Storytime von Swanlady (100 Geschichten) ================================================================================ Kapitel 3: Krieg [Lucius/Hermine] --------------------------------- Für Ihre Hand schmerzte. Der ziehende Schmerz, der eine Prise Genugtuung und Zufriedenheit enthielt, ließ Hermine Granger den Kopf heben und einen Blick in Richtung der tickenden Wanduhr werfen. Zwei Stunden saß sie nun schon hier, unterschrieb ein Buch nach dem anderen und lächelte jeden einzelnen Kunden an. Eigentlich hätten es eher ihre Mundwinkel sein müssen, die vor ihrem Handgelenk zu protestieren begannen, aber dafür hatte die Hexe wohl zu gute Laune. „Vielen Dank für Ihre Unterstützung“, leierte sie ihre übliche Formel hinunter, reichte dem unbekannten Zauberer das Buch, welches sie soeben signiert hatte und erlaubte sich ein stummes Seufzen. Eine Schriftstellerin zu sein war anstrengend, auch wenn Hermine sich lediglich zu den Amateuren zählte und diese Karrierelaufbahn gewiss nicht weiterverfolgen würde. Die Chronik zu schreiben hatte Spaß gemacht, aber die Werbetrommel zu rühren war nicht mehr so angenehm. „Welch ein vortreffliches Werk, Miss Granger!“, lobte eine ältere Dame, während sie der jungen Hexe ein Exemplar von Der innere Krieg reichte. „Aber… wieso solch ein Titel?“ Unwillkürlich biss sich Hermine auf die Unterlippe, denn die Frau war nicht die erste Person, die ihr diese Frage stellte. In den meisten Fällen bedeutete dies, dass besagter Leser das Buch nicht wirklich gründlich studiert hatte, da schon im Vorwort stand, weshalb sie diesen Titel gewählt hatte. „Nun, der wahre Krieg fand nämlich nicht auf dem Schlachtfeld statt, sondern in uns. Es wurden viele Beziehungen auf die Probe gestellt, viele haben sich geändert…“ Hermine holte tief Luft, um zu weiteren Erklärungen anzusetzen, aber die Hexe schien nicht wirklich zuzuhören. Oh, es war also eine von denen, die einen ganz anderen Grund für den Besuch im Buchladen hatten. „Das klingt phantastisch, Miss Granger! … Sagen Sie, könnten Sie vielleicht Mr Potter ausrichten, dass meine Enkelin ein großer Fan ist…?“ Resigniert nickte Hermine, ehe die erfreute Hexe sich verabschiedete. „Wie fühlt es sich an, ständig im Schatten des besten Freundes zu stehen?“, erklang plötzlich eine Stimme und Hermine war sich sicher, dass ihr Besitzer ein Stimmband besaß, das speziell für den konstant arroganten Unterton verantwortlich war. Ihr Blick verfinsterte sich und ihr Körper spannte sich an. „Mr Malfoy“, grüßte sie trocken. „Ich hätte nicht erwartet, Sie jemals in einem Buchladen zu treffen.“ Die Ironie in ihrer Stimme ließ den Zauberer, der mit seinen eisig funkelnden Augen auf sie hinabblickte, lediglich schmunzeln. „Ich würde mir das Ereignis des Jahres doch nicht entgehen lassen“, spottete er und griff nach einem der Bücher, die vor Hermine auf dem Tisch lagen. Gelangweilt blätterte er darin, was ihr genug Zeit gab, um ihn genauer zu mustern. Er sah gesünder aus als vor ein paar Wochen. Das Gewicht, das er durch den Askabanaufenthalt verloren hatte, schien er zurückgewonnen zu haben. Auch seine Haut wirkte nicht mehr so blass. Er war auf dem besten Weg, der reinblütige Zauberer zu werden, der er vor dem Krieg gewesen war. Nun, nicht ganz… „Kapitel 16“, sagte Hermine plötzlich, als ihr diese Zeitschinderei begann auf die Nerven zu gehen. Lucius sah auf, fixierte sie für ein paar Sekunden mit einem scharfen Blick, ehe er das Buch einfach wieder zuklappte und einsteckte. Aus seiner Umhangtasche fischte er ein paar Galleonen heraus und legte sie ihr vor die Nase. „Ich bin wirklich gespannt, was Sie über meine Familie geschrieben haben, Miss Granger“, sagte Lucius so leise, dass nur Hermine es hören konnte. Sie versuchte seinen Ton zu deuten, doch es gelang ihr nicht und für den Bruchteil einer Sekunde zogen sich ihre Augenbrauen irritiert zusammen. Selbst diese kleine Reaktion schien Malfoys wachsamen Augen nicht zu entgehen, denn sie entlockte ihm ein hämisches Grinsen. „Sie wissen, was ich über Ihre Familie geschrieben habe“, erwiderte Hermine kühl und sah ihn herausfordernd an. Sie hatte genug von diesem… Spielchen. Das schien auch der ältere Zauberer so zu sehen, denn er lehnte sich nach vorne und griff nach der Tischkante, um sich zu stützen. Seine tiefe Stimme, die Hermine an etwas Seidenes und gleichzeitig unangenehm Raues erinnerte, drang erst wieder zu ihr durch, als sie auf Augenhöhe waren. „Oh ja, das weiß ich. Und sollten Sie irgendwann wieder ein Interview brauchen, wissen Sie, wo Sie mich finden.“ Lucius‘ rechter Mundwinkel verzog sich für einen kurzen Moment kaum merklich zu einem schiefen Lächeln. Schwer schluckend, versuchte sich Hermine ihren Blick nicht über sein Gesicht wandern zu lassen und ihren beschleunigten Herzschlag zu ignorieren. „Ich bin mir sicher, dass Sie noch etwas von mir brauchen“, fuhr er fort und richtete sich langsam auf. „Da wäre ich mir… nicht so sicher, Mr Malfoy“, presste Hermine mit Mühe hervor und musste sich mitten im Satz räuspern. Am liebsten hätte sie sich für ihre Nervosität – zumindest versuchte sie es Nervosität zu nennen – geohrfeigt. „Nicht? Nun, aber es gibt etwas, das ich noch von Ihnen brauche.“ Seine Miene war neutral, als er seinen Gehstock in die andere Hand nahm. „Und das wäre?“ Hermine gab sich alle Mühe, um genervt zu klingen. „Ein Autogramm“, antwortete Malfoy und seine Lippen kräuselten sich abwartend. „Einen schönen Tag noch, Miss Granger.“ Als Lucius Malfoy seine Abschiedsworte sprach, wusste Hermine, dass das Signieren des Buches ein Vorwand war. Ein banaler Vorwand, um diesen gefährlichen, nervenaufreibenden und trotzdem so unglaublich süchtig machenden verbalen Tanz fortzuführen. „Auf Wiedersehen, Mr Malfoy.“ Vielleicht war es an der Zeit, um den inneren Krieg nicht nur zu führen, sondern ihn auch zu gewinnen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)