We´ll be free! von Freddy-chan (Zwei Stände) ================================================================================ Kapitel 2: Die Gitarre meiner Schwester --------------------------------------- Hamburg 12.06.2122 Die Augen fest geschlossen gab Melanie sich ganz der Musik hin. Ihre Finger fanden den Weg über die weißen und schwarzen Tasten des Flügels schon längst allein, sooft hatte sie jedes Lied, das sie kannte schon gespielt. Flöte, Klarinette, Geige und nun Piano. All diese Instrumente konnte sie schon zur genüge und sie alle ödeten sie mittlerweile an. Sie klangen alle so ordentlich. Hier gehörst du hin!, schienen sie immer wieder zu sagen, Hier sind deine Wurzeln. Vergiss die Sterne! Wie oft hätte Melanie schon fast aufgeben und sich mit ihrem wohlbehüteten Leben zufrieden gegeben. Doch immer wenn sie kurz davor stand, immer wenn ein kleiner Windhauch genügen würde sie zu Fall zu bringen, dann hörte sie ihre Stimme. "Verdammt Melanie!", hörte Melanie Sybille dann immer fluchen, "Du hast eine Seele in deinen Kopf! Kein Uhrwerk! Also hör verdammt noch mal auf immer nur zu funktionieren!" Abrupt hielten Melanies Hände auf den Tasten inne und sie schlug die Augen auf. Kurz übermannte sie Schmerz als sie sich das Gesicht ihrer Schwester vorstellte. Voller Trotz und mit einem unlöschbaren Feuer in den Augen, so war sie Melanie immer erschienen. Nun wusste sie es jedoch besser. Ihre ach so tolle Schwester war nichts als ein Feigling gewesen, die sich aus dem Staub gemacht hatte und Melanie all ihre Verantwortungen und Pflichten überlassen hatte. Konnte so jemand wirklich großartig sein? Geistesabwesend stand Melanie auf und ging in den Nachbarraum den sie als Schlafzimmer nutze. Vorsichtig, das ihr Kleid ja nicht zerknitterte und ihre Eltern noch meckerten, ging sie in die Knie und schob ihren gesamten Oberkörper unter das Bett. Da lag sie. Ganz hinten in der Ecke, wo kein Unwissender auch nur auf die Idee kommen könnte dort läge ein Schatz. Melanie griff nach großen Tasche und zog sie so umsichtig hervor, als wäre sie aus Glas. Der Reißverschluss der die ganze Tasche zusammen zu halten schien war an manchen Stellen schon kaputt und hatte sich von Stoff gelöst. Das was darin befand sah jedoch immer noch aus wie an jenem Tag wo Sybille sie ihr, zu ihrem eigenen 18 Geburtstag geschenkt hatte. Eine einfache Liedgitarre. Doch Melanie wusste was sie damit gemeint hatte. "Fühle Musik, spiele nie mit ihr, sondern arbeitet zusammen, ohne Hintergedanken." Man konnte mit einem Instrument Trauer und Freude zu gleichen Stücken mitteilen wenn man es nur ließ. Sybille hatte das immer geschafft, am Ende wusste Melanie dann immer kaum noch ob sie das Gefühl nicht doch selbst erfahren hatte. Sie selbst konnte es jedoch nicht spielen. Als ihre Großmutter, welche Sybille das Gitarre spielen beigebracht hatte, gestorben war sie gerade mal 4 Jahre alt gewesen und Sybille hatte heimlich gespielt weil es ihre Eltern ärgerte. Ihre Eltern ärgerte sowieso ziemlich viel. Trug Melanie die falschen Klamotten, waren sie wütend, hörte sie zu laut Musik, waren sie auch wütend und wenn sie jemanden mit den sie sich verstehen sollte aber nicht wollte kränkte, sprachen sie oft Wochen kein Wort mehr mit ihr. Mit einem Seufzer schob Melanie die Gitarre wieder zurück unter ihr Bett und fühlte gleichzeitig wie Zuversicht sie packte. Ihre Schwester war großartig! Und sie würde es auch sein. Mit einem langen Blick besah Melanie sich im Spiegel ihres Nachtschranks. Sie sah recht gut aus und vor allem ordentlich. Mittellange, gelockte, blonde Haare, eine Stupsnase und unter den Augen eine kleine Sammlung an Sommersprossen die sie aussehen ließen, wie eine Jugendliche aus einem alten Lassie Film. Das Kleid was sie trug, hätte hingegen ehr in eine Oper gepasst. Aber das machte kaum etwas, denn heute würde Melanie ja einen großen Teil ihrer Mündigkeit erhalten und das war schließlich etwas besonderes. Eine Klingel erschallte aus dem Raum nebenan und kündigte ihr an, dass sie herunter kommen sollte. Melanie steckte sich noch schnell eine Schmetterlingsspange ins Haar um eine widerspenstige Strähne zu bändigen und hastete dann die breiten Korridore entlang. Von unten Hörte ich bereits Musik. "Mist ich komme zu spät!", fluchte sie und legte noch einen Schritt hinzu. "Junge Herrin!", rief da jemand aus einem angrenzenden Gang. Hastig drehte Melanie sich um: "Taja...! Lass uns später reden okay? Ich komme zu meiner Eigenen Feier zu spät!" Taja, eine Schönheit von Frau, war eine Sklavin des Hauses und die einzige die auf Melanies Seite zu seinen schien. Lächelnd schüttelte sie den Kopf und deutete auf eine schlichte Tür: "Mit dem Dienstbotenfahrstuhl werden Sie es wohl noch schaffen." Und schon hatte sie Melanie am Arm gepackt unter hinter sich her gezogen. Der Flur hinter der Tür war schäbig und schlicht. Es roch muffig und der Putz fehlte in manchen Ecken. Der Dienstbotenfahrstuhl war wohl ursprünglich als Fahrstuhl für irgendwelche Dinge gedacht und nicht als Personenfahrstuhl. Taja, die fast zwei Köpfe größer als Melanie war, musste sich in eine unbequem aussehende Pose zwischen hocken und stehen niederknien. "Passen Sie besser auf, dass Sie nicht gesehen wie sie aus der Küche kommen. Die Gäste könnten auf dumme Ideen kommen.", mahnte Taja und strich sich eine Strähne, ihres perfekt sitzenden Haares, zurück, welches bei jeder Bewegung anfing das Licht anders einzufangen und nie ein und die selbe Farbe zu haben schien. Melanie nickte hastig und biss sich nervös über die kommende Aufmerksamkeit auf die Lippen. Mit einem verständnisvollen Lächeln klopfte ihr Taja auf die Schulter und sagte ihr, dass sie es schon schaffen würde. Dann ging die Tür des Fahrstuhls auf und Melanie hastete hinaus. "Danke für deine Hilfe!", rief sich noch rasch über ihre Schulter, dann war sie verschwunden. "Wenigstens hat sie ihre Manieren nicht vergessen!", seufzte da eine Stimme dicht neben Tajas Ohren. Diese fuhr erschrocken herum, entspannte sich jedoch gleich wieder als sie sah wer da vor ihr stand. "Sie wird dir immer ähnlicher.", schmunzelte sie nun und errötete sichtbar als sie sich der maskierten Gestalt zuwandte. Eine Maske aus Porzellan überdeckte ihre Augen und die Kleidung ließ auf kein Geschlecht hindeuten. Doch das machte nichts. Taja hätte sie überall wiedererkannt. "Kommst du um mich endlich u holen?", fragte sie und strich ihrem Gegenüber zärtlich über die Wange. Feine Narben verliefen wie Fäden auf ihrer Haut und ergaben fast eine Art Muster. "Wenn du mich noch willst!", lachte die Gestalt bitter, "So entstellt wie ich nun bin müsstest du dich eigentlich wegen mir schämen." "Lüge!", rief Taja da. Etwas zu laut wie sie merkte, schnell drosselte sie ihre Lautstärke wieder und schloss ihren Gegenüber in die Arme. Diese erwiderte die Umarmung nach kurzen zögern und legte ihren Kopf auf Tajas Schulter. "Bald ist es so weit, nicht wahr?", hauchte diese und Bitterkeit schwang in ihrer Stimme mit. "Ja... Bald ziehen wir los!", bestätigte die Maskierte: "Und wir kämpfen bis ihr alle frei seid... oder bis keiner von uns mehr lebt..." Taja riss die Augen erschrocken auf und musste ein Schluchzen unterdrücken. Und noch als die Maskierte den Flur längst verlassen hatte hingen ihre Worte in der Luft. "Stirb nicht..." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)