Der Himmel muss warten von Kalea ================================================================================ Kapitel 104: Eiswasser ---------------------- @ Vanilein - Viel zum Reden wird Sam in nächster Zeit wohl nicht kommen. Zumindest nicht über Deans Gefühle. LG Kalea CVI) Eiswasser Schon bald rissen weitere Krämpfe und ein leises Wimmern Sam erneut aus dem Schlaf. Das erste Tageslicht ließ die Schwärze der Nacht langsam in grau übergehen und so musste er sich nicht wieder verrenken, um das Licht anzuschalten. Er schob sich wieder etwas weiter nach oben, stopfte sich ein Kissen in den Rücken und versuchte seinen Bruder so vorsichtig wie möglich auf seinen Bauch zu ziehen. Wieder wimmerte Dean leise. Sam seufzte. Jetzt brauchte er doch Licht, um sich das zitternde Bündel Mensch genauer anschauen zu können, doch kaum hatte er daran gedacht, leuchtete auch schon die Deckenlampe. Warum hatte er das nicht schon früher ausprobiert? Schnell und doch so schonend wie möglich drückte er seinen Engel etwas weiter auf die Seite um ihm besser ins Gesicht sehen zu können. Sein Bruder war blass und seine Kiefer fest aufeinander gepresst. Deans Augen waren schmale Schlitze und seine Atmung kam abgehakt. Er musste starke Schmerzen haben. Sanft drehte Sam seinen Bruder wieder auf die Seite, wusste er doch, dass es so noch am wenigsten schlimm für ihn war. Immer wieder strich er zärtlich über den Rücken seines Großen. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht und dann fuhr er leise mit seiner Geschichte fort: >>>„Bald schon bald flog Ferkel so weit oben am Himmel, dass der Faden wie eine Saite gespannt war, aber Pooh hielt ihn weiterhin tapfer fest." Heute ist aber in stürmischer Tag", rief Pooh der Bär aufgeregt, als er an Känga und Ruh vorbei flitzte. "Schau mal, Mama. Pooh hat Ferkel wie einen Drachen fliegen lassen!", freute sich der kleine Ruh.“<<< Sanft wie ein leises Bächlein plätscherte Sams Stimme dahin und fand so einen Weg zu Dean. Sie drängte sich durch die Schmerzen, die seinen Schädel fast zum Platzen brachten, schienen die düsteren Wolken ein wenig auseinander zu schieben und das dumpfe Dröhnen eine wenig zu dämpfen. Vielleicht, wenn er sich sehr anstrengte, könnte er verstehen, was sein Sammy ihm da erzählte. >>>„Rabbit war in seinem Garten und erntete die dicken Karotten.“ Oh, mein armer Rücken. Er tut schon so weh", jammerte er. "Er wünschte sich, dass es eine leichtere Art geben würde, die Möhren zu ernten." In diesem Augenblick schleifte der Wind Pooh über das Feld. Der hatte seine Füße so fest in den Boden gestemmt, dass alle Möhren heraus flogen und direkt in Rabitts Schubkarren landeten. "Das ist vielleicht ein Sturm heute", rief Pooh noch - und schon war er weggeweht worden. "Wie wäre es, wenn du das nächste Mal meinen Krautacker pflügst?", rief Rabbit ihm nach, doch Pooh war schon viel zu weit weg.“<<< Der Blonde versuchte ein Lächeln, als die Krämpfe endlich soweit nachließen, dass er wieder einschlafen konnte. Sammy hatte ihm Pooh erzählt. Er liebte Pooh, den tollpatschigen Bären. Auch Sam konnte fühlen wie sich sein Bruder entspannte. Zärtlich strich er ihm die langen Fransen aus dem Gesicht und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. Irritiert blickte er dem Blonden noch einmal intensiv ins Gesicht. Hatte er da so etwas wie ein Lächeln gesehen? Hatte Dean ihn tatsächlich gehört? Hatte er verstanden, was er ihm erzählt hatte? Sam fühlte, wie ihn die Wärme ins Gesicht stieg. Irgendwie war ihm das jetzt peinlich. Es war eine Sache seinem Bruder Pooh-Bär zu erzählen, wenn er doch genau wusste, dass er das nicht wirklich mitbekam, aber eine ganz andere das zu tun und zu wissen, dass Dean ihm wohl wirklich zugehört hatte. Der würde ihn doch den Rest seines Lebens damit aufziehen! Obwohl? Wie lange war denn der Rest ihres Lebens? Aber selbst wenn es noch hundert Jahre dauern würde, wenn Dean ihn überhaupt je wieder mit solchen Banalitäten aufziehen würde und dafür dass es ihm dadurch besser ging, würde er es gerne ertragen. Außerdem hatte er ihm doch schon mal Pooh-Bär erzählt. Vor langer Zeit und in einem anderen Leben. Und da hatte es Dean sich sogar gewünscht. Nein, Dean würde ihn damit wohl nicht aufziehen, auch wenn er sich das irgendwie doch wünschte, bedeutete es doch so etwas wie Normalität in ihrem Chaos, dass sie Leben nannten. Er rutschte wieder etwas tiefer, um sich ebenfalls bequem hinlegen zu können und dachte daran, dass auch er noch ein paar Stunden Schlaf gut brauchen könnte. Sofort erlosch das Licht und der Raum versank in angenehmer Dunkelheit, in der auch Sam schnell wieder in Morpheus Arme fallen konnte. Doch wieder konnte er nicht von selbst erwachen, sondern wurde von einem neuen Schub von Deans Regenarationskrämpfen in die Wirklichkeit gerissen. Leise stöhnend setzte er sich auf und wischte Dean die Haare aus dem Gesicht, um ihn besser ansehen zu können. Die Haut unter seinen Fingern war schweißnass und er konnte die unnatürliche Wärme fühlen, die von seinem Bruder ausging. Was sollte er tun? Konnte er Dean noch hier liegen lassen, oder musste er schon stärkere Maßnahmen ergreifen? Der Blonde begann zu zittern. Schnell legte Sam sich wieder in die halb sitzende Stellung, die er schon die letzten beiden Male inne hatte und schob seine Hände unter ihn, um ihn wie zuvor auf seinen Schoß zu ziehen. Fast sofort wimmerte der Blonde noch stärker. Erschrocken zog der Jüngere seine Hände zurück und beugte sich über ihn, um ihm erneut ins Gesicht sehen zu können. Hatte er so große Schmerzen? Wollte er nicht berührt werden? Vielleicht wusste er ja auch nicht wo er war und wer ihn berühren wolle. Immerhin war sein Bruder jahrelang in der Hölle gefoltert worden und da war sicherlich jede Berührung mit Schmerzen verbunden gewesen. Und so wie sein Bruder noch vor Tagen vor Berührungen zurückgeschreckt war, hatte er wohl auch in den letzten Monaten nur schlechte Erfahrungen damit gemacht. Wieder einmal machte er sich Vorwürfe, dass er gegangen war. Sanft strich er dem Blonden die Haare aus der Stirn, rutschte hinter den Älteren und breitete die Decke über sie. Vorsichtig legte er den Arm um den Blonden und hoffte, ihm so ein wenig Halt geben zu können. Ein weiteres Wimmern entrang sich Deans Kehle. Aus Erfahrung wusste Sam, dass jetzt die letzte, aber schmerzhafteste Phase von Deans Regeneration begann. Unzählige heftige Krämpfe würden den eh schon geschwächten Körper durchschütteln und es würde sich für seinen Bruder anfühlen, als ob jemand jede einzelne seiner Zellen erst mit einer Zange zusammendrücken und dann nur Bruchteile von Sekunden später wie einen Luftballon aufblähen würde. Wieder und wieder. Er legte seine Arme um den zuckenden Körper und versuchte ihm so viel Halt wie möglich zu geben. Und wieder griff Sam auf Pooh-Bär zurück. Immerhin war er damit vorhin wohl zu Dean durchgedrungen und es schien ihm gefallen zu haben. >>>„Der Wind blies stärker und stärker. Pooh und Ferkel waren schon ganz in die Nähe von Eules Haus im großen alten Baum gefegt worden. Der Sturm ließ den Baum mit dem Haus gewaltig hin und her schwanken. Eule saß gemütlich in ihrem Schaukelstuhl und las ein dickes Buch, als sie von einem dumpfen Schlag aufgeschreckt wurde. Dann sah sie voller Erstaunen, Ferkel vor ihrem Fenster fliegen. "Eigenartig", dachte sie und lief zum Fenster hinüber...“<<< Weiter kam der Jüngere nicht. Selbst in dieser kurzen Zeit hatten die Krämpfe so stark zugenommen, dass der Blonde so heftig durchgeschüttelt wurde, wie noch nie zuvor und auch seine Temperatur war deutlich in die Höhe gestiegen. Hektisch befreite sich Sam von der Decke und stand auf. Unruhig lief er vor dem Bett hin und her und überlegte, was er jetzt tun musste. Fieber messen! Er brauchte ein Thermometer, mit dem er seinem Bruder nicht weh tun konnte! Fast sofort lag eines auf dem Nachttisch. Schnell hielt Sam es in Deans Ohr und wartete nervös auf das Ergebnis. 41,9 Er musste das Fieber herunter bekommen. Aber wie? „Denk nach, Sam! Denk nach!“, murmelte er und begann wieder hin und her zu laufen. Was hatte er über das Senken von Fieber gelesen? Was half? Zäpfchen und Tabletten fielen ja wohl aus. Die bekam er auf keinen Fall in Dean. Aber Wadenwickel! Er hatte doch mal was von einem alten Hausmittel gehört! Wadenwickel! Wie gingen die nur? Schon fast verzweifelt starrte er auf seine Hände, dann schloss er die Augen und holte tief Luft. Er wusste so viel unnützes Zeug, hatte so viel gelernt, was er nie gebraucht hatte, aber dem für ihn wichtigsten Menschen konnte dieses ganze Wissen nicht helfen. Warum nur war er so nutzlos? Plötzlich lief der Fernseher. Ein Programm über Hausmittel widmete sich gerade der Fieberbekämpfung. Eine alte Frau erklärte wie man Wadenwickel machte und dass man einem Fiebernden Zitronenscheiben auf die Schläfen legen sollte oder die Beine mit Alkohol einreiben könnte, um das Fieber zu senken. Dann sprach sie noch über verschiedene Tees. Den Alkohol würde er lieber trinken, oder Dean einflößen. Den würde er allerdings, genau wie die Tees, nicht zwischen die verkrampften Kiefer seines Engels bekommen, aber die Wadenwickel könnte er machen. Diese Hütte war wirklich ein Geschenk des Himmels. Er warf noch einen Blick auf seinen Bruder, der noch immer krampfend auf dem Bett lag und er wünschte sich, ihn nie wieder so sehen zu müssen, ihn nie so gesehen zu haben. Jedes einzelne Mal war einmal zu viel. Nie hätte Dean das für ihn tun müssen, wenn er sich im Griff gehabt, oder wenn er Deans letzten Wunsch befolgt hätte. Warum hatte er in seinem Leben nur so viel falsch gemacht? Warum konnte er ohne seinen großen Bruder nicht eine richtige Entscheidung treffen? Sein großer Bruder! Ein leises Wimmern brachte ihn wieder komplett in die Wirklichkeit. Er warf einen Blick auf seinen Engel. Dann wandte er sich ab, um im Bad nach Handtüchern zu suchen, die er für die Wadenwickel nehmen konnte. Schnell war er mit einer Schüssel voller kaltem Wasser und einigen Handtüchern zurück. Er tauchte zwei davon in das Wasser, wrang sie leicht aus und wickelte sie zusammen mit trockenen Handtüchern um Deans Waden. Der Blonde wimmerte erneut. Für Sam war das nur ein weiterer furchtbarer Laut der Regeneration. Doch das war es nicht. Wie mit tausenden winziger Nadeln gespickt biss die Kälte in seine Beine und entfachten den Schmerz noch stärker. Er wollte nur noch dass es aufhörte. Er wollte sterben. Zwei Mal erneuerte Sam die Handtücher, dann entfernte er sie und maß Deans Temperatur. Sie war nicht so weit gefallen, wie er erhofft hatte, doch wenigstens um ein paar Zehntel Grad. Wenigstens nicht mehr fast 42! Ja, er hatte bei Dean schon einmal eine wesentlich höhere Temperatur bei einer Regeneration gemessen, doch damals war Michael noch in ihm präsent gewesen und nicht wie jetzt untergetaucht und er wusste nicht, ob der Engel jetzt trotzdem noch dafür sorgen konnte, dass sein Bruder diese viel zu hohe Körpertemperatur überleben würde. Sam ließ die Schüssel neben dem Bett stehen, setzte sich auf seine Seite und schaute unkonzentriert fern. Immer wieder huschte sein Blick zu Dean, der unter seiner Decke von Krämpfen geschüttelt wurde. Er wollte ihm so gern helfen, doch jedes Mal, wenn er seine Hand nach ihm ausstreckte und ihn sanft an der Schulter berührte, entrang sich dessen Kehle ein schmerzerfülltes Wimmern. Doch schon bald stieg Deans Temperatur wieder besorgniserregend an. Schnell rollte sich der Jüngere aus dem Bett, befeuchtete die Handtücher erneut und wollte sie Dean um die Waden wickeln. Kaum berührte das erste kalte Stück Stoff Deans Haut, hatte der sofort wieder das Gefühl als ob sich riesige grobe Nadeln sein Bein durchbohrten. Wie er es schaffte, wusste er selbst nicht, doch mit schier unmenschlichem Willen gelang es ihm sein Bein ein Stückchen von dem Tuch weg zu bewegen. Ein gequältes Stöhnen entrang sich seiner Kehle. Sam wusste nicht genau, wie er das deuten sollte, doch dass sein Bruder diese Behandlung wohl nicht wollte, hatte auch er verstanden. Doch was sollte er jetzt tun? Deans Temperatur musste runter oder er würde innerlich verbrennen! Schweren Herzens entschied er sich zu einer noch rigoroseren Methode. Wenn nicht langsam und in mehreren Schüben, dann eben mit einem Mal. Sein Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen, als er sich daran machte sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Er füllte die Wanne mit kaltem Wasser. So vorsichtig wie möglich hob er seinen Bruder hoch und trug ihn ins Bad. „Es tut mir leid, Dean“, sagte er leise und ließ den Blonden in die Wanne gleiten. Schnell zog er seine Hände unter ihm hervor und trat zurück. Tränen füllten seine Augen als er mit ansehen musste, wie sein Engel um sich schlug und trat und irgendwie versuchte aus dieser eisigen Folter zu entkommen. Nur langsam beruhigte er sich und dann, vollkommen unvermittelt sackte er schlaff in sich zusammen. Sofort trat Sam an die Wanne heran und schob seine Hände unter dessen Schultern, um zu verhindern, dass er ganz im Wasser versank, aber er holte ihn nicht heraus. Deans Körper fühlte in seinen Händen noch viel zu warm an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)