EX von Kuran ================================================================================ Kapitel 22: Turanithas - 4.0 ---------------------------- Lexus hatte mir versichert, dass wir noch immer auf Liverath weilen würden, wo genau konnte aber auch er nicht sagen. Um uns herum befanden sich mehrere schwarze Monumente, ähnlich den ganzen Türmen, die ich bei der Ankunft auf diesem Stern gesehen hatte, allerdings zeichnete sich hinter ihnen nichts anderes aus als eine kahle Einöde. Hin und Wieder hörte man die seltsamsten Laute von allerlei Kreaturen, die sich im Schutz der Dunkelheit versteckten, und das Pfeifen des Windes. Mein Körper war, trotz, dass er wieder genesen war, noch immer etwas geschwächt. Es war nun doch schon eine Weile her, als ich das letzte Mal feste Nahrung zu mir genommen hatte, und mein Magen rumorte im ständigen Takt - die Möglichkeit, in dieser Umgebung etwas zu finden, war wirklich gering. Die wildesten Früchte wurden zwar von den Gipfeln dunkelblauer Bäume getragen, aber essen sollte ich dieser eher nicht, wenn ich mich nicht vergiften wollte. Alles auf diesem Stern war auf seine Bewohner ausgerichtet gewesen und machte es Fremden beinahe unmöglich, etwas Essbares zu finden. "Gibt es denn keine Möglichkeit, eine Kapsel zu finden? Oder ein Schiff? Irgendetwas, womit wir fähig wären Liverath zu verlassen?" Ich hoffte, dass mein ständiges Aufseufzen und Stöhnen nicht zur Folter von Lexus' Ohren wurden, "...So langsam brauche ich wirklich ein wenig Essen... und irgendeinen sicheren Ort, wo ich schlafen kann." "Das ist leider nicht so einfach... Wenn ich das genau einschätzen kann, befinden wir uns in einer unteren Schicht Liverath's, was so viel bedeutet, dass wir uns erst einmal einen Weg zur oberen Schicht suchen müssen, damit wir überhaupt eine Möglichkeit hätten, uns von hier zu entfernen. Versteh es einfach so... Dieser Stern besteht aus mehreren Platten, die sich innerhalb von Jahrhunderten zusammen gefügt haben. Die Platten fügten sich allerdings zu keiner einzelnen Masse zusammen, sondern bildeten Hohlräume zwischen der einen und der jeweils anderen - man könnte es vielleicht als eine Art von verschiedenen Dimensionen verstehen." Erst konnte ich mir das wirklich nur schwer vorstellen, doch als ich genauer hinsah, verstand ich so langsam was er meinte. Über uns schwebte eine schwarze Schicht, die auf den ersten Blick wie die normale Atmosphäre wirkte, beim zweiten Blick aber erkannte man, dass es sich um eine Ebene handelte. Nun stand aber noch die Frage im Raum, wie man von der unteren Platte, auf welcher wir uns befanden, zur oberen gelangen konnte. Geschätzt befanden sich zwischen den Platten mindestens fünfzig Meter, die man ohne irgendwelche Hilfsmittel niemals überbrücken konnte, nur wo sollten wir nun irgendetwas finden, inmitten dieser Einöde, was uns helfen könnte? Seine Füße scharrten über den unebenen Boden und für einen kurzen Moment wirkte Lexus so, als wüsste er ebenfalls keinen Rat. Sein Blick suchte in der Ferne nach irgendwelchen Punkten, die für meine Augen gar nicht existent waren, und dann sah er sich um. Mehrmals. "Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als zu suchen. Auf dieser Platte dürften einige Liverans mehr leben, als man Glauben mag, was allerdings größtenteils, wenn nicht sogar nur, Verstoßene sind. Würden wir welche finden und ihnen erklären, in welcher Situation wir uns befinden, könnte man auf Hilfe hoffen, andererseits..." Er stockte kurz und verschränkte die Arme vor der Brust, wirkte selbst etwas skeptisch, "Allerdings besteht auch die Möglichkeit, dass man uns angreifen würde. Die Verstoßenen sind Kreaturen voller Hass und Wut, grausamer als das gemeine Volk selbst, sollte man sie unnötig provozieren, aber sie verfügen oft noch über wertvolles Hab und Gut... Eine andere Wahl als dieser Versuch bleibt uns nicht." Eine andere Wahl blieb uns wohl wirklich nicht. Es graute mir schon davor, wenn ich an den Marsch dachte, den wir hinter uns bringen mussten, und mein Magen begann schon wieder zu protestieren und die wenigen Fetzen an meinem Körper konnten mich kaum wärmen, nun wollte ich aber nicht jammern, sondern folgte ihm ohne jegliche Widerworte, als er die ersten Schritte in die von ihm ausgewählte Richtung ging. Während ich ihm schweigend folgte, fragte ich mich, wie es wohl in ihm aussehen würde. Was ging nun in ihm vor, wo er von seiner eigenen Rasse scheinbar verstoßen wurde, nachdem er sich gegen ihren Anführer gestellt hatte? Ich dachte mir schon, dass er sicherlich sehr lange im Auftrag von Luranthan Missionen erfüllt hatte, und dass es vielleicht auch eben von ihm so eingefädelt gewesen war, dass Lexus sich in der Kolonie den Posten eines Kommandanten der Klasse Cad-Liga, der ersten Klasse, erschlichen hatte. Der Blick auf seinen Rücken und sein lavendelfarbenes Haar erinnerten mich daran, wie ich ihm zum ersten Mal in der Kolonie begegnet war. Ich war so fasziniert und hingerissen von seiner Schönheit und war so durch den Wind, dass ich kaum noch an etwas anderes denken konnte. Er war mysteriös und strahlte eine Art von Autorität aus, die ich von keinem anderen bisher kannte... und nun trottete ich ihm in Gedanken schweifend hinterher und wusste nicht mehr, wie es mit uns weiter gehen sollte. Ich wollte einfach nur wissen, was er dachte, was er fühlte, und ich wünschte mir, ich könnte in diesem Augenblick eine Verbindung mit ihm eingehen, um meinen Wissensdurst zu stillen... Plötzlich blieb er dann stehen und riss mich aus meinen Gedanken, als ich gegen ihn gestoßen war. Seine rubinroten Augen blickten sanft auf mich herab und eine seiner Hände streichelte mir durchs Haar. “Du frierst, hm?” Mit einem kurzen Nicken bestätigte ich seine Vermutung und nur wenige Sekunden später hatte er mich auf seine Arme gehoben. Beinahe wäre mir vor Schreck ein Fiepen entglitten, noch aber konnten meine Lippen inne halten und bevor ich irgendetwas sagen konnte ging er einfach weiter, nicht duldend, dass ich seine Geste nicht schätzen würde. Irgendwann war ich dann einfach in seinen Armen eingeschlafen, obwohl ich mich mit Zwang noch wach halten wollte, allerdings war mein Körper so sehr auf Schlaf bedacht, dass ich dagegen nichts tun konnte... - Es schienen einige Stunden vergangen zu sein als ich wieder aufwachte, und eine wohlige Wärme umgab mich, die jegliches Frösteln aus meinem Körper verscheuchte. Das helle Licht einer Flamme hatte es mir möglicht eine Übersicht über meine Umgebung zu gelangen und ich lächelte, als ich Lexus entdeckte, der nun selbst schlief. Meine noch müden Glieder wollten sich kaum strecken, als ich mich erheben wollte, und ich setzte mich erst langsam auf, bevor ich mich aufmachen würde um die Umgebung zu erkunden. Scheinbar hatten wir Unterschlupf in einer Art Höhle gefunden, so genau einschätzen konnte ich das allerdings noch nicht. Als ich an meinem Körper herunter blickte bemerkte ich erst, dass mehrere einfache Stoffe um mich herum gewickelt war, sowie ich darunter einfache Kleidung trug... woher... “Ihr scheint wirklich erschöpft gewesen zu sein. So lange habe ich schon seit Ewigkeiten niemanden mehr schlafen sehen.” Ich zuckte zusammen, als ich die unbekannte Stimme hörte und suchte hektisch mit den Augen nach der Gestalt, zu der sie gehörte. “Dein Freund bat mich um Asyl - wenn man das so nennen kann... Es ist schon lange her, dass sich jemand hier herum getrieben hat... Und ich denke mir, dass ihr nicht freiwillig durch die Steppen geirrt seid.” Eine etwas zierlichere, kleine Gestalt hatte sich hinter der Flamme des Feuers versteckt. “Und... dass ein Liveran eines solch hohen Rangs mal in meiner Höhle sitzen würde... das hätte ich mir meinen Lebtag nicht erträumt!” Das Erwähnen von seinem Wissen, wer Lexus gewesen war, beunruhigte mich - vielleicht war es jemand, der einen Groll gegen ihn gehegt hatte und der es nun ausnutzen wollte, um sich an ihm zu rächen? Ich konnte mir schon vorstellen, dass Lexus dafür verantwortlich gewesen war, dass einige seiner Rasse verstoßen wurden. “Du aber... Du siehst nicht aus wie einer von uns. Du riechst auch nicht so. Sag mir also, mit wem habe ich die Ehre?” Erst zögerte ich. War es klug gewesen, wenn ich einem Fremden sagte, wer und was ich war? Die Vorliebe, die die Liverans für meine Rasse hatten, war mir ja schmerzlich bewusst geworden... Es war also vielleicht besser, wenn ich ihm nicht zu viele Informationen über mich verriet. “Mein Name ist Aria...” Ein Kichern ertönte hinter der Flamme: "Das klingt wirklich nicht nach einem Liveran... Ein viel zu sanfter und liebevoller Name, der hier nicht hingehört. Also, nun sprich, mit was für einem Wesen habe ich es nun zu tun?" Es war mir so, als könnte ich die Neugierde in seiner Stimme riechen - doch ich blieb weiterhin schweigsam und wollte es vermeiden, ihm mehr über mich zu erzählen. Mit wem oder was ich es nun genau zu tun hatte wusste ich immerhin nicht, und so lange Lexus noch schlief wollte ich keinerlei Risiken eingehen. Ein kurzer Blick zu Lexus bestätigte, dass dieser noch ruhte. Es kam mir auch nicht in den Sinn ihn nun zu wecken, nur weil ich unsicher war. Man konnte ja denken, so, wie ich mich verhielt, dass ich wie ein scheues, kleines Tier war, dass sich vor seinem Jäger verstecken und hüten wollte... “Du musst lernen, mit deinen Ängsten umzugehen, schönes, fremdes Kreaturen-Kind. Von Angst gelähmt zu sein ist nicht gerade eine wünschenswerte Verfassung - und du scheinst allerlei Erfahrung damit zu haben.” Woher wusste er...? Die Gestalt hinter den Flammen erhob sich, langsam, und ging dann um das Feuer herum, mit langsam Schritten an Lexus vorbei, bis ich sein Gesicht nun erkennen konnte. Blass-grüne Haut und tiefe Krater unter den Augen zeichneten das magere Gesicht, welches ich gerade so nur unter einer massiven, dunkelgrauen Kapuze entdecken konnte. “Das ist die Fähigkeit, die mir inne wohnt. Die einzige Fähigkeit, wenn ich ehrlich bin. Und was nützt sie mir, wenn ich nie jemanden bei mir habe, bei wem ich sie nutzen kann?” Ich schluckte, als er mir näher kam. Von seiner Körpergröße und Gestalt malte ich mir nicht allzu viel Kraft aus, mit der er mich hätte angreifen können, aber es gab da eine Aura, die einen massiven Druck in meinem Kopf erzeugte, der mir langsam unangenehm wurde. “Normalerweise...”, begann er zu erklären, “...benötigt man für das Eindringen in eines anderen Kopfes, genauer gesagt, in des anderen Gehirnes, eine Verbindung. Eine körperliche Verbindung. Vielleicht... Täusche ich mich nun nicht und der Geruch, der sich an deinen Körper gefressen hat, ist auch jener des Liverans, der mit dir hierher kam... Sein Blut hat sich mit deinem Blut gemischt... Nun... Um die Erklärung endlich zu Stande zu bringen... Wie ich bereits sagte, andere brauchen dafür eine körperliche Verbindung, ich hingegen... brauche dies nicht. Mit meiner bloßen Gedankenkraft ist es mir möglich, in deinem Fleisch zu wühlen und mich deines Blutes mächtig zu machen... und in deine Gedanken vor zu dringen...” Jedes kleinste Härchen an meinem Körper stellte sich auf. Er war mir immer näher gekommen und ich versuchte immer weiter nach hinten zu rutschen, bis sich ein kalter Stein gegen meinen Rücken stemmte, der mir den Weg verwehrte. Der Druck, der sich in meiner Schädeldecke aufgebaut hatte, wurde immer größer und ein stechender Schmerz war es, der mich dann aufwimmern ließ. Es war mir so, als wäre er bereits in mein Gehirn eingedrungen, als würde er meine wirren Gedanken packen und sie einschläfern, damit ich bald gar nichts mehr dachte. Ich spürte ein komisches Gefühl von einer Leere in mir, die ich noch nie zuvor gespürt hatte, und ich spürte auch seine Gedanken, zu denen ich allerdings keinen Zugriff hatte. “Es ist schon so lange her, als ich mich zuletzt von einem so schönen Wesen ernähren konnte... Es ist ganz gut, dass dein Freund noch schläft... Sein Schlaf ist so tief, dass er auch so schnell nicht mehr wach werden wird... Selbst deine Schreie sollten seinen Schlaf nicht stören...” Ich erschauderte, als ich dann ein kräftiges Pochen in meinen Venen spürte. Das war... Wie war das möglich gewesen? Er hatte meinen Körper nicht einmal berührt, wie also konnte er es schaffen, eine Verbindung mit mir einzugehen? Dass er Druck auf meine Gedanken ausüben konnte, das konnte ich mir noch irgendwie vorstellen, zumindest, dass solch ein Vorgang ohne eine körperliche Verbindung möglich sein konnte, aber... Ich spürte, wie er das Blut aus meinem Körper pumpte, das Blut, was sich selbst noch nicht wieder komplett herstellen konnte, und ein seltsamer Geschmack hatte sich auf meine Zunge geschlichen, den ich nicht deuten konnte. “Keine Angst...”, wisperte er, “...So viel will ich gar nicht von deinem Blut, auch wenn es verführerisch ist... Er wird gar nicht merken, dass ich mich von dir genährt habe... Und du wirst nicht dazu fähig sein, ihm ein nur ein kleinstes Wörtchen davon zu berichten...” Relativ schnell konnte er mein Blut aus meinem Körper ziehen, viel schneller als Lexus, und ich spürte, wie er mir meine neu erlangten Kräfte raubte. Ich begann zu wimmern und jaulen, schrie dann und hoffte, dass Lexus aufwachen würde. Alles half nichts, er rührte sich kein Stück. Dieser Mistkerl musste nachgeholfen haben, damit er einen so festen Schlaf hatte, und hatte diesen Übergriff womöglich sogar geplant! Kurz, bevor mir die Ohnmacht drohte, kappte er die unsichtbare Verbindung zu mir und ich spürte, wie ein Schwall meines Blutes, welcher kurz davor war, in seinen Körper überzugehen, in meinen Körper zurück schwappte. Einschätzen, wie viel Blut er mir wohl geraubt hatte, konnte ich nicht, aber es war mehr als genug gewesen. Mein Körper war nicht unbedingt fähig, sehr schnell neues Blut zu reproduzieren, zumal ich dafür Nahrung benötigte. Gesättigt und zufrieden ließ sich die Gestalt wieder auf den Boden sinken und ich konnte vage erkennen, dass seine Haurfarbe an Stärke zugenommen hatte, sowie dass seine eben noch eingefallenen Wangenknochen wesentlich mehr Stabilität vorweisen konnten. Er saß nun einige Stunden einfach vor dem Feuer, warf hin und wieder etwas hinein, damit die Flamme nicht sterben würde, aber sagte kein Wort mehr. Es bereitete mir Mühe ihn zu beobachten, wo sich mein Körper wieder nach Schlaf gesehnt hatte, aber nun wusste ich, dass man ihm nicht trauen konnte. Und ich wollte Acht geben, dass er sich nicht noch an einigem mehr versuchte, zumindest so lange, bis Lexus wieder aufgewacht wäre. Ich wollte näher zu ihm heran rücken, Schutz bei ihm suchen, doch ich war kaum in der Lage mich zu rühren - die Angst in mir hatte mich schon wieder im Griff und ich fühlte mich so, als sei ich gelähmt gewesen, und das nur, weil ich mich erneut nicht zur Wehr setzen konnte. Ich war, ohne jeglichen Hilfsmitteln, Waffen und Maschinen, wirklich hilflos. Mein Körper allein war nur eine schwache Hülle - ich musste so schnell wie möglich an irgendwelche Waffen kommen, um mich verteidigen zu können... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)