Beste Freunde und ihr Rat von Mamitasu ("Ich will doch nur, dass du nichts bereuen musst.") ================================================================================ Kapitel II ---------- Heute war Freitag, stellte Toya wenig begeistert in seinen Gedanken fest. Sein Gesichtsausdruck wurde eine Nuance mürrischer. „Freust dich nicht auf'n Feierabend?“ Er wandte sich seinem Kollegen zu. „Nicht jeder ist so'n Partykerl wie du.“ „Bisher hast du dich aber auch immer aufs Wochenende gefreut“, verteidigte sich der Ältere. „Dieses Wochenende ist halt nicht wie die anderen.“ Gedanklich fügte er ein 'Davor' hinzu. Toya war sicher jedes folgende freie Tagespaar würde er hassen. Klar sie konnten schon am Nachmittag proben. Aber leider wollten die anderen auch freie Zeit. Immerhin mussten sie ihre zwischenmenschlichen Beziehungen pflegen. Auch wenn Toya ab und an so wirkte, war er kein Unmensch. Also ließ er den anderen ihren Freiraum. Würde er sich dieses Wochenende halt in seinem Zimmer verkriechen und komponieren. Der Gedanke brachte ihn auf eine Idee. Sofort erhellte sich seine Miene kaum merklich, aber seine Augen zeigten deutlich mehr Lebensfreude als vorher. Und er tauchte aus seiner Gedankenwelt auf. Verwundert stellte er fest, dass sein Kollege gegangen war. Achselzuckend machte er sich wieder an die Arbeit und brachte so die restlichen Stunden bis zum Feierabend rum. Doch kaum hatte er das Gebäude verlassen, wünschte er sich die Arbeit zurück. Er wollte nicht denken. Er wollte keine Zeit haben. Er wollte nicht schon wieder diese zwei Gesichter – jawohl, zu dem ersten hatte sich ein zweites hinzugesellt – sehen. Und er wollte schon gar nicht die Worte wieder hören. Doch es war zu spät. Das vor Lebensfreude strahlende Gesicht wurde durch ein zutiefst verletztes ersetzt und er vernahm die Stimme des Mistkerls wieder: „Er ist zwar gut im Bett, aber sonst voll nervig.“ Toya wusste immer noch nicht warum, aber dieser Satz machte ihn wütend und der verletzte Ausdruck des Jüngeren schmerzte. Er zog seine Stirn kraus und überquerte die Straße. Er sollte heimgehen und Jimmy fragen, was heute geplant war. Ins Studio konnten sie nicht. Das, was sie immer mieteten, war leider nicht an allen Wochentagen verfügbar und die anderen zu teuer. Aber vielleicht hatten die Studenten ja einen Clubbesuch geplant. Mit der Hoffnung, den Abend nicht allein in seinem Zimmer zu verbringen, betrat er die U-Bahnstation und konnte sofort in eines dieser technischen Wunderwerke einsteigen. Kaum stand er in dem zum Glück nur mäßig gefüllten Zug, waren seine Gedanken erneut bei diesem Jungen, der zwei Wochen ein Praktikum in seiner Ausbildungsstätte gemacht hatte. Mittlerweile war er soweit und konnte ohne Schrecken zumindest in seinen Gedanken sagen, dass dieser eigentlich so lebensfrohe junge Mann homosexuell war. Wieso sonst sollte er mit so einem arroganten Macho im Bett gewesen sein? Auch wenn Toya noch nicht begriffen hatte, was genau seine Gefühle bedeuteten. Und da er sich niemandem anvertraute, konnte ihm natürlich auch niemand auf die Sprünge helfen. Mit einem war er sich jedoch sicher. Er wollte, dass der Jüngere glücklich war. Er würde ihm auch dabei helfen, doch dazu musst er den anderen erst einmal wiedersehen. Und wie das gehen sollte, wusste er nicht. Er kannte ja nicht einmal den Namen. Alles, was er wusste, war, dass der andere jünger und etwas kleiner als er war. Okay, schwarze Haare zierten seinen Kopf ebenso wie unzählige Piercings. Aber dadurch sah der Jüngere keineswegs entstellt aus. Nein, Toya hatte den Eindruck, dass gerade die Ringe und Stecker die Schönheit des anderen ausmachte. Was dachte er da eigentlich gerade? Er fand den ehemaligen Praktikanten doch nicht etwa hübsch. Toya schüttelte seinen Kopf. So bekam er die nächste Station mit und fuhr daher glücklicherweise nicht zu weit. „Jimmy. Bin wieder da“, machte Toya auf sich aufmerksam, nachdem er die Wohnung betreten hatte. Er wartete auf eine Reaktion und bekam diese als das Klappern von Geschirr. Küche also, stellte der Gitarrist fest und ging in den gedachten Raum. „Wird das unser Abendessen?“ „Was?“ Anscheinend war sein bester Freund in Gedanken gewesen. „Wird das unser Essen?“ „Klar.“ Das war mal eine schöne einfache und deutliche Antwort. „Ist für heute Abend irgendetwas geplant?“ „Jepp, nen Besuch im 'Blue Heaven'. Matt und Joe wollen uns doch ihren Mitbewohner vorstellen.“ „Warum machen wir nicht ne kleine Fete bei ihnen?“ wollte Toya wissen, während er beobachtete wie der Jüngere ihr Essen fertig machte. „Das würde zu teuer werden.“ Skeptisch zog Toya eine Augenbraue in die Höhe und als ob Jimmy es gespürt hätte, fügte er hinzu: „Die beiden kennen zu viele Leute und an der Uni sprechen sich Partys extrem schnell rum.“ „Aha. Ich spring unter die Dusche“, damit löste sich der Gitarrist von dem Türrahmen. Auf seinem Weg in sein Zimmer wurde ihm ein 'Lass dir nicht zu viel Zeit' mit gegeben. „Mach ich doch nie“, rief er in die Küche, schnappte sich frische Kleidung und verschwand in der Nasszelle. Dort ließ er die Hüllen fallen und genoss in vollen Zügen das Gefühl von fließendem Wasser auf seiner Haut. Die Wärme und das beruhigende Gefühl des Wassers ließen Toya erneut in seine Gedanken abtauchen. Kaum war er in diesen sah er wieder den Jüngeren vor sich, dieses Mal jedoch nicht nur das Gesicht, sondern den ganzen Körper. Neidlos musste er eingestehen, dass der Jüngere wirklich attraktiv aussah. Dies brachte ihn zu der Frage, ob er schon Mal so über einen anderen Mann gedacht hatte. Er freute sich, denn er konnte es ganz einfach mit Nein beantworten. Und war beim nächsten Problem. Was bedeuteten dann diese Gedanken? Er wusste es nicht, was Verzweiflung in dem Braunhaarigen aufkommen ließ. Wieso musste alles, was er in letzter Zeit dachte, nur so verdammt viele Fragen aufwerfen? Und warum kam er bei seinen Überlegungen nie zu befriedigenden Antworten? Er knirschte mit den Zähnen und schlug mit der Faust gegen die Fließen. Der dadurch entstandene Schmerz ließ ihn in die Realität zurückkehren, so dass er seinen besten Kumpel wahrnahm. „Hey, Toya! Das Essen wird kalt“, rief dieser von draußen. War er wirklich schon so lange unter der Dusche, dass Jimmy ihn an ihr Abendbrot erinnern musste? Anscheinend. Eine Uhr zur Überprüfung der verstrichenen Zeit hatte er nicht und seit Neuestem ließ ihn sein Zeitgefühl im Stich. Demnach war die Devise jetzt: Waschen und nicht denken. Mann, was hatte er für eine Willensstärke? Innerlich klopfte er sich selbst auf die Schultern. Er hatte es doch tatsächlich geschafft, sich innerhalb von fünf! Minuten ordentlich zu waschen und nach weiteren fünf Minuten saß er Jimmy in der Küche gegenüber. „Wann wollten Matt und Co. da sein?“ fragte Toya und blickte zum wiederholten Male auf seine wirklich abgenutzte Armbanduhr. Er wollte trinken und vergessen, doch das ging nicht, solange nicht die zwei Chaoten mit ihrem neuen Kumpel da waren. Wie er es verfluchte zu warten. „Da sind sie doch“, antwortete Jimmy und streckte seinen Zeigefinger in eine Richtung, in welche sich der Gitarrist sogleich drehte. „Na endlich“, begrüßte er seine Freunde, die ihn nur fröhlich angrinsten. „Wo habt ihr euer Anhängsel gelassen?“ „Der will noch nen Freund abholen“, antwortete ihm Joe, wobei der Schlagzeuger einfach zum Eingang des Clubs ging. Zum Glück kann ich mir die Wartezeit mit Bier verkürzen, dachte Toya und folgte seinen Bandkollegen. Natürlich hatte keiner der Vier einen Blick für die Einrichtung, so dass sie zielstrebig zu ihrem Stammtisch gingen. Kaum dort angekommen ließ sich Toya auf der Bank nieder und sah Matt auffordernd an. „Bier?“ fragte der Sänger, worauf er nur Nicken als Antwort bekam. Also entfernte sich der Größte der Vier, während sich Jimmy und Joe setzten. „Und wie war eure Woche?“ wollte der Schlagzeuger wissen. „Super“, grinste Jimmy, während Toya nur knurrte. „Was ist denn mit dir los?“ fragte Joe nach. „Stress auf Arbeit“, redete sich der Gitarrist heraus und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Zu seinem Unmut entdeckte er nichts interessantes. So wandte er noch mieser gelaunt seine Aufmerksamkeit zurück zu seinen Freunden. „Wieso braucht Matt so lange?“ „Hm…“ Jimmy sah sich um. „Das ist wirklich merkwürdig.“ Nun blickte sich auch der Schlagzeuger um. „So voll ist es doch gar nicht.“ „Schnarchnase.“ Mürrisch war gar kein Ausdruck für den Klang von Toyas Stimme. Er wollte, nein, er brauchte endlich Bier. Er musste seine Nerven beruhigen.. Nein, das war nicht korrekt. Er musste sich ablenken, denn wenn nicht … Er wollte den Gedanken nicht zu Ende denken, denn nur diese Richtung reichte, damit er wieder das Gesicht vor sich sah. Tief seufzend stützte er seinen Kopf auf seinen Händen ab. „Irgendwie bist du echt komisch in letzter Zeit.“ Darauf reagierte er nicht. Er konnte nicht. Alles, was er sagen würde, wären eh nur Beleidigungen oder Verwünschungen. Denn erklären konnte er sein Verhalten nicht. Er wusste es nicht. Er hatte sich den Kopf zerbrochen. Nein, das stimmte nicht. Er hatte lediglich über den jungen Mann nachgedacht und nicht darüber, warum er ihn nicht vergessen konnte, obwohl sie sich doch kaum kannten. Verzweifelt nach Ablenkung suchend ließ der Gitarrist seinen Blick durch den voller werdenden Club wandern. Unruhig zuckten seine Augen von einer Ecke zur anderen. So entdeckte er als erster ihren Sänger. „Na endlich.“ Erleichterung bezüglich des baldigen Alkoholgenusses breitete sich in Toya aus.. Doch kaum hatten sich einige Muskelpartien seines Gesichts entspannt, verzog er sie erneut. Da hinter Mathew zwei weitere Männer – irgendwie verdienten die Neuen diese Bezeichnung nicht – hervortraten. „Hi“, setzte der Größere der beiden Unbekannten an. „Kein Vorstellen ohne Bier“, unterbrach Toya ruppig. „Oh! Oh! Leaderlein ist mürrisch.“ Gut gelaunt wie immer stellte Matt alles auf den Tisch, füllte sofort ein Glas und reichte es Toya. Dieser führte das Trinkgefäß an seinen Mund mit der Intention es in einem Zug zu leeren. Dies unterließ er jedoch und trank lediglich ein Viertel des Inhalts. „Nun kann's los gehen.“ Seine Taten brachten ihm von Seiten seiner Bandkollegen einige Lacher ein und von den Fremden – der Eine kam ihm bekannt vor – ein Schmunzeln. Den, der ihm bekannt vor kam, wollte er genauer mustern, doch konnte er sich dies nach einem Blick in das Gesicht sparen. Dort stand der Grund seiner abwesenden Art der letzten Wochen. Wie? Die kurze Vorstellung des Ersten – er war etwas größer als sein ständiger Gast – hatte er verpasst. Er bekam gerade so noch mit, wie der Blonde offen von Jimmy und Joe in ihrer Mitte aufgenommen wurde – er hatte wirklich zwischen den Beiden Platz genommen. „Ich bin Yuki“, meldete sich der Schwarzhaarige zu Wort und gab somit dem in Toyas Geist immer wiederkehrenden Gesicht einen Namen. Schöner Name, dachte der Gitarrist und ließ seine Augen den Körper hinunter wandern. Was er sah, gefiel ihm, auch wenn ihm keine drei Sekunden später der Gedanke weniger behagte. „Und um von vornherein Klarheit zu schaffen“, Toya gefiel die Stimme. Sie war angenehm in seinen Ohren. Mathews konnte ab und an nerven. Aber diese würde das nie schaffen, glaubte Toya und hörte weiter gespannt zu. „Ich bin homosexuell.“ Die Aussage war für Toya keine neue Information, sondern bloß eine Bestätigung seiner Vermutung, die er im Laufe der vergangenen Woche aufgestellt hatte. tbc... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)