Lehrer - Schüler - Verhältnis von Wolfseye (H&M) ================================================================================ Kapitel 25: Mutter und Tochter ------------------------------ Zu ihrer eigenen Verwunderung erwachte Haruka heute sogar noch vor Michiru. Zuerst hatte sie ein paar Minuten gebraucht, um zu realisieren wo sie war. Das Zimmer in dem sie war kam ihr jedenfalls nicht bekannt vor. Die Frau in ihrem Arm dafür umso mehr. Sie strich der Türkishaarigen einmal kurz über die Wange und sah sich dann den Raum etwas genauer an. Gestern hatte sie dem ja keine große Beachtung geschenkt, und wollte dies nun nachholen. Das Zimmer war etwas kleiner als das Wohnzimmer, aber nicht so klein wie Hotarus. Das Bett in dem sie sich befand nahm fast den gesamten Raum ein und mehr als ein Kleiderschrank, zwei Nachtschränke und ein Stuhl in einer Ecke, war an Möbeln auch nicht mehr zu finden. Der Raum wirkte aber keinesfalls kahl oder leer. Er war genauso hübsch und liebevoll dekoriert, wie auch die restlichen Räume. Im Grunde sahen sie noch sehr viel lebendiger aus, als die in ihrer Wohnung. Die war zwar nicht kahl, aber sehr viel unpersönlicher, da sie sie nicht mal selbst eingerichtet hatte. Aber sie hatte eben einfach kein Händchen dafür und auch kein großes Interesse daran, Räume „wohnlich“ zu gestalten. Aber sie musste zugeben, Michirus Geschmack gefiel ihr, und die hatte durchaus ein Händchen dafür – als Künstlerin war das wohl auch keine große Überraschung. In ihrem Arm bewegte sich auf einmal etwas und ließ sie zu der Türkishaarigen hinab blicken. Michiru war offenbar dabei aufzuwachen, denn sie versuchte zu blinzeln. Haruka lächelte über diesen Anblick und streichelte ihr erneut übers Gesicht. „Na, mein Engel. Hast du gut geschlafen?“ Michiru war offenbar noch sehr müde, denn sie bekam kaum die Augen auf, und sah etwas irritiert zu Haruka rauf. „Oh, du … du bist wach?“ brachte sie verschlafen hervor. „Ja, und du offensichtlich nicht.“ grinste Haruka breit. Die Türkishaarige schüttelte mit dem Kopf und ließ ihn dann wieder auf ihre Brust fallen. „Nein, bin ich nicht.“ murmelte sie noch und schmiegte sich ganz eng an sie heran. Das fand die Sportlerin einfach nur süß und streichelte sie sanft weiter, jetzt über ihren Arm. „Ich hab dich letzte Nacht wohl etwas überfordert.“ grinste sie noch breiter. Auf diese Aussage hin drehte Michiru ihren Kopf wieder in ihre Richtung. Sie stütze ihr Kinn auf ihrem Brustbein ab und sah sie eindringlich an. Irgendwie sah sie jetzt gar nicht mehr so müde aus und Haruka verunsicherte der Blick ein wenig. „Haruka, letzte Nacht … das war … das war einfach wundervoll.“ sagte sie mit voller Ernsthaftigkeit und einem etwas verträumten Blick. Ein kleines erleichtertes Lächeln huschte der Blonden über die Lippen, bevor sie Michirus Gesicht in ihre Hände nahm. „Ja, das war es.“ Die Türkishaarige stützte sich von der Matratze ab und kam zu ihr hoch. Sie küssten sich liebevoll und zärtlich. Haruka strich ihrem Engel dabei noch intensiv über den ganzen Rücken. Irgendwann drehte sie sich mit ihr um und hatte sie so genau unter sich, dabei wurde der Kuss unterbrochen, und von Michiru kam ein zufriedenes kleines Lachen. Haruka genoss diesen Klang. Irgendwie machte es sie glücklich diesen zu hören. „Was ist?“ wurde sie gefragt, da sie ja in ihrer Bewegung inne gehalten hatte und sie einfach nur noch ansah. „Ach, nichts.“ grinste sie geheimnisvoll und schüttelte mit dem Kopf. Dabei fiel ihr Blick ganz nebensächlich auf den Wecker auf Michirus Nachtschrank. Die großen roten Ziffern sprangen ihr sofort ins Auge und plötzlich wandelte sich ihre Miene in völliges entsetzten um. „Oh, verflucht! Aahhh, so ein Mist!“ schrie sie fast und sprang augenblicklich aus dem Bett. Michiru war völlig verwirrt, und verstand gerade gar nichts mehr. Eben noch sah sie in diese traumhaft blaugrünen Augen und im nächsten Moment waren sie verschwunden. „Was … was ist denn los?“ fragte sie und richtete sich auf. „Ich komm zu spät, verdammt!“ fluchte die Sportlerin vor sich hin und zog sich hektisch ihre Sachen an. „Zu spät, wohin?“ versuchte Michiru mehr aus ihr raus zu bekommen. „Zum Training! … Oh Gott, mein Trainer reißt mir den Kopf ab, wenn ich zu spät komme! Und das ausgerechnet heute, wo dieser dämliche Sponsor sich angekündigt hat! Argh, wie ich diesen Mistkerl hasse!“ Daraufhin entspannte sich Michiru etwas. Sie hatte schon die Panik überfallen, Haruka wolle einfach nur vor ihr flüchten, aber den Eindruck hatte sie jetzt definitiv nicht mehr. Sie fand es sogar fast komisch, wie die Blonde gehetzt von einer Bettseite zur anderen lief, ihre Klamotten einsammelte und nur notdürftig anzog. „Verdammt, wo is mein Hemd?“ Michiru beschloss ihr zu helfen und sah sich um. Sie entdeckte das gute Stück direkt neben sich noch im Bett. „Meinst du das hier?“ fragte sie grinsend in den Raum hinein und hielt es vor sich in die Luft. Endlich hatte sie sämtliche Aufmerksamkeit der Sportlerin erlangt. Sie hielt in ihrer hektischen Suche inne und sah zu ihr hin. Daraufhin schien die sich auch etwas zu entspannen und kam grinsend auf sie zu. „Ja, genau das.“ Sie nahm es ihr ab und zog es sich über. „Tut mir leid, dass ich jetzt einfach so verschwinde.“ „Nein, das ist in Ordnung. Ich hoffe, du schaffst es noch rechtzeitig.“ versicherte Michiru ihr. Sie fand es zwar sehr schade, dass sie gehen musste, aber irgendwann mussten sie sich ja mal trennen, und schon morgen konnte sie sie ja wieder sehen. „Nur wenn ich mich ganz doll beeil.“ „Na, dann los. Ich will nicht dafür verantwortlich sein, dass du nachher ohne Kopf rumläufst.“ Haruka fing an zu lachen, und schloss die letzten Knöpfe an ihrem Hemd. „Okay. Ich ruf dich nachher an.“ grinste die Blonde und drehte sich zur Tür. Das ließ Michiru stutzig werden. Irgendwie klang das, wie ein Standartspruch, der in Wirklichkeit hieß: War nett mit dir, aber das war‘s. Außerdem konnte sie sich nicht daran erinnern ihr ihre Nummer gegeben zu haben. „Oh, warte. Ich hab ja nicht mal deine Nummer, die musst du mir unbedingt noch geben.“ Haruka hatte sich plötzlich wieder zu ihr umgedreht. Michiru war noch zu überrascht von dieser schnellen Widerlegung ihrer Gedanken, als dass sie antworten konnte. „Oder … darf ich vielleicht nachher einfach wieder kommen?“ fragte die Große etwas unsicher. „Äh…“ Jetzt war Michiru völlig sprachlos. Sie wollte wiederkommen? Im ernst? Das überwältigte sie, und nachdem sie endlich ihre Stimme wieder hatte, nickte sie heftig. „Ja. Ja, das wäre schön.“ Die Sportlerin fing an zu strahlen und öffnete nun die Tür. Sie machte sogar einen Schritt heraus, bis sie sich erneut umdrehte. Mit großen Schritten kam sie plötzlich auf Michiru zu, nahm ihr Gesicht in ihre Hände und küsste sie leidenschaftlich. Ein wenig überrumpelt und immer noch völlig fassungslos erwiderte sie den Kuss. Er dauerte bestimmt ein paar Minuten, bis sich die Blonde von ihr löste. „Ich dachte, du musst dich beeilen?“ fragte Michiru etwas außer Atem. „Dafür muss die Zeit noch reichen.“ hauchte Haruka ihr entgegen. Sie gab ihr nochmal einen kurzen Kuss, wisperte dann ein "Also, bis nachher" und löste sich dann ganz von ihr. „Haruka?“ hielt Michiru sie nochmal kurz auf, bevor diese aus der Tür gehen konnte. „Ja?“ „Bitte, fahr vorsichtig.“ Sie legte all ihre Sorge um die Rennfahrerin in den Blick hinein mit dem sie sie ansah. Es war ihr einfach schon zu oft passiert, dass Menschen aus der Tür gegangen waren, und nie wieder gekommen sind. Haruka schenkte ihr ein zuversichtliches Lächeln. „Versprochen. Ich komm wieder.“ Dann verließ sie endgültig den Raum. Michiru warf sich überglücklich in die Kissen zurück. Sie konnte das alles noch gar nicht fassen. Hotaru war gerade mit ihrem selbst gemachten Frühstück beschäftigt, als sie auf einmal komische Geräusche aus dem Zimmer ihrer Mutter gehört hatte. Sie war sich sicher, dass das Ruka gewesen war, die da so merkwürdig fluchte. Zuerst war sie sich nicht sicher, ob sie nachsehen sollte, doch ihre Neugier war geweckt und sie wollte unbedingt wissen, was da los war, also ließ sie ihre Schüssel Cornflakes stehen, krabbelte vom Stuhl und ging durchs Wohnzimmer zum Flur. Sie blieb am Türrahmen stehen und sah gerade wie die Blonde das Zimmer verlassen wollte, sich dann aber doch noch mal umdrehte. Das große Bett stand direkt gegenüber von der Tür und da die jetzt auf war, hatte die Kleine einen wunderbaren Blick auf die Zwei, wie sie sich leidenschaftlich küssten. Hotaru grinste breit und kicherte leise. Sie wartete da am Türrahmen und versteckte sich noch etwas mehr. Die Beiden hörten aber gar nicht mehr auf sich zu küssen, und irgendwie wurde es doch ganz schön langweilig da zugucken. Sie wollte gerade wieder in die Küche gehen, als sich die Große doch in Bewegen setzte. Sie sagte noch irgendetwas zu ihrer Mutter, verließ das Zimmer dann aber und schloss die Tür hinter sich. Mit einem breiten Grinsen und sehr großen Schritten ging die Blonde über den Flur, vorbei an Hotaru, die sie offenbar gar nicht bemerkte. Es hätte sie ja nicht weiter gestört, wenn Haruka nicht gerade die Haustür angesteuert hätte. „Du willst gehen?“ trat sie hinter ihr in den Flur und machte sich bemerkbar. „Oh, Taru-chan.“ Haruka drehte sich um und sah sie immer noch grinsend an. „Ja, ich muss zum Training. Aber keine Sorge, ich komm nachher wieder.“ Sie kam einmal kurz auf sie zu und streichelte ihr über den Kopf, doch dann ging sie weiter zur Tür. Offenbar hatte sie es sehr eilig. „Versprochen?“ „Ja, versprochen.“ zwinkerte Haruka und öffnete die Haustür. „Oh, wie hat dir denn dein Geschenk gefallen?“ drehte sie sich noch einmal zu ihr um. „Ganz toll! Es ist wirklich wunderschön, vielen Dank!“ strahlte die Kleine. „Dank nicht mir, sondern deiner Mutter. Sie hat es ausgesucht. Also bis nachher.“ winkte Haruka und verschwand dann aus der Wohnung. „Bis daaann.“ winkte auch Hotaru freudig. Sie hätte es zwar schöner gefunden, wenn sie gleich hier geblieben wär aber sie war noch so aufgeregt über die ganze Situation, dass sie es gar nicht als so schlimm empfand. Noch dazu wollte sie ja schon nachher wieder kommen, also konnte sie damit leben. Jetzt rannte sie aber erst mal zum Zimmer ihrer Mutter. Sie wollte jetzt unbedingt mehr über die ganze Sache erfahren. Sie hatte zwar von Anfang an gehofft, die Beiden würden sich gut verstehen, damit sie Ruka weiterhin sehen konnte, aber das so etwas passieren könnte, das hätte sie sich niemals erträumen lassen. Michiru lag immer noch in ihrem Bett und starrte an die Decke. So richtig wach war sie immer noch nicht und hätte nichts dagegen noch eine Runde zu schlafen. Vorher wollte sie aber auch wissen wie spät es war. Sie sah auf ihren Wecker und war doch ziemlich überrascht. Sie hatte tatsächlich den halben Tag verschlafen. Naja, nach dem langen Flug und der Nacht, war das wohl auch nicht verwunderlich. Trotzdem sollte sie wohl jetzt besser aufstehen. Gerade als sie dies in Angriff nehmen wollte, wurde die Tür aufgestoßen und ihre Tochter rannte ihr entgegen. „Guten Morgen, Mami!“ „Oh, Hotaru.“ Und da war sie wieder. Die harte Realität. Michiru hatte es wirklich erfolgreich geschafft die Kleine vollkommen auszublenden. Es war so einfach ihre Sorgen zu vergessen, wenn sie mit Haruka zusammen war. Nun musste sie ihr die Sache wohl oder übel erklären. Der Blick der Kleinen verriet ihr auf Anhieb, dass sie die Blonde auf jeden Fall gesehen hatte. Zumal ja nur ein paar Sekunden vergangen waren, seitdem sie das Zimmer verlassen hatte. Sie seufzte einmal innerlich. Eigentlich wollte sie ja nichts lieber tun, als der Kleinen zu sagen was Haruka ihr bedeutete und, dass sie sich wünschte mit ihr zusammen zu leben, aber das hatte sie ja noch nicht einmal der erzählt. Außerdem durfte sie ja eigentlich gar nicht mit ihr zusammen sein. Was also sollte sie der Kleinen jetzt sagen? „Mama, seid du und Ruka jetzt ein Paar? Liebst du sie? Ich hab gesehen, wie ihr euch geküsst habt, heißt das, dass sie jetzt bei uns bleibt? Zieht sie bei uns ein?“ Oh Mann, das waren jetzt aber ganz schöne viele Fragen auf einmal. Und genau die, vor denen sich Michiru am meisten gefürchtet hatte. Auf keinen Fall wollte sie ihre Tochter anlügen. Und dieser hoffnungsvolle Blick in den Augen der Kleinen machte sie irgendwie glücklich. Sie würde sich also darüber freuen, wenn es so wär. „Ich mach dir einen Vorschlag, okay? Ich werd jetzt schnell duschen gehen, danach mach ich uns ein schönes Frühstück und dann können wir uns beim Essen darüber unterhalten. Was hältst du davon?“ Sie streichelte ihr zärtlich durch die Haare und sah sie liebevoll an. Sie hatte sich entschlossen der Kleinen zumindest einen Teil von allem zu erzählen. Sie musste wohl darauf vertrauen, dass sie es verstehen würde. „Mmh, das klingt toll, aber eigentlich hab ich mir schon was zu essen gemacht.“ „Du hast was?“ „Ja, ich hatte solchen Hunger und ich wollte euch nicht wecken, weil ihr doch so schön geschlafen habt, da hab ich mir einfach die Packung Cornflakes aus dem Schrank geholt und noch die Milch aus dem Kühlschrank. Ich hab aber noch nicht viel gegessen, weil ich dann Ruka gehört habe. Wir können also trotzdem noch was zusammen essen.“ „Du hast dir tatsächlich selbst was gemacht? Und angezogen bist du sogar auch schon.“ seufzte Michiru etwas wehleidig. „War das nicht gut?“ fragte Hotaru verunsichert und auch ein klein wenig ängstlich. „Oh doch, mein Schatz. Ich bin wirklich unglaublich stolz auf dich. Nur finde ich es etwas schade, dass du so schnell groß wirst.“ „Also ich wünschte, ich würde noch viel schneller groß werden.“ grinste die Kleine. „Das wirst du noch früh genug. Na los, geh du doch schon mal zurück in die Küche und iss zu ende. Ich komm gleich nach und setzt mich dazu, ja?“ „Okay.“ nickte die Kleine und rannte aus dem Zimmer. Michiru lächelte der Kleinen hinterher, und stand dann selber auf. Sie ging zu ihrem Kleiderschrank rüber, zog sich ihren Morgenmantel über und machte sich auf ins Bad. Nachdem sie mit duschen und anziehen fertig war ging sie zu ihrer Tochter in die Küche. Die Kleine war offenbar schon fertig mit essen und wartete nur noch auf sie. So wirklichen Hunger hatte Michiru im Moment eigentlich noch nicht, also beschloss sie auch nicht mehr als eine Schüssel von den Cornflakes zu essen. Der halbe Tag war ja sowieso schon rum und da würde sie lieber später noch etwas Richtiges kochen. Vielleicht war dann ja auch Haruka wieder zurück, und würde mit essen. Dieser Gedanke gefiel ihr richtig gut. In ihrem Kopf sah sie schon das Bild wie sie alle gemeinsam an einem Tisch saßen, wie eine richtige kleine Familie. „Mama, du siehst richtig glücklich aus. Ist Ruka der Grund dafür?“ wurde sie von ihrer Tochter aus den Gedanken gerissen. Sie hatte gar nicht gemerkt wie sich die Vorstellung von dem Bild, auch in ihrem Gesicht wiedergespiegelt hatte. Inzwischen saß sie Hotaru am Tisch gegenüber und aß völlig in Gedanken ihr Frühstück. Nun sah sie die Kleine aber direkt an, und versuchte die richtigen Worte zu finden. „Ja. Ja, du hast Recht. Sie macht mich glücklich.“ „Dann liebst du Ruka? Und bist richtig mit ihr zusammen?“ „Ähm… nein, nicht ganz. Ich hab Haruka wirklich unglaublich gern, aber wir sind nicht zusammen.“ „Wieso nicht? Ihr habt euch doch geküsst, und sogar in einem Bett geschlafen.“ Die Kleine schien gerade ziemlich geschockt, oder besser verärgert. „Ja, das ist richtig. Aber weißt du, wir haben uns gerade erst auf der Reise ein bisschen besser kennengelernt und sind uns näher gekommen. Lass uns für das richtige zusammen sein noch ein wenig Zeit, ja?“ „Aber wieso? Könnt ihr euch nicht weiter kennenlernen und trotzdem zusammen sein?“ Michiru schüttelte lächelnd mit dem Kopf über diese Hartnäckigkeit der Kleinen. Dass Hotaru wirklich so begeistert von der Sache wäre, hätte sie gar nicht erwartet. „Du hast Haruka wirklich gern, nicht wahr?“ „Ja, ganz doll! Sie is voll nett und witzig und total cool. Ich hab sie richtig lieb.“ „Ja, ich auch.“ seufzte die Türkishaarige ganz verträumt und ließ ihren Kopf in eine ihrer Hände fallen, die sie mit dem Ellenbogen auf dem Tisch abgestützt hatte. „Aber Hotaru, dir ist schon klar, dass sie dann doch ein bisschen mehr wäre; als nur deine Freundin, oder?“ „Ja, darüber hab ich vorhin auch schon nachgedacht. Wäre sie dann auch meine Mama?“ „Ähm, also ich würde sagen … nicht so sehr wie ich, oder nicht auf dieselbe Art, also … weißt du, dass kommt auch darauf an in wie weit Haruka das überhaupt will.“ versuchte sie zu erklären, es klang aber ziemlich gequält. „Warum sollte sie nicht wollen?“ „Naja, das ist doch eine ganz schöne Verantwortung. Sie ist schließlich selbst noch sehr jung, und hatte bestimmt nicht vor, schon in dem Alter Mutter zu werden.“ »Wenn überhaupt.« fügte sie in Gedanken hinzu. „Aber sie hat gesagt, sie hat mich auch lieb. Und is Ruka denn wirklich noch so jung?“ „Sie hat dich auch lieb, ganz sicher. Aber es gehört schon ein bisschen mehr dazu ein Kind großzuziehen, als es nur lieb zu haben. Und ja, sie ist schon ein paar Jahre jünger als ich. Du weißt doch, dass sie siebzehn ist.“ „Ich finde aber ihr seht genau gleich alt aus. Wie viele Jahre ist sie denn jünger als du?“ „Na, rechne doch mal nach.“ „Ach, menn. Mama, du weißt doch, dass ich Mathe nicht mag.“ „Nun komm, so schwer ist das nicht. Sie ist siebzehn und ich bin dreiundzwanzig.“ Hotaru sah sie schmollend an und versuchte wohl noch irgendwie einen anderen Weg zu finden, als wirklich nachrechnen zu müssen. Aber dann gab sie nach und begann vor sich hin zu zählen. „… Ähm, sechs?“ „Mhm, genau.“ „Das is ja so alt wie ich bin.“ „Richtig, und das bedeutet, als ich so alt war wie du, ist Haruka gerade erst geboren worden.“ „Oh. … Aber das ist doch egal, oder?“ „Für uns zwei schon. Es ist jetzt auch nicht so ein großer Unterschied, aber … Hotaru, da gibt es noch ein anderes Problem. Eins, das die Sache noch um einiges komplizierter macht, weshalb wir auch nicht zusammen sind.“ „Was denn für ein Problem?“ Es dauerte einen Moment bis Michiru antwortete. Sie war sich nicht sicher, ob sie es ihr erzählen sollte, oder nicht. Aber andererseits hatte sie der Kleinen sowieso schon fast alles gesagt. Und es war wohl besser, wenn sie das auch wusste, bevor sie es noch irgendwem in der Schule verriet. „Du weißt doch, dass sie meine Schülerin ist?“ „Ja, natürlich.“ „Tja, und genau das ist das Problem. Lehrer und Schüler dürfen eine solche Beziehung nicht führen. Das ist verboten.“ „Verboten? Warum?“ „Aus vielen Gründen. Zum einen muss ich sie ja schließlich benoten, und behandeln wie alle meine anderen Schüler auch. Wie soll ich das aber tun, wenn mir dabei meine persönlichen Gefühle im Weg stehen? Sie bedeutet mir nun mal mehr, und das ist unfair den anderen gegenüber. Das Alter ist auch so eine Sache. Bei uns sind es zwar nur sechs Jahre, aber meistens sind Lehrer ja schon ein bisschen älter, und die Schüler fast noch Kinder. Und, genau wie Haruka es auch noch ist, minderjährig! Das ist absolut unethisch, unprofessionell und nicht entschuldbar! Es hat schon seinen Grund warum es strafbar ist, und das ist auch richtig so! Ich hätte mich eigentlich nie darauf einlassen dürfen!“ Michiru hatte sich von ihrer versuchten erklären, irgendwie wieder in einen Selbstvorwurf hineingesteigert, und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. „Aber … wenn ihr euch liebt?“ kam es von der jetzt sehr verunsicherten Hotaru leise. Die zittrige Stimme ihrer Tochter ließ Michiru wieder aufblicken. Es tat ihr augenblicklich leid, dass sie sich so hatte gehen lassen. Sie streckte eine Hand zu der, der Kleinen aus und lächelte sie sanft an. Als sie über ihr Handgelenk streichelte fiel ihr auf, dass sie gar nicht ihre Kette trug. Sie ignorierte es aber erst mal und fuhr mit dem Gespräch fort. „Leider ändert das auch nichts an den Tatsachen. Wenn ich nicht ihre Lehrerin wär, dann wär das mit dem Alter im Grunde egal, da sie schon alt genug ist, und wir könnten ganz legal zusammen sein, aber so ist es nach wie vor verboten, egal was wir füreinander empfinden.“ Hotaru wirkte jetzt nicht mehr ängstlich, sondern schien über das gesagte ernsthaft nachzudenken. Nach einer Weile sah sie wieder zu ihrer Mutter auf. „Kannst du dann nicht einfach aufhören ihre Lehrerin zu sein?“ Darüber musste Michiru leicht lachen. Die Denkweise eines Kindes war ja so schön einfach gestrickt. Wenn doch nur auch in Wirklichkeit alles so einfach wär. „Hotaru-chan, ich kann doch nicht einfach mein Job aufgeben. Wovon sollen wir denn dann Leben? Du weißt, dass ich das Geld brauche.“ „Aber hat Ruka nicht ganz viel Geld? Kann sie ihrs nicht mit uns teilen?“ Ein erneutes lächeln huschte über Michirus Lippen. „Du hast Recht, sie hat sehr viel Geld. Wahrscheinlich sogar so viel, dass es problemlos für uns alle drei reichen würde. Aber es ist ihrs. Sie hat es sich schwer erarbeitet, oder geerbt, und ich kann sie nicht einfach darum bitten mir etwas abzugeben. Das ist nicht richtig. Wir kennen uns doch noch gar nicht lange. Außerdem möchte ich mein eigenes Geld verdienen, und mich nicht komplett von ihr abhängig machen. Was ist denn, wenn wir uns auf einmal nicht mehr verstehen sollten? Dann hab ich keine Arbeit mehr, keine Wohnung… Das geht einfach nicht.“ Hotaru schien die Antwort nicht zu gefallen. Sie senkte ihren Blick und sah traurig auf die Tischplatte vor sich. „Was passiert denn, wenn ihr einfach trotzdem zusammen seid?“ fragte sie kurzdarauf. „Wenn irgendjemand herausfindet, dass ich mich mit Haruka außerhalb der Schule treffe, dann werden wir ziemlichen ärger bekommen. Ich ganz besonders.“ „Was denn für ärger?“ „Nun ja, zum einen werde ich dann wohl auf jeden Fall meinen Job verlieren, und wohl auch nie wieder als Lehrerin arbeiten können. Du könntest die Schule auch nicht mehr besuchen und müsstest wohl wieder zu deiner alten, oder auf eine andere gehen. Haruka müsste wahrscheinlich ebenfalls die Schule verlassen, vielleicht, wenn das Ganze an die Öffentlichkeit gerät, steht auch noch ihre Karriere als Rennfahrerin auf dem Spiel.“ Das mit dem Gefängnis ließ sie lieber aus. Sie wollte der Kleinen ja nicht auch noch Angst einjagen, zumal sie selbst auch noch hoffte, dass es niemals zu so etwas kommen würde. „Aber nur, wenn das jemand erfährt, oder? Wenn ich das niemandem sage, kannst du Ruka dann weiter treffen?“ Michiru seufzte einmal. Sie konnte nicht fassen, dass sie nun auch noch ihre kleine unschuldige Tochter praktisch zum Lügen zwang. Aber was sollte sie machen? Sie wollte ihre kleine perfekte Familie, in der Haruka den Platz neben ihr einnahm. Sie wollte sie unbedingt weiter sehen, sie noch viel besser kennenlernen und wirklich mit ihr zusammen sein. Allein die Vorstellung das Alles zu begraben war für sie unerträglich. „Hotaru, ich habe mich bereits entschieden sie weiterhin zusehen. Auch, wenn ich das vielleicht irgendwann bereuen werde, kann ich mich einfach nicht mehr länger von ihr fernhalten, dafür hab ich sie einfach viel zu gern. Es tut mir leid, dass ich dich in diese Sache mit hineinziehe, und du sollst wissen, dass, wenn du es jemanden erzählst, ich auf keinen Fall böse auf dich bin. Wenn die Sache ans Licht kommt, ist das ganz allein mein verschulden.“ „Aber ich werde es niemanden erzählen, ganz sicher nicht. Ich möchte, dass Ruka bei uns bleibt und, dass du weiterhin glücklich bist.“ Irgendwie war Michiru erleichtert und auch gerührt von diesen Worten. Sie stand von ihrem Platz auf und umarmte ihre Tochter ganz fest. „Du glaubst gar nicht wie glücklich ich im Moment bin, und das auch, weil du bei mir bist. Ich hab dich wirklich unbeschreiblich lieb, weißt du das?“ „Ich hab dich auch lieb, Mami.“ erwiderte Hotaru die Umarmung. Michiru löste sich nach kurzer Zeit von ihr und sah sie lächelnd an. „So, und nun erzähl mir mal, wo deine Kette geblieben ist. Hast du sie etwa wirklich abgenommen?“ „Ja, hab ich. Mama, vielen Dank für das Geschenk! Das Schmuckkästchen ist wirklich wunderschön!“ „Hab ich doch gern gemacht. Aber es ist doch nicht der alleinige Grund, warum du sie abgenommen hast, oder?“ „Nein, ist es nicht. Ruka is ja auch der Meinung, ich sollte sie lieber abnehmen, und eigentlich habt ihr ja alle Recht. Ich möchte sie wirklich nicht verlieren und als diese Jungs sie mir damals wegnehmen wollten, war das richtig schlimm. Also hab ich beschlossen sie erst wieder zu tragen, wenn ich groß genug dafür bin.“ Michiru konnte sich nur darüber freuen, und musste auch ein wenig den Kopf darüber schütteln. Schon wieder hatte die Blonde es auf Anhieb geschafft die Kleine von etwas zu überzeugen, woran sie seit Jahren scheiterte. Zuerst das mit dem Selbstbewusstsein und nun auch noch ihre Kette. „Aber wann hat Haruka dir das denn gesagt? Gestern Abend warst du doch schon eingeschlafen.“ fragte sie etwas verwundert darüber nach. „Ja, aber Ruka hat mir einen richtig lieben Brief da gelassen. Willst du ihn sehen? Komm, ich zeig ihn dir.“ Damit zog Hotaru ihre Mutter aus der Küche bis in ihr Zimmer. Michiru wehrte sich nicht, denn sie war zu überrascht davon, dass Haruka so etwas getan haben sollte. „Hier, das ist er. Er lag zusammen mit dem Geschenk auf meinem Nachtschrank.“ Hotaru hielt ihr aufgeregt einen Zettel entgegen und die Türkishaarige nahm ihn ihr ab. Sie setzte sich auf das Bett und las ihn dann langsam durch. Mit jeder Zeile schmolz Michiru ein wenig mehr dahin. Das war ja so süß. Sie musste sich wirklich zusammenreißen vor Glück und Gerührtheit nicht noch eine Träne zu verlieren. So etwas Führsorgliches hätte sie der Sportlerin gar nicht zu getraut. Diese kleine Geste, überzeugte sie gerade völlig davon, dass sie Haruka ihre Tochter anvertrauen konnte, also auch in einer Rolle als Erziehungsperson. Davon musste sie jetzt nur noch irgendwie Haruka überzeugen. Sie glaubte nämlich nicht daran, dass sich die Blonde selbst in dieser Rolle vorstellen konnte. Aber irgendwie musste das doch zu schaffen sein. In ihrem Kopf blitzte wieder dieses Bild von der kleinen Familie auf, und brachte sie regelrecht zum Strahlen. Sie las den Brief gleich nochmal durch und über eine Stelle freute sie sich ganz besonders. Eigentlich war es nur ein einziges Wort: Wir. Sie hatte tatsächlich "Wir" geschrieben! "WIR hoffen dass es dir gefällt…" Nicht deine Mutter und ich, sondern "Wir"! „Das war lieb von ihr, oder?“ fragte Hotaru lächelnd, der das strahlen ihrer Mutter durchaus auffiel. „Ja, da hast du recht. Tust du mir einen gefallen, und bewahrst ihn gut auf?“ Michiru reichte ihrer Tochter den Zettel zurück, die ihn mit einem heftigen nicken entgegen nahm. „Mhm, mach ich.“ Hotaru faltete den Zettel ein, zwei Mal und verstaute ihn dann ebenfalls in dem kleinen Schmuckkästchen im Regal. Michiru lächelte darüber und verließ dann den Raum. Den restlichen Tag verbrachte die Türkishaarige damit ihren Koffer auszupacken, die Wohnung ein wenig sauber zumachen, noch die letzten Arbeiten zu korrigieren und dann hatte sie dieses Bild in ihrem Kopf einfach nicht mehr ausgehalten. Sie musste es einfach auf eine Leinwand bringen. Kurzerhand hatte sie einfach ihre Staffelei, Farben und alles, was sie sonst noch brauchte aus ihrem Schrank herausgekramt und angefangen ihr Bild auf die Leinwand zu projizieren. Sie war dermaßen in ihrer Arbeit vertieft, dass sie gar nicht mitbekam wie Hotaru sie eine Weile lächelnd dabei beobachtete. Michiru hatte schon seit Ewigkeiten kein Bild mehr ganz von sich aus gemalt. Wenn man’s genau nimmt hatte Hotaru noch nie gesehen, wie ihre Mutter ein Bild gemalt hat. Sie war einfach immer viel zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt. Ihre Geige holte Michiru zwar schon noch ab und zu aus dem Schrank, so dass Hotaru ihr traumhaftes Spiel schon mal gehört hatte, aber das Malen nahm nun mal etwas mehr Zeit in Anspruch, so dass sie dafür nie Zeit gefunden hatte, außer es war für ihr Studium gewesen, doch da malte sie meist in der Uni und nicht in Hotarus Beisein. Einige Kunstwerke die hier an den Wänden hingen stammten zwar auch von ihr, aber noch aus früheren Zeiten. Irgendwann ließ Hotaru ihre Mutter aber doch lieber wieder allein und ging in ihr Zimmer spielen. Michiru war so gefesselt von dem Bild, dass sie sogar schaffte es gleich fertig zu stellen. Überglücklich betrachtete sie ihr Kunstwerk, und wurde gleich wieder richtig träumerisch, bei dem Anblick der kleinen Familie. Sie räumte schnell wieder sämtliche Sachen weg und bedeckte auch noch das Bild mit einem Tuch. Haruka sollte das wohl lieber nicht zu Gesicht bekommen. Nachher ging ihr das viel zu schnell und lief ihr doch noch weg. Danach begab sie sich in die Küche, um endlich mit dem Abendessen zu beginnen. Hoffentlich kam Haruka bald zurück. Sie war nämlich schon ziemlich lange weg. Michiru hatte zwar keine Ahnung, wie lange so ein Motorradtraining dauerte, aber so langsam müsste es doch mal zu Ende sein. Hoffentlich war ihr nichts passiert. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)