Broken Glass von ki-rei (Chapter 10 "Who am I? - Part Two" up!) ================================================================================ -Part Ten- Who am I? ~ Als Kaoru am nächsten Morgen aufwachte, war um ihn herum alles wunderbar warm und er fühlte sich geborgen und sicher. Ganz vorsichtig blinzelte er mit einem Auge, um sich einen kleinen Überblick zu verschaffen. Gerade als er den Kopf heben wollte, spürte er, wie sich zwei starke Arme fester um ihn schlangen und ihn an einen warmen Körper drückten. //Nani..?// Als er noch ein wenig umherlugte, stellte er fest, dass der, der ihn da so fürsorglich im Arm hielt, kein geringerer war, als Die. Die roten Haare waren ein mehr als todsicheres Kennzeichen für den Gitarristen. Kaoru musste sich eingestehen, dass es ihm gefiel, so von dem anderen im Arm gehalten zu werden. Aber er hob doch langsam den Kopf, als er Geschirr klirren und leise Schritte hören konnte. Er bewegte sich vorsichtig in den Armen des Gitarristen, um sich den Kopf nicht vollends verdrehen zu müssen, doch war er nicht vorsichtig genug, denn Die erwachte und sah sich verschlafen und verwuschelt um. Kaoru, der sich dem gerade aufgewachten wieder zuwendete musste unwillkürlich lächeln. //Wie süss...//, schoss es ihm durch den Kopf und er wurde leicht rot um die Nasenspitze. "Ohayo..", wisperte er dem Jüngeren zu, beobachtete ihn weiter dabei, wie dieser sich im Raum umsah und sich langsam wieder daran zu erinnern schien, was vorgefallen war. "Ohayo..", erwiderte der andere schließlich und auch er zauberte ein Lächeln auf seine Lippen. Dann jedoch wurde ihm bewusst, dass er seine Arme noch immer um Kaoru's Taille gelegt hatte und er wurde rot, ließ den Älteren los und begann dann beschämt mit seinen Fingern zu spielen. "Anou.. gomen.." Doch Kaoru hob das Kinn des Gitarristen an, schüttelte den Kopf. "Du musst dich doch nicht entschuldigen, Die. Im Gegenteil.. ich.. bin dir dankbar dafür, dass du.. für mich da gewesen bist.", wisperte er schließlich. Dann sah er sich zum ersten Mal richtig in dem Zimmer um und identifizierte es als Toshiya's Gästezimmer, den die anderen vier Dirus allerdings quasi schon für sich gepachtet hatten, da ständig einer von ihnen bei Totchi übernachtete und dann in diesem Raum schlief. "Sag mal.. wie sind wir eigentlich hierher gekommen? Ich.. erinner' mich irgendwie nicht mehr." Kaoru kratzte sich verlegen am Kopf, während er Die fragend musterte. Der rothaarige strich dem andern vorsichtig über die Schläfen. "Na ja.. viel ist nicht mehr passiert. Im Endeffekt hat es ein ziemlich heftiges Gewitter gegeben, aber ich glaube, davon hast du schon nichts mehr mitgekriegt... Soweit ich mich erinnere, bist du gleich eingeschlafen, als wir uns in den Sessel gesetzt haben. Was ja aber auch nicht weiter verwunderlich war... Aber.. sag, wie geht's deinem Kopf, Kaoru?" Jetzt, da der andere Gitarrist fragte, verspürte er ein leichtes Pochen, überspielte es allerdings, damit sich Die nicht noch größere Sorgen um ihn machte. "Alles in Ordnung, Daisuke... Mir geht's gut.", murmelte er leise und lehnte den Kopf wieder an die Schulter des anderen, seufzte leise. Die wollte gerade die Arme wieder um den ältesten legen, als es an der Tür klopfte und beide erschrocken zusammenzuckten. Nur einen Sekundenbruchteil später wurde die Tür geöffnet und der Sänger kam zum Vorschein. Sein Blick verdunkelte sich etwas, als er sah, in welcher Position die beiden im Bett lagen. "Was.. was gibt's denn..?", fragte Die vorsichtig und durchbrach damit die unangenehme Stille, die für einen Moment den Raum beherrscht hatte. Kyo blinzelte ein paar Mal, kehrte aus seiner Gedankenwelt zurück und sein Blick fixierte sich erneut auf die beiden in dem Bett liegenden Männer. "Ich... wollte nur fragen, ob ihr auch Hunger habt.", presste er schließlich mühsam beherrscht hervor. In ihm schrie alles danach, zu ihnen zu gehen und Kaoru dort wegzuzerren, doch dann kam ihm ein anderer Gedanke. Er fragte sich, was in der letzten Nacht zwischen den beiden Gitarristen geschehen war, als er friedlich auf dem Sofa geschlafen hatte. //Du weißt doch gar nicht, ob sich die beiden nicht viel näher stehen, als du denkst... Aber.. ich dachte immer.. dass Die.. Andrerseits.. kann ich ja auch nicht mit Bestimmtheit sagen, dass er für Kaoru mehr als nur tiefe Freundschaft empfindet... Vielleicht hat er ihn nur getröstet, wollte für ihn da sein. Aber vielleicht... war da noch viel mehr... so viel mehr..// "Kyo?" "Mh?" Verwirrt sah der Kleinere auf. "Wir kommen gleich, ja?" //Zu viel...// Kyo unterdrückte ein leises Seufzen, nickte dann und verließ rasch den Raum. Kaoru blinzelte verwundert, stupste Die in die Seite. "Sag mal.. findest du nicht auch, dass er irgendwie komisch war?" Der Gitarrist nickte. "Mhm. Na ja.. ihm wird die Sache mit Shinya auch ziemlich zugesetzt haben...." Kaoru streckte sich ausgiebig. "Ja.. du hast wohl Recht." Dann wühlte er sich aus den Decken, schob die Beine über die Bettkante und stand kurz darauf etwas wacklig auf. Der Leader sah sich kurz nach dem Gitarristen um, der ebenfalls aufgestanden war und spürte einen leichten Rotschimmer auf seine Wangen treten. Die hob eine Augenbraue, sah Kaoru besorgt an. "Alles okay? Du bist auf einmal so rot im Gesicht..." "Ah.. klar doch!", stammelte der Ältere verlegen und zupfte seine Kleidung gerade. "Wir.. sollten zu Kyo gehen und schauen, was er macht. Und vielleicht ist Totchi ja auch schon wach, ne?" Der rothaarige nickte langsam, seufzte innerlich auf. //Das ist doch nicht das einzige, was dich beschäftigt oder..? Aber.. Toshiya und Shinya gehen jetzt vor..// "Dann mal los.", murmelte er schließlich, rang sich ein aufmunterndes Lächeln ab, ehe er mit Kaoru das Gästezimmer verließ und auf den hell erleuchteten Flur trat. Sie konnten Kyo in der Küche hantieren hören und somit traten die beiden den Weg in das Zimmer an. Der Bassist schien noch nicht aufgestanden zu sein. Der Leader nickte Kyo kurz zu. "Ich.. geh mal nach Totchi sehen, okay?" Die beiden anderen nickten und so verließ er die Küche wieder und machte sich auf den Weg zum Schlafzimmer des jüngeren. Derweil ließ sich Die auf einen der Küchenstühle sinken und beobachtete den Sänger, der das Frühstück machte. "Was machst du eigentlich schon so früh auf?" Kyo stellte ihm eine Tasse Kaffee vor die Nase, warf ihm einen kurzen Blick zu. "Ich konnte nicht mehr schlafen. Hab mir Sorgen um Shinya gemacht und tue es noch.", kam schließlich die knappe Antwort. "Hai.. das tun wir wohl alle." Ein Schulterzucken des Kleineren war alles, was er darauf noch zurückbekam. //Kaoru hat recht... Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht.// Seufzend nahm er erst Mal einen Schluck des warmen, koffeinhaltigen Getränks, um richtig wach zu werden und einen klaren Kopf zu bekommen. Während der Kaffee seine Kehle hinabrann und langsam seine Lebensgeister weckte, beobachtete er Kyo, der noch immer dabei war, den Frühstückstisch zu decken. Äußerlich fiel ihm nichts weiter auf, außer, dass die Bewegungen etwas fahriger waren als sonst, was er allerdings auf die frühe Tageszeit und den kritischen Zustand von Shinya zurückführte. Aber irgendetwas an seiner Art war anders als sonst. Natürlich war er ab und zu mal ruppig oder knapp angebunden, besonders morgens oder wenn er zu wenig geschlafen hatte, allerdings war es da doch nie so extrem gewesen. Oder doch? Vielleicht war ja auch er es der überreagierte. Immerhin waren sie mit den Nerven alle ziemlich weit unten... Die zuckte mit den Schultern und entschied sich, diese Frage später zu klären, da er momentan ohnehin keine Antwort darauf finden würde. Langsam erhob er sich von dem Küchenstuhl, lugte kurz zu Kyo. "Ich geh mal für kleine Königstiger.", bemerkte er grinsend, was dem Sänger nur ein genervtes Verdrehen der Augen entlockte. Ein erneutes Schulterzucken des Gitarristen, dann verließ auch er die Küche und ließ den Kleinsten allein zurück. Kaum hatte der Rotschopf die Küche verlassen, fiel Kyo's starre Maske in sich zusammen. Leise klirrend stellte er den Unterteller auf den Tisch, stützte sich mit einer Hand auf der Tischplatte ab. //Das muss doch ein böser Traum sein... ein schlechter Film...// Ein leiser Seufzer entrang sich seiner Kehle, während er auf den gedeckten Tisch starrte und ihn doch nicht sehen konnte. Denn stets wechselte sich das Gesicht des fröhlichen, stets zu Scherzen aufgelegten Gitarristen mit dem ihres Nesthäkchens ab. Die Hand, die sein Gewicht trug, verkrallte sich in das Tischtuch, was zur Folge hatte, dass das Geschirr leise klirrte. Die andere wanderte langsam, fast wie in Zeitlupe, hoch, ehe sich Kyo damit grob über das Gesicht fuhr. //Schluss jetzt... Ich benehm' mich ja schon wieder wie ein Versager...// Nur langsam entkrampften sich die Finger aus dem Tuch und der Sänger nahm wieder eine aufrechte Haltung an. //Erst mal eine Rauchen...// Mit diesen Gedanken stieß er sich vom Tisch ab, suchte nach Kippen, die er schließlich auf dem Wohnzimmertisch fand, verzog sich mit der Schachtel auf den Balkon, wo er sich erst einmal eine aus der Packung zog. Dann klemmte er die Zigarette zwischen die Lippen und entzündete sie mit dem Feuerzeug, inhalierte tief den Rauch und blies ihn dann in die frische Morgenluft. Mit dem Rücken an das Balkongeländer gelehnt, starrte er nach drinnen, ins Wohnzimmer. Erst auf die Couch, auf welcher er die Nacht verbracht hatte, dann auf die übrigen Möbelstücke. //Wenn ich nur wüsste...// Leise öffnete Kaoru die Tür zum Schlafzimmer des Bassisten, war er sich doch nicht sicher, ob er schon wach war oder noch immer schlief. Ebenso behutsam durchquerte er den Raum, darauf bedacht, kein Geräusch zu machen, welches den Jüngeren hätte wecken können. Schließlich sank er auf den Bettrand, von wo aus er freie Sicht auf das friedlich schlafende Gesicht Toshiya's hatte. Nun, zumindest schien das Schlafmittel gewirkt zu haben und er hatte die Nacht ruhig durchschlafen können. Ein flüchtiges Lächeln huschte über seine Lippen, als er den Jüngeren so daliegen sah. So ruhige und sorglose Züge hatte man bei ihm lange nicht mehr zu Gesicht bekommen. Zaghaft streichelte er ihm eine gelöste Haarsträhne hinters Ohr, was jedoch zur Folge hatte, dass Toshiya sich zu regen begann. Kurz darauf blinzelte er vorsichtig, lugte hoch zu der Ursache für die plötzliche Beendigung seines Schlafes. "Oyaho, Totchi-chan...", wisperte der Gitarrist sanft, lächelte ihn aufmunternd an. "Ohayo...", erwiderte Toshiya leise den Morgengruß, setzte sich langsam auf und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Vorsichtig rückte Kaoru etwas dichter an ihn heran, beließ es aber erst einmal dabei, ihn zu beobachten. "Wie fühlst du dich...?" Der Bassist hockte vor ihm auf dem Bett, das viel zu große Schlafshirt war auf der einen Seite von der Schulter gerutscht, die Haare zerstrubbelt und die Decke war um seine Beine geschlungen. Er beobachtete Kaoru eine Weile stumm, ehe er antwortete. "Den Umständen entsprechend nicht schlecht. Das Schlafmittel hat geholfen... Körperlich war es genau das, was ich gebraucht hab." Der Gitarrist seufzte leise, rutschte noch dichter zu Toshiya, sodass er nun mit den Knien gegen den Deckenknubbel stieß. Der dumpfe Unterton in der Stimme des Bassisten war ihm nicht entgangen und auch der leere Blick aus den braunen Augen bereitete ihm Sorgen. "Und du?" Schief grinsend zuckte Kaoru die Schultern, unwissend, was er darauf zur Antwort hätte geben sollen. Und wenn er ehrlich war - er dachte lieber selbst nicht so genau darüber nach, wie er sich eigentlich fühlte. Im Grunde genommen war es ihm aber auch egal. "Mh." Gähnend wuschelte er sich durch die Haare, entwirrte langsam das Deckengewirr um seine Beine. "Habt ihr schon im Krankenhaus angerufen, ob wir ihn sehen können? Und Yoshiki... weiß er inzwischen davon?", meinte Toshiya in einem für Kaoru erschreckend sachlichen Ton, während er sich vom Bett erhob und zu seinem Kleiderschrank stolzierte. "Nein... wir... wollten erst einmal frühstücken und dann weitersehen." Kaoru hockte auf dem Bett, folgte dem Bassisten mit den Augen und war wirklich erstaunt über dessen plötzlich so verändertes Verhalten. "Aha.", kam es kurz angebunden zurück, während er ein dunkelblaues Oberteil, passend zu seiner Haarfarbe, aus dem Schrank zog und es sich vor dem Spiegel kurz anhielt, ehe er zufrieden nickte. "Dann werde ich das eben gleich erledigen, auf dem Weg in die Küche komme ich ja zwangsläufig am Telefon vorbei." Er warf einen flüchtigen Blick auf die Uhr, die halb neun anzeigte. "Aber eigentlich dürften die Besuchszeiten gegen 10 Uhr beginnen... Na ja, man wird sehen, ob er überhaupt Besuch empfangen kann." Dann verschwand er mit dem Oberteil und noch ein paar anderen Kleidungsstücken und der Leader konnte hören, wie drinnen kurz darauf das Wasser der Dusche angeschaltet wurde. Kaoru saß einfach nur da und starrte die Tür an, hinter welcher der Jüngere soeben verschwunden war. Einerseits war es zwar gut, dass er nicht völlig am Boden zerstört war und durchaus auch subjektiv dachte und handelte... Aber so extrem war ihm das beinahe unheimlich. So hatte er Toshiya noch nie erlebt und es behagte ihm überhaupt nicht. Zumal er sich fragte, was dazu geführt hatte, dass der Jüngere sich so verschloss und so tat, als ginge ihn das alles nicht wirklich etwas an und er organisierte nur, weil kein andrer mehr dazu fähig war. //Wie ein Fremder... Aber ich frage mich... warum...? Warum auf einmal? Was bringt dich dazu den Starken zu mimem und so zu tun, als würde dich das gar nicht bewegen?// Doch Kaoru wurde aus den Gedanken gerissen als Toshiya, vollständig bekleidet, aus dem Bad trat, während er sich noch mit einem Handtuch die Haare trocken rubbelte. Als sie nur noch leicht feucht waren, warf er das weiße Handtuch mit einem gekonnten Wurf ins Bad - und verfehlte knapp den Wäschekorb. Gelangweilt zuckte er die Schultern, betrachtete dann teilnahmslos Kaoru, der, wie zuvor als er ins Bad gegangen war, dasaß und Löcher in die Luft zu starren schien. Ein genervter Seufzer entschlüpfte seiner Kehle, dann beugte er sich vor und wedelte vor den Augen des Leaders mit der Hand herum, um dessen Aufmerksamkeit zu erregen. Der hob schließlich den Blick und sah Toshiya an, der sichtlich entnervt zu ihm runtersah. "Schön, dass du auch wieder unter uns weilst, Leader-san. Ich dachte, du wolltest so unbedingt frühstücken?", murmelte er bissig und richtete sich wieder auf. "Ah... hai..." Kopfschüttelnd ging der Bassist zur Tür, öffnete sie und blieb im Türrahmen noch einmal kurz stehen. "Ich ruf noch im Krankenhaus an, also fangt ruhig schon an zu essen." Dann war er um die Ecke gebogen und aus Kaoru's Sichtfeld verschwunden. Einen Moment noch blieb er wie erstarrt auf der weichen Matratze sitzen, stand dann aber doch langsam auf und folgte dem Bassisten in den Flur. Die wusch sich die Hände, trocknete sie mit dem Handtuch ab, welches an einem Haken an der Wand hing. Draußen konnte er Gesprächfetzen hören, die von Toshiya und Kaoru zu kommen schienen, was auch nicht gerade abwegig war, da sich das Schlafzimmer des Bassisten schräg gegenüber befand. Als er schließlich Schritte, die an der Tür vorbeigingen, vernehmen konnte, verließ er das Bad und stieß beinahe mit Kaoru zusammen, der Toshiya erst nach kurzem Zögern gefolgt war. Der Leader war viel zu sehr in seine wirren Gedanken vertieft gewesen, um mit einem plötzlichen Hindernis in Form ihres rothaarigen Gitarristen rechnen zu können. "Ah Die.. gomen ne, ich hab dich gar nicht gesehen...", nuschelte er deswegen verlegen und sah den größeren entschuldigend an. Doch dieser grinste nur und zuckte mit den Schultern. "Ist ja nichts weiter passiert, ne?" Dann jedoch musterte er den Älteren genauer und stutzt. "Alles in Ordnung?" - "Ja... ich war nur in Gedanken." Diese Antwort war zwar nicht ganz das, was er erwartet hatte, aber er beließ es dabei. Es würde jetzt auch nichts bringen, dem anderen Gitarristen Löcher in den Bauch zu fragen. Außerdem schien Kaoru im Moment ohnehin nicht sonderlich mitteilungsfreudig zu sein. Schweigend gingen sie also zurück in die, wie die beiden schließlich feststellen mussten, leere Küche. "Na, wo sind denn die anderen beiden hin?", fragte Die und wandte sich mit fragendem Blick an Kaoru. Der zuckte kurz mit den Schultern, fügte dann aber noch an: "Toshiya wollte im Krankenhaus und bei Yoshiki anrufen. Aber wo Kyo ist, weiß ich auch nicht." Und mit diesen Worten setzte er sich an den Tisch und verschaffte sich einen kurzen Überblick. "Mh... eben war er doch noch hier..?", überlegte Die laut und beschloss dann, mal nach dem Sänger zu sehen. Weit konnte er ja schließlich nicht sein. Der Blonde stand noch immer mit dem Rücken gegen das Geländer gelehnt auf dem kleinen Balkon, starrte in den Himmel und beobachtete die vorbeiziehenden Wolken. Immer mal wieder glühte die Spitze der Zigarette rot auf, wenn der junge Mann den Rauch inhalierte, nur um ihn kurz darauf durch die Nase wieder auszustoßen. Als er sie schließlich bis zum Filter hinuntergeraucht hatte, schnippte er den Stummel vom Balkon und zündete sich prompt die nächste an. Er brauchte jetzt irgendwas, um seine Nerven in den Griff zu kriegen und rauchen beruhigte ihn nun mal meistens ungemein. Wieder flammte das Feuerzeug auf und steckte den Tabak in Brand. Langsam drehte er sich um, stützte die Unterarme auf der Balkonbrüstung ab und starrte einfach nur geradeaus. Er gab es ungern zu, aber er fühlte sich mit dieser ganzen Situation überfordert und drohte zusammenzubrechen. Vor den anderen wollte er das zwar nicht zeigen, aber in ihm war wieder einmal alles auf- und durcheinandergewirbelt. Da war diese Sache mit Shinya. Der Drummer war ihm nun mal ans Herz gewachsen, so wie der Rest der Band auch, sie waren für ihn beinahe wie die Familie, die er früher nicht gehabt hatte. Und auch er hatte sich, wie Toshiya, riesige Sorgen um ihren Jüngsten gemacht. Sogar mehr, als er zugeben oder sich selbst eingestehen wollte. Aber er versuchte sich mit dem Gedanken zu beruhigen, dass sie Shinya gefunden hatten, dass er im Krankenhaus in guten Händen war und sicher bald wieder auf die Beine kommen würde. Natürlich würde es nie wieder so wie früher werden können, nach allem, was er durchgemacht haben musste, aber sie würden das schon irgendwie hinbekommen. Und dann war da noch die Sache mit Die... Er mochte ihn sehr, aber war es wirklich mehr als tiefe Freundschaft? Aber wenn dem nicht so war, wieso verspürte er dann dieses beißende Gefühl in der Brust, wenn er ihn mit Kaoru zusammen sah? So wie erst vor einigen Minuten... Bei dem Gedanken an das Bild, das sich ihm geboten hatte, als er die Tür zu Toshiya's Gästezimmer geöffnet hatte, schnürte es ihm erneut die Kehle zu. War die ganze Sache nicht mehr als eindeutig gewesen? Immerhin hatten sie nebeneinander im Bett gelegen, hatten unter einer Decke geschlafen, noch dazu eng umschlungen und aneinandergekuschelt. Gab es da wirklich so viel falsch zu verstehen? Aber wenn sie wirklich eine Beziehung hatten, warum hielten sie diese dann geheim? Vor Toshiya konnte er es ja noch verstehen, immerhin hatte der im Moment wirklich andere Sorgen. Aber ihm hätten sie es doch wenigstens sagen können? Oder hatten sie bemerkt, was er - vermutlich - für Die empfand und sagten nichts, um ihn nicht zu verletzen? Wieder flog ein Zigarettenstummel vom Balkon und Kyo raufte sich die Haare. Das war doch wirklich zum Verrücktwerden! Es ging ihn doch gar nichts an, was Die mit wem und warum machte... Das war ganz allein Sache des Gitarristen. Und doch tat der Gedanke, dass der rothaarige tatsächlich etwas mit ihrem Leader haben könnte, entsetzlich weh... Kyo schluckte, seufzte dann leise und schloss für einen Moment die Augen. "Was seufzt du denn so schwer, Kyo?", konnte er eine besorgte Stimme neben sich vernehmen, die ihn zusammenzucken ließ. "Was willst du, Daisuke?", gab er barsch zurück, öffnete die Augen wieder und blickte den Gitarristen neben sich an. "Kann man hier nicht mal in Ruhe eine rauchen, ohne, dass einem gleich wieder einer hinterherdackelt? Ich werd schon nicht aus Versehen vom Balkon fallen oder sonst was....." Die lachte kurz trocken auf, wurde dann aber wieder ernst. "Das weiß ich auch. Und mal ehrlich.. wenn du in deinem Alter noch nicht auf dich selbst aufpassen kannst und deswegen vom Balkon fällst, dessen Brüstung nun wirklich hoch genug ist, kann dir auch keiner mehr helfen. Aber darum geht's jetzt nicht." Die braunen Augen bohrten sich förmlich in seine, bis der Sänger es nicht mehr aushielt und rasch in eine andere Richtung blickte. "Mit dir stimmt doch irgendwas nicht.. Du bist schon den ganzen morgen so komisch. Und dann stehst du auch noch als erster von uns auf, das ist doch nicht normal!" Genervt verdrehte Kyo die Augen, stieß sich von der Brüstung ab. "Ich hab es dir doch schon erklärt. Ich habe mir Sorgen um Shinya gemacht. Ist das etwa nicht Grund genug? Das sollte man doch eigentlich meinen, so, wie er gestern aussah, oder nicht? Du hast ihn immerhin auch gesehen..." Für einen kurzen Moment schimmerte wieder dieser traurige, bis aufs äußerste besorgte Gesichtsausdruck durch und der Glanz in den Augen stumpfte etwas ab, doch dann fing er sich wieder und starrte Die ins Gesicht. "Da wird man ja wohl noch mal seufzen dürfen, oder etwa nicht?!" Die hob abwehrend die Hände, war der Kleinere nun doch etwas aggressiv geworden. "Ist ja schon gut... Ich hab mir ja nur Sorgen gemacht.", meinte er kleinlaut, stopfte die Hände dann in die Hosentasche und machte Anstalten, wieder nach drinnen zu gehen. Kyo biss sich schuldbewusst auf die Unterlippe. //Du hast dir Sorgen gemacht..? Um mich?// "Die...", wisperte er leise, doch der Gitarrist war schon wieder in der Wohnung verschwunden und hatte ihn nicht mehr gehört. "Scheisse!" Fluchend schob er die Hände in die Taschen. Wütend auf sich selbst ballte er die Hände zu Fäusten, verkrallte sich in den Stoff der Hosentasche. Knirschte mit den Zähnen. //Du bist echt ein verdammter Idiot, Kyo!//, scholt er sich in Gedanken, als er Die langsam in die Wohnung folgte. -------------------- TEIL ZWEI -------------------- Toshiya wählte die Nummer des Krankenhauses, in welches sie Shinya gebracht hatten und lauschte auf das Freizeichen. Kurz darauf wurde am anderen Ende der Leitung abgenommen und eine freundliche Frauenstimme meldete sich. "Ja, Hara Toshimasa am Apparat. Gestern ist ein gewisser Terachi Shinya bei ihnen eingeliefert worden... Ich wollte mich nach seinem Zustand erkundigen und fragen, ob er Besuch empfangen darf.", meinte er leise, aber mit fester Stimme. Er hörte leises Rascheln, dann wurde der Hörer wieder ans Ohr gehalten. "Terachi-san, richtig? Nun... sein Zustand ist kritisch, aber die Ärzte sind zuversichtlich, dass er durchkommen wird. Was das Besuchen angeht. Es tut mir Leid, aber im Moment braucht er Ruhe und sollte keinen Besuch empfangen. Aber wir können sie benachrichtigen, wenn sich sein Zustand verändern sollte." Toshiya's Hand verkrampfte sich um den Telefonhörer. "Wir möchten ihn aber gerne sehen... und sei es nur kurz." Einen Moment war alles still, dann vernahm er ein leises Seufzen in der Leitung. "Er liegt auf der Intensivstation, seine Verletzungen sind wirklich sehr kritisch. Sie können ihm im Moment nicht helfen, so Leid es mir tut. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir die Lage einfach noch nicht einschätzen und deswegen müssen die Ärzte noch einige Untersuchungen vornehmen, um ihrem Freund die bestmögliche Hilfe zukommen zu lassen. Sie können ihn morgen besuchen, wenn sie das wollen. Aber nur jeweils einer von ihnen und auch nur kurz... Das verstehen sie sicher. Wenn sich etwas ändert, melden wir uns sofort bei ihnen." Der Bassist schluckte schwer, stellte dann aber doch die Frage, die ihm auf der Zunge lag. "Und wie.. sieht es mit seinen Verletzungen aus? Wird er bleibende Schäden zurückbehalten?" "Ich kann nur sagen, wie es im Moment aussieht. Körperlich wird er wohl wieder voll funktionstüchtig sein. Die Knochenbrüche und anderen Verletzungen sahen schlimmer aus, als sie es eigentlich waren, wenn die inneren Verletzungen auch kritisch gewesen sind. Das wirklich besorgniserregende ist die Wunde an seinem Kopf. Terachi-san wird noch weitergehend untersucht, um festzustellen, was wirklich mit ihm los ist. Nun, ich will ehrlich sein, er liegt in einem Koma und man ist sich nicht sicher, wie schwerwiegend das ganze ist und ob oder wann er wieder aufwacht. Es tut mir Leid, Hara-san.", endete die junge Frau schließlich mit leicht zitternder Stimme. Sie schien diesen Job noch nicht sonderlich lange zu machen. Toshiya zitterte leicht, starrte schweigend auf das Telefon hinab, konnte und wollte nicht glauben, was er da eben gehört hatte. Shinya lag im Koma. Aber er würde doch durchkommen? Das hatte die Frau doch gesagt... Er brauchte sicher nur Ruhe. Ja, das würde es sein. Der Bassist schluckte schwer, murmelte ein leises "Danke" in den Telefonhörer und legte dann auf. Die ganze Situation kam ihm so furchtbar unwirklich vor, als wäre das alles nur ein schlechter Film, Versteckte Kamera oder so etwas. Insgeheim hoffte er noch immer, dass im nächsten Augenblick Shinya zur Tür hereinspaziert kam, ihn sanft in die Arme nahm und ihm zuflüsterte, dass das alles nur ein Scherz oder auch ein böser Traum gewesen war. Das mit ihm alles in Ordnung war... Doch es geschah nichts. Natürlich nicht. So funktionierte das wahre Leben eben nicht. Flüchtig wischte er sich mit dem Handrücken über die Wange, atmete tief durch. //Ich muss jetzt stark sein... Für Shinya... Ich darf mich jetzt nicht hängen lassen! Er braucht mich jetzt doch mehr denn je... Und wenn ich an ihn glaube, wird er bestimmt wieder aufwachen. Ganz sicher...// Er nickte, um sich noch einmal selbst zu bestätigen, dass seine Gedanken korrekt waren, dann ging er langsam Richtung Küche. Yoshiki würde er später anrufen, wenn er diese Nachricht einigermaßen verkraftet hatte. Es war schon schlimm genug, es seinen Freunden mitteilen zu müssen. Denn es auszusprechen bedeutete, es real zu machen. Es zu akzeptieren. Und genau das wollte er nicht... Doch die anderen hatten ein Recht, es von ihm zu erfahren. Immerhin war Shinya genauso ihr Freund, nicht wahr? Vorsichtig öffnete er die Tür zur Küche, in welcher die drei Übrigen saßen, sich anschwiegen und auf ihre Teller starrten. Toshiya stutzte, doch kam er gar nicht dazu, weiter über diese seltsame Stimmung, die in der Luft lag, nachzudenken, denn kaum hatte er den Raum betreten war Kaoru aufgesprungen. "Und? Wie geht es ihm?" Langsam näherte er sich Toshiya, ergriff vorsichtig seine Hand, suchte seinen Blick. Versuchte, darin zu lesen. "Den Umständen entsprechend... nicht ganz so schlecht... denke ich.", murmelte er leise und seufzte, fing an, nervös an seiner Unterlippe zu knabbern. "Die Operation scheint gut verlaufen zu sein und körperlich ist mit ihm wohl auch alles soweit in Ordnung, aber..." - "Aber?", hakte nun Kyo nach und musterte den Bassisten. "Er liegt im Koma. Und die Ärzte können zum momentanen Zeitpunkt nicht abschätzen, ob, wann und in welchem Zustand er wieder aufwachen wird." Schon, als er den ersten Teilsatz ausgesprochen hatte, hatten ihn alle erschrocken angesehen und Toshiya konnte spüren, wie Kaorus Hand auf seiner leicht zu zittern begann. Er stand da, suchte Toshiyas Blick, ohne ihn finden zu können, da der Jüngere ihm stets auswich und fühlte sich mit einem Mal noch hilfloser, als jemals zuvor. Eine eiskalte Welle schlug über seinem Kopf zusammen, drohte ihn zu ersticken. Was sollte er tun? Wie konnte er dem Bassisten helfen...? Er, der sonst immer für jedes Problem eine Lösung parat hatte, war dieses Mal überfragt. Hilflos, wie ein Kind. Unfähig, irgendetwas zu tun, dass den Schmerz in Toshiyas Innerem hätte Lindern können. Und dass dieser Schmerz in dem Jüngeren tobte, konnte er zweifelsfrei sagen, auch wenn dieser dagegen ankämpfte und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Ihn nicht zu zeigen... Ganz vorsichtig zog er Toshiya in eine Umarmung, drückte ihn sacht an sich, denn das war das Einzige, was er momentan für ihn tun konnte. Ihm zeigen, dass er nicht alleine war. Dass sie alle seinen Schmerz und seine Verzweiflung teilten. Eine erdrückende Stille hatte von dem kleinen Raum Besitz ergriffen, ließ kein einziges Geräusch mehr zu. Kyo fühlte sich, als wäre er plötzlich taub, so ruhig war es geworden. Unmerklich hatte er zu zittern begonnen, knetete die Finger und fixierte sie dabei. Er suchte verzweifelt an irgendetwas Halt zu finden, um nicht in dieses dunkle Loch zu fallen, dass ihn verschlucken wollte. Sein ganzer Körper verkrampfte sich, sein Magen fuhr Achterbahn. Shinya würde vielleicht nie wieder aufwachen... Dieser Gedanke brannte sich in ihm ein, nahm Überhand, stand über Allem. Dieser eine, erdrückende Gedanke, der ihn weiter auf das Loch zuschubste. Verzweifelt drückte er seine Finger fester, so fest, dass die Fingerknöchelchen weiß hervortraten, schluckte immer wieder den schweren Kloß in seinem Hals herunter, der ihm den letzten Rest Atem nehmen wollte. Doch er spürte, wie er weiter abrutschte, unaufhaltsam, unfähig irgendetwas daran zu ändern... Aus weiter Ferne drang ein leises Schluchzen zu ihm durch, doch konnte er nicht sagen, von wem es kam. Er überlegte, um sich von den zerschmetternden Gedanken abzubringen, doch er konnte das Geräusch keinem der anderen zuordnen. Und dann kam ihm ein Gedanke, der seinen Herzschlag für einen Moment aussetzen ließ. War er es selbst, der weinte...? Die Stille war gebrochen, der Moment vorbei. Die Welt stand nicht mehr still, holte sie rasend schnell wieder ein. Zu schnell, zu früh... Ein Stuhl quietschte laut auf und nur wenige Sekunden später spürte Kyo, wie jemand fest die Arme um ihn schlang. Der Fall stoppte, die Welt um ihn herum verschwamm. Zu viele Gedanken wirbelten umher, Bilder. Shinya, Die, Kaoru, Toshiya und er selbst wechselten sich in wilden Farbenreihen ab, verschmolzen schließlich zu einem einzigen, schwarzen Bild. Seine Finger krallten sich in der Kleidung seines Retters fest, er wollte nicht ertrinken in dieser Flut von Farben, diesem Durcheinander und doch hielt er nicht mehr länger stand, brach zusammen. Brach zusammen in den Armen ihres rothaarigen Gitarristen, der ihn behutsam auffing und festhielt. Auch seine Wangen zierten Tränen, doch er versuchte noch immer, positiv zu denken. Shinya noch nicht aufzugeben. Der letzte Zug in diesem Spiel war noch lange nicht getan. Er selbst wollte und würde es nicht so enden lassen. Solange es Hoffnung gab, würde er der Letzte sein, der aufgab und den Jüngsten seinem Schicksal überließ. Er schmiegte seine Wange in Kyos blonde, weiche Haare, schniefte leise, umklammerte den zierlichen Körper fester. Solange sie zusammen hielten, konnten sie doch alles schaffen. Wenn keiner von ihnen aufgab, wenn sie alle an ihr Nesthäkchen glaubten, dann konnte es doch nicht schief gehen... Am Ende würde sicher alles wieder gut werden... Sanft streichelte er über den Rücken des Sängers, immer wieder, um ihn und sich selbst zu beruhigen. Der Blick des Redhead ruhte auf Kyos Gesicht, auf den Spuren, die die salzige Flüssigkeit auf der blassen Haut hinterlassen hatte. Er erhaschte eine Träne, fing sie auf, ehe sie von seinem Kinn tropfen und zerschellen konnte. Ein leiser Seufzer entwich seinen Lippen, ehe er den Blick hob und zu den anderen beiden sah. Sie standen noch immer scheinbar unverändert da, Kaoru hielt Toshiya fest umschlungen. War nicht gewillt, ihn wieder loszulassen. Denn dann, das wusste er, wären sie beide gefallen. Nur zaghaft legte Toshiya die Arme um den Ältesten, drückte ihn an sich. "Noch ist nichts entschieden...", wisperte er leise, seufzte, als Kaoru das Gesicht in seiner Halsbeuge vergrub, leise aufschluchzte, so wie Kyo zuvor. Beruhigend streichelte er ihm über den Kopf, den Rücken hinab, hielt ihn mit einem Arm stets fest umfangen, wollte ihn nicht fallen sehen. Kaoru nickte schwach, versuchte, sich zu beruhigen, doch immer wieder kamen neue Tränen auf. Toshiya streichelte sie weg, jedes Mal, in der Hoffnung der Tränenstrom auf dem Gesicht seines Freundes würde irgendwann versiegen. "Shhh..." Sacht wiegte er ihn in seinen Armen, wollte nicht, dass noch mehr Tränen vergossen wurden. Als er sich umsah, krampfte sich sein Herz zusammen. Es war beinahe so, als hätten sie Shinya bereits aufgegeben, als läge ihr Jüngster längst knappe zwei Meter unter der Erde, weit fort von ihnen. So weit weg, dass er nicht mehr zurückkehren konnte. Aber dem war nicht so. Noch lebte er, noch hatten sie ihn nicht verloren. Die beobachtete die beiden, während er weiterhin Kyo streichelte, der mehr in seinem Arm hing, als lag. Kaoru, der verzweifelt versuchte, sich zu beruhigen und sich doch nicht fangen konnte. Und dann Toshiya, dessen Gesicht als einziges nicht von Tränen geziert wurde. Er stand einfach nur da, hielt den Ältesten im Arm, gab ihm Halt. Für den Gitarristen wirkte dieses Bild so skurril, als wäre es ein Traum. Nicht eine Träne war über das Gesicht des Bassisten geflossen. Warum nicht? Ohnehin schien er unbeteiligter denn je zu sein, fast so, wie ein Freund, der die Band zwar recht gut kannte, aber dennoch keine all zu tiefe Bindung zu ihren Mitgliedern hatte. Ihm lief ein Schauer den Rücken hinab bei diesem Gedanken. Zumal Toshiya sonst immer der emotionalste von allen war und in diesem Fall auch noch am Schlimmsten betroffen. Das hatten die letzten Tage nur zu deutlich gezeigt. Aber seit sie Shinya in diesem Zustand vor seiner Tür gefunden hatten, war der Jüngere wie ausgewechselt. Nicht mehr wiederzuerkennen. Natürlich war es nicht verkehrt, einen klaren Kopf zu bewahren und zu überlegen, wie es nun weitergehen sollte. Aber das ausgerechnet er diese Aufgabe übernahm, hielt Die für falsch. Und das Toshiya vehement gegen seinen Schmerz ankämpfte, ihn nicht mehr zeigen wollte und stattdessen herunterschluckte, konnte er auch nicht gut heißen. Es war falsch und es machte ihn kaputt. Kaoru beruhigte sich nur langsam wieder und als das Zittern gestoppt hatte, die Tränen verschwunden waren, löste sich Toshiya von ihm. "Wenn man euch so sieht, könnte man meinen, Shinya wäre bereits tot. Aber das ist er nicht, okay? Nur, weil er momentan im Koma liegt, muss das gar nichts heißen! Er wird wieder aufwachen. Das weiß ich. Also hört bitte auf... Ihr könnt ihn ja gerne schon aufgeben, aber ich werde es nicht tun. Weil ich an ihn glaube. Und weil ich weiß, wie stark er wirklich ist. Er wird wieder aufwachen, habt ihr verstanden?!" Seine Stimme war unruhig, schwankte ein wenig, so wie er selbst. Kaoru streckte die Hände nach ihm aus, sah, wie der Jüngere innerlich erneut zusammenzubrechen drohte. Doch dieser schlug die Hände fort, drehte sich um und rannte aus dem Zimmer. "Toshiya!", rief ihm der Älteste nach, wollte ihm hinterher, doch Die, der inzwischen mit Kyo im Arm aufgestanden war, hielt ihn zurück. "Lass ihn... Ich glaube, er braucht jetzt ein wenig Zeit für sich..." Aufgebracht drehte sich der andere Gitarrist zu ihm um, starrte ihn ungläubig an. "Und wenn er sich irgendwas tut?" Der Redhead schüttelte leicht den Kopf. "Das wird er nicht.", meinte er bestimmt, blickte erst in die Richtung, in die Toshiya verschwunden war, sah ihren Leader dann aber wieder an. "Denn wie sollte er Shinya unterstützen, wenn er sich etwas antäte? Gib ihm etwas Zeit, Kaoru... Das war alles viel zu viel für ihn, vermutlich steht er unter Schock... Kann ihm niemand verübeln, nach allem, was in den letzten Tagen passiert ist. Wir müssen ihm zeigen, dass wir unseren Kleinen noch nicht aufgegeben haben, dass wir hinter ihm stehen und an sie beide glauben. Er kann nicht ganz alleine stark sein, auch wenn er das momentan vehement versucht, aber du siehst es selbst... Wenn wir nicht mit ihm stark sind, wird er daran zerbrechen. Und ich für meinen Teil will das verhindern..." Kaoru nickte schwach, biss sich schuldbewusst auf die Unterlippe. "Du hast ja Recht..." Zaghaft lächelte der Gitarrist ihn an. "Kopf hoch. Das wird schon wieder, du wirst sehen..." Dann fiel sein Blick wieder auf Kyo, den er noch immer im Arm hielt und auch Kaoru wandte sich ihm zu. "Ihn nimmt die Sache auch verdammt mit.." - "Ja... Er ist die ganze Zeit schon so anders drauf... Aber Kyo ist stark, er schafft das. Da bin ich mir ganz sicher..." Liebevoll streichelte der Leader die Tränen von den Wangen des Jüngeren, strich einige wirre Haarsträhnen aus dessen Gesicht. "Wir sollten ihn erst mal irgendwo hinlegen, damit er sich ausruhen und Kraft sammeln kann..." Nun war es Die, der zustimmend nickte. "Am besten bringen wir ihn in das Zimmer, in dem wir heute Nacht schon gewesen sind..." Vorsichtig setzte er sich in Bewegung, folgte Kaoru, der ihm schließlich auch die Tür öffnete. Er lächelte dankbar, legte den Sänger dann vorsichtig auf dem Laken ab, deckte ihn gut zu. Eine Weile beobachtete er ihn noch, ehe er sich wieder aufrichtete. Vorsichtig ging er auf Kaoru zu, der draußen auf dem Flur stand, stupste diesen in die Seite. "Willst du dich nicht dazu legen? Du siehst blass aus..." Der Angesprochene schüttelte den Kopf, piekte zurück und schloss leise die Tür, damit sie Kyo durch ihr Gespräch nicht aufweckten. "Ich bin soweit okay... ein bisschen frische Luft und dann wird das wieder. Aber vielleicht sollte ich Yoshiki anrufen..?" Die legte den Kopf leicht schief, überlegte. "Wenn du denkst, dass du schon so weit bist..." Ein wackliges Grinsen war die Antwort. "Na ja, wenn ich es mache, erspare ich es Toshiya, weißt du?" "Ich kann es auch machen...", bot er sich an doch Kaoru seufzte. "Na ja... schauen wir mal, wer später besser dazu in der Lage ist, ne?" Vorsichtig ergriff Die die Hand des Leaders, sah ihn lange an. "Wir schaffen das, ja?" Mit diesen Worten zog er den Älteren zu sich, umarmte ihn sanft. "Zusammen..." -------------------- So, hier ist widerum Schluss. Ich weiß, es ist nicht sonderlich viel, aber dennoch eine wichtige Stelle, weswegen ich hier auch erst einmal aufhöre. Dieses Stück mag zum Teil ziemlich verwirrend sein, da die Perspektive dauernd von einem zum andern springt, aber ich hoffe, er hat euch trotz allem gefallen. Wenigstens ein bisschen, auch wenn es - wie ich zugebe - ein schlechter Trost für die lange Wartezeit ist. Aber ich hab momentan einfach zu selten Zeit mir einfach 2, 3 Stunden zu nehmen und knappe 3000 Wörter hierzu zu schreiben... Aber wenigstens heute hab ich es geschafft *nod* Ich bin hiermit zwar nicht 100% zufrieden, aber es ist soweit schon okay... Ja, ich laber dann mal auch nicht weiter ^^; Nur noch schnell ein Dankeschön an diejenigen, die diese Fanfic noch nicht aufgegeben haben. Ich bring sie zu Ende, ich versprechs >____