Tagebücher eines Shinobi von abgemeldet (Eine neue Generation) ================================================================================ Kapitel 5: Von gestohlenem Honigkuchen und unerwarteten Rauswürfen ------------------------------------------------------------------ Neji atmete durch den Mund, um möglichst kein Geräusch zu verursachen. Noch wusste er nicht, wie stark genau sein Ziel war, das sich in dem Moment unter ihm durch den Wald bewegte. Die Beschreibung, oder jedenfalls ein Merkmal, passte. Die Gestalt war zierlicher, als er sie sich vorgestellt hatte, aber sie trug einen dunkelgrauen Mantel mit Kapuze und er hatte sie in den Wäldern um Kyoga angetroffen. Am Besten nagelte er sie erst fest, bevor er sie tötete: Nicht, dass es am Ende noch das falsche Ziel war. Das fand meist niemand besonders lustig. Neji atmete tief durch und sprang von dem Ast, auf dem er gelauert hatte. Bevor seinem Ziel Zeit zur Reaktion blieb, hatte er schon ein Kunai an seine Kehle gelegt. Wenn es die richtige Person war, direkt über der Henkersnarbe. Zwar könnte er einen Ninja viel eher mit den Hyuuga-Techniken ausschalten, aber bei Uneingeweihten schindete ein Kunai mehr Eindruck als die blosse Hand. Was irgendwie verständlich war. „Wer bist du und was machst du hier?“, sprach Neji die Frage aus, die er seinen Opfern vor der Elimination zu stellen pflegte. Um sicher zu gehen. Auch wenn er selten eine ernsthafte Antwort erhielt. Plötzlich verschwand sein Opfer und Neji war sofort klar, dass es sich um das Kawarimi no Jutsu handelte und wirbelte herum, doch die Gestalt stand bereits einige Meter entfernt, ohne den Anschein zu machen, ihn angreifen oder weglaufen zu wollen. Im Gegenteil, sie stand lässig da und obwohl die Kapuze ihr Gesicht verdeckte, war er sich sicher, dass sie grinste. „Man nennt es Waldspaziergang, wenn du schonmal davon gehört hast“, antwortete die Gestalt spöttisch. Die Stimme war eindeutig weiblich und Neji kam sie geradezu unheimlich bekannt vor. Sein Gegenüber stutze. „Ein ANBU aus Konoha?“, murmelte die Frau, doch es klang mehr wie eine Feststellung. Dann straffte sie die Schultern und ging einige Schritte von ihm weg. Sie hielt inne und ihre Schultern bebten. „Du hast keinen Grund, hinter mir her zu sein. Ich schulde Konoha nichts. Das Dorf hat mich grossgezogen und im Tausch dafür habe ich ihm mein Leben gegeben. Als es entschieden hat, dieses wegzugeben, hat es jegliches Recht auf mich verloren. Wir sind quitt.“ Damit marschierte sie davon, zurück in die Richtung, aus der sie gekommen war. Neji blieb wie gelähmt stehen und starrte der Frau nach. Sie schien seine Stimme durch die Maske nicht erkannt zu haben, aber er war sich sicher: Das war Tenten. Tenten, die vor sechs Jahren von Konoha aufgegeben worden war. Sie schien geglaubt zu haben, dass er nach ihrem Leben trachtet, weil sie nun hier lebte, in Kyoga – also irgendwie zu einem Nukenin geworden war, einem Shinobi, der sein Dorf verlassen hatte. Neji fasste sich an den Kopf, unfähig, seine Gedanken in den Griff zu bekommen. Dann atmete er tief durch und wandte sich ab, mit dem festen Vorsatz, dieses Ereignis zu vergessen. Jedenfalls vorerst. Schliesslich lief hier immer noch ein Nukenin herum, den es auszuschalten galt. Als Tenten die Haustüre hinter sich geschlossen hatte, fiel die ganze Spannung von ihrem Körper ab und sie sackte zu Boden. Ihr Blick ging in die Leere, noch nicht einmal zum Weinen fühlte sie sich im Stande. Als ob sie ihn nicht erkannt hätte! Was glaubte er eigentlich, wer sie war? Irgendein dummes Ding mit einem Hirn wie ein Sieb? Alleine schon das lange Haar sprach Bände, seine tiefe Stimme war selbst gedämpft problemlos zu erkennen gewesen. Und dann, wo er ihr das Kunai hinhielt! Sie war Waffenspezialistin, natürlich war ihr aufgefallen, dass die Klinge nicht über ihrer Hauptschlagader geschwebt hatte, sondern über einem lebenswichtigen Chakraknoten. Nur ein Hyuuga würde mit solcher Sicherheit wissen, wo diese lagen, ohne auch nur hinschauen zu müssen – ein Fehler war ausgeschlossen, schliesslich wies ihn die Maske als ANBU aus. Und ANBU machten keine Fehler. „Okaa-san?“ Yorume hatte sich vor ihr auf den Boden gesetzt und sah sie verwundert an. Tenten rang sich ein Lächeln ab und strich ihm durch den hellbraunen Schopf. „Alles in Ordnung, mein Schatz“, versicherte sie ihm und erhob sich. Er blinzelte von unten zu ihr auf, den Kopf schiefgelegt und sie wusste, dass er sie durchschaut hatte. Im Gegensatz zu Katsumi, die stets mit dem Kopf durch die Wand wollte, war er ein sehr verständiges Kind. Still, aber klug. Das Geräusch eines Stuhles, der über den roten Lehmboden kratzte, erklang aus der Küche. „Katsumi klaut schon wieder vom Honigkuchen“, bemerkte Yorume und seine Pupillen wanderten an den Rand seines Blickfeldes, obwohl es ihm unmöglich war, so die hinter ihm liegende Küche zu sehen. Vermutlich hatte er recht. „Katsumi-chan, kommst du bitte mal her?“, rief Tenten nach ihrer ältesten Tochter und ging an Yorume vorbei Richtung Küche. Schon von weitem sah sie die schreckgeweiteten Augen des Fünfjährigen Mädchens, das auf frischer Tat ertappt worden war und noch nicht einmal vom Hocker runtergestiegen war. Tenten betrat die Küche und seufzte, denn Katsumi hatte bereits einen Brocken von dem flachen Kuchen herausgerissen, sodass er nicht mehr besonders ansehnlich aussah. „Katsumi-chan, gib das her“, forderte sie bestimmt und streckte die Hand aus. Das kleine Mädchen hatte den Kuchen hinter dem Rücken versteckt und sah seine Mutter trotzig an. „Nein.“ „Da will wohl jemand keinen Nachtisch, denn heute gibt es nur Kuchen für brave Kinder.“ Sofort konnte Tenten sehen, dass die Kleine den Bluff geschluckt hatte. Natürlich hätte sie nicht widerstehen können, ihr etwas abzugeben, wenn sie sie mit ihrem niedlichsten Bettelblick ansah. Es war nicht unbedingt die richtige Art, sich Autorität zu verschaffen, aber Tenten konnte einfach nicht anders. Ausserdem hatte Katsumi ihr es bis jetzt meist geglaubt. Gehorsam gab das Mädchen auch diesmal seine Beute heraus, die aus einem zerknautschten Stück Honigkuchen bestand. Den würde jetzt niemand mehr essen wollen. „Sehr gut. Und jetzt geh dir die Hände waschen.“ Katsumi trottete ohne ein weiteres Wort ab, auch wenn sie trotzig die Unterlippe vorgeschoben hatte. Tenten seufzte, als sie aus dem Zimmer verschwunden war und warf den Kuchen in den Mülleimer, bevor sie sich ebenfalls das klebrige Zeug von den Fingern wusch. Nein, sie hatte beim besten Willen keine Zeit, sich um Neji zu sorgen. Der kam perfekt ohne sie zurecht, wie sie nun gesehen hatte – sie brauchte bloss so zu tun, als sei die Begegnung niemals vonstatten gegangen. Die Türe ging und leise Geräusche aus dem Eingangsbereich waren zu hören. „Hallo, Yorume-chan“, hörte sie Nobu den kleinen Junge begrüssen, doch dieser antwortete nicht. Aus Tenten unerfindlichen Gründen, mochte Yorume Nobu nicht. Er schien sowieso ein Problem mit allen erwachsenen Männern zu haben, die es auch nur wagten, mit ihr zu sprechen. Tenten hatte es irgendwie niedlich gefunden, als ihr das klar geworden war, aber im Grunde war es schlichtweg problematisch. Nobu hatte inzwischen die Küche betreten und begrüsste auch Tenten mit einem freundlichen Lächeln. „Hallo, Tenten.“ Es hatte lange gedauert, bis er sich das -sama abgewöhnt hatte. Genau genommen über ein Jahr. Nachdem Konoha sie aufgegeben hatte, war zuerst der Schock gross gewesen. Sie hatten beide fest damit gerechnet, dass Tenten sterben müsste, aber Ishimaru-sama hatte andere Pläne. Tenten hatte die vorzügliche Ausbildung Konohas genossen, was sie zu einer unersetzbaren Informationsquelle machte. Ishimaru-sama hatte Konoha bloss glauben machen wollen, sie würden Tenten töten, damit Tsunade nicht wegen Informationsschutz doch noch Truppen entsandte, um wahlweise Tenten oder Kyogagakure zu eliminieren. Anscheinend war sie nun doch noch dahinter gekommen und hatte Neji geschickt, um sie zu töten. Die Frau war einfach grausam. Wie auch immer, nachdem Tenten informiert wurde, dass sie von nun an in Kyogagakure leben würde und es ihr verboten war, das Dorf zu verlassen, willigte sie ohne grossen Widerstand ein. Ab und an setzte sie sich jedoch über diese Regelung hinweg und schlich sich aus dem Dorf, um sich in der Umgebung ein bisschen die Beine zu vertreten. Wenn sie nicht gerade mit ihren zwei Kindern beschäftigt war, unterrichtete sie den wieder in vernünftigem Masse vorhandenen Nachwuchs des Dorfes im Umgang mit Waffen und einfachen Jutsus. Ihre Fähigkeiten, die sich anders als zum Beispiel der Hyuuga- oder Yamanaka-Clan weder auf Kekkei Genkai noch Hidden stützen, liessen sich für praktisch jedes Kind so abwandeln, dass es eine gute Grundlage für seine spätere Laufbahn hatte. Anders als sie bei ihrer Ankunft vermutet hatte, wäre nämlich Kyogagakure nicht zum Untergang verdammt: Zwei weitere Ninjadörfer, die durch den Krieg zu klein, um alleine zu existieren, geworden waren, hatten ihre Heimat aufgegeben und bevölkerten nun das zuvor beinahe leerstehende Dorf. Ja, man konnte sagen, mit dem roten Dorf war es in den letzten sechs Jahren steil aufwärts gegangen. Nur manchmal dachte Tenten noch an Konoha, ihre Heimat und wünschte sich, sie hätte sie nie verlassen müssen. Aber dann kam Katsumi angerannt, um ihr ihren neusten Fund zu zeigen und Tenten hatte keine Zeit mehr, über die Frage 'Was wäre, wenn ich in Konoha geblieben wäre?' nachzudenken. „Hast du heute noch was vor?“, fragte Nobu, während er seine Waffen auf dem Küchentisch ausbreitete. „Mhm. Deine Schwester hat mich zu sich eingeladen. Aber ich werde nicht hingehen“, sagte Tenten und setze Wasser für Tee auf. Nobu seufzte. „Wieso weigerst du dich, irgendjemanden hier kennenzulernen? Sechs Jahre und du hast es zu keiner handvoll Freundinnen gebracht. Im Grunde kennst du von den Frauen ausser meiner Schwester überhaupt niemanden!“ Tenten schnaubte abfällig. „Ich habe kein Bedürfnis, mit irgendwelchen kriegsverbitterten Witwen Tee zu trinken und mich mit ihnen in ihrem Weltschmerz zu suhlen.“ „Hey, rede nicht so über meine Schwester!“ empörte sich Nobu und liess seine Kunai unsanft auf die Tischplatte fallen. „Ist doch wahr.“ Tenten verzog das Gesicht. „Niemand hat Freude am Krieg gehabt, aber ich habe beim besten Willen nichts mit diesen... Hausfrauen gemein. Ich mag vielleicht Mutter geworden sein, aber mein Herz ist das eines Ninja.“ „Ja. Das einer Konoha-Kunoichi“, gab Nobu verbittert zurück. Tenten funkelte ihn mit zusammengekniffenen Augen an. „Du weisst, dass ich recht habe“, rechtfertigte er sich. „Tief in deinem Herzen warst du nie bereit, hier zu bleiben. Eigentlich wartest du nur auf die nächstbeste Gelegenheit, zurück nach Konoha zu gehen.“ Er machte eine ausladende Handbewegung. „Nichts in diesem Haus trägt deine persönliche Note. Du lässt deine Sachen nicht herumliegen, sondern verräumst sie mit akribischer Genauigkeit zurück in deinen Schrank. Wenn wir ein neues Möbel anschaffen, überlässt du die Entscheidung alleine mir. Du benimmst dich seit sechs Jahren wie ein Gast. Es ist zwecklos, das zu leugnen.“ Nobu schluckte und sah zu Boden. „Ich weiss, dass dein Herz noch immer an diesem Hyuuga hängt. Ich hatte nie eine reelle Chance.“ Er hob den Blick, nun war er gefasst. „Ich war heute bei Ishimaru-sama. Er hat dir die Erlaubnis ausgestellt, Kyogagakure zu verlassen, da vor ein paar Tagen der Tag war, an dem du sechs Jahre in Kyoga gelebt hast. Du bist jetzt frei.“ Seine Hand zitterte, als er das Dokument aus der Tasche zog und ihr reichte. Tenten nahm es wie betäubt entgegen. „Ausserdem bitte ich dich, dir eine andere Unterkunft zu suchen. Die Kinder sind gerne willkommen, aber ich ertrage es nicht länger, dich täglich sehen zu müssen. Es tut weh.“ Tenten starrte Nobu an, ihre Augen waren leer. Dann drehte sie sich um und verliess die Küche. „Kinder!“, rief sie. „Ich werde euch meine Heimat zeigen!“ ♦ Heute gibt es zwei Kapitel, weil ich euch so lange hab warten lassen und vielleicht warten lassen werde. Mein Laptop ist noch immer nicht wieder da, aber ich habe mir die Dokumente auf den PC geholt und kann so die schon fertiggestellten Kapitel uploaden. c: Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)