Jedes Jahr dasselbe Spiel von Ganondorf (Fanfiction-Adventskalender 2011) ================================================================================ Kapitel 1: Jedes Jahr dasselbe Spiel ------------------------------------ Auch dieses Jahr geht Nikki erneut davon aus, mit seiner Heulerei die Bescherung vorverlegen zu können. Das Wohnzimmer ähnelt mehr einem weihnachtlich dekorierten Schaufenster in einer Mall, als einen gemütlichen Ort, wo man an Freitagen gemeinsam einen Familienfilm sieht. Der Tannenbaum passte wie jedes Jahr nur knapp in den Raum. Ward so sehr mit Lametta, Strohfiguren, Lichtkabeln, Zuckerstangen und Kugeln in allen nur erdenklichen Farben und Formen versehen, dass lediglich die abgefallenen Nadeln auf dem Parkett Zeuge davon waren, dass irgendwo unter dem ganzen Weihnachtsschmuck ein Baum stehen musste. Im Kamin loderte seit den frühen Mittagsstunden ein Feuer. Von Zeit zu Zeit schmiss Dave einen Holzscheitel hinein, bei dem ihm seine jüngste Tochter Zora behilflich war. Schließlich bedeutete Feuer Gefahr und Zora musste ihren Vater vor allen Gefahren beschützen. „Gabriel. Alicia.“ Beide verdrehten zeitgleich die Augen. Wann hatte dieser Horror ein Ende? „Ihr müsst die Geschenke abholen. Lasst euch ein bisschen Zeit. Um spätestens 20 Uhr solltet ihr aber wieder hier sein. Das Geld und die Liste liegen in der Schublade im Flur.“ Das neubelegte Backblech mit dem Weihnachtsgebäck fand seinen Weg in den Ofen. „Muss das denn wirklich ständig sein?“, stöhnte Alicia genervt auf, trottete aber bereits ihrem Bruder nach. Mürrisch zog dieser sich seinen Parker über, während er es seiner Schwester überließ mit dem Geld und der Abholliste nachzukommen. Der Weg bis zur Garageneinfahrt war bereits wieder mit Neuschnee bedeckt. Gabriel schloss das Garagentor auf, während sich Alicia nur zögernd durch die Kälte kämpfte. Bei jedem Schritt hörte sie den Schnee unter ihren Füßen knirschen. Eisiger Wind wehte ihr ins Gesicht. Schützend senkte sie ihren Kopf, lugte schließlich in die Garage rein. Ihr Bruder saß bereits im Wagen und drehte an der Heizung herum. Alicia lächelte, trat zurück und wartete bis der Wagen in der Einfahrt stand. Schnell zog sie das Tor zu und stieg zu ihrem Bruder ein. „Weißt du Gab. Wenn ich bald studiere muss ich mir das nie wieder antun.“ Alicia überprüfte ihr Make-Up im Rückspiegel, während sich Gabriel langsam auf die Straße vortastete. „Magst du es etwa nicht, wenn Dad sich als Weihnachtsmann verkleidet und uns besuchen kommt?“ „Aber wie kommst du denn da drauf? Nein! Ich liebe es wenn Dad das tut und Nikki und Zora zu doof sind um zu kapieren dass es Dad ist!“, regte sich Alicia auf und starrte hinaus auf die dunkle Straße. Die Straßenbeleuchtung war auch schon heller gewesen. Noch mehr hasste sie ihren Bruder Nikki. Er war inzwischen 8 Jahre und schrie immer noch wie ein Kleinkind herum. Zora war zwar nicht sehr viel besser mit ihren fast 9 Jahren, aber sie veranstaltete immerhin nicht ein solches Theater und tobte stundenlang herum. Gabriel setzte den Blinker und bog rechts ab. „Die glauben sogar an den Osterhasen! Gab ich bitte dich! Welcher Hase legt denn bitte Eier?“ „Na der Osterhase natürlich.“, lachte Gab, verfiel gleich darauf in ein tiefes Seufzen. „Das schlimmste ist doch sein Möchtegerngehabe. ‚Natürlich existiert der Weihnachtsmann. Er bringt doch allen Kindern auf der Welt Geschenke.’ “, äffte Gabriel seinen jüngsten Bruder nach und trat auf die Bremse. „Weißt du Alec, wenn ich einmal verheiratet bin und Kinder habe, dann nehme ich ihnen gleich die Illusion. Ich verstehe einfach nicht, warum Eltern ihre Kinder belügen, gleichzeitig uns aber immer predigen wir sollen nicht lügen. Dürfen das Erwachsene?“ Alicia sah zu ihrem Bruder rüber. Er wirkte auf sie ein wenig sauer. So wie eigentlich immer, wenn es um Feiertage wie Ostern, Nikolaus oder Weihnachten bestellt war. Aber sie wusste keine Antwort auf diese Frage. Unwissend zuckte Alicia die Schultern. „Wo müssen wir denn zuerst hin?“ Umständlich zog Alicia die Liste aus ihrer Jacke. „Hmm. Einen Moment.“ Alicia knipste die kleine LED Lampe an ihrem Schlüsselbund ein und leuchtete damit auf den Zettel. „Ich frage mich, wofür ich unserer Mutter extra einen Neonstift gekauft und hingelegt habe, wenn sie ihn nicht benutzt. Ah, hier. In die Mall, Toybox.“ „Für beide?“, erkundigte sich Gab und rutschte auf dem Sitz hin und her. Argwöhnisch beobachtet Alicia diese Aktion. „Flöhe?“ „Was?“ „Ob du Flöhe im Arsch hast will ich wissen.“, fragte Alicia und steckte den Zettel wieder zurück. „Mich juckt es.“, murrte Gab und lenkte den Wagen auf den Parkplatz. Jetzt noch einen Parkplatz zu finden war nahezu unmöglich. Auch etwas was Gab nicht verstand. Wieso kauften ihre Eltern Geschenke für ihre jüngeren Geschwister und ließen sie jedes Mal bis Heilig Abend in der Mall liegen um sie noch abzuholen? Oder alternativ um sie beide wie letztes Jahr zu schicken sie zu holen? „Da ist einer frei glaube ich.“ Alicia deutete nach links. Eigentlich hätte Gab diesen auch genommen. Wäre es kein Frauenparkplatz. „Jetzt stell dich schon drauf Gab! Ich habe keine Lust hier Stundenlang herum zu kurven bis wir einen Parkplatz haben.“, fuhr Alicia ihren Bruder an, boxte diesen gleich darauf in die Seite. „Spinnst du? Es ist glatt auf den Straßen!“, brüllte Gab, fuhr weiter geradeaus auf der Suche nach einem anderen Platz. „Ich habe keine Lust wie letztes Jahr eine Stunde damit zu vergeuden nach einem Parkplatz zu suchen Gab!“ Gab grinste als er seiner Schwester den Arm um die Schulter legte und sie lachend an sich zog. „Zehn Minuten! Ein unglaublicher Rekord! Nicht Alec?“ „Ja, unglaublich!“, murrte sie und befreite sich aus der Umarmung. Sie hasste es wenn Gab dies tat. Manchmal hatte sie das Gefühl, ihr Bruder hielt sie für mehr als nur für eine Schwester. Alicia steuerte die Rolltreppen an. Dabei spielte sie mit dem Zettel und starrte noch auf diverse Dinge die abgeholt werden mussten. Medikamente und Kleidung. Sogar einige Lebensmittel mussten sie noch besorgen. Ihre Eltern hatten Urlaub und schafften es noch nicht einmal die zehn Minuten Autofahrt zur Mall auf sich zu nehmen um einkaufen zu gehen? Das war selbst im letzten Jahr so gewesen. Und in all den Jahren davor auch. Mit der Ausnahme dass sie mit Gabriel erst seit letztes Jahr die Aufgaben übernahm, die ihre Eltern damals noch selbst erledigt hatten. Ob es daran lag, dass Gab im vergangenen Jahr seinen Führerschein gemacht hatte? „War klar.“ Erschrocken fuhr Alicia zusammen als sie die Stimme von Gabriel vernahm. Dieser sah kopfschüttelnd auf die Abholliste. „Jetzt müssen wir die ganze Drecksarbeit machen.“ Vor der Toybox hielten beide inne. „Hey, was soll das?“ Gabriel ließ den Zettel in seiner Hosentasche verschwinden. „Ich gehe die Medikamente und die Klamotten holen. Wir treffen uns dann unten und kaufen noch den Rest ein. Danach mal schauen.“ „Aber du hast doch gar kein-“ Völlig verwundert sah Alicia ihrem Bruder nach. Dieser wedelte doch tatsächlich mit Geld als er durch die Masse rannte und sie alleine ließ. Schon als Alicia das Geschäft betreten hatte, glaubte sie zuhause zu sein. Es gab doch wirklich Eltern, die ihre Balgen mitbrachten und diese auf Teufel komm raus wie am Spieß schreien ließen, ohne sich darum zu kümmern, ihnen den Mund zu stopfen. Dachte denn niemand an die anderen Leute und daran, dass es extrem nervig war sich das Gejammer von Kleinkindern anzuhören? „Alec? Hey.“ Überrascht umarmte Alicia ihre Freundin Tessa. „Suchst du hier etwa nach Geschenken für deine Geschwister?“ Verneinend schüttelte Alicia ihren Kopf. „Wir holen sie ab. Oder vielmehr ich. Gab ist ein paar andere Dinge holen. Weißt du, da haben unsere Eltern Urlaub und schicken uns dann los. Ist das zu fassen?“, regte sich Alicia auf, die Hände in die Seiten gestemmt. Mitfühlend nickte Tessa, deutete mit dem Daumen in den Gang hinter ihr. „Mir geht es auch so. Meine Eltern haben mich auch hergeschickt damit ich die Spielsachen für meinen Bruder abhole. Vielleicht hätte ich den Führerschein nicht machen sollen. Die nutzen das voll aus Alec.“ „Kommt mir doch sehr bekannt vor. Nun, war jedenfalls schön dich zu sehen. Wenn ich mich nicht spute meckert Gab noch und lässt mich hier zurück. Wir sehen uns. Rufst du an?“ „Klar. Schöne Feiertage Alec.“ „Hn. Ja.“ Gab war noch nicht da. Und Alec zweifelte inzwischen daran, mit den riesigen Geschenken lebend durch den Supermarkt zu kommen. Sie hatten beide Zeit im Überfluss. Warum nicht in die nächste Stadt fahren und dort einkaufen? Das war doch einfacher, als jetzt alles zum Wagen zu bringen und wieder hierher zurück zu gehen. Ungeduldig trat Alicia von einem Fuß auf den anderen. Jetzt wartete sie schon seit einer Viertelstunde und Gab war immer noch nicht aufgetaucht. Doch gerade als sie ihn suchen wollte, trat er aus der Masse auf die zu. „Wie schaust du denn aus?“ Mit großen Augen starrte sie ihren Bruder an. Hatte der sich in einen Kampf verwickeln lassen, oder warum standen seine Haare in allen Himmelsrichtungen ab? „Alec!“, begann Gabriel in aufgebrachtem Ton und atmete schwer, als wäre er meilenweit gelaufen. „Die Leute machen keinen Platz! Und wenn doch, dann bezichtigen sie einen man würde sich vordrängeln oder keine Geduld haben. Okay, ich habe auch keine Geduld, aber wenn ich mehrmals darum bitte das man doch etwas Platz macht und niemand reagiert darauf, dann ist es mein gutes Recht mir den Weg frei zu räumen.“ „Schon ja, aber das erklärt nicht wieso du so aussiehst wie du aussiehst. Können wir bitte zum Auto zurück? Ich überlebe es nicht mit den Geschenken noch hier durch den Supermarkt zu kaufen.“, flehte Alicia, sah bedrückt zu den verpackten Geschenken, die beide zusammen halb so groß waren wie sie. Nur unförmiger. „Natürlich, sicher.“ Mann wie er war, überreichte er seiner Schwester die Tüten und nahm sich der Geschenke an. „Mann. Sind da Steine drin oder was?“ Alicia lachte leise. „Vielen Dank für eure Hilfe. Jetzt schnell rein mit euch. Ich komme auch gleich.“ Alicia trat sich vor der Haustür die Stiefel ab. Gabriel folgte ihrem Beispiel. „Dafür müsste es eigentlich eine Entschädigung geben.“ „Stimmt.“, pflichtete Gabriel dem bei und hing seinen Parker an den Garderobenständer. „Alicia~ Gabriel~ Der Weihnachtsmann kommt~.“, rief Nikki aus dem Wohnzimmer und hüpfte mehrmals auf und ab. Die beiden sahen einander an. Verdrehten nur die Augen und gingen in die Küche. Nicht nur dass sie zu alt dafür waren um zu glauben, dass es den Weihnachtsmann gab, sie hatten auch keine Lust darauf mit ihren jüngeren Geschwistern in einem Raum zu sein. Beide mussten sich andauernd mitteilen, einem ins Wort fallen und auf den Nerv gehen. „Wollt ihr denn nicht rein gehen?“ Lächelnd bedachte Dana ihre ältesten Kinder und stellte ihnen einen Glühwein hin – natürlich alkoholfrei. „Nein. Ich kann mir das nicht mehr mit ansehen.“, knurrte Alicia und ließ dann hörbar ihren Kopf auf die Tischplatte fallen, als Zora laut „Der Weihnachtsmann ist da!“ rief. So ein Unfug! Gabriel hatte dem Wohnzimmer den Rücken zugewandt um sich das Getobe nicht ansehen zu müssen. Alicia hingegen sah ihren jüngeren Geschwistern dabei zu, wie diese um ihren Vater herum tänzelten und an der Verkleidung zogen. „Erbärmlich.“, murmelte sie. „Ihr wart beide auch mal klein gewesen.“ „Ja Mutter. Und wir waren beide vier Jahre gewesen, als wir herausfanden dass es keinen Weihnachtsmann gibt. Demnach also auch keinen Osterhasen und Nikolaus. Aber die beiden sind acht und glauben immer noch daran.“, murmelte Alicia hinter vorgehaltener Tasse. „Lasst sie doch.“ Während sich Dana ebenfalls ins Wohnzimmer bequemte, drehte sich Gab halb zu seiner Schwester um. „Sollen wir?“, fragte er, die Tasse auf den Tisch stellend, ein fieses grinsen auf den Lippen. Nun schlich sich auch auf Alicias Zügen ein eben solches grinsen und sie nickte zustimmend. „Klar. Versüßen wir uns das Fest.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)