Angel of Darkness von Mireille_01 (Daughter of Van Helsing: Buch 1 "Rising") ================================================================================ Kapitel 2: Rückkehr ins Schloss der Ahnen ----------------------------------------- „Ganz ehrlich, wieso müssen wir nochmal per Schiff reisen?“ fragte Calvin. Er hang quer über die Schiffs Reling und versuchte sich nicht zu übergeben. „Oh armer, armer Calvin du beweist wieder einmal, dass ich immer Recht habe – nur Memmen werden seekrank.“ Feixte Venus, die gelassen gegen die Reling gelehnt stand und Calvin zusah, so konzentriert wie möglich auszusehen. „Hahaha – meine liebe Venus, irgendwann bekommst du die Quittung dafür!“ sagte Calvin, da schlug eine Welle hoch und schlug gegen die Schiffswand. „Oh Gott…“ stöhnte Calvin und ließ sich endgültig hängen – ihm war so grausam schlecht. „Oje – geht es Ihrem Freund nicht gut, Miss?“ fragte ein Matrose, der über Deck kam. Venus trug immer noch die Kutte und zog sich die Kapuze tief ins Gesicht: „Nein, nein – alles in Ordnung – er schauspielert nur gerne!“ „Na gut…“ sagte der Matrose langsam und ging mit misstrauischer Miene weiter. „Na vielen Dank – du hättest ruhig sagen können, dass mir schlecht ist!“ kam es protestierend von Calvin. „Nein zu riskant!“ sagte Venus kühl. „Was ist an einem Mittel gegen meine Übelkeit bitte schön riskant. Höchstens es mir nicht zu geben, dann speie ich heute noch in dein Bett!“ stöhnte Calvin und ließ erneut seinen Kopf hängen. „Nein, riskant deswegen, weil uns die Matrosen seit heute Früh genauestens mustern – die wissen genau, dass wir keine normalen Menschen sind.“ Sagte Venus. „Liegt eventuell an deinem Kuttenoutfit!“ sagte Calvin. „Nein, das nicht unbedingt – du vergisst, dass ich überall in so gut wie jedem verflixten Land in Europa gesucht werde. Vater hatte schon Recht – dumme undankbare Menschen!“ sagte Venus leise. Calvin vergaß für einen Moment seine Übelkeit, richtete sich so gut es ging auf und sagte: „Na ja, mit dem Risiko lebst du eben – aber du weißt, du bist nicht allein!“ Der liebenswerte Moment wurde allerdings von einer hohen Meereswelle, die gegen das Schiff donnerte, unterbrochen, und Calvin übergab sich herzerweichend über die Reling und blieb dann einfach hängen. Venus grinste: „Aber, armer Calvin!“ „Bemitleide mich bloß nicht zu viel…“ kam es dumpf zurück. Am Abend des nächsten Tages erreichten sie schließlich über das adriatische Meer die Küste von Kroatien. Sie luden ihre Pferde vom Schiff ab und ritten so schnell es ging quer durch Kroatien, weiter über Ungarn ins Herz Rumäniens – Transsylvanien. Das Land war karg und vertrocknet. Es war kalt und Schnee fiel vom Himmel. „Brr – eigentlich hab ich nichts gegen den Winter, aber wenn wir permanent durchreiten, wird es mir langsam zu kalt.“ Beschwerte sich Calvin. Venus, der die Kälte egal war, nickte abwesend. Sie konnte gar nicht schnell genug das Dorf am Fuße des gewaltigen Schlosses ihrer Ahnen erreichen – sie wollte es sehen. Sofort. „Venus?“ fragte Calvin, wissend, dass sie ihm ganz sicher nicht zugehört hatte. Venus reagierte nicht. Sie blickte starr geradeaus und es war ihr als würden die Schneeflocken mit dem Wind um die Wette tanzen. Sie blickte in das dichte Schneegestöber und für einen kurzen Moment war es ihr, als hätte sie das Gesicht ihrer Mutter im Schnee gesehen. Ruckartig hielt sie mit dem Pferd an. „Woah.“ Sagte Calvin verblüfft, als Venus plötzlich stehen blieb. Er sah sie an, doch Venus starrte wie entgeistert in den fallenden, wirbelnden Schnee. Da – da war es wieder. Ihre Mutter, sie lächelte und ihre Augen glänzten. Ihre Hand wies Richtung Osten und Venus nickte unmerkbar. Sie wies ihnen den Weg. Ihre Mutter lächelte und verschwand. Venus schüttelte ganz langsam den Kopf. „Venus?“ fragte Calvin. „Schon gut – ich…“ Venus tat es mit einer unwirschen Kopfbewegung ab. „Komm es ist nicht mehr weiter. Nur noch ein Stück Richtung Osten!“ sagte Venus und gab ihrem Pferd die Sporen. Sie jagten im Galopp davon. Calvin folgte ihr, wobei er denken musste: „Was hat sie denn nur gesehen?“ doch er schob den Gedanken beiseite um Venus noch rechtzeitig einholen zu können. Nach zwei Stunden des Reitens waren sie schließlich angekommen. Vor ihnen lag in einer Talspalte, umgeben von knorrigen alten Bäumen und abgemagerten Land, das nun unter einer bereits beachtlich dicken Schneedecke lag, ein altes Dorf. Langsam und vorsichtig trabten die beiden näher. Der Vatikan hatte ihnen eingeschärft, so lange wie möglich verdeckt zu bleiben. Zumindest was ihrer beiden Identitäten anging. Calvin als Werwolf war genauso ungeliebt, wie Venus als Kopfgeldjägerin. Sie ritten näher und man konnte bereits trotz schlechter Sicht erkennen, wie die Dorfbewohner, die auf dem Marktplatz standen, ihre Köpfe umwanden. Das kleine Dorf hieß „Bran“ und war ein winziges, kleines Dörfchen. Dieses hatte sich um ein großes Schloss, das auf einer kleinen Anhöhe erbaut worden war, gescharrt. Es war als hätten die Bewohner lange keine Besucher mehr gehabt. Kinder liefen Venus und Calvin entgegen, und blickten sie mit großen Augen an. Venus zog sich die Mönchskutte tiefer ins Gesicht. Calvin lächelte freundlich, reserviert aber dennoch höflich den Menschen entgegen. Sie schritten auf den Dorfplatz und stiegen schließlich vor einem kleinen Brunnen und Anbindeplatz für Pferde ab. Venus zog zwei Eimer Wasser für die Pferde aus den Brunnen und schließlich wandte sich ein älterer hagerer Mann an die Neuankömmlinge. „Dürfte ich fragen, was euch hierher in unser kleines Dorf Bran geführt hat, Fremde?“ der Kerl schien unentschlossen und ein wenig ängstlich zu sein. Seine Augen sprachen eine deutliche Sprache, auch wenn sein Körper versuchte Autorität und Gelassenheit zu verdeutlichen. Venus musste ein Grinsen unterdrücken. „Seit ihr der Dorfälteste?“ fragte Venus. „Ich bin der gewählte Bürgermeister – Ciprian. Also was wollt ihr hier?“ fragte er erneut. „Wir machen hier Ahnenforschung!“ sagte Venus ruhig. „Ahnenforschung? Ich kenne euch beide nicht und meine Familie lebt seit der Gründung dieses Dorfes hier. Also von wem unserer Kinder sollt ihr abstammen?“ fragte Ciprian ruhig. Venus seufzte, es ging wohl nicht anders – aber das hatte sie erwartet. So lange sie nicht wussten, dass sie und Calvin anders waren, konnte sie ihnen ruhig ihre Abstammung erklären. „Meine Mutter war hier unter dem Namen Valerious bekannt!“ Die Dorfbewohner wechselten bestürzte Blicke und sahen sich beunruhigt an. Ciprian wirkte überrascht: „Anna Valerious?“ „Ja…“ „Dann müsst ihr ja Venus sein – Venus Vega!“ sagte Ciprian überrascht. Venus und Calvin wechselten einen unwohlen Blick – woher wusste der Bürgermeister das. Venus sah noch immer nicht auf. Die Mönchskutte verdeckte ihr Gesicht. „Venus?“ riefen alle durcheinander. Da trat Ciprian auf die ruhig dastehende Venus zu und schloss sie zu ihrer größten Überraschung fest in die Arme und rief freudig: „Was für eine Freude. Annas Kind – Annas und Van Helsings Kind – wie schön dass du endlich zu deinen Wurzeln zurückgekehrt bist, Venus – liebes Kind!“ er umarmte sie fest. Venus war so verblüfft, dass sie einfach in seiner Umarmung gefangen blieb und konnte keinen Gedanken fassen. Ciprian hielt sie weg und strich ihr die Mönchskutte vom Gesicht. Venus lange rote Haare, die blitzblauen Augen und das schöne Gesicht blinzelten ihn verdutzt an. „Hattest wohl gedacht, wir jagen dich wieder weg, mhm?“ fragte der Bürgermeister lachend. Venus nickte nur verdattert. Calvin hingegen lächelte warmherzig und viele Frauen warfen ihm schmachtende Blicke zu. „Äh – nun ja, ich weiß ja nicht, ob ihr von meinem … meinem „Ruf“ wisst…“ sagte Venus langsam. „Oh dein Abkommen mit dem alten Auftraggeber deines Vaters? Der Vatikan, oder viel mehr die Spiegelwelt des Vatikans?“ fragte Ciprian hilfreich. Nun konnte auch Calvin nur noch verblüfft Luft holen. „Nun ja – bevor dein Vater zu uns kam, kannten wir bereits die Häscher des Vatikans – viele wurden zu uns geschickt um Ihn zu besiegen!“ bei diesen Worten, schlugen die Frauen Kreuze über der Stirn und die Männer murmelten dumpf. „Ihn – meint ihr damit Dracula?“ fragte Venus. Die Dorfbewohner jammerten unheilvoll und Ciprian zischte unwillig: „Sprich den Namen des Sohnes der Finsternis nicht aus – es ist als würde es hören und schickt dann meistens seine Diener aus um uns zu quälen. Seit er zurück ist, leben wir wieder in großer Angst!“ Die Frauen schlugen erneut ein Kreuz über dem Herzen und der Stirn. „Nun ja… gut – ich werde seinen Namen nicht mehr sagen, wenn es euch solch große Angst bereitet. Dennoch könnt ihr dann auch erahnen warum ich hier bin – ich soll Vaters Auftrag zu ende bringen. Und gleichzeitig wollte ich das Haus meiner Mutter sehen!“ sagte Venus. „Natürlich – das dachte ich wohl.“ Ciprian nickte düster, doch sein Gesicht strahlte: „Das Schloss meinst du wohl – selbstverständlich. Meine Schwester und ihre Töchter haben es für dich sauber und behaglich gehalten – alles so wie dein Großvater, deine Mutter und dein Onkel es hinterlassen haben. Komm nur – ich führe dich gerne!“ lächelte er. „Habt Dank – ich nehme Eure Hilfe gerne an!“ lächelte Venus. Während sie Ciprian folgten, dachte Venus: „Also ich habe mit vielen gerechnet, mit misstrauischen Blicken, Wut, Hass, Ablehnung – sogar dass sie uns versuchen mit Fackeln und Mistgabeln davon zu jagen – aber das … nein das ganz bestimmt nicht!“ „Hier Venus – dein Erbe!“ sage Ciprian und schloss das große Eingangsportal auf. Kaum als Venus ihren Fuß über die Schwelle gesetzt hatte, schossen die Flammen der Wandfackeln an den Wänden in die Höhe und es war als würde das Schloss erleichtert aufatmen. Die Kälte war sofort verschwunden und das Schloss strahlte Behaglichkeit und Wärme aus. „Wie schön – es weiß dass du Annas Tochter bist. Etwas andere war auch nicht zu erwarten!“ sagte Ciprian. „Was meinst du damit?“ fragte Venus. „Nun – dieses Schloss kann nur von den Mitgliedern der alten Königsfamilie in Besitz genommen werden. Du als letzte Nachkommin des Valerious Geschlechts bist nun die einzig wahre Erbin – das Schloss wird dir zu Diensten sein!“ lächelte Ciprian. „Verzeiht Ciprian – aber ich weiß von meinem Vater, dass das rumänische Volk…“ sagte Venus. „Dem Volk, dem du auch angehörst!“ sagte Daniela, die Schwester von Ciprian. „Ja – zur Hälfte, jedenfalls ich weiß, dass ihr ein sehr gläubiges Volk seid, und glaubt mir ich will euch nicht irgendwie beleidigen – aber ich glaube nicht an Flüche oder alte Blutsbande – das ist mir ein wenig zu … haltlos!“ sagte Venus freundlich. Daniela lächelte: „Das haben wir uns schon gedacht – immerhin hatte deiner Mutter keine Möglichkeit, dich vom Gegenteil zu überzeugen. Dein Vater war auch immer so – realitätsabhängig. Er wollte nie an so etwas glauben. Kein Wunder, dass du es auch nicht tust. Aber nun fühl dich erst einmal wie Zuhause. Ruht euch aus – es war sicherlich eine lange Reise.“ „Habt Dank – aber ich wollte noch einige Fragen stellen!“ sagte Venus. Daniela umarmte sie – genauso plötzlich wie Ciprian: „Schlaf erst einmal – morgen ist ein neuer Tag – Zeit genug für Fragen. Denn wir wollen sie gerne ausführlich beantworten. Schlaft gut!“ lächelte sie und schon waren die beiden verschwunden. „Äh – du ich glaube die halten uns für ein Paar!“ sagte Calvin, als sie ihre Zimmer bezogen hatten. „Wieso?“ fragte Venus, doch er hielt ihr einen Zettel entgegen. Stirn runzelnd las sie: „Viel Spaß heute Nacht und ein Trank gegen Schwangerschaft findet ihr im großen Badezimmer. Daniela!“ Sie lachte herzlich und befreiend. „Nein wie freundlich und entgegenkommend!“ lachte Venus heiter. Calvin grinste und sagte: „Hunger?“ „Ja – gehen wir die Küche suchen!“ sagte Venus, die sich im gewaltigen Schloss dauernd verlief. Sie fanden sie im Erdgeschoss, ein wenig abseits vom restlichen Schloss, und zu ihrer Überraschung war alles frisch aufgefüllt. „Also ich glaube die haben Späher ausgeschickt, die uns ausgekundschaftet haben – sonst ist das nicht möglich!“ meinte Venus. Calvin, der sich bereits über ein Stück rohes Fleisch hermachte – der Werwolf hatte seine kleinen Eigenschaften und Unarten – sah auf und sagte: „Schon möglich – aber wieso hast du sie dann nicht bemerkt und ich sie nicht gerochen?“ Venus blickte von ihrem großen belegten Brot auf und sagte nachdenklich: „Gute Frage – wirklich gute Frage.“ Am nächsten Morgen suchten sie sofort den Bürgermeister Ciprian auf, dieser saß gemeinsam mit seiner Schwester Daniela am Marktplatz und genoss die erfrischende Kälte des gefallenen Schnees. Kinder liefen lachend herum und erfüllten die Luft mit Fröhlichkeit. „Morgen Prinzessin Valerious!“ lächelte Daniela. „Guten Morgen – aber Venus tut es vollkommen!“ grinste Vega. „Guten Morgen auch euch Calvin – wie habt ihr geruht?“ fragte Daniela und ihr Lächeln sprach eine zweideutige Sprache. „Vielen Dank – sehr gut. Aber der Trank war noch nicht von Nöten.“ Sagte Calvin feixend. Venus boxte ihm dafür in die Seite. „Autsch…“ keuchte Calvin auf – Venus hatte einen kräftigen rechten Haken. „Nun – ich denke das Frage-Antwort-Spiel sollten wir jetzt anfangen!“ sagte Ciprian. Venus nickte, Calvin ließ nur ein schmerzvolles Aufkeuchen ertönen. „Was wollt ihr wissen?“ fragte Daniela. „Seit wann befindet „Er“ sich wieder hier in Bran?“ fragte Venus. „Seit dem letzten Vollmond – das Heulen seiner Gefährten war deutlicher als je zuvor.“ Sagte Ciprian. „Er hat Werwölfe mitgebracht?“ fragte Calvin. „Ja – sie sind seine Diener und Beschützer!“ sagte Daniela. „Wo liegt sein Schloss?“ fragte Venus. „Das weiß niemand – angeblich gibt es in eurem Schloss, dem Schloss der Valerious einen direkten Zugang. Aber keiner weiß wo… aber seine Sommerresidenz liegt in Bukarest!“ sagte Ciprian. „Das erzählte eure Mutter, als sie und Van Helsing zurückkehrten.“ Sagte Daniela erklärend. „Verstehe… wie lange mordet „Er“ bereits wieder?“ fragte Venus. „Seit zwei Wochen – er hat schon die Töchter des Müllers, des Bäckers und des Totengräbers entführt. Aber leider fanden wir nur immer wieder ihre blutleeren Körper. Meist bereits auf einem kahlen Grab oder im nahen Wald.“ Sagte Ciprian. „Verstehe… „Er“ sucht tatsächlich eine Braut!“ sagte Venus unruhig. „Das dachten wir uns auch, aber seit letztem Sonntag ist keine unserer Mädchen mehr entführt worden. Die letzte Entführte war die Tochter des Totengräbers und wir begruben sie am Samstag.“ Sagte Daniela. „Mhm… in welchem Rhythmus hat er die Mädchen entführt. Wenn er seit zwei Wochen mordet, seit einem Monat wieder hier ist, schätze ich, hat er zwei Wochen lang ausgekundschaftet welche Mädchen in Betracht kommen könnten.“ Sagte Calvin. „Ja… dürfte hinkommen!“ stimmte Venus ihm zu. „Nun – die Erste die verschwand, war die ältere Tochter des Müllers – Catherine. Sie verschwand in exakt am Montag vor zwei Wochen. Wir suchten sie überall, aber schließlich fanden wir Catherine fünf Tage nach ihrem Verschwinden tot im Wald – Blutleer.“ Ciprian blickte auf, sein Blick war vor Schmerz und Wut verschleiert: „Er hat sie fest in den Hals gebissen und anschließend einfach im Wald zurückgelassen. Ein Arzt hat sie untersucht…“. Er wandte den Blick ab. „So wie es aussieht, tat „Er“ ihr Gewalt an, denn ihre Jungfräulichkeit war gebrochen!“ sagte Daniela mit erstickter Stimme. „Mhm… erzählt weiter!“ sagte Venus. „Danach geschah zwei Tage lang nichts und dann verschwand die jüngste Tochter des Bäckers, Adriana. Sie blieb drei Tage verschwunden, dann fand der Totengräber sie in der Früh des Donnerstags auf einem leeren Grab ruhen. Ebenfalls blutleer und geschändet!“ sagte Ciprian knirschend. „Wer war die letzte die verschwand?“ fragte Calvin, immer im Kopf mitrechnend. „Das war Selina, die Tochter und einziges Kind des Totengräbers. Sie verschwand noch am Donnerstag am Abend, kaum als das wir Adriana beerdigt hatten. Ihr könnt euch die Verzweiflung aller vorstellen. Wir suchten und suchten, aber sie blieb verschwunden. Am Samstag gegen Abend hin hörten wir einen lauten Schrei aus dem Wald. Wir waren uns sicher, dass es Selinas Stimme war und rannten so schnell es ging in den Wald. Sie lag am Boden und über ihr gebeugt stand ein Werwolf und kaum als er uns bemerkte rannte er weg. Dieses Monster hat ihr den Hals völlig zerfetzt. Aber es war kaum noch Blut in ihr. Auch sie war geschändet worden. Glücklicherweise ist seit letztem Sonntag kein Mädchen mehr entführt worden.“ Sagte Daniela. „Mhm…“ Venus starrte vor sich hin, dann stand sie auf und schulterte ihre Pistolen. Sie steckte Rose und Thorn in einen Gürtel, den sie um ihre Hüfte geschlungen hatte. Calvin trug bereits das neue Schwert um die Hüfte und um ihren Oberschenkel hatte sie die Dolche im Leder geschlungen. „Wo wollt ihr hin, Venus?“ fragte Daniela. Ciprian rauchte nachdenklich eine Pfeife und starrte wütend vor sich hin. Das Gefühl der Machtlosigkeit war spürbar. „Ich sehe mich im Wald um. Calvin befrag du den Müller, den Bäcker und den Totengräber. Wir müssen Fakten suchen.“ Sagte Venus. Damit hatte sie sich schon auf ihr Pferd geschwungen und ritt davon. „Ach…“ seufzte Calvin auf. „Schwere Partnerarbeit?“ fragte Ciprian. „Teils schon – sie sagt mir meistens nicht, warum ich gewisse Dinge machen soll – typisch Venus eben.“ Sagte Calvin lächelnd. „…ich begleite euch – dann werdet ihr schneller fertig!“ sagte Ciprian. „Danke – gerne!“ lächelte Calvin. „Ich suche mal meine Kinder – sie müssen morgen in die Schule und haben noch nichts gelernt!“ sagte Daniela. Venus ging im Schritttempo hoch zu Pferd durch den Wald und fand bald die Lichtung, die man ihr beschrieben hatte. Dort hatte man Selina gefunden. Venus sah noch die letzten trockenen Blutsspuren. Sie sprang vom Pferd ab und kniete sich hin. „Mhm – dafür dass ihr der Hals aufgerissen wurde, stimmt – fast kein Blut. Da war aber jemand durstig!“ sagte sie leise. Das Pferd graste friedlich neben ihr. Venus sah sich um, da hörte sie ein lautes Knacken und sofort hatte sie ihre fünf Sinne beisammen und war wachsam. Sie tat als hätte sie nichts gehört und blickte weiter auf den Waldboden, während es hinter ihr raschelte. Sie ignorierte es, und wanderte um den dicken Baumstamm herum. Das Rascheln setzte kurz aus, da brüllte ein gewaltiges Wesen auf. Das Pferd scheute und lief weg, als das Wesen durch das Dickicht brach, um den Baumstamm stürmte und sich auf Venus stürzen wollte. Sein Angriff ging allerdings ins Leere. Venus war verschwunden. Verdattert sah sich das Wesen knurrend um. Da sprang lautlos Venus vom Geäst des Baumes herab, auf den sie sich zurückgezogen hatte und landete direkt auf dem Rücken des Getiers. Es knurrte laut auf, doch das Aufblitzen des Silberdolches erschreckte es. „Bleib ruhig Großer, oder ich brenn dir ein schickes neues Loch in deinen Pelz!“ damit sprang Venus von dem Wesen weg und musterte es. Vor ihr stand ein gewaltiger Werwolf. Sein Fell war schwarz und seine Lefzen mit Blut verschmiert. Seine Augen huschten auf ihre Dolche und gleichzeitig ließ er sich auf alle viere fallen und knurrte böswillig auf. „So, so… Dracula schickt seine Schoßhündchen los um mich zu ihm zu bringen, oder um mich zu töten… eines von den beiden trifft sicher zu. Denn wenn du nur beobachten sollst, wärst du nicht so laut gewesen. So dumm kann nicht mal ein Werwolf sein.“ Sagte Venus. Der Werwolf knurrte zornig. Seine Augen waren tiefschwarz und glänzten gefährlich auf. „Wer du wohl warst… wie alt du wohl bist…“ dachte Venus. Da stürmte der Werwolf auf sie zu und griff an. Sie sprang einfach über ihn weg und schoss mit ihrer Pistole Thorn zweimal direkt auf den Rücken des Untiers. Es brach jaulend zusammen und wälzte sich auf dem Boden. Jaulte noch einige Male, rannte gegen Bäume und verschwand laut knurrend im Wald. Venus blickte ihm hinterher. „Na toll – jetzt kann ich zu Fuß zurück ins Dorf gehen. Doofer Köter!“ fluchte sie ungeniert. Genervt kickte sie einen Ast weg, der gerade vor ihren Füßen lag und voller Blut des Werwolfs war. Da fiel ihr ein Glänzen auf und sie blickte überrascht zu Boden. „Oh…was…“ sie ging in die Hocke und putzte mit ihrer Hand das Laub von dem Gegenstand weg. Es war ein kleiner Anhänger an einer schmalen Kette. „Na so was…“ sagte Venus. Sie hob die Kette auf und musterte den Anhänger. Sie blinzelte und erkannte eine feine Gravur. „Vielen Dank, dass sie sich alle drei gleichzeitig die Zeit nehmen. Ich weiß es ist eine schreckliche Zeit für sie und ihre Familien. Aber sie können mir und meiner Partnerin vielleicht helfen diesen grausamen Dämonen zu fangen.“ Sagte Calvin. Er, Ciprian, der Bäcker Thovar, der Müller Rupert und der Totengräber Mullard saßen gemeinsam im Amtszimmer des Bürgermeisters. Daniela hatte ihnen eine Tasse Tee gemacht und schweigend saßen sie am Tisch. „Rupert, Thovar, Mullard…“ sagte Ciprian. Die Männer hoben kaum die Köpfe. „Ich weiß es ist schwer, aber wir müssen „Ihn“ aufhalten!“ Aufseufzend nickten die drei. „Müller Rupert hat sich ihre Tochter Catherine irgendwie anders verhalten, in den Tagen vor ihrem Verschwinden?“ fragte Calvin ruhig. „Nein, sie war eigentlich glücklich wie immer und freute sich am Leben. Sie war ein aufgewecktes, hübsches Mädchen!“ sagte Rupert mit Tränen in den Augen. „Bäcker Thovar, Totengräber Mullard – ihre Töchter?“ fragte Calvin. „Nein Adriana war wie immer ein Sonnenschein!“ sagte Thovar. „Selina war normal wie immer, wenn auch wenig ängstlich wegen den Morden im Dorf!“ sagte Mullard traurig. „Verstehe…“ seufzte Calvin. „Ach meine kleine Selina…“ weinte Mullard leise und strich über ein kleines Bild in seiner Hand. Calvin sah zufällig hin, da erschrak er und stand blitzschnell auf. Die anderen sahen ihn verblüfft an. „Totengräber Mullard – ist das ihre Selina?“ fragte Calvin aufgebracht. „Ja… Selina…“ sagte Mullard verdattert. „Sie hatte rote Haare.“ Sagte Calvin. „Ja, eine selten Haarfarbe…“ da hielt Mullard inne und starrte die beiden anderen auch an. „Was?“ fragte Calvin. „Selina, Adriana und Catherine waren die einzigen Mädchen mit roten Haaren in unserem Dorf!“ sagte Ciprian, der sofort den Zusammenhang verstanden hatte. „Oh Gott – er will eine Rothaarige Braut…. Venus!“ hämmerte es in Calvins Kopf. Da flog die Tür auf und Venus kam in den Raum. „Venus!“ seufzte Calvin erleichtert auf. „Calvin – er hat es auf einen gewissen Mädchentyp abgesehen!“ sagte Venus kalt. Die Stimmung sank sofort auf eisige Kälte. Alle starrten sie an. „Hier Totengräber – gehörte das ihrer Selina?“ fragte Venus und hielt Mullard das Kettchen entgegen. Er nahm es mit zitternden Händen in Empfang und weinte große, dicke Tränen: „Ja, meine Frau und ich schenkten es ihr zum 19. Geburtstag. Sie war so ein hübsches Mädchen!“ er drückte das kleine Medaillon auf und man konnte das Bild eines hübschen, rothaarigen Mädchens erkennen. „Venus – er jagt rothaarige Mädchen!“ sagte Calvin ernst. „Ja und dreimal darfst du raten warum…“ sagte Venus. Sie zog Calvin mit sich und rief über die Schulter: „Wir reiten zum Schloss nach Bukarest. Sperrt alle Mädchen mit roten Haaren ein und schützt sie.“ Damit knallte die Tür zu und Ciprian sah ihnen nur hoffnungslos nach. Venus und Calvin jagten durch die Wälder. Venus fluchte ungeniert vor sich hin. „Verdammt – ich weiß nicht was für ein krankes Spiel Dracula treibt – aber eines ist sicher. Er sucht eine verdammte, rothaarige Braut. Und ich habe da so eine ungute Ahnung, dass er eigentlich nach mir sucht!“ „Aber das ist unlogisch, Venus – er weiß nichts von dir!“ sagte Calvin. „Bist du dir da so sicher? Wir dachten alle, er hat keine Ahnung – aber vielleicht wusste er bereits die ganze Zeit, dass es mich gibt.“ Sagte Venus. „Möglich, aber es muss nicht sein.“ „Was auch immer der Grund dafür ist, ich muss ihn stoppen – er hat bereits drei Mädchen zu viel getötet. Los beeil dich!“ sagte Venus und trieb ihr Pferd noch schneller an. Calvin beeilte sich. Daniela trat zu Ciprian ins Zimmer und sah wie ihr Bruder am Fenster stand und seine Pfeife rauchen zum Fenster hinausblickte. Erneut hatte es zu schneien begonnen. „Ciprian… ich habe ein schlechtes Gewissen.“ Sagte Daniela. „Daniela…“ sagte Ciprian. „Wie kannst du mit dem Wissen leben, dass wir die Tochter von Anna in den Tod schicken?“ fragte Daniela leise. „Denk doch an die Kinder unseres Dorfes.“ Sagte Ciprian und seufzte auf: „Wir haben keine andere Wahl. Venus für unser Dorf. Ein Opfer gegen das Leben von hunderten. Ich bereue es nicht!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)