Adventskalender 2011 von Eis_in_Flammen (Eine Kurzgeschichtensammlung) ================================================================================ Türchen 2 - Liebe und andere Krankheiten ---------------------------------------- „Wie ist denn deine neue Mitbewohnerin so?“ „Ein Volltreffer, Paps. Wir teilen uns nicht nur die Wohnung, sondern auch das Bett.“ „Oh.“ Herbert schluckte. „Darling… Wenn du Geld brauchst, wieso sagst du nichts? Ich kauf dir ein Bett…“ „Paps, lass gut sein.“ Sie legte auf. Den Dickschädel hatte sie von ihrer Mutter, von der er sich vor langer Zeit hat scheiden lassen. „Clemens, wenn deine Tochter dir sagen würde, dass sie das Bett mit einer Frau teilt – was würdest du tun?“, fragte er am nächsten Tag mit gesenkter Stimme in der Apotheke seinen alten Schulfreund. „Tja…Ich würde als erstes brav die Erkältungsarznei einnehmen, die mir der Arzt verschrieben hat.“ Damit legte er ihm die Packung auf den Tisch. „Und ich kann dir garantieren, dass es auf der ganzen Welt keine Medizin gibt, die das heilen kann, Herbert, denn…es ist Liebe!“ Ganz bewusst wich er seinem Blick aus und suchte in seiner Brieftasche passend den Betrag für die Medizin zusammen. In Zwanzig-Cent-Münzen, damit Clemens einige Zeit mit dem Zählen beschäftigt war. „Und ein kleines Vitaminpräparat könnte dir auch nicht schaden, Herbert.“ Damit verschwand er durch die Tür und kam nach wenigen Sekunden wieder zurück und drückte ihm eine weitere Schachtel in die Hand. „Geht auf’s Haus. Sozusagen, verführ…äh, verfrühtes Weihnachtsgeschenk.“ Hustend verabschiedete sich Herbert und trat in die Eiseskälte hinaus. Zuhause bemerkte er, dass das so genannte „Vitaminpräparat“ eine Attrappe war: In der braunen Flasche steckte ein Korken, den er herauszog. Ein zusammengerollter Zettel kam zum Vorschein. Mit wachsender Spannung strich er ihn glatt und entzifferte die saubere Handschrift, die sich seit ihrer Schulzeit nicht verändert hatte. Wenn du das, was vor genau 25 Jahren passiert ist, am liebsten rückgängig machen würdest, dann wirf den Zettel einfach weg und denk nicht mehr dran. Seine Neugier zwang ihn dazu, den Brief auf den Kopf zu drehen um weiterzulesen: Wenn du es aber, genau wie ich, nicht bereust, sondern gerne wiederholen würdest – du weißt ja, wie du mich erreichen kannst. Bedenke, wir bleiben nicht bis in alle Ewigkeit so knackig – genauso hast du dich damals ausgedrückt, in der Nacht, die wir seitdem totgeschwiegen haben. Clemens Unwillkürlich musste Herbert grinsen. Er war sprachlos. Niemals hätte er für möglich gehalten, dass es Clemens so viel bedeutet hatte. Und wenn er ganz ehrlich zu sich selbst war, dann hatte er es auch genossen. Er schnappte sich den Telefonhörer und registrierte dabei, dass er Herzklopfen hatte wie ein Teenie. Wie albern. „Wie geht es dir?“ „Dank deinem Vitaminpräparat viel besser. Hast du nächsten Samstag Zeit?“ „Natürlich habe ich Zeit für dich“, schmunzelte es aus der Leitung und er atmete auf - es war die Antwort die er hören wollte. „Aber eine Bitte hätte ich noch….“ „So?“ „Machst uns eine Tasse von deinem berühmt-berüchtigten Weihnachtspunsch?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)