Tequila, Baby! von Jyll (AxU? oder UxR?) ================================================================================ Kapitel 9: Gin -------------- Gin ist eine vor allem in England beliebte Spirituose aus Wacholderbeeren. Er wird aus reinem, neutralem Alkohol destilliert und mit Wacholderbeeren, Koriander, Orangen- und Zitronenschalen, Lavendel, Mandeln, Zimt, Kümmel und Anis aromatisiert. Das Besondere: Gin ist - sobald er nach der Destillation auf Trinkstärke verdünnt ist - trinkfertig. Es gibt trockenen "Dry Gin" oder "London Dry Gin" und "Old Tom Gin" oder "Plymouth Gin", denen beiden Zucker zugesetzt wurde. Dry Gin darf keinen Zucker enthalten. Gin ist ein typisch englischer Drink, obwohl das Destillat aus Wacholderbeeren auf der ganzen Welt hergestellt wird. Erfunden wurde der Brand aus den kleinen blauschwarzen Beeren jedoch in Holland - ursprünglich als Medizin zur Linderung tropischer Fieberkrankheiten in den Kolonien. Kurioserweise bezeichnete man im Mittelalter primitiven schottischen Whisky, der nach England geschmuggelt wurde, auch als Gin, ehe später in gewerblichen Brennereien rund um London, echter Gin gebrannt wurde. Uruha hörte ein Piepsen. Es war gleichmässig und irgendwie mechanisch. Als er versuchte, seine Augen zu öffnen, wurde er sofort von grellem weiss geblendet. Er kniff die Augen wieder zu und stöhnte. Sein Hirn fühlte sich an wie völlig vernebelt und unter diesem Nebel lag dunkler Schmerz, der nur darauf wartete, hervorzukommen. Wo zur Hölle war er denn jetzt schon wieder? Und welche Uhrzeit hatten sie nun? Was war überhaupt für ein Tag? Uruha kämpfte seine Augen erneut auf. Es war helles Tageslicht, das im Zimmer verstreut lag. Der grösste Teil der Einrichtung war weiss, was auf etwas schliessen liess, was Uruha wirklich nicht hoffte. Er drehte den Kopf und entdeckte Aoi, der seine Hände tief in den Hosentaschen hatte und ihn anblickte. „Aoi? Bin ich bei dir?“, fragte er mit einem rauen Hals. „Nein, du bist nicht bei mir!“, fauchte Aoi. „Bin ich tot?“ „Nein, du Vollidiot! Zum Glück nicht!“ Uruha versuchte, sich aufzusetzen, aber er rutschte lediglich etwas höher. „Was….?“ Uruha fasste sich an die Stirn. „Was passiert ist? Das kann ich dir sagen, du Hohlbirne! Ruki ist übrigens stinksauer auf dich! Du hast dich nach dem Tequila auf Reita gestürzt und ihn abgeknutscht! Erinnerst du dich?“ Uruha blinzelte, um ein scharfes Bild zu bekommen. „Jaaa…ich…ich erinnere mich…“ „Wie schön! Nachdem du dich über ihn hergemacht hast, war Reita so perplex, dass er es nicht mal schaffte, dich wegzustossen, da du dich ja an ihm verkrallt hattest, als würdest du ertrinken! Ruki und ich mussten dich daraufhin von ihm weg zerren. Kai ist noch immer so geschockt, dass er kaum ein Wort gesagt hat seither. Du warst total zu!“ „Aoi, jetzt mal halblang, wer hat denn Tequila mitgebracht, hä?“ „Ja, ich gebs ja zu! Aber ich konnte ja nicht wissen, dass du vorher schon getrunken hattest, du Depp!“, schrie Aoi ihn ungehemmt an. „Du hattest eine Alkoholvergiftung! Wie viel hast du vorher getrunken, hm?“ Uruha blinzelte. „Ich…weiss nich…“, sagte er kleinlaut und knetete die Decke zwischen seinen Fingern. „Das MUSS aufhören! Hörst du?!“ Aoi stapfte vor ihm auf und ab. Er war ausser sich vor Wut. „Nachdem wir dich endlich von Reita runter gezerrt hatten, machte uns Ruki eine Riesenszene, denn wie sich heraus stellte, haben die zwei schon eine ganze Weile ein Verhältnis!“ „Ruki und Reita haben ein Verhältnis?“, fragte Uruha überrascht. „JA! Aber das scheint dich lediglich zu überraschen, nicht zu schocken oder gar traurig zu machen! An deiner Geschichte ist doch etwas verdammt falsch, Uruha! Das stinkt ja zum Himmel!“ Aoi fletschte die Zähne. Uruha schluckte. „Du bist gar nicht in Reita verliebt, hab ich Recht?!“ „Warum hätte ich ihn denn sonst küssen sollen?“, fragte Uruha zurück und strich die Decke wieder glatt. „Keine Ahnung! Vielleicht weil ich es von dir erwartet habe!“ Aoi raufte sich die Haare. „Ich muss…“ Er drückte mit den Fingern auf seiner Lippe herum. „Tut mir Leid, ich muss einfach…kurz…“ Er drehte sich um und verliess das Krankenzimmer. Aoi durchquerte den Gang und suchte sich einen einsamen Raum. Es sah aus, als würde man hier Medikamente und andere Utensilien aufbewahren. Er knirschte mit den Zähnen und schlug die Faust gegen die Wand. Er war so wütend auf Uruha, so unglaublich wütend war er noch nie gewesen! Was gestern gelaufen war, das hatte alle Grenzen gesprengt, jetzt war er wirklich zu weit gegangen. „Uruha, lass sofort Reita los oder ich brech dir sämtliche Finger!“, rief Ruki ungehalten und stiess Uruha unsanft auf den Boden. Reita wischte sich immer noch ungläubig über den Mund. Aoi half Uruha wieder auf. Sein Blick war so vernebelt, dass Aoi schon fürchtete, er bekäme gar nichts mehr mit. In ein paar Stunden würde er auch erfahren, dass es genau so war. Doch noch schien Uruha halbwegs anwesend. Ruki schien Gift und Galle spucken zu wollen. „Vergreif dich nicht noch einmal an meinem Reita!“, fauchte er. „Ruki…“, sagte Reita leise und warnend. Ihr Sänger vergass nämlich oft erst nachzudenken, bevor er sprach, wenn er so wütend war. „Deinem Reita?“, fragte Aoi und hob eine Augenbraue. „Ja!“ Ruki legte seine Hand auf Reitas Oberschenkel. Kai war offensichtlich überfordert. „Was hat das alles zu bedeuten? Uruha…erst knutscht du mit Aoi, okay, war nur ein Spiel, aber trotzdem…und jetzt mit Reita?“ Ruki stand auf und zog Reita hoch. „Ist mir scheissegal, was mit Uruha los ist! Er trinkt zu viel und verträgt es nicht! Wird Zeit, dass du gehst!“ Uruha zuckte zusammen. Aoi half ihm, ganz aufzustehen, denn der Blonde schwankte merklich. „Was läuft hier eigentlich?“, fragte nun auch der Schwarzhaarige. „Ich sag dir, was hier läuft! Uruha ist ein Trinker und notgeil! Aber er wird sich nicht an Reita vergreifen, da reisst mir der Geduldsfaden! Reita gehört mir, wir sind nämlich zusammen!“ Kai rang nach Luft. „Aber wir haben ein Tabu, das besagt, dass…“ „Bah! Ist mir doch egal, Kai! Wir haben uns nun mal verliebt, halt diese Rede Uruha!“ „Ihr seid zusammen? Wie lange schon?“, fragte Aoi nach, während er Uruhas Arm um seine Schultern legte, damit er stehen blieb. „Ein paar Monate.“, sagte Reita, der sich das Ende seines Geburtstages anders vorgestellt hatte. „Gratuliere. Ich bring dann mal Uruha nach Hause. Sorry, dass ich den Tequila mitgebracht hatte. War nicht so geplant.“, erklärte Aoi kurz angebunden. Einer musste ja vernünftig bleiben. Kai rang noch um Beherrschung, da schleppte Aoi sein Bandmitglied schon aus der Wohnungstür. Kaum war die Tür geschlossen und der Rhythmusgitarrist versuchte, ihnen in die Jacken zu helfen, da kippte Uruha auf die Seite. Zum Glück fiel er noch halb gegen die Wand, somit konnte Aoi ihn rechtzeitig davon abhalten, unsanfte Bekanntschaft mit dem Boden zu machen. „Uruha?!“ Doch der Blonde reagierte gar nicht mehr, starrte nur noch durch ihn hindurch und als er endgültig das Bewusstsein verlor und Aoi ihn nicht mehr wach bekam, rief er kurzerhand einen Krankenwagen. Er hätte verdammt nochmal wissen sollen, dass es so weit kam! Früher oder später hatte Uruhas Alkoholkonsum, der in letzter Zeit so bedrohlich angestiegen war, ja zu einer ernsthaften Bedrohung führen müssen. Jetzt lag sein Partner im Krankenhaus, hatte den Magen ausgepumpt bekommen, war so weiss, dass er den Spitalwänden Konkurrenz machte und hatte sich Ärger mit der gesamten Band eingehandelt! Aoi hätte ihn stoppen müssen. Er hatte davon gewusst, Uruha war zu ihm gekommen, hatte sich ihm anvertraut! Warum – verdammt noch mal – hatte er ihn nicht aufgehalten?! Ihm nicht ernsthaft geholfen?! Aoi kratzte sich wütend über die Arme und biss die Zähne fest zusammen. Er war so wütend auf Uruha und so wütend auf sich selbst. Er wusste gar nicht, wen er gerade mehr hasste. Und Ruki hatte sich ebenso unmöglich benommen! Er und Reita hätten ihnen längst gestehen können, dass sie was miteinander hatten, dann wäre es vielleicht auch nicht so weit gekommen, weil sich Uruha gar nicht erst Hoffnungen gemacht hätte! Mit einem ermatteten Seufzen liess sich Aoi an die Wand sinken und verharrte dort, versuchte seine Gedanken in eine Ordnung zu bringen und seine Wut hinunter zu kämpfen. Uruha knetete weiter unruhig seine Decke, als die Tür aufging. Er sah hoffnungsvoll auf, aber es war nicht Aoi. Eine Schwester kam rein und lächelte ihn breit an. Einem geübten Auge wäre sofort aufgefallen, dass sie wohl Gefallen an dem hübschen Blonden hatte, doch Uruha bemerkte davon nichts. Sie kam an sein Bett und überprüfte die Salzlösung, die an seinem Arm angeschlossen war. „Junge, du hattest mächtigen Durst gestern, was!“, scherzte sie und lächelte wieder breit, womit sie dem Gitarristen eine Reihe strahlend weisser Zähne präsentierte. „Man könnte meinen, du hättest so ein Beutel an deine Vene angeschlossen, der mit purem Gin gefüllt war! Den Unterschied würde man jedenfalls kaum sehen!“ Uruha nickte nur schwach und blickte an ihr vorbei zur geschlossenen Tür. „Was war denn der Anlass?“ „Äh was?“ „Na, der Anlass! Nur so trinkt man doch nicht so viel! Deine Leber zeigt jedenfalls keine Anzeichen dafür, dass du ein gewohnheitsmässiger Trinker bist. Obwohl es leichte Zeichen dafür gibt, dass du vielleicht einer am Werden bist!“ Uruha blinzelte sie an und strich sich eine Strähne aus der Stirn. „Ich…ich bin…“ „…verliebt?“, beendete sie den Satz lächelnd, auch wenn sie etwas enttäuscht war. „Bis über beide Ohren!“, gestand Uruha und wurde fast rot dabei. „Unglücklich wohl, was?“ Uruha nickte und seufzte leise. Er warf einen Kontrollblick zur Tür. Sie drehte sich zur Tür um und blickte Uruha wieder an, als niemand reinkam. „Erwartest du sie?“ „Ihn.“, korrigierte Uruha sie, ohne nachzudenken. „Oh!“ Sie war eine Sekunde überrascht, doch nach einer nochmaligen Musterung dachte sie, dass ihr das eigentlich gleich hätte auffallen müssen. „Also wartest du auf ihn? Wer ist er?“ Uruha holte Luft. „Phu…das zu erklären…“ Er lächelte etwas schwach. „Wie viel Zeit haben Sie?“ Sie musste lachen. „Wie lange kennst du ihn denn schon?“ „Seit…einer halben Ewigkeit…seit wir die Band gegründet haben, also schon …seit mein richtiges Leben angefangen hat.“ „Ah und…ist er auch…“ Sie wedelte unbeholfen mit der Hand. „…schwul?“ Uruha lächelte. „Ja, ich…denke schon. Allerdings…“ Er zögerte. „Ist er vergeben?“ Uruha öffnete den Mund, doch leider öffnete sich zur gleichen Zeit auch die Tür. Die Schwester drehte sich um und rutschte vom Bett, als sie Aois fragenden Blick sah. Sie räusperte sich verlegen und verliess das Zimmer. Aoi liess sie vorbei, auch wenn er ihr einen unfreundlichen Blick zuwarf und schloss die Tür. „Hast du dich nett unterhalten?“, fragte er bissig. „Aoi!“ Uruha hielt wieder inne, weil er nicht genau wusste, was sagen. Wenn Aoi so drauf war, liess er sich sowieso kaum beruhigen. Schliesslich entschied er sich für ein: „Es tut mir leid.“ „Ja, das sollte es auch!“, erwiderte Aoi. Soviel dazu, dass er ruhig hatte zurück kommen wollen. „Uruha du hast echt Mist gebaut! Du bist zu weit gegangen! Wenn ich dich nicht ins Krankenhaus gebracht hätte, wer weiss, was dann passiert wäre! Wenn du allein zu Hause gewesen wärst…niemand gesehen hätte, wie du zusammen briechst und niemand dir hätte helfen können…“ Seine Stimme brach und Uruha sah plötzlich, dass Aoi einfach ausser sich vor Sorge war. Was er durchlebt haben musste, als Uruha einfach zusammen klappte und nicht mehr aufwachte. „Du musst aufhören zu trinken! Kein Tequila mehr! Kein Absinth, Wein, Gin, nicht einmal Bier! Jetzt ist Schluss! Und wenn du das alleine nicht kannst, dann wirst du so lange bei mir wohnen, bis du damit aufgehört hast. Wen du auch immer liebst… falls es doch Reita ist, dann vergiss es, so hart das auch ist.“ Uruha schluckte. „Ich soll bei dir wohnen?“ „Ja, wenn das nötig ist, klar, auf jeden Fall!“, sagte Aoi. „Ich bin unglaublich sauer auf dich, dass du dich selbst diesem Risiko ausgesetzt hast! Dass du dich gefährdet hast, deine Freunde, die Band, alles! Nur wegen einer unglücklichen Liebe, Herrgott nochmal! Reiss dich zusammen, du bist doch sonst immer unantastbar und stark!“ Aoi schüttelte den Kopf. „Muss ja ein toller Typ sein, für den du dich so gehen lässt!“ Uruha blickte ihn an. „Das ist er auch.“ „Fein! Aber es reicht jetzt trotzdem! Und wenn ich den Typ in die Finger bekomme, dann wird er noch was erleben, dafür so blind zu sein!“ Aoi lief wieder vor Uruhas Bett auf und ab. „Morgen darfst du raus, dann hol ich dich ab. Ruki will dich erst mal nicht sehen, mit den zwei musst du also nicht rechnen! Aber vielleicht kommt Kai ja noch vorbei.“ „Aoi, was hast du mit deiner Hand gemacht?“ Aoi sah sich seine Hand an, seine Knöchel waren aufgeschürft. „Ach nichts!“ Er hatte vor Wut gar keinen Schmerz gespürt, als er an der Wand Dampf abgelassen hatte. „Aoi…?“ „Ja?“ „Ich hör auf…“, versprach Uruha leise. Aoi musste lächeln. „Das wollte ich hören.“ Er beugte sich vor und küsste Uruha sanft auf die Stirn. „Bis morgen. Und iss den Milchreis!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)