Dreams About Fairies von abgemeldet (Die Geschichte der Mary Alice Brandon) ================================================================================ Kapitel 4: excruciating questions --------------------------------- Dreams About Fairies Kapitel 4: excruciating question Ein unverständliches Stimmengewirr schwappte über die Kellerflure, schwere Schritte polterten über den steinernden Boden und viele Türen sprangen auf. Manchmal konnte man einen von Angst durchfluteten Schrei vernehmen, dicht gefolgt von einem fiesen Gelächter mehrerer Personen. Es schien wieder so weit zu sein, das allgemeine Vergnügen begann – natürlich war es selbstredend nur für das männliche Personal dieser Irrenanstalt. Doch Alice spürte noch nichts von der massiven Folterungswelle, die auf sie zukam. Sie lag flach auf den Rücken, die Arme dicht an ihren Körper gelehnt. Das junge Mädchen versuchte sich zu konzentrieren, was von Tag zu Tag deutlich schwieriger wurde. Welches Datum sie heute hatten, welche Uhrzeit, was wann in der letzten Zeit geschehen war ... ihre Erinnerungen zeigten viele Lücken auf. Einzig allein für sie prägnante – schlimme – Erfahrungen schwirrten in ihrem Kopf und diese Gedanken quälten sie derart maßlos, dass ein gewaltiges Gefühlsdurcheinander nicht einmal von den Amnesieausbrüchen unterbrochen wurde. Aber ihr Körper gab Alice Signale was alles mit ihr geschehen war und es musste sie wohl von dem drohendem Niedergang ihrer Seele bewahren. "Ich weiß nicht mehr was passierte und was noch passieren wird ... Manchmal wusste ich etwas lange bevor dieses geschah. Doch jetzt weiß ich es nicht mehr, eigentlich schon längere Zeit kam mir keine dieser Visionen ... Und diese verdammten Visionen haben mich an diesen Ort gebracht! Es ist eine miese Gabe, wenn es vielleicht sogar nur Einbildung war, aber Mama ist gestorben. Mama, ich habe dich die letzten Jahre so sehr gebraucht ... und ich brauche dich immer noch..." Alice entfloh ein schwerer Seufzer. Gedankenverloren rieb sie sich mit ihren Handknöcheln die Stirn und befühlte den Schorf einer immer wieder blutenden Wunde. Sie brannte bei jeder Berührung und vermutlich war sie entzündet, doch auf Heilung warten war vergeblich. Sie entschied sich etwas zu schlafen als die schwere Metalltür ihrer Zelle aufsprang. Das Geschrei vieler Menschen drang bis zu ihren Ohren. Doch bevor Alice überhaupt reagieren konnte wurde sie von zwei Pflegern gepackt und hinfort durch das Kellergewölbe gehetzt. "Zwar fühle ich mich noch zu Tode betrübt, doch irgendwie bin ich glücklich. Das ist krank, völliger Unfug! Was ist mit mir los? Ich muss doch verrückt sein, was ist mit meinen Gedanken los? Es wird gleich wieder furchtbar werden." Sie wurde in einen ziemlich großen Raum gebracht, zusammen mit sechs weiteren Patienten. Es lag eine große Menge an Feuchtigkeit in der Luft; große Wasserfützen , Blutspuren an den steinernden Wänden und eine eisige Kälte, die, als der Raum hinter ihr verschlossen war, um ein vielfaches zuzunehmen schien. Alice wurde wie ein gewöhnlicher Sack Mehl zu Boden gestoßen. Sie unterdrückte einen Schmerzenschrei, als Alice mit den Ellbogen des ledierten Armes aufschlug, Mit Tränen in den Augen versuchte das Mädchen zu erkennen wer alles in diesem Raum war. Sieben Pfleger, allesamt männlich und von unterschiedlicher Statur, standen hinter den, auf dem Boden kauernden, Männer und Frauen. Das junge Mädchen schloss die Augen und versuchte in dem Tumult einen klaren Gedanken zu fassen, ihr Körper zitterte merklich. "Hier wird etwas schlimmes geschehen. Ich glaube, dass ich Angst habe ... nein, ich habe Angst! Aber ich fühle eine merkwürdige Angst, die nicht nur von den Leuten hier ausgeht. Selbst wenn mein Körper nun überlebt, meine Seele wird nie wieder dieselbe sein ... Ich weiß es nicht." Man begann damit, jedem Patienten die Hände zu fesseln und die Augen zu verbinden. Die sieben Gefangenen wurden auf die Knie gezwungen und am Kopf brutal heruntergedrückt. Sieben Pfleger standen jeweils hinter einen von ihren Opfern und für einen qualvollen Moment wurde alles unerträglich still. Alice zuckte in sich zusammen und ihre Angst lähmte ihren Körper komplett, denn nun würde sie hingerichtet werden. Nur wenige Minuten trennten sie von Leben und Tod. Was geht da in dem Kopf eines jungen Mädchens vor? "Was geschiet hier? Würden sie es wagen mich einfach zu töten? Wie würden sie es erklären können, wie auf einmal sieben Menschen gestorben sind? Mit einer Patrone im Schädel? Moment..." Sie wusste nun die Antwort und diese bereite ihr enorme Bauchschmerzen. "Wir sind tot für die Außenwelt. Wir sind an dem Tag unserer Einlieferung offiziell für tot erklärt worden. Haben mein Vater und Muriel einen Grabstein mit meinen Namen auf dem Friedhof aufstellen lassen? Wo ich bereits mit 16 gestorben bin? Wie alt bin ich jetzt? Wie ist es bei den anderen? Cynthia? Schwester, gibt es dich auch noch?" Der erste Schuss, er kam von Weiten. Wie auch damals vernahm Alice das dumpfe Geräusch eines auf den Boden aufschlagenden toten Körpers. Woher kam diese trübe Erinnerung? Wer war derjenige, dessen toter Körper auf den Boden aufprallte? Und wer hatte ihn umgebracht? Alice wusste nur, dass es nicht ihre Mutter war. Jedoch ... "Johann! Johann ... Wie hast du den Kerl damals getötet und wo ist seine Leiche? Der Pastor ... Und warum hast du es getan? Vor allem warum sagst du immer, dass du bald wiederkommst und bleibst aber immer tagelang fort? Warum tust du mir das an und quälst mich damit? Weißt du, Johann, mach einfach keine Versprechen mehr, damit ich nicht noch mehr enttäuscht werden kann ..." Die nächste Kugel wurde abgefeuert und trat in den Schädel eines Menschen ein. Der dritte und vierte Schuss verfehlte ebenfalls nicht sein Ziel. Alice erschauderte bei jedem einzelnen Schuss; besonders als sie eine junge Frau vor dem Tode um ihr ungeborendes Kind hatte flehen hören und diese ebenfalls hingerichtet wurde. Das Mädchen spürte immer mehr wie sie wütender und zugleich trauriger wurde. Sie dachte es könnte nicht inhumaner werden da mussten ihre Ohren unfreiwillig mitbekommen wie neben ihr ein offenbar geistig zurückgebliebender junger Mann sprach. Er lachte bizarrerweise und war mehr als fröhlich. "Papa, spielen wir Cowboy und Indianer?." horchte der junge Mann und bekam eine absurde Antwort, bevor auch ihn eine Kugel niederstreckte. Alice wurde mit Blut und Hirnmasse des Toten übersät, ein abscheulich grausames Gefühl und ein monumentaler Schmerz durchflutete ihren Körper. Es schien, als sei all ihr Leid und das sämtlicher Menschen in ihrem Innersten zusammengekommen. Das Mädchen drehte sich um und brüllte herum. "Ihr verdammten Mistkerle, ihr Schweinehunde! Ihr seit so feige, ihr sollt alle grausam sterben!" Sie schnaubte regelrecht vor Wut und aus einem Impuls heraus fügte sie noch etwas hinzu. "Ihr werdet sterben ... das weiß ich!" Auf einmal waren alle Pfleger still. Dann fingen sie an, lauthals loszulachen, während einige äußerst verärgert dreinblickten. Ein kleiner, untersetzter Mann zerrte Alice hoch und schrie dermaßen, sodass ein wenig Spucke ihr Gesicht traf. "Ich mach dich fertig, du Balg!" Nun packten sie die Pfleger grob an den Gliedmaßen und grinsten dümmlich. Sie waren sadistische Schweine, die gern Menschen erniedrigten, vor allem ihnen völlig ausgelieferte, wehrlose junge Frauen. Der kleine untersetzte Pfleger riss ihr Hemd und Hose vom Leib und drückte sie mit seinen Spießgesellen zu Boden. Mit widerlich lüsternem Blick betrachtend öffnete er seinen Hosenstall und spreizte Alice Schenkel. Sie schrie und plärrte unter unfassbarem Schmerz und durchlebte das Martyrium mit jeder noch so kleinen Faser ihres Körpers. Angst, Hass, Traurigkeit, viel Scham und Ekel ...all diese Emotionen strömten durch ihren Kopf. "Warum? Warum ...? Ich will sterben ... Ich will sterben!" Plötzlich sprang die schwere Tür auf und herein kamen andere Pfleger, hinter ihnen ein Mann, offenbar einer der höher auf der Rangliste stand und die kleine, rundliche Dame Bridget. Die bestialischen Männer drehten sich erschrocken um und erstarrten. Sie wurden von ihrem Chef erwischt, beim Töten und inmitten von ihnen lag eine leicht zuckende, entwürdigte Gestalt. Alice lag nackt und bedeckt mit diversen Körperflüssigkeiten auf den kalten Boden und blickte mit furchtbar seelenlos wirkenden Augen zur Decke hinauf. Bridget stieß einen verzerrten Schrei aus und rannte so schnell ihre müden Beine trugen zu Alice hinüber. Sie schubste die Männer beiseite und kniete sich zu dem Mädchen. Sie zog es an ihren Körper heran. Bittere Tränen flossen ihren rundlichen Wangen hinunter. Der "Death Desire"-Raum hatte mal wieder Opfer gefordert, der so krass wie es auch schien, bei vielen Angestellten äußerst beliebt war. Der Chef befahl Bridget Alice fortzubringen, sie zu verarzten und zurück in die Zelle zu bringen. Während die Schwester tat wie ihr zugetragen wurde, hörte sie nur noch das wütende Stimmengewirr der Bestien im Raum und das stumme Schreien der Verstorbenen. Man konnte diesen plötzlichen Wechsel des Geschehens nicht leicht verstehen. Selbstverständlich kümmerte es wenigen, ob die Leute in einer Irrenanstalt "gut" behandelt wurden oder nicht. Es war auch nicht verwunderlich, wenn diese Menschen nur als Tote die Anstalt verlassen konnten – offiziell wurden sie nahezu bei der Einweisung für tot erklärt. Vielleicht aber gab es eine Art Gesetz, dass schon kontrolliert wurde, ob die Menschen eines natürlichen Todes starben, dazu gehörte sicherlich kein Kopfschuss ( natürlich konnte man es unter dem Deckmantel eines Fluchtversuches verdecken). Was auch bei dieser Situation eine Rolle gespielt haben mochte, man konnte es kaum erklären. Bridget brachte Alice zu einem der großen Waschräume, so konnte sie das Mädchen nicht in ihr Zimmer bringen. Zutiefst bedauernd blickte Bridget mit Tränen in den Augen auf das junge Wesen neben sich, während sie das Wasser in die Badewanne fließen ließ. Die Krankenschwester achtete sehr genau darauf, dass Alice nicht im Wasser unterging, so kraftlos war die Kleine. Da Alice nur ein Fliegengewicht war, musste Bridget nicht viel physische Kraft aufbringen, jedoch sehr viel psychische Kraft. Die ältere Dame war viel zu weich für den Beruf, wurde ihr von allen Seiten zugerufen und sie selbst erkannte nun, dass dies zutraf. Als es zum Abend hin dämmerte befanden sich die beiden in Alice Zelle. Bridget hatte ihr die Wunden gereinigt und versorgt, hatte sie zusätzlich nach dem Baden frisch angekleidet und nun saßen sie auf dem Bett. Die rundliche Frau hatte die zerbrechliche Gestalt an sich herangezogen und streichelte ihr langsam den Rücken. Sie spürte ihr nun ruhig schlagendes Herz und den warmen Atem. Es schien sehr gefühlvolle, wundervolle Szene zu sein, wenn die Umstände nicht so grausam gewesen wären. So hatte es Bridget auch bei ihrer einzigen Tochter getan. Ihre Tochter starb schon sehr früh, im selben Alter wie sich jetzt Alice befand. Sie ist ertrunken im Meer, bei einem Bootsausflug geschah es. Catherine konnte nicht schwimmen, aber warum ihr damaliger Freund sie überreden konnte aufs Wasser zu gehen, vermochte Bridget sich nicht zu erklären und es verfolgte sie wie ein Mühlenstein ihr Leben lang. Die winzige Alice hatte ihre Augen geschlossen und befand sich einen Wach-Schlaf-Zustand. Ihr gesamter Körper zuckte zeitweilen, ihr Kopf schien aber sehr müde zu sein. Bridget streichelte sie weiterhin und dem Mädchen machte es nichts aus, vielleicht bemerkte sie es nicht einmal. Die ältere Frau wusste über die Gedächtnislücken von Alice bescheid. Viele, die der Elektroschocktherapie ausgesetzt waren vergaßen einiges, aber solch grausamen Dinge verdrängte man höchstens, vergessen könnte man es vielleicht niemals. Als Bridget nach einer Weile den Körper neben sich still betrachtet hatte bemerkte sie einige Nebensächlichkeiten wie zum Beispiel der Haarwuchs am ganzen Leib, besser gesagt es wuchsen überhaupt keine Haare an Alice, auch die Fingernägel schienen nicht zu wachsen, lediglich ihr Körper hatte ein wenig an Länge gewonnen. Es wunderte Bridget, dass sich überhaupt was an dem Leib des Mädchens veränderte, da es nicht ausreichend Nahrung gab und der Körper mehr als durch Experimente bis zum Äußersten getrieben wurde. Gewissermaßen könnte Alice physisch schon tot sein, dennoch hielt sie etwas am Leben. Und Bridget glaubte, dass dieses Etwas Johann war. Aber Johann war seit langer Zeit verschwunden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)