Die Last auf seinen Schultern von gluecklich (24 Wege, jemanden in den Wahnsinn zu treiben) ================================================================================ Fünfzehnter Dezember -------------------- Es war der späte Abend des fünfzehnten Dezembers, die Hälfte des Monats war bereits geschafft, und es hatte heute noch keinen Anschlag gegeben. Sougo schien sich zurückhalten zu wollen… oder so. Toushirou wusste es nicht. Wahrscheinlich sollte er erleichtert sein, aber tatsächlich war er eher besorgt. Die Tatsache, dass Toushirou ihn »gerettet« und ins Krankenhaus gebracht hatte, schien immer noch sehr an ihm zu nagen, die Verletzungen machten es ihm natürlich auch nicht leicht, und obwohl er von den meisten Mitgliedern hier großen Respekt genoss, gab es doch einige, die ihn nun schräg ansahen. Er hatte nicht gewollt, dass es so lief. Aber es lief ja sowieso nie nach seiner Nase. Als Toushirou abends seufzend sein Zimmer betrat, fiel sein Blick auf das Handy, das neben seinem Futon am Boden lag. Sein Arbeitshandy hatte er immer dabei, aber das hier war sein Privathandy, das er eigentlich nie brauchte. Aber er hatte Zurako diese Nummer gegeben. Stumm hockte Toushirou sich auf den Boden und machte nach Ewigkeiten mal wieder das Handy an, grübelte einige Sekunden lang über den PIN und blickte dann ausdruckslos das Hintergrundbild an. Und dann vibrierte es. Toushirou hätte es fast wieder fallen gelassen. Blinzelnd durfte er feststellen, dass er tatsächlich einen Anruf verpasst hatte. Er fischte den alten Zettel aus seiner Hosentasche und verglich ihn mit dem auf seinem Display, und tatsächlich: Zurako hatte versucht, ihn anzurufen. Gestern. Einige Momente lang zögerte er. Dann stellte er fest, dass er sonst nichts zu tun hatte, dass sein Tag mal wieder frustrierend gewesen war und dass es ja wohl kaum schaden konnte. Er lag falsch. Toushirou stand wieder auf, um sich stattdessen auf die kleine Holzterrasse vor der Tür zu setzen, wählte den Rückruf und hob sein Handy ans Ohr. »Ha-Hallo?« »Zurako?« »Zu-… Ja, hier ist Zurako.« »Gut. Ich bin’s –« »Ich weiß, Hijikata-kun.« »Oh. Okay. Stör ich?« »Nein, nein, natürlich nicht!« »Gut. Ich wollte nur… Also, ich hab gesehen, dass du gestern angerufen hast.« »Oh, ja, genau! Ich hatte gehört, dass dein Kollege im Krankenhaus gelandet ist. Ich wollte nachfragen, ob alles in Ordnung ist.« »Ah… Das. Ja. Sougo ist okay. Er ist schon wieder raus aus dem Krankenhaus, wird schon gehen. Er ist hart im Nehmen –« »Und du?« »Ich?« »Na, bist du auch okay?« »Klar, wieso sollte ich nicht…?« »Ich dachte nur. Das wollte ich eigentlich fragen, weißt du. Nicht, ob er in Ordnung ist. Dass ihr sowas ganz gut überlebt, dachte ich mir schon. Ich wollte eher fragen, ob es dir damit gut geht, weil… Na ja – er bedeutet dir viel, oder?« »Wer? Sougo? Er…« Hijikata verstummte plötzlich und verzog das Gesicht. Zurako am anderen Ende schien zu glucksen. »Willst du das etwa abstreiten?« »Nein«, sagte Toushirou flach. »Nein, will ich nicht.« »Gut. Ich glaube nämlich, du bedeutest ihm auch viel.« Toushirou lachte hohl. »Das glaubst du nur, weil du uns nicht wirklich kennst«, sagte er tonlos. »Er hasst mich, aber das ist okay –« »Oh, Hijikata-kun, glaubst du das wirklich?« Zurako schien ehrlich überrascht – und das wiederum überraschte Toushirou. »Klar glaub ich das wirklich, er versucht dauernd, mich umzubringen…« »Haha, ach was. Wenn er dich wirklich töten wollte, hätte er das längst getan, oder? Nein, ich glaube nicht, dass er wirklich will, dass dir etwas passiert.« »Ach, und was sollen dann seine ständigen behinderten Aktionen?« »Ich weiß nicht, dafür kenne ich euch wohl wirklich nicht gut genug. Vielleicht will er ja nur deine Aufmerksamkeit.« Er schnaubte. »Klar…«, murmelte er nur. Dieses Gespräch lief gar nicht so, wie er gern gehabt hätte. Sougo war doch kein kleines Kind mehr, außerdem buhlte man doch nicht so um Aufmerksamkeit, nicht mit Handgranaten und Bazookas, das war nun wirklich etwas extrem. Und so gestört Sougo auch war, seinen Drang nach Aufmerksamkeit tat er eigentlich nur dann so extrem kund, wenn… Oh. Zurako hatte irgendwas gesagt, aber Toushirou hörte ihr nicht zu. Mit offenem Mund starrte er geradeaus, mit einem Mal taten seine Schläfen weh, und seine Hände schwitzten, und ihm wurde eiskalt. Scheiße. »Hijikata-kun?« Sein erster Gedanke war, dass er verstanden hatte, aber eigentlich stimmte das nicht. Er hatte etwas verstanden, aber nicht alles. Es ergab noch immer recht wenig Sinn, aber zumindest ein bisschen mehr als vorher. »Hijikata…?« »‘Tschuldigung, Zurako«, murmelte er in den Hörer. »Ich muss –« Weiter kam er nicht. Ein weiteres Mal hatte die unverkennbare Explosion von Bazooka-Munition das Stück Hof vor seinem Zimmer in die Luft gejagt. Nur hatte es diesmal auch Toushirou von den Füßen gerissen. Sougo biss sich auf die Unterlippe und legte die Bazooka einfach achtlos zur Seite. Das sah gar nicht gut aus. Oh, Scheiße, das sah wirklich überhaupt nicht gut aus. Er zielte ja eigentlich immer an Toushirou vorbei. Er sorgte manchmal dafür, dass er kleine Hämatome oder Platzwunden davontrug. Aber er bemühte sich, ihn nie wirklich zu treffen. Und nun lag Hijikata am Boden und rührte sich nicht mehr. Er hatte ihn telefonieren hören, und dann hatte er den Namen dieser Trulla gehört und das hatte ihm gestunken, also hatte er den Hof ein bisschen hochbomben wollen, damit er nicht mehr telefonieren konnte, aber das hier… Das hier… Sougo hatte nie damit gerechnet, dass Hijikata irgendwann einmal wirklich etwas passieren würde. Wankend stakste er über die aufgerissene Erde und versuchte, sich schon mal zu überlegen, was er Kondou-san erzählen sollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)