Warum nur ein Herz? von Green_Shoes ================================================================================ Kapitel 1: Warum nur ein Herz? ------------------------------ Sie sitzt auf ihrem roten Stühlchen und lächelt schwach vor sich hin. Das farbenfrohe Zimmer spiegelte ihr Glück wieder. Sie schwelgte in Erinnerung. Sie schaute auf, denn die Tür öffnete sich knarrend. Ein junger Mann trat ein und nahm seinen Hut vom Kopf. Er lächelte als er sie sah. Sie stand auf und Beide nahmen sich in den Arm. Sein Hut viel zu Boden. Er drückte sie fest an sich. Er streichelte ihr vorsichtig über den Rücken. „Ich liebe dich.“, hauchte er. Jetzt sitzt er alleine in diesem Zimmer. Er war nun alt und grau. Seine Haut war rau und von den Tränen ganz feucht und leicht geschwollen. Das farbenfrohe Zimmer war düster und leer. Es hatte seine Pracht verloren. In seiner Hand hielt der Mann ein Bild einer alten Frau. Sie lächelte und er vergoss Tränen. Der Wind wehte ihr durch die Haare. Sie hielt sich mit der Hand ihr dunkles flatterndes Haar zurück. Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Sie lachte. Der Sand unter ihren nackten Füßen knirschte. Die Sonne strahlte hell. Das Meer rauschte. Sie rannte und lachte. Sie streckte ihren Arm aus. Bei ihr war der junge Mann. Er griff ihre Hand. Beide lachten. Sie ließen sich in den Sand fallen. Sie kicherte, strich dann sanft mit ihrer Hand über seine Wange. Seine Augen weinten. Sein Herz weinte. Er schniefte. Er legte die Hand an seine Stirn und verdeckte seine Augen. Er zitterte. Tränen tropften auf das Foto der alten Frau. Er schaute auf. Er schaute zu dem roten Stuhl. Dort saß sie. „Meine geliebte…“, sprach er, als die Frau sich auflöste und der Stuhl alleine und düster zurück blieb. Kurzzeitig hatte er gelächelt und gehofft es wäre sie. Er war einkaufen. Sie wollte heute sein Lieblingsessen kochen. Mit 2 Tüten lief er durch die Straßen. Er strahlte und lächelte. Er freute sich auf sie und ihre Kochkunst. Obwohl er alt war und nun Falten hatte konnte niemand das Lächeln übersehen. Er bog in seine Straße ein. Vom Weiten sah er Blaulicht flackern. Er betrat sein Grundstück. Krankenwagen und Blaulicht. Angst machte sich in ihm breit. Erschrocken blieb er stehen. Die Taschen fielen zu Boden. Das Milchglas klirrte. Der Apfel rollte. Er rannte. Es schellte. Der Mann schaute auf, schaute wieder zu dem Foto, legte es dann umgedreht auf den Tisch. Er erhob sich. Ging zur Tür. Empfing eine junge blondgefärbte Frau. Sie nahm den alten Mann in den Arm. Sie lächelte. Sie setzte sich auf einen Stuhl. Sie zeigte auf das umgedrehte Bild. Sie drehte es um und erblickte die alte Frau. Sie lächelte traurig und schaute zu dem alten Mann. Tränen schossen ihr in die Augen. Sie beugte sich zum alten Mann vor. Er nahm sie in den Arm. Er streichelte ihr beruhigend über den Rücken. „Ich vermisse sie!“, schluchzte sie. „Ich auch.“, formten seine Lippen, aber die Worte blieben unausgesprochen. Die Sanitäter beruhigten ihn. Sie hielten ihn zurück. Die alte Frau lag auf einer Trage. Die Sanitäter rannten. Ihre Augen waren geschlossen. Er hatte Angst. Sein Herz schmerzte. Tränen strömten seine Wange hinab. Er fiel auf die Knie. Er machte sich Sorgen. Warum tat Gott so etwas? Die Sanitäter versuchten ihn zu beruhigen. Sie wollten ihn mitnehmen. Er stieg mit Hilfe in den Wagen. Er hielt die Hand der alten Frau. Sie war kühl. Er weinte. Es piepte. Die Sanitäter setzten den Defilibrator an. Es piepte. Seine Hände klammerten sich immer noch an ihre Hand. Es piepte. Er drückte feste. Es piepte. Er schloss die Augen. Es piepte. Er wusste, dass es Zeit war. Es piepte… Der alte Mann ging raus. Er konnte die Wohnung nicht mehr ertragen. Die Einsamkeit fraß ihn regelrecht schon auf. Draußen war es kalt. Er fror etwas. Hier war die Stimmung auch nicht besser als drinnen. Er marschierte los. Traf sich mit Freunden und spielte Kartenspiele mit ihnen. Er lachte. Sie unterhielten sich. Er schien glücklich. Doch das war er nicht. Sein jetziges Glück war nur halb so stark. Er lächelte halbherzig. Ein Teil seines Herzes verschwand damals. Abends gingen sie einen trinken. Der Mann kam erst sehr spät wieder Heim. Er schloss die Tür auf. Das Licht brannte. Er schloss die Tür hinter sich zu. „Ich bin wieder da Liebling!“, sprach er und trat in das beleuchtete Esszimmer, während er seinen Hut abnahm. Er blickte in das Esszimmer. Er stockte. Die alte Gewohnheit trat wieder auf. Feierabend. Endlich konnte er zurück nach Hause. Endlich konnte er wieder zu ihr. Er stieg mit den ganzen Menschenmassen in den Zug. Er hatte großes Glück mit ihr, aber Pech mit anderem Glück. Einen Sitzplatz bekam er nicht. Die Leute standen auf engsten Raum. Es miefte etwas. Die Luft war stickig. Nach und nach stiegen Leute aus und dazu. Der Zug leerte sich. Er stieg aus. Er ging Heim. Er schloss die Tür auf. Der liebliche Geruch ihrer Suppe stieg ihm in die Nase. „Ich bin wieder da Liebling!“, sprach er und trat ins Esszimmer ein. Er zog seinen Hut ab. Sie drehte sich zu ihm und lächelte. Er legte sich ins Bett. Es war schon spät. Der Abend war lang. Er drehte sich auf die rechte Seite. Er erblickte die leere Betthälfte neben sich. Dort lag sie immer. Seine Augen wurden glasig. Tränen liefen. Er weinte wieder. Er schrie. Er drückte sein Gesicht ins Kissen. Später wurde er etwas ruhiger. Sein Gesicht starrte auf die leere Betthälfte. Er schniefte noch etwas. Tränen liefen noch. Der Gedanke an sie machte ihn fertig. Er vermisste sie. Er weinte sich in den Schlaf. Alle waren in schwarz gekleidet. Sie standen in einem Halbbogen um ein Loch. Ein Priester sprach: „Wir sind hier um Abschied zu nehmen.“ Der alte Mann weinte bitterlich. Die junge blondgefärbte Frau war zu seiner Rechten. Sie klammerte sich an seine Schulter. Sie weinte. Ein Mann stand neben ihr und tröstete sie etwas. Vor dem alten Mann und der jungen Frau stand ein kleiner Junge. Er klammerte sich an das Bein der Frau. Er verzog das Gesicht, um nicht noch mehr weinen zu müssen. Langsam ließen die Bestatter einen weißlichen Sarg mit weißen Blumen in die Grube. Der alte Mann viel auf die Knie. Die junge Frau bückte sich zu ihm runter. Beide weinten nun sehr laut. Es war Zeit. Es war ihre Zeit. Er vermisste sie jetzt schon. Die junge Frau half ihm auf. Sie begleitete ihn weinend und schniefend zum Sarg. Der alte Mann nahm seine Rose. Er ließ sie ins Grab fallen. Er blieb lange stumm stehen. So vieles, was er ihr noch sagen wollte. „Ich liebe dich bis zu meinem Tode und darüber hinaus.“, formten seine Lippen lautlos. Ruckartig zuckte er auf. Seine Augen schlugen schlagartig auf. Er richtete sich auf. Es war früh am Morgen. Er lächelte schwach. Er stand auf. Ging in das einsame Esszimmer. Es war sehr ruhig. Er schaute auf das Bild an der Wand. Dort war sie. Die junge Frau. Und der junge Mann. Und ein kleines brünettes Kind. Die Erwachsenen legten jeweils eine Hand auf die Schulter des Kindes und lächelten. Das kleine Mädchen vor ihnen grinste, als wär es das glücklichste Kind auf Erden. Der alte Mann lächelte. Er aß etwas. Er ging ins Bad. Er rasierte sich. Er wusch sich. Er putzte sich die Zähne. Er machte sich fein. Die junge Frau schrie. Sie hatte große Schmerzen. Ihre Stirn war schweißgebadet. „Pressen.“, sprach ein Mann im weißen Kittel, der Arzt. Der junge Mann hielt ihre Hand. Sie drückte fest zu. Er sah zu ihr. Er drückte ebenfalls ihre Hand. Er wollte ihr zeigen, dass er da ist. Sie atmete hastig. Sie schrie nicht mehr. Trotzdem schrie jemand. „Es ist ein Mädchen.“, sprach der Arzt. Er reichte ihr das Kind. Sie lächelte. Er lächelte. Beide schauten zu dem Baby. Das Glück der Beiden war kaum zu fassen. Sie waren wohl eines von vielen Pärchen, welches wahres Glück verspüren durfte. Das sollte ewig bestehen und nie enden. Der junge Mann gab dem Kind einen Kuss auf die Stirn. Er ging raus. Der Schirm diente als Spazierstock. Der Himmel war grau. Es war immer noch sehr kühl. Die Vögel zwitscherten schon. Bald wäre wieder Frühling. Dann würde wieder alles ergrünen und in Farben erstrahlen. Der alte Mann hasste den düsteren grauen und farblosen Winter ohne Schnee und Eis. An nichts konnte man sich erfreuen. „Kalt!“, sprach das kleine brünette Mädchen. Ihr Blick zeigte, wie entsetzt sie war. „Kalt!“, wiederholte sie. Die junge Frau lächelte. „Schnee. Das ist Schnee. Der ist kalt!“, sprach die junge Frau. Sie drehte sich zu dem jungen Mann. Sie lächelte erneut. Der alte Mann stand vor einem Stein. Die eine Steinhälfte wies einen Schriftzug als Gravur auf. Die andere war leer und unberührt. Der Mann kniete sich hin. Er legte den Schirm bei Seite. In seiner linken Hand hielt er Edelweiß. Er legte die weißliche Blume vor den Stein. „Maria Elizabeth Schwenke“, war in den Stein graviert. Er faltete die Hände. Er schloss die Augen. Er betete kurz. Er stand auf. „Happy Birthday to you… Happy Birthday to you…“, sang er zittrig. Seine Stimme brach stellenweise ab. Er brach in Tränen aus. Er hatte sich geschworen diesmal nicht zu weinen. Alles war sehr aufgeregt. Hektik und Freude waren dennoch zu spüren. Überall bunte Papierstreifen. An Wänden, an Lampen, auf dem Tisch, überall. Die junge Frau und der junge Mann rasten von A nach B. Sie blieb vor ihm stehen. „Geht das so?“, fragte sie. Sie deutete auf ihre Kostümierung. Er beäugte sie von oben nach unten. „Bezaubernd, wie eh und je.“, sprach er. Sie lächelte und drückte ihre Lippen auf seine. Es klingelte. Beide eilten zur Tür. „Happy Birthday to you. Happy Birthday to you. Happy Birthday liebe Maria. Happy Birthday to youuuu.”, sangen die Leute vor der Tür. Der alte Mann griff seinen Regenschirm. Er richtete sich auf. Er wischte seine Tränen weg. Er lächelte kurz ein letztes Mal und ging fort. Er ging Heim. Er vermisste sie immer noch. Wie lange müsste er noch ohne sie sein? Merkte Gott nicht, wie am Ende er war? Wann ließ er diesen guten Menschen endlich vom Leid befreien? Im Treppenflur war es düster. Er stieg langsam die Treppen hinauf. Er atmete hastig und nach Luft suchend. Eigentlich war er noch ganz Fit für sein Alter, aber die Treppen machten ihm heute irgendwie zu schaffen. Er schloss die Tür auf. Es war dunkel und einsam. Niemand erwartete ihn hier. Er war allein. Er atmete noch hastig. Ein Glas füllte er mit Wasser und trank. Er ging ins Schlafzimmer, setzte sich auf die Bettkante. Es war still. Es prasselte. Er schaute zum Fenster. Es regnete. Der Himmel weinte. Der Himmel fühlte wie er. Abermals begann er zu tränen. Er legte sich ins Bett. Er hatte nicht die nötige Kraft um sich umzuziehen. Er wollte zu ihr. Wann würde man es ihm gewähren, wann? Er dachte viel an sie. In Gedanken an sie schloss er seine Augen. Er schlief ein. Alle traten ein und nahmen die junge Frau in den Arm. Sie wünschten ihr abermals alles Gute zum Geburtstag. Die junge Frau schloss die Tür. Der junge Mann hielt ihr plötzlich die Augen zu. Sie kicherte. Er führte sie. Man hörte das Ratschen des Streichholzes und wie es entflammte. Um den Tisch versammelten sich alle. Der junge Mann ließ die Hände fallen. Jede Kerze auf der Torte brannte. Die junge Frau strahlte. Sie war glücklich. Sie beugte sich vor und pustete. Alle Kerzen erloschen. Der wenige Rauch stieg in die Luft, ehe er sich auflöste. Alle klatschten. Der Kuchen wurde angeschnitten. Glücklich beisammen aßen sie die süßliche Torte. Die junge Frau und der junge Mann saßen nebeneinander. Er schaute ihr in die Augen. „Alles Gute zum Geburtstag, mein Engel.“, sprach er und ihre Lippen fanden einander. Es regnete. Obwohl es tags war, war es relativ düster. Eine Menschenmenge in schwarz gekleidet standen zusammen. Die junge, blondgefärbte Frau und ihr kleines Kind waren auch dort. Sie weinte. Sie standen vor einem Stein. Ein Priester sprach Abschiedsworte. Der Himmel weinte. Heute war ein trauriger Tag. Die eine Steinhälfte trug die Gravur „Maria Elizabeth Schwenke“. Die vor ein paar Tagen noch unbeschriebene andere Steinhälfte trug nun die Gravur „Heinrich Schwenke“. Oben drüber stand nun „Hier ruhen das Ehepaar“. Unter den Namen standen die jeweiligen Daten und ein längerer Spruch: „Warum hat Gott uns ein Herz gegeben? Gott hat jedem zwei Füße zum Laufen gegeben, zwei Hände zum anfassen, zwei Ohren zum Hören, zwei Augen zum Sehen. Warum nur ein Herz? – Weil die andere Hälfte bei einem anderen ist und wir sie suchen müssen…“ Epilog: -------- ... Der junge Mann und die junge Frau standen hinter dem Stein mit ihren Namen. Sie schauten zu ihren Freunden und ihrer Familie. Beide blickten sich nun kurz an. Sie lächelten. Schauten dann lächelnd zu ihren Freunden und ihrer Familie. Sie drehte sich zu ihm. „Ich habe dich immer beobachtet, wenn du mich besucht hast. Ich habe lange auf dich gewartet. Nun bist du endlich wieder bei mir, mein Geliebter. Nun lass uns gemeinsam gehen und in unserem neuen zu Hause auf unsere Freunde, Geschwister, Kinder und Enkelkinder warten.“, sprach sie und reichte ihm die Hand. Tränen der Freude liefen seine Wangen hinab. Seine Hand legte sich in ihre und Beide gingen fort… ♥ Für alle, die einen geliebten Menschen verloren haben. ♥ ♥ Für alle, die sich gerne erinnern. ♥ ♥ Für alle, die hoffen, dass es dem geliebten Menschen nun besser geht. ♥ ♥ Danke, dass es dich gab. ♥ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)