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Mitleid [Draco/Cho]

Für _Natsumi_Ann_
 

Schniefend schob Cho die Tür hinter sich zu und blieb für einen Moment reglos stehen. Sie weinte schon wieder. Im Grunde konnte sie sich an keinen Moment der letzten Tage erinnern, in dem sie nicht geweint hatte. Ihre Augen brannten und sie fühlte sich schrecklich müde. Deswegen war sie auch in dieses leere Abteil geflüchtet, um sich ein wenig auszuruhen. Marietta versuchte sie immer wieder aufzumuntern, aber sie verstand nicht, wie weh es tat. Immer wieder tauchte Cedrics Gesicht in ihren Träumen auf, bleich und leblos.

„Was glaubst du eigentlich, was du hier tust?“, hörte sie eine genervte Stimme fragen und wirbelte erschrocken herum. Sie hatte die Fahrt nach Hause alleine verbringen wollen und dies war das einzig freie Abteil gewesen, das sie gefunden hatte… zumindest hatte sie das geglaubt. Von allen Hogwartsschülern, die hier hätten sitzen können, war es ausgerechnet Draco Malfoy. Cho versuchte einen neutraleren Gesichtsausdruck anzunehmen, aber sie musste sich nichts vormachen: man sah ihr deutlich an, dass sie mit den Nerven am Ende war. Sein Blick war kühl und gleichgültig, was Chos Fluchtinstinkt ins Unermessliche steigern ließ.

„I-ich… ich habe ein freies Abteil gesucht…“, erwiderte sie mit schwacher Stimme und ließ die Schultern hängen.

„Dann such weiter“, blaffte Malfoy sie an, allerdings nicht mit so viel Nachdruck, wie Cho erwartet hatte. Er sah sie inzwischen nicht mehr an, sondern starrte aus dem Fenster. Es war fast, als wäre ihm ihre Anwesenheit unangenehm. Das konnte Cho ihm nicht verübeln. Nicht einmal ihre Freunde wussten im Augenblick, wie sie mit ihr umgehen sollten.

„Das… das war das einzige…“, nuschelte sie undeutlich, nicht wissend, wieso sie überhaupt etwas sagte. Mit Draco Malfoy zu diskutieren hatte noch nie jemanden weit gebracht, das war zumindest ihre Erfahrung und die einiger ihrer Freunde. Es sah so aus, als gäbe es im gesamten Zug kein freies Abteil mehr. Das bedeutete also, dass Cho keine andere Wahl hatte und zurück zu Marietta musste. Malfoy warf ihr einen scharfen Blick zu, der ihr klar machen sollte, wie dumm ihre Worte waren. Er ließ die Ravenclaw stocken und verwirrt blinzeln. Wenn sie so darüber nachdachte… Was machte er eigentlich hier? Saß er nicht sonst mit dem Rest der Slytherins zusammen? Es war ein seltener Anblick, Draco Malfoy allein zu sehen. Normalerweise ging er nirgends ohne seine zwei Bodyguards hin.

„Wieso stehst du immer noch da?“, zischte er und verlor anscheinend langsam die Geduld. Chos eigene Entscheidung überraschte sie: statt das Abteil zu verlassen, ließ sie sich auf dem Sitz ihm gegenüber nieder und stierte, ähnlich wie er, aus dem Fenster. Sie konnte regelrecht fühlen, wie sein empörter Blick sie streifte.

„Das war keine Aufforderung dich zu setzen!“, fuhr Draco sie wütend an, aber er machte keine Anstalten sie von ihrem Sitz zu zerren. Auch seinen Zauberstab zückte er nicht.

„Wenn du still bist, dann bin ich es auch“, versprach Cho mit leiser Stimme, in der wieder tiefe Traurigkeit zu hören war. Darauf schien nicht einmal Malfoy eine Antwort zu haben, denn es wurde auf einmal sehr ruhig.

Die Minuten verstrichen und keiner sagte ein Wort. Unauffällig schielte sie ein paar Mal zu ihm hinüber, aber er würdigte sie keines Blickes, auch wenn sich Unzufriedenheit auf seinem Gesicht widerspiegelte. Anscheinend hatte er ihre Schweigeregel akzeptiert und versuchte sich nicht weiter von ihrer Anwesenheit stören zu lassen.

Die Heimfahrt zog sich in die Länge, aber die Stille war Cho lieber als die tausend Fragen, die man ihr andauernd stellte. Wie fühlst du dich?Ist alles in Ordnung?Möchtest du darüber reden? Draco Malfoy stellte keine Fragen, er ignorierte sie und behandelte sie nicht anders als alle anderen auch. Aus diesem Grund stellte Cho auch keine Fragen. Es ging sie nichts an, weshalb er hier alleine saß. Er hatte bestimmt seine Gründe, genauso wie sie ihre hatte.

Als sie London erreichten, erhob sich Cho und verließ schweigend das Abteil. Sie hatte seit einigen Stunden nicht mehr geweint und sie fühlte sich, als hätte sich zumindest ihr Körper ein wenig ausgeruht. Sie würden wohl nie wieder darüber sprechen, aber Cho war dem Slytherin dankbar. Er hatte sie in seinem Abteil sitzen lassen, sie nicht rausgeschmissen und für einen Draco Malfoy war das mehr Mitleid und Feingefühl, als Cho ihm jemals zugetraut hätte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2015-06-14T19:21:18+00:00 14.06.2015 21:21
Wow, Draco an der Stelle so bissig und "Slytherin" sein zu lassen! Ich habe spontan natürlich angefangen zu überlegen, was ihm in der Zeit nach Cedrics Tod widerfahren sein könnte, doch abgesehen davon, dass ich keine Antwort fand: Ob sich Crabbe und Goyle die gleichen Fragen stellen, die auch Marietta an Chos Kopf warf?
Was mich berührte, war die Trauerdarstellung und dass man einfach mal Zeit für sich braucht, weil alles um einen herum tanzt und fürchterlich falsch läuft. Da auch noch den Kopf zu haben, sich mit jemandem auseinander zu setzen, der alles andere als nett und umgänglich ist ... ja, so arrangiert man sich doch.

Morgi
Von:  _Natsumi_Ann_
2013-12-06T19:02:21+00:00 06.12.2013 20:02
toll <3

ich liebe es :) ohne wort :)
vielen dank!!!


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