ich dieser Versuchung widerstehen kann,“ erwidere ich und strecke mich. „Hast du gut geschlafen?“ „Ja. Gut.“ Ich lächle und sehe ihn an. Mit zerwühlten Haaren ist er ein verdammt niedlicher Anblick. „You’re fucking cute.“ Er wird rot. „Fängst du schon wieder an mit sagen solche Sachen?“, empört er sich. „Ich sage nur die Wahrheit,“ lache ich. Seine Ohren werden noch röter und ich meine: „Lass uns Frühstücken. Dann zeige ich die Stadt, okay?“ „Sounds good!“ Gespielt empört blase ich die Backen auf: „Honey! Das war die falsche Sprache!“ Er streckt mir nur die Zunge raus und meint dann extra auf Englisch, dass er ins Bad geht. Amüsiert sehe ich ihm nach. Er wird ja richtig mutig! Grinsend vergrabe ich meine Nase im Kopfkissen und warte darauf, dass sich Klein-Adrian beruhigt und ich aufstehen kann. Was schwerer ist, als erwartet, denn hier riecht alles nach Dyllan. Da soll man mal mit sich selbst klar kommen! Ich werde Mum sagen, dass sie meine Bettwäsche nie mehr waschen soll. Nie, nie mehr. Länger, als nötig verharre ich also im Bett, bis Dyllan fertig ist. „Du kannst gehen in Bad.“ Am liebsten würde ich ihn aufs Bett ziehen und so richtig… na ja… Stattdessen gehe ich ins Bad. Als ich fertig bin, hat Dyllan sich schon angezogen und ich beeile mich, ebenfalls fertig zu werden, ehe wir nach unten in die Küche gehen. „Mum und Dad sind schon arbeiten,“ kläre ich ihn auf und stelle fest, dass sie uns frische Brötchen da gelassen haben. Nur wegen Dyllan! Mir hätte niemand extra Brötchen vom Bäcker geholt. Ich hätte Brot essen müssen, dass Mum irgendwo in den unzähligen Schränken aufbewahrt. Irgendwann machen wir uns dann auf den Weg in die Stadt. „Ist kleine Stadt, aber sehr hübsch,“ meint Dyllan, während wir durch die Einkaufsmeile unserer Big City latschen. „Mit London kann es halt nicht mithalten,“ meine ich. „London ist groß! Warst du schon mal dort?“ „Nein,“ meine ich und denke an die ganzen Dokus über England und London, die ich mir mit Mum, Dad und Kevin anschauen musste, als klar wurde, dass er tauschen darf. Grauenvolle Stunden! „Ich hab mir aber den ein oder anderen Film über London reinziehen müssen,“ kläre ich ihn auf. „Reinziehen…“, wiederholt er und ich sehe ihn vergnügt an. „Ansehen.“ „Ah!“, trifft ihn die Erkenntnis mit einem Schlag, „Das ist wieder Sprache mit Umgang?“ „Umgangssprache, ja,“ lache ich, „Oder eher Jugendsprache oder als was euch immer es im Duden gebucht ist.“ „Klingt, als wenn Lehrer damit nicht beeindruckbar sind.“ „Unsere Lehrer sind es gewöhnt. Aber bei euch ist es wohl nicht so gern gesehen,“ lache ich und stelle mir vor, wie er das Wort in seinem Deutschunterricht verwenden könnte. „Bleib lieber bei ‚ansehen’.“ Daraufhin rauft er sich nur die Haare. „Ich glaube, dass ich nicht gut sein werden, in Deutsch.“ „Und ich glaube, das du das schon hinkriegst. Du bist doch ein cleveres Kerlchen!“ „That’s right!“, stimmte er grinsend zu. Wenig später gehen wir einen Kaffee trinken. Ich zeige Dyllan mein Lieblingscafe und er folgt mir brav. „Hier hängen wir oft ab,“ kläre ich ihn auf, als ich die Eingangstüre aufstoße und uns kalte Luft entgegen schlägt. Schöne Abwechslung zur schwülen Luft draußen. „Wer ist wir?“, fragt er und sieht mich prüfend an. „Matze und ich. Er ist mein bester Freund.“ „Matze? Den Namen hab ich noch nie gehört.“ „Das ist sein Spitzname. Er heißt Mathias.“ Ich überlege, wie wohl die Deutschbücher bei ihnen aufgebaut sind. Sicher heißen dort alle Karl und Hans-Dieter. „Ich dachte schon, du haben Boyfriend und sagen mir nichts,“ schmettert er dann hervor und ich sehe ihn nun meinerseits prüfend an. Das interessiert ihn also… So, so… „Nein. Habe ich nicht,“ gehe ich auf die Frage ein und meine: „Und du? Hast du jemanden?“ „Nein. Niemanden.“ Wäre dieser Sachverhalt also auch abgeklärt und meinem Vorhaben, ihn zu bumsen, steht nichts mehr im Wege. Ich lecke mir über die Lippen, weil mir plötzlich klar wird, dass da echt was gehen könnte… Fast könnte ich singen vor Freude. So, wie diese Diseny-Prinzessinnen in diesen kitschigen Kinderfilmen immer. Nicht, dass ich so was gucke… falls das wer denkt. „Was für eine Überraschung,“ ertönt es plötzlich hinter uns und Matze lässt sich neben mir auf den freien Stuhl fallen. Tatsächlich überrascht, blicke ich ihn an. „Was tust du hier?“ „Kaffee trinken. Ich habe gleich ein Date mit Katrin.“ Er grinst und ich grinse auch. Katrin ist das Mädel, dass Matze im Moment datet. Angeblich nicht nur, um sie zu vögeln, sondern weil er sie wirklich mag. „So, so…“, sage ich also und nicke dann zu Dyllan, „Das ist übrigens Dyllan, mein Tauschbruder. Dyllan, dass ist Matthias, von dem ich dir gerade erzählt habe.“ „Hey,“ Matze sieht ihn prüfend an und grinst dann kurz zu mir. Ich kann mir schon ausmalen, was er denkt: Kein Wunder, dass ich so spitz auf ihn bin! „Hey, Matt,“ meint Dyllan und dieser grinnst. „Matt. DA ist cool.“ Zufrieden mit seinem neuen Spitznamen, lässt er sich sogar dazu nieder, mir seine Meinung kundzutun, als Dyllans kurz wegschaut: „Er ist heiß.“ „Sag ich doch,“ flüstere ich zurück und grinse, ehe ich wieder zu Dyllan blicke. „Was machen wir dann noch?“, erkämpfe ich mir seine Aufmerksamkeit zurück. „Ich wissen nicht. Du wohnst hier, nicht ich.“ Ich lächle vergnügt und komme mir krank vor. Ständig muss ich lächeln. Da ist nicht normal. Vor allem nicht, weil er ja nur was sagt oder mich anguckt. „Let’s play basketball,“ bestimme ich und Matze – oder Matt – murrt: „Wie unfair! Ich darf jetzt shoppen gehen!“ „Tja… Das Leben ist scheiße, was?“, lache ich und verabschiede ihn dann, weil Katrin tatsächlich gerade auftaucht. „Ich denke, er ist ein netter Guy,“ sagt Dyllan und ich nicke. „Ist er,“ bestätige ich. Dann trinken wir aus und gehen zum Sportplatz im Park. „Du kannst Basketball spielen, oder spielst du nur Fußball oder Rugby?“ Oder was man auch immer man so in England spielt. Polo? Ich versuche mir Dyllan beim reiten vorzustellen und ja – ich meine das pervers. Deswegen grinse ich auch dreckig, bis ich ne Antwort kriege. „Fuck you! I hate rugby!“ Ich lache. “Well... And I love Basketball,” kläre ich ihn auf. „Let’s play!“ Und so spielen wir. Der Kerl ist nicht mal schlecht. Und ich dachte wirklich, er hätte nur Fußball drauf. Wir spielen sehr lange und es ist schon gegen drei Uhr, als wir zu Hause ankommen. „Ich könnte essen Bären, oder wie heißt das?“ „So ähnlich,“ lache ich. „Pizza oder Chinesisch?“ „Pizza sounds great!“ Ich suche den Pizzaflyer und mustere ihn pikiert: „Oh lovely honey… you have to speak German!“ “Lovely... honey...? You have to stopp this!”, empört er sich knallrot. “Will ich aber nicht!”, entgegen ich und bestelle dann die Pizza. Dann gammeln wir uns ins Zimmer, jeder in sein eigenes, und ich klingle bei Matze durch. „Ist Katrin noch bei dir?“ „Ja, aber wir können reden. Was gibt’s?“ „Wie findest du ihn?“, falle ich mit der Türe ins Haus. „Wie gesagt: Heiß und süß!“ Er grinst. Ich kann es schon wieder heraushören. „Du bist komplett verrückt nach ihm, Dude.“ „Laber nicht!“, empöre ich mich. „Ich finde ihn nur sexy.“ „Ich bitte dich…“, er lacht, „Sexy… Süß… Anbetungswürdig…“ Ich verziehe das Gesicht. „Halt die Klappe.“ „Was immer du sagst.“ Wir labern noch, aber wirklich zuhören tue ich nicht mehr, sondern verziehe lieber das Gesicht. Was denkt er denn? Dass ich Dyllan heiraten will? Gott sei Dank klingelt es dann, weil die Pizza kommt und so beende ich das Gespräch und meine Gedanken und stehe auf. „Dyllan!“, rufe ich nach diesem, aber zu meiner Überraschung ist der schon an der Türe und bezahlt den Pizzaboden. „Hier,“ sagt dieser und drückt mir die Pizza in die Hand. Ich beachte ihn nicht, sondern schlage ihm nur die Türe vor der Nase zu, wende mich dann an Dyllan. „Da warst du aber schnell,“ stelle ich fest und er grinst. „Du eher langsam.“ Ich lache und wir gehen in die Küche. Dann essen wir und ich frage: „Was machen wir heute Abend?“ „Don’t know? Party?!“ „Klingt gut!“, willige ich ein und überlege mir, wo heute eine Party stattfindet. Aber Hey – auch wenn unsere Stadt nicht so groß ist wie London. Eine Party findet man immer! Die Party ist dann aber nicht so der Knaller. Ich erwarte ehrlich gesagt auch nicht sehr viel von Privatpartys. Manche können ja ganz gut ihr Haus in eine Disco verwandeln, aber die meisten haben nur Alkoholleichen und kichernde Weiber zu bieten. So auch diesmal. Dennoch ist der Abend ganz vergnüglich. Was daran liegt, dass wir Matze und Katrin antreffen und mit ihnen scherzen und lachen können. Vielleicht nicht die ideale Party, aber Dyllan ist lange genug hier, um auch einer richtig guten Party beiwohnen zu können. „That evening was funny,“ sagt er mir dann aber, als wir wieder nach Hause gehen. Er lächelte mich an und fragt: „Do you think so?“ Ich zucke mit den Schultern. Irgendwo hat er ja Recht, sage ich ihm dann, auch wenn ich Besseres gewohnt bin. Ich erinnere mich an eine Reportage über das Partyleben englischer Teenager. Ob Dyllan auch so ist? Und wenn… dann kann man ihn ja schon mit reichlich Alkohol glücklich machen. So viel hat er aber gar nicht getrunken, also ist es wohl doch nicht so. Ich schließe die Haustüre auf und wir gehen nach oben. „Willst du wieder bei mir schlafen?“, frage ich ihn dann und lehne mich weit aus dem Fenster. Aber ich bin ja nur der besorgte Tauschbruder, der sich um ihn kümmern will. Er sieht mich aus großen Augen an und ich glaube schon, dass er das Angebot ausschlägt, als er meint: „Darf ich denn?“ „Hätte ich sonst gefragt?“, grinse ich und halte ihm die Türe zu meinem Zimmer auf. Er tritt ein und ich folge ihm, schließe sie hinter mir wieder. Wenn er wüsste, was es mir für Freude bereitet, eine weitere Nacht neben ihn liegen zu dürfen... Abgesehen davon, dass er wieder in meinem Bett ist, dass dann so herrlich nach ihm riechen wird. Eine tolle Vorstellung. Ich grinse debil und schiebe das auf den Alkohol, auch wenn ich diesmal gar nicht viel erwischt habe. Kapitel 3: Weiteres Annähern (Oder: Vorbereitung aufs Paarungsritual) --------------------------------------------------------------------- Der Mittwoch beginnt zwar mit Regen, aber auch mit diesem wundervollen Gefühl von Dyllan in meinem Bett. Was er wohl tun würde, wenn ich mich jetzt einfach auf ihn stürzen würde? Welche böse Versuchung! „Good morning, honey,“ flüstere ich und verkneife es mir, ihn wieder zu erschrecken. Stattdessen streich sanft über seinen Arm. Mein Gott… seine Haut ist so weich. Er fühlt sich wahnsinnig gut an! „Oh… shut up! I’ve got a headache!“, murrt es mir entgegen. „Und da heißt es immer, Engländer wären trinkfest!“, lache ich und streiche gedankenverloren weiter über seinen Arm, ehe mir eine tolle Idee kommt: „Do you need an aspirin?“ Wollen wir ihn mal nicht gleich mit Deutsch quälen, wenn er schon so halb komatös herumlungert. „I think so,“ fiept er und ich komme der netten Bitte nach und hole ihm eine. Wenig später kehre ich mit Wasser und der Tablette zurück. „Here, there is.“ Oder so. “Thank you,” meint er und ich schlüpfe wieder unter die Bettdecke und mache den TV an, während er seine Tablette schluckt. Für Dyllan stelle ich das Gerät extra ein wenig leiser, dann ziehe ich mir eine der morgendlichen Talkshows rein. Er schläft eine ganze Weile, dann flüstert es neben mir: „Adrian?“ „What’s up, Dude?“, murmle ich zurück. „I think, the people in this show are crazy.“ Ich lache. “Was willst du denn sehen? Spongebob?“, frage ich, während ich durch die Kanale zappe. „Nothing. Just let me sleep.“ Ich grinse amüsiert. “Good night, honey.” Als es aussieht, als wäre er wieder im Koma, kuschle ich mich an ihn. Keine Ahnung, warum. War so eine pure Eingebung. Seht es als Vorbereitung für unser baldiges Paarungsritual, auf dass ich hoffentlich nicht mehr lange warten muss. „Was tun du da?“, ertönt es plötzlich und ich zucke ertappt zusammen. Er lebt ja noch. „Kuschlen, was sonst?“, frage ich und er runzelt die Stirn, was absolut niedlich ist. „Why?“ Viel erkenne ich von ihm nicht, nur dass er schon wieder rot ist. „Weil du so schön weich bist,“ rutscht es mir heraus und er echot ungläubig: „Weich?“ „Oh ja!“, grinse ich und lege den Arm um ihn, wage mich damit ziemlich weit vor. „Adrian… I think…“ Aber er sagt mir nicht, was er denkt. Stattdessen wirft er mich um und rollt sich auf mich. Ehe ich widersprechen kann, packt er mein Handgelenk und drückt es auf die Matratze. Ich blicke zu ihm auf und bin kurz davor, steif zu werden – nein, stopp. Jetzt bin ich es. Was er zum Glück nicht bemerkt. Zumindest lässt er sich nichts anmerken. Ich blicke noch immer erwartungsvoll zu ihm und frage mich, ob er auf die Position steht. Ich bin ja viel lieber oben, aber gut… soll er mich ruhig nehmen. Ich bin Wachs in seinen Händen. Er nimmt mich aber nicht. Er schaut mich nur böse an: „Denkst du, ich dein Teddy?“ „So ungefähr,“ erwidere ich und weiß jetzt schon, dass er nur aus Spaß böse guckt. Sein Mundwinkel zuckt nämlich schon so verräterisch. Ich versuche, mich zu befreien, aber er hält mich fest und grinst nun doch. „You are crazy, Adrian.“ Dann scheint ihm bewusst zu werden, wie wir daliegen, denn er geht hastig von mir herunter. „What a pitty,“ mache ich meinem Unbehagen darüber Luft und rolle mich zu ihm, ziehe ihn wieder in meine Arme. „It’s so cold, when you are far away from me,“ schnurre ich und er schnaubt: „Idiot.“ Nach meiner morgendlichen Kuschelaktion denke ich, ist es für heute genug. Nicht, dass ich mir wirklich vorstellen kann, mich zusammenzureißen. Aber überfordern will ich Dyllan ja auch nicht. „Was machen wir mit dem angefangenen Tag?“, frage ich diesen. Wir gammeln auf der Couch im Wohnzimmer. „I don’t know. What do your think?“ „I think… Du solltest deutsch reden,“ ärgere ich ihn und er wirft mir ein Kissen entgegen. Dann verzieht er gequält da Gesicht, ehe er mir entgegen schmettert: „Ist mir egal.“ Wenn da mal nicht einer zum Wildkätzchen mutiert. Süß! „Na schön, Tiger,“ meine ich, „Wie wäre es mit Schwimmbad?“ „Schwimmbad?“ „Ja.“ Weil ich ihn da halbnackt anstarren kann. Genau das sage ich ihm dann auch. Oder zumindest sage ich es ihm so ähnlich: „Ich kann ja nicht darauf verzichten, dich in Badeshorts zu bewundern.“ So ein knackiger Anblick, der mir da entgehen würde… Empört sieht er mich an, willigt aber ein. Und so gehen wir schwimmen. Hach ja… Ich darf also schamlos seinen knackigen Körper bewundern, während wir ein paar Bahnen ziehen und uns dann auf einen Liegestuhl pflanzen. „Hot, honey,“ murmle ich, während ich einen Wassertropfen mit den Augen verfolge, der über seine Brust läuft, bis zum Bund seiner Shorts. Am liebsten würde ich ihn ablecken. „What?“, fragt er. „Du.“ Schon wieder so ein empörter Blick und ein gezischtes: „Adrian!“ Ich lache. „Du klingst wie Mum.“ Ehe er darauf was erwidern kann, deute ich auf die Rutschen: „Gehen wir rutschen?“ Wenig später sind wir ein paar Mal um die Wette gerutscht und er geht als Sieger hervor. „You see… I am the king,“ meint er und ich verdrehe die Augen und stelle fest: „Er ist ein Angeber!“ Daraufhin streckt man mir die Zunge heraus und ich plane meine Rache. „Hast du auch noch so eine große Klappe, wenn du vom Zehner springen sollst?“, frage ich. „Zehner?“, fragt er und ich deute auf das oberste Sprungbrett und schleife ihn mit. Je weiter wir hochklettern, desto mehr verspannt er sich. Aber offenbar will er sich auch nicht die Blöße geben, wieder runter zusteigen. Vor allem, weil ich noch ganz entspannt bin. Ich liebe es zu springen. Ich bin gar nicht nervös. Als wir ganz oben sind, krallt er sich am Geländer fest. „Oh no, Adrian! No!“ “Oh yes, Dyllan. Yes!”, entgegne ich und es ist Absicht, dass ich dabei einen Orgasmus vorspiele. Er findet zumindest den Mut, loszulassen, um mir in die Seite zu boxen. Das nutze ich und zerre ihn mit mir, ehe er sich wieder festkrallen kann. Dann stehen wir vorne. „Ich springe da nicht runter!“, brüllt er mir entgegen und ich grinse nur: „Oh doch, Honey.“ „Never!“ Ich zucke mit den Schultern und grabsche nach seiner Hand. „Halt die Luft an!“ Er sieht mich an. „Was?!“ Dann springe ich auch schon und ziehe ihn mit. Sein hysterisches ‚Adrian’ wandelt sich zu einem langezogenen ‚AAAH!’ und dann ist es auch schon vorbei. Als ich wieder auftauche, ertrinke ich fast, vor Lachen. Dyllan sieht aus wie ein begossener Pudel und ich wette, er wird mir das ein Leben lang vorhalten. „Are you fucking stupid?“ Wütend funkelt er mich an und ich grinse nur noch breiter. „War doch gar nicht so wild, Honeylein!“ Ich schwimme zu ihm und streiche ihm ein paar nasse Strähnen aus dem Gesicht. „Lustig, wie du geschrieen hast.“ „Fuck you!“ Beleidigt dreht er sich weg und ich vergrabe mein Gesicht an seiner Schulter und komme ihm dabei absichtlich nahe. Ich fühle seinen Rücken an meiner Brust. Wahnsinn… „What are you doing?“, kommt es schüchtern von ihm. „Kuscheln,“ murmle ich und genieße noch kurz diese wundervolle Nähe. „You are so crazy,“ haucht er, aber er geht nicht weg. Der Donnerstag ist weniger actiongeladen, wie der Mittwoch. Beginnen tut er damit, dass ich alleine aufwachen muss, weil Dyllan in seinem Bett genächtigt hat. Was ich dabei feststelle: Mein Bett ist wahnsinnig leer ohne Dyllan bei mir! Aber ich kann ja kaum zu ihm sagen, dass er bei mir schlafen soll, ehe ich mich einsam fühle. Wir gehen am Morgen jedenfalls in die Schule. Nicht, weil die wieder angefangen hat, sondern will ich Dyllan schon mal seinen Klassenraum zeigen will. „Wir nicht gleiche Klasse, oder?“, fragt er, während wir vor der verschlossenen Türe stehen. „Nein.“ „Well… Dann habe ich etwas Angst vor neue Mitschüler,“ teilt er mir mit. „Die werden dich schon mögen,“ versichere ich ihm und kann mir gar nichts anderes vorstellen. Das sage ich ihm auch, als er fragt. „Du denkst?“ „Wie kann man dich denn nicht mögen?“, frage ich ihn und er zuckt mit den Schultern. „Ich denke, dass ist möglich.“ „Ich nicht,“ schüttle ich den Kopf. Wo er doch so bezaubernd ist… Den Nachmittag verbringt dann jeder für sich. Dyllan damit, zu lesen. Ich damit, zu versuchen, Matze anzurufen. Als er endlich rangeht, seufze ich erleichtert. „Weißt du, wie nervig deine Anrufe sein können?“, fragt er. „Warum bist du dann nicht einfach ran?“ „Katrin.“ So, wie er es sagt, klingt es pervers und ich weiß, warum. „Aha. Pff…“ Ich seufze. „Was ist denn wichtiger als Katrin?“, fragt er dann. „Ich glaube, du hattest Recht,“ nuschle ich. „Mit was?“, fragt er, so verpeilt, wie er nun mal immer dann ist, wenn es nicht angebracht ist. „Na, mit allem halt,“ zische ich. „Oh…“ Er lacht. „Und was gedenkst du zu tun?“ „Nicht viel,“ murre ich und überlege, was ich auch schon tun soll. Dyllan meine Liebe gestehen, oder was? „Du bist Äidriäään, der Oberchecker! Dir fällt schon was ein.“ „Bin ich gar nicht!“ „Dir fällt schon was ein,“ bekräftigt er nur noch einmal und dann legt er einfach auf und ich starre frustriert auf mein Handy. Toll. Wirklich toll. Den Abend verbringen wir damit, dass wir zusammen Fernsehen und irgendwann schlafen. Zu meinem Leid, geht Dyllan wieder in sein eigenes Bett. Auf die Schnelle finde ich leider auch keinen Grund, ihn bei mir zu halten. Am Freitag dann findet meine Mum, dass es Zeit ist, etwas mit ihrem Tauschsohn zu unternehmen. Freitags hat sie immer frei und nutzt das gerne, um andere zu quälen. Bisher waren Kevin und ich ihre Opfer, nun ist es wohl Dyllan. „Dyllan… Denkst du, du könntest dich interessieren für ein Muuuuseeeuuuum?“ „Mum. Red doch anständig mit ihm, damit er die Grammatik lernt!“, werfe ich ein und könnte kotzen. Muss sie mit ihm reden, als wäre er geistig behindert? „I think, it could be interesting.“ Ich werfe ihm einen Blick zu und verkneife mir das Grinsen. Das macht er doch mit Absicht und antwortet ihr nicht auf Deutsch. Was für ein Schlitzohr!, denke ich und bin doch ein wenig stolz auf ihn. Hat er ja was gelernt von mir, in den letzten Tagen. Mum sieht mich hilfesuchend an. „Er stirbt fast vor Begeisterung,“ übersetze ich, aber irgendwie versteht sie irgendwas falsch. Im nächsten Moment kreischt sie nämlich: „Oh no! Dyllan! Don’t die!“ Ich brülle vor Lachen, so sehr, dass ich fast vom Stuhl fliege und dabei noch halb das Tischtuch herunter zerre. Gut, dass mein Dad nicht da ist. Sicher hätte er mir sonst das Essen um die Ohren gehauen. Dyllan jedenfalls sieht aus großen Augen zwischen mir und meiner entsetzten Mum hin und her und kann es gar nicht begreifen. „I don’t… die.“ „Nun…“ Mum vergewissert sich, dass er auch wirklich quicklebendig ist, ehe sie fragt: „Du mögen Modern art?“ „Nicht schon wieder dieses fucking Kunstmuseum!“, werfe ich ein. Meine Mum ist Kunstbesessen. Sie geht da fast jede Woche hin und glotzt sich immer wieder die gleichen Bilder an. „Sie haben eine neue Ausstellung,“ rechtfertigt sie sich. „Die würde ich gerne sehen.“ Ich bekomme einen bösen Blick zugeworfen, ehe sie wieder Dyllan ansieht: „Okay?“ „Of course,“ antwortet der. „Du darfst ruhig nein sagen,“ versichere ich ihm. „Adrian. Es ist okay.“ Ich zucke mit den Achseln. „Muss ich mit?“, frage ich dann Mum. „Of course!“, antwortet Dyllan an ihrer Stelle und Silvia – ich weigere mich, sie heute noch mal Mutter zu nennen! – stimmt mit ein: „Of course!“ Wieso verstehen die Zwei sich auf einmal so gut? „Schau, Dyllan,“ sagt meine Mum und deutet auf ein Bild, dass ihr absoluter Liebling ist. „Wie findest du es?“ „It’s awesome!“, ruft Dyllan. „Ja. Awesome langweilig,“ gebe ich meinen Senf dazu und könnte kotzen, weil Dyllan tatsächlich Spaß hat. „Adrian. As musst du dir ansehen.“ Er deutet auf das Bild. „Look! Die Farbverläufe!“ ich starre auf die Farbverläufe, die ich nicht wirklich beachtenswert finde, und frage mich, wie er so was nur interessant finden kann. Ich schüttle den Kopf und sage traurig: „Minuspunkt!“ „Minuspunkt?“ „Ja, ich mag dich nicht mehr,“ grinse ich. „Aber Adrian!“ Er fällt mir um den Hals und mein Herz hüpft fast aus meiner Brust. „Ich will deiner Mum nur tun gefallen,“ klärt er mich auf, in dem er mir das ins Ohr flüstert. Und whaaa! Er ist so nah. So, so nahaaaaaa!!!! Oh Gott… Es ist das erste Mal, dass er sich gänzlich freiwillig in meine Arme schmeißt. Und oh Goooott… oh Gott, oh Gott, oh Gott… Zu nichts mehr wirklich fähig, nicke ich nur. Dann lässt er mich auch schön wieder lös und folgt meiner Mutter. „Look Silvia! This one is amazing!“ Am nächsten Tag stürme ich wild entschlossen in sein Zimmer, in dem er sitzt und schon wieder in einem Buch versunken ist. „Let’s go out, guy“, rufe ich voller Tatendrang und will ein wenig Action, nach dem langweiligen Tag gestern. Er sieht auf. „Was willst du denn machen?“ „Oh! Du können sprechen gut Deutsch heute,“ lache ich und er zeigt mir den Mittelfinger. „Sag schon. Was willst du machen heute?“ „Ich weiß nicht. Stadt?“ „Shopping?“ Plötzlich ist er hellauf begeistert und ich reiße die Augen auf. „So war das nicht gemeint!“, rufe ich hastig. Er macht große Augen. „Biiiitteeee Adrian!“ Oh Gott, es ist ein Bambi. Und wie kann man da bitte widerstehen? „Na schön,“ willig ich ein. Also gehen wir in die Stadt und er quält mich, weil ich ihm helfen muss, Klamotten zu finden. „Oh, I’m lucky, that school starts on Monday.” Dann muss ich nicht mehr shoppen gehen. Dyllan funkelt mich böse an. „Don’t say this!“ „But it’s ture,“ murre ich und lächle dann: „Shopping ist nicht meine Welt…“ Er umklammert meinen Arm. „Nur, weil du noch nicht gefunden, tolle Klamotten!“ Ich ziehe die Brauen hoch und er hält weiterhin meinen Arm. Aw~ „Jetzt du bist sprachlos,“ stellt er vergnügt fest, als ich nicht Antworte. „Yes… a bit.“ Ich grinse. “Aber bilde dir nichts drauf ein!” „Willst du suchen Klamotten für dich?“, fragt er und ich sage ihm nicht, dass ich ihn gerade am liebsten durchnudeln würde. Stattdessen nicke ich nur fügsam. Am Ende habe ich eine neue Jeans erworben. „Hat sich doch gelohnt, gehen shopping!“, freut er sich. „Und was machen wir mit Abend?“ „Lass uns weggehen,“ beschließe ich und überlege ein wenig. „In meinem Lieblingslcub spielt ne geile Band!“, meine ich dann und er nickt freudig. „Okay. Whatever you want!“ Und so gehen wir am Abend in meinen Lieblingsclub. Dor sind immer coole Leute und die Musik ist auch gut. Vor allem nach meinem Geschmack und folglich auch nach Dyllans. Allerdings kriege ich von der Musik gar nicht so viel mit. Ich bin nämlich viel zu sehr mit Dyllan beschäftigt. Oder eher damit, ihn anzustarren. Er trägt so enge Klamotten, dass wirklich kaum noch Fantasie nötig ist. Ich könnte sterben, bei dem Anblick und bilde mir ein, er trägt das mit Absicht, um mir zu gefallen. „Mir ist langweilig,“ meint er nach einiger Zeit, in der wir nur rumstehen und saufen. Dann packt er auch schon meine Hand und ruft: „Lass uns tanzen gehen!“ Ich starre auf unsere Hände – er lässt mich nämlich nicht los -, bis wir auf der Tanzfläche sind und er es doch tut. Mich loslassen. Shit! Dann tanzen wir. Und oh baby… Der Junge ist so heiß. Ich sollte wirklich aufpassen, mir nicht die Finger zu verbrennen. Diesen abgebrühten Spruch meine ich übrigens Ernst. Was, wenn er mich nicht mag? Aber immerhin scheinen es die Götter gut mit mir zu meinen, so dass ich diese Frage verdrängen kann. Dyllan scheint nämlich nur darauf aus, mit mir zu tanzen. Und als ein Mädel kommt und ihn antanzt, da beachtet er sie gar nicht. Ich könnte schreien vor Freude. Und dann werde ich mutiger, trete näher zu ihm und berühre seine Hüften mit den Händen. Eigentlich hasse ich tanzen. Aber gerade halte ich es für die beste Erfindung ever! Der Junge hat einen Hüftschwung, dass ich aufpassen muss, dass es nicht plötzlich eng in meiner Jeans wird. Was will er eigentlich damit erreichen? Dass mir vor allen Leuten einer abgeht? Irgendwann sind wir fix und fertig und gehen zurück zu unserem Platz. Lange bleiben wir nicht mehr. Wir trinken nur noch kurz was, ehe wir den Club verlassen. „Ich will noch nicht nach Hause,“ stelle ich fest und er stimmt zu: „Dann lass uns gehen woanders hin.“ Woanders wird dann der Park, in den wir uns gammeln und das Bier trinken, dass wir von der Party haben mitgehen lassen. Ich blicke zum Himmel und bin gerade ziemlich zufrieden damit, wie der Abend bisher verlaufen ist. „Oh Look, Dyllan! There are… Glühwürmchen in the sky!“ Er sieht nach oben. „Fireflies!“ Er lächelt. „Meine Mum sagen, dass sie sind wie kleine Sternschnuppen. Wenn sie vorbeifliegen, du darfst dir wünschen etwas.“ „Das habe ich,“ versichere ich ihm. Und es stimmt. Ich habe mir etwas gewünscht. Oder eher… Jemanden. Er beobachtet die Insekten, ich ihn. „They are beautifull.“ „You are beautifull.“ Er wird rot und erwidert: „Don’t say this.“ „But it’s true,“ erwidere ich und lächle und beug mich zu ihm und küsse ihn. … ACH DU SCHEISSE WAS TU ICH DENN DA?! Was für eine blöde Idee. Das muss am Alkohol liegen. Kein Wunder, dass ich mich nicht mehr kontrollieren kann. Ich werde nie mehr trinken. Nie, nie mehr!!!! Dyllan keucht jedenfalls auf und ich bewege meine Lippen sanft gegen seine. Es ist total geil, aber die Idee war trotzdem total blöd. Ich will ihn ja nicht überrumpeln. Ich meine… wie lange kenne ich ihn jetzt schon? Aber verdammt… er riecht so gut, er fühlt sich gut an und er schmeckt so verdammt gut. Nur, was mach ich jetzt? Aufhören ist ja wohl mal total doof. Gerade, als ich es dennoch machen will, schlingt er die Arme um meinen Hals und zieht mich wieder etwas näher und ich merke freudig, dass es doch keine blöde Idee war, sondern genau die richtige! „Honey,“ murmle ich überglücklich in den Kuss, “Was machst du nur mit mir?” Zielstrebig packe ich seine Hüften, ziehe ihn näher zu mir. Dann umklammern und küssen wir uns, bis wir uns ganz atemlos voneinander trennen. „Was tun wir hier?“, fragt er erstaunt von sich selbst. „Denkst du, es ist nicht gut?“, frage ich ängstlich. Ja, ängstlich. Der große Adrian hat Angst, einen Korb zu kriegen. „Ich weiß nicht… wir kennen uns kaum.“ Weil ich mir nicht anders zu helfen weiß, schnappe ich nur wieder nach seinen Lippen. „Ja, aber es fühlt sich so gut an,“ nuschle ich und sauge sanft an seiner Unterlippe. „Nicht?“ „Doch. Tut es,“ stimmt er zu und erwidert den Kuss wieder. Ich kralle mich in sein Shirt und sein innerer Widerstand zerbricht. Er fällt mir wieder in die Arme um wir küssen uns und küssen uns und… „Dyllan,“ flüstere ich heißer, „Let’s go home.“ Er wehrt sich nicht, als ich ihn in mein Zimmer schleife. Er wehrt sich nicht, als ich ihn aufs Bett werfe. Und er wehrt sich auch nicht, als ich ihn stürmisch küsse. Aber weiter will ich nicht gehen. Noch nicht. Und ich denke, dass es ihm nur Recht ist. Dafür umschlingt er mich aber und erwidert meinen Kuss und irgendwann schlafen wir darüber irgendwie ein. Kapitel 4: Anfängliches Zusammensein (Oder: Ich würde ihm gerne das Hirn rausvögeln) ------------------------------------------------------------------------------------ Als ich am nächsten Morgen aufwache, fallen mir zunächst nur zwei Dinge auf. Erstens: Mein Kopf dröhnt unheimlich. Und zweitens: Etwas Schweres zerquetscht mich. Ersteres ist natürlich dem Alkohol zuzuschreiben, wobei ich anmerken muss, dass ich schon lange nicht mehr dermaßen verkatert war. Am Zweiten ist Dyllans Schuld, weil er es sich auf mir bequem gemacht hat und nicht so aussieht, als ob er dies bald ändern wollen würde – immerhin schläft er noch. Während ich ihn dabei beobachtet und mir einen Ast freue, weil er so niedlich aussieht, kommen mir all die Erinnerungen wieder ins Gedächtnis. Die Party. Der Alkohol. Der Kuss. Ob er es heute wohl bereut? Wird er es jetzt dem Alkohol zuschreiben? Und - was am schlimmsten wäre – ist jetzt alles zwischen uns kaputt? Aus Angst davor, zu erfahren, dass er mich gar nicht will, traue ich mich nicht mal, ihn zu wecken und zu fragen, was er dazu zu sagen hat. Blöderweise wacht er aber dann von selbst auf und ich halte den Atem an. „Good morning,“ murmelt er verschlafen und lächelt mich an. Er lächelt. Oh, das sieht doch schon mal gut aus, für mich armen, armen Adrian. „Good morning,“ krächze ich mit trockenem Hals zurück und blicke ihn ängstlich an. Wahrscheinlich fällt auch ihm nur langsam der gestrige Abend wieder ein, denn er sieht aus, als würde er gedanklich abschweifen. Und tatsächlich fragt er kurz darauf: „Was ist da passiert, gestern?“ „Naja…,“ beginne ich und versuche, mich irgendwie rauszureden. Allerdings kann man das Ganze ja nicht schön – oder schlecht, falls er es schön fand – reden, also sage ich: „Ein Kuss.“ „Und du meinen das ernst, oder bist du nur betrunken gewesen?“, fragt er und ich versuche, seinen Blick zu deuten. Leider sagt der nicht viel aus, also weiß ich nicht, welche Antwort er sich erhofft. Was für mich bedeutet, dass ich tatsächlich ehrlich sein muss. Und genau das bin ich. „Also…“, meine ich leise und fahre bedächtig mit dem Finger seinen Wangenknochen entlang. Er zuckt kurz zusammen, lässt es dann aber geschehen. „Überraschender Weise… meine ich das ernst.“ Fast ebenso bedächtig, wie ich gerade, meint er daraufhin: „Dann denke ich… ich finden das toll.“ „Wirklich?“, rutscht es mir heraus und er grinst. „Yeah.“ Und dann beugt er sich über mich und küsst mich. Huch… Und ich dachte, er wäre so ein scheues Rehlein. „Amazing,“ nuschelt er in den Kuss und meint damit diesen. „You are amazing,“ schmachte ich zurück, aber es ist mir gar nicht peinlich, so zu schmachten. Und weil er daraufhin lächelt, ziehe ich ihn enger zu mir und vertiefe unseren Kuss. Den Sonntag verbringt jeder für sich. Was heißt, dass Dyllan in seinem Zimmer hockt und liest, während ich mich an meiner Playstation austobe und Zombies kille. Bääääm!!! Ich bin gerade so richtig in Fahrt, als Dyllan neben mir auftaucht und ich tatsächlich die Zombies Zombies sein lasse, um ihn anzustrahlen. „Hey.“ Mein virtuelles Ich wird gekillt, aber es ist mir egal. So was ist mir bis jetzt auch noch nie passiert. „Hey,“ lächelt er zurück. „I miss you.“ Unter normalen Umständen – die natürlich schon lange nicht mehr gegeben sind – würde ich jetzt denken, dass ich gleich kotzen muss, bei so viel Anänglichkeit. In Wirklichkeit ist Dyllan aber gar nicht anhänglich und ich muss auch nicht kotzen, sondern strahle nur wie ein Honigkuchenpferdchen und meine: „I miss you too.“ Dann grabsche ich nach seinen Hüften und ziehe ihn zu mir, stehe auf. Während meine Arme noch dabei sind, seinen umwerfenden Körper zu umschlingen und an mich zu pressen, haben meine Lippen bereits die seinen gefunden und ich küsse ihn lang und innig. Er lächelt. „Du bist unersättlich… oder wie sagen?“ „Wenn es um dich geht, bin ich in der Tat unersättlich,“ gebe ich zu und ziehe ihn noch näher, was eigentlich kaum noch möglich ist. „Honey,“ nuschle ich gegen seinen Hals. „Darling,“ grinst er zurück. Wenn ich Dyllan je als Zurückhaltend eingeschätzt habe, werde ich jetzt eines Besseren belehrt. Er stürzt sich regelrecht auf mich und seine Hände umfassen mein Gesicht, während ich nur weiterhin seine Hüften umfasse. Und schon schiebt sich seine Zunge in meinen Mund und stupst die meine an und ich kann nur bereitwillig auf sein kleines Spielchen eingehen. Irgendwann beginnt er auch noch, mit einer Hand meinen Nacken zu graulen und spätestens jetzt schmelze ich dahin. Aber da ich nun mal das dominante Männchen bin, muss ich irgendwann wieder die Oberhand ergreifen. Und das tue ich, in dem ich mich erst mal von ihm löse, so schwer es mir auch fällt. Er blickt mich an und seine Hand, die er in meinem Nacken hatten, umfasst wieder, wie seine andere, mein Gesicht. Ich verstärke meinen Griff an seinen Hüften. Eine ganze Zeit lang blicke ich in seine Augen und im nächsten Moment drückt er mir wieder einen kurzen Kuss auf. Und aw… das ist so toll… Ich entziehe mich ihm, als er mich gerade noch einmal küssen will und er zieht sich enttäuscht zurück und sieht mich verlegen an. Purer Zucker. „Lass was von mir übrig, Süßer,“ grinse ich und muss tatsächlich erst Mal Luft holen. Ich weiß gar nicht, was er da gerade mit mir anstellt. So komisch hab ich mich ja echt noch nie gefühlt. Als er nun entschuldigend zu mir blickt, muss ich lachen und küsse ihn dann doch noch mal. „Du bist so verdammt süß,“ verkünde ich und verlagere den Kuss auf seinen Hals, küsse mich daran entlang. „Ich könnte dich fresse,“ nuschle ich. Er schließt die Augen und murmelt nur ganz leise: „Tu nicht… Sonst bin ich weg.“ Und das wäre in der Tat sehr furchtbar. Sehr, sehr furchtbar. Mathias lacht, bis er keine Luft mehr kriegt und ich hoffe, er erstickt daran. Tut er leider nicht, sondern sagt nur: „Schnell und heftig verknallt, was?“ Ich erwidere nichts, was ihn dazu veranlasst, spöttisch anzumerken: „Hätte ich dir gar nicht zugetraut.“ „Halt die Klappe,“ zische ich. Die Situation ist schon ernst genug. Ich verliere meine geistige Zurechnungsfähigkeit wegen eines kleinen Engländers, der sich wie ein Wolf im Schafspelz benimmt. „Im Ernst,“ reitet er weiter darauf herum, „Ich hätte das von vielen erwartet, aber nicht von dir.“ „Mathe, im Ernst. Halt die Klappe.“ „Warum? Ist doch toll!“ Ich will ihm sagen, dass es ganz und gar nicht toll ist. Aber eigentlich ist es wirklich toll, was ich ihm nur nicht unter die Nase reiben werde. Das überdimensionale Grinsen, das mich allerdings sofort heimsucht, spricht Bände. „Eine Woche und du frisst ihm aus der Hand. Der Kleine muss zaubern können.“ Was labert der? Sieht Dyllan aus wie Harry Potter, oder was? „Fuck you.“ Matze grinst weiter vergnügt vor sich hin, aber ich krieg es kaum noch mit. Meine Gedanken schweifen schon wieder zu Dyllan ab. Dyllan. Mein Dyllan… Wir haben uns darauf geeinigt, unsere Beziehung erst Mal wachsen und gedeihen zu lassen, ehe wir sie an die große Glocke hängen. Was heißt, dass bis auf Mathias bisher niemand etwas davon weiß. Schon gar nicht meine Eltern, die wohl den Schock ihres Lebens bekommen würden, wenn ihr Sohn plötzlich mit dem Tauschsohn vögelt. Wobei wir noch nicht mal gevögelt haben. Leider. Mittlerweile denke ich nämlich an fast nichts anderes mehr. Ich könnte schon abspritzen, wenn ich mir nur vorstelle, Dyllan unter mir zu haben. Wie dem auch sei: Unser kleines Geheimnis ist folglich Schuld daran, dass ich ihn am Montagmorgen das letzte Mal küssen darf, ehe wir das Zimmer verlassen und uns seinen grausamen Tag in der Schule zuwenden. Mir geht das ziemlich an die Nieren, aber Dyllan hat ganz andere Sorgen. „Das wird heute schon,“ versichere ich ihm und ziehe ihn an mich. „Ich weiß nicht. Was, wenn sie mich hassen?“ Er klammert sich fest und ich küsse ihn beruhigend. „Wer würde dich schon hassen. Und wenn sie gemein zu dir sind, dann verprügle ich sie alle.“ Und weil ich das schon öfter getan habe, jemand eine aufs Maul gehauen, kann Dyllan sich da sehr sicher sein, dass ich das wirklich tun werde. Jedenfalls zaubert diese Drohung ihm schon mal ein Lächeln aufs Gesicht und dann lösen wir uns und machen uns auf den Weg zur Schule. Die ersten zwei Stunden bin ich sehr unkonzentriert, weil ich mir nu Gedanken mache, wie es Dyllan ergeht. Zum Glück macht man am ersten Tag keinen Stoff, sonst würde ich schon planlos ins neue Jahr starten. Nervös fummle ich an meinem Kugelschreiber herum, bis Matze ihn mir wegnimmt, weil ich ihn nerve. Dabei will ich mich doch nur von dem Gedanken ablenken, ob auch jeder Dyllan mag und gut aufnimmt. Umso glücklicher bin ich, als man uns in die erste Pause entlässt und ich ihn suchen kann. Tatsächlich wird er von seinen Mitschülern umringt, die ihn mit Fragen löchern. Froh darüber, will ich gar nicht stören, sondern verbringe die Pause mit Mathias. „Vermisst du ihn schon?“, fragt genau dieser und ich glaube, Belustigung in seinem Tonfall zu hören. Schon alleine deshalb, will ich mich nach außen hin cool geben, obwohl er den Nagel auf Kopf getroffen hat. Ich vermisse ihn so sehr, dass es schon fast weh tut. Was ist eigentlich los mit mir? Bin ich jetzt echt schon so ein Weichei geworden? „Auch wenn du nicht antwortest, so sieht man es dir doch an.“ Verdammt. Ich seufze und will alles scheiße finden, kann es aber nicht. Ist doch echt eklig, so verknallt zu sein. Eklig toll. Noch ein Seufzen, dann beginnt die nächste Stunde. Diese und die folgend warten ich nur darauf, nach Hause zu können. Und dann endlich habe ich Dyllan wieder für mich. „Wie wars?“, frage ich ihn und kann meine Neugierde nicht länger verbergen. „Okay. Die Meisten waren nett und wollen viel wissen.“ „Du wirst sehen, dass wird alles ganz toll.“ „Aber weißt du, was richtig scheiße?“, fragt er und ich sehe ihn fragend an. „Das du bist nicht bei mir den ganzen Tag.“ Ich grinse dümmlich und küsse ihn. Wie ich das vermisst habe!!! „Ich bin so versessen nach dir,“ gestehe ich und ziehe ihn dicht an mich. „Adrian,“ nuschelt er leise und ich brumme nur, „I am so happy.“ Er schnappt nach seinen Lippen und ich kriege vor lauter Endorphinausschüttung nicht mal ein ‚Me too’ heraus. Es grenzt an ein Wunder. Oder nein. Wunder ist die falsche Beschreibung, weil Wunder eigentlich etwas Positives sind, während dieses Ereignis so gar nicht positiv ist. Egal. Fakt ist jedenfalls, mein Handy klingelt und auf dem Display steht nichts Geringeres als ‚Kevin’. What the fuck?! „Was willst du?“, nehme ich nicht gerade freundlich ab. Aber was anderes kann es ja gar nicht sein. Wenn Kevin mich schon mal anruft, dann muss er irgendetwas wollen! „Hast du mir was zu sagen, Lieblingsbruder?“, stellt er eine Gegenfrage und ich ziehe die Brauen hoch. „Was sollte ich dir schon zu sagen haben,“ grinse ich fies, „Das einzige, was mir so spontan einfällt ist: Verrecke!“ „Ich vermisse dich auch,“ feixt er am anderen Ende und ich verdrehe die Augen. „Ich meine aber: Irgendetwas Spannendes über dich und deinen Tauschbruder?“ Ich runzle die Stirn, beschließe aber, unwissend zu tun: „Nein. Sollte ich?“ „Ach komm,“ stöhnt er genervt am anderen Ende auf, „Hör auf mit dem Scheiß! Dyllan hat es Reid erzählt und Reid mir.“ „Dann weißt du es doch,“ fauche ich. Ich bin nicht böse auf Dyllan, dass er es Reid erzählt hat. Auch nicht auf Reid, der Kevin nicht einschätzen kann. Aber das Kevin es jetzt weißt, passt mir ganz und gar nicht. „Wehe, du erzählest es Mum und Dad!“ „Warum willst du nicht, dass sie es wissen?“, fragt er nur und klinget zum Glück nicht so, als ob er gleich fragen will, was er dafür kriegt. „Weil ich erst sehen will, wie es läuft, ehe ich es offiziell mache. Und Dyllan stimmt mir da zu.“ Der Junge checkt auch gar nichts. Wenn ich mir nur vorstelle, wie Mum abgeht, wenn sie das erfährt… und was, wenn es dann nicht funktioniert. Dann liegt sie mir bis zu Dyllans Abreise damit in den Ohren. „Na schön,“ willigt Kevin Gott sei Danke ein und legt dann einfach auf. Nett… Ich werfe das Handy aufs Bett und seufze. Wahrscheinlich hält er dicht. Aber es behagt mir trotzdem nicht, dass er es weiß. Aus dieser Laune heraus, beschließe ich, dass ich Matze sehen muss. Ich schreibe ihm also eine SMS, dass er zu unserem Café zu kommen hat und warte dort auf ihn. „Ich verstehe wirklich nicht, warum du es keinem erzählen willst. Jeder weiß, dass du schwul bist. Das kümmert keine Sau. So wichtig bist du auch nicht,“ liegt Mathias mir dann aber nur in den Ohren. „Versuch doch wenigstens, es zu verstehen. Wenn du dich ganz sehr anstrengest, geht das sicher,“ maule ich genervt. „Halt die Fresse und sag’s mir einfach.“ „Was nun?“, grinse ich, „Fresse halten oder sagen?“ Wenn Blicke töten, wäre ich jetzt tot. Er reißt sich zusammen, aber ich weiß, dass er mich gerade gerne leiden sehen würde. „Komm… warum darf das es keiner aus meiner Familie wissen,“ helfe ich ihm auf die Sprünge. „Weil deine Mum das nicht toll finden wird.“ „Toll finden?“ Ich lache auf. „DI wird völlig durchdrehen, wenn sie hört, dass ich mit ihrem tollen Tauschsohn ein Techtelmechtel angefangen habe.“ Er sieht mich streng an. „So nennst du das?“ Ich blicke verwirrt zurück. „Ich dachte, das mit Dyllan wäre was Ernstes. Brech ihm nicht das Herz, man.“ Ich verdrehe die Augen. „Natürlich ist das mit Dyllan was Ernstes!“ So ernst, wie es mir noch nie zuvor war. „Gerade redest du noch von einem Techtelmechtel,“ erinnert er mich und geht mir langsam wirklich auf den Keks. „Jaha. Weil meine Mum das so sehen wird. Schalt doch mal dein Hirn ein. Sie weiß doch genau, dass ich nicht gerade heilig bin.“ „Nun. Bisher bist du ja auch schon immer abgehauen, wenn es ernst wurde.“ „Ja. Und weil sie das weiß, wird es schwer sein, sie zu überzeugen, dass es mit Dyllan anders ist.“ Ich verziehe das Gesicht. „Er ist doch ihr neues Baby. Ihn wird sie beschützen wollen, wo es nur geht. Vor allem vor mir.“ „Und Dyllan?“ Ich sehe Matze an. „Was soll mit ihm sein?“, frage ich „Weiß er das auch? Das du abhaust, wenn es ernst wird?“ „Alter, hör doch auf! Als wenn ich ihn sitzen lassen könnte.“ Und dann rutscht es mir heraus und bringt mir den Schock des Jahrtausends ein: „Glaubst du, ich könnte ich einfach verlassen? Er ist mir wichtig, man. Ich werde ihn nicht weh tun und-“ „Meine Fresse. Sag das noch mal,“ bittet Mathias mich und ich starre ihn nur an wie ein Eichhörnchen, wenn’s blitzt. „Wer bist du und was hast du mit meinem Freund gemacht?“ Ein wenig hilflos zeige ich ihm den Mittelfinger, um wenigstens den Anschein zu wahren, ich würde mich noch zu verteidigen wissen. Was zur Hölle habe ich da gerade gesagt?! Er ist mir wichtig. Das klingt ja schon fast wie: Ich liebe ihn! „Dyllans Eltern werden sicher Amok laufen, wenn sie erfahren, dass ich ihren Sohn verführe. Da schicken sie ihn zu einer Familie, die auf ihn aufpasst und der Sohn dieser Familie verführt ihn dann,“ versuche ich, abzulenken. Zum Glück geht Mathias darauf ein. „Du musst ja nicht unbedingt damit prahlen, dass du ihn fickst.“ Er fängt an zu glucksen und ich verziehe den Mund. „Ich ficke ihn nicht.“ Ihr solltet mal sehen, wie schnell sein Lachen erstirbt. Eigentlich fällt ihm sogar alles aus dem Gesicht. „Wie… du fickst ihn nicht?“ „Na, so wie ich es gesagt habe. Wir hatten noch keinen Sex.“ „Warum nicht?“ „Braucht man dafür einen Grund?“, zische ich wütend. „Du schon,“ hält er tatsächlich dagegen und ich schnaube. „Ich will es eben langsam angehen lassen. Er sieht auch nicht so aus, als wenn er mir gleich nackt ins Gesicht springen will, nur damit ich ihm endlich das Hirn rausvögle.“ Wobei ich das zweifelsohne unheimlich gerne tun würde. „Dafür ist er, glaube ich, auch nicht der Typ,“ nickt Matze. „Denkst du,“ murre ich und er grinst. „So, so.“ Ich küsse ihn. Und oh Gott, der Junge fühlt sich so unglaublich gut an! Ich weiß gar nicht, wo mir der Kopf steht, dabei küssen wir uns doch nur. Weil mein Körper nach und nach Besitz von mir ergreift, drücke ich Dyllan nach hinten aufs Bett und möchte einfach nur noch über ihn herfallen. In der Tat hält mich aber etwas zurück. Ich will wirklich mit ihm schlafen, aber nicht jetzt. Weil das, was ich zu Mathias gesagt habe, wahr ist. Ich will es langsam angehen lassen. Was mich allerdings nicht daran hindern, seinen wundervollen Körper ausgiebigst zu betatschen. „Dyllan,“ flüstere ich heißer. Er öffnet seine Lippen und schnappt nach meinen, während er seine Arme um meinen Hals legt und mich noch näher zieht. Während er an meiner Unterlippe knabbert, flüstert er meinen Namen und bringt mich fast um den Verstand. Ich glaube schon, zu verbrenne, obwohl wir noch nicht mal nackt sind. Garantiert wichse ich gleich meine Hose voll. Was echt super wäre… Er macht weiter und sieht nicht so aus, als würde er demnächst aufhören wollen, an mir zu knabbern. Langsam sollte ich mich fragen, wer hier wen verführt! Meine Hände drücken gegen seine Schultern und ich presse ihn auf die Matratze. Seine Zunge schiebt sich in meinem Mund und seine Hände streichen hilflos über meinen Rücken, während ich den Zungenkuss mit ganzer Leidenschaft erwidere. Irgendwann muss ich mich dann doch zügeln und lasse meinen Mund lieber über seine Wange, sein Kinn und seinen Hals gleiten. „Du machst mich wahnsinnig,“ nuschle ich ihm heißer ins Ohr und hauche einen Kuss gegen dieses. Er lächelt und seine Hand krault meinen Nacken. „Ich denke, dass das gut ist.“ Er muss aufhören, so süß zu sein. Sonst sterbe ich bald vor Verlangen. „Ist es wohl,“ stimme ich heißer zu und in dem Moment landen seine Hände auf meinem Hintern. Als sie beginnen, diesen zu kneten, kann ich mich wirklich nur noch schwer beherrschen. Am liebsten würde ich ihn ausziehen und nahmen. Während ich daran denke und es mir genauestens vorstelle, reibe ich mir nur ganz leicht an ihm, was ihm zum Stöhnen bringt. Oh Gott… Im nächsten Moment verwickelt er mich wieder in einen Zungenkuss und das ist dann zu viel. Ich will es aufhalten, aber es passiert dennoch. Ich verkrampfe mich und Dyllan beginnt, zu kichern. „Wo ist deine Kontrolle?“, fragt er, während ich auf ihm liege und es kaum fassen kann. Ja! Wo ist meine Kontrolle? „Die hat sich verabschiedet,“ murmle ich. Zusammen mit meinem Verstand. „Du bist heute so abwesend,“ stelle ich fest und presse mich von hinten an ihn, küsse seinen Nacken. Seinen wundervoll geschwungenen, einladend weichen Nacken. Wir haben nun schon zwei Woche Schule hinter uns gebracht und Dyllan hat sich eingelebt. Auch unternimmt er nun am Wochenende immer mal wieder was mit seinen Klassenkameraden, was mich für ihn freut, aber mir selbst wahnsinnig gegen den Strich geht. „Ich denken nach,“ geht er auf meine Feststellung ein und dreht sich zu mir. Er war gerade dabei, seine Schultasche zu packen. „Über was?“, frage ich und blicke auf seinen Schreibtisch, wo die Englischhausaufgaben liegen. Darüber kann er nicht gegrübelt haben. „Bedeuten ‚Schwuchtel’ nur, dass man ist schwul?“ Ich versteife mich ein wenig. „Was?“ „Naja… Ist ‚Schwuchtel’ Bezeichnung für Mensch, der ist schwul?“, stellt er die Frage anders und ich runzle die Stirn. „Schon. Aber eher im negativen Sinne. Warum?“ „Hat man gesagt.“ „Zu dir?“ „Zu wem sonst?“ Ich verenge die Augen und merke schon, wie sich innerlich die Wut anstaut. Welches Arschloch wagt es sich bitte, ihn so zu nennen? „Woher wissen die, dass du schwul bist?“, frage ich unverfänglich, um mich ein wenig zu beruhigen. „Ich nicht schwul. Ich bi,“ verbessert er mich. Er scheint nicht begriffen zu haben, dass ihn da jemand wirklich beleidigen wollte. „Ist das gleiche,“ winke ich mürrisch ab und er geht nicht weiter darauf ein. „Ich hab ihnen gesagt,“ meint er und ich stöhne auf und vergrabe das Gesicht in meinen Händen. „Dyllan…“ „Nicht gut?“ „Doch…“ Und ich finde es ja auch wahnsinnig gut, dass er von Anfang an offen damit umgeht und so mutig ist, es in dieser fremden Umgebung gleich von vornherein zuzugeben. Aber… „Es gibt nun mal überall Idioten, die das nicht gut finden. Vielleich hättest du warten sollen.“ „Ich will aber, dass Leute mich mögen, wie ich bin,“ hält er dagegen und blickt fest entschlossen in die Augen. Seine Arme legen sich um meine Hüften und er drückt sich an mich. Ich umschlinge ihn ebenfalls und vergrabe mein Gesicht in seinem Haar. Er ist fast einen ganzen Kopf keiner wie ich. So klein… so zerberechlich… so unschudlig… so hifllos… Naja… zumindest kommt es mir so vor. Ich küsse ihn. „Wer hat das gesagt?“, will ich dann wissen. „Nur Junge aus meiner Klasse.“ „Aber ich dachte, die mögen dich alle,“ entfährt es mir und ich bekomme Panik. Was, wenn er gelogen hat, um mich nicht zu beunruhigen? Was, wenn ihn alle scheiße finden, weil er bi ist. „Mich mögen ja auch alle. Nur er nicht,“ erwidert er und ich muss schon fast grinsen, obwohl das natürlich nicht lustig ist. „Und warum nicht?“ „Weil ich bin ‚Schwuchtel’?“ „Sag das nicht,“ fordere ich und küsse sein Haar. Wenn ich es nicht eh schon bin, werde ich nun wirklich unsagbar wütend. „Sag mir, wie er heißt,“ befehle ich ihm nun schon fast und knirsche mit den Zähnen. Das entgeht ihm natürlich nicht. „Warum?“, fragt er deshalb. „Sags mir einfach,“ halte ich dagegen. „Du tun ihm aber nicht weh, oder?“ „Natürlich nicht,“ versichere ich ihm. Ich werde ihn einfach umbringen. „Er heißt Timon,“ klärt er mich auf. Scheiß Name. Wo ist er entsprungen? Bei König der Löwen? Da hätte er bleiben sollen. Vielleicht hätte man ihn dann schon gefressen und er würde jetzt nicht nerven. Ich hasse Timon. Ich hasse ihn wirklich, wirklich abgrundtief. Kapitel 5: Das erste Mal (Oder: Fuck, ich sterbe!) -------------------------------------------------- „Wirklich. Es tut mir Leid. Ich sag’s nicht mehr. Nie mehr. Ich lass ihn in Ruhe. Ehrlich.“ Timon sieht aus, als wenn er gleich weint. Nur gut so. Soll er ruhig! Obwohl er doch gar keinen Grund dazu hat. Immerhin haben wir uns nur freundlich unterhalten. Ich verprügel ja aus Prinzip keine Leute. Ist unter meine Würde. Bisher habe ich nur Leuten eine aufs Maul gehauen, die mich eben da angekratzt haben. Ergo, wenn man mich wegen meines Emoseins oder meiner sexuellen Ausrichtung fertig machen wollte. Für alles andere hab eich mir ein paar Sprüche einfallen lassen, um zu kontern. Seitdem habe ich eigentlich den Respekt, den ich verdiene. Und seitdem bin ich verdammt gut darin, andere einzuschüchtern. „Ich denke, er hats verstand. Er heult ja schon,“ unterbricht mich Matze. ER wollte mich unbedingt begleiten. Zum einen, weil er auch nicht will, dass wer Dyllan mobbt, zum anderen, weil er mein bester Freund ist. Außerdem mag er Timon nicht. Der ist nämlich im gleichen Jahrgang wie seine Schwester Linda und ärgert immer die Mädels. „Hast du wirklich genug?“, frage ich gefährlich leise in Timons Ohr und er nickt nur. „Dann haben wir uns ja verstanden,“ meine ich zufrieden. „Wenn du ihn auch nur noch einmal schief anschaust, bring ich dich um.“ „Adrian…“, murrt Matze und ich lasse den kleinen Scheißer los. Würde mich wundern, wenn er Dyllan morgen nicht die Schultasche tragen würde. „Hat Timon mal wieder was gesagt?“, frage ich ein paar Tage später und versuche, beiläufig zu klingen. Ich sehe Dyllan an. Heute ist Dienstag und am Donnerstag hatte ich das Gespräch mit Timon. Das Wochenende habe ich in stiller Einsamkeit in meinem Zimmer verbracht, beschäftigt damit, Dyllan zu vermissen. Und gestern war Matze da, zusammen mit Katrin. Deswegen habe ich auch erst jetzt wieder Gelegenheit, ihn in einer stillen Minute zu fragen. „Bisher nicht,“ meint er und zuckt mit den Schultern. „Seltsam, oder?“, fragt er. „Total,“ schnaube ich und grinse zufrieden vor mich hin. „Adrian…“ Er steht auf – er saß auf dem Schreibtischstuhl – und kommt zu mir, der ich auf seinem Bett herumgammle. Die Arme um meinen Hals gelegt, sieht er mich streng an: „Hast du was damit zu tun?“ „Wie kommst du da drauf?“, frage ich gespielt unschuldig und er grinst. „Mein Retter in Not,“ lächelt er und küsst mich. „Mein Häschen,“ schnurre ich. Gequält verzieht er das Gesicht. „Häschen?“ Ich lache auf. „Du bist so wundervoll, Dyllan.“ „Und du bist süß,“ murmelt er. Ich frage mich, wie er da drauf kommt. Ich und die Bezeichnung ‚süß’ in seinem Atemzug… Unmöglich. „Gar nicht. Du bist süß.“ „Bin ich nicht,“ hält er dagegen. „Nein? Hast du dich mal angesehen?“, lache ich und er küsst mich wieder. Ich ziehe ihn eng an mich. Herrlich. Einfach herrlich. „Adrian? Magst du gucken, ob ich die Aufgabe richtig gemacht habe?“, fragt Dyllan und ich ziehe überrascht die Brauen hoch. „Dyllan, du kannst ja Deutsch sprechen,“ necke ich ihn, aber eigentlich ist es ein Lob für einen grammatikalisch richtigen Satz. Ehe Dyllan etwas erwidern kann, geht meine Mum schon dazwischen, in dem sie warnend meinen Namen zischt. „Hör auf, ihn immer aufzuziehen,“ tadelt sie mich. Es war der größte Fehler, nach dem Essen in der Küche zu bleiben und unter ihrer Aufsicht – Herrschaft – Hausaufgaben zu machen. „Ich ziehe ihn nicht auf. Ich bin nur stolz auf ihn,“ verkünde ich und winsche mir eine imaginäre Träne des Stolzes weg. Sie verdreht die Augen und Dyllan murrt ungeduldig: „Magst du nun gucken, oder nicht?“ „Da schimpfen immer alle über das Schulsysten, aber Dyllan hat in den paar Wochen, in denen er nun schon hier ist, viel gelernt.“ „Als wenn daran die Schule beteiligt wäre,“ maule ich. Wer war es denn, der bis in die Nacht hinein die deutsche Grammatik mit ihm durchgegangen ist. Ich oder die Schule? Mittlerweile haben wir Ende November und er hat es geschnackelt. „Adrian?“, fragt Dyllan erneut und ich seufze und tue so, als wäre es eine pure Zumutung, mich aufzuscheuchen. Dann aber blicke ich mit ernster Miene seine Deutschhausaufgaben an, an denen er so fleißig gearbeitet hat. „Der erste Satz ist falsch,“ meine ich dann. „Ohr,“ entfährt es ihm. Dabei sieht er dann tatsächlich so enttäuscht aus, dass ich ihn am liebsten getröstet hätte. Auf eine ganz gewisse Art und Weise… „Der Rest ist korrekt,“ sage ich stattdessen nur. Nun wieder glücklich, macht er sich daran, den ersten Satz zu verbessern. Ich seufze und denke, dass wir jetzt Sex haben sollten. Sofort. Gerade bin ich versucht, ihm zu sagen, dass ich wahnsinnig geil auf ihn bin, als mir meine Eltern wieder in den Sinn kommen, die garantiert einen Herzinfarkt kriegen würden – bei meinem Glück wahrscheinlich Dyllan gleich noch mit dazu. Trotzdem muss ich es ihm irgendwie verklicken, was ich tue, in dem ich ihn anstarre, bis er es merkt. „Was guckst du mich so an?“, fragt er und ich grinse zweideutig. „Du siehst heißt aus, in deinem Sweathsirt. Steht dir wahnsinnig gut.“ „Das ist nur ein altes Shirt,“ wehrt er ab, aber ich bemerke, wie sich seine knuffigen Bäckchen rosa färben. „Dann muss es an dir liegen, nicht an dem Shirt,“ setze ich noch einen drauf und nun ist er knallrot. Er hasst es, wenn ich ihn derartig aus dem Konzept bringe. Aber ich liebe es. „Adrian,“ warnt mich meine Mutter schon wieder, „Sag solche Sache nicht zu deinem Bruder.“ „Er ist mein Tauschbruder,“ korrigiere ich sie. Wenn sie nur nicht immer so tun würde, als würde ich Inzest betreiben, wenn ich ihm ein Kompliment mache. „Wenn er doch gut aussieht, kann ich es ihm doch sagen,“ füge ich hinzu. „Was soll er denn von dir denken?“, fragt mein Vater. „Nichts, was er nicht eh schon von mir weiß,“ entgegne ich. „Kannst du noch mal gucken?“, fragt Dyllan und schiebt mir sein Heft zu. Ich überfliege die Aufgabe und nicke. Passt alles. „Ich finde, du solltest dich zurücknehmen.“ Wieder meine Mutter. Daraufhin habe ich nur noch ein Schnauben für sie übrig. „Ihr tut, als hätten wir Sex,“ gehe ich dann in die vollen. Mein Vater sieht mich genervt an. „Du solltest jetzt hoch gehen, Adrian.“ Wie man mich immer abschiebt, wenn es ihnen zu blöd wird… Ich zucke mit den Schultern und sehe Dyllan auffordernd an. Natürlich war es nicht Sinn der Sache, dass Dyllan mitgeht, sondern, dass man uns räumlich trennt. Aber das werde ich nicht zulassen und auch Dyllan macht nicht den Eindruck, als ob er das möchte. Zumindest sagt er: „Ja, lass uns hochgehen, Adrian. Wir sind ja fertig.“ Belustigt grinse ich meinen Dad an und folge Dyllan dann mit Freuden nach oben. Ich bin so wahnsinnig geil auf ihn… Kaum haben wir die obere Treppenstufe erreicht, schlinge ich meine Arme um seinen Körper und presse ihn an mich. „Wenn sie wüssten,“ meine ich und lasse den Satz unvollendet, wende mich lieber seinem wundervoll geformten Hals zu. Wie kann ein einzelner Junge nur so verdammt heiß sein? Er dreht sich in der Umarmung und antwortet auf meine Frage, die ich fast schon wieder vergessen habe. „Sie wären überfordert.“ „Wären sie wohl,“ stimme ich zu und küsse ihn. Fordernd. Verlangend. Notgeil… Langsam schiebe ich ihn in mein Zimmer. „Trotzdem sollten wir es ihnen bald mal sagen,“ wirft er in den Raum. „Hm… hm…“, mach ich und packe seine Hüften. Er hat so herrliche Hüften. „Auch, damit sie aufhören, dich ständig zu schimpfen.“ Mit dem Daumen streiche ich über seinen Beckenknochen und schiebe dabei sein Shirt ein paar Millimeter nach oben. Mein Blick fällt auf den schmalen Spalt freier Haut, während ich beginne, seinen Kehlkopf zu küssen und bis zu seiner Halsbeuge zu wandern. „Klaaar,“ antworte ich nur abwesend. „Vielleicht könnte ich auch mit Matt Sex haben.“ Ich schiebe das Shirt ganz noch oben und ziehe es ihm über den Kopf, was er mit einem verdutzen Blick quittiert. Oh Goooott… habe ich schon mal erwähnt, wie wunderschön er ist? Ich umschlinge ihn und streiche über seinen Rücken, seine Wirbelsäule entlang. „Wie du meinst,“ erwidere ich lahm. Daraufhin verdreht er die Augen und schiebt mich weg. „Du hörst mir gar nicht zu!“ Jetzt steht er da. Ohne T-Shirt und mit beleidigter Miene. Ich starre ihn an. Dann starte ich den Angriff und meine Lippen pressen sich auf seine. Ich ziehe ihn wieder zu mir und er seufzt genervt, aber letztlich bricht sein Widerstand. Er schlingt die Arme um meinen Hals. Sein ganzer Körper ist einfach nur anbetungswürdig. Anders kann ich es kaum beschreiben. Meine Hände streifen über seine Seiten und er erschaudert. Ich spüre es. „Adrian,“ murmelt er nahe meinem Ohr und ich bekomme eine Gänsehaut. „Ja, Honey?“, erwidere ich und streichle noch einmal über seine Seiten, sehe zu, wie er erzittert. Sanft küsse ich seinen Hals. „Ich finde, wir sollten das hier nicht weiter ausbauen,“ murmelt er und keucht dabei allerdings sehr verräterisch auf, was mir sagt, dass er das eigentlich gar nicht so meint, wie er es sagt. Meine Hände streifen über seinen Bauch und ich fühle, wie ich seine Muskeln anspannen. „Dyllan…“ „Ja?“ „Wenn ich dich jetzt nicht ficke, dann sterbe ich.“ Ich suche seine Lippen und verschließe sie mit meinen, spüre, wie er in den Kuss grinst. Dann löst er sich. „Aber…“ Ich lasse ihn nicht aussprechen, sondern schnappe erneut nach seinen Lippen. Meine Hände schieben sich weiter hoch, über seine Brust, nach hinten, zu seinen Schulterblättern. Ich drücke gegen diese und schiebe seinen Oberkörper so näher zu mir. Langsam lasse ich meinen Mund auf sein Schlüsselbein sinken und setzte einen einzelnen Kuss darauf. Ein Beben wandert durch seinen Körper und ich küsse grinsend noch einmal dieselbe Stelle. Er krallt sich in meine Haare. Davon angespornt, gleite ich mit meiner Zunge über sein schön geformtes Schlüsselbein und hauche ihm meinen heißen Atem gegen seine Brust. „Adrian,“ keucht er leise auf. Ich grinse und gehe dazu über, an meiner neuen Lieblingsstelle zu knabbern, was ihn erschaudern lässt. „Bitte… Adrian…“ Ich weiß, dass ich ihn wahnsinnig mache. Ich spüre es. Aber ich spüre auch, dass da noch etwas anderes ist. Er hat Angst. Und deshalb seufze ich und küsse mich wieder nach oben. Über seinen Hals, seine Wange, zu seinen weichen Lippen. Diese liebkose ich lange und innig und flüstere dann in sein Ohr: „Du quälst mich, weißt du das?“ „Tut mir Leid,“ lächelt er schach. Ich küsse ihn nochmals. „Und ich kann dir nicht mal böse sein,“ nuschle ich in den Kuss. Er lächelt und meine Knie werden dabei so weich, als wäre ich erst Vierzehn. „Ach Dyllan,“ seufze ich, „Was machst du nur mit mir?“ Eine Woche später stehe ich wild entschlossen in der Küche. „Mum. Ich muss dir was sagen.“ Ich sehe sie prüfend an, will wissen, ob sie sozusagen bereit ist, etwas sehr wichtiges von mir zu erfahren. Wenn sie nämlich in Gedanken bei etwas beruflichen ist, oder das Kunstmuseum durchstreift, hat es nur wenig Sinn. Tatsächlich sieht sie aber zu mir. Vielleicht, weil ich so ernst klinge oder weil ich ihr sonst nie etwas zu sagen habe. Sie mustert mich dann, haut sie heraus: „Du kannst die Schule nicht abbrechen. Das Thema hatten wir schon mal.“ Ich bereue diese eine Diskussion noch immer. Damals wollte ich die Schule ja nur abbrechen, weil mein Mathelehrer mir gedroht hat, mich absichtlich sitzen bleiben zu lassen, in dem er mir eine Sechs reinwürgt. Sie versteht einfach nicht, dass ich mich gemobbt gefühlt habe. „Nein, diesmal geht es um etwas wirklich Wichtiges,“ versichere ich ihr, aber sie schaut mich nur tadeln an. Da habe ich glatt vergessen, dass die Schule für sie etwas wirklich Wichtiges ist. „Was persönliches halt,“ füge ich kläglich hinzu. Sie gibt auf. „Was ist so wichtig, dass du so einen Wirbel darum machst?“, fragt sie und ich zucke mit den Schultern. „Ich hab mich verliebt.“ Silvia schaut mich an. Eine Sekunde. Zwei Sekunden. Drei Sekunden. Dann lacht sie los. Einfach so. Und ich stehe da und starre sie… nun ja… bedröppelt an. „Verliebt? Du?“, lacht sie. Reizend. Ich verziehe missbilligend den Mund. „Ich weiß nicht, was es da zu lachen gibt.“ Sie beruhigt sich langsam und sieht mich dann fast sanft an. Ich weiß nicht, was mir suspekter ist. Ihr Gelächter oder dieser Blick. „Adrian,“ meint sie dann ganz langsam und ruhig, als wäre ich geistig zurückgeblieben, oder so, „seit du mit Zwölf in die Pubertät kamst, denkst du nur an Sex. Erst mit Mädchen, dann irgendwann mit Jungs…“ Ich schnaube. Mir ist der zögerliche Tonfall schon aufgefallen. „Mit Jungs ist es ja auch besser,“ meine ich deswegen trotzig. „Das musst du mir nicht sagen. Ich ziehe Jungs auch Mädchen vor.“ Sie zwinkert mir zu und ich falle fast vom Hocker – zumindest würde ich das, wenn ich auf einem säße. Ich beschließe, darauf nicht weiter einzugehen. Die Vorstellung, wie meine Mutter Sex mit einer Frau haben könnte… widerlich. Überhaupt… die Vorstellung, dass meine Mutter überhaupt Sex haben könnte… mehr als nur widerlich. „Magst du dann mal ernst bleiben?“, zicke ich. „Das ich das mal von dir zu hören bekomme…“ Sie sieht dankbar gen Himmel und ich bereue dieses Gespräch endgültig. Zugegeben, man muss nicht viel auf mich halten. Ich bin meistens ziemlich pubertär – um nicht schwierig zu sagen. Und ich weiß es auch. Und unter uns: Ich genieße es. „Wie auch immer,“ gehe ich nicht weiter darauf ein, „Ich hab mich jedenfalls verliebt. So mit allem drum und dran. Weiche Knie, Schmetterlinge im Bauch – der ganze Scheiß halt.“ Sie mustert mich erneut, dann lächelt sie plötzlich so überdimensional strahlend, dass sie mir ernsthaft Angst macht. „Das ist doch wunderbar! Endlich wirst du mal erwachsen!“, ruft sie dann begeistert. „Ja… kann sein. Wie auch immer. Das geht jetzt schon eine ganze Weile,“ setzte ich an, aber sie unterbricht mich: „Tatäschlich?“ Kurz denkt sie nach, dann schnippt sie mit dem Finger, „Ich hab deinem Vater schon neulich gesagt, dass dein ständiges Grinsen einen Grund haben muss!“ Sagt mir nicht, meine Mutter hat einmal von ihrem mütterlichen Spürsinn Besitz ergriffen und etwas erahnt! „Ja,“ setze ich wieder an, „Und es ist alles so toll. Wir hatten noch nicht mal Sex, weil mir das nicht mehr am allerwichtigsten ist.“ Oder eher, weil er immer so grausam ist und abblockt und ich ihn das gewähren lasse, weil ich ihn so wundervoll finde. Aber das sage ich ihr nicht. Schon gar nicht, weil sie sich immer noch so dermaßen freut. „Und weil es alles so ernst ist zwischen uns, dachte ich, es ist an der Zeit, euch das auch zu sagen.“ „Das ist schön,“ nickt sie, „Und? Wer ist es?“ Und schon wird mein Mund trocken. Für den Bruchteil einer Sekunde bin ich geneigt, einen falschen Namen zu sagen oder zu behaupten, es wäre nur ein Scherz gewesen – oder gleich wegzulaufen. Vor allem, weil mir auch mit einem mal so schlecht ist. Dann aber würge ich es doch hervor: „Dyllan.“ Ich kann wirklich ernsthaft mitverfolgen, wie ihr Lächeln langsam erstirbt und sämtliche Hoffnungen, einen vernünftigen Sohn zu bekommen, zerplatzen, wie eine Seifenblase. „Dyllan,“ echot sie mit brüchiger Stimme, „Dyllan?“ „Ja, Dyllan,“ stimme ich zu. Dann wiederholt sie seinen Namen wie irgendein Mantra und ich beschließe, dass ihr sie lieber erst Mal mit dieser Nachricht in Ruhe lasse. Also sage ich: „Dann geh ich jetzt mal wieder.“ Und das schnell, ehe sie doch noch ausflippt und mich mit einem Küchenmesser attackiert, wie ich es erwartet habe. (Was unter uns gesagt irgendwie realistischer gewesen wäre, als dieses paralytische Stadium, in dem sie sich nun befindet.) Sie sieht mich an und ich mache, dass ich davon komme. „Wie hat sie reagiert?“, fragt Dyllan, kaum bin ich die Treppen nachoben gestampft. Er steht im Flur, offenbar mit der Absicht, mich sofort abzufangen. „Sie ist in einen tranceähnlichen Zustand verfallen und nicht mehr zurechnugnsfähig,“ kläre ich ihn auf. „Ist das jetzt gut oder…?“ Ich zucke mit den Schultern. „Keine Ahnung.“ Er nickt, dann sieht er mich fragend und meint: „Wo du es ihnen gesagt hast… sind wir dann jetzt eigentlich so richtig zusammen?“ Ich kann nicht anders, als ihn verwirrt anzustrahlen. Wie kommt er darauf, dass wir das bisher nicht waren? „Sind wir das nicht eh schon?“, stelle ich eine Gegenfrage, weil ich diese Frage bereits für geklärt angesehen habe. „Irgendwie… fühlt es sich erst jetzt so an,“ stammelt er und ich blinzle ungläubig. Hatte er etwa die ganze Zeit das Gefühl, wir wären gar nicht richtig zusammen? „Dummerchen,“ meine ich fassungslos und ziehe ihn an seinem Gürtel zu mir. „Natürlich sind wir das. Schon die ganze Zeit.“ „Dann gut,“ meint er und schlingt die Arme um meinen Hals. :Ich küsse ihn kurz. „Dann du bist offiziell meines jetzt.“ „Du eher meines,“ zwinkere ich ihm zu und blicke in seine hübschen Augen. Meins. Er gehört jetzt tatsächlich mir. „Hoffentlich bereuen ich das nicht,“ neckt er zurück und ich muss lachen und versichere ihm: „Ich werde dich auf Händen tragen, Schatz.“ Er blinzelt. „Wieso willst du mich tragen?“ Wahnsinnig süß, nicht? „Ich meine, ich vergöttere dich, Häschen,“ kläre ich ihn auf und packe ihn dann, hebe ihn hoch. Tragen ist immerhin gar keine so schlechte Idee. Er quiekt überrascht auf, lässt es dann aber geschehen, dass ich ihn in mein Zimmer trage. „Schau. Jetzt hab ich dich über die Schwelle getragen. Jetzt sind wir verheiratet,“ grinse ich. Ich kichert, dann wird er plötzlich ganz ernst und sieht mich an: „Dann können wir ja jetzt unsere Hochzeitsnacht haben.“ Fast lasse ich ihn fallen – vor Schreck. Vor… Begeisterung!!! Meint er das ernst? Auf meinen fragenden Blick reagiert er jedenfalls mit einem ganz ernsten und damit habe ich meine Antwort. Ich strahle und werfe ihn aufs Bett. Wenn ich gewusst hätte, wie er mich dafür belohnt, es meiner Mum zu sagen, dann hätte ich das bereits am Flughafen getan. Vorsichtig krabble ich über ihn und küsse seine weichen Lippen. Im dem Moment wird mir erst richtig klar, was jetzt passiert und ich glaube, vor Freude gleich zu explodieren. Er zieht mich näher, neigt seinen Kopf, so dass ich seinen Hals küssen kann. Am liebsten würde ich über ihn herfallen, aber ich reiße mich zusammen. Vor allem, weil mir wieder bewusst wird, dass dies sein erstes Mal ist. Ich will ja, dass es für ihn wunderschön wird. Da kann ich nicht über ihn herfallen wie ein Raubtier. Also liebkose ich seinen Hals und meine Hände schieben sich langsam unter sein Shirt. Seine Finger streifen über meinen Rücken. Ich spüre, dass er ein wenig Angst hat und unsicher ist. Aber wenn ich in seine Augen blicke, weiß ich, dass er mir vertraut. Ich ziehe ihm sein Shirt aus und ertaste dann langsam seinen hübschen Körper, beuge mich hinunter und küsse sein Schlüsselbein. Ich weiß ja noch vom letzten Mal, wie sehr ihm das gefällt. Als ich sanft an dieser Stelle sauge, stöhnt er lieblich auf. Mein Mund wandert weiter, über seine Brust, zu seinem Buchnabel. Ich platziere ein paar Küsse darauf, ehe ich weiter zu seinen Hüftknochen wandere. Daraufhin keucht er auf, was mich dazu veranlasst, probeweise darüber zu lecken. Seine Finger streifen erneut über meinen Rücken und ich grinse und fahre mit der Zunge nach oben, bis ich bei einer seiner Brustwarze ankomme und mir gestatte, diese näher zu erforschen. „Adrian,“ flüstert er leise und seine Finger halten angespannt an. Das bleibt mir natürlich nicht verborgen, aber ich weiß, dass er das nur tut, weil es alles so neu für ihn ist. Sicher ist er auch überrascht, wie sehr ihn all das erregt. Ich hoffe, dass es für ihn nicht zu viel wird und er aufhören möchte, deshalb nuschle ich leise gegen seine Haut: „Entspann dich.“ Meine Hände streichen langsam an seinen Seiten entlang, bis zu seinem Hosenbund. Vorsichtig öffne ich seinen Gürtel und ziehe ihm die Jeans aus. Irgendwas tut sich in ihm, denn plötzlich bewegen sich seine Hände wieder schwer und langsam über meinen Rücken, nach unten, bis sie mein Shirt ergreifen und mir ausziehen. Während ich noch mit diesem kämpfe, um ihn zu helfen, sind seine Finger schon an meiner Hose und öffnen sie. Ich werfe das Shirt weg und ergreife seine Hände, pinne sie auf die Matratze und halte sie dort, weil es sonst mit meiner Beherrschung vorbei ist, wenn er mich weiter berührt. Er sieht mich fragend an. „Mach langsam,“ flüstere ich nur und beginne dann wieder, seinen Körper zu huldigen. Ich halte ihn weiterhin fest, während mein Mund an seinen Shorts entlang wandert. Weiter bin ich bisher nie gekommen, aber heute werde ich es. Eine freudige Erregung durchzuckt meinen Körper, als wäre der nicht schon erregt genug. Letztlich lasse ich ihn doch los, ziehe ihm die Shorts dann herunter und habe ihn nun nackt und schutzlos unter mir. Wahnsinn… Er spannt sich an. So richtig. Wahrscheinlich kriegt er jetzt doch Panik. Fast wehmütig krabble ich wieder nach oben und küsse ihn sanft. „Du brauchst keine Angst haben. Ich tue dir nicht weh,“ versichere ich ihm. Vorsichtig streiche mit dem Daumen über seine Wange. „Ich weiß,“ murmelt er. „Ich werde nichts tun, was du nicht willst, Dyllan,“ füge ich hinzu. „Ich weiß,“ antwortet er erneut. Lächelnd küsse ich seine zitternden Lippen, bis er sich beruhigt hat. Bis er sich bereit fühlt. Fast ist es, als würde ich seine Angst wegküssen. Und als dies geschehen ist, fahre ich fort. „Sag mir, wenn ich aufhören soll,“ bitte ich ihn, aber er sagt nichts mehr. Auch nicht, als ich meine Hand in seinen Schritt lege und diesen sanft massiere. Was danach geschieht, kriege ich kaum noch mit. Irgendwann bin ich auch nackt und weite ihn. Und dann bin ich endlich in ihn und verbrenne fast. Er stöhnt auf – das Schönste, was ich je gehört habe. Seine Finger krallen sich in meine Schultern. Das ganze ist wie ein Geschenk und… Fuck! Ich glaube ich sterbe vor Glück! Vor allem, als ich ihn ansehe und kaum glauben kann, wie schön er ist. So viel schöner, als eh schon, wenn er sich mit lustverzerrtem Gesicht unter mir windet, die Wangen vor Anstrengung gerötet. Ich nehme einen ganz langsamen Rhythmus auf, an den er sich gewöhnen kann und den ich nur wenig steigere. Das kostet mich zwar meine ganze Überwindung, aber ich werde dennoch nicht schneller. Immerhin will ich ihm nicht wehtun. Sicher ist es beim ersten Mal nicht gerade angenehm. So dauert es etwas, aber letztlich kommt er zum Höhepunkt und ich mit ihm. „Dyllan,“ keuche ich letztlich leise in sein Ohr, „Dyllan… I… love you. I love you.“ Er biegt seinen Rücken durch, bllickt mich an. „I love you too,“ nuschelt er leise. Kapitel 6: Weihnachten (Oder: Das Leben ist scheiße!) ----------------------------------------------------- Ganz langsam lasse ich mich auf ihn herabsinken und weiß noch gar nicht richtig, wie mir gerade geschieht. Alles ist toll, die Welt ist rosarot mit Seifenblasen. Ich vergrabe mein Gesicht an seiner Brust, nehme seinen Duft nach Dyllan und Sex in mich auf und seufze. Kaum zu glauben, wie wahnsinnig glücklich ich gerade bin. Der Sex war einfach Wahnsinn… Wahnsinn! Dümmlich vor mich hin grinsend, hebe ich mühsam meinen Kopf und küsse ihn, streiche leicht seinen Arm. Ich weiß, es hört sich komisch an, aber er ist immer noch so unberührt, so undschuldig. Vielleicht denke ich so, weil ich der Erste war, der seinen Körper so berühren durfte. Bei dem Gedanken daran, wird mein Grinsen gleich noch breiter. Ich war der Erste – und ich hoffe, ich bleibe der Einzige. Denn für nichts auf der Welt würde ich ihn wieder hergeben! Eine ganze Weile noch liegen wir so da, dann rolle ich mich doch erschöpft von ihm. Er starrt eine ganze Zeit schweigend an die Decke, dann richtet er sich auf. Ich sehe zu ihm hoch und etwas in mir verkrampft sich. Er sieht unglücklich aus. Was, wenn es ihm nicht gefallen hat? „Alles okay?“, frage ich heißer. „Jaaah,“ macht er lahm und ich richte mich ebenfalls stirnrunzelnd auf. Was, wenn er doch noch nicht bereit war? Oh Gott… und ich habe weiter gemacht. Hab ich ihn vielleicht gar gezwungen, unter Druck gesetzt? Mir ist es gar nicht aufgefallen. Scheiße, ich bin ein furchtbarer Freund! „Dyllan,“ quieke ich mit brüchiger Stimme und schlinge die Arme um seine Schultern, presse ihn an meine Brust. „Es hat dir nicht gefallen, oder?“ „Was?“ Seine Augen werden groß. „Doch,“ beteuert er dann, „Mir schon.“ „Mir schon,“ wiederhole ich und ich nicke. Dann stutze ich. „Was?“ „Dir sicher nicht, oder?“, fragt er und ich starre ihn an. „Doch! Natürlich. Wie kommst du denn auf so was?“ Er zuckt mit den Schultern. „Ich habe doch kaum was gemacht. Sicher hältst du mich jetzt für langweilig.“ Ich schüttle den Kopf. „Oh Dyllan, du Dummerchen.“ Zärtlich hauche ich ihm einen Kuss auf die Lippen, „Es war so unglaublich toll mit dir.“ Er blickt auf die Matratze. Na toll, er glaubt mir nicht. „Dyllan. Ich leibe dich. Und ich liebe es, mit dir zu schlafen.“ Ich ziehe ihn noch dichter zu mir. „Wirklich?“, fragt er mit schwacher Stimme. „Wirklich.“ Ich grinse zweideutig, „So sehr, dass ich es am liebsten gleich wiederholen würde.“ Kurz blickt er mich ungläubig an, aber dann grinst er: „Dann tu es doch.“ „Du tust immer so unschuldig, aber das bist du Ganz und Gar nicht, Honey,“ grinse ich. Er dreht sich zu mir und drückt mich nach unten, küsst mich. Seine Hände streifen über meine Brust. Er will ich ihn aufhalten, aber dann glaube ich zu verstehen, wie wichtig das für ihn ist, und lasse ihn gewähren. Er darf alles mit mir tun. Gleich. Aber erst… Ich umschließe sein Gesicht mit meinen Händen und ziehe ihn zu mir, küsse ihn. „Oh Baby,“ flüstere ich heißer gegen seine Lippen, „Baby… Du weißt gar nicht, was du da mit mir machst!“ Die Stimmung beim Essen ist gedämpft. Silvia hat es meinem Vater natürlich schon anvertraut, dass ich ihren Tauschsohn ficke. Und nun weiß keiner, was er davon halten soll, was man auch deutlich fühlt. Alle sind sehr schweigsam, was mir reichlich auf die Nerven geht. Weil ich aber keinen Bock auf eine Diskussion habe, sage ich nichts und begnüge mich damit, Dyllan anzulächeln. Er lächelt zurück, was meiner Mutter nicht entgeht. „Also… ihr mein das Ernst?“, fragt sie. „Ja, Mum,“ stöhne ich auf. Sie sieht zu Anton. „Was können wir dagegen schon sagen?“, fragt er. Nichts! Ganz einfach. Wenn es ihnen nicht passt, können sie mich am Arsch lecken, ansonsten können sie in der Tat nichts tun. Und deswegen antworte ich auch an Silvias Stelle brummig: „Nicht viel.“ Daraufhin streifen mich mal wieder tadelnde Blicke, aber tatsächlich sagt keiner mehr etwas dagegen und ich lächle wieder Dyllan zu, der grinst. „Keine Heimlichtuerei mehr?“, will Mathias wissen, als wir am folgenden Montag Händchenhalten in die Schule spazieren. Ich muss zugeben, dass wir uns wie verknallte Teenager benehmen. Man könnte meinen, unsere Hände seien fest getackert, so sehr umkrallen wir die Hand des jeweils anderen. Ich schüttle den Kopf. „Wir sind jetzt ganz offiziell zusammen. Und das soll auch gleich jeder wissen, damit keiner auf die Idee kommt, meinen Hasen anzubaggern.“ Ich küsse eben diesen nochmal, ehe ich mich leider von ihm trennen muss. „Have a nice day, honey.“ Er winkt Mathias und mir zu, dann geht er. „Wow… Dann kann ich dich ja nur noch beglückwünschen,“ geht Matze weiter auf meine Beziehung ein, „Du hast den Fang des Jahrtausends gemacht.“ „Hast du was anderes erwartet,“ grinse ich, ehe ich wieder ernst werde – na ja… oder zumindest fast: „Wir hatten Sex.“ „Im Ernst?“ Ich nicke. „Na endlich. Wo du vor Verlangen fast gestorben bist,“ neckt er mich und ich zeige ihm den Mittelfinger. „Aber ich bin stolz auf dich – so viel Abstinenz für ihn – hätte ich dir nicht zugetraut.“ Ich ignoriere diesen kleinen Seitenhieb gewissenhaft und grinse nur glücklich vor mich hin. Das Leben ist schön! Das Leben ist scheiße! Furchtbar schrecklich, fruchtbar unfair, furchtbar scheiße! Ich umklammere Dyllan fest. Nicht uns niemand wird ihn aus meinem Klammergriff befreien können. Ich werde ihn nicht loslassen. Da muss schon wer mit einer Brechzange kommen und ihn befreien. Anders wird man uns nicht trennen! Nein, nein, nein. „Ich werde dich nicht gehen lassen,“ hauche ich bestimmt in sein Ohr und er lehnt seinen Kopf gegen meine Schulter. „Ich weiß. Ich will ja auch gar nicht gehen,“ meint er. Aber natürlich will er gehen. Immerhin sieht er dann endlich seine Familie wieder. Allerdings weiß ich, was er meint. Er will nicht ohne mich gehen. „Dyllan. Dein Flug wird aufgerufen,“ erinnert uns meine Mutter nicht gerade hilfreich. Er nickt nur. „Adrian. Lass ihn los,“ meint sie dann noch weniger hiflreich. „Nein,“ murre ich. Ich kann nicht. Ich versuche es ja, aber meine Arme bewegen sich keinen Millimeter. Wenn er jetzt geht, dann sterbe ich. „Es sind nur zwei Wochen, Adrian,“ versucht Dyllan mich zu beruhigen. Ich kralle mich noch fester in sein Shirt. „Ich weiß.“ Zwei Wochen. Zwei Jahre. Wo ist da der Unterschied? Zwei Wochen sind zu lange, eine halbe Ewigkeit. Ich kriege ja schon nach sechs Schulstunden die Krise. „Mach es mir doch nicht so schwer,“ bittet Dyllan mich und vergräbt seine Nase an meiner Schulter. Obwohl er sich zusammen zu reißen versucht, sammeln sich Tränen in seinen Augen. Scheiß Weihnachten! Warum muss er diese scheiß Weihnachten auch bei seiner scheiß Familie verbringen? Warum nicht bei mir, verdammt noch mal?! Ich weiß, dass ich mich total kindisch anstelle. Fast schon lächerlich. Okay, absolut lächerlich. Aber mein Gott… Dieser Junge bedeutet mir so viel. Ich kann ihn nicht gehen lassne. Ich kann nicht, ich kann nicht, ich kann nicht. Und ich will auch nicht. „Ich liebe dich so sehr.“ „Ich dich auch.“ „Ich vermisse dich jetzt schon.“ „Ich dich auch.“ „Adrian, er fliegt nur zwei Wochen nach Hause, er stirbt nicht,“ ruft mein Vater dazwischen. Ich ignoriere ihn. „Du weißt, ich werde dich jeden Tag mit mindesten fünf Anrufen terrorisieren?“, frage ich ihn und er grinst. „Wehe, wenn nicht.“ „Komm bloß bald zurück,“ seufze ich. „Ganz sicher.“ Er lächelt. „Wie soll ich es denn ohne dich auch aushalten?“ Ich lächle schwach und kämpfe tatsächlich gegen die Tränen an. Ich bin so schwul, das ist ja echt schon peinlich. Ganz langsam lasse ich ihn los. „Pass auf dich auf,“ bitte ich ihn. „Du klingst wie meine Mutter,“ feixt er und blinzelt die Tränen weg. „Ich weiß,“ lächle ich schwach. „Love ya honey.“ Er küsst mich. Dann verabschiedet er sich von Sylvia und Anton und dann geht er. Nach einigen Schritten hält er jedoch inne und blickt mich an. Sicher sehe ich aus, wie das Leiden in Person, denn im nächsten Moment stürmt er noch mal zurück und umarmt mich fest. „Du hast es nicht anders gewollt: Jetzt musst du bleiben,“ lächle ich. Er kichert. „Ich wollte dir nur sagen, dass ich dich auch liebe. Über alles.“ „Das weiß ich doch.“ „You are everything I need.“ Ich küsse ihn ein letztes Mal. Dann geht er und ich weiß nicht, wie ich diese zwei Wochen überstehen soll. Ich weiß es wirklich nicht. In der Zeit, in der wir auf Kevin warten, der das Weihnachtsfest natürlich mit uns verbringen will, sterbe ich innerlich tausend Tode. Meine Gedanken kreisen darum, dass ich im Sommer wieder hier stehen werde. Dann muss ich Dyllan wieder ziehen lassen. Und dann wird es für immer sein. „Die Liebe ist nicht fair, was?“, fragt mich ausgerechnet meine Mum und setzt sich neben mich, nimmt mich tatsächlich in den Arm. Und so suspekt die Situation auch ist, fühle ich mich zum ersten Mal seit langem wieder bei ihr geborgen. „Warum ist alles immer so kompliziert?“, will ich wissen. „Das Leben ist nun mal nicht leicht,“ sagt sie nur. Natürlich hat sie keine konkrete Antwort auf die Frage. Wer hat die schon? „Ich liebe ihn und werde ihn irgendwann wieder gehen lassen müssen…“ Sie knuddelt mich noch einmal so richtig dolle durch, als wäre ich erst fünf Jahre alt, dann ist sie aber schon wieder abgelenkt, weil Dad sagt: „Da kommt Kevin!“ Mit ihm kommt wenigstens ein bisschen Ablenkung auf mich zu. Ich umarme ihn halbherzig, als er bei uns ankommt, und stelle schadenfroh fest, dass er seinen ach so geliebten gebräunten Teint hat einbüßen müssen. „Gabs keine Sonnenstudios in Lodnon?“, frage ich und er killt mich wieder einmal mit einem seiner bösen Blicke. „Du weißt genau, dass ich von den Dingern nix halt. Davon kriegt man Hautkrebs. Ich leg mich lieber in die Sonne.“ Ich schnaube. „Man kriegt such von zu viel Sonne Hautkrebs,“ werfe ich ein und weiche ihm aus, als er mich boxen will. „Außerdem… Du siehst reichlich beschissen aus. Hast du etwa geheult?“ Ich antworte nicht, was ihn zu einem blöden Grinsen veranlasst. „Du Emo.“ „Alter…“, setze ich an, ihn zu beleidigen, aber so wirklich will mir das nicht gelingen. Und das ist der Moment, in dem er erkennt, dass es mir wirklich nicht gut geht und mich tatsächlich in Ruhe lässt, sich an Mum wendet. So ein Arsch er auch ist, auch Kevin erkennt, wenn es mir wirklich schlecht geht. Zumindest das muss man ihm lassen – auch wenn’s das Einzige ist… „Ich vermisse ihn.“ Ich sehe Mathias an, der laut seufzt. „Adrian. Er ist gerade mal drei Stunden weg.“ Wie es sich für einen besten Freund gehört, stand Mathias schon vor der Haustüre, als wir vom Flughafen zurückgekommen sind. Ein ungutes Gefühl – oder einfach nur seine Logik -, hat ihn dazu veranlasst, zu denken, mir könnte es schlecht gehen, weshalb er vorbeigekommen ist. „Ich weiß. Ich vermisse ihn ja auch nicht wegen der drei Stunden, sondern wegen den vielen Stunden, von denen ich weiß, dass ich sie noch ohne ihn verbringen muss.“ Zumindest ein bisschen Ehre sollte ich bewahren. Weil natürlich ist es doch wegen den drei Stunden. Aber auch wegen den folgenden. Es ist überhaupt, weil er nicht hier ist. „Es ist so süß, wie er dich in ein Weichei verwandelt hat,“ schmunzelt Mathias und ich fühle mich immer noch gut genug, ihn ein ‚Arschloch’ an den Kopf zu werfen. „Ah… Die Streitlust ist noch da. Gott sei Dank!“ Ich verziehe den Mund und will gerade zu einer Erwiderung ansetzten, als Kevin in mein Zimmer gestürmt komt. „Warum habt ihr meine Poster abgehängt?“, krakelt er herum und ich seufze auf. „Weil wir keine aufgeblasenen Titten anglotzen wollten.“ „Ich hab dir gesagt, die sollen hängen bleiben,“ zischt er. „Und Mum hat gesagt, dass das nicht in Frage kommt,“ kontere ich und ziehe damit geschickt Silvia in den Streit. Soll er doch sie nerven. Weil er nicht aus meinem Zimmer weichen will, kommt dann aber doch der Giftzwerg in mir durch und ich grinse fies und meine: „Außerdem fand Dyllan meinen Körper viel interessanter, als den der Barbiepuppen auf deinen Postern.“ Er verdaut die Information. Natürlich dauert es, bis die Bedeutung der Worte durch seine wenigen Gehirnwindungen gesickert ist, aber dann macht es ‚Klick’. „IHR HABT ES DOCH WOHL NICHT IN MEINEM BETT GETRIEBEN?!“, explodiert er. Ich muss zugeben: Das habe ich vermisst! „Stört dich das etwa?“, frage ich nur, ganz das Unschuldslamm, und er brüllt auf: „DU WIEDERLICHER…“ Dann trampelt er aus dem Zimmer und brüllt nach Silvia, um sie zu fragen, ob sie sein Bettzeug gewechselt hat. (So was kann er nämlich nicht selbst.) „Ich schlafe nicht in Adrians Wichse!“, höre ich ihn in der Küche schreien. Zufrieden grinse ich vor mich hin. „Habt ihr es echt in seinem Bett getrieben?“, fragt Matze. „Natürlich nicht,“ lache ich, „Aber das muss er ja nicht wissen.“ Ich weiß nicht, wie ich es die zwei Wochen ausgehalten habe. Aber ich weiß viel nicht. Zum Beispiel weiß ich auch nicht, wie ich es geschafft habe, nach Dyllans Anruf an Weihnachten – bei welchem er mir so liebevoll ‚Merry Christmas’ ins Ohr gehaucht hat -, nicht heulend zusammen zu brechen. Auch weiß ich nicht, wie ich – und meine Eltern – die ewigen Streits mit Kevin überlebt habe. Aber ich weiß, dass es all das wert war, für das Gefühl, dass mich jetzt überkommt, als wir den Flughafen betreten. Diese Vorfreude, dieses Wissen, dass ich Dyllan gleich im Arm halten werde… unbeschreiblich. Jämmerlich, wie ich mittlerweile bin, könnte ich vor Freude fast heulen. Aber ich reiße mich zusammen, schon alleine, um Kevin nicht wieder einen Angriffspunkt zu bieten. „Man sieht sich,“ meint eben jener und verabschiedet sich mit einer herzlosen Umarmung von mir. „Und wehe, du treibst es noch mal in meinem Bett,“ zischt er mir drohend ins Ohr, ehe er sich an Mum und Dad wendet. Ich habe dieses Missverständnis natürlich nicht aus der Welt geräumt. Soll er ruhig für immer glauben, auf meiner Wichse schlafen zu müssen. Nach der Verabschiedung, muss er dann auch los, und endlich ist er weg und Dyllan kann endlich ankommen. Was er auch tut. Oder versucht. Weil kaum das ich ihn sehe, stürme ich los und zerre ihn in meine Arme, presse ihn an mich. „Hey,“ quieke ich atemlos und genieße es, ihn endlich wieder bei mir zu haben. „Hey,“ höre ich ihn nahe meinem Ohr sagen. „Ich hab dich so vermisst,“ flüstere ich. Seine Reisetasche fällt neben uns zu Boden und er schlingt die Arme um mich. „Ich dich auch.“ Ich vergrabe meine Nase in seinem Haar und atme seinen Duft ein. „Oh Gott, Dyllan…“ Ich würde gerne so viel sagen. Wie sehr es mich freut, ihn zu sehen. Wie glücklich ich bin, dass die zwei Wochen endlich um sind. Wie sehr ich ihn liebe. Aber ich kann gar nichts sagen. Stattdessen küsse ich ihn nur. Immer und immer wieder. Bis irgendwann meine Mutter vor uns steht. „Lasst uns gehen, Jungs.“ Und so lösen wir uns schweren Herzens voneinander und gehen nach Hause. Ich kann gar nicht so schnell gucken, wie Dyllan mich aufs Bett gestoßen hat. Sein Gepäck steht noch achtlos im Flur, aber das ist uns egal. „Ich hab dich so sehr vermisst,“ flüstert er, während er mich küsst und seine Hand sich in mein Haar gräbt. Um nicht untätig zu sein, schlinge ich die Arme um seinen Rücken und ziehe ihn näher. Meine Hand fährt unter sein Shirt und ich spüre die Knochen seiner Wirbelsäule gegen meine Finger drücken, als ich mit den Fingerspitzen über diese fahre. Dyllan küsst meinen Hals und die kleine Kuhle zwischen den Schlüsselbeinen. Seine Hände sind bereits unter meinem Pulli und streichen über meine Brust. Ich keuche auf und veranlasse ihn damit, den Pulli Wegzuschieben und seine Hände mit dem Mund abzulösen. Er küsst sich hinunter bis zum Bauchnabel und öffnet auch so gleich meine Jeans, zieht sie mir samt Shorts herunter. Langsam werde ich nervös. Erst Recht, als sich seine Lippen einen Weg suchen. Über meine Leiste und tiefer. Oh Gott… Ich kann ihn nicht gewähren lassen, sonst drehe ich durch. Also packe ich seine Hüften, hebe ihn von mir und krabble über ihn. „So sehr mir das auch gefällt… das ist doch eher meine Position,“ lächle ich und küsse ihn. Er grinst den Kuss: „Das ist aber ziemlich unfair, findest du nicht, Adrian?“ Ich liebe es, wenn er mich bei meinem Namen nennt! „ist das so?“, kichere ich und platziere ein paar federleichte Küsse auf seinem Mundwinkeln. Und seiner Nase. Seinen Wangen. Seinen geschlossenen Augen. Seiner Stirn. Und wieder auf seinen wohlgeformten Lippen. Er krallt sich in meinen Pulli, der mir wieder ganz über die Brust gerutscht ist. „Du magst also oben liegen, Dyllan?“, gehe ich weiter auf unsere Unterhaltung ein, „Willst du mich nehmen?“ „Naja,“ quiekt er unter mir, nun gar nicht mehr so selbstsicher. „Damit kann ich leben, glaube ich,“ wiege ich ab. „Adrian,“ flüstert er heißer und ich lächle flüchtig. „Komm Dyllan. Ich will, dass du mich nimmst.“ Er erschaudert. „Adrian,“ quengelt er, „Hör auf damit.“ „Aber ich meine es ernst. Du kannst mit mir machen, was du nur willst.“ Ich schnappe nach seinen Lippen und knabbere spielerisch daran. Ich würde mich in der Tat nicht wehren. Ich meine es ernst. Und das sage ich ihm auch. „Das geht nicht,“ haucht er heißer, „Ich kann nicht.“ „Natürlich kannst du,“ murmle ich und befreie ihn von seinen Hosen. Ehe er etwas tun kann, lasse ich mich vorsichtig auf ihn nieder, nehme ihn auf. An und für sich ne blöde Idee. Ohne Gleitgel und ohne Weiten folgen die schmerzhaftesten Minuten, die ich je erlebt habe. Aber Dyllan stöhnt so genussvoll auf, dass mir das egal ist. „Siehst du,“ keuche ich, „Du kannst es.“ Ich beginne erst nach einer geraumen Weile, als ich mich langsam an ihn gewöhnt habe, mich zu bewegen. Und endlich kann ich auch fühlen, wie wahnsinnig toll es ist, Dyllan in mir zu haben. Als ich gerade beginne, es so richtig zu genießen, ist seine Hand an meinem Schwanz und streichelt diesen im gleichen Rhythmus, was mich zum stöhnen bringt. Seine Finger liebkosen meine Spitze, seine Hand schließt sich ganz um mich und beginnt, zu pumpen. Zu viel! Eindeutig zu viel. Ich brauche nicht mehr lange, ehe ich komme und er mit mir. Völlig entkräftet bleibt er unter mir liegen und kriegt kaum mit, wie ich mich schläfrig von ihm herunterrolle. Als ich neben ihn liege, drehe ich mich auf die Seite, sehe ihn an. Zärtlich streiche ich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. „Und? Was sagst du nun?“ Er wendet sich mir zu, schlingt die Arme um mich. Ich presse seinen nackten Körper näher und kann kaum glauben, wie unglaublich toll er sich an meinem anfühlt. „Ich denke, dass ich doch lieber bin passiver Part.“ „Tatsächlich?“, frage ich und küsse ihn, „Dabei hätte ich mich glatt dran gewöhnen können.“ Er erwidert den Kuss und reibt seinen Körper langsam an meinem. „Dann hast du Pech. Ich will nämlich, dass du mich nimmst,“ murmelt er und ich ziehe scharf die Luft ein, bei so viel Dreistigkeit. Und als ich nicht schnell genug schalte, fügt er hinzu: „Jetzt.“ „Wir haben gerade… denkst du, ich bin Sußerman?“, empöre ich mich und er grinst belustigt und flüstert mir verführerisch meinen Namen ins Ohr. „Wenn du so weiter machst, bekomme ich mit zwanzig einen Herzinfarkt,“ necke ich ihn und er lacht, während ich über ihn krabble und mich zwischen seine Beine zwänge. Und dann küsse ich ihn. Fordernd. Meine Lippen nehme seine völlig in Besitz. Ich will ihn. So sehr. Also weite ich ihn und wenig später dränge ich mich in ihn und scheiß auf den langsamen Rhythmus, sondern bewege mich schneller und härter. Er hat nichts dagegen. Seine Zunge drängt sich in meinem Mund, während ich seinen Schwanz zu pumpen beginne. Auch diesmal brauchen wir nicht wirklich lange, bis zu unserem Orgasmus. Zufrieden schleiße ich die Augen und spüre, wie Dyllan sanft über meinen Rücken streichelt. „Wenn ich jedes Mal so tollen Sex kriege, wenn ich zurück komme… dann gehe ich noch öfters weg.“ „Niemals,“ halte ich dagegen und presse ihn aufs Bett, küsse ihn, „Ich werde dich niemals wieder gehen lassen!“ Kapitel 7: Weihnachten (Oder: Das Leben ist scheiße!) [zensiert] ---------------------------------------------------------------- Ganz langsam lasse ich mich auf ihn herabsinken und weiß noch gar nicht richtig, wie mir gerade geschieht. Alles ist toll, die Welt ist rosarot mit Seifenblasen. Ich vergrabe mein Gesicht an seiner Brust, nehme seinen Duft nach Dyllan und Sex in mich auf und seufze. Kaum zu glauben, wie wahnsinnig glücklich ich gerade bin. Der Sex war einfach Wahnsinn… Wahnsinn! Dümmlich vor mich hin grinsend, hebe ich mühsam meinen Kopf und küsse ihn, streiche leicht seinen Arm. Ich weiß, es hört sich komisch an, aber er ist immer noch so unberührt, so undschuldig. Vielleicht denke ich so, weil ich der Erste war, der seinen Körper so berühren durfte. Bei dem Gedanken daran, wird mein Grinsen gleich noch breiter. Ich war der Erste – und ich hoffe, ich bleibe der Einzige. Denn für nichts auf der Welt würde ich ihn wieder hergeben! Eine ganze Weile noch liegen wir so da, dann rolle ich mich doch erschöpft von ihm. Er starrt eine ganze Zeit schweigend an die Decke, dann richtet er sich auf. Ich sehe zu ihm hoch und etwas in mir verkrampft sich. Er sieht unglücklich aus. Was, wenn es ihm nicht gefallen hat? „Alles okay?“, frage ich heißer. „Jaaah,“ macht er lahm und ich richte mich ebenfalls stirnrunzelnd auf. Was, wenn er doch noch nicht bereit war? Oh Gott… und ich habe weiter gemacht. Hab ich ihn vielleicht gar gezwungen, unter Druck gesetzt? Mir ist es gar nicht aufgefallen. Scheiße, ich bin ein furchtbarer Freund! „Dyllan,“ quieke ich mit brüchiger Stimme und schlinge die Arme um seine Schultern, presse ihn an meine Brust. „Es hat dir nicht gefallen, oder?“ „Was?“ Seine Augen werden groß. „Doch,“ beteuert er dann, „Mir schon.“ „Mir schon,“ wiederhole ich und ich nicke. Dann stutze ich. „Was?“ „Dir sicher nicht, oder?“, fragt er und ich starre ihn an. „Doch! Natürlich. Wie kommst du denn auf so was?“ Er zuckt mit den Schultern. „Ich habe doch kaum was gemacht. Sicher hältst du mich jetzt für langweilig.“ Ich schüttle den Kopf. „Oh Dyllan, du Dummerchen.“ Zärtlich hauche ich ihm einen Kuss auf die Lippen, „Es war so unglaublich toll mit dir.“ Er blickt auf die Matratze. Na toll, er glaubt mir nicht. „Dyllan. Ich leibe dich. Und ich liebe es, mit dir zu schlafen.“ Ich ziehe ihn noch dichter zu mir. „Wirklich?“, fragt er mit schwacher Stimme. „Wirklich.“ Ich grinse zweideutig, „So sehr, dass ich es am liebsten gleich wiederholen würde.“ Kurz blickt er mich ungläubig an, aber dann grinst er: „Dann tu es doch.“ „Du tust immer so unschuldig, aber das bist du Ganz und Gar nicht, Honey,“ grinse ich. Er dreht sich zu mir und drückt mich nach unten, küsst mich. Seine Hände streifen über meine Brust. Er will ich ihn aufhalten, aber dann glaube ich zu verstehen, wie wichtig das für ihn ist, und lasse ihn gewähren. Er darf alles mit mir tun. Gleich. Aber erst… Ich umschließe sein Gesicht mit meinen Händen und ziehe ihn zu mir, küsse ihn. „Oh Baby,“ flüstere ich heißer gegen seine Lippen, „Baby… Du weißt gar nicht, was du da mit mir machst!“ Die Stimmung beim Essen ist gedämpft. Silvia hat es meinem Vater natürlich schon anvertraut, dass ich ihren Tauschsohn ficke. Und nun weiß keiner, was er davon halten soll, was man auch deutlich fühlt. Alle sind sehr schweigsam, was mir reichlich auf die Nerven geht. Weil ich aber keinen Bock auf eine Diskussion habe, sage ich nichts und begnüge mich damit, Dyllan anzulächeln. Er lächelt zurück, was meiner Mutter nicht entgeht. „Also… ihr mein das Ernst?“, fragt sie. „Ja, Mum,“ stöhne ich auf. Sie sieht zu Anton. „Was können wir dagegen schon sagen?“, fragt er. Nichts! Ganz einfach. Wenn es ihnen nicht passt, können sie mich am Arsch lecken, ansonsten können sie in der Tat nichts tun. Und deswegen antworte ich auch an Silvias Stelle brummig: „Nicht viel.“ Daraufhin streifen mich mal wieder tadelnde Blicke, aber tatsächlich sagt keiner mehr etwas dagegen und ich lächle wieder Dyllan zu, der grinst. „Keine Heimlichtuerei mehr?“, will Mathias wissen, als wir am folgenden Montag Händchenhalten in die Schule spazieren. Ich muss zugeben, dass wir uns wie verknallte Teenager benehmen. Man könnte meinen, unsere Hände seien fest getackert, so sehr umkrallen wir die Hand des jeweils anderen. Ich schüttle den Kopf. „Wir sind jetzt ganz offiziell zusammen. Und das soll auch gleich jeder wissen, damit keiner auf die Idee kommt, meinen Hasen anzubaggern.“ Ich küsse eben diesen nochmal, ehe ich mich leider von ihm trennen muss. „Have a nice day, honey.“ Er winkt Mathias und mir zu, dann geht er. „Wow… Dann kann ich dich ja nur noch beglückwünschen,“ geht Matze weiter auf meine Beziehung ein, „Du hast den Fang des Jahrtausends gemacht.“ „Hast du was anderes erwartet,“ grinse ich, ehe ich wieder ernst werde – na ja… oder zumindest fast: „Wir hatten Sex.“ „Im Ernst?“ Ich nicke. „Na endlich. Wo du vor Verlangen fast gestorben bist,“ neckt er mich und ich zeige ihm den Mittelfinger. „Aber ich bin stolz auf dich – so viel Abstinenz für ihn – hätte ich dir nicht zugetraut.“ Ich ignoriere diesen kleinen Seitenhieb gewissenhaft und grinse nur glücklich vor mich hin. Das Leben ist schön! Das Leben ist scheiße! Furchtbar schrecklich, fruchtbar unfair, furchtbar scheiße! Ich umklammere Dyllan fest. Nicht uns niemand wird ihn aus meinem Klammergriff befreien können. Ich werde ihn nicht loslassen. Da muss schon wer mit einer Brechzange kommen und ihn befreien. Anders wird man uns nicht trennen! Nein, nein, nein. „Ich werde dich nicht gehen lassen,“ hauche ich bestimmt in sein Ohr und er lehnt seinen Kopf gegen meine Schulter. „Ich weiß. Ich will ja auch gar nicht gehen,“ meint er. Aber natürlich will er gehen. Immerhin sieht er dann endlich seine Familie wieder. Allerdings weiß ich, was er meint. Er will nicht ohne mich gehen. „Dyllan. Dein Flug wird aufgerufen,“ erinnert uns meine Mutter nicht gerade hilfreich. Er nickt nur. „Adrian. Lass ihn los,“ meint sie dann noch weniger hiflreich. „Nein,“ murre ich. Ich kann nicht. Ich versuche es ja, aber meine Arme bewegen sich keinen Millimeter. Wenn er jetzt geht, dann sterbe ich. „Es sind nur zwei Wochen, Adrian,“ versucht Dyllan mich zu beruhigen. Ich kralle mich noch fester in sein Shirt. „Ich weiß.“ Zwei Wochen. Zwei Jahre. Wo ist da der Unterschied? Zwei Wochen sind zu lange, eine halbe Ewigkeit. Ich kriege ja schon nach sechs Schulstunden die Krise. „Mach es mir doch nicht so schwer,“ bittet Dyllan mich und vergräbt seine Nase an meiner Schulter. Obwohl er sich zusammen zu reißen versucht, sammeln sich Tränen in seinen Augen. Scheiß Weihnachten! Warum muss er diese scheiß Weihnachten auch bei seiner scheiß Familie verbringen? Warum nicht bei mir, verdammt noch mal?! Ich weiß, dass ich mich total kindisch anstelle. Fast schon lächerlich. Okay, absolut lächerlich. Aber mein Gott… Dieser Junge bedeutet mir so viel. Ich kann ihn nicht gehen lassne. Ich kann nicht, ich kann nicht, ich kann nicht. Und ich will auch nicht. „Ich liebe dich so sehr.“ „Ich dich auch.“ „Ich vermisse dich jetzt schon.“ „Ich dich auch.“ „Adrian, er fliegt nur zwei Wochen nach Hause, er stirbt nicht,“ ruft mein Vater dazwischen. Ich ignoriere ihn. „Du weißt, ich werde dich jeden Tag mit mindesten fünf Anrufen terrorisieren?“, frage ich ihn und er grinst. „Wehe, wenn nicht.“ „Komm bloß bald zurück,“ seufze ich. „Ganz sicher.“ Er lächelt. „Wie soll ich es denn ohne dich auch aushalten?“ Ich lächle schwach und kämpfe tatsächlich gegen die Tränen an. Ich bin so schwul, das ist ja echt schon peinlich. Ganz langsam lasse ich ihn los. „Pass auf dich auf,“ bitte ich ihn. „Du klingst wie meine Mutter,“ feixt er und blinzelt die Tränen weg. „Ich weiß,“ lächle ich schwach. „Love ya honey.“ Er küsst mich. Dann verabschiedet er sich von Sylvia und Anton und dann geht er. Nach einigen Schritten hält er jedoch inne und blickt mich an. Sicher sehe ich aus, wie das Leiden in Person, denn im nächsten Moment stürmt er noch mal zurück und umarmt mich fest. „Du hast es nicht anders gewollt: Jetzt musst du bleiben,“ lächle ich. Er kichert. „Ich wollte dir nur sagen, dass ich dich auch liebe. Über alles.“ „Das weiß ich doch.“ „You are everything I need.“ Ich küsse ihn ein letztes Mal. Dann geht er und ich weiß nicht, wie ich diese zwei Wochen überstehen soll. Ich weiß es wirklich nicht. In der Zeit, in der wir auf Kevin warten, der das Weihnachtsfest natürlich mit uns verbringen will, sterbe ich innerlich tausend Tode. Meine Gedanken kreisen darum, dass ich im Sommer wieder hier stehen werde. Dann muss ich Dyllan wieder ziehen lassen. Und dann wird es für immer sein. „Die Liebe ist nicht fair, was?“, fragt mich ausgerechnet meine Mum und setzt sich neben mich, nimmt mich tatsächlich in den Arm. Und so suspekt die Situation auch ist, fühle ich mich zum ersten Mal seit langem wieder bei ihr geborgen. „Warum ist alles immer so kompliziert?“, will ich wissen. „Das Leben ist nun mal nicht leicht,“ sagt sie nur. Natürlich hat sie keine konkrete Antwort auf die Frage. Wer hat die schon? „Ich liebe ihn und werde ihn irgendwann wieder gehen lassen müssen…“ Sie knuddelt mich noch einmal so richtig dolle durch, als wäre ich erst fünf Jahre alt, dann ist sie aber schon wieder abgelenkt, weil Dad sagt: „Da kommt Kevin!“ Mit ihm kommt wenigstens ein bisschen Ablenkung auf mich zu. Ich umarme ihn halbherzig, als er bei uns ankommt, und stelle schadenfroh fest, dass er seinen ach so geliebten gebräunten Teint hat einbüßen müssen. „Gabs keine Sonnenstudios in Lodnon?“, frage ich und er killt mich wieder einmal mit einem seiner bösen Blicke. „Du weißt genau, dass ich von den Dingern nix halt. Davon kriegt man Hautkrebs. Ich leg mich lieber in die Sonne.“ Ich schnaube. „Man kriegt such von zu viel Sonne Hautkrebs,“ werfe ich ein und weiche ihm aus, als er mich boxen will. „Außerdem… Du siehst reichlich beschissen aus. Hast du etwa geheult?“ Ich antworte nicht, was ihn zu einem blöden Grinsen veranlasst. „Du Emo.“ „Alter…“, setze ich an, ihn zu beleidigen, aber so wirklich will mir das nicht gelingen. Und das ist der Moment, in dem er erkennt, dass es mir wirklich nicht gut geht und mich tatsächlich in Ruhe lässt, sich an Mum wendet. So ein Arsch er auch ist, auch Kevin erkennt, wenn es mir wirklich schlecht geht. Zumindest das muss man ihm lassen – auch wenn’s das Einzige ist… „Ich vermisse ihn.“ Ich sehe Mathias an, der laut seufzt. „Adrian. Er ist gerade mal drei Stunden weg.“ Wie es sich für einen besten Freund gehört, stand Mathias schon vor der Haustüre, als wir vom Flughafen zurückgekommen sind. Ein ungutes Gefühl – oder einfach nur seine Logik -, hat ihn dazu veranlasst, zu denken, mir könnte es schlecht gehen, weshalb er vorbeigekommen ist. „Ich weiß. Ich vermisse ihn ja auch nicht wegen der drei Stunden, sondern wegen den vielen Stunden, von denen ich weiß, dass ich sie noch ohne ihn verbringen muss.“ Zumindest ein bisschen Ehre sollte ich bewahren. Weil natürlich ist es doch wegen den drei Stunden. Aber auch wegen den folgenden. Es ist überhaupt, weil er nicht hier ist. „Es ist so süß, wie er dich in ein Weichei verwandelt hat,“ schmunzelt Mathias und ich fühle mich immer noch gut genug, ihn ein ‚Arschloch’ an den Kopf zu werfen. „Ah… Die Streitlust ist noch da. Gott sei Dank!“ Ich verziehe den Mund und will gerade zu einer Erwiderung ansetzten, als Kevin in mein Zimmer gestürmt komt. „Warum habt ihr meine Poster abgehängt?“, krakelt er herum und ich seufze auf. „Weil wir keine aufgeblasenen Titten anglotzen wollten.“ „Ich hab dir gesagt, die sollen hängen bleiben,“ zischt er. „Und Mum hat gesagt, dass das nicht in Frage kommt,“ kontere ich und ziehe damit geschickt Silvia in den Streit. Soll er doch sie nerven. Weil er nicht aus meinem Zimmer weichen will, kommt dann aber doch der Giftzwerg in mir durch und ich grinse fies und meine: „Außerdem fand Dyllan meinen Körper viel interessanter, als den der Barbiepuppen auf deinen Postern.“ Er verdaut die Information. Natürlich dauert es, bis die Bedeutung der Worte durch seine wenigen Gehirnwindungen gesickert ist, aber dann macht es ‚Klick’. „IHR HABT ES DOCH WOHL NICHT IN MEINEM BETT GETRIEBEN?!“, explodiert er. Ich muss zugeben: Das habe ich vermisst! „Stört dich das etwa?“, frage ich nur, ganz das Unschuldslamm, und er brüllt auf: „DU WIEDERLICHER…“ Dann trampelt er aus dem Zimmer und brüllt nach Silvia, um sie zu fragen, ob sie sein Bettzeug gewechselt hat. (So was kann er nämlich nicht selbst.) „Ich schlafe nicht in Adrians Wichse!“, höre ich ihn in der Küche schreien. Zufrieden grinse ich vor mich hin. „Habt ihr es echt in seinem Bett getrieben?“, fragt Matze. „Natürlich nicht,“ lache ich, „Aber das muss er ja nicht wissen.“ Ich weiß nicht, wie ich es die zwei Wochen ausgehalten habe. Aber ich weiß viel nicht. Zum Beispiel weiß ich auch nicht, wie ich es geschafft habe, nach Dyllans Anruf an Weihnachten – bei welchem er mir so liebevoll ‚Merry Christmas’ ins Ohr gehaucht hat -, nicht heulend zusammen zu brechen. Auch weiß ich nicht, wie ich – und meine Eltern – die ewigen Streits mit Kevin überlebt habe. Aber ich weiß, dass es all das wert war, für das Gefühl, dass mich jetzt überkommt, als wir den Flughafen betreten. Diese Vorfreude, dieses Wissen, dass ich Dyllan gleich im Arm halten werde… unbeschreiblich. Jämmerlich, wie ich mittlerweile bin, könnte ich vor Freude fast heulen. Aber ich reiße mich zusammen, schon alleine, um Kevin nicht wieder einen Angriffspunkt zu bieten. „Man sieht sich,“ meint eben jener und verabschiedet sich mit einer herzlosen Umarmung von mir. „Und wehe, du treibst es noch mal in meinem Bett,“ zischt er mir drohend ins Ohr, ehe er sich an Mum und Dad wendet. Ich habe dieses Missverständnis natürlich nicht aus der Welt geräumt. Soll er ruhig für immer glauben, auf meiner Wichse schlafen zu müssen. Nach der Verabschiedung, muss er dann auch los, und endlich ist er weg und Dyllan kann endlich ankommen. Was er auch tut. Oder versucht. Weil kaum das ich ihn sehe, stürme ich los und zerre ihn in meine Arme, presse ihn an mich. „Hey,“ quieke ich atemlos und genieße es, ihn endlich wieder bei mir zu haben. „Hey,“ höre ich ihn nahe meinem Ohr sagen. „Ich hab dich so vermisst,“ flüstere ich. Seine Reisetasche fällt neben uns zu Boden und er schlingt die Arme um mich. „Ich dich auch.“ Ich vergrabe meine Nase in seinem Haar und atme seinen Duft ein. „Oh Gott, Dyllan…“ Ich würde gerne so viel sagen. Wie sehr es mich freut, ihn zu sehen. Wie glücklich ich bin, dass die zwei Wochen endlich um sind. Wie sehr ich ihn liebe. Aber ich kann gar nichts sagen. Stattdessen küsse ich ihn nur. Immer und immer wieder. Bis irgendwann meine Mutter vor uns steht. „Lasst uns gehen, Jungs.“ Und so lösen wir uns schweren Herzens voneinander und gehen nach Hause. Ich kann gar nicht so schnell gucken, wie Dyllan mich aufs Bett gestoßen hat. Sein Gepäck steht noch achtlos im Flur, aber das ist uns egal. „Ich hab dich so sehr vermisst,“ flüstert er, während er mich küsst und seine Hand sich in mein Haar gräbt. Um nicht untätig zu sein, schlinge ich die Arme um seinen Rücken und ziehe ihn näher. Meine Hand fährt unter sein Shirt und ich spüre die Knochen seiner Wirbelsäule gegen meine Finger drücken, als ich mit den Fingerspitzen über diese fahre. Dyllan küsst meinen Hals und die kleine Kuhle zwischen den Schlüsselbeinen. Seine Hände sind bereits unter meinem Pulli und streichen über meine Brust. Ich keuche auf und veranlasse ihn damit, den Pulli Wegzuschieben und seine Hände mit dem Mund abzulösen. Er küsst sich hinunter bis zum Bauchnabel und öffnet auch so gleich meine Jeans, zieht sie mir samt Shorts herunter. Langsam werde ich nervös. Erst Recht, als sich seine Lippen einen Weg suchen. Über meine Leiste und tiefer. Oh Gott… Ich kann ihn nicht gewähren lassen, sonst drehe ich durch. Also packe ich seine Hüften, hebe ihn von mir und krabble über ihn. „So sehr mir das auch gefällt… das ist doch eher meine Position,“ lächle ich und küsse ihn. Er grinst den Kuss: „Das ist aber ziemlich unfair, findest du nicht, Adrian?“ Ich liebe es, wenn er mich bei meinem Namen nennt! „ist das so?“, kichere ich und platziere ein paar federleichte Küsse auf seinem Mundwinkeln. Und seiner Nase. Seinen Wangen. Seinen geschlossenen Augen. Seiner Stirn. Und wieder auf seinen wohlgeformten Lippen. Er krallt sich in meinen Pulli, der mir wieder ganz über die Brust gerutscht ist. „Du magst also oben liegen, Dyllan?“, gehe ich weiter auf unsere Unterhaltung ein, „Willst du mich nehmen?“ „Naja,“ quiekt er unter mir, nun gar nicht mehr so selbstsicher. „Damit kann ich leben, glaube ich,“ wiege ich ab. „Adrian,“ flüstert er heißer und ich lächle flüchtig. „Komm Dyllan. Ich will, dass du mich nimmst.“ Er erschaudert. „Adrian,“ quengelt er, „Hör auf damit.“ „Aber ich meine es ernst. Du kannst mit mir machen, was du nur willst.“ Ich schnappe nach seinen Lippen und knabbere spielerisch daran. Ich würde mich in der Tat nicht wehren. Ich meine es ernst. Und das sage ich ihm auch. „Das geht nicht,“ haucht er heißer, „Ich kann nicht.“ „Natürlich kannst du,“ murmle ich und befreie ihn von seinen Hosen. Ehe er etwas tun kann, lasse ich mich vorsichtig auf ihn nieder, nehme ihn auf. „Siehst du,“ keuche ich, „Du kannst es.“ Nach wenigen Sekunden ist es aber bereits zu viel. Eindeutig zu viel. Ich brauche nicht mehr lange, ehe ich komme und er mit mir. Völlig entkräftet bleibt er unter mir liegen und kriegt kaum mit, wie ich mich schläfrig von ihm herunterrolle. Als ich neben ihn liege, drehe ich mich auf die Seite, sehe ihn an. Zärtlich streiche ich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. „Und? Was sagst du nun?“ Er wendet sich mir zu, schlingt die Arme um mich. Ich presse seinen nackten Körper näher und kann kaum glauben, wie unglaublich toll er sich an meinem anfühlt. „Ich denke, dass ich doch lieber bin passiver Part.“ „Tatsächlich?“, frage ich und küsse ihn, „Dabei hätte ich mich glatt dran gewöhnen können.“ Er erwidert den Kuss und reibt seinen Körper langsam an meinem. „Dann hast du Pech. Ich will nämlich, dass du mich nimmst,“ murmelt er und ich ziehe scharf die Luft ein, bei so viel Dreistigkeit. Und als ich nicht schnell genug schalte, fügt er hinzu: „Jetzt.“ „Wir haben gerade… denkst du, ich bin Superman?“, empöre ich mich und er grinst belustigt und flüstert mir verführerisch meinen Namen ins Ohr. „Wenn du so weiter machst, bekomme ich mit zwanzig einen Herzinfarkt,“ necke ich ihn und er lacht. Zufrieden schleiße ich die Augen und spüre, wie Dyllan sanft über meinen Rücken streichelt. „Wenn ich jedes Mal so tollen Sex kriege, wenn ich zurück komme… dann gehe ich noch öfters weg.“ „Niemals,“ halte ich dagegen und presse ihn aufs Bett, küsse ihn, „Ich werde dich niemals wieder gehen lassen!“ Kapitel 8: Besuch (Oder: Erstick an deinen Erbsen!) --------------------------------------------------- Als ich am nächsten Morgen aufwache, spüre ich noch immer Dyllans Körper an mir und öffne die Augen, blicke in sein schlafendes Gesicht. Er sieht so wunderschön aus. „Wake up, pretty boy,“ flüstere ich gegen seine Lippen, ehe ich diese zu einem sanften Kuss verschließe. Nur langsam öffnet er die Augen. „What time is it?“ „I don’t know,“ flüstere ich gegen seien Lippen und umschlinge seinen zierlichen Körper, presse ihn an mich. „Ist ja auch vollkommen egal.“ Er lächelt und seine Zunge fährt über meine Lippen. Ich erschaudere. „Dyllan,“ seufze ich. Ich liebe diesen Jungen so sehr. So sehr. Als hätte er meien Gedanken gelesen, wispert er: „I love you.“ „I love you too,“ entgegen ich und rolle mich auf ihn, küsse seine Schulter. Seine tolle nackte Schulter, deren Haut sich so weich unter meinen Lippen anfühlt. Ich wandere weiter. Seinen Arm hinab, bis zu seiner Ellenbeuge. In diese platziere ich ein paar Küsse und lecke probeweise mit der Zunge darüber. Er zuckt zusammen, kann ein aufkeuchen kaum unterdrücken. Ich mache weiter, küsse mich über seine Pulsader, bis zu seiner Hand. In diese setzte ich ein paar Küsse, dann auch auf jedem seiner schlanken Finger. „Dyllan,“ flüstere ich letztlich und presse meine Lippen gegen seinen Handrücken, „ich kann gar nicht genug von dir bekommen.“ Seine Finger schließen sich um mein Kinn, heben es an und küssen mich. Und ich erwidere den Kuss und bin so glücklich, wie noch nie in meinem Leben. Wir haben April und es ist kurz vor Dyllans Geburtstag. In meiner Panik habe ich natürlich befürchtet, dass ich Dyllan eine Woche hergeben muss – aber zum Glück hat er beschlossen, hier zu feiern. Dafür zieht das Unheil in anderer Form an. Nämlich in der von Kevin. Der kommt vorbei – zusammen mit hohem Besuch: Reid! Dyllan kuschelt sich an mich, während wir die letzten Minuten genießen, ehe wir zum Flughafen müssen. Er hat Kevins Zimmer geräumt, um diesen und Reid platz zu machen. Er schläft derweil bei mir, tut er ja eh meistens. „Mir behagt es gar nicht, dass ich Kevins Fresse schon wieder sehen muss,“ murre ich und Dyllan lacht auf. „Er begleitet Reid eben.“ Ich schnaube. „Als wenn der Kevin zum Händchenhalten braucht,“ murre ich. Ich kenne Reid zwar nicht, gehe aber davon aus, dass Dyllans älterer Bruder auch alleine anreisen könnte. Letztlich hilft all das Murren nicht viel. Wir fahren zum Flughafen. Und mit wir meine ich Dyllan und mich. Meine Eltern bleiben zu Hause, also darf ich ans Steuer. Wenigstens etwas. Am Flughafen parke ich umständlich ein – eigentlich wollte ich Dyllan imponieren, aber der findet es nur sehr lustig, wie ich mich in die engste Lücke quetsche und fast einen Spiegel wegfahre, während drei Meter weiter zwei Parkplätze nebeneinander frei sind – und dann warten wir auf den Flug nach London. Als sie endlich kommen, fällt Dyllan Reid glücklich in die Arme. „Hey, Shorty,“ lächelt Reid und strubbelt ihm durchs Haar. „I missed you,“ murmelt Dyllan und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass die Beiden sich besser verstehen, als ich mich mit Kevin. I missed you... Ha! Da würde ich lieber sterben, als das zu Kevin zu sagen! Während ich das Ganze beobachtet, fühle ich mich plötzlich mies. Ich werde niemals von Dyllan verlangen können, seine Familie für mich aufzugeben und nach Deutschland zu ziehen. Er ist ja auch erst Sechzehn. Und so erwachsen sich viele mit Sechzehn fühlen… Man braucht die Familie dennoch als Stütze um sich herum. Was heißt, dass es nach diesem Jahr vorbei ist. Vorbei… „Du schaust doch schon wieder, wie ein Auto,“ begrüßt mich Kevin in dem Moment und wuchtet mir eine seiner Pranken auf den Rücken, so dass ich fast einknicke. Fast hätte ich ihn vergessen – oder eher erfolgreich verdrängt. „Hey, Kev,“ murre ich. „Was ist schon wieder kaputt, hm?“, lässt er nicht locker und ich wehre ihn ab: „Nichts.“ „Na schön. Und wo sind Mum und Dad? Wer ist denn gefahren?“ „Ich,“ brumme ich. Er schnalzt missbilligend mit der Zunge, sagt aber nichts. Im nächsten Moment werden wir von Dyllan unterbrochen, der mir Reid vorstellt. In meinem besten Englisch sage ich: „Nice to meet you.“ „Nice to meet you too,“ lächelt er und grinst mich an. „The one who has stolen Dyllans heart.“ Ich lächle schwach. Große Brüder sind ja immer so eigen. Normalerweise hassen große Brüder ja aus Prinzip den Freund der kleinen Schwester, oder des kleinen Bruders, weil dieser sie oder ihn ja verletzten könnte. (Wenn es sich nicht gerade um Kevin und mich handelt. Uns ist relativ egal, ob einer von uns von wem verletzt wird.) Jedenfalls habe ich schon Angst, Reid verprügelt mich gleich, oder so, aber das tut er nicht. Er ist einfach nett zu mir. „Hello Reid,“ strahlt meine Mutter wie ein Honigkuchenpferd und grinst Dyllans Bruder blöd an. „Hello Mrs. Bauer.“ Ach ja. Wir heißen Bauer mit Nachnamen. Nur zu Info, für alle, die sich’s jetzt nicht zusammenreimen konnten. Auch mein Dad begrüßt Reid und im Allgemeinen gesagt sind die nächsten Stunden wahnsinnig langweilig. Man redet viel und quetscht Reid aus, wie man auch Dyllan ausgequetscht hat, als er neu zu uns kam. Vor allem beim Essen geht es immer so weiter. Ich begnüge mich damit, die Brüder anzustarren, während meine Eltern reden. Reid und sein atemberaubender Bruder haben eine gewisse Ähnlichkeit. Vor allem im Gesicht. Aber Dyllan hat dunklere Haare und diese wunderschönen sturmgrauen Augen, während die von Reid Haselnussbraun sind. Außerdem trägt Reid nicht solche Klamotten wie Dyllan. Während dessen enge Klamotten seinen anbetungswürdigen Körper betonen, trägt Reid normale bis schlabberige Klamotten, genau wie Kevin. Aber mir ist das relativ egal, weil ich eh lieber Dyllan anstarre. Gerade erzählt Kevin, was es für heiße ‚Chics’ in London gibt und gibt mächtig damit an, dass er sie alle aufreißt. Als wenn ein halbwegs vernünftiges Mädchen auf so einen Vogel wie Kevin abfahren würde. „The girls in your hometown are very hot, right?“, wendet sich Kevin mit miserablen Englisch an Reid und dieser nickt. „For sure. Very sexy girls.“ Er macht eine ausschweifende Handbewegung und Anton nickt begeistert. Ich frage mich, ob er mich auch so begeistert nach den Kerlen in London gefragt hätte. Wohl eher nicht. Bei uns ist es nun mal eher so, dass Dad und Kevin ein Herz und eine Seele sind, während ich besser mit meiner Mutter klar komme. Mit Frauengeschichten geht Kevin zu Anton. Mit Männergeschichten gehe ich zu Silvia. „Und hast du eine Freundin, Reid?“, fragt meine Mutter und Kevin muss ein wenig übersetzten, weil Reid eigentlich gar kein Deutsch spricht. Er hat in der Schule auch nie Deutsch belegt, sondern Französisch. Das weiß ich von Dyllan. „The girls are too sexy… I can’t choose one of them.“ Dyllan verdreht neben mir die Augen. Offenbar ist Reid ja genauso ein Weiberheld wie Kevin. Ich muss grinsen. „Well… the boys are also very sexy. But it’s very easy to choose one,” verkünde ich Dyllan leise. “And I can tell you: There is a boy in Germany and he’s much hotter, than all the boys in London.” Ich grinse. “Don’t whipser, Dyllan! I also want to hear it!” “I just said, you are an Idiot!” “Fuck you, little brother.” „Siehst du, Mum,” wende ich mich an Silvia, „Wie ich mit Kevin umgehe ist völlig normal.“ Kevin nickt zustimmend. „Emoboy sagt die Wahrheit. Nicht ist toller, als mit seinem Bruder zu streiten.“ „Emoboy,“ echoe ich genervt und er grinst: „Bist du doch, oder?“ „Erstick an deinen Erbsen!“, zische ich. „Adrian!“, ruft dabei Anton und synchron zu ihm brüllt Sivlia empört. „Kevin!“ Amüsiert wende ich mich wieder meinem Essen zu und muss das Ganze noch ein paar Stunden ertragen. Dann erst können wir uns loslösen und in meinem Zimmer verkriechen. „Endlich habe ich dich wieder für mich,“ freue ich mich und umarme Dyllan fest. Wir gammeln uns ins Bett und ich blicke meinen Freund an. Morgen ist sein großer Tag. „Morgen wirst du Siebzehn,“ stelle ich fest und atme seinen Duft ein. „Right.“ „Freust du dich drauf?“, frage ich. Geistesabwesend beginne ich, mit einer seiner Haarsträhnen zu spielen. „Es ist ein Tag wie jeder andere,“ winkt er ab und ich lächle. „Ich liebe dich.“ „Das ist keine Antwort,“ murrt er und ich grinse. „Du hast ja auch nichts gefragt.“ „Happy Birthday,“ singe ich in Dyllans Ohr und verschlafen öffnet er die Augen, grinst aber schon. „Happy, happy, happy, happy, happy Brithday.“ Zwischen jedes Wort setzte ich einen Kuss auf seine schönen Lippen und er lächelt. „Thank you.“ „Take your present,“ fordere ich ihn auf und überreiche ihm eine Schatuelle, die er sogleich öffnet. Darin liegt eine Kette. Genauer gesagt ein schwarzes Band, an welchem ein kleiner silberner Anhänger liegt. „A firefly?“ „Right. Damit alle deine Wünsche wahr werden.“ Er lächelt. „It is so beautiful. Thank you, Adrian.” Ich drücke ihn fest an mich. „Ich muss dir danken,“ murmle ich in einen weiteren Kuss. „Wofür?“ „Dafür, dass es dich gibt.“ „HAPPY BIRTHDAY LITTLE BROTHER!“, platzt im nächsten Moment Reid in den Raum und ich habe gerade noch die Chance, mich in Sicherheit zu bringen, da stürzt er sich auch schon auf seinen kleinen Bruder und knuddelt ihn durch. „Here is the new novel, you wanted,” überreicht er Dyllan dann sein Geschenk. Ein Buch. Der erste Englische Roman seit langem, den Dyllan wieder lesen kann. In letzter Zeit hat er sich nur durch deutsche Exemplare gekämpft. „Gib ihm unseres,“ verlangt Kevin, der irgendwie plötzlich auch im Raum steht und Dyllan gratuliert. Und so wird meinem Hasen ein Geschenk überreicht, mit den Worten: „We thought, you will need it.“ Mit gequältem Gesichtsausdruck nimmt Dyllan dann die Packung Kondome an sich, die Kevin ihm hinhält und zischt Reid ein paar Beleidigungen zu. Ich jedoch grinse vor mich hin. „Ich denke, die können wir wirklich gebrauchen,“ merke ich an und bekomme Dyllans Ellenbogen in die Seite. „You are so cute, when you are angry,“ lache ich auf. “Good bye, Reid,” meine ich und klopfe ihm kumpelhaft auf den Rücken. Der Tag der Abreise ist gekommen. Zum Glück, denn so tanzt Kevin endlich wieder ab. „Good bye, Adrian,“ verabschiedet sich Reid auch von mir und dann auch von meinen Eltern. „Tschüss, Bruderherz,“ winkt Kevin mir zu und ich hebe die Brauen. Bruderherz?! „Hau endlich ab,“ murre ich deshalb nur, woraufhin Kevin grinst und Dyllan an sich presst. „Ärger ihn ein wenig für mich, ja?“ „Maybe,“ grinst Dyllan. Dann lässt er sich in Reids Arme fallen und bittet ihn zum hundertstens Mal, ihre Eltern zu grüßen. Reid nickt und presst ihn an sich. Sein Blick streift mich. „Take care of him.“ “Werde ich.” Er nickt. Dann gehen sie endlich und ich habe Dyllan wieder für mich. Unser letzter gemeinsamer Monat ist angebrochen und genau so fühlt sich die Stimmung auch an. Immer, wenn ich daran denke, dass Dyllan bald zurück nach London muss, könnte ich losheulen. Um die letzten Tage noch zu genießen, unternehmen wir viel gemeinsam und hängen überhaupt fast nur aufeinander. So auch jetzt, wo wir auf meinem Bett liegen, die Finger verschränkt, und gemeinsam an der Hitze verrecken, die dank des aufkommenden Sommers herrscht. Irgendwann richtet sich Dyllan auf und lässt sich auf mich sinken, umschlingt meinen Körper und presst den seinen dagegen. „You make me feel so crazy,“ nuschelt er. Ich lächle und kraule sein Haar. „Honey…“ Er hebt den Kuss und küsst mich. Lange, innig, zärtlich. Genug, um mich zu animieren, meine Hand auf Wanderschaft gehen zu lassen. Hauchzart streiche ich über seinen Rücken, bis zu der Munde zwischen seinem Rücken und seinem Po. Natürlich kann ich der Versuchung nicht widerstehen und kralle mich in seinen festen kleinen Po. Dyllan hingegen hat begonnen, meinen Hals zu küssen und schiebt nun mein Shirt hoch, küsst meine Brust und arbeitet sich nach unten, bis zu meinen Jeans. Statt diese auszuziehen, küsst er mich durch den Stoff hindurch, was aber schon ausreicht, aufzustöhnen. „Dirty boy,“ flüstere ich heißer. Letztes Mal habe ich ihn daran gehindert, weiter zu machen. Diesmal aber lasse ich ihn tun, was er will. Und so öffnet er meinen Gürtel und meine Jeans, streift diese von mir und die Shorts gleich mit dazu. Ich keuche auf. „Dyllan.“ Er macht unbeirrt weiter und im nächsten Moment streifen seine Lippen meinen Schwanz und meine Hoden. Als er darüber leckt, stöhne ich auf und er macht weiter. Sein Mund wandert über meinen harten Schaft, bis vor zur Spitze, die er flüchtig küsst. Ich zucke zusammen. „Honey…“ Mittlerweile klinge ich wirklich bettelnd, ja gar flehend. Aber er kostet das nur zufrieden aus. Vorsichtig saugt er an meiner Spitze und seine Zunge schiebt sich dagegen, streicht darüber. Ich hebe die Hüften ein Stück an. „Oh no. You have to wait!“ Und so drückt er mein Becken wieder gegen die Matratze und macht langsam weiter. Seine Zunge leckt an meinem Schwanz auf und ab und an einigen Stellen hält er kurz inne, saugt daran. Und dann endlich nimmt er mich in den Mund – wenn auch nur ein kleines Stück. Unruhig rutsche ich hin und her. „Dyllan… Honey… bitte…“ Er hält kurz inne, scheint zu überlegen. Dann aber nimmt er mich endlich tiefer in den Mund und seine Zunge tut ihr Übriges. Das erste Mal ganz in Dyllans Mund, kann ich nicht lange an mich halten und komme fast augenblicklich mit einem leisen Schrei. Dyllan löst sich, krabbelt zu mir nach oben und ich küsse ihn. „Was mache ich nur ohne dich?“, frage ich und er zuckt mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung.“ Ich muss lachen, küsse seinen Mund, seinen Hals, einfach alles von ihm. „Ich bin vollkommen verrückt nach dir, Dyllan,“ murmele ich. „I don’t want to go!” Dyllan umarmt mich fes. Ich kann nicht atmen. Ich kann nicht denken. Ich kann gar nichts. Ich weiß nur, dass ich ganz jämmerliche heule und Dyllan an mich presse und nichts zu sagen weiß. Er geht. Nach London. Und ob wir uns überhaupt jemals wieder sehen, ist fraglich. Unsere Familien haben Beide nicht das Geld, dass wir uns ständig ‚Ausflüge’ in ein anderes Land leisten können. „Ich liebe dich so sehr.“ „Ich dich auch, Adrian.“ Er krallt sich in mein Shirt und reckt den Hals, um mich zu küssen. „I have to go.“ Sie rufen seinen Flug durch. Schon das zweite Mal. „Okay,“ stimme ich zu, lasse ihn aber nicht los. „Good bye, my love,“ flüstert er und küsst mich noch einmal. „See you,“ würge ich hervor. Meine Arme lösen sich von ihm und er verabschiedet sich auch von meinen Eltern. „I love you,“ wispert er dann noch einmal in meine Richtung. „Love you too,“ murmle ich. Und dann geht er und ich möchte sterben. Mein Kopf ist leer. Ich bekomme gar nichts mehr mit. Ich weiß nicht mal, ob wir Kevin am Flughafen mitgenommen haben oder ob wir nach Hause gegangen sind und ihn dort vergessen haben. Ich weiß auch gar nicht, wie wir überhaupt nach Hause gekommen sind. Oder wie ich in den Park gekommen bin, in dem ich jetzt sitze. Mir fällt ja gerade jetzt erst auf, dass ich auf der Bank sitze, auf der ich Dyllan das erste Mal geküsst habe. Ich blicke gen Himmel und sehe die Glühwürmchen, die wir auch an jenem Tag gesehen haben. Sie schwirren um mich herum, als wäre ich ein Busch oder Baum. Meine Mum sagen, das sie sind wie kleine Sternschnuppen. Wenn sie vorbeifliegen, du darfst dir wünschen etwas! Dyllans Worte hallen in meinem Kopf wieder und ich lächle zynisch. Damals habe ich mir gewünscht, Dyllan wäre mein und es hat funktioniert. Aber zu welchem Preis? Jetzt sitze ich hier und vermisse ihn. So sehr, dass es sich anfühlt, als hätte er einen Teil von mir mit sich nach London genommen. Das hat er auch. Er hat mein Herz mit sich genommen. Ich seufze auf. „Also schön, ihr blöden Glühwürmchen,“ denke ich, „dann legt euch mal ins Zeug! Ich wünsche mir, dass Dyllan wieder bei mir ist.“ Und das wünsche ich mir wirklich. Aber so ist es nun mal mit Wünschen: Manchmal werden sie wahr. Manchmal eben auch nicht. Und so macht es jetzt nicht ‚plopp’ und Dyllan sitzt wieder neben mir. Aber was habe ich auch erwartet? Deprimiert mache ich mich auf den Weg nach Hause. „Beweg deinen Arsch ein Stück weg, sonst habe ich keinen Platz!“, mault Matze und schiebt mich einfach weg. Ich sitze auf seiner Couch. „Wo ist dein Respekt vor mir geblieben?“, murre ich. „Sieh dich an. Du bist ein liebeskranker Jammerlappen. Du kannst nicht erwarten, dass ich vor der Respekt habe.“ Er lacht auf, aber ich kann nicht wirklich mitlachen. „Du weißt ja gar nicht, wie es ist… so ohne ihn,“ verteidige ich mich. „Trotzdem könntest du dich wenigstens ein bisschen freuen,“ verlangt er und ich verziehe den Mund. „Warum sollte ich mich denn freuen?“ „Weil du morgen Geburtstag hast vielleicht,“ erinnert er mich belustigt. „Drauf geschissen,“ erwidere ich. Denn wenn ich ehrlich bin, freue ich mich darauf nicht besonders. Eigentlich freue ich mich momentan auf gar nichts. Ich hab mich nicht auf die Ferien gefreut, weil Dyllan in diesen Abreisen musste. Ich habe mich nicht auf den Schulanfang gefreut, weil Schule nur schön war, als Dyllan noch hier war. Und ich freue mich jetzt nicht auf meinen scheiß Geburtstag, weil Dyllan nicht da ist. Letztes Jahr ist er untergegangen und ich hoffe, dass er es auch dieses Jahr tut. Auf Feiern habe ich nämlich gar keine Lust. „Hier ist jedenfalls dein Geschenk,“ meint Mathias völlig aus dem Zusammenhang gegriffen und überreicht mir ein kleines Päckchen. „Machs aber erst Morgen auf!“ Ich nehme es an mich und bedanke mich. Dann schauen wir eine DVD und als ich nach Hause gehe, umarmt mich Matze zum Abschied. Was er nie tut. Offenbar sehe ich noch beschissener aus, als die ganze letzte Zeit, dass er so was tut. Ich wache auf, als ich kurz nach Mitternacht eine SMS bekomme. Von Dyllan und Reid. Einen kurzen Moment bin ich glücklich. Dann hängt die Tatsache, dass er nicht hier ist wieder schwer auf mir. Es sind nun schon drei Wochen. Drei Wochen ohne Dyllan. Seufzend lege ich mich auf die Seite und kann eh nicht mehr schlafen. Also öffne ich Mathias Geschenk und finde ein Lederband mit Sternen darin vor. Das gleiche trägt er schon seit Jahren, nur mit Ornamenten, nicht mit Sternen. Auf die Innenseite ist ‚Best friends’ eingebrannt und ich muss grinsen. Ein wenig verwirrt bin ich aber. So ein kitschiges Geschenk passt gar nicht zu Matze. Meistens schenkt er mir ne CD. Ich blicke auf das kleine Kärtchen, dass dabei lag und lese, was er in seiner krakeligen Schrift darauf gerkitzelt hat: Damit du immer an mich denkst! Ich runzle die Stirn. Was geht denn bei dem ab? Ich zucke mit den Schultern und beschließe, mir morgen Gedanken darüber zu machen. Dann schlafe ich wieder ein, allerdings nicht für lange. Denn um Fünf steht urplötzlich meine Mutter im Zimmer. „Alles Gute zum Geburtstag, Adrian!“ Ich starre sie an, dann auf meine Uhr. Und dann beschließe ich, mich nicht zu bedanken, sondern sie anzufauchen: „ES IST FÜNF UHR!“ „Schon ziemlich spät, ich weiß,“ meint sie und ich klappe den Mund auf und zu. Was zur Hölle… Ich schaue noch einmal auf mein Handy, weil ich schon Angst habe, dass es nicht fünf Uhr morgens ist, sondern fünf Uhr abends. Aber das ist es nicht. Es ist fünf Uhr morgens. Und ich habe eine SMS von Matze verpasst. „Alles Gute, mein Sohn,“ tappt dann auch noch Anton ins Zimmer und überreicht mir einen Umschlag, der mein Geschenk darstellen soll. Ich sehe diesen an. Das sind dann also wieder die typsichen 200 Euro, die ich jedes Jahr bekomme. Die lassen sich auch nie was Einfallsreicheres einfallen! „Mach ihn auf,“ drängt mein Vater mich und ich öffne ihn und runzle die Stirn. Doch kein Geld? „Was ist das?“, frage ich und meine Mutter meint nur ebenfalls: „Mach ihn auf!“ Ehe ich das allerdings tun kann, platzt Kevin in den Raum. „ALLES GUTE ZUM GEBURTSTAG, LIEBLINGSBRUDER!“ Er stellt mir einen Kaffee auf das Nachttischchen und ich falle in Ohmacht. Na gut, ich falle fast in Ohnmacht. Jetzt ist es zu spät. Er ist verrückt gewordne. Er. Ist. Verrückt. Geworden. Meine Eltern strahlen mich nur weiter an. Großer Gott, sie müssen etwas tun. Sie müssen einen Krankenwagen rufen. Kevin braucht medizinische Hilfe. Ganz dringend. Er hat mir einen Kaffee ans Bett gebracht! Das hat er noch nie. Er bringt sich ja nicht mal selbst einen Kaffee ans Bett. Er weiß doch gar nicht, wie man überhaupt Kaffee kocht. Weil alle so tun, als wäre Kevin geistig doch noch gesund, widme ich mich dann letztlich aber doch wieder den Umschlag zu. Ist ja nicht meine Zurechnungsfähigkeit, die da gerade flöten geht. Als ich ihn endlich offen habe, halte ich einen Brief in Händen. Auf Englisch. Was so früh am morgen wirklich eine Zumutung ist! Jedenfalls ist er von einer Schule aus England, so viel kriege ich schon mal mit. Zu müde zum lesen, frage ich erneut: „Was ist das?“ „Die Aufnahmebestätigung. Wir sind zwar zu spät dran, aber aufgrund deiner Noten nehmen sie dich noch nachträglich auf,“ klärt mich Sivlia auf. Ich nicke. Aha. „Das heißt, du darfst dein letztes Jahr in England beenden.“ „Aha.“ Ich verarbeite die Information. In England… In England. In England! Ich blicke auf den Brief. In London! „IN LONDON!“ Ich springe aus dem Bett, um irgendjemanden zu umarmen, bekomme aber einen weiteren Umschlag in die Hand gedrückt. Als ich ihn öffne, halte ich ein Ticket nach London in der Hand. „Oh mein Gott.“ Dann wird mir bewusst, dass ich noch träumen muss. Was auch den Kaffee erklärt, den Kevin mir da ans Bett gebracht hat. Tatsächlich träume ich nicht. Was mir spätestens klar wird, als ich an meinen Nachttisch stoße und den heißen Kaffee übers Bein bekomme. Kevin verdreht die Augen. „Pack deine Sachen. Dein Flug geht in drei Stunden.“ Und ausnahmsweise tue ich mal, was er mir sagt und packe in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit meine Habseligkeiten. „Nimm nur das nötigste mit. Den Rest schicken wir dir zu,“ fordert Silvia mich auf und ich nicke. Und wenig später hocken wir bereits im Auto, auf dem Weg zum Flughafen. „Pass auf dich auf, Schatz,“ bittet mich meine Mum, wie sie zuvor immer Kevin gebeten hat, als mein Flug aufgerufen wird. Sie umarmt mich fest. „Mach uns keine Schande, Junge,“ fügt Dad hinzu. Als wenn ich irgendwem jemals Schande gemacht hätte… Selbst Kevin umarmt mich. Langsam macht er mir Angst. „Viele Grüße an alle.“ Ich nicke und winke ihnen allen zu. Dann mache ich, dass ich loskomme. Endlich ins Flugzeug. Endlich nach London. Kapitel 9: Besuch (Oder: Erstick an deinen Erbsen!) [zensiert] -------------------------------------------------------------- Als ich am nächsten Morgen aufwache, spüre ich noch immer Dyllans Körper an mir und öffne die Augen, blicke in sein schlafendes Gesicht. Er sieht so wunderschön aus. „Wake up, pretty boy,“ flüstere ich gegen seine Lippen, ehe ich diese zu einem sanften Kuss verschließe. Nur langsam öffnet er die Augen. „What time is it?“ „I don’t know,“ flüstere ich gegen seien Lippen und umschlinge seinen zierlichen Körper, presse ihn an mich. „Ist ja auch vollkommen egal.“ Er lächelt und seine Zunge fährt über meine Lippen. Ich erschaudere. „Dyllan,“ seufze ich. Ich liebe diesen Jungen so sehr. So sehr. Als hätte er meien Gedanken gelesen, wispert er: „I love you.“ „I love you too,“ entgegen ich und rolle mich auf ihn, küsse seine Schulter. Seine tolle nackte Schulter, deren Haut sich so weit unter meinen Lippen anfühlt. Ich wandere weiter. Seinen Arm hinab, bis zu seiner Ellenbeuge. In diese platziere ich ein paar Küsse und lecke probeweise mit der Zunge darüber. Er zuckt zusammen, kann ein aufkeuchen kaum unterdrücken. Ich mache weiter, küsse mich über seine Pulsader, bis zu seiner Hand. In diese setzte ich ein paar Küsse, dann auch auf jedem seiner schlanken Finger. „Dyllan,“ flüstere ich letztlich und presse meine Lippen gegen seinen Handrücken, „ich kann gar nicht genug von dir bekommen.“ Seine Finger schließen sich um mein Kinn, heben es an und küssen mich. Und ich erwidere den Kuss und bin so glücklich, wie noch nie in meinem Leben. Wir haben April und es ist kurz vor Dyllans Geburtstag. In meiner Panik habe ich natürlich befürchtet, dass ich Dyllan eine Woche hergeben muss – aber zum Glück hat er beschlossen, hier zu feiern. Dafür zieht das Unheil in anderer Form an. Nämlich in der von Kevin. Der kommt vorbei – zusammen mit hohem Besuch: Reid! Dyllan kuschelt sich an mich, während wir die letzten Minuten genießen, ehe wir zum Flughafen müssen. Er hat Kevins Zimmer geräumt, um diesen und Reid platz zu machen. Er schläft derweil bei mir, tut er ja eh meistens. „Mir behagt es gar nicht, dass ich Kevins Fresse schon wieder sehen muss,“ murre ich und Dyllan lacht auf. „Er begleitet Reid eben.“ Ich schnaube. „Als wenn der Kevin zum Händchenhalten braucht,“ murre ich. Ich kenne Reid zwar nicht, gehe aber davon aus, dass Dyllans älterer Bruder auch alleine anreisen könnte. Letztlich hilft all das Murren nicht viel. Wir fahren zum Flughafen. Und mit wir meine ich Dyllan und mich. Meine Eltern bleiben zu Hause, also darf ich ans Steuer. Wenigstens etwas. Am Flughafen parke ich umständlich ein – eigentlich wollte ich Dyllan imponieren, aber der findet es nur sehr lustig, wie ich mich in die engste Lücke quetsche und fast einen Spiegel wegfahre, während drei Meter weiter zwei Parkplätze nebeneinander frei sind – und dann warten wir auf den Flug nach London. Als sie endlich kommen, fällt Dyllan Reid glücklich in die Arme. „Hey, Shorty,“ lächelt Reid und strubbelt ihm durchs Haar. „I missed you,“ murmelt Dyllan und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass die Beiden sich besser verstehen, als ich mich mit Kevin. I missed you... Ha! Da würde ich lieber sterben, als das zu Kevin zu sagen! Während ich das Ganze beobachtet, fühle ich mich plötzlich mies. Ich werde niemals von Dyllan verlangen können, seine Familie für mich aufzugeben und nach Deutschland zu ziehen. Er ist ja auch erst Sechzehn. Und so erwachsen sich viele mit Sechzehn fühlen… Man braucht die Familie dennoch als Stütze um sich herum. Was heißt, dass es nach diesem Jahr vorbei ist. Vorbei… „Du schaust doch schon wieder, wie ein Auto,“ begrüßt mich Kevin in dem Moment und wuchtet mir eine seiner Pranken auf den Rücken, so dass ich fast einknicke. Fast hätte ich ihn vergessen – oder eher erfolgreich verdrängt. „Hey, Kev,“ murre ich. „Was ist schon wieder kaputt, hm?“, lässt er nicht locker und ich wehre ihn ab: „Nichts.“ „Na schön. Und wo sind Mum und Dad? Wer ist denn gefahren?“ „Ich,“ brumme ich. Er schnalzt missbilligend mit der Zunge, sagt aber nichts. Im nächsten Moment werden wir von Dyllan unterbrochen, der mir Reid vorstellt. In meinem besten Englisch sage ich: „Nice to meet you.“ „Nice to meet you too,“ lächelt er und grinst mich an. „The one who has stolen Dyllans heart.“ Ich lächle schwach. Große Brüder sind ja immer so eigen. Normalerweise hassen große Brüder ja aus Prinzip den Freund der kleinen Schwester, oder des kleinen Bruders, weil dieser sie oder ihn ja verletzten könnte. (Wenn es sich nicht gerade um Kevin und mich handelt. Und ist relativ egal, ob einer von uns von wem verletzt wird.) Jedenfalls habe ich schon Angst, Reid verprügelt mich gleich, oder so, aber das tut er nicht. Er ist einfach nett zu mir. „Hello Reid,“ strahlt meine Mutter wie ein Honigkuchenpferd und grinst Dyllans Bruder blöd an. „Hello Mrs. Bauer.“ Ach ja. Wir heißen Bauer mit Nachnamen. Nur zu Info, für alle, die sich’s jetzt nicht zusammenreimen konnten. Auch mein Dad begrüßt Reid und im Allgemeinen gesagt sind die nächsten Stunden wahnsinnig langweilig. Man redet viel und quetscht Reid aus, wie man auch Dyllan ausgequetscht hat, als er neu zu uns kam. Vor allem beim Essen geht es immer so weiter. Ich begnüge mich damit, die Brüder anzustarren, während meine Eltern reden. Reid und sein atemberaubender Bruder haben eine gewisse Ähnlichkeit. Vor allem im Gesicht. Aber Dyllan hat dunklere Haare und diese wunderschönen sturmgrauen Augen, während die von Reid Haselnussbraun sind. Außerdem trägt Reid nicht solche Klamotten wie Dyllan. Während dessen enge Klamotten seinen anbetungswürdigen Körper betonen, trägt Reid normale bis schlabberige Klamotten, genau wie Kevin. Aber mir ist das relativ egal, weil ich eh lieber Dyllan anstarre. Gerade erzählt Kevin, was es für heiße ‚Chics’ in London gibt und gibt mächtig damit an, dass er sie alle aufreißt. Als wenn ein halbwegs vernünftiges Mädchen auf so einen Vogel wie Kevin abfahren würde. „The girls in your hometown are very hot, right?“, wendet sich Kevin mit miserablen Englisch an Reid und dieser nickt. „For sure. Very sexy girls.“ Er macht eine ausschweifende Handbewegung und Anton nickt begeistert. Ich frage mich, ob er mich auch so begeistert nach den Kerlen in London gefragt hätte. Wohl eher nicht. Bei uns ist es nun mal eher so, dass Dad und Kevin ein Herz und eine Seele sind, während ich besser mit meiner Mutter klar komme. Mit Frauengeschichten geht Kevin zu Anton. Mit Männergeschichten gehe ich zu Silvia. „Und hast du eine Freundin, Reid?“, fragt meine Mutter und Kevin muss ein wenig übersetzten, weil Reid eigentlich gar kein Deutsch spricht. Er hat in der Schule auch nie Deutsch belegt, sondern Französisch. Das weiß ich von Dyllan. „The girls are to sexy… I can’t choose one of them.“ Dyllan verdreht neben mir die Augen. Offenbar ist Reid ja genauso ein Weiberheld wie Kevin. Ich muss grinsen. „Well… the boys are also very sexy. But it’s very easy to choose one,” verkünde ich Dyllan leise. “And I can tell you: There is a boy in Germany and he’s much hotter, than all the boys in London.” Ich grinse. “Don’t whipser, Dyllan! I also want to hear it!” “I just said, you are an Idiot!” “Fuck you, little brother.” „Siehst du, Mum,” wende ich mich an Silvia, „Wie ich mit Kevin umgehe ist völlig normal.“ Kevin nickt zustimmend. „Emoboy sagt die Wahrheit. Nicht ist toller, als mit seinem Bruder zu streiten.“ „Emoboy,“ echoe ich genervt und er grinst: „Bist du doch, oder?“ „Erstick an deinen Erbsen!“, zische ich. „Adrian!“, ruft dabei Anton und synchron zu ihm brüllt Sivlia empört. „Kevin!“ Amüsiert wende ich mich wieder meinem Essen zu und muss das Ganze noch ein paar Stunden ertragen. Dann erst können wir uns loslösen und in meinem Zimmer verkriechen. „Endlich habe ich dich wieder für mich,“ freue ich mich und umarme Dyllan fest. Wir gammeln uns ins Bett und ich blicke meinen Freund an. Morgen ist sein großer Tag. „Morgen wirst du Siebzehn,“ stelle ich fest und atme seinen Duft ein. „Right.“ „Freust du dich drauf?“, frage ich. Geistesabwesend beginne ich, mit einer seiner Haarsträhnen zu spielen. „Es ist ein Tag wie jeder andere,“ winkt er ab und ich lächle. „Ich liebe dich.“ „Das ist keine Antwort,“ murrt er und ich grinse. „Du hast ja auch nichts gefragt.“ „Happy Birthday,“ singe ich in Dyllans Ohr und verschlafen öffnet er die Augen, grinst aber schon. „Happy, happy, happy, happy, happy Brithday.“ Zwischen jedes Wort setzte ich einen Kuss auf seine schönen Lippen und er lächelt. „Thank you.“ „Take your present,“ fordere ich ihn auf und überreiche ihm eine Schatuelle, die er sogleich öffnet. Darin liegt eine Kette. Genauer gesagt ein schwarzes Band, an welchem ein kleiner silberner Anhänger liegt. „A firefly?“ „Right. Damit alle deine wünsche wahr werden.“ Er lächelt. „It is so beautiful. Thank you, Adrian.” Ich drücke ihn fest an mich. „Ich muss dir danken,“ murmle ich in einen weiteren Kuss. „Wofür?“ „Dafür, dass es dich gibt.“ „HAPPY BIRTHDAY LITTLE BROTHER!“, platzt im nächsten Moment Reid in den Raum und ich habe gerade noch die Chance, mich in Sicherheit zu bringen, da stürzt er sich auch schon auf seinen kleinen Bruder und knuddelt ihn durch. „Her eis the new novel, you wanted,” überreicht er Dyllan dann sein Geschenk. Ein Buch. Der erste Englische Roman seit langem, den Dyllan wieder lesen kann. In letzter Zeit hat er sich nur durch deutsche Exemplare gekämpft. „Gib ihm unseres,“ verlangt Kevin, der irgendwie plötzlich auch im Raum steht und Dyllan gratuliert. Und so wird meinem Hasen ein Geschenk überreicht, mit den Worten: „We thought, you will need it.“ Mit gequältem Gesichtsausdruck nimmt Dyllan dann die Packung Kondome an sich, die Kevin ihm hinhält und zischt Reid ein paar Beleidigungen zu. Ich jedoch grinse vorm ich hin. „Ich denke, die können wir wirklich gebrauchen,“ merke ich an und bekomme Dyllans Ellenbogen in die Seite. „You are so cute, when you are angry,“ lache ich auf. “Good bye, Reid,” meine ich und klopfe ihm kumpelhaft auf den Rücken. Der Tag der Abreise ist gekommen. Zum Glück, denn so tanzt Kevin endlich wieder ab. „Good bye, Adrian,“ verabschiedet sich Reid auch von mir und dann auch von meinen Eltern. „Tschüss, Bruderherz,“ winkt Kevin mir zu und ich hebe die Brauen. Bruderherz?! „Hau endlich ab,“ murre ich deshalb nur, woraufhin Kevin grinst und Dyllan an sich presst. „Ärger ihn ein wenig für mich, ja?“ „Maybe,“ grinst Dyllan. Dann lässt er sich in Reids Arme fallen und bittet ihn zum hundertstens Mal, ihre Eltern zu grüßen. Reid nickt und presst ihn an sich. Sein Blick streift mich. „Take care of him.“ “Werde ich.” Er nickt. Dann gehen sie endlich und ich habe Dyllan wieder für mich. Unser letzter gemeinsamer Monat ist angebrochen und genau so fühlt sich die Stimmung auch an. Immer, wenn ich daran denke, dass Dyllan bald zurück nach London muss, könnte ich losheulen. Um die letzten Tage noch zu genießen, unternehmen wir viel gemeinsam und hängen überhaupt fast nur aufeinander. So auch jetzt, wo wir auf meinem Bett liegen, die Finger verschränkt, und gemeinsam an der Hitze verrecken, die dank des aufkommenden Sommers herrscht. Irgendwann richtet sich Dyllan auf und lässt sich auf mich sinken, umschlingt meinen Körper und presst den seinen dagegen. „You make me feel so crazy,“ nuschelt er. Ich lächle und kraule sein Haar. „Honey…“ Er hebt den Kuss und küsst mich. Lange, innig, zärtlich. Genug, um mich zu animieren, meine Hand auf Wanderschaft gehen zu lassen. Hauchzart streiche ich über seinen Rücken, bis zu der Munde zwischen seinem Rücken und seinem Po. Natürlich kann ich der Versuchung nicht widerstehen und kralle mich in seinen festen kleinen Po. Dyllan hingegen hat begonnen, meinen Hals zu küssen und schiebt nun mein Shirt hoch, küsst meine Brust und arbeitet sich nach unten, bis zu meinen Jeans. Statt diese auszuziehen, küsst er mich durch den Stoff hindurch, was aber schon ausreicht, aufzustöhnen. „Dirty boy,“ flüstere ich heißer. Letztes Mal habe ich ihn daran gehindert, weiter zu machen. Diesmal aber lasse ich ihn tun, was er will. Und so öffnet er meinen Gürtel und meine Jeans, streift diese von mir und die Shorts gleich mit dazu. Ich keuche auf. „Dyllan.“ Er macht unbeirrt weiter und ich zucke zusammen. „Honey…“ Mittlerweile klinge ich wirklich bettelnd, ja gar flehend. Aber er kostet das nur zufrieden aus. Ein Stück nur hebe ich meine Hüften an. „Oh no. You have to wait!“ Und so drückt er mein Becken wieder gegen die Matratze und macht langsam weiter. Unruhig rutsche ich hin und her. „Dyllan… Honey… bitte…“ Und dann ist er zwischen meinen Beinen und ich komme fast augenblicklich mit einem leisen Schrei. Dyllan löst sich, krabbelt zu mir nach oben und ich küsse ihn. „Was mache ich nur ohne dich?“, frage ich und er zuckt mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung.“ Ich muss lachen, küsse seinen Mund, seinen Hals, einfach alles von ihm. „Ich bin vollkommen verrückt nach dir, Dyllan,“ murmele ich. „I don’t want to go!” Dyllan umarmt mich fes. Ich kann nicht atmen. Ich kann nicht denken. Ich kann gar nichts. Ich weiß nur, dass ich ganz jämmerliche heule und Dyllan an mich presse und nichts zu sagen weiß. Er geht. Nach London. Und ob wir uns überhaupt jemals wieder sehen, ist fraglich. Unsere Familien haben Beide nicht das Geld, dass wir uns ständig ‚Ausflüge’ in ein anderes Land leisten können. „Ich liebe dich so sehr.“ „Ich dich auch, Adrian.“ Er krallt sich in mein Shirt und reckt den Hals, um mich zu küssen. „I have to go.“ Sie rufen seinen Flug durch. Schon das zweite Mal. „Okay,“ stimme ich zu, lasse ihn aber nicht los. „Good bye, my love,“ flüstert er und küsst mich noch einmal. „See you,“ würge ich hervor. Meine Arme lösen sich von ihm und er verabschiedet sich auch von meinen Eltern. „I love you,“ wispert er dann noch einmal in meine Richtung. „Love you too,“ murmle ich. Und dann geht er und ich möchte sterben. Mein Kopf ist leer. Ich bekomme gar nichts mehr mit. Ich weiß nicht mal, ob wir Kevin am Flughafen mitgenommen haben oder ob wir nach Hause gegangen sind und ihn dort vergessen haben. Ich weiß ach gar nicht, wie wir überhaupt nach Hause gekommen sind. Oder wie ich in den Park gekommen bin, in dem ich jetzt sitze. Mir fällt ja gerade jetzt erst auf, dass ich auf der Bank sitze, auf der ich Dyllan das erste Mal geküsst habe. Ich blicke gen Himmel und sehe die Glühwürmchen, die wir auch an jenem Tag gesehen haben. Sie schwirren um mich herum, als wäre ich ein Busch oder Baum. Meine Mum sagen, das sie sind wie kleine Sternschnuppen. Wenn sie vorbeifliegen, du darfst dir wünschen etwas! Dyllans Worte hallen in meinem Kopf wieder und ich lächle zynisch. Damals habe ich mir gewünscht, Dyllan wäre mein und es hat funktioniert. Aber zu welchem Preis? Jetzt sitze ich hier und vermisse ihn. So sehr, dass es sich anfühlt, als hätte er einen Teil von mir mit sich nach London genommen. Das hat er auch. Er hat mein Herz mit sich genommen. Ich seufze auf. „Also schön, ihr blöden Glühwürmchen,“ denke ich, „dann legt euch mal ins Zeug! Ich wünsche mir, dass Dyllan wieder bei mir ist.“ Und das wünsche ich mir wirklich. Aber so ist es nun mal mit Wünschen: Manchmal werden sie wahr. Manchmal eben auch nicht. Und so macht es jetzt nicht ‚plopp’ und Dyllan sitzt wieder neben mir. Aber was habe ich auch erwartet? Deprimiert mache ich mich auf den Weg nach Hause. „Beweg deinen Arsch ein Stück weg, sonst habe ich keinen Platz!“, mault Matze und schiebt mich einfach weg. Ich sitze auf seiner Couch. „Wo ist dien Respekt vor mir geblieben?“, murre ich. „Sieh dich an. Du bist ein liebeskranker Jammerlappen. Du kannst nicht erwarten, dass ich vor der Respekt habe.“ Er lacht auf, aber ich kann nicht wirklich mitlachen. „Du weißt ja gar nicht, wie es ist… so ohne ihn,“ verteidige ich mich. „Trotzdem könntest du dich wenigstens ein bisschen freuen,“ verlangt er und ich verziehe den Mund. „Warum sollte ich mich denn freuen?“ „Weil du morgen Geburtstag hast vielleicht,“ erinnert er mich belustigt. „Drauf geschissen,“ erwidere ich. Denn wenn ich ehrlich bin, freue ich mich darauf nicht besonders. Eigentlich freue ich mich momentan auf gar nichts. Ich hab mich nicht auf die Ferien gefreut, weil Dyllan in diesen Abreisen musste. Ich habe mich nicht auf den Schulanfang gefreut, weil Schule nur schön war, als Dyllan noch hier war. Und ich freue mich jetzt nicht auf meinen scheiß Geburtstag, weil Dyllan nicht da ist. Letztes Jahr ist er untergegangen und ich hoffe, dass er es auch dieses Jahr tut. Auf Feiern habe ich nämlich gar keine Lust. „Hier ist jedenfalls dein Geschenk,“ meint Mathias völlig aus dem Zusammenhang gegriffen und überreicht mir ein kleines Päckchen. „Machs aber erst Morgen auf!“ Ich nehme es an mich und bedanke mich. Dann schauen wir eine DVD und als ich nach Hause gehe, umarmt mich Matze zum Abschied. Was er nie tut. Offenbar sehe ich noch beschissener aus, als die ganze letzte Zeit, dass er so was tut. Ich wache auf, als ich kurz nach Mitternacht eine SMS bekomme. Von Dyllan und Reid. Einen kurzen Moment bin ich glücklich. Dann hängt die Tatsache, dass er nicht hier ist wieder schwer auf mir. Es sind nun schon drei Wochen. Drei Wochen ohne Dyllan. Seufzend lege ich mich auf die Seite und kann eh nicht mehr schlafen. Also öffne ich Mathias Geschenk und finde ein Lederband im Sternen darin vor. Das gleiche trägt er schon seit Jahren, nur mit Ornamenten, nicht mit Sternen. Auf die Innenseite ist ‚Best friends’ eingebrannt und ich muss grinsen. Ein wenig verwirrt bin ich aber. So ein kitschiges Geschenk passt gar nicht zu Matze. Meistens schenkt er mir ne CD. Ich blicke auf das kleine Kärtchen, dass dabei lag und lese, was er in seiner krakeligen Schrift darauf gerkitzelt hat: Damit du immer an mich denkst! Ich runzle die Stirn. Was geht denn bei dem ab? Ich zucke mit den Schultern und beschließe, mir morgen Gedanken darüber zu machen. Dann schlafe ich wieder ein, allerdings nicht für lange. Denn um Fünf steht urplötzlich meine Mutter im Zimmer. „Alles Gute zum Geburtstag, Adrian!“ Ich starre sie an, dann auf meine Uhr. Und dann beschließe ich, mich nicht zu bedanken, sondern sie anzufauchen: „ES IST FÜNF UHR!“ „Schon ziemlich spät, ich weiß,“ meint sie und ich klappe den Mund auf und zu. Was zur Hölle… Ich schaue noch einmal auf mein Handy, weil ich schon Angst habe, dass es nicht fünf Uhr morgens ist, sondern fünf Uhr abends. Aber das ist es nicht. Es ist fünf Uhr morgens. Und ich habe eine SMS von Matze verpasst. „Alles Gute, mein Sohn,“ tappt dann auch noch Anton ins Zimmer und überreicht mir einen Umschlag, der mein Geschenk darstellen soll. Ich sehe diesen an. Das sind dann also wieder die typsichen 200 Euro, die ich jedes Jahr bekomme. Die lassen sich auch nie was Einfallsreicheres einfallen! „Mach ihn auf,“ drängt mein Vater mich und ich öffne ihn und runzle die Stirn. Doch kein Geld? „Was ist das?“, frage ich und meine Mutter meint nur ebenfalls: „Mach ihn auf!“ Ehe ich das allerdings tun kann, platzt Kevin in den Raum. „ALLES GUTE ZUM GEBURTSTAG, LIEBLINGSBRUDER!“ Er stellt mir einen Kaffee auf das Nachttischchen und ich falle in Ohmacht. Na gut, ich falle fast in Ohnmacht. Jetzt ist es zu spät. ER ist verrückt gewordne. Er. Ist. Verrückt. Geworden. Meine Eltern strahlen mich nur weiter an. Großer Gott, sie müssen etwas tun. Sie müssen einen Krankenwagen rufen. Kevin braucht medizinische Hilfe. Ganz dringend. Er hat mir einen Kaffee ans Bett gebracht! Das hat er noch nie. Er bringt sich ja nicht mal selbst einen Kaffee ans Bett. Er weiß doch gar nicht, wie man überhaupt Kaffee kocht. Weil alle so tun, als wäre Kevin geistig doch noch gesund, widme ich mich dann letztlich aber doch wieder den Umschlag zu. Ist ja nicht meine Zurechnungsfähigkeit, die da gerade flöten geht. Als ich ihn endlich offen habe, halte ich einen Brief in Händen. Auf Englisch. Was so früh am morgen wirklich eine Zumutung ist! Jedenfalls ist er von einer Schule aus England, so viel kriege ich schon mal mit. Zu müde zum lesen, frage ich erneut: „Was ist das?“ „Die Aufnahmebestätigung. Wir sind zwar zu spät dran, aber aufgrund deiner Noten nehmen sie dich noch nachträglich auf,“ klärt mich Sivlia auf. Ich nicke. Aha. „Das heißt, du darfst dein letztes Jahr in England beenden.“ „Aha.“ Ich verarbeite die Information. In England… In England. In England! Ich blicke auf den Brief. In London! „IN LONDON!“ Ich springe aus dem Bett, um irgendjemanden zu umarmen, bekomme aber einen weiteren Umschlag in die Hand gedrückt. Als ich ihn öffne, halte ich ein Ticket nach London in der Hand. „Oh mein Gott.“ Dann wird mir bewusst, dass ich noch träumen muss. Was auch den Kaffee erklärt, den Kevin mir da ans Bett gebracht hat. Tatsächlich träume ich nicht. Was mir spätestens klar wird, als ich an meinen Nachttisch stoße und den heißen Kaffee übers Bein bekomme. Kevin verdreht die Augen. „Pack deine Sachen. Dein Flug geht in drei Stunden.“ Und ausnahmsweise tue ich mal, was er mir sagt und packe in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit meine Habseligkeiten. „Nimm nur das nötigste mit. Den Rest schicken wir dir zu,“ fordert Silvia mich auf und ich nicke. Und wenig später hocken wir bereits im Auto, auf dem Weg zum Flughafen. „Pass auf dich auf, Schatz,“ bittet mich meine Mum, wie sie zuvor immer Kevin gebeten hat, als mein Flug aufgerufen wird. Sie umarmt mich fest. „Mach uns keine Schande, Junge,“ fügt Dad hinzu. Als wenn ich irgendwem jemals Schande gemacht hätte… Selbst Kevin umarmt mich. Langsam macht er mir Angst. „Viele Grüße an alle.“ Ich nicke und winke ihnen allen zu. Dann mache ich, dass ich loskomme. Endlich ins Flugzeug. Endlich nach London. Epilog: Glühwürmchen (Oder: Ich glaube, ich muss kotzen!) --------------------------------------------------------- Ich habe keine Ahnung, wie es weiter geht. Meine Eltern waren ja zu sehr mit Heulen beschäftigt, als damit, mich aufzuklären, was in London auf mich zukommt. Nun sitze ich also am Londoner Flughafen und warte auf mein Gepäck. Als dieses endlich kommt, trete ich ein wenig hilflos aus dem Gebäude. Ich habe kein Hotel und keine Wohnung. Also gehe ich davon aus, dass ich wohl bei Dyllans Familie unterkomme. Was wunderbare wäre. Wäre da nicht ein kleiner Haken. Nämlich: Wo ist dann Dyllans Familie? Als ich gerade überlege, mal zu Hause anzurufen, entdecke ich tatsächlich Reid und bin erst Mal erleichtert. Er lehnt am Auto und hält Ausschau nach mir. Zumindest hoffe ich, dass er nach mir Ausschau hält. „REID!“ Ich renne zu ihm, so schnell ich mit dem Gepäck eben kann. „Hello Adrian!“, begrüßt er mich und umarmt mich fast brüderlich. „Wie war Flug?“ „Gut.“ Eigentlich weiß ich gar nicht, wie der Flug war. Ich habe die ganze Zeit geschlafen. Theoretisch hätten wir auch zwischendrin abgestürzt sein können. Aber dann stände ich jetzt wohl nicht hier. „Komm, lass fahren.“ Irgendjemand hat ihm wohl offensichtlich ein wenig Deutsch beigebracht. Kevin? Wohl eher nicht. Dyllan? Wahrscheinlich. Auf der Fahrt erfahre ich alles von Reid, was mir meine Eltern verschwiegen haben. Nämlich, dass meine Eltern sich für mich an der Schule beworben haben und ich angenommen wurde. Dann hat Kevin (ich meine, Kevin!!!!) wohl ein wenig mit Dyllans Familie verhandelt, die aber letztlich fast sofort einverstanden waren, mich das Jahr über bei sich aufzunehmen. Und wenn nötig, auch ein wenig länger. Und so bin ich nun also wahrhaftig hier. „Wenn ihr alle das wusstet. Warum hat Dyllan dann nie was gesagt?“, frage ich, als mir klar wird, wie lange das Ganze schon gehen muss. Gleichzeitig wird mir klar, dass auch Matze es hat wissen müssen. Deshalb dieser seltsame Abschied und dieses sentimentale Geschenk. Ich blicke auf das Lederbändchen, dass ich natürlich trage. Dieser Arsch hat einfach nichts gesagt! „They wanted to make an suprise!“ Die Überraschung ist ihnen allerdings gelungen. Wir fahren in die Innenstadt. „Und Dyllan weiß gar nicht.“ Aus großen Augen sehe ich ihn an. Dann wird es wohl auch eine Überraschung für ihn. „Ihr wohnt also downtown.“ Oder ist Downtown amerikanisches Englisch? Reid versteht jedenfalls. „No. Wir leben außer London.“ „Wo fahren wir dann hin?“, frage ich verwirrt. „Zu deine neue Schule. Zu Dyllan.“ Meine Augen beginnen zu strahlen. Zu Dyllan!!! Wenig später parkt Dyllan gegenüber einer großen Schule und wir gehen auf den Pausenhof. Es hat bereits geklingelt und die Schülermassen stürmen in die Pause. Ich sehe mich und versuche, Dyllan in dem Getümmel zu finden. Mittlerweile ich mir so schlecht, dass ich glaube, gleich kotzen zu müssen. Dann entdecke ich ihn. Er steht bei ein paar Freunden, die alle sehr hübsch sind, aber nicht mit ihm mithalten können. „DYLLAN!“ ruft Reid laut und dieser blickt zu uns und blickt seinen Bruder verwirrt an. Dann fällt sein Blick auf mich und kurz sieht er aus, als wenn er tot umfällt. Dann rennt er aber doch zu uns und ich laufe ihm hastig entgegen. Fast ist es, als wären wir in so einem kitschigen Film. Fehlt nur noch die Blumenwiese. Ganz so kitschig ist es dann doch nicht. Wir fallen einander einfach in die Arme und ich presse ihn an mich und unterdrücke die Tränen, während Dyllan bereits heult. „Ich habe dich so vermisst,“ meint er leise. „Ich dich auch, Honey.“ „Was tust du hier?“, will er wissen und so erkläre ich ihn knappen Sätzen das Wesentliche. Daraufhin strahlt er und presst sich wieder an mich. Ich lächle und streiche ihm durchs Haar. Mittlerweile kann ich gar nicht mehr in Worte fassen, wie glücklich ich bin. Das alles kommt mir vor, wie ein unglaublicher Traum. Wie ein Wunder. Sanft küsse ich seine weichen Lippen. Lächelnd blicke ich dann auf Dyllans Hals, an dem meine Glühwürmchenkette schimmert. Vielleicht hatte Dyllans Mum ja doch Recht und Wünsche werden wirklich wahr, wenn man sie nur den Glühwürmchen anvertraut. Ich nicke leicht. Ja, so muss es sein. Ganz sicher. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)