es besser machen. von Violie (- a next generation story -) ================================================================================ Kapitel Sieben. --------------- Es besser machen. Kapitel Sieben. Als Dominique aufwachte, wusste sie zunächst nicht, wo sie sich befand und auch nicht, warum sie nicht in ihrem Schlafsaal war. Der Raum, in dem sie sich befand, kam ihr nur sehr vage bekannt vor und die Müdigkeit war noch nicht weit genug gewichen, als das sie hätte klar denken können. Doch als die Blondine schließlich ihre beiden besten Freundinnen neben sich wahrnahm, fiel ihr ein, wo sie war und auch warum. Mit einem Mal saß sie aufrecht auf ihrer bequemen Couch und strich sich nervös die Haare aus dem Gesicht. Das schlechte Gewissen übermannte sie von einer Sekunde auf die andere. Sie konnte Alice unmöglich gehen und ihr Vorhaben in die Tat umsetzen lassen. Es war nicht fair. Albus verdiente zu wissen, was vor sich ging. Er verdiente ein Recht, mitzuentscheiden. Mit gerunzelter Stirn und verschlungenen Händen blickte Dominique auf ihre dunkelhaarige Freundin. Wie hatte Alice sie nur in diese Sache mit reinziehen und von ihr Verschwiegenheit fordern können? Das widersprach ihrem gesamten Wesen. Sie log nicht gerne und schon gar nicht war sie unehrlich zu den Menschen, die ihr etwas bedeuteten. Nur ein Geheimnis hatte sie über all die Jahre behalten, aber darüber konnte sie jetzt wirklich nicht nachdenken. Der Ravenclaw war bewusst, dass sie ihre Entscheidung schon längst getroffen hatte. Sie durfte keine Zeit verlieren. Etwas ungeschickt erhob sie sich von ihrem provisorischen Schlafplatz und richtete ihre Kleidung vom letzten Abend. Mit einem simplen Zauber sorgte sie dafür, dass ihre Haare in einen ordentlichen Dutt gebunden waren. Sie wollte gerade den Raum verlassen, als eine schlaftrunkene Stimme sie zurückhielt. Mit zitternden Händen drehte sich Dominique zu ihrer Cousine um. „Was hast du vor, Dome? Du hast Alice versprochen, das alles für dich zu behalten.“ Rose‘ Augen funkelten sie streng an. „Ich habe nicht vor, Albus etwas zu sagen“, log Dominique sie an und spürte die Röte in ihre Wangen steigen, doch Rose schien es nicht wahrzunehmen. „Ich möchte nur nicht den Unterricht schwänzen und mich wegschleichen. Du weißt, dass ich das nicht tue.“ Und diese Worte waren keine Lüge. Es war einfach nicht ihre Art, unentschuldigt und ohne Grund zu Fehlen. „Sag Alice, dass ich ihr alles Gute wünsche und, dass schon alles gut werden wird. Ich sehe euch dann heute Abend.“ Und ohne Rose noch die Chance auf eine Erwiderung zu geben, verließ sie den Raum und schlug die Tür hinter sich zu. Sie hielt einen Moment inne um tief durchzuatmen. Das was sie jetzt vorhatte, würde Alice ihr niemals verzeihen. Sie würde eine geliebte Freundin verlieren. War die Wahrheit das wert? War Alice‘ Weg am Ende vielleicht doch der Bessere? Der Leichtere für alle Beteiligten? Aber nein, Dominique hatte ihre Wahl getroffen. Mit entschlossenen Schritten machte sie sich auf den Weg zu den Kerkern. Im Schloss herrschte schon Hektik und ihr fiel auf, dass sie keine Ahnung hatte, wie spät es eigentlich war. Wahrscheinlich war Albus schon längst in der Großen Halle und frühstückte. Also änderte sie ihren Kurs und rannte zu ihrem neuen Ziel. Tatsächlich fand sie ihn fünf Minuten später neben Scorpius und anderen Freunden aus seinem Haus am Slytherintisch. Sie hielt sich zwar nicht gerne bei den Schlangen auf, aber darauf konnte sie nun wirklich keine Rücksicht nehmen. „Albus!“, rief sie ihm schon aus zehn Metern Entfernung entgegen. Der Kopf des Potters schoss nach oben und er suchte die Menge nach ihr ab. Als er sie schließlich entdeckte winkte er etwas verdutzt zu. Keuchend kam sie vor seinem Platz zum Stehen und drückte beide Hände in ihre linke Seite, um das aufkommende Seitenstechen zu verhindern. „Ich darf dir das eigentlich nicht sagen und Alice wird mich dafür bis zum Ende aller Tage hassen und nie wieder mit mir reden, aber ich kann das einfach nicht für mich behalten. Es geht nicht. Es ist einfach nicht in Ordnung. Ich muss mit dir Reden. Komm mit, bitte!“ Sie wartete nicht auf seine Zustimmung, sondern eilte einfach wieder aus der Großen Halle hinaus, wo sie auf ihren Cousin wartete. Mit einem vollkommen verwunderten Gesichtsausdruck trat er schließlich neben sie. Unruhig lief sie einige Schritte hin und her, bevor sie sich ihm zuwandte und ihre Hände auf seine Schultern legte, um sich selbst zu beruhigen. „Alice, es ist … sie hat einen Termin bei der Heilerin im Dorf. Ich sollte nichts sagen, aber ich kann nicht zulassen, dass du niemals etwas davon erfährst. Du hast doch ein Recht darauf.“ Kopfschüttelnd blickte sie ihrem Cousin in die grünen Augen. Albus wirkte von Minute zu Minute verwirrter. „Dome, ich habe nicht die leiseste Ahnung wovon du sprichst. Nimm es mir nicht Übel, aber eigentlich ist es mir auch egal, was Alice macht. Wir sind nicht mehr zusammen und es geht mich nichts an wohin sie geht - " „Herrje, Al“, fiel sie ihm aufgebracht ins Wort. „Es kann dir nicht egal sein und es geht dich etwas an, mehr als du jemals glauben würdest. Sie ist schwanger und sie will das Kind abtreiben lassen. Jetzt gleich.“ Sie flüsterte die letzten Worte und senkte dann beschämt den Kopf. Selten hatte sie sich so mies gefühlt. Merlin, sie hatte es Alice versprochen, aber was konnte sie tun? Es war einfach das Richtige. Albus stand wie vor den Kopf gestoßen vor ihr. Einen Moment dachte Dominique, er würde vielleicht ohnmächtig werden oder irgendwie durchdrehen, irgendetwas eben. Das er aber gar kein Lebenszeichen mehr von sich gab, verunsicherte sie. „Albus. Al, bitte! Ist alles okay?“ Ihre Stimme klang eindringlich und sie griff nach seinen kühlen Händen, um sie zu drücken. „Bitte sag etwas.“ Und dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, schnappte der Slytherin aus seiner Trance. „Bring mich sofort zu ihr.“ Das war alles was er sagte und seine Stimme klang nicht ein bisschen wie seine eigene. Die Blondine zögerte nicht und zog ihn hinter sich her die Marmortreppen nach oben. Sie konnten keine Zeit mehr verlieren, sonst wären Alice und Rose verschwunden. Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen sie beim Raum der Wünsche an und nach dem zweiten Sprint an diesem Morgen fühlte sich Dominique kurz vor dem Zusammenbruch. Mit wackelnden Knien und der Angst vor der Wut und Enttäuschung ihrer Freundinnen schritt sie dreimal vor der kahlen Wand auf und ab, in Gedanken bei dem Raum den sie vor etwa zwanzig Minuten verlassen hatte. Doch als sich die Tür öffnete, war niemand mehr vorzufinden. Verzweifelt schaute sie sich nach Albus um, der sie ausdruckslos und fassungslos zugleich ansah, falls das überhaupt möglich war. „Ich muss nach Hogsmead. Wo genau sind sie hin, Dome?“, verlangte er dann mit hölzerner Stimme zu wissen. „Zu Heilerin Cooper. Ihre Praxis liegt etwas abseits der Hauptstraße, aber sie ist nicht zu übersehen.“ Albus nickte knapp und dann rannte er los. Mit hängenden Schultern und klopfendem Herzen sah sie ihrem Cousin nach, ihr Atem ging noch immer schwer vom Rennen. ___ Ohne Schwierigkeiten, schafften es Alice und Rose in den Geheimgang, der nach Hogsmead führte. Sie hatten sich für den Geheimgang durch den Buckel der alten Hexe im dritten Stock entschieden, denn keine der beiden Gryffindors hatte so früh am Morgen Lust, sich mit der Peitschenden Weide zu messen und die Möglichkeit, auf den Ländereien bei Tageslicht erwischt zu werden war noch dazu ziemlich hoch. Rose hielt die ganze Zeit über Alice‘ Hand. Die Longbottom hatte den ganzen Morgen noch kein Wort gesprochen und auf jede Frage von Rose nur den Kopf genickt oder geschüttelt. Sie erreichten nach einer guten halben Stunde den Lagerkeller des Honigtopfes und schlichen sich glücklicherweise vollkommen unerkannt aus dem Laden, der noch nicht einmal geöffnet hatte. Rose spürte Alice‘ Anspannung und wünschte, sie könnte ihrer Freundin irgendwie helfen. Aber was konnte sie schon sagen? Was brachten Alice jetzt schon leere Worte und Versprechungen? Das gesamte Zaubererdorf war vollkommen ausgestorben und bot damit einen völlig anderen Anblick als am Samstag, wo sich beinahe die gesamte Schule hier herumgetrieben hatte. Alles war still und unberührt und weckte in beiden Mädchen ein beklemmendes Gefühl. Auch in der Praxis von Heilerin Cooper war kaum jemand anzutreffen. Am Empfang saß, wie schon am Samstag, Trixi mit den blonden Haaren und den perfekt manikürten Fingernägeln. Sie lächelte freundlich. „Guten Morgen“, grüßte sie und blickte dann auf ihre Unterlagen. „Alice Longbottom, richtig?“ Alice nickte zaghaft und bohrte dabei die Fingernägel ihrer rechten Hand in ihren linken Arm. „Heilerin Cooper wartet schon auf dich. Deine Freundin kann dich gerne begleiten. Im Behandlungszimmer wird die Heilerin dir dann die ganze Prozedur erklären und in etwa einer Stunde kannst du schon wieder gehen.“ Ohne ein weiteres Wort betrat Alice das Zimmer, in dessen Richtung Trixi sie gelotst hatte. Rose ging dicht hinter ihr. Als die beiden Mädchen eintraten, erhob sich die brünette Heilerin und gab ihnen die Hand. „Hallo Alice, es ist schön dich wieder zu sehen.“ Dieses Gefühl beruhte nicht auf Gegenseitigkeit. Die Longbottom fühlte sich schrecklich und am liebsten wäre sie schreiend zur Tür hinausgerannt, nur weg von hier. Doch sie zwang sich zu einem fürchterlichen Lächeln und ließ sich neben Rose auf einen Stuhl fallen. „Wie ich sehe, hast du heute eine andere Begleitung mitgebracht“, fuhr die Heilerin unbeirrt fort. „Ich bin Rose“, stellte sich die Rothaarige höflich vor, bevor sie Alice einen fragenden Blick zuwarf. Verdammt, dachte die Longbottom. Daran, dass Scorpius sie das letzte Mal hierhin begleitet hatte, hatte sie überhaupt nicht gedacht. Natürlich war Mrs. Cooper ein wenig verwirrt, doch Alice kümmerte sich nicht weiter darum. Eigentlich war es ihr sowieso alles vollkommen gleich; sie hatte momentan andere Probleme und so beschloss sie Rose‘ Blick einfach zu ignorieren. Sie würde jetzt nicht mit Scorpius beschäftigen, denn das würde sie an Albus erinnern und sie konnte jetzt unmöglich an den Potter denken. Nicht, wenn sie das hier reibungslos über die Bühne bringen wollte. „Nun gut, ich werde dir also kurz erklären, was wir heute vorhaben. Dann musst du zwei Formulare unterschreiben und dann geht es los. Trixi hat dir sicherlich schon gesagt, dass wir nicht besonders lange brauchen werden?“ Alice nickte und verschränkte ihre Hände im Schoß. Auch die Heilerin nickte und begann dann über das bevorstehende Verfahren zu erzählen. Alice verstand zum größten Teil überhaupt nichts, die ganzen Fachwörter verwirrten sie, doch am Ende war ihr klar, dass sie wohl irgendeinen Trank einnehmen musste, der etwa fünf Minuten brauchte, bis er zu wirken anfing. Und dann, eine viertel Stunde und einige Bauchkrämpfe später, wäre alles vorüber. „Hast du noch Fragen, Alice? Ist dir irgendetwas unklar?“ In einer heftigen Bewegung schüttelte Alice den Kopf, wobei ihre braunen Haare haltlos um ihren Kopf flogen. „Sehr gut. Dann unterschreibe doch bitte die beiden Formblätter, während ich den Trank besorgen gehe. Lies dir bitte alles genau durch!“ Die Longbottom musste sich sehr konzentrieren, den Inhalt der Worte auf den beiden Pergamentblättern nachzuvollziehen. Nach mehrmaligem Lesen wusste sie immer noch nicht genau, worum es ging, doch sie schnappte sich eine Feder und unterschrieb trotzdem. Dann nutzte sie die kurze Abwesenheit der Heilerin um ihre Atmung unter Kontrolle zu bringen. Nur nicht hyperventilieren. Nicht durchdrehen. In weniger als einer Stunde war schon alles vorbei und sie konnte ihr Leben einfach weiterführen wie zuvor. Rose griff wieder nach ihrer Hand und malte beruhigende Kreise auf ihren Handrücken. Im selben Moment öffnete sich die Tür und Mrs. Cooper kam mit einer kleinen Viole voll klarer, orangener Flüssigkeit zurück. ___ Albus kaum noch einen klaren Gedanken. Sein Kopf schwirrte und alles schien sich immer mehr zu drehen. Dennoch rannte er so schnell, wie selten zuvor in seinem Leben. Es kam ihm vor, als würde er im Kreis rennen, denn der Geheimgang zum Keller des Honigtopfes wollte einfach kein Ende nehmen. Vielleicht war Merlin höchstpersönlich gegen ihn. Er versuchte noch immer, mit dem, was Dominique ihm so unvermittelt gesagt hatte, umzugehen. Noch viel mehr wollte er jedoch verstehen, wie Alice ihm das alles antun konnte. Was dachte sie sich dabei, ihn im Dunklen zu lassen und alle Entscheidungen selbst zu treffen? Wieso hatte sie denn bloß nicht mit ihm geredet? Natürlich, weil er sich dagegen gewehrt hatte und ihr immer aus dem Weg gegangen war. War das alles hier im Endeffekt seine Schuld? Hatte er sie dazu getrieben? Hatte er ihr das Gefühl gegeben, dass ein Schwangerschaftsabbruch die einzige Möglichkeit war? Das er nicht für sie da sein würde? Das auf ihn kein Verlass sei? Schnaufend wischte sich der Potter den Schweiß von der Stirn und Erleichterung durchströmte ihn, als er endlich den gewohnten Anstieg des Weges fühlte. Kurz darauf schob er die Bodenplatte beiseite und kletterte in den dunklen, unterirdischen Raum. Er hielt eine Minute inne, um neue Energie zu sammeln. Noch dazu musste er aufpassen, nicht von den Besitzern des Ladens erwischt zu werden. Das würde ihm heute gerade noch fehlen. Noch immer von Vorwürfen geplagt, schlich er sich ins Freie. Der frische Oktoberwind wehte ihm hart ins Gesicht und da er ohne Mantel losgegangen war, übermannte ihn die Kälte sogleich. Er ließ sich nicht aufhalten, verfiel erneut in einen Sprint und hoffte sehnlichst, dass er nicht zu spät kommen würde. Das könnte er sich niemals verzeihen. ___ Das Dominique die erste Unterrichtsstunde an diesem Morgen bei Professor Longbottom hatte, trug nicht dazu bei, dass sich ihr schlechtes Gewissen besserte. Immerhin hatte Alice die Augen ihres Vaters. Ob Albus wohl schon angekommen war und Alice sie mittlerweile in die tiefste Hölle fluchen wollte? Sie würde es verstehen. Noch nie zuvor hatte sie eine ihrer Freundin auf diese Weise enttäuscht und verraten. Doch was nützte es ihr jetzt noch, sich weiter Gedanken darüber zu machen? Es war zu spät, um noch irgendetwas rückgängig zu machen und selbst wenn sie es könnte, würde sie es nicht tun. Also redete sie sich selbst ein, dass sie die richtige Wahl getroffen hatte und erhob sich vom Ravenclawtisch. Sie hatte bis jetzt keinen Bissen hinunterbekommen und bezweifelte, dass sich das noch ändern würde. Stattdessen machte sie sich auf den Weg zu ihrem Turm, um sich endlich umzuziehen und ihre Bücher zu holen. „Dominique!“ Oh Merlin, schoss es ihr durch den Kopf. Das hatte ihr ja gerade noch gefehlt. Sie machte sich nicht die Mühe, sich umzudrehen und ging stur geradeaus weiter. Nein, nein, nein! Sie konnte, wollte und sollte sich jetzt nicht mit Fred auseinandersetzen. Das schien ihr bescheuerter Cousin jedoch anders zu sehen. Sie spürte, wie sich seine warme Hand um ihren Arm schloss und er sie überraschend sanft dazu bewegte, anzuhalten. Für einige Sekunden war sie zu geschockt von dem Gefühl seiner schmalen Finger auf ihrer Haut, bevor sie sich innerlich selbst ohrfeigte und von ihm losriss. „Fass mich nicht an!“, spie sie ihm entgegen und nahm Abstand von ihm. In seinen blauen Augen blitzte etwas auf, das sie nicht deuten konnte und wenn sie ehrlich zu sich selbst war, dann wollte sie es auch nicht. Je mehr Gedanken sie sich über Fred Arschloch Weasley machte, desto mehr würde das alles sie belasten. Verdrängung war in diesem Falle noch immer die beste Strategie. „Können wir reden? Bitte?“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust, was nicht zuletzt dazu diente, ihre zerknitterte Bluse zu verdecken. Bilder schossen ihr ungefragt in den Kopf. Bilder, von Fred und Donna, verschlungen in einer Umarmung. Und gleich darauf Bilder von ihr selbst und Fred, in genau derselben Position. Sie blinzelte heftig, in der Hoffnung, dass diese fürchterlichen Erinnerungen vor ihrem geistigen Auge verschwinden würden. Sie richtete ihre Wut auf Fred. „Das kommt mir vor, wie ein Déjà-vu. Ich glaube, ich hatte dir schon beim letzten Mal klar gesagt, dass wir beide absolut nichts mehr miteinander zu besprechen haben. Du widerst mich an, Fred, und ich will nichts mehr mit dir zu tun haben. Nie wieder, verstehst du das?“ Der Schwarzhaarige verengte die Augen zu Schlitzen. „Nein, Dome, das verstehe ich nicht und ich akzeptiere es auch nicht. Du kannst nicht ewig vor diesem Gespräch wegrennen.“ Das brachte sie zu einem trockenen Lachen. „Oh, mit dem Wegrennen kennst du dich ja aus.“ Sie sah, wie er schwer schluckte und verspürte einen Hauch Genugtuung. „Was ist nur mit dir passiert, Dome? Seit wann bist du so ein verbittertes, sarkastisches Mädchen?“, fragte er sie und sein Ton hätte Dominique beinahe schwach werden lassen. Wie konnte es sein, nach all dieser Zeit und all dem was passiert war, dass er noch immer eine solche Wirkung auf sie ausübte? Das was einfach nicht fair! „Für gewöhnlich bin ich nicht so. Es scheint, als würde deine Gegenwart nur meine schlechtesten Seiten zum Vorschein bringen. Wie das bloß kommt?“ Fassungslos starrte Fred sie weiterhin an. Doch diesmal erwiderte er nichts auf ihre Bemerkung. Die blonde Ravenclaw hatte sich bereits zum Gehen umgewandt, als sie noch einmal innehielt. Sie seufzte kurz, bevor sie ihrem Cousin über die Schulter ins Gesicht sah. „Ich verstehe es nur einfach nicht, weißt du. Egal wie ich es drehe und wende, ich sehe den Fehler nicht. Ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe; was wir falsch gemacht haben und warum es so gekommen ist. Aber ich habe es auch satt, mir darüber Gedanken zu machen. Ich muss wohl einfach über die Vergangenheit hinwegsehen und damit klarkommen, dass du ein Teil meines Lebens bist, ob ich das will oder nicht.“ Ihre Stimme hatte jegliche Kälte und allen Spott verloren. Sie klang besiegt, wofür sie sich selbst verachtete. Als sie davon marschierte, war sie froh, dass Fred sie nicht noch einmal ansprach. ___ Die Hand, in der Alice die Phiole mit dem Zaubertrank hielt, zitterte fürchterlich. Sie war immer noch davon überzeugt, dass Richtige zu tun, dennoch brachte sie diesen endgültigen Schritt einfach nicht über sich. Wenn ihr einfach irgendjemand diese Flüssigkeit einflössen würde, dann wäre das alles nur halb so schwer. Heilerin Cooper hatte angeordnet, dass sich Alice auf eine Liege in der Ecke des Raumes legte, so lange der Trank wirkte. Rose hatte sich zu ihr ans Fußende gesetzt und den Blick aus dem naheliegenden Fenster gerichtet. Die Longbottom wusste, dass Rose angespannt war und sie war ihr so dankbar, dass sie das alles hier trotzdem mit ihr gemeinsam durchstand. Sie war Dominique nicht böse, dass sie sie nicht begleitet hatte. Es war einfach nicht ihre Art, im Unterricht zu fehlen und Alice wusste, dass sie trotzdem an sie dachte. „Nimm den Trank einfach, sobald du dich dafür bereit fühlst. Ich gehe nach einer anderen Patientin sehen, aber ich bin gleich nebenan, also wenn du etwas brauchst, dann schick Rose zu Trixi oder mir.“ Die Heilerin drückte kurz Alice’ Schulter, bevor sie den Raum verließ. Die beiden Gryffindors schwiegen und verharrten in ihren jeweiligen Positionen. Erst als Alice den Korken mit einem leisen Plopp aus der Phiole löste, schaute Rose sie wieder an. Ihr Blick war durchdringend. „Ich vertraue darauf, dass du die richtige Entscheidung für dich getroffen hast, Alice. Und du weißt, ich unterstütze dich und stehe hinter dir. Aber wenn du Zweifel hast, wenn du dir nicht absolut und vollkommen sicher bist, dann musst du das nicht tun. Ich will nur, dass du weißt, dass du immer noch andere Möglichkeiten hast und das du alles schaffen kannst.“ Ein schwaches Lächeln erschien auf Alice‘ Gesicht. „Danke, Rose. Aber ich bin mir wirklich hundertprozentig sicher. Das ist die richtige Entscheidung. Ich wünschte nur, das alles würde anders ablaufen.“ Rose nickte mitfühlend und nahm ihre Freundin dann sanft in die Arme, darauf bedacht, das kleine Glasfläschchen nicht zu zerbrechen oder runterzuwerfen. Nach einem Kuss auf die Wange ihrer Freundin zog sich Rose wieder ans Fußende zurück. Alice hob die Phiole langsam zu ihren Lippen, als die Tür mit einem lauten Knall aufflog. Erschrocken zuckte die Longbottom zusammen und ließ das Gefäß beinahe aus ihrer Hand fallen. Mit geweiteten Augen starrte sie auf die Figur im Türrahmen und spürte, wie ihr Herz ein paar entscheidende Tackte aussetzte. „Was machst du hier, Albus?“, stellte Rose nach einem Augenblick dir Frage, die Alice selbst nicht über die Lippen brachte. Sie war zu sehr damit beschäftigt, das Atmen nicht zu vergessen. „Dominique hat mir alles erzählt. Warum ich hier bin, dürfte wohl auf der Hand liegen“, erklärte der Potter und obwohl in seinen grünen Augen ein Sturm tobte, war seine Stimme ruhig. Rose zappelte unruhig auf ihrem Platz und sagte schließlich, dass sie draußen warten würde. Die Tür schloss sich nach der Rothaarigen und Albus und Alice waren erstmals seit Wochen wieder alleine in einem Raum. „Du hättest es mir sagen können, weißt du“, meinte Albus, während er ein paar Schritte auf die Liege zukam. Alice war heiß und kalt zugleich. Sie erkannte, dass seine Haare schweißnass waren und seine Brust sich schwer hob und senkte. Offensichtlich war er gerannt. „Ich war zwar ein dämlicher Idiot in den letzten Wochen, aber ich dachte, du würdest mich gut genug kennen um zu wissen, dass ich Verantwortung übernehmen und für dich da sein würde. Ich dachte, du wüsstest, dass du dich auf mich verlassen kannst.“ Ein enttäuschter Ausdruck trat in seine Augen und Alice konnte ihn nicht länger ansehen. Stattdessen sprach sie zur Wand: „Das war ja der Grund, warum ich es dir nicht gesagt habe. Ich wollte nicht, dass du dich mir gegenüber verpflichtet fühlen musst und ich wusste, genau das würdest du.“ „Was wäre denn falsch daran, Alice?“ Mit Tränen in den Augen wandte sie sich wieder ihrem Ex-Freund zu, schaute jedoch auf den Boden. „Ich wollte nicht, dass du wieder mit mir zusammen kommst, nur weil du denkst, dass du das wegen dem Kind musst. Du bist mir nichts schuldig. Außerdem gibt es noch andere Gründe. Ich dachte, wenn ich das Kind abtreibe und dir nie davon erzähle, dann wirst du dich deswegen auch niemals schlecht fühlen. Ich wollte dich schützen, denn ich weiß, dass alles schwieriger wird, als ich mir jetzt vormache. Aber warum solltest du diesen Schmerz auch durchmachen müssen, wenn ich ihn ebenso gut alleine tragen kann? Und zuletzt hab ich vermutet, wenn du davon erfährst, dann rätst du mir, was ich tun soll. Aber ich wollte diese Entscheidung alleine treffen, sie sollte nicht von positiven oder negativen Gefühlen beeinflusst werden. Ich wollte das Richtige tun. Und ich glaube wirklich, dass dieser Weg der Beste für uns alle ist.“ Als Alice aufsah, war sie überrascht, dass auch in Albus‘ Augen Tränen zu sehen waren. Sie wusste, dass er sich zusammenriss. „Es tut mir Leid, Al. Ich wollte dich nicht hintergehen. Wirklich nicht.“ „Und mir tut es leid, dass du bis jetzt alles alleine durchmachen musstest. Ich wünschte ich wäre für dich da gewesen und hätte dir irgendwie helfen können.“ Die Gryffindor spürte wie feucht ihre Wangen waren und realisierte erst dann, dass sie schon länger stumm weinte. Sie hielt das Fläschchen mit der orangenen Flüssigkeit vor ihre Augen und schluchzte leise. „Weißt du, es hilft mir, dass du jetzt hier bist.“ Dann, nach einer Pause, fügte sie hinzu: „Meinst du nicht, dass es die beste Lösung wäre, wenn ich das Zeug hier einfach trinke und alles beende?“ In Albus‘ Gesicht lag ein Ausdruck tiefer Traurigkeit, der Alice beinahe erneut das Herz zerbrach. Doch er nickte. „Ich wünschte es wäre anders, aber was haben wir schon für eine Wahl. Wir sind noch lange nicht bereit, Eltern zu werden.“ „Das sehe ich auch so“, erwiderte Alice und schniefte leise. „Aber genau so wenig kann ich das Kind weggeben. Das würde ich niemals über mich bringen und letztendlich würde ich es doch behalten. Wie ich es drehe und wende, entweder ich unternehme diesen Schritt oder ich werde in sechs Monaten eine Mum, ob ich will oder nicht.“ „Du musst dich nicht rechtfertigen, Ali. Ich bin mit allem einverstanden, was du vorhast. Ich weiß, dass du das Richtige tun wirst.“ Er trat den letzten Schritt auf sie zu und nahm ihre Hand fest in seine eigene. Alice suchte in seinen Augen nach der letzten Bestätigung und Stärkung, die sie brauchte, bevor sie die Phiole ein letztes Mal hob, ansetzte und dann mit zwei Schlucken ausleerte. Sie ließ sich auf die harte Liege zurücksinken und wartete auf die Schmerzen. Sie weinte nun ohne Zurückhaltung und Albus schwieg mit zusammengepressten Lippen. Als die Bauchschmerzen einsetzten, krümmte sie sich zusammen und versuchte, keine Geräusche von sich zu geben. Sie war Albus unendlich dankbar, dass er die ganze Zeit über an ihrer Seite blieb und sich schließlich sogar neben sie auf die Liege legte, um sie in den Armen zu halten. Sie schmiegte sich an ihn und sein typischer Geruch ließ sie für ein paar winzige Momente vergessen, dass er nicht mehr ihr Freund war und das sich trotz allem was hier gerade passierte, doch nichts an ihrer Situation ändern würde. „Danke, Albus“, murmelte sie und als Antwort küsste er sie sanft auf die Stirn. Und dann war es vorbei. ___ tbc ___ Dankeschön für alle Reviews und Favoriteneinträge! :) Mich würde interessieren, ob ihr Alice' Entscheidung nachvollziehen könnt oder ob ihr euch eine andere gewünscht hättet?! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)