Der Himmel muss warten von Kalea ================================================================================ Kapitel 88: In einem kleinen Ort -------------------------------- @ Vanilein : Vielen Dank für Dein Lob. Ja, die Jungs gehören zusammen. Das wir allerdings ein weiter Weg werden, befürchte ich. LXXXIX) In einem kleinen Ort „Mein Gott, Junge, was ist passiert?“, fragte der Freund erschrocken, als er das ganze Blut an dessen Körper sah. „Nichts“, entgegnete der Blonde einsilbig. „Das sieht aber nicht aus wie nichts! Zieh die Sachen aus. Ich will mir das genauer anschauen!“, forderte der Freund und musterte den Winchester genau. Das Blut sah viel zu frisch aus, als das es von jemand anderem stammen könnte. Der Blonde schälte sich aus seiner Jacke und dem Hemd und keuchte, als er dabei gegen seine Rippen stieß. Bobby nahm das mit Genugtuung und Trauer zur Kenntnis. Er hatte Recht gehabt, und es tat ihm leid, dass es so war. Warum hatte er nicht mal mit etwas Schönem Recht? Etwas, das Dean keine Schmerzen bereitete? Er atmete tief durch und kontrollierte dann die Wunde, die sich leider nicht als die einzige herausstellte. Dean hatte außerdem noch einen Streifschuss am Arm. Beides waren zum Glück keine lebensgefährlichen Verletzungen. Sie würden nur eine Weile weh tun, wenn Dean sie nicht heilte. „Soll ich sie verbinden, oder machst du das selbst?“, wollte der Ältere wissen. Der Blick, den Dean ihm zuwarf sprach Bände. Nein, er würde es nicht selbst heilen und nein, er wollte nicht, dass es überhaupt behandelt wurde. Die Schmerzen waren gut! Sie lenkte ihn wenigstens etwas von der dumpfen Leere in seinem Inneren ab. Er hatte tief in sich drin gehofft, dass es mit der Zeit erträglicher, doch inzwischen hatte er begriffen, dass nichts in diesem Leben einfacher wurde. Nur die Tage wurden weniger und das ließ ihn durchhalten, brachte ihn aber auch dazu, sich noch mehr zu vernachlässigen, solange sie ihn ließen. Bobby nahm zwar das erste Nein hin, akzeptierte das zweite aber in keinster Weise. Er holte Verbandsmaterial und drängte den Winchester in die Küche, wo er die Wunden säuberte und verband. Dean nahm die Behandlung wortlos hin. Er hatte sich damit abgefunden, dass Bobby tat, was er für richtig hielt. Taten sie ja eh alle! Keiner fragte ihn, was er wollte, warum sollte er sich dann die Mühe machen und widersprechen? Er wusste, dass er sich damit selbst aufgab, aber er hatte keine Lust auf sinnlose Diskussionen und schon vor einer ganzen Weile eingesehen, dass sie ihn so wenigstens in Ruhe ließen. „Du solltest dich vielleicht noch etwas ausruhen, bevor du wieder auf die Jagd gehst?“, überlegte Bobby laut und drehte den Jungen in Richtung seines Wohnzimmers. Folgsam setzte sich der Blonde in Bewegung, ließ ich auf das durchgelegene Sofa fallen und schloss die Augen. Entgegen seiner Befürchtung war er schnell eingeschlafen und hatte außerdem auch noch das Glück nicht träumen zu müssen. Wieder einmal kam Sam in eine neue Stadt. Obwohl dieser Ort diese Bezeichnung wohl eher nicht verdiente. Es gab eine Kirche und gegenüber die obligatorische Kneipe. An der Hauptstraße entlang reihten sich die Häuser auf, wie Perlen an einer Schnur. Ein kleines Motel mit angeschlossenem Diner lag neben einem Supermarkt, der diese Bezeichnung genauso wenig verdiente, wie die Stadt ihre. Hierher würden sich auch in den nächsten fünfzig Jahren keine der großen Ketten verirren. Und doch schien hier die Welt noch in Ordnung zu sein. Es war Sonntagvormittag und die Menschen kamen gerade aus der Kirche. Die Frauen trugen helle Kleider und die Männer Anzüge. Hier war wirklich noch alles wie in der guten alten Zeit. Nur die geplünderten Gräber auf dem Friedhof passten nicht in dieses Bild. Er hielt seinen Wagen an der wohl einzigen Ampel des Ortes an und ließ ein paar Familien passieren. Familien! Er hatte auch mal eine Familie gehabt, doch seine Mom wurde von einem Dämon getötet, genau wie sein Dad und das Wichtigste in seinem Leben, seinen Bruder, hatte er verlassen, nur weil er seine Wut nicht unter Kontrolle hatte. Wie schon so oft in den vergangenen Wochen lauschte er in sich hinein, doch da war keine Wut mehr, nur noch Trauer. Ob seine Seele schon wieder so rein war, dass er es wagen konnte nach Dean zu suchen? Oder war sie einfach nur verschwunden, weil er ihn schon so lange nicht mehr gesehen hatte? Hinter ihm hupte es. Wo kam denn das Fahrzeug jetzt her? Die Ampel vor ihm war wohl schon lange wieder grün. Er fuhr los. Schnell hatte er sich in dem Motel eingemietet und in dem kleinen Diner etwas gegessen. Jetzt schlenderte er die Straße entlang, um zum Friedhof zu kommen. Die Augustsonne streichelte wärmend über sein Gesicht. Vor der Kirche blieb er stehen und schaute den Kirchturm hinauf. Nein, beten war wohl keine Option. Er wusste ja nicht wer zuhören würde. Würde Dean ihm zuhören, wenn er zu ihm gehen würde? Hätte er zugehört, wenn sein Bruder zu ihm gekommen wäre? Wohl eher nicht. Er hätte ihn sofort wieder weggeschickt, oder wäre selbst schnell verschwunden, weil er Angst gehabt hätte, ihm wieder zu schaden, doch in der Konstellation waren die Vorzeichen ja auch genau andersherum. Auf der anderen Seite hatte er Dean verlassen und sein Bruder konnte sehr stur sein. Aber er war nie nachtragend! Sam hatte inzwischen den Friedhof erreicht und ließ sich auf einer Bank, im Schatten der kleinen, Efeu umrankten, Kapelle nieder. Er blickte über die Gräber. Eine friedliche Ruhe senkte sich über ihn. Langsam, fast unbemerkt, kroch seine Hand zu seinem Handgelenk und nestelte an dem Verschluss des Armbandes herum. Er schob es über seine Hand herunter und legte dann seine andere auf das Gelenk. Es dauerte nicht lange, bis er Dean fühlen konnte. Jetzt noch ein Gedanke und er wäre da! Für ein paar Minuten gab er sich der Fantasie hin, was wäre wenn, doch wie schon bei den letzten Malen, die er das in den vergangenen Wochen getan hatte, seufzte er nur tief, nahm er seine Hand weg und schob den Schutz wieder darüber. Er fühlte sich besser, aber er wusste nicht, ob das nicht nur subjektiv war. Er durfte es nicht riskieren, seinem Dean noch einmal so zu schaden! Langsam erhob er sich und ging über den Friedhof und in die kleine Kapelle. Er prägte sich die Gegebenheiten genau ein. Doch das lief bei ihm eher beiläufig ab. Seine Gedanken kreisten noch immer um Dean und er suchte nach einem Weg, wie er seinen Bruder wiedersehen konnte. Er trat auf die Straße und ging zu seinem Motelzimmer. Heute Nacht würde er wiederkommen und sich ansehen, was er hier ausrichten konnte. Drei Nächte später waren die Ghouls Geschichte und die kleine Gemeinde konnte wieder in ihren Dornröschenschlaf fallen. Der Winchester hatte alles gepackt. Er würde weiterziehen. Eine neue Stadt, ein neuer Fall. Doch vorher wollte er etwas versuchen. Viel zu lange spielte er schon mit den Gedanken an Dean! Er setzte sich auf sein Bett und atmete noch einmal durch. Ob das gut ging? Allerdings, wer nicht wagt, der nicht gewinnt! „Anna!“, rief er laut. Sie war die einzige gewesen, die ihm wenigstens ansatzweise zu glauben schien und ihm half. ‚Der einzige Engel! ‘, korrigierte er sich in Gedanken. „Anna, bitte. Ich brauche dich!“ Klang das jetzt zu vermessen? Sein Herz raste vor Aufregung und seine Atmung beschleunigte sich. Wenn er jetzt noch schweißnasse Hände bekommen würde, könnte man denken, dass es sein erstes Date wäre. „Bitte, Anna! Ich … Es wäre toll, wenn du kommen könntest.“ Das wäre das letzte Mal! Wenn sie nicht bald erschien, würde er weiter ziehen. Dann müsste er sich einen anderen Weg suchen, um Dean zu finden. Plötzlich stand jemand in seinem Zimmer. „Anna!“, keuchte Sam und erhob sich. Sie sagte nichts. Neugierig musterte sie den Winchester von allen Seiten. Sie sah seine strahlenden Augen und die Hoffnung darin. Doch er hatte Dean verlassen, hatte seine Liebe mit Füßen getreten und das wollte sie ihm nicht so schnell verzeihen. Er sollte wenigstens noch ein bisschen zappeln. In aller Ruhe betrachtete sie den Langen. Ihr gefiel was sie sah. Aber es war nicht sein Verdienst! „Anna?“, quengelte der Winchester ungeduldig. Er fühlte sich inzwischen mehr als unwohl unter ihrem Blick. Was sah sie? War seine Seele noch immer so dunkel? War sie noch dunkler? Er hatte gehofft, dass sie heller werden würde, aber so wie sie ihn anstarrte? Er hatte wohl noch nicht genug Gutes getan! Der Engel lächelte. Sam hatte an seine Taten gedacht und nicht daran, was Dean vielleicht getan oder nicht getan hatte. Er hatte die Verantwortung bei sich gesucht. „Es liegt weniger an dir, Sam.“ Er schüttete nur den Kopf. “Warum hast du mich gerufen?“, fragte sie. „Ich ...“, er schüttelte erneut den Kopf. Es war schwieriger darüber zu reden als es zu denken. Betreten blickte er zu Boden und gab Anna so die Gelegenheit ihn weiter eingehend zu betrachten. „Dean“, platzte er plötzlich hervor. Unweigerlich schüttelte sie leicht den Kopf. Sam erschrak. Seine Augen weiteten sich panisch. War er zu spät? Hatte er zu lange gezögert? „Er lebt“, sagte sie sofort und fügte ein leises: „Irgendwie“, dazu. „Du hast ihm das Herz gebrochen, als du abgehauen bist. Er ist nicht mehr der Dean, den du kanntest.“ „Kann ich ihn sehen?“ „Du würdest ihn kaum wiedererkennen.“ „Was ...?“, fragte der Winchester ratlos. „Du bist gegangen und hast ihm das Herz herausgerissen! Er hat aufgegeben.“ „Dean würde nie aufgeben!“, fuhr er dazwischen. „Willst du jetzt meine Hilfe oder soll ich wieder gehen?“ „Nein, bitte! Anna ich … Es klingt nur so absolut nicht nach Dean.“ „Wie oft soll ich es dir noch sagen? Du hast ihn im Stich gelassen und das hat ihn gebrochen! Du warst der Einzige, der ihn gehalten hat, der ihm noch einen Sinn im Leben gegeben hat und dann hast du mal wieder den einfacheren Weg gewählt. Er hat sich mal wieder die Schuld gegeben und es als seine Strafe hingenommen. Er hat sich immer mehr zurückgezogen, von allem.“ „Du sagtest, dass ich ihn nicht wiedererkennen würde.“ „Dean sieht dein Verschwinden als seine Schuld an. Er hat nicht genügt. Er hat zu wenig für eure Beziehung getan. Er war nicht gut genug für dich.“ „Aber das ist doch nicht wahr! Ich habe Scheiße gebaut, ich habe Fehler gemacht!“ „Das siehst du so, genau wie wohl der Rest derer, die euch kennen, aber dein Bruder hat deine Fehler noch nie gesehen. Du warst immer das Wichtigste in seinem Leben. Wenn du etwas falsch gemacht hattest, dann hat er es dir nicht nichtig erklärt oder gezeigt.“ „Aber das ist doch alles nicht wahr!“, stammelte Sam erneut. „Er sieht es so und er bestraft sich für seine Fehler.“ „Was kann ich tun?“ „Wir müssen langsam vorgehen. Wenn du jetzt vor ihm stehen würdest, würde er sich vielleicht einfach nur umdrehen und gehen.“ „Aber …?“ „Nichts aber, Sam. Er will nur noch eins. Die Dämonen soweit vernichten, dass du in Ruhe und mit reiner Seele leben kannst, und sterben.“ „Dean?“, stöhnte der Winchester fassungslos. „Dean!“ Eine ganze Weile herrschte Stille in dem kleinen Raum. „Hast du eine Idee?“, wollte er leise wissen. Er wollte nicht aufgeben, nicht, wenn es noch eine Chance für Dean, und vielleicht auch Dean und ihn, gab. „Noch nicht. Fürs Erste wäre es gut, wenn du mich auf dem Laufenden halten würdest, wo du bist. Sobald sich eine Gelegenheit ergibt, werde ich versuchen, Dean zu dir zu schicken.“ Schweren Herzens nickte Sam. Er hatte sich mehr erhofft. Aber er hatte jetzt so lange gewartet, da würden ein paar Tage auch nicht mehr schaden. Gerade als Anna gehen wollte, fiel ihm noch etwas ein, etwas Entscheidendes. „Meine Seele?“, platzte er hervor. „Kann ich Dean noch schaden?“ „Nein, Sam. Deine Seele ist nicht mehr so dunkel wie damals. Du musst schon noch weiter auf dich aufpassen, aber du wirst niemandem mehr schaden, weil du zuviel Dämon bist. Auch Dämonenfallen dürften dich nicht mehr halten. Und deine Seele? Sie ist hellgrau.“ „Danke!“, sagte er leise und lächelte. Das war eine gute Nachricht. „Danke Anna!“ Mit dem obligatorischen leisen Flügelrauschen verschwand sie wieder und Sam machte sich auf den Weg, seinen Mietwagen abzugeben und sich einen neuen Fall zu suchen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)